Das
Schloss lag ruhig und verschlafen vor ihr. So wie sie es auch erwartete, nachts
um viertel vor zehn. Um viertel vor zehn endete der Rundgang. Und sie hatte
sogar Harry und Ron den Gefallen getan, den Gryffindorturm zuletzt
dranzunehmen. Jetzt war hier alles ruhig. Sie konnte nur raten, weshalb sie
heute hier als letztes hatte hinkommen sollen. Es war Samstag. Samstag vor
ihrem Geburtstag. Sie hatte den Jungen zwar verboten, das im Schloss herum zu
erzählen, oder gar zu wagen irgendeine Festivität zu organisieren, weswegen sie
sehr leicht ihr Abzeichen verlieren konnte, aber irgendwas sagte ihr, dass
ihren besten Freunden nicht zu trauen war.
Auch wenn
der Gang völlig ausgestorben vor ihr lag. Alles war tatsächlich still.
Alles,
außer einer einzigen Sache. Eine Sache, die ihr die Rundgänge seit drei Monaten
versaute. Eine Sache, die sie aber immerhin nur zu den Rundgängen sehen musste.
Und da die Vertrauensschüler fünf Tage die Woche das Schloss patrouillieren
mussten und die Schulsprecher nur am Wochenende, musste sie ihn immerhin nur
zweimal sehen. Zweimal die Woche, insgesamt zwei Stunden. Das war auszuhalten.
Eigentlich.
Sie war
eben auch nur ein Mensch. Sie war kein heiliger oder einer dieser Mönche, die
auf einen Berg gingen, um zu schweigen. Nein, sie war ein Mensch. Ein geduldiger
zwar, aber… auch ihre Geduld stieß unweigerlich an Grenzen, wenn sie mit ihm zu
tun hatte.
Und sie
hatte das Gefühl, als machte er nie eine Pause. Als würde er niemals müde, sie
zu nerven, zu beleidigen, sie konstant dazu zu zwingen, ihm Aufmerksamkeit zu
schenken.
Wenn das
seine Art war, Abneigung zu zeigen, wollte sie gar nicht erst wissen, was er
tat, wenn er tatsächlich jemanden mochte. Und sie hatte das Gefühl, sie quälte
er besonders gerne. Einfach nur… als Sport.
„Sind wir endlich fertig? Merlin, ich dachte schon, es würde niemals enden. Wie
jede Woche war dies mein unschlagbarer Höhepunkt. Dass ich vor Langeweile nicht
vor fünfzig Minuten schon eingeschlafen bin, verdanke ich bedauerlicherweise
nicht dir, Granger.“ Das ging seit fünfzig Minuten so. Zweiundfünfzig, wenn sie
pingelig wäre, was sie nicht war! Nur der Genauigkeit halber!
„Schön,
Malfoy“, antwortete sie nur, gezwungen höflich, seine Worte längst
ausgeblendet. Sie hatten das äußerste Ende des Schlosses erreicht. Der
Gryffindorturm lag im siebten Stock. Es gab keine Vorkommnisse. So würde sie es auch verzeichnen. Die
mörderischen Gedanken, die sie bezüglich Draco Malfoy hegte, würde sie nicht
notieren.
„Schön, Malfoy?“, äffte er sie gereizt
nach. „Ja, es war wunderschön, deinen buschigen Kopf eine Stunde lang neben mir
her latschen zusehen, in deinen Muggelgesundheitsschuhen,
die wohl kaum für irgendeinen anderen Zweck konzipiert worden sind, als im Wald
Holz hacken zu gehen“, fuhr er ungerührt mit seinen Beleidigungen fort. Aber
sie war trainiert. Sie war seit Jahren geübt.
Und wie
auch alles andere erledigte sie die Disziplin, Malfoy zu ignorieren, mit einem
glatten Ohnegleichen.
„Ja, Malfoy“, sagte sie schlicht, und sah wie er wütend ausatmete.
„Wenn du wenigstens einmal eine Angriffsfläche bieten würdest, dann wären diese
verdammten Rundgänge auch nicht so sterbenslangweilig.“ Er wagte wieder einmal
einen riskanten Schritt. „Komm schon, ich weiß du hasst
es hier mit mir. Vor allem… es kann viel passieren. Ein Schlammblut so alleine,
so weit oben. Nur hier mit mir…“ Sie sah ihn an. Lauernd betrachtete er ihr
Gesicht.
Aber es
war nicht ihr erster Tag in diesem Job. Und als sie erfahren hatte, wer der
andere Schulsprecher war, hatte sie sofort bei Snape eine Erlaubnis eingeholt.
Eine Erlaubnis, die nur ihr eine besondere Kleinigkeit erlaubte.
„Zehn Punkte Abzug für Slytherin“, erwiderte sie lächelnd, und Malfoys Lippen
kräuselten sich angewidert. Sie hatte nämlich erwirkt, Malfoy Punkte abziehen zu
dürfen, obwohl er Schulsprecher war. Und zwar nur dann, wenn er dieses Wort
benutzte. Und das auch nur innerhalb einer Minute.
„Du bist
eine ätzende Langweilerin, Granger. Kein Wunder, dass
du deine orgasmischen Höhepunkte hier draußen auf den
sterbenslangweiligen Gängen findest. Merlin, ich wünschte wirklich, ich wäre
nicht von Natur aus so begabt und attraktiv, dann wäre ich wahrscheinlich nicht
Schulsprecher geworden und müsste meine Wochenenden nicht mit schierer Folter
verbringen!“, erklärte er zornig, als sie das Ende das langen Korridors
erreicht hatten.
„Und welche
Eigenschaften hätten dich dann davon abgehalten Kapitän der Slytherin zu
werden? Deine Begabung und
Treffsicherheit haben dich schließlich nicht zum Sucher gemacht“, erwiderte sie
spöttisch. „Und nicht jeder findet seine orgasmischen
Höhen bei Pansy Parkinson“, fügte sie knapp hinzu, was ihn seine Augenbraue
heben ließ.
„Oh, wenn du doch nur witzig wärst, dann würde ich wenigstens so tun, als würde
ich dir zuhören, Schlammblut.“ Er biss sich wütend auf die Lippe, aber sie
hatte den Zauberstab schon lächelnd gezogen.
„Zehn Punkte Abzug-“
„-für
Slytherin, ja, ja, verflucht, Granger. Ich weiß!“, knurrte er gereizt.
„Wir
können in den letzten zehn Minuten noch bestimmt fünfzig Punkte abziehen, wenn
du es richtig anstellst, Malfoy“, vermutete sie freundlich. Er verzog lediglich
den Mund und drehte den Zauberstab in seinen Fingern.
Sie
wusste nicht, wie ihn seine Freunde unter Kontrolle hielten, oder ob er
überhaupt welche hatte. Wenn sie ihn zufällig unterhalb der Woche sah, dann nur
in der Bibliothek, aber ohne seine Freunde. Und da wirkte er zumindest
friedlich, denn da wusste sie sich versteckt zu halten, ohne dass sein Gesicht
diesen Ausdruck annahm. Diesen feindlichen besserwisserischen Ausdruck, den sie
mittlerweile zu hassen gelernt hatte.
Sie warf
den obligatorischen Blick aus dem tiefen Fenster am Ende des Gangs und hielt
überrascht inne.
Das war
neu.
„Was,
Granger? Ist es möglich und dort draußen sitzt etwas, das noch langweiliger
sein könnte als du?“, wollte er böse von ihr wissen, aber sie antwortete nicht.
Eine Falte grub sich zwischen ihre Augenbrauen. „Nein, vergiss es! Ich gehe da
nicht raus!“, sagte er sofort und ging in seine übliche Defensive, wann immer
irgendetwas komplizierter wurde als einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Er war
ein verdammter Opportunist. Aber das wusste sie auch schon.
„Das
kannst du gerne alleine machen. Ich habe eine Stunde lang schon die
Granger-Show genossen, und ich ertrage keine weitere Minute.“ Natürlich nicht.
Lord Malfoy brauchte ja auch immer Extraeinladungen am Wochenende seinen
geliebten Gemeinschaftsraum für die Rundgänge zu verlassen. Aber Snapes
Drohung, ihn zu entheben war immerhin insoweit wirksam, dass er murrend und
widerwillig mit ihr ging.
„Wir müssen das Gelände patrouillieren, wenn etwas auffällig ist.“
„Was zum
Teufel ist auffällig, Granger?“, verlangte er fast hysterisch zu wissen.
„Absolute Scheiße gar nichts, ok? Der Wald steht nicht in Flammen, das Dunkle
Mal ist nicht bunt erleuchtet am Himmel zu sehen, kein Krieg, keine Schüler,
keine verdammte Menschenseele ist da draußen!“ Sie ignorierte größtenteils
seine verdammten Worte.
„Im
Gewächshaus ist Licht! Das nennst du keine Menschenseele, Malfoy? Wir müssen
hin. Und sei es nur, um das Licht zu löschen!“, fuhr sie ihn an.
„Merlin,
kann es noch spannender werden?“ Seine Stimme troff vor Sarkasmus. „Ich glaube,
du brauchst den Kick, wo immer du ihn finden kannst, richtig? Soll ich dir ein
paar Horkruxe basteln? Rätsel an die Wand schmieren, damit du ausgelastet bist
und mich nicht mit kompletter Scheiße quälst?“ Flehend sah er sie an.
Aber ihr
Gesicht war Stein. Kalt, glatt völlig ausdruckslos.
„Wir
werden ins Gelände gehen, sehen, ob alles in Ordnung ist, denn sonst schlage
ich Snape vor, dass er dir dein Abzeichen in deinen arroganten, unbegabten
Hintern schieben kann. Mit der Nadel zuerst“, fügte sie kalt hinzu. Und für
einen Moment wirkte er überrascht. Sie setzte sich in Bewegung, und er folgte
ihr, wenige Momente später.
„Was soll
das denn, Granger?“ raunte er neben ihr, als er ihr Tempo aufnahm. „Hast du
irgendwo Potters Eier gefunden und sie an dich genommen?“, wollte er lächelnd
wissen, aber sie ignorierte ihn. Es war genug Malfoy für den Rest ihres Lebens.
Genug Malfoy, um sie dankbar sein zu lassen, für die Tatsache, dass sie seine
Abwesenheit mehr zu schätzen wusste, als seine Anwesenheit, auch wenn dumme
Mädchen, die kicherten, wenn er sie anlächelte und die meisten eingeritzten
Geständnisse auf den unzähligen Toiletten der Schule etwas anderes behaupteten.
Aber die Schule war bald vorbei, und er würde sonst was mit seiner Zeit
anfangen, während sie beginnen konnte, ihn von Anfang bis Ende zu vergessen!
Großartig! Sie freute sich schon jetzt.
Schweigend
kamen sie in der Halle an. Mit jedem Stockwerk, das sie tiefer gegangen waren,
hatte sie den Blick aus den Fenstern gewandt, vergeblich darum bemüht, zu
sehen, wer um diese Zeit unerlaubterweise auf dem Gelände war.
Bestimmt
ein Slytherin. Sie würde einiges dafür wetten.
„Wenn wir
gleich einen Slytherin treffen, erwarte ich, dass du ihn bestrafst. Und
wirklich bestrafst. Keine Schulterklopfer, kein Geplänkel von dummen
Jungenstreichen, hast du gehört?“ Er schritt neben ihr, ohne sie anzusehen.
„Oh,
glaub mir, wenn es ein Slytherin ist, dann wird er seine Freiheit Lebewohl
küssen können, denn dafür, dass er mich zwingt länger als nötig mit dir hier
rumzuwandern, wird er Strafarbeiten bis zum Ende des Jahres raushauen können!“,
knurrte er zwischen zusammen gebissenen Zähnen, und sie sparte sich jeden
Kommentar darauf. „Aber diese Strafe bekommt natürlich auch ein scheiß
Gryffindor“, fügte er im selben Atemzug hinzu.
„Ein
Gryffindor würde das nicht tun. Dafür lege ich den Zauberstab ins Feuer,
Malfoy. So was macht nur dein verantwortungsloser Haufen.“ Er sagte darauf
nichts, lächelte lediglich. Und wenn sie etwas mehr irritierte als seine
Beleidigungen war es sein nonchalantes Lächeln, was er immer auf den Zügen
hatte, wenn er wieder einmal komplett von sich selbst überzeugt war.
Die Luft schlug
ihr kühl ins Gesicht, als sie nach draußen traten. Hell leuchtete das
Gewächshaus. Es wirkte wie ein kleines Tropenparadies, denn die grünen Pflanzen
ragten bis an die Decke und schirmten alle Blicke nach innen erfolgreich ab.
Sie drehte den Zauberstab abwesend in ihrer Hand.
„Du hast
Angst“, bemerkte er amüsiert.
„Nein,
Malfoy“, gab sie gereizt zurück. „Ich habe keine Angst.“
„Doch, du
hast Angst. Ich sehe es dir doch an! Du bist vollkommen nervös!“ Triumphierend
lief er eiliger neben ihr. „Ein perfektes Bild. Schade, dass es mich so wenig
interessiert“, fügte er geflissentlich hinzu.
„Dann
halt doch einfach mal die Klappe, wie wäre das?“, fuhr sie ihn wütend an. „Aber
das geht nicht, hm? Du musst alles und jedem deinen wechselnden Gemütszustand
mitteilen, richtig? Egal, ob es keinen Menschen interessiert. Sogar mich musst
du mit deinem Mist nerven, obwohl du es doch so sehr verabscheust mit mir zu
reden!“
„Stimmt.
Auffallend. Allerdings würde ich mich wahrscheinlich übergeben, wenn ich nichts
weiter tun könnte, als deine Anwesenheit neben mir stumm ertragen zu müssen.
Ich muss auch irgendwas aus diesem Arrangement gewinnen, Granger!“, bemerkte er
bitter.
„Arrangement?“,
wiederholte sie, die Stimme einige Lagen höher. „Das Arrangement von dem du sprichst, ist die höchste Auszeichnung
dieser Schule, Malfoy. Es ist eine verdammte Ehre!“, schrie sie praktisch.
Manchmal – manchmal – schaffte er es doch. Manchmal. Selten!
„Es ist also
eine Ehre mit dir durch die Gänge zu schleichen?“, fragte er still, gespannt,
ob sie sich verteidigen würde, und sie funkelte ihn an.
„Ja, verdammt. Es ist eine Ehre für dich, du Arschloch!“
Und damit
hatten sie das Gewächshaus erreicht.
„Du schmeichelst dir selbst. Na ja, wer sollte es auch sonst tun?“, murmelte er
grinsend.
„Noch ein
Wort, und ich schwöre, ich…“ Sie beendete die Drohung nicht, hielt ihm
lediglich ihren Zauberstab direkt vor sein Gesicht.
„Oh ja.
Sicher…“, entgegnete er trocken. „Das würde sich hervorragend in deiner Akte
machen, oder? Lokales Schlammblut tötet Draco Malfoy, weil er einfach eben
immer recht hat.“ Sein Grinsen verschwand mit einem unterdrückten Fluchen, als
sie den Zauberstab schwang.
„Zehn
Punkte Abzug für Slytherin“, erklärte sie wieder, vollkommen gefasst. Sie hatte
sich wieder im Griff, das musste sie auch. Jetzt gerade war Autorität gefragt.
Und ein
angriffslustiges Funkeln trat in seine Augen, als es den Kopf näher zu ihr
beugte.
„Wärst du
nicht so unendlich widerlich, dann würde es mich vielleicht anmachen, dass Snape
dir so viel falsche Macht zugesprochen hat“, knurrte er verärgert. Sie wich
unbewusst einen Schritt vor ihm zurück.
„Gut, dass es nicht so ist, denn dann
würde ich mich höchstwahrscheinlich umbringen. Dann müsste ich immerhin nie
mehr mit dir patrouillieren, und ich wäre meine größte Sorge los“, schloss sie
finster.
„Deine
größte Sorge bin ich? Erwarte nicht, dass ich mich geschmeichelt fühle, Granger“,
erklärte er süffisant, und sie biss sich auf die Zunge, damit sie nicht wieder
antworten würde.
Sie legte
die Hand auf die Klinke der Tür zum Gewächshaus und hielt inne.
„Was ist?
Erwartest du einen Trommelwirbel? Eine Handvoll Todesser, die dir mit Handkuss
öffnen?“, meckerte er zornig, und sie drückte völlig entnervt die Klinke
runter. Verschlossen.
„Erzähl
mir nicht, du bist zu schwach“, fügte er glatt hinzu.
„Wenn du
so klug bist, versuch es selbst“, knurrte sie nun völlig gereizt hinzu. Nur zu gerne
schien er ihr zu folgen. Er desinfizierte die Klinke mit einem stummen Zauber,
und sie sah ihn mit erhobener Augenbraue an.
„Ernsthaft? Malfoy, wirklich?“ Er schenkte ihr ein kühles Lächeln.
„Will
mich doch nicht anstecken, Granger.“ Sie blickte wieder stumm nach vorne. Er
war ein verdammtes Arschloch. War er auch! Aber die Tür blieb verschlossen.
„Bravo,
Malfoy. Das hat wirklich viel mehr gebracht.“
„Halt
deine Klappe, verdammt“, zischte er, und schwang den Zauberstab. „Alohomora!“, rief
er schließlich. Knarrend schwang die Tür nach innen. „Nach dir“, erklärte er
grinsend.
„Auf
einmal höflich?“, wollte sie misstrauisch wissen.
„Natürlich
nicht. Wenn dort etwas Gefährliches wartet, dann soll es dich zuerst
angreifen“, erklärte er, und sie wusste nicht, ob er Witze machte oder nicht.
Wahrscheinlich eher nicht.
Sie
verdrehte die Augen, ohne dass er es sehen konnte, und betrat das Gewächshaus.
Es raschelte überall, aber hören konnte sie nichts Auffälliges.
„Hallo?“,
rief sie, in all ihrer Schulsprecherautorität, und hörte Malfoy spöttisch
lachen. „Hier spricht die Schulsprecherin, und ich-“
„Oh nein,
Hermine!“, hörte sie eine zornige, aber vertraute Stimme. Sie folgte dem Klang
und bog um die nächste Ecke. Der Zauberstab sank automatisch in ihrer Hand.
Malfoy erschien neben ihr und verschränkte die Arme vor der Brust. Er atmete
langsam aus.
„So, dann
gib mir deinen Zauberstab, ich mache draußen das Feuer“, erklärte er trocken,
ohne jede Spur von Humor. Und sie hätte wirklich ihren Zauberstab ins Feuer
gelegt, dass es sich hier um einen Slytherin handeln würde! Sie ignorierte
seine Worte jedoch verärgert.
„Neville,
was In Merlins Namen tust du hier um zehn Uhr nachts?“ Neville Longbottom warf
zornig seine Handschuhe auf den Tisch, wo er anscheinend gerade ein Experiment
durchgeführt hatte. Aber sie konnte bei Merlin nicht sagen, was er da versucht
hatte. Es sah aus, wie ein Wust an grünen Tentakel, mit lila Blüten, die sich
langsam bewegten.
„Professor
Sprout hat mir dir Erlaubnis gegeben! Malfoy hier sollte es dir ausrichten! Es
war absolut wichtig, dass ich ungestört arbeite, denn beim kleinsten Geräusch
ist diese Züchtung nicht mehr zu gebrauchen!“ Zornig starrte Neville Malfoy ins
Gesicht. Dieser tippte sich ratlos ans Kinn, bis schließlich übertriebene
Erkenntnis in seine hellgrauen Augen trat.
Hermine
atmete zornig aus.
„Richtig…,
da war etwas… was war es noch? Longbottom hat die Berechtigung, und… niemand
darf ein Geräusch machen? Muss mir glatt entfallen sein“, entgegnete er
schließlich mit einem kalten Lächeln auf den Lippen.
„Unfassbar!
Du bist ein absoluter-“, begann sie, aber er hob lächelnd die Hände, nicht mal
versucht, sich ernsthaft herauszureden.
„Das war
ein ehrlicher Fehler, hätte jedem passieren können!“
„An dir
ist nichts ehrlich, du scheiß Sohn eines Todessers!“, fuhr ihn Longbottom an,
während er die Tentakel vom Tisch wischte. „Jetzt kann ich alles von vorne
machen. Ich wäre euch dankbar, wenn ihr verschwinden würdet!“ Malfoys Gesicht
hatte jede Freundlichkeit verloren.
„Zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor. Und noch mal zwanzig, weil ich mich
garantiert nicht von dir beleidigen lasse!“
„Malfoy!“,
entfuhr es ihr zornig. Sie konnte es nicht rückgängig machen. Er war
bedauerlicherweise Schulsprecher. Wusste Merlin, warum!
„Es ist
mir egal, Hermine. Geht endlich, ich habe nur noch zwei Stunden länger Zeit.“
Und Neville war tatsächlich sauer auf sie. Und es war Malfoys Schuld.
Hastig
hatte sie das Gewächshaus wieder verlassen, nachdem sie eilig eine Entschuldigung
gemurmelt hatte. Sie wartete nicht auf ihn. Er schlenderte gemütlich nach
draußen zu ihr und wirkte mehr als zufrieden als er neben ihr her schritt.
„Du bist
ein Arschloch, Malfoy“, sagte sie also fassungslos, und er schenkte ihr ein
feines Lächeln.
Tatsächlich
ein Lächeln.
„Oh ja“, bestätigte er grinsend ihre Worte. „Mal ehrlich, du denkst doch wohl
nicht ernsthaft, ich wäre mit nach draußen gekommen, in die Kälte, in deiner
Gegenwart, wäre nicht etwas verflucht Witziges für mich rausgesprungen. Ich
habe dir gesagt, ich muss auch meinen Gewinn machen, Granger“, erklärte er jovial,
und sie schüttelte wütend den Kopf. Nein, sie war kein Mönch, der schwieg!
„Du bist so was von selbstsüchtig und ignorant, was die Gefühle von anderen
betrifft! Wer weiß, was Neville dort gemacht hat! Es könnte ihm vielleicht
Extrapunkte in Kräuterkunde bringen! Vielleicht ist er auf dem Weg ein
Heilmittel gegen Griselkrätze zu finden!“, schrie sie
ihn haltlos an, aber er lächelte immer noch. Es machte sie wahnsinnig!
„Das wäre
utopisch. Und… ich bin schon überrascht, dass er den Weg zurück in den
Gryffindorturm findet, Granger, geschweige denn das Loch in seinem eigenen
Hintern…“, fuhr er lachend fort.
„Oh, ich
hasse dich, Malfoy!“ Sie wandte sich stürmisch ab und stapfte eilig durch die
Wiesen davon. Sollte er doch hier draußen von den Zentauren gefressen werden!
Sie hasste ihn wirklich! Das Gras war schon nass vor Kälte, und gleich würde
sie auch noch ihre Schuhe sauber hexen müssen! Nur weil dieser Arsch ihr nicht
gesagt hatte, dass sie hier vollkommen umsonst runter gekommen waren! Und sie
hatte Zeit verplempert, warteten doch Harry und Ron und Ginny bereits oben auf
sie! Er raubte ihr noch den letzten Nerv. So wollte sie die wenigen Stunden vor
ihrem siebzehnten Geburtstag nicht verbringen. Bestimmt nicht!
Sie hielt
kurz inne. Etwas hatte ihre Aufmerksamkeit erregt.
Im Wald
war etwas aufgeflackert. Eine Fackel? War jemand im Wald? Im Verbotenen Wald,
nach zehn? Sie sah sich um. Und sie bemerkte etwas anderes.
„Malfoy?“,
rief sie widerwillig in die Dunkelheit, aber sie bekam keine Antwort. Hatte er
das Licht auch gesehen? Sie sah Nevilles Schatten noch immer im Gewächshaus.
Sie bezweifelte, dass Malfoy zurück ins Gewächshaus gegangen war.
Unschlüssig ging sie auf den Waldrand zu. Der
Wald war verboten, und das aus guten Gründen. Hagrids Hütte war noch immer
dunkel, denn er war noch immer in Frankreich, mit Madame Maxime. Er konnte es
also nicht sein.
„Lumos“, flüsterte
sie als, und die Spitze ihres Zauberstabs leuchtete hell auf. Sie hatte ihn
weit von sich gestreckt und leuchtete nach vorn. Der Wald lag wieder dunkel vor
ihr. Sie wartete noch ein paar Sekunden. Da! Da war es wieder. Wie ein
Fackelschein! Und sie beschloss, dass es ihre Pflicht war, die Schüler mächtig
zu bestrafen! Bestimmt war Malfoy schon vorgegangen. In drei Monaten hatte sie
nicht so viel Stress als Schulsprecherin gehabt. Immer abgesehen von Malfoys
Anwesenheit, die sie wahnsinnig machte.
„Hallo?“,
rief sie schließlich. Vielleicht etwas zu leise. Vielleicht doch ein bisschen
ängstlich. Aber sie war Hermine Granger. Angst gehörte nicht zu ihren
Eigenschaften. Sie hielt nichts von ihr. Sie ignorierte also die Dunkelheit und
arbeitete sich langsam weiter vor. Oh ja, diese Schüler würden so viel Ärger
kriegen, wie es ihrer Stimmung gerade entsprach! Den Zauberstab hielt sie immer
nach vorn gerichtet, bis sie auf eine Lichtung stieß.
Und sie
hielt inne. Sie war schon oft hier gewesen, ob mit Harry, Ron oder mit Hagrid.
Sie hatte die grüne Lichtung schon des Öfteren gesehen, aber bestimmt noch
niemals so.
„Hallo?“,
wiederholte sie, völlig verwirrt, aber niemand schien hier zu sein. Fackeln
waren in den Boden gesteckt, und warfen warmes, orangenes Licht auf den grünen
Boden. In der Mitte der Lichtung stand ein Tisch. Ein weißes Leinentuch war
darüber geworfen worden, und es reichte bis auf den Boden. Kerzen standen auf
dem Tisch, ebenso wie zwei Gläser, eine runde
Abdeckung aus undurchsichtigem Glas, ein Strauß Rosen und ein Geschenk auf der
einen Seite des Tisches.
Wenn sie
es nicht besser wüsste, dann würde sie sagen, es war komplette Absicht, dass
sie hier her gestolpert war. Aber… das war absurd! Wurde jemand erwartet?
Vielleicht nicht sie, aber… wurde jemand erwartet, der… auch Geburtstag hatte?!
Und wenn, dann… wäre das völlig verboten! Sie sah sich ratlos um. Ihr
Zauberstab sank perplex in ihrer Hand. Er war gar nicht mehr nötig, denn die Lichtung
war warm und hell erleuchtet. Einige Lampions baumelten in den Bäumen. Sie
schüttelte verwirrt den Kopf.
Ein
lautes Plopp holte sie in die
Wirklichkeit zurück, und sie schrie praktisch auf. Sie hatte den Zauberstab
wieder in die Luft gerissen und drehte sich förmlich im Sprung.
„Malfoy…?“,
brachte sie heiser hervor, fixierte ihn vollkommen verwirrt, und konnte die
Flasche in seinen Händen keinem sinnvollen Zweck zuordnen.
„Der
Elfensekt war kalt gestellt.“
…?
„… was?“
„Er
schmeckt nur kalt, Granger“, erklärte er mit erhobener Braue. Sie ließ die
Worte einsinken, aber… sie machten immer noch keinen Sinn.
„Was?“, wiederholte sie stattdessen einfach, und er kam näher. Noch immer hielt
sie den Zauberstab erhoben nach vorn gestreckt.
„Ich
glaube, wir brauchen keinen Zauberstab, obwohl…“ Er tippte sich mit einem
langen Finger an sein Kinn und ging geschäftig zum Tisch, um die
undurchsichtige Abdeckung zu heben. Darunter stand ein Kuchen. Schokolade, wie
es aussah. Und eine Vielzahl von Kerzen. Mit seinem Zauberstab entzündete er
sie auf einen Schlag.
Er legte
ihn auf den Tisch zurück, nahm den Umhang ab, hing ihn über den einen Stuhl und
bot ihr mit dem Arm an, auf dem anderen Platz zu nehmen.
Sie
starrte ihn immer noch an.
„Du… hast das gemacht?“, flüsterte sie, ohne sich zu bewegen.
„Nein,
ich habe die Hauselfen geschickt, Granger.“ Und sie wusste nicht, ob er das
ernst meinte. Wahrscheinlich meinte er es ernst. „Möchtest du dich setzen?“,
erkundigte er sich mit gerunzelter Stirn und unterbrach so ihre Gedanken, aber
sie ruckte lediglich mit dem Kopf.
„Was…
soll das?“ Sie konnte nur den Kopf schütteln, konnte ihn nur anstarren und
vermutete, dass sie von irgendetwas im Gewächshaus benebelt worden sein musste,
dass sie draußen in eine parallele Welt geraten war, die absolut nichts mit
ihrer eigenen gemein hatte.
„Du hast
in weniger als zwei Stunden Geburtstag“, stellte er fest, als wäre es
selbstverständlich, dass er das wusste. Dass Draco Malfoy das wusste.
„Ich…?“
Sie konnte ihn nur anstarren und langsam kam er wieder auf sie zu. Sie machte
einen abwehrenden Schritt zurück.
„Sicher“,
gab er zurück und hatte sie erreicht. Sie musste den Kopf etwas in den Nacken
legen. Er hatte sie noch nicht beleidigt, ging ihr auf. Was wollte er? Worauf
legte er es an? War das ein grausamer Scherz, den sie nicht wirklich verstand?
„Ich
verstehe es nicht“, sagte sie schließlich widerwillig, denn dass sie etwas
nicht verstand, machte sie verrückt. Und er lächelte tatsächlich. Und nicht
verächtlich, spöttisch oder überheblich, nein. Ihr Mund öffnete sich
schockiert. „Wo… wo ist der echte Malfoy?“, fragte sie sofort und hob den
Zauberstab wieder höher.
„Der
liegt bewusstlos im Gebüsch. Der Vielsafttrank hat jetzt eben gewirkt, und
eigentlich bin ich Professor Snape“, erklärte er, immer noch grinsend. Und
selbst das hielt sie für wahrscheinlicher als das, was hier wohl eigentlich
passierte.
„Kein Vielsafttrank?“, fragte sie also, um sicher zu gehen. Sein Lächeln
vertiefte sich tatsächlich. Ihr Mund öffnete sich, und wieder schüttelte sie
den Kopf.
„Was soll
das, Malfoy?“, fragte sie also. „Das soll kein Scherz sein? Du hast…?“ Sie konnte
sich nicht einmal dazu bringen, die Frage zu stellen. Er hatte an ihren
Geburtstag gedacht? Warum, Merlin noch mal?!
„Happy Birthday, Granger“, erwiderte er, immer noch vollkommen
ruhig.
„Das… war
geplant…“, entfuhr es ihr schockiert. „Der Rundgang, das mit dem Gewächshaus!“
Er lehnte sich seufzend gegen den Tisch und fuhr sich durch die hellen Haare.
„Wir
gehen seit drei Monaten samstags und sonntags durch das Schloss, also nein,
dieser Teil war nicht geplant“, erklärte er mit erhobener Braue. „Aber ja, der
Rest schon. Ich bin sicher, du wärst begeistert gewesen, hätte ich dich im
Schloss gezwungen, mir nach draußen in den Verbotenen Wald zu folgen“, erklärte
er in spöttischem Ton.
„Aber…
warum?“, flüsterte sie völlig aufgelöst.
„Willst
du… dich nicht setzen?“ Und er klang langsam ungeduldig. Konnte das sein?
„Nein“,
erwiderte sie bestürzt. „Wieso sollte ich mit dir an einem Tisch sitzen? Das
haben wir in sieben Jahren nicht ein einziges Mal getan!“ Er verdrehte die
Augen.
„Das wäre
ja wohl auch ziemlich unpassend gewesen“, erwiderte er lächelnd.
„Und das
hältst du jetzt nicht für unpassend, Malfoy?“ Und langsam, ganz langsam sank
der Zauberstab in ihrer Hand. Und ihr Kopf schüttelte sich sehr langsam, als
sie die nächste Frage stellte. „Du… - magst du mich?“, flüsterte sie praktisch,
und er machte einen spöttischen Laut.
„Das wäre
entschieden zu viel gesagt, Granger.“ Er hatte die Arme vor der Brust
verschränkt.
„Aha“,
gab sie zurück. „Dann ist das hier… einfach das Werk eines komplett Verrückten?
Weißt du, ich sollte dir hundert Punkte abziehen, und dann gehe ich endlich
zurück!“, schnappte sie zornig. „Ich werde nämlich schon erwartet!“, fügte sie
hinzu.
„Ja, ich
weiß“, erwiderte er grimmig. „Fein, ok. Wenn es deinem Ego irgendwas bringt,
dann bitte. Ja, ich mag dich“, bestätigte er also ziemlich schnell und
verdrehte die gereizt die Augen. Und wieder starrte sie ihn völlig entgeistert
an.
„Du
nennst mich Schlammblut, Malfoy!“, schrie sie praktisch, und er hob
entschuldigend die Arme.
„Ja, aber es bedeutet nichts!“
„Mir
bedeutet es etwas!“, entgegnete sie zornig, und wieder kam er auf sie zu.
„Das sind
unbedeutende Kleinigkeiten“, erklärte er gepresst.
„Du bist vollkommen wahnsinnig!“, erklärte sie, als sie den Kopf wieder in den
Nacken legen musste. „Du baust hier eine Party im Wald auf, Malfoy! Ist dir
klar, dass du solche Dinge planen musst, anstatt einfach nett zu mir zu sein,
mich zu fragen, kein verrücktes Geheimnis draus zu machen?“
„Und du
hättest ja gesagt, hätte ich dich gefragt?“, wollte er mit schiefgelegtem Kopf
von ihr wissen.
„Nein!“, gab sie wütend zurück. „Und das sage ich jetzt auch!“
„Gib mir
fünf Minuten, Granger!“, knurrte er jetzt. „Fünf Minuten, und wenn du es
scheußlich und furchtbar findest, mit mir an einem Tisch zu sitzen, kannst du
gehen und dich von Weasley beeindrucken lassen, falls er das überhaupt fertig
bringt“, fügte er hinzu, obwohl er eher zu sich selbst zu sprechen schien als
zu ihr.
„Was?“,
unterbrach sie seine Worte verwirrt. „Was ist mit Ron? Könntest du ihn einfach
nicht beleidigen, ginge das? Ich verstehe sowieso nicht, was-“
„Weasley
plant heute seinen Versuch“, eröffnete er ihr mit einem verächtlichen Lächeln.
„Seinen Versuch?“
„Dich zu
bekommen“, schloss er, und sie schüttelte komplett ausdruckslos den Kopf.
„Was?“
„Die
Jungen im Quidditchzelt sind Tratschtanten,
Granger. Und ich sah mich gezwungen, dem etwas entgegen zu setzen, bevor es
tatsächlich komplett ausweglos ist, und du dich mit dem Affengesicht abgibst.“
Sie konnte ihn nur anstarren. Das passierte nicht wirklich? Das war doch nicht
wirklich das, was ihre Ohren hörten!
Es war
verrückt.
„Ausweglos?“,
wiederholte sie das Wort, das hängen geblieben war. „Bevor was ausweglos ist?“
Ihre Gedanken folgten ihren Worten nicht ganz so schnell, wie sie es gerne
gehabt hätte, denn irgendwas machte hier überhaupt keinen Sinn mehr.
Und er
lehnte sich näher zu ihr.
„Bevor es
ausweglos ist, dass du mir fünf Minuten deiner Zeit schenkst“, erwiderte er
leise.
„Malfoy“, begann sie, aber er schüttelte den Kopf, die grauen Augen
ungewöhnlich hell und eindringlich auf sie geheftet.
„Fünf
Minuten, Granger. Bitte“, fügte er ruhiger hinzu, und sie musste ebenfalls
verrückt geworden sein.
„Fünf
Minuten“, warnte sie ihn und setzte sich in Bewegung. Dass er so nahe vor ihr
stand, machte sie nämlich tatsächlich nervös.
„Wirklich?“,
rief er ihr ungläubig nach. „Schwerer machst du es mir nicht, Granger?“ Er
klang fast fröhlich, als er ihr folgte.
Sie
setzte sich auf den ihr zugewiesenen Stuhl.
„Malfoy,
ich setze mich für fünf Minuten hin. Wenn die vorbei sind, gehe ich. Ich habe
keine Lust mehr, zu diskutieren“, erklärte sie schlicht, und er setzte sich ihr
gegenüber.
„Sekt?“, begann er also, hob die Flasche an, und sie schüttelte den Kopf.
„Das ist Alkohol, Malfoy. Ich möchte nicht wissen, welche Regeln du gebrochen
hast, ihn zu bekommen.“
„Das ist
kein Alkohol, das ist Sekt, Granger. Es zählt kaum mehr als Butterbier, und
seit wann bist du ein Verfechter von Tee und Milch? Es ist dein Geburtstag.“
„Man
braucht keinen Alkohol, um Spaß zu haben, Malfoy!“, rechtfertigte sie sich und
verschränkte wütend die Arme vor der Brust.
„Das zählt aber nicht zu den fünf Minuten, die du mir versprochen hast“, warnte
er sie ernst. Ihre Augen wurden groß.
„Ach nein? So wie ich es sehe, sind zwei bereits vorbei. Du kannst dir nicht
aussuchen, wann die fünf Minuten beginnen!“, erklärte sie gereizt. Er atmete
langsam aus.
„Es wäre
nett, wenn du aufhören würdest, alles zu kritisieren und dir von mir ein Glas
Elfensekt einschenken lassen würdest!“, knurrte er jetzt, langsam zorniger.
„Du
kannst nicht einfach beurteilen, wann dein gemütlicher Teil des Abends anfängt.
Es läuft nicht alles nach deinen seltsamen Regeln, verdammt!“
„Sekt?“,
wiederholte er gepresst, fixierte sie mit unterdrückter Wut, und sie beschloss,
für ihr einiges Wohl, dass sie alle aufkommenden Instinkte unterdrücken musste.
„Gern“, gab sie giftig zurück, und er schenkte ihr das Glas voll. Die helle
Flüssigkeit sprudelte heftig, und die winzigen Blasen stiegen langsam an die
Oberfläche.
„Auf
dich“, sagte er schlicht, und sie hob spöttisch das Glas.
„Auf mich?“, wiederholte sie skeptisch.
„Auf was sonst, Granger? Auf Longbottom, die Hauselfen, auf Pansy Parkinson?“,
entgegnete er ungehalten, und sie riss sich zusammen, die Lippen zur schmalsten
aller Linien gepresst.
„Fein,
auf mich“, gab sie nach, und sah ihn nicht an, als er mit ihr anstieß.
Schweigend
führte sie ihr Glas an die Lippen, und hoffte, dass der Alkohol sie schnell
beeinflussen würde.
„So
schlimm?“, erkundigte er sich still, und ihr Blick fuhr wieder hoch in sein
Gesicht. Eigentlich war seine Erscheinung ihr vertraut geworden. Aber
eigentlich war sie es nur gewöhnt, von ihm beleidigt zu werden. Und jetzt?
Jetzt… stellte sich nach drei Monaten voller endlosem Hass und Stichelleien
heraus, dass… - dass was? Dass er sie mochte? Oder so etwas Ähnliches?
„Wenn du
mich… nicht vollkommen furchtbar findest, wieso…?“ Sie beantwortete seine Frage
nicht, führte ihre aber auch nicht zu Ende. Sie mied seinen Blick erneut und
trank noch einen tiefen Schluck. Sie spürte nichts von dem Alkohol.
„Wieso
was?“, wollte er schließlich wissen. Sie sah ihn wieder an und versuchte
herauszufinden, ob es nicht doch ein gemeiner Witz war. Ihre Augen suchten kurz
die Umgebung ab, erwarteten fast, Crabbe und Goyle
feixend zwischen den Bäumen zu sehen, damit sie sie still und leise im
Verbotenen Wald umbringen konnten.
„Nichts“,
schloss sie schnell und ruckte mit dem Kopf. Er atmete langsam aus.
„Wieso
habe ich dann nichts gesagt?“, beendete er ihre Frage und trank selber noch
einen Schluck. „Dass man Dinge ausspricht, macht sie oft nicht leichter,
Granger“, erklärte er, und sie wusste nicht, ob er gerade etwas Weises gesagt
hatte oder sich einfach nur wieder lustig machte.
„Was soll das heißen?“, wollte sie ärgerlich wissen. Er sah mit gerunzelter
Stirn auf seine Armbanduhr.
„Die fünf Minuten sind um. Willst du das wirklich wissen, oder willst du hoch
ins Schloss, deinen Hauptpreis abholen?“
„Meinen
Hauptpreis?“, wiederholte sie ungläubig, und der Anflug eines Lächelns erhellte
seine Züge.
„Eine Nacht voller schmächtiger, unerfahrener, rothaariger Weasley-Liebe“,
entgegnete er süffisant, und sie verdrehte wütend die Augen.
„Hör auf
damit!“, sagte sie bloß, und er hob eine blonde Augenbraue.
„Du sitzt noch“, stellte er nüchtern fest.
„Was?“
„Auf
deinem Stuhl. Die fünf Minuten sind um, und du bist noch hier“, erläuterte er,
und sie atmete langsam aus.
„Du wolltest mir doch gerade erklären, warum es besser ist, Dinge nicht
auszusprechen, oder Malfoy? Oder ist es jetzt mit deiner neuerweckten
Ehrlichkeit vorbei?“ Sie wusste, sie provozierte ihn, und er nickte, als würde
er eine Herausforderung annehmen.
„Ok. Das
dauert dann aber länger als fünf Minuten, Granger“, gab er zu bedenken, und sie
biss nachdenklich auf ihre Unterlippe.
„Ich
bleibe. Bis fünf vor zwölf. Es sei denn, du…“
„Was?“,
wollt e er prompt wissen.
„Es sei denn, du beleidigst mich oder Ron oder Harry oder Neville noch einmal.“
Er tat so, als müsste er darüber nachdenken.
„Ok. Aber… eigentlich habe ich überhaupt nicht solange Zeit. Pansy wartet noch
ziemlich nackt auf mich, also…“, erklärte er eine Spur entschuldigend, und sie
senkte sofort den Blick. Er war ein Arschloch!
„Schön.
Weißt du, vielleicht sollte ich-“ Sie stellte das Glas zurück auf den Tisch und
war im Begriff, aufzustehen.
„Ein Scherz, Granger, ok? Das war ein Scherz. Ich nehme jede Minute, die du mir
gibst gerne in Anspruch“, unterbrach er sie, so höflich wie sie ihn noch nie
hatte sprechen hören. Zornig biss sie die Zähne aufeinander.
„Du bist
einfach nur scheiße“, erwiderte sie, und er lächelte wieder.
„Also…“,
begann er, ihre Beleidigung ignorierend. „Wann wäre deiner Meinung nach ein
geeigneter Zeitpunkt gewesen, dir zu sagen, dass ich denke, dass du… dass ich…“
Er schien nach geeigneten Worten zu suchen. „Dass ich auf einmal an dich denke,
wenn du gar nicht da bist?“, schloss er, und sie sah ihn verblüfft an.
„Du…?“
„Ja. Seit
einer Weile. Ihr kamt zurück nach Hogwarts, du und deine Wunderjungen – keine
Beleidigung“, warf er eilig ein, „und alle haben gejubelt, euch gefeiert, und bedauerlicherweise
stehe ich wohl immer noch auf der erdenklich unmöglichsten Seite“, fuhr er
schlicht fort.
„Das ist
deine eigene Wahl, Malfoy. Du hättest dich nicht wie ein Arschloch verhalten
müssen. Du hättest-“
„Was? Mit
Rosen vor eurem Gemeinschaftsraum stehen sollen? Potter in seinen verdammten
Hintern kriechen müssen, jedes Mal, wenn er es in seiner gesamten Blödheit geschafft
hat, den Schnatz nicht entwischen zu lassen? Keine Beleidigung“, setzte er
wieder hinzu. „Punktemäßig liegt er weit hinter uns“, fügte er hinzu, und sie
schüttelte den Kopf.
„Hör auf
ihn zu beleidigen! Und nein, das hättest du nicht tun müssen, aber du hättest
mich nicht so sehr beleidigen müssen, dass ich von Snape eine Verfügung
erwirken musste, jedes Mal, wenn du mich Schlammblut nennst!“ Sie hasste das
Wort. So sehr. Er lächelte jedoch.
„Granger, das ist unser Spiel. Du übst Macht über mich aus, und ich lass es zu.
Es macht mich nämlich doch an.“ Er wackelte eindeutig mit den Augenbrauen, und
auch das war das erste Mal, dass sie so etwas sah.
„Hör auf damit“, zischte sie wieder. „Und ich bitte dich, wenn die Gerüchte
stimmen, hast du jede Woche ein anderes Mädchen, Malfoy!“
„Die
Gerüchte stimmen, Granger. Aber was soll das heißen?“ Sie schnappte nach Luft.
War er wirklich so… so… arrogant?
„Dass du
ja wohl kaum abends in deinem Bett liegst und an mich denkst, oder was auch
immer!“ Sie spürte, wie sie rot wurde, und Malfoy schenkte ihr einfach nach,
ehe sie protestieren konnte.
„Wäre dir
das lieber?“, fragte er direkt, und sie machte den Fehler, in seine Augen
zusehen. Wie konnte er solche Dinge sagen, und nicht rot werden?
„Nein!“, quiekte sie und räusperte sich sofort. „Du…“, begann sie wieder
kopfschüttelnd, und rührte ihr Glas nicht an. „Ich erkenne dich nicht“, schloss
sie also leise.
„Was?“,
fragte er tatsächlich verblüfft, aber sie nahm das Glas in die Hand, trank
einen tiefen Schluck und sah ihn dann wieder an.
„Du! Ich erkenne dich nicht. Du bist… überhaupt kein widerlicher Mistkerl.
Zumindest anscheinend nicht, wenn du dir Mühe gibst, was du wohl heute bewiesen
hättest, nehme ich an“, druckste sie nervös herum.
„Du
scheinst dir ja mächtig sicher zu sein“, bemerkte er spöttisch und hatte sein
Glas bereits wieder geleert. Und der Sekt schien ihm wenig auszumachen. Er
schenkte sich erneut nach.
„Willst
du die ganze Flasche trinken?“, wollte sie vorsichtig wissen, aber er ruckte
mit dem Kopf.
„Beruhigt
die Nerven.“
„Alkohol beruhigt die Nerven? Wieso musst du deine Nerven beruhigen?“, wollte
sie verwirrt wissen. Und er deutete um sich.
„Denkst
du, ich schüttel so etwas einfach aus meinem endlosen
Ärmel, Granger? Denkst du, ich erwarte nicht jede Sekunde, dass du aufspringst
und wegläufst? Dass du nach Potter schreist, damit er den Todesser in tausend Stücke
flucht, weil er dich hier in den Wald gelockt hat?“ Er trank nach einen tiefen
Schluck und schien wieder ruhiger zu werden.
„Du bist nervös?“
„Auf gar
keinen Fall. Ich rechne nur mit dem schlimmsten. Ich denke, das ist
realistisch, Granger.“
„Du solltest
eigentlich nicht mit dem schlimmsten rechnen. Das Prinzip von Hoffnung scheint
wohl komplett an dir vorbei gegangen zu sein?“ Und tatsächlich lachte er das
erste Mal. Zumindest hörte sie ihn das erste Mal lachend. Es hatte etwas Angenehmes
an sich, befand sie plötzlich. Sie irritierte sich selbst.
„Hoffnung?“,
wiederholte er hustend, denn er schien sich noch nicht beruhigt zu haben.
„Hoffnung konkret auf was? Ich habe keinerlei Hoffnung, Granger. Das hier“, er
deutete wieder um sich, „ist der sehr schwache Versuch eines Idioten“, endete
er resignierend. Er fuhr sich durch die Haare. Blonde, dichte Haare. Die
gleiche Farbe seiner Augenbrauen.
„Du bist
immer nur gemein zu mir“, stellte sie nüchtern fest. Und ganz wie von selbst
spielten ihre Finger abwesend mit dem roten Geschenkband vor sich auf dem
Teller.
„Ich bin
eben nicht nett.“
„Nein, du
bist immer nur furchtbar!“, bestätigte sie wütend und zerpflückte fast das Päckchen
vor sich.
„Du
kannst es auspacken, weißt du?“, unterbrach er sie knapp, und erschrocken zog
sie die Finger zurück. Fast panisch schüttelte sie den Kopf.
„Granger,
es ist kein Fluch oder irgendwas. Es ist ein Geschenk. Es gehört sich, dass man
an seinem Geburtstag die Kerzen auspustet und seine Geschenke auspackt.“ Und
wieder sah sie ihn an. Es war so ungerecht!
„Du hast
kein Recht dazu!“, sagte sie leise und wischte sich schon mal vorsorglich über
die Wangen, für den Fall, dass dort Tränen wären. Sein Ausdruck änderte sich.
„Habe ich
dich beleidigt?“, wollte er plötzlich wissen, aber sie schüttelte unwirsch den
Kopf.
„Das alles! Du hättest das nicht tun dürfen! Du bist kein guter Mensch. Du
kannst nicht alles mit Kuchen und Kerzen wieder gut machen, Malfoy!“ Er sah sie
ernsthaft schockiert an.
„Das wollte ich auch nicht! Ich habe nicht einmal erwartet, dass du überhaupt
bleibst!“, rechtfertigte er sich eilig.
„Dann ist
das Geschenk leer?“, fragte sie wütend.
„Was?“ Er wirkte ernsthaft verstört.
„Wenn du
keine Hoffnung hast und sowieso nicht damit gerechnet hättest, dass ich hier
geblieben wäre, dann hättest du dir von vorneherein keine Mühe mit einem
Geschenk machen müssen, also sollte das hier verdammt noch mal eine Attrappe
sein, Malfoy!“ Sie hatte die Verpackung aufgerissen, den Deckel der Schachtel
geöffnet, und ihre Finger hielten inne.
Er hatte
ihr ein Armband geschenkt. Aus glattem, glänzendem Silber. Es lag weich auf
blauem Samt und es hatte sieben Anhänger. Sie spürte, wie ihr Blick glasig
wurde. Das Geschenk war keine Attrappe. Die Verpackung war nicht leer gewesen.
Draco Malfoy hatte ein Geburtstagsgeschenk für sie.
„Oh“,
flüsterte sie völlig gefangen. Andächtig fuhr sie mit dem Finger über die
feinen Symbole. Er räusperte sich leise.
„Der…
Löwe steht für das erste Jahr, und dafür, dass du nach Gryffindor gekommen
bist“, erläuterte er still. „Der Zauberstab… bedeutet, dass du die erste warst,
die jeden Zauber mit Perfektion ausführen konnte“, fuhr er langsam fort. Sie
konnte den Blick immer noch nicht heben. „Der Hippogreif
steht für eure Flucht im dritten Jahr, und…“ Sie konnte nicht verhindern, zu
schniefen. Er unterbrach sich knapp. „Was ist? Es gefällt dir nicht, richtig?“,
vermutete er, und sie hob den tränenschweren Blick. Sein Mund öffnete sich
überrascht.
„Du hast
dir das erste Mal über irgendwas Gedanken gemacht…“, flüsterte sie tonlos. Er
sagte darauf nichts, verschränkte lediglich die Finger ineinander.
„Und der
Schuh?“, fragte sie jetzt heiser, und ihr Finger fuhr über den filigranen
Stöckelschuh am Armband.
„Viertes
Jahr, Abschlussball. Du sahst absolut… du sahst gut aus“, fing er sich, und
fast musste sie lächeln.
„Die
Buchstaben?“, wollte sie weiter wissen, obwohl sie sich denken könnte, für was
das verschlungene D und das A daneben standen.
„Dumbledores
Armee“, sagte er knapp. Wieder wischte sie sich über die Augen.
„Die
Katze ist Krummbein?“, vermutete sie lächelnd und strich über den kleinen,
dicken Katzenanhänger. „Und das hier?“ Sie verengte die Augen. „Oh…“
„Die Heiligtümer
des Todes“, antwortete er nickend. Sie erkannte das winzige Zeichen. Das
Dreieck mit dem Kreis und dem Stab in der Mitte. Es sah alles viel zu
zerbrechlich aus.
„Das… war
bestimmt teuer“, flüsterte sie.
„Du
willst doch wohl nicht über Geld reden, oder?“, entgegnete er prüfend, und sie
schüttelte den Kopf.
„Ich kann
es nicht annehmen.“
„Du
kannst es nicht annehmen?“, wiederholte er ungläubig und eine Spur verletzt.
„Es… ist viel zu kostbar, Malfoy!“
„Unsinn.“
Er tat es mit einer Handbewegung ab. „Du wirst es nie tragen können, aber… ich
würde mich freuen, wenn du es behalten würdest“, fügte er leise hinzu. Sie sah
ihn an.
„Das hier
ist kein gemeiner Scherz, oder?“, fragte sie plötzlich, und er hob fragend die
Augenbraue.
„Scherz? Nein, Granger. Kein Scherz.“ Wieder senkte sie den Blick auf das
wunderhübsche Armband. So etwas hatte sie noch nie bekommen. Es war so schön
gearbeitet.
„Ist das
überhaupt Silber?“
„Willst
du das wirklich wissen?“, stellte er gereizt die Gegenfrage, und hastig
schüttelte sie den Kopf.
„Nein“,
flüsterte sie und klappte den Deckel der Schmuckschachtel wieder zu. „Danke,
Draco“, sagte sie zögerlich und benutzte vor ihm zum ersten Mal seinen
Vornamen. Sie konnte den Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen erahnen.
„Dass du
weinst… heißt aber nicht, dass du jetzt gehst, richtig?“
„Nein“,
widerholte sie. „Und jetzt?“, wagte sie zu fragen, und er schob ihr den Kuchen
zu.
„Jetzt
essen wir“, erklärte er nur. Sie betrachtete die Kerzen. Lange. Dann pustete
sie kräftig. Und sie erwischte alle siebzehn Lichter auf einmal.
„Wunderbar,
jetzt geht dein Wunsch in Erfüllung“, klärte er sie auf. „Was wünschst du
dir?“, wollte er neugierig wissen. Sie ruckte mit dem Kopf.
„Kann ich dir nicht sagen“, entgegnete sie, und sie spürte, wie sich ihre
Mundwinkel ein kleines Stück hoben. Er sah es sofort.
„Kann ich
es erraten?“, wollte er lächelnd wissen, aber sie schüttelte nur den Kopf.
„Vielleicht noch eine dicke Katze?“ Sie schüttelte den Kopf, ihr Lächeln
vertiefte sich. „Genauso rote Haare wie die Weasleys?“, vermutete er und verzog
angewidert den Mund. Fast lachte sie sogar, schüttelte aber wieder den Kopf.
„Ein zwölftes Ohnegleichen, obwohl es nur elf gibt?“, riet er weiter, und
langsam hob sie ihre Hand. Zögerlich griff sie nach vorne über den Tisch und
legte sie auf seine, die neben seinem Glas auf dem Tisch lag.
Er zuckte
kurz zusammen bei dieser Geste. Aber sie nahm ihre Hand nicht zurück. Seine
Haut war warm. Er war sofort verstummt.
„Danke“,
flüsterte sie, aber er sah sie nur an. Seine Züge entspannten sich. Völlig
ruhig betrachtete er ihr Gesicht. Er atmete aus, als würde plötzlich
Erleichterung seinen Körper erfassen. Und er zog seine Hand noch immer nicht
zurück.
„Hast du…
Hunger?“, fragte er nach einer ganzen Weile. Seine Stimme klang ganz rau. Sie
schüttelte nur den Kopf. „Wenn… er dich gleich fragt, dann… wirst du dich für
ihn entscheiden, richtig?“ Die Frage traf sie überraschend und unerwartet. Und
sie schluckte schwer. Wieder spürte sie einen Kloß im Hals und ein erneutes
Brennen in ihren Augen.
Und
nachdem sie seine Augen eine schiere Endlosigkeit
durchleuchtet hatten, nickte sie einmal.
„Ja. Ja,
das werde ich“, flüsterte sie. Und immer noch zog er die Hand nicht zurück.
„Es… es tut mir-“, begann sie, aber mit einem Ruck hatte er ihr seine Hand
entzogen, und die plötzliche Kälte erreichte sie schnell.
„Nicht“,
sagte er nur kopfschüttelnd. „Sag es nicht, ok?“, bat er sie praktisch, und sie
nickte erneut, verwirrt und unfähig etwas anderes zu tun. Er erhob sich
tatsächlich und schritt um den Tisch zu ihr herum.
„Was…?“
„Steh auf, Granger“, befahl er rau.
„Was?“,
wiederholte sie verwirrt, aber er blieb, wo er war.
„Steh
auf, Granger“, sagte er erneut, und sein Blick hielt sie so sehr gefangen, dass
ihre Beine einfach gehorchten und sie sich tatsächlich erhob. Er überragte sie
um fast einen Kopf.
„Ich muss
das machen“, murmelte er. „Ich muss es wenigstens versuchen“, fügte er hinzu,
und sein Blick fiel auf ihre Lippen. Sie wusste, was er tun würde. Und sie
bewegte sich nicht. Sie war völlig starr vor Schreck.
„Malfoy-“, begann sie panisch, aber er schüttelte einfach nur den Kopf, als er
die Hand zu ihrem Gesicht hob, und mit dem Zeigefinger über ihre Unterlippe
fuhr.
„Es tut nicht weh, ich verspreche es dir“, flüsterte er, und schon hatte er
seine Lippen auf ihren überraschten Mund gesenkt. Weich und voll lagen sie auf
ihren. Und die Zeit stand still. Er roch gut. Er roch viel zu gut.
War sie
nicht noch vor einer Stunde mit ihm durch die Gänge gelaufen und hatte sich von
ihm beleidigen lassen? Oder war es schon Jahre her? Wo waren seine
Beleidigungen jetzt? Jetzt, wo er vor ihr stand, seine Hand sich um ihren
Nacken schlang und sein Mund plötzlich zwischen ihre Lippen rutschte, um ihre
Unterlippe in seinen Mund zu saugen?
Oh Gott!
Draco Malfoy küsste sie. Und es fühlte sich nicht so an, als wäre er unerfahren
darin. Er ließ ihre Unterlippe fahren, und kurz war ihr Mund wieder frei. Sie ließ
ihn leicht geöffnet, denn nur so konnte sie die nötige Luft in ihr Gehirn
zwingen. Ihre Augenlider flatterten auf, und eine Träne fiel auf ihre Wange.
Sein Blick folgte ihr.
Als er
ihn wieder hob, spürte sie sofort die Röte in ihre Wangen kriechen.
Seine
Augen waren dunkler geworden. Wieso war er so schön? Und sein Mund… kaum war
ihr Blick auf seine Lippen gefallen, schloss er knurrend den Abstand. Und er
nutzte die Gelegenheit die Zunge zwischen ihre Lippen zu schieben. Das Gefühl,
als seine Zunge auf die ihre traf, war unbeschreiblich. Alle Nervenenden
reagierten sofort, kämpften praktisch gegen seine Zunge an, berührten sie auf
alle nur erdenklichen Weisen, und sie konnte ein leises Stöhnen nicht
verhindern.
Das war
gefährlich!
Sofort
zog sie den Kopf zurück und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Er atmete
tief, und sie sah, dass der Kuss ihn nicht völlig kalt gelassen hatte.
Oh Gott, oh Gott, oh Gott!
„Ich… ich
muss gehen!“, flüsterte sie erstickt. Seine Augen waren so anders. Er war so
komplett anders.
„Ok“,
sagte er tonlos. Sie konnte keine Wertung feststellen. Und er ließ von ihr ab,
ließ sie wacklig alleine stehen. Sie hätte es nicht gekonnt. Sie wollte zwar
gehen, wäre aber physisch nicht in der Lage gewesen. Er griff sich die
Schachtel vom Tisch, nahm seinen Zauberstab, und mit nur einer Bewegung war
alles verschwunden.
Die
Lampions, die Kerzen, der Kuchen, der Tisch, die Fackeln und sie befanden sich
wieder in stockfinsterer Nacht. Er sprach den Lumos-Zauber,
und das Licht war kühl.
Der Traum
war vorbei, stellte sie fest. Der Wald war wie immer. Kalt, moosig und einfach
nur ein Wald. Er kam wieder zu ihr und hielt ihr die Schachtel entgegen.
Zögerlich
ergriff sie diese.
„Wir
sollten zurückgehen Es ist spät, und ich habe noch zu tun.“ Und wie er es
schaffte, seine Stimme so zu verändern, dass er plötzlich wieder er selbst war,
war ihr unbegreiflich. „Worauf wartest du? Extraeinladungen gibt es nicht
mehr“, erklärte er kühl.
Sie hatte
ihn verletzt. Oder nicht? War das verletzter Stolz?
„Malfoy“,
begann sie, und ihrer Stimme war noch anzuhören, dass sie noch nicht zu
gebrauchen war.
„Was, Granger?“, fragte er gereizt.
Er war
wieder er selbst. Ihr Blick glitt noch einmal über die Lichtung. Und niemand
würde es jemals erfahren.
„Danke“,
sagte sie nur und setzte sich in Bewegung.
„Ich wüsste nicht, wofür“, entgegnete er glatt.
„Ja,
richtig“, erwiderte sie und schweigend verließen sie den Wald. Sie hatte ihren
Zauberstab ebenfalls entzündet, und der Weg kam ihr unendlich lang vor. Neville
hatte das Gewächshaus verlassen, stellte sie am Rande fest. Ihre Knie waren
immer noch weich wie Pudding. Er ging festen Schrittes voran. Irgendwann
erreichten sie die Große Halle. Irgendwer öffnete die nächste Tür. Sie
gelangten zum Korridor, der ihre Wege trennte, denn sie musste weiter
geradeaus, und er musste nach unten.
Und sie
zögerte.
„Wir
sehen uns morgen?“ Sie wollte es nicht wie eine Frage klingen lassen, konnte es
aber nicht verhindern.
„Ich glaube, ich habe keine andere Wahl. Könnte mich nicht erinnern, dass ich
jemals einen Sonntagabend ohne dich genießen konnte.“ Er sah sie nicht einmal
mehr an. Und wahrscheinlich verstand sie das. Vielleicht.
„Wegen
vorhin-“, begann sie, aber sein Blick schoss zu ihrem Gesicht.
„Ein Wort
davon, und ich werde alles abstreiten, niemand würde es dir glauben, und ich
verspreche dir, dein Leben würde noch zu einer größeren Qual werden, als es
ohnehin schon höchstwahrscheinlich ist, …Schlammblut.“ Das letzte Wort fügte er
nach kurzem Zögern hinzu, und es hallte giftig in ihrem Kopf wider.
Und er
wartete. Er wartete auf ihren Satz. Er wartete, dass sie ihm Punkte abziehen
würde. Aber stattdessen steckte sie ihren Zauberstab zurück und wandte sich von
ihm ab.
„Hast du
nicht was vergessen, Granger?“, hielt er sie auf, die Stimme nicht mehr ganz so
erhaben und überlegen.
„Nein“,
erwiderte sie leise. Und sie hörte, wie er sie gereizt einholte.
„Für
gewöhnlich ziehst du mir Punkte ab. Was ist? Weich geworden?“, erkundigte er
sich mit einem bösen Lächeln, aber sie konnte nicht anders, als die Hand zu
seinem Gesicht heben. Er fing ihr Handgelenk mit schneller Präzision ab, bevor
sie seine Haut hatte berühren können.
„Ein
Schlammblut wird mich nicht berühren, hast du verstanden?“, flüsterte er, und
seine Augen suchten ihr Gesicht ab. Sie wusste nicht wonach er suchte, aber
sein Griff war schmerzhaft, und ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt. „Worauf
wartest du?“, fügte er ungeduldig hinzu.
„Ich
werde dir keine Punkte abziehen“, sagte sie schlicht.
„Was?“
Sein Konzept schien zerstört.
„Gute
Nacht, Draco“, flüsterte sie, und sein Mund öffnete sich. Sein Griff wurde
lockerer, und ließ zu, dass sie ihm eine Strähne aus der Stirn streichen
konnte.
„Gute
Nacht, Granger“, gab er sich geschlagen. Sein Blick hielt sie noch gefangen,
aber sie riss sich los. Dann hatte sie sich abgewandt. Er blieb, wo er war. Er bewegte
sich nicht, sie sah es aus den Augenwinkeln. Auch als sie um die nächste Kurve
gebogen war. Ihr Herz schlug so laut in ihrer Brust, dass sie am liebsten
umgekehrt wäre.
~*~
Er hob
den Zauberstab langsam. Zögernd ging er nach vorne, bis er sie um der nächsten
Kurve wieder sehen konnte.
„Obliviate!“,
flüsterte er, drehte den Zauberstab nur eine Winzigkeit und sah sie kurz inne
halten. Sie schüttelte den Kopf und setzte ihren Weg wieder fort.
Er atmete
langsam aus.
„Ich dachte, du wolltest es ihr sagen?“ Er erschrak fast über die Stimme. Er
drehte sich schließlich um und steckte betont gleichgültig den Zauberstab
wieder ein.
„Nicht
der richtige Moment, Gregory“, erwiderte er schlicht.
„Nein?
Und jetzt hat sie alles wieder vergessen?“
Draco
nickte nur, ohne ihn anzusehen.
„Wie oft
willst du das noch machen?“, fragte Gregory tatsächlich, als er ihn eingeholt
hatte.
„Das geht
dich verdammt noch mal überhaupt nichts an. Es ist ihr Geburtstag, und am
besten verbringt sie ihn nicht damit, an mich zu denken“, knurrte er, während
er den Weg nach unten zu den Kellern beschritt. Gregory lief neben ihm und
schüttelte bedauernd den Kopf.
„Und das Geschenk?“, wagte er leise zu fragen.
„Sie wird es vergessen haben“, bemerkte er bloß.
„Du bist
verrückt. Glaubst du nicht, dass, hättest du ihr all die Erinnerungen gelassen,
sie vielleicht endlich beschlossen hätte, dich zu nehmen?“ Sein Blick schoss
kalt nach oben in das Gesicht des Jungen, der mehr wusste, als jeder andere.
„Vor
allem jetzt, wo es eng wird, und Weasley heute sein Glück versucht?“, fuhr er
bedenklich fort, aber Draco machte ein unwilliges Geräusch.
„Es geht
dich nichts an“, wiederholte er düster.
„Draco-“
„Nein!“,
unterbrach er ihn zornig. „Wir werden darüber nicht mehr sprechen, oder ich
verhexe dich auch, hast du verstanden?“ Und Gregorys Mund schloss sich knapp.
„Wie du
willst. Ich bin sicher, sie hätte sich für dich entschieden.“
Er sagte
darauf nichts, machte größere Schritte, und Gregory fiel hinter ihm zurück.
„Ganz
sicher nicht“, murmelte er, als Gregory ihn schon nicht mehr hören konnte.
Und
wieder einmal hatte der Feigling in ihm gesiegt. Aber… würde sie sich heute
nicht für Weasley entscheiden… dann würd er es noch einmal versuchen, schwor er
sich! Er würde es ein letztes Mal versuchen – und dieses Mal würde er ihr die
Erinnerung nicht nehmen.
Aber wie
hoch waren schon die Chancen, dass sie sich gegen Weasley entscheiden würden?
Verflucht
gering. Zu gering. Kurz zögerte sein Gewissen. Sollte er umkehren, sie finden,
es ihr sagen? Gregory hatte ihn wieder eingeholt.
„Zweifel,
Malfoy?“, fragte dieser kühl, und Draco antwortete, was er jedes Mal
antwortete.
„Nein,
Greg. Keinen einzigen.“
Denn sie
würde sich niemals – niemals – für ihn entscheiden.
~*~
Ihr Herz
schlug so laut in ihrer Brust, dass sie am liebsten umgekehrt wäre.
Aber das
war verrückt! Sie schritt also eilig weiter. Verwirrt schüttelte sie den Kopf
und vergrub die Hände in den Taschen. Sie musste nach oben! Es wurde immer
später, sie verpasst gleich noch ihren Geburtstag! Ihre Hand schloss sich um
etwas Festes.
Sie holte
eine Schachtel aus ihrer Umhangtasche. Kur runzelte sich ihre Stirn.
Müll von
heute Morgen, fiel ihrem Gehirn plötzlich wieder ein, und eilig warf sie die
Schachtel im nächsten Stockwerk in den großen Papierkorb, als wäre sie giftig.
Sie fuhr sich noch einmal durch die dunklen Locken, versuchte ihren Atem zu
beruhigen, und flüsterte der Fetten Dame das Passwort zu.
Diese
schwang lächelnd zur Seite. Der Gemeinschaftsraum lag dunkel vor ihr. Sie
wusste gar nicht, weshalb sie so aufgeregt war. Irgendwas schwebte noch in
ihrem Bewusstsein. Irgendwas mit …-
„Überraschung!“,
hörte sie bestimmt zwanzig Leute rufen, und das Licht erhellte den gesamten Raum,
während buntes Konfetti von der Decke rieselte.
„Da bist
du ja endlich!“, Harry Hatte sie als erster erreicht, und drückte sie fest an
sich. „Herzlichen Glückwunsch, Hermine!“ Sie hatte gewusst, die Jungen hatten
so etwas geplant.
„Das ist gegen die Hausordnung“, murmelte sie schließlich. Die Leute lachten,
und Ginny umarmte sie ebenfalls. Ron stand lächelnd etwas abseits und nickte
ihr freundlich zu.
„Herzlichen
Glückwunsch, Hermine! Ich habe den besten Kuchen der Welt für dich“, beteuerte
Ginny und warf die roten Haare über die Schulter.
„Und wir
haben die besten Geschenke, richtig?“, erkundigte sich Harry, und die anderen
grölten zur Bestätigung. Sie entdeckte Neville. Ihr Mund öffnete sich.
„Was ist
das?“, wollte sie erstaunt wissen. Neville hatte einen Strauß Blumen für sie.
Allerdings keine herkömmlichen Blumen. Es waren die grünen Tentakel mit den
lila Blüten, die sie vorhin schon gesehen hatte. Nur dieses Mal hörte sie
etwas. Die Blumen sangen.
Sie sagen
Happy Birthday mit ihrem Namen. Sie musste grinsen.
„Das hast du da unten gemacht?“, fragte sie schließlich, und er nickte
entschuldigend.
„Ja, tut mir leid, dass ich so wütend war. Aber diesen Blumen singen
beizubringen, ist verdammt schwer“, erklärte er entschuldigend, aber sie
drückte ihn an sich.
„Vielen Dank, Neville!“, hauchte sie gerührt.
„Hermine?“
Ron war zu ihr gekommen. Sofort versteifte sie sich. Sie wusste nicht genau,
weswegen, aber sie hatte so eine Vorahnung.
„Ja?“
„Würdest du… mich ganz kurz nach draußen auf den Flur begleiten?“, fragte er
heiser, und sie öffnete langsam den Mund.
Nach
draußen? Draußen…. Ihre Gedanken rissen unvollständig ab. Aber dennoch hielt
sie etwas in ihrem Kopf zurück.
„Könnten
wir das später machen?“, entgegnete sie leise, und kurz wirkte sein Gesicht
verschlossen, aber schließlich nickte er und lächelte gezwungen.
„Später.
Sicher, später, Hermine“, gab er sich anscheinend geschlagen und vergrub die
Hände in den Taschen seiner Hose, während Harry grinsend Kuchen austeilte.
Als er
sie erreicht hatte, lehnte er sich kurz näher zu ihr.
Du solltest
wirklich mit Ron rausgehen“, beteuerte er sehr leise. Seine Augen fixierten sie
dringlich.
„Ich… ich
glaube, ich will nicht“, erwiderte sie stockend, obwohl sie keine Ahnung hatte,
welches Bauchgefühl ihr gerade riet, im Gemeinschaftsraum zu bleiben.
Harry
runzelte die Stirn.
„Du…
willst nicht?“, wiederholte er verwirrt, aber die anderen drängelten sich schon
um den Kuchen, den er verteilte. Kurz war sie mit ihren Gedanken alleine
gelassen, denn den Kuchen zu verschlingen schien gerade wichtiger zu sein.
Langsam schritt sie zum Turmfenster, und ihr Blick glitt über den Wald.
Er kam
ihr heute nicht so schwarz vor. Nachdenklich biss sie sich auf ihre Unterlippe.
Es war
so, als hätte sie etwas vergessen. Etwas Wichtiges. Aber was? Sie hatte alle
Gänge patrouilliert, hatte alle Regeln eingehalten. Sie fühlte sich ein
bisschen benebelt, fast als hätte sie Sekt getrunken. Den Effekt kannte sie
nämlich.
„Hey!“
Ginny hatte sich neben sie gestellt. „Alles in Ordnung? Freust du dich? Ein
Jahr älter!“ Sie legte den Arm um ihre Schulter. „Ärgerlich, dass du heute
solange mit Malfoy unterwegs warst“, fügte sie grimmig hinzu.
„Malfoy…“,
bestätigte Hermine langsam.
„Ja,
Patrouille und all das“, wiederholte Ginny verwirrt.
„Jaah…“, entgegnete Hermine langsam. „Es war nicht weiter
schlimm“, fügte sie langsam hinzu. Sie erinnerte sich gar nicht mehr an die
Patrouille durch das Schloss. Dann konnte es nicht weiter tragisch gewesen
sein.
„Ron will
mit dir alleine reden“, flüsterte Ginny augenzwinkernd, aber Hermine atmete
langsam aus, den Blick wieder auf den fernen Wald gerichtet.
„Ja, ich
weiß. Aber… ich glaube, ich bin noch nicht soweit“, erklärte sie zögerlich.
Ginny betrachtete sie verdutzt.
„Oh… ok.
Na gut, du musst ja auch nicht.“ Hermine konnte nicht sagen, ob Ginny beleidigt
war, zumindest ließ sie sie wieder allein am Fenster zurück. Kurz rieb sich
Hermine über die Augen, schüttelte schließlich den Kopf und kehrte lächelnd
wieder zu ihrer kleinen Party zurück.
Wie nett
von den anderen! Gut, dass sie sich nicht mehr an den Abend erinnerte. Ihr
Gehirn tat ihr anscheinend den Gefallen, die grauenhafte Zeit mit Malfoy zu
verdrängen.
Das war
gut so. Sonst regte sie sich nur über ihn auf, aber heute störte es sie gar
nicht, dass er ihren Abend versaut hatte.
Dafür
würde er morgen noch genügend Zeit haben. Und die Woche danach und danach….
Sie mied
Rons Blicke, denn irgendwie war ihr heute bestimmt nicht danach, alleine mit
Ron auf dem Flur zu sein. Sie wusste nicht, warum, aber sie wusste, heute Abend
wollte sie nicht hören, was er ihr sagen wollte.
Sie würde
morgen darüber nachdenken.
„Lass sie
noch einmal singen, Neville!“, forderte sie lachend, als sie die bunten Blumen
betrachtete, die freudig noch einmal die Blüten öffneten und ihr das
mehrstimmige Geburtstagslied sangen.
Das war
ein wirklich schöner Geburtstag, fand sie und fühlte sich tatsächlich wohl,
umringt von all ihren Freunden. Der beste Geburtstag!