Kapitel
Kapitel 1 , Kapitel 2
, Kapitel 3 , Kapitel 4 , Kapitel 5 , Kapitel 6 ,
Kapitel 7 ,
Kapitel 8 , Kapitel 9 , Kapitel 10 , Kapitel 11
, Kapitel 12 , Kapitel 13 ,
Kapitel 14 , Kapitel 15 , Kapitel 16 , Kapitel 17 , Kapitel 18 ,
Kapitel 19 , Kapitel 20 , Kapitel 21 , Kapitel 22 , Kapitel 23 , Kapitel 24
Sie tippte mit ihrem Zauberstab auf den breiten Türgriff.
„Dumbledore“,
sagte sie ruhig ihr ausgewähltes Passwort für diese Woche, aber die böse
Vorahnung in ihrem Innern hatte selten etwas mit Aberglauben zu tun, sondern
war mittlerweile ausgewachsener Instinkt.
Denn sie war Freitagnachmittag nach London abgereist. Und
jetzt war es Sonntagnachmittag. Sie war also zwei Tage nicht in ihren Räumen
hier in Hogwarts gewesen.
Die Tür öffnete sich. Und ihr Atem stockte kurz.
Gefährlich. Sie nahm an, das war das Wort, nach
dem sie suchte. Es war das Wort, was am besten passte. Wieder einmal war sie an
diesem Punkt angelangt, wo es gefährlich wurde. Irgendwann war es passiert,
dass sie reizbar geworden war. Sie war regelrecht von Gemütsschwankungen
betroffen. Sie wurde wütend, sie schrie sogar, wenn sie sich selber nicht im
Griff hatte.
Vielleicht
lag es daran, dass sie Einzelkind war, dass sie es
gewöhnt war, Dinge für sich selbst zu haben? Dass sie nicht gerne teilte? Vor
allem nicht die Räume, in denen sie lebte? Aber dann wiederum… glaubte sie es
nicht. Sie hatte kein Problem, Sachen mit Harry oder Ron zu teilen.
Sie ließ
die Henkel der Reisetasche resignierend aus ihren Fingern gleiten, und die
Tasche fiel mit einem dumpfen Geräusch neben sie auf den Boden. Sie bemühte
sich nicht mal, die hohen Schuhe auszuziehen, in denen sie den ganzen Tag schon
unterwegs gewesen war.
„Ich
wünschte, du würdest endlich von der Schule fliegen“, murmelte sie gepresst,
und ihre Finger zitterten bereits vor Wut, während sie sich bemühte, das Chaos
zu beseitigen, was er veranstaltet hatte. Und nur er! Immer nur er! Ihre Atmung
ging flach, und sie konzentrierte sich darauf, nicht weiter nachzudenken. Sie sah
ihn nicht an, als er gähnend aus seinem Zimmer schlurfte. Wütend beförderte sie
die leeren Flaschen in einen Beutel, trat unbeherrscht nach zerknüllten Schalen
und Packungen, in denen er sich wohl wieder per Eule hatte Essen aus Hogsmeade liefern lassen und überlegte noch zorniger, wie
sie die dunklen Flecken aus dem beigen Teppich bekommen konnte, die bereits
eingetrocknet waren. Sie strich die Haare gereizt hinter ihre Ohren, pustete
sich eine Strähne aus der Stirn, und fuhr damit fort, ihn nicht anzusehen. Sie
kniete nicht direkt auf den Knien, denn sie wollte auf keinen Fall die neue
dunkle Jeans dreckig machen, nur weil sie wieder angekommen war.
Es stank
nach abgestandenem Bier und anderem beißenden Alkohol, neben den chinesischen
Gewürzen der Fertiggerichte, und sie öffnete eilig das Fenster.
Es war
eine widerlich stickige Luft im Zimmer, und gereizt löschte sie mit dem
Zauberstab das Feuer, was wohl die Nacht über im breiten Kamin schwach gebrannt
hatte.
„Hast du
mit mir gesprochen? Ich spreche kein Schlammblut“, gab er desinteressiert
zurück, und er trug seine Quidditchtrainigshose, ein
weißes Muskelshirt – und sonst nichts. Er kam barfuß ins Zimmer, die wenigen
Stufen hinab, zertrat unbeeindruckt weitere Chips, die vereinzelt auf dem Boden
lagen, und beachtete ihre Aufräumarbeiten nicht. Und sie hasste dieses Wort!
Aus dem
gemeinsamen Schrank holte er eine Packung Bertie Botts Kekse und streckte sich
schließlich. Es war weit nach zwei, stellte sie mit einem gereizten Blick auf die
Standuhr fest. Sie bemühte sich, seine Gestalt nicht zu betrachten. Aus den
Augenwinkeln erkannte sie dennoch das hässliche schwarze Mal auf seinem
Unterarm. Seine Haare lagen so verstrubbelt auf seinem Kopf, dass sie
tatsächlich davon ausgehen konnte, dass er bis jetzt gerade eben geschlafen
hatte. An einem Sonntag. Ein Tag vor dem Treffen der Vertrauensschüler, wofür
er wieder einmal nichts getan haben würde! Er schlenderte langsam wieder
zurück, kam auf sie zu, und seine Gestalt überragte sie um einen ganzen Kopf.
Er kratzte
sich am Rücken, bückte sich, um den Berg an Quidditch-Zeitschriften vom
Gemeinschaftszimmertisch zu wischen, um dann mit einem bestätigenden Geräusch
seinen Zauberstab aus dem Chaos zu klauben und schließlich nach einer offenen Chester
Cherry Magic Coke griff. Er würde die Zeitschriften einfach auf dem Boden
liegen lassen! Sie wusste, das würde er tun, ohne weiter darüber nachzudenken.
Er
schnippte den Zauberstab Richtung Kamin und entfachte das Feuer erneut.
Ihm war
immer kalt, während sie vor Hitze verging. Jetzt zu diskutieren, würde tödlich
enden. Für ihn. Deswegen würde sie warten, bis er weg war, um das Feuer zu
löschen.
„Wann genau hattest du vor diesen Schweinestall aufzuräumen?“, fuhr sie ihn
schließlich mit eisiger Kontenance an, und er wandte sich langsam zu ihr um,
fuhr sich durch die zerzausten Haare, und setzte eine angestrengte Miene auf.
Es war nicht so, dass ihre Räumlichkeiten klein waren, nein. Sie befanden sich
im gemeinschaftlichen Wohnzimmer, und es maß bestimmt die Hälfte des Gryffindorgemeinschaftsraums, aber selbst unter der hohen,
runden Steindecke, den Kommoden an den Wänden, der dunkelbraunen Ledercouch,
den beiden langen Fenstern, die den See überblickten – mit all seiner urigen
Schönheit, die dieses Zimmer bot, hatte sie das Gefühl, nicht atmen zu können!
„Oh Mum, ich weiß
nicht. Wenn mir danach ist?“, entgegnete er spöttisch, die Stimme tief und rau,
wahrscheinlich vom Alkohol, nahm sie an. Er fuhr sich mit der Hand über die
Bartstoppeln, und sie spürte, wie sich ihr Mund zu einer dünnen Linie presste.
„Oder gar nicht“, schloss er achselzuckend, warf sich noch einen Keks in den
Mund, nahm einen abgestandenen Schluck aus der Flasche des süßen Zuckerzeugs,
das sie niemals anrühren würde, und sie zwang sich zur Ruhe. Zur äußersten
Ruhe.
„Diesmal
bin ich wirklich sprachlos, Malfoy!“, knurrte sie, und würde sie sich nicht
beherrschen, dann würde sie gleich schreien, überlegte sie verzweifelt.
Und er hob
eine helle Augenbraue, während er sie betrachtete. Abschätzend, abwertend.
Seine Oberlippe hob sich in seiner spöttischen Manie, und er atmete
resignierend aus.
„Das sagst
du jedes Mal, und dennoch… hältst du nie dein Wort, Granger“, fügte er glatt
hinzu. „Ich bin sicher, gleich fallen dir noch weitere Worte ein, die mich
einen absoluten Scheißdreck interessieren“, erklärte er lächelnd. Ihr Mund
schloss sich zornig. Arschloch! Scheiß Arschloch!
Sein
breiter Rücken entfernte sich von ihr, und er hob winkend die Hand, ohne sich
noch einmal umzusehen, ehe er im Gemeinschaftsbad verschwand. Die Tür trat er
mit dem Fuß ins Schloss.
Atmen, Hermine. Einfach ganz ruhig
atmen, befahl sie
sich, denn sie wusste, schreien half nicht! Schreien half nicht, ihm
anzudrohen, Snape zu holen, half nicht, und deswegen zog sie stur ihren
Zauberstab und begann zu versuchen, den Fleck aus dem großen Teppich zu hexen,
der über dem kalten Steinboden ausgebreitet war. Vom Geruch her handelte es
sich wohl auch um Chester Cherry Coke, und sie hasste ihn einfach! Sie wohnte
auch hier, und es war ihm scheiß egal! Ihre Ordnung ließ ihn unbeeindruckt, und
ihre Regeln ignorierte er so konsequent als wären sie in irischem Koboldogack verfasst! Wieder löschte sie das Feuer im
Kamin.
Der Fleck
verlor langsam an Farbe. Sie sah sich seufzend um. Der Teppich sah schrecklich
aus! Auf dem übrigen Steinboden klebten dunkle Flecken anderer Art, seine
Klamotten lagen quer verteilt, und über dem Türgriff des
Gemeinschaftsbadezimmers steckte sein Quidditchhandschuh.
Selbst auf
den wenigen Stufen, die hoch zu ihrem Zimmer führten, lag allerhand an Abfall,
den sie nicht einmal identifizieren konnte.
Die Bilder
der ehemaligen Schulsprecher an der Wand neben der Eingangstür lehnten sehr
gespannt in ihren Rahmen. Es waren über fünfzig winzige Portraits hinter Glas,
und die jungen Leute starrten sie und Malfoy schon seit dem ersten Tag
regelmäßig mit offenen Mündern an. Und sie ignorierte sie seit dem ersten Tag
und war froh, dass das Glas sie daran hinderte zu sprechen. Vor allem die
Portraits von einer jungen Molly Weasley, neben einem jungen Arthur.
Sie war so
unsagbar froh, dass ihre Zimmertür versiegelt war, nachdem sie, das erste Mal
als sie weg war und wiedergekommen war, Goyle selig
schlafend in ihrem Bett vorgefunden hatte! Es hatte ein Donnerwetter gegeben,
was Mr König-Lord-und-Mistkerl Malfoy hier natürlich hingenommen und ignoriert
hatte. Und seitdem war ihre Tür mit unzähligen Zaubern versiegelt!
Goyle jedoch schämte sich seitdem immerhin
und sah ihr nicht mehr ins Gesicht.
Sie hörte
ihn unter der Dusche summen, als wäre alles in bester Ordnung, und der Klang
seiner Stimme jagte ihr Schauer des unergründlichen Hasses über den Rücken. Sie
kam bestimmt nicht von einer anstrengenden Fahrt, um danach direkt weiter
machen konnte, aufzuräumen.
Die
jährliche Verbandsfeier der Zahnärzte Londons war wieder einmal endlos lang
gewesen. Endlos lang war auch die Liste an potentiellen festen Freunden, die
ihr von ihrer Mutter wie immer dreist präsentiert worden war.
Das Essen
war erstaunlich lecker und ungesund gewesen, bedachte sie den Anlass. Sie war
also einen ganzen Samstagabend herum gereicht und vorgeführt worden.
Und ihre
Mutter hatte lächelnd verkündet, ihre Tochter hätte einen geheimen Job bei der
Regierung.
Und egal,
wie oft Hermine ihr erklärt hatte, dass sie bestimmt nicht mit einem Muggel –
oder gar einem Zahnarzt – ihren Lebensabend verbringen wollte, so war das ihre
Mutter so egal wie Draco Malfoy ihre Regeln.
Nachdem
Hermine immer noch Single war – wofür ihre Mutter nur ein Kopfschütteln übrig
hatte – sah diese sich wohl gezwungen, die Sache selber in die Hand zu nehmen.
Denn mit siebzehn schien man sich wohl vorbereiten zu müssen, hieß es.
Sie
seufzte schwer und beschloss, nicht mehr über ihre Mutter nachzudenken. Der
Fleck war verschwunden. Gut! Sie arbeitete sich weiter vor und hatte noch nicht
einmal ihr Zimmer betreten! Sie fand weitere Flaschen unter der Couch und
zornig stopfte sie diese ebenfalls in den bereits vollen Beutel. Sie entdeckte
jetzt erst die beschmierten Fenster und wusste, es würde sie wohl den ganzen
Nachmittag kosten, hier aufzuräumen.
Alle
Essenreste beseitigte sie eilig mit einem Alles-weg-Zauber, der den Müll in den
nächsten Mülleimer befördern würde. Nichts stand mehr an seinem ursprünglichen
Platz, aber dafür konnte sie sicher sein, dass in der Kommode neben der Tür im
untersten Fach alles die beste Ordnung haben würde. Da waren nämlich die
Putzsachen untergebracht, und die Hölle müsste zufrieren, bevor Draco Malfoy
seinen königlichen Hintern bewegte, und einen Lappen zur Hand nahm!
Auf der
Kommode zwischen weiteren Butterbierflaschen und Chipstüten
lag ein kirschfarbener BH, den sie mit spitzen
Fingern ergriff. Sie wollte gar nicht wissen, wie er dahin gekommen war. Sie
hinterfragte seine sexuellen Eskapaden nicht, denn er war bisher meist schlau
genug, sie davon nichts mitbekommen zu lassen, denn sonst hätte sie Snape
schneller gerufen, als er das Wort Schlammblut
auch nur hätte denken können.
Sie
beschloss also, einen komplett-Desinfektionszauber auszuführen, nachdem sie das
gröbste beseitigt hätte. Nur bei den Fenstern wagte sie keine Zauber. Selbst
Molly Weasley konnte nur mit äußerster Vorsicht Fenster magisch reinigen. Das
war Hermine zu gefährlich. Weil sie viel zu wütend war, um sorgfältig zielen zu
können!
Die
Badezimmertür öffnete sich, nachdem sie ihre Putzsachen zusammengestellt hatte.
Der heiße
Dampf der Dusche kroch über den Fußboden.
„Fenster
auf!“, bellte sie wütend in seine Richtung, aber er sagte nichts. „Und das
hier…!“ Sie deutete angewidert auf den BH. „Brauchst du den
noch? Oder irgendwer?“, schnappte sie zornig, und sah ihn an. Er rubbelte sich
gerade mit einem Handtuch die Haare trocken, und jetzt trug er nur noch seine
Trainingshose. Tropfen perlten seinen Oberkörper hinab, und dass er einen
Körper eines griechischen Gottes besaß machte sie noch wütender! Sie zwang
sich, ihn nicht zu genau anzusehen. Sie erkannte seine Hüftknochen, die über
dem Bund seiner Hose saßen, die formschön seine Beine hinab fiel. Sie konnte
sich nicht erklären, wie er seine Muskeln definiert halten konnte, wo er doch
so einen Junkfood-Mist in sich reinstopfte! Nahezu jeden zweiten Tag! Immerhin
hatte sie die Röte in ihren Wangen relativ gut unter Kontrolle. Relativ bedeutete, dass sie nicht mehr
rot wie eine Tomate und um Worte verlegen wurde.
Sie hatte
sich – so schlimm dies auch war – an den Anblick eines halbnackten Draco
Malfoys bereits gewöhnt. Und sie hasste es!
Und er
schüttelte die feuchten Haare, als er das Handtuch achtlos über die Sofalehne
warf.
„Malfoy,
Handtuch!“, sagte sie sofort, aber er gähnte erneut.
„Bin schon
trocken, Granger“, gab er zurück.
„Malfoy!“,
wiederholte sie warnend, aber er war schon weiter in sein Zimmer gewandert. Wie
es da aussehen mochte, wollte sie gar nicht wissen. „Du hilfst mir! Du räumst
hier auf!“, rief sie ihm wütend nach. Sie konnte nicht fassen, dass es ihm so
egal war! So konnte man nicht leben! Sie lebte seit einem halben Jahr mit Draco
Malfoy auf drei Zimmern, und sie war am Ende ihrer Lebenslust! Sie hasste es.
Es war wie eine WG der Hölle, und er war Teufel!
Er war
bestimmt nicht Schulsprecher geworden, weil er so ordentlich war. Nein, ganz
bestimmt nicht!
„Keine
Zeit“, erklärte er gleichmütig, als er schließlich vollständig bekleidet mit
Trainingsjacke aus seinem Zimmer zurückkam. Sie erhaschte einen Blick in sein
Zimmer. Die Jalousie war noch unten, überall lagen Klamotten von ihm, das Bett
war nicht gemacht, und die Decke lag halb auf dem Boden. Er fuhr sich noch
einmal mit der Hand über die halbnassen Haare. Sein Blick glitt suchend durch
das Wohnzimmer, schien aber nichts von dem Chaos wahrzunehmen. „Accio Nimbus!“,
rief er also, ohne den Zauberstab aus der Hosentasche zu holen, und fast vergaß
sie, wie wütend sie war, und Neid befiel sie, dass er zauberstabloses Zaubern
fertig brachte, und sie bisher immer noch nicht.
Seine
Theorie dazu wollte sie nicht ein weiteres Mal hören! Muggel konnten es nämlich
genauso gut, wie Reinblüter! Und wenn sie etwas mehr Zeit hätte, sich auf das Zaubern
zu konzentrieren anstatt aufs Putzen, wäre sie vielleicht schon in der Lage
zauberstablos zu apparieren!
Sie hörte
plötzlich das Knacken der Garderobenschranktür neben der Tür, und ehe sich ihr
Mund öffnen konnte, brach die Tür aus den Angeln, und der Besen kam mit voller
Wucht in seine Hand geschossen.
Ihr Blick
hob sich eisig zu seinem Gesicht, während er kurz die Tür betrachtete, die nun
schief in den Angeln hing. Auch die Münder der ehemaligen Schulsprecher hinter
Glas hatten sich stumm geöffnet.
„Das
reparierst du!“, fuhr sie ihn an. „Nicht später, nicht morgen. Jetzt, Malfoy!“ Es war lange her, dass
sie ein Wort wie Bitte oder Vielleicht gebraucht hatte. Mit Malfoy
war alles ein Streit. Alles war ein Für und Wider. Alles war schwer und
kompliziert. Alles war getränkt in bittere Beleidigungen und Hass.
Er warf
ihr einen ungläubigen Blick zu. „Wieso sollte ich auf irgendwas hören, was du
sagst, Granger? Glaubst du wirklich, wir leben hier in deiner kleinen Symbiose,
wo die eine Hand die andere wäscht?“ Er ließ sie nicht mal zu Wort kommen. Sein
Blick bekam die abschätzende Malfoy-Note, die sie für gewöhnlich von ihm
gewohnt war. „Apropos waschen… das
sollte dein Stichwort sein, Schlammblut. Aber nicht vergessen… schön das
Badezimmer danach putzen. Ich will mir keinen Ausschlag einfangen“, ergänzte er
lächelnd.
„Fick
dich, Malfoy“, entfuhr es ihr zornig. Er lächelte breiter.
„So
schmutzige Worte. Weiß Potter, dass aus deinem Schulsprecher-Gryffindor-Besserwisser-Mund
solche schmutzigen Worte kommen? Aber wahrscheinlich kommt der kleine Bastard
sowieso noch vorbei, richtig? Kann ja seine Schlammblut-Hure keine einzige
Sekunde aus seiner Aufmerksamkeit entlassen.“ Sein Lächeln war bitterböse. „Ich
frage mich, welche Rolle du in seinem kleinen Martyrium gespielt hast,
Granger“, fuhr er fort, während er seine Hand am Stiel des Besens obszön hinauf
und hinab gleiten ließ. „Warst du die gesamte Zeit nackt?“, erkundigte er sich,
ein spöttisches Funkeln in den Augen. „Ein Wunder, dass Potter den Krieg
gewonnen hat und sich nicht die gesamte Zeit übergeben musste.“ Ihr Mund
schloss sich und sie schluckte den Zorn hinunter. „Sieh mal an, wie die Zeit
verfliegt“, ergänzte er mit einem Blick auf die Wanduhr. „Keine Zeit mehr für
Schlammblut-Gespräche.“ Damit wandte er sich von ihr ab. „Oh, und Granger?“ Er
steckte demonstrativ den Zauberstab tiefer in seine Tasche, hob die Hände in
die Luft und schenkte ihr ein letztes Lächeln.
Sie
spürte, wie sich ihr Kiefer hart anspannte. Sie hasste ihn. Hasste, hasste,
hasste ihn!
„Jetzt
alle Schlammblüter aufgepasst“, flüsterte er, sah in die Runde, nickte einem
imaginären Publikum zu, und mit viel Showeinlage führte er den Reparo
zauberstablos aus. Sie hasste ihn! „Und das war jetzt nur für dich“, ergänzte er
leise und sah ihr direkt in die Augen. „Muss bitter sein. Die
Gryffindor-Meisterhexe schafft nicht mal einen simplen Zauber ohne Zauberstab.
Vielleicht kann ich später noch eine Tür kaputt machen, und dir zeigen, wie
viel besser ich bin?“ Er sah sie herausfordernd an. Er wartete auf ihren
Konter. Aber sie schüttelte nur den Kopf. Sein Grinsen verblasste eine Spur.
Sie wusste, er mochte nicht, wenn sie ihm nicht antwortete. Aber es war ihr
verdammt egal, was er mochte und was nicht! Sollte er seine Psychospiele doch
alleine spielen!
„Hau
endlich ab, Malfoy“, knurrte sie und bereute schon, mit ihm überhaupt
gesprochen zu haben. Sein Grinsen vertiefte sich wieder. Er schulterte den
Besen und schritt selbstsicher zu Tür. Oh, er hielt sich ja für so überlegen!
Er war so ein Arschloch.
„Wow. So
viel Schlagfertigkeit auf einmal, Granger. Keine Ahnung, ob ich mich davon
erholen werde“, fügte er hinzu, die Hand auf der Klinke.
„Und wo
sind die Pläne? Bis morgen muss das Konzept stehen“, ignorierte sie einfach
seine Worte und beschloss, zu vergessen, dass er ihr Blut zum Kochen brachte.
Es würde ihr rein gar nichts bringen, sich jetzt weiter mit ihm anzulegen. Es
würde nichts helfen, nichts besser machen, und sie hätte nichts gewonnen. Er
hielt einen Moment inne.
„Jaah, richtig. Ich hatte schon schlaflose Nächte deswegen“,
erwiderte seine spöttische Stimme. Ihr zorniger Blick musste sich durch seinen
Hinterkopf brennen.
„Malfoy!“, entgegnete sie, die Warnung immer auf den Lippen. „Wo sind die
Pläne?“, wiederholte sie lauter, aber sie hörte ihn lachen.
Und sie
wusste, das Gespräch war beendet. Stumm versiegelte er seine Zimmertür, die mit
einem Ruck ins Schloss fiel. Dann hatte er die Räume verlassen.
Und wieder
einmal hatte sie ihren Standpunkt nicht verteidigt. Wieder einmal war ihm alles
egal. Aber es war ihr auch egal!
Sie
schritt auf sein Zimmer zu und beäugte die Tür mit einem feindseligen Blick.
Die Türen zu ihren Schlafräumen waren oben rund, gleich groß, und man musste
drei breite Steinstufen vom Wohnzimmer aus nach oben gehen. Sie waren alt, aber
dafür, dass sie so dick waren, waren sie erstaunlich leichthörig. Sie nahm an,
das Holz war mit der Zeit porös geworden. Sie überlegte kurz, wie hoch die
Wahrscheinlichkeit war, dass er den Türrahmen mit einem Zauber belegt hatte,
der Muggel tot umfallen ließ und kam zu dem Schluss, dass es höchst
unwahrscheinlich war. Und verboten!
„Alohomora!“, rief
sie, mit dem Zauberstab in der Hand. Sie würde gerne zauberstablos zaubern.
Aber sie kam auch hervorragend mit ihrem Zauberstab zurecht. Und nichts
passierte. Die Tür blieb verschlossen. Sie atmete gereizt aus. Und jetzt würde
sie erst recht in sein Zimmer gehen!
Es folgten
Bombardia-Zauber, einige weitere Zauber zum Öffnen
von Gegenständen, aber die Tür blieb beharrlich verschlossen. Sie überwand die
drei Stufen und stand nun direkt vor dem alten Holz.
„Oh, du mieser Idiot!“, murmelte sie und krempelte sich die Ärmel ihrer Bluse
hoch. „Als ob du einen Zauber fertigbringen könntest, den ich nicht knacken
kann!“, murmelte sie der Tür zu und legte ihre linke Hand auf den Knauf. „Revelio!“,
flüsterte sie den Enthüllungszauber, und nach einem kurzen Moment erschienen
Umrisse auf der Hälfte der Tür. Hermine runzelte die Stirn. Es sah aus, wie
eine Hand. Zögernd legte sie ihre Hand auf die Stelle der Tür.
Sie wagte
einen erneuten Versuch und ließ ihre Hand auf der gezeigten Stelle. „Alohomora!“,
sagte sie erneut, und dieses Mal schwang die Tür auf.
Ein
kombinierter Öffnungs-Zauber. Sie würde alles andere als beeindruckt sein,
beschloss sie grimmig. Dennoch betrat sie sein Zimmer mit größter Vorsicht. Ihr
Mund verzog sich angewidert. Leere Feuerwhiskeyflaschen reihten sich neben
seiner Tür zu einer Art kunstvollen Pyramide auf. Sie würde diese nicht
bewegen. Vielleicht würde McGonagall ihn von der Schule werfen für
Alkoholmissbrauch, wenn sie heute Abend den Rundgang machte. Sie sah sich um,
ohne etwas anzufassen. Das Zimmer kam ihr feindlich vor. Es lag im Halbdunkel,
und ihr wurde bewusst, sie war noch nie hier drin gewesen. Natürlich sah sie
von der Couch aus das Zimmer, wenn er die Tür offen stehen ließ, aber sie
glaubte nicht, schon einmal wirklich hier drin gewesen zu sein.
Sie
betrachtete das Zimmer voller Argwohn. Es wunderte sie nicht, dass hier die
gleiche Unordnung herrschte, die er auch im Wohnzimmer ausgebreitet hatte. Sie
hatte gewusst, es würde bitter enden, wenn sie ein Wochenende nicht da wäre.
Sie hatte es schon vorher gewusst! Malfoys Zimmer ähnelte seiner
Persönlichkeit, befand sie bitter. Unordentlich, düster und unpersönlich. Er
hatte keine Bilder aufgestellt oder Poster aufgehangen.
Seine Schulsachen lagen verteilt auf dem Boden, auf dem Schreibtisch, halb
unter dem Bett, wie sie erkennen konnte, und seine Kleidung quoll unordentlich
aus seinem Schrank. Fünf grün-silberne Krawatten hingen über der geöffneten
Schranktür, und das einzige, was er selber angebracht hatte, war ein Haken
neben der Tür, fiel ihr auf. Dort hing seine Quidditchuniform.
Darunter stapelten sich Reinigungsmittel für Rennbesen, Quidditchschuhe
und allerlei weitere Quidditchartikel.
Sie atmete
aus. Harry und Ron waren genauso. Ginny auch. Malfoy schien ebenfalls besessen
von diesem Sport zu sein. Es war etwas, was sie absolut nicht nachvollziehen
konnte. Sie roch sein Aftershave überall. Ein Schauer befiel sie. Sie zwang
sich aus ihrer Starre und sah sich weiter um. Seine Steinwände hier wirkten
staubig, verschmiert, und auch der Boden war mehr als dreckig.
Hunderttausend
Sachen stapelten sich auf seiner Arbeitsfläche, wie sie es im Dämmerlicht
erkennen konnte. Seine Pinnwand über dem Schreibtisch war ebenfalls ein Chaos.
Meistens verschiedene Zettel, Servierten, sogar Arbeitszettel, die mit Namen
von verschiedenen Mädchen und ihren verschiedenen Häusern beschrieben worden
waren mit anscheinend seiner eigenen Bewertung dahinter, der sie absolut keine
Beachtung schenkte! Sie fand ihn widerlich!
Auf dem
Schreibtisch lagen Briefe, viele ungeöffnet, viele zerknittert und viele Belege
diverser Lieferdienste aus Hogsmeade. Einige verhexte
Drachen aus Papier flogen noch träge ihre winzigen Runden über dem
Schreibtischchaos, denn der Zauber war mittlerweile zu schwach, als dass sie
noch höher fliegen konnten. Eine Box mit Chinarollen stand noch auf seinem
Tisch und roch nicht mehr gut. Sie ignorierte diese geflissentlich und schob
sie mit spitzen Fingern beiseite, ehe sie darunter den beschmierten Plan fand,
den sie suchte.
Und er war
nicht ausgefüllt! Sie unterdrückte einen zornigen Schrei, griff sich den
Zettel, und beschloss, es selber zu machen, denn auf dieses Arschloch war kein
Verlass! Unter dem Chaos entdeckte sie das Schulsprecherabzeichen, was er
ohnehin nie trug. Es sollte ihm sowieso abgenommen werden. Er war so ein
Arschloch! Er verdiente so etwas nicht mal. Harry hätte es verdient! Aber es
hatte noch nie Schulsprecher vom gleichen Haus gegeben. Und es entsprach nicht
den Regeln. Aber… wäre doch einfach Ernie MacMillan Schulsprecher geworden.
Ihretwegen hätte es sogar Blaise Zabini sein können, den sie zwar ebenso wenig
mochte, der sie aber noch nie Schlammblut genannt hatte.
Sie hasste
das Wort. Hasste es!
Sie hätte
auch verzichten können, aber es war so eine Ehre gewesen. Sie hatte nicht
widerstehen können. Hätte sie vorher gewusst, was es für ein harter Job war,
hätte sie abgelehnt. Sofort. Ohne mit der Wimper zu zucken. Ihre Augen glitten
kopfschüttelnd über das Chaos.
Sie
entdeckte einen weiteren Stapel Briefe. Er lag auf dem Boden, zwischen Schrank
und Schreibtisch. Eine Schicht feiner Staub hatte sich bereits auf ihnen
abgelagert. Sie stutzte. Alle trugen ein fliederfarbenes Siegel mit Drachenkopf
auf der Rückseite, und das Siegel war noch nicht gebrochen, die Briefe waren
also ungeöffnet. Die Umschläge sahen zerknickt aus, teilweise als wären sie
nass geworden und wieder getrocknet, und sie erkannte alle hatten denselben
Absender auf der Lasche stehen: Lord
Lucius Malfoy.
Sie musste
die Briefe anstarren als wären sie gefährlich, denn ihre Augen hatten sich
ungläubig verengt. Sie wusste, die Briefe mussten älter sein. Plötzlich fühlte
sie sich unwillkommen. Plötzlich spürte sie die gesamte Feindlichkeit, die von
diesem Zimmer ausging. Und sie wusste sogar, dass er wahrscheinlich rasend vor
Wut wäre, wüsste er, dass sie – das
Schlammblut – sein Zimmer betreten hatte.
Ihr Herz
schlug etwas lauter. Und sie wollte nicht darüber nachdenken, dass er alte
Briefe von seinem Vater ungeöffnet auf dem Boden liegen hatte. Allein der Name
seines Vaters hier in diesem Zimmer strahlte etwas ungemein Böses aus.
Sein Vater
war vor sieben Monaten gestorben. Also waren diese Briefe… älter. Wieso hatte er sie damals nicht gelesen? Nein. Es war egal,
Hermine! Absolut egal! Der Tod von Lucius Malfoy war wohl das Thema gewesen,
worüber in der Schule im letzten Jahr ausgiebigst
gesprochen worden war. Neben dem Sieg über Voldemort, natürlich.
Sie hatte
seinen Vater in keinem Gespräch, in keinem Streit erwähnt. Sie hatte darauf
verzichtet. Sie nahm an, weil er selber nie ein Wort über den Tod seines Vaters
zu verlieren schien, war es keine kluge Idee, ihn darauf anzusprechen.
Sie hielt
den Plan fester an ihren Körper gedrückt, sah sich ein letztes Mal in seinem
Zimmer um und verließ es, ohne etwas anderes zu berühren.
Sie
versiegelte seine Tür erneut, nur um wieder wütend zu werden, als sie das
klebrige Parkett im Wohnzimmer inspizierte. Putzen. Putzen lenkte
sie von möglichem Mitleid ab, was sie sowieso nicht für Malfoy übrig hatte.
Oh, ganz bestimmt
nicht!
~*~
Als es
klopfte, konnte sie sich nicht mehr erheben.
„Offen!“,
rief sie nur, völlig erschöpft.
„Hey, du
bist endlich wieder – Wow!“, entfuhr
es Ron sofort. Harry setzte sich neben sie auf die Couch. Sein Blick war
skeptisch und abweisend, wie immer, wenn er ihre Räume betrat. Sie konnte sich
nicht mehr daran erinnern, dass er lächelte, so lange war es her.
„Unglaublich!“, fügte Ron kopfschüttelnd hinzu. „Wie kann es immer so
ordentlich bei dir sein, Hermine?“, wollte er ungläubig von ihr wissen.
„Wahnsinn! Kannst ruhig bei uns auch vorbeikommen“, schlug er gönnerhaft vor.
Er ließ sich in den Sessel fallen, den sie frisch aufgereinigt
hatte, mit diversen Zaubern, von denen sie immer noch ganz benebelt war. „Kann
ich mal über deinen Aufsatz von McGonagall rüber lesen?“, erkundigte er sich
jetzt, als er beherzt nach der Schale mit übrigen Bertie Botts Keksen griff,
die sie in der Mitte des Couchtisches drapiert hatte, um ein Brandloch zu
verdecken, das sie bisher nicht hatte verschwinden lassen können. „Kalt hier“,
merkte er an und schielte zum Kamin, den sie auch gerade erst sauber gehext
hatte.
„Hab ihn
noch nicht fertig. Und es ist nicht
kalt, Ron“, brachte sie müde über die Lippen. Ron sah sie verwirrt an.
„Was? Noch
nicht fertig? Morgen ist Abgabe!“, brachte er entrüste hervor. „Wieso ist er
nicht fertig? Ich muss noch was für den Schluss finden, Hermine!“, beschwerte
er sich tatsächlich beleidigt. Sie atmete entnervt aus.
„Wahrscheinlich
musste sie ihrem anderen Tagesjob nachgehen, Ron“, brachte Harry schließlich
bitter hervor und fixierte sie streng, als wäre sie die Verdächtige bei einem
Verhör. „Wieso sagst du McGonagall nicht, dass Malfoy ein verdammtes Arschloch
ist, dass er nie aufräumt, dass er dich im Schweinestall sitzen lässt, und er
fliegt von der Schule?“, wollte Harry gereizt wissen, aber sie atmete langsam
aus.
„Er fliegt nicht von der Schule, weil er unordentlich ist, Harry!“ Das wäre aber wirklich super, überlegte
sie dumpf. „Und ich habe mich schon genug mit ihm gestritten heute.“ Seine
Stirn runzelte sich überrascht. Sie biss sich auf die Zunge. Nein. Das war das
falsche gewesen.
„Gestritten? Heute? Wann? Um was ging es dieses Mal? Hat er dich fertig
gemacht? Wenn er auch nur einen Schritt zu nahe kommt, Hermine! Wieso hast du
uns nicht Bescheid gesagt?“, fuhr er sie an. Sie starrte ihn ungläubig an.
„Harry,
ich werde mich jetzt nicht auch noch mit dir streiten!“ Sie schüttelte vehement
den Kopf, und Harrys Mund wurde schmal vor Wut.
„Kommt
schon! Es ist Sonntag. Können wir einmal nicht über Malfoy reden?“,
beschwerte sich Ron verärgert und sah sie beide an. Harry beachtete ihn gar
nicht.
„Es wäre
wirklich schön, wenn wir uns wie normale Menschen unterhalten könnten“, fügte
Hermine hinzu, und wartete, dass Harry endlich reagierte. Und er überwand sich
schließlich zu einem resignierenden Seufzer.
„Schön“, gab er sich geschlagen, und Ron atmete erleichtert auf.
„Ja?“,
vergewisserte sich Hermine, und Harry nickte widerwillig.
„Wie war deine Zahnarztmesse?“, wechselte Harry beinahe abrupt das Thema. Und
Hermine wusste, Harry sparte sich gerade die Hasstiraden, für die er sonst
ganze Stunden aufbringen konnte. Es war nett von ihm. Wahrscheinlich.
„Gut,
danke“, log sie und verschwieg ihre anstrengende Mutter und die Männerschau.
Hermine
wusste, solange sie nur schlechtes von Malfoy erzählte, sich über ihn aufregte
und ihn als Teufel von Hogwarts betitelte, war alles in Ordnung. Harry regte
sich dann gerne mit ihr auf, aber sobald sie versuchte, das Thema abzuwenden,
Harry nicht mehr zustimmte, sie ihm erzählte, dass Malfoy sie beleidigt hatte
oder dass sie sich gegen eine verbale Attacke nicht hatte wehren können, sah
alles anders aus.
Harry
unterstellte Malfoy alles Übel der Welt, und Hermine gab ihm da auch vollkommen
recht, aber Harry übertrieb. Malfoy war ein Arschloch. Sicher war er ein
Arschloch, aber sie kam damit zurecht. Sie erwartete keine Freundlichkeit von
Malfoy, keine Kooperation. Es war einfach wie es war. Wie es zwischen dem Sohn
eines Todessers und einer Muggel eben nicht anders sein konnte. Sie hatte das
schon lange akzeptiert.
Aber Harry
sah die Dinge anders. Schon allein wegen des Kriegs. Er hätte am liebsten, dass
Malfoy zu Kreuze kroch, dass er sich entschuldigte, bis seine Lippen fusselig
wurden, aber es war einfach utopisch. Es war von vorneherein utopisches Denken
gewesen.
Harry
erwartete Respekt von grundsätzlich jedem, aber… so einfach war es eben nicht.
Slytherins waren eben immer noch Slytherins. Verdammte, arrogante, reiche
kleine Reinblüter, die nichts Besseres zu tun hatten, als in ihrer
Überheblichkeit den Krieg zu ignorieren, weil sie genügend Gold hatten, dass
sie niemand belangen konnte.
Und sie
verstand Harrys Wut natürlich.
Aber er
musste es einfach hinnehmen. Er musste, ansonsten würde er noch bis zum Ende
des Jahres explodieren.
Sie hatten
sich alle drei darauf geeinigt, das letzte Jahr in Hogwarts zu verbringen, ihre
Abschlüsse zu machen und sich anschließend zu bewerben.
Zwar
standen Harry bereits alle Türen offen, aber sie hatten diese Abmachung
getroffen. Und sie hatte den Jungen klargemacht, dass ein Abschluss wichtig
war, und dass sie ganz normal die Schule beenden würden. Normalität nach dem
Krieg war gut. Es war das einzige was half, zu vergessen.
Und die
Schule war aufgebaut worden, war wieder wie neu. Und es tat ihnen gut. Sie
spürte es. Es gab keine Flucht mehr, keinen Kampf. Es war vorbei. Und es war
gut so, wie es war. Und dass in der Schule die Regeln der Welt nicht galten,
musste Harry eben einsehen.
Er war ein
Held. Ja. Aber im Moment, hier in Hogwarts, war er Harry Potter. Einfach nur
Harry Potter, der nicht besser behandelt wurde.
Und sie
hatten sich darauf geeinigt, dass das in Ordnung war.
Und jetzt
machte es Harry ihr einfach zu schwer!
„Schulsprecher
sollten keine eigenen Räume haben. Du solltest wieder bei uns im
Gemeinschaftsraum sein“, bemerkte Harry gepresst, weil er es wohl nicht
verhindern konnte.
„Es hat
Tradition, Harry“, sagte sie, so wie sie es jedes Mal tat. Ron atmete
entspannter aus. Er spürte wohl auch, dass Harry wieder freundlicher gestimmt
war.
„Ja, aber bestimmt hatte es nie Tradition, dass ein Slytherin Schulsprecher
geworden ist!“, bemerkte er mit einem Blick auf die vielen kleinen Portraits
der ehemaligen Schulsprecher hinter Glas.
Die Tür
öffnete sich laut, ehe sie Harry daran erinnern konnte, dass er versprochen
hatte, nicht mehr darüber zu sprechen.
„Slytherin
hatte in der Geschichte von Hogwarts mehr Schulsprecher als Gryffindor“,
erklärte Malfoy hochmütig, während er den Besen gegen die Garderobe lehnte. Ron
und Harry sahen ihn beide missmutig an. Wieso war er wieder da? Er kam nie vor
sechs Uhr wieder! Sie hasste ihn noch mehr. Jetzt hatte Harry wieder Grund
genug, wütend zu werden. Wieso konnte Malfoy nicht einfach abhauen? Wieso
konnte er nicht drei Stunden einfach nicht auftauchen? Sie zählte
innerlich bis zehn, um die Ruhe zu bewahren. Die Jungen waren nicht begeistert.
„Schuhe aus!“,
befahl sie schließlich, aber natürlich hörte er nicht auf sie. Jedoch tat Goyle, der ihm gefolgt war, wie ihm geheißen, schlüpfte aus
seinen Schuhen, und sie erkannte ein Loch in seinem Socken, wo sein großer Zeh
rausguckte. Sein Gesicht zierte eine feine Röte.
„Greg, komm endlich!“, rief Malfoy ungeduldig, nachdem er seine Tür entriegelt
hatte, und Harrys Hass wirkte wieder frisch entfacht. Sie beschloss, Malfoy
jetzt auch nicht dafür anzuschreien, dass er den Plan nicht ausgefüllt hatte.
Sie machte tatsächlich Schadensbegrenzung wegen Harry und Ron. Sie musste.
Sonst wäre es furchtbar.
Goyle kam langsam zum Tisch, um sich unter
ihrem bösen Blick mit zittrigem Finger einen Keks aus der Schale zu nehmen.
„Darf
ich?“, flüsterte er, und sie verdrehte die Augen, ehe sie nickte. Er mied den
Blickkontakt zu Harry und Ron, und folgte Malfoy eilig in sein dunkles Zimmer.
„Was machen die da drin?“, überlegte Ron angewidert und beugte sich im Sessel
gespannt zur Seite.
„Bestimmt
muss Goyle ihm die Schuhe ausziehen und dann seine
verschwitzten Füße küssen“, erwiderte Harry spöttisch. Ron verzog angewidert
den Mund.
„Er zieht
sich doch nicht um, oder? Also, wenn Goyle da drin
ist?“ Sie atmete gereizt aus.
„Ich weiß
es nicht. Und es ist mir auch egal.“
Die Tür
öffnete sich bald wieder, die Jalousie war oben, und Malfoy kam wieder raus. Er
trug keine Trainingsjacke mehr und zog sich bereits im Gehen das Shirt über den
Kopf. Oh Merlin!
„Schaff
die Flaschen weg, und räum hinter dem Bett auf, Greg!“, rief er über die
Schulter, während Harry und Ron größere Augen bekamen, als Malfoy mit nacktem
Oberkörper zum Badezimmer schritt. Hermines Augen schlossen sich langsam. Oh nein! Bitte nicht! Bitte, bitte nicht!
Aber es war schon zu spät.
„Hey,
Malfoy! Das ist hier keine Sauna, verstanden?“, rief Harry, während er sich
erhob. Malfoy sah ihn an, als sähe er ihn zum ersten Mal.
„Was willst du von mir, Potter?“, erkundigte er sich gereizt und mit ehrlicher
Ratlosigkeit im Blick.
„Du kannst deine Striptease-Show in deinem Zimmer für deinen lethargischen
Freund veranstalten, aber nicht hier draußen!“, knurrte Harry, und Ron hatte
sich ebenfalls kauend erhoben.
„Jungs“,
sagte sie warnend, aber Harry und Ron fixierten Malfoy unbeirrt. Sie war so
unglaublich müde. „Es ist egal“, fügte sie hinzu und hasste Malfoy, dass er
sich nicht darum scherte, wer seinen Oberkörper sah und wer nicht. Wie konnte
er nur so dumm sein? Wieso musste er immer provozieren? Und wieso immer Harry?
„Ich will
nicht, dass Hermine von dir belästigt wird!“, begann Harry erneut. Malfoy
starrte ihn perplex an. Dann wandte er sich an sie. Ein schiefes Grinsen voller
verachtendem Unglaube zierte seine Lippen.
„Behauptet
sie das?“, wollte er belustigt, und immer noch oben ohne, wissen. Sie mied
seinen Blick instinktiv.
„Rennst du
hier immer so rum?“, wollte Ron jetzt skeptisch wissen, und sie hörte
tatsächlich, dass er wohl eine Spur neidisch war. Er betrachtete Malfoys
trainierten Bauch mit Widerwille.
„Ich bin nicht
nackt, Weasley“, erklärte er gereizt. „Mach dir nicht ins Hemd. Ich habe es
nicht nötig mich auf sie zu stürzen.“ Dann ging er weiter Richtung Badezimmer.
Aber sie sah, dass allein die Aussicht seiner Worte, Harry jegliche noch
vielleicht vorhandene Freundlichkeit aus dem Gesicht gewischt hatte.
„Hey, das ist hier kein nettes Gespräch! Zieh dir gefälligst was über, wenn du
hier rumlaufen musst, Malfoy!“, rief Harry jetzt zornig. „Oder ich gehe zu
McGonagall!“, fügte er hinzu. Malfoy machte wieder kehrt.
„Ja? Vielleicht sollte ich ihr dann sagen, dass Grangers beste Freunde immer in
meinen Räumen rumhängen und mich vom Arbeiten abhalten!“, gab er lauter zurück.
Goyle erschien in der Zimmertür, einen Armvoll
Schmutzwäsche in den Händen.
„Arbeiten? Du weißt, was das ist?! Ich
denke, Hermine erledigt die gesamte Arbeit hier, du Arschloch“, konterte Harry,
und Hermine erhob sich ebenfalls müde von der Couch.
„Es
reicht!“, informierte sie die Jungen entnervt.
„Nein,
Hermine! Wieso schreist du ihn nicht an, dass er dich hier putzen lässt, dass
er es dir überlässt alles ordentlich für McGonagalls
Rundgang zu machen, wieso-“
„Potter,
halt dein Maul. Wenn das kleine Miststück hier nicht abwarten kann, bis ich
wieder da bin, dann soll sie, Salazar noch mal, die ganzen verdammten Räume
putzen. Ich zwinge sie nicht dazu!“ Es war wieder einmal so weit, dass die
Jungen auf ihren Füßen standen. Sie sahen sich an, drohten mit den Fäusten, und
es war einfach erbärmlich!
„Wie wäre
es, wenn du näher kommst, und mir das direkt ins Gesicht sagst, Malfoy?“,
entgegnete Harry kalt, während sich seine Finger zur Faust ballten und sich
wider entspannten. Aber Malfoy lächelte nur.
„Ja?
Willst du das?“ Er kam tatsächlich näher.
„Harry!“, warnte sie ihn, aber Harry hörte genauso wenig zu, wie Malfoy es tat.
„Willst du
mich aus der Nähe betrachten, Potter? Willst du dir einen echten Männerkörper
aus der Nähe ansehen? Bringt es Weasley nicht mehr für dich?“, lachte Malfoy
jetzt, aber Harrys Mundwinkel hoben sich freudlos.
„Weißt du,
wir stehen nicht alle auf dieselben Sachen, du krankes Schwein“, gab er zurück,
und Hermine spürte es. Es fehlte nicht mehr besonders viel.
„Harry,
hör auf damit!“, wiederholte sie ein weiteres Mal. „Lass es einfach sein!“
„Harry, er
ist es nicht wert“, sagte jetzt auch Ron, eher verhalten, aber wahrscheinlich
sah er ein, dass eine Schlägerei nicht die klügste aller Entscheidungen sein
konnte. Vielleicht. Zumindest hoffte sie, dass einer der beiden Vernunft
annehmen würde.
„Bist du
nicht ausgelastet, Potter? War der Krieg nicht hart genug für dich?“,
erkundigte sich Malfoy bitter und schien immer noch auf eine Reaktion zu
warten. Hermine schloss wieder die Augen. Sie hasste ihn!
„Du musst
wirklich nicht darum betteln, dass ich dich fertig mache, Malfoy. Es reicht
schon, wenn du-“
„Harry!“,
fuhr sie wütend dazwischen und stellte sich zwischen ihn und Malfoy, der sie
wütend betrachtete. „Es reicht. Geh einfach.“ Und er nahm ihr diese Worte mehr
als übel.
„Hermine,
er ist ein-“
„Ich weiß,
wer er ist, Harry“, erklärte sie leise. „Aber ich bin Schulsprecherin. Es ist
tatsächlich wichtig für mich, ok? Ich kann es mir nicht leisten, dass du dich
mit ihm anlegen möchtest.“ Und es war ihr egal, dass Goyle
es auch hörte. Dass Malfoy es hörte. Harry riskierte viel, seitdem er als Held
zurückgekehrt war. Er glaubte, die Regeln ließen sich nach seinen Wünschen
biegen und ändern, aber so wollte sie es nicht. Und er wusste das. Harry wusste
das!
„Dieser
Scheißkerl rennt hier nackt durch die Räume. Du musst krank sein, wenn du
denkst, ich würde dich hier alleine mit ihm wohnen lassen, wenn er hier nackt
rumläuft, Hermine!“ Er schien sich nicht überzeugen zu lassen.
„Was
denkst du, was passiert, verflucht?“, entfuhr es ihr. „Er ist immer noch
Malfoy, Harry!“
„Und was
soll das an der Tatsache ändern? Ich habe es satt, sein Gesicht zu sehen, wenn
ich dich besuchen komme! Ich kann nicht begreifen, dass diese scheiß Slytherin
Idioten immer noch auf dieser Schule sein dürfen, haben ihre Väter doch das
beste getan, alles zu zerstören! Er trägt das Mal, Hermine! Vor deiner Nase!
Sag mir nicht, dass es dich nicht stört! Sag mir bloß nicht, dass es dir auf
einmal völlig egal ist?“
Merlin. Es
war jedes Mal dasselbe. Wieso hatte sie Ron und Harry rein gebeten? Wieso?! Es
endete nie gut. Nie!
„Harry, es
ist vorbei! Der Krieg ist vorbei! Alle wissen das. Auch die Schüler aus
Slytherin“, gab sie gepresst zurück, während Malfoy sich immer noch nicht
bewegte. Er schien ihren Streit sogar zu genießen, so kam es ihr vor.
„Ich hasse
das hier!“, erklärte er zornig. „Hermine, ich hasse, dass du mit ihm wohnst!
„Harry, es
ist meine Pflicht. Noch zwei Monate. Mehr nicht. Nicht viel länger! Dass du
dich jedes Mal über dasselbe Thema aufregst steht mir bis zum Hals, verdammt!“
Sie fuhr sich durch die Haare. Sie war müde. Wirklich müde. „Es ist nichts
passiert! Das gesamte Jahr über ist nichts passiert, Harry! Wir wohnen zusammen
hier, ja. Aber ich rede nicht mit ihm, er redet nicht mit mir! Wir haben nichts
miteinander zu tun! Du musst ihm nicht drohen. Er ist es nicht wert, und
ehrlich gesagt, ist es auch nicht nötig. Ich kann mich selber verteidigen,
Harry.“ Und wieder hörte Harry nur die Teile, die er hören wollte.
„Selber verteidigen? Wieso müsstest du dich selber verteidigen, wenn du doch
sagst, dass nichts passiert?“
„Merlin,
Potter…“, begann Malfoy und verdrehte die Augen. „Wieso ziehst du deine
verdammte Hose nicht endlich aus und beweist deine Männlichkeit direkt hier,
während du Granger auf dem Tisch vögelst. Weasley kann zusehen, wenn es dich
beruhigt.“ Hermine schickte ein Stoßgebet zum Himmel, während sie ihren Körper
gegen Harrys lehnte, als dieser mit einem Knurren auf Malfoy losgehen wollte.
„Hörst du nicht wie er redet, Hermine?“, schrie Harry jetzt außer sich, die
Augen auf Malfoy fixiert. „Hörst du nicht, dass dieses scheiß Arschloch keinen
Respekt hat?“ Hermine hielt ihn mit beiden Händen auf, während Ron ihm
ebenfalls die Hand auf die Schulter legte.
„Malfoy,
ich muss mir deine Scheiße nicht mehr anhören! Ich habe diesen Krieg nicht
gewonnen, damit ich zusehen muss, wie du dich wie ein verdammtest Arschloch
verhältst!“
„Richtig.
König Potter hat den großen, bösen Krieg gewonnen! Wir sollten dir ein Denkmal
direkt in die Halle stellen. Vielleicht sollte dein Penis Übergröße haben, was
meinst du Granger? Du solltest ihn doch aus nächster Nähe kennen.“ Malfoy trieb
es tatsächlich noch weiter. Und sie spürte, wie Ron neben ihr gänzlich an Ruhe
verlor.
„Arschloch!“
Das war
Ron. Und er hatte sich in Bewegung gesetzt, an ihr vorbei, direkt auf Malfoy
zu. Und er stieß ihm beide Hände vor die bloße Brust. „Du verdammtes
Arschloch!“, setzte Ron knurrend hinzu. Und Malfoys Mundwinkel hoben sich.
„Ron!“,
rief sie jetzt warnend.
„Oh, ich
bitte dich wirklich, bring das zu Ende Weasley, und ich schwöre-“, begann
Malfoy mit einem willkommenen Grinsen auf den Zügen, aber Hermine schüttelte
wild den Kopf. Ron ignorierte Malfoys Worte und unterbrach ihn zornig.
„Harry hat
Recht. Du wirst hier nicht wohnen bleiben, Hermine!“
„Hm… Wer
von euch durfte an ihr Höschen? Wer wollte das Schlammblut als erster-“ Und
Malfoys Worte erstarben, als Ron ihm mit der Hand die Kehle zudrückte. Hermine
ließ in derselben Sekunde von Harry ab und ergriff sofort ihren Zauberstab.
Die Zeit
schien zu gefrieren. Hier, in den Räumen der Schulsprecher.
Ron hatte eine
Erinnerung glasklar im Gedächtnis.
Und es war die
Art von Erinnerung, die einen sich selber hassen ließ. Es war der erste Tag
gewesen. Sie waren gerade wieder in Hogwarts angekommen. Und es war gut
gewesen. Alle hatten sie gefeiert, sie begrüßt, und es hatte gar nicht besser
sein können. Er hatte gewusst, es würde ein gutes letztes Jahr werden. Die
Schule stand wieder, und alle wollten vergessen. Einfach nur nach Hogwarts
gehen. Einfach einen Abschluss machen. Einfach ablenken von den Machtkämpfen
und der Ungerechtigkeit.
Und dieses
Gefühl hatte nur zwanzig Minuten gedauert. In den zwanzig Minuten hatte Ron
gewusst, er hätte vielleicht doch noch eine Chance, Hermine zu beweisen, dass
er der richtige für sie sein könnte.
Vielleicht
hatte er sich vorher dumm angestellt. Vielleicht hatte es sich vorher nicht
ergeben, weil sie… na ja… einen Krieg hatten gewinnen müssen. Vielleicht war es
nicht günstig gelaufen, aber jetzt war er entschlossen, seine Kraft
aufzuwenden.
Und dann waren
die zwanzig Minuten vorbei gewesen, und Snape hatte die Schulsprecher
ausgerufen.
Und er hatte
gemerkt, wie ein Stein in seinem Magen tiefer sank. Er hatte gesehen, wie
Hermine sich gefreut hat, wie sie überstürzt nach vorne gelaufen war. Er hatte
gesehen, dass Harry stolz auf Hermine gewesen war, solange bis sie vorne
angekommen war. Bis sich der andere Schulsprecher neben sie gestellt hatte.
Und Ron hatte
es da gespürt. Einen Stich. Den Stich der Eifersucht. Den Stich der
Verantwortung, dass er Harry würde halten müssen, wenn dieser versuchte,
aufzustehen, und Malfoy vom Podium zu fluchen.
Dieser Stich
ließ es nicht zu, dass er sich den Dingen widmete, denen er sich eigentlich
widmen wollte, in diesem letzten Jahr, was er entspannt hatte genießen wollen.
Sie hatten
Malfoy eine Weile nicht gesehen, aber… er hatte von ihm gehört. Er hatte
gewusst, dass seine Eltern beide gestorben waren. Er wusste, dass Malfoy somit ein
beachtliches Vermögen sein eigen nennen konnte. Ron wusste, Snape hatte Malfoy
bestimmt mit Absicht Schulsprecher werden lassen, und Ron sah, wie die Mädchen
sich die Köpfe verrenkten.
Und er wusste,
die Schulsprecher wohnten zusammen. Und all seine Energie an diesem Tag
konzentrierte sich darauf, Harry aufzuhalten. Harry nicht gewähren zu lassen.
Denn er hatte
Hermine versprochen, dass dieses Jahr ganz normal verlaufen würde. Dass sie es
zur Heilung nutzen wollten, was auch immer das bedeuten sollte.
Und er war
kein großer Denker, nein. Er war ja nicht Schulsprecher geworden, aber er
wusste eines mit Sicherheit. Er wusste, Draco Malfoy war gefährlich.
Er sah in das
Gesicht des blonden, reichen Jungen, und wusste, Malfoy konnte ihm gefährlich
werden. Nicht körperlich. Nicht geistig. Nein, ganz einfach, weil dieser
Schönling mit seiner Hermine in drei Räumen leben und schlafen würde.
Und das
alleine reichte aus. Es reichte aus, sein Jahr absolut beschissen aussehen zu
lassen.
„Das werden
wir nicht zulassen!“, war alles, was Harry noch sagte, ehe Hermine wieder kam,
und er gute Miene zum bösen Spiel vortäuschte. Und wie hatten sie gestritten!
Sie hatten Tage und Wochen mit ihr diskutiert. Harry hatte auf sie eingeredet,
sie aufgefordert, das Amt niederzulegen, aber natürlich hatte sie abgelehnt.
Sie hatte dieses Amt gewollt und wollte es behalten, egal, wer der andere
Schulsprecher war.
Harry war noch
am selben Abend zu Snape marschiert und hatte ihm erklärt, dass es unmöglich im
Sinne der Schulordnung sein konnte, dass ein ehemaliger Todesser und eine
Muggel zusammen auf drei Zimmern wohnen konnten. Aber Snape hatte es nicht
hören wollen, hatte Harry von Malfoys Veränderung erzählt, von der neuen
Verantwortung des Amtes, das dieser jetzt innehatte. Er hatte Harry beruhigen
wollen, aber Harry war nur wütender geworden, bis Snape ihm gedroht hatte,
Strafen zu verhängen.
So war es
ausgegangen. Hermine hatte eine Woche nicht mit Harry gesprochen. Und Ron hatte
dem Frieden getraut. Vorerst. Denn Malfoy hatte sich nicht auffällig verhalten.
Hermine bekam etliche Drohbriefe von eifersüchtigen Mädchen, aber Hermine hatte
jeden verbrannt, ohne ihn zu lesen. Sie kannte sich seit dem vierten Jahr mit
Drohbriefen aus. Aber Malfoy hatte keinen Mucks gewagt.
Und Ron wusste,
Hermine störten Beleidigungen nicht. Hermine war es egal, was andere von ihr
hielten. Und all das war in Ordnung.
Sogar das
störte ihn nicht an Malfoy. Malfoy war ein Arschloch, ein Bastard. Ein mieses
Schwein. Aber er nahm an, auch Malfoy würde Augen im Kopf haben. Und Ron hatte
gewusst, auch wenn Malfoy damals, an diesem Tag noch nicht gesehen hatte, mit
wem er in drei Räume zog, so würde es irgendwann soweit sein.
Und Ron hatte
beobachtet. Still beobachtet, denn er war kein Künstler der großen, überzeugenden
Worte. Das war Hermine vielleicht. Das war Harry. Aber er… er war nur dabei für
den Spaß.
Und hatte er
ihr versucht zu erklären, dass Malfoy gefährlich war, so hatte sie es immer als
lächerlich abgetan. Und heute war es wieder einmal so weit, dass Ron es nicht
mehr aushalten konnte. Und er hatte keine anderen Worte. Er hatte es nicht
anders erklären können.
Denn Malfoys
Strategie hatte sich von Monat zu Monat geändert, und könnte Ron auch nicht
mehr den Tag oder den Monat nennen, wo alles anders geworden war, so hatte er
es dennoch gemerkt. Malfoy beleidigte nicht mehr Harry. Oder ihn. Oder Rons
gesamte Familie, nein. Er war direkt dazu übergegangen, explizit Stellen zu
prüfen. Ihn und Harry auf ganz bestimmte Schwachstellen zu testen. Und Ron
wusste, was Malfoy spielte.
Er wusste es
so sicher, dass er hätte kotzen können.
Seit neuestem
war es Malfoys Sport, vulgäre Beleidigungen zu äußern. Hermine wurde als Objekt
dargestellt. Und Malfoy hatte ins Schwarze getroffen. Und je öfter Malfoy davon
anfing, umso sicherer war Ron, es war an der Zeit. Malfoy benutzte seine Augen.
Er sah sie an.
Und wie er sie ansah! Ron wusste es. Harry bemerkte es nicht, denn er sah
Hermine nicht mit diesen Augen an. Und Ron hatte noch nicht gewagt, Harry seine
Theorie darzulegen. Aber Ron sah es. Es entging ihm nicht. Nicht ein einziges
Mal war es ihm entgangen.
Denn das war
das ganze Dilemma, in dem Ron sich befand. Er war in sie verliebt. Ron war in Hermine
verliebt seit… einer Weile. Er hatte es ihr nicht gesagt, hatte vorgezogen, zu
warten, es auf sich zukommen zu lassen. Und er hatte nicht damit gerechnet,
seinen Platz zu räumen. Und jetzt wohnte sie mit diesem Ekel zusammen. Mit
diesem Waisenkind von Todesser, der ihre Gedanken verseuchte.
Ron sah
Malfoys Vorzüge, die einem eben ins Auge stachen. Mädchen sprangen auf ihn an.
Auf seine Arroganz. Sein Aussehen. Seine seltsame Art, die ihn zu einem
schlechten Freund machte. Malfoy hielt sich keine Freunde. Er hielt sich
Sklaven. Und das wusste er selber wohl auch. Aber zurzeit schien Malfoy
Hermines Anwesenheit gerne auszunutzen.
Sie merkte es
vielleicht nicht. Wenn sie erzählte, wie sehr sie sich wieder mit ihm
gestritten hatte, hörte Ron nur, dass sich Malfoy wieder einmal ein extra
Bisschen viel Zeit genommen hatte, um in ihrer Nähe zu sein. Sei es auch nur,
um mit ihr zu streiten.
Es war seltsam
zwischen den Schulsprechern. Sie hatte keine Angst vor ihm, und er schien es zu
genießen, dass es so war.
Denn Hermine
sah gut aus. Sie sah nicht nur gut aus, sie war perfekt. Ron hatte so oft von
ihr geträumt, dass er alles an ihr kannte. Jede Lachfalte, jeden goldenen Fleck
in ihrer Iris. Er kannte ihren Körper, so oft hatte sie ihn umarmt, so oft
hatte er sie versehentlich schon berührt. Ihre Haut war weich und wunderschön.
Ihre Haare dufteten nach Sommer und Vanille. Und wenn Malfoy das feststellen
sollte, wenn der Tag kam, an dem Malfoy es ausnutzte, hier mit ihr zu wohnen,
dann wäre Ron da, hatte er sich geschworen.
Und heute war
wieder einer dieser Tage, an denen es zu offensichtlich war. Aber… Ron war
machtlos. Er würde Hermine niemals über seine Schulter werfen und raustragen
können. Er würde ihr niemals verbieten, hier mit Malfoy zu wohnen. Aber es
wurde eng. Es wurde gefährlich, und Ron hatte sich nicht mehr unter Kontrolle.
Dabei musste er Harry aufhalten.
Harry durfte
auf gar keinen Fall von der Schule fliegen.
Und Hermine
war blind. Sie sah es nicht. Sie sah gar nichts.
Und Ron
wusste, er hasste Draco Malfoy. Er hasste Draco Malfoy seit dem Tag, an dem er
überlegen vorne gestanden hatte, neben Hermine, und die Schulsprecherehrung
entgegen genommen hatte. Er hasste Malfoy, den verdammten Bastard, der ihm das
Leben schwer machte, ohne dass Ron etwas dagegen unternehmen konnte.
Und das
Problem war, Ron hatte Angst. Er hatte keine Angst vor Malfoy, aber er hatte
Angst, dass, würde er Hermine über die Schulter werfen und raustragen, dass sie
sich wehren würde, dass sie ihn ansehen würde, mit diesem verständnislosen
Blick, auf eine Art und Weise, die ihm klarmachte, dass sie nicht einmal im
Entferntesten begriff, weshalb er sie hier wegschaffen wollte.
Und er hatte
Angst, dass sie es dann sehen würde. Dass ihr vielleicht klar werden würde wie
er, Ron, für sie fühlte. Und dass sie nichts erwidern würde. Kein Gefühl. Denn
das wäre wesentlich schlimmer als jeder Punkteabzug, den er dafür bekommen
würde, Malfoy zu erwürgen.
Aber jetzt
fühlte es sich verdammt gut an, die Kehle von diesem Wichser so fest zuzudrücken,
dass wenigstens der Hauch von Angst in seine scheiß grauen Augen trat. Ron
hasste Draco Malfoy! Und es war ein ohnmächtiger Hass, denn auch wenn Malfoy es
vielleicht noch nicht wusste, auch wenn Hermine es vielleicht noch nicht wusste
– Ron wusste es ganz sicher. Malfoy würde seine Augen aufmachen. Er würde es
irgendwann begreifen. Er würde begreifen, was für ein absolut unglaubliches
Mädchen hier wohnte. Wie fantastisch sie aussah, wie intelligent und freundlich
sie war – und mitfühlend.
Sie war das
Gegenteil von diesem Arschloch. Und Ron wusste, weshalb Hermine noch nie
gepetzt hatte, weshalb sie Malfoys Arsch verschonte, denn er hörte es aus ihren
Worten, hörte es aus den Worten, die sie nicht
sprach.
Sie versuchte,
Malfoy zu ändern. Versuchte, seit einem halben Jahr zu ihm durchzudringen. Und
Ron war fast überzeugt, dass sie es sogar schaffen würde. Den kalten, bösen,
reichen Todesser zu bezwingen. Und dann hätte sie ihn verzaubert, ohne dass es
dieser Bastard überhaupt bemerken würde. Das war seine größte Furcht.
Und deshalb
hasste Ron Draco Malfoy. Die Arbeit, die Hermine auf Malfoy anwandte, hatte sie
früher auf ihn angewandt. Früher, vor dem Krieg. Früher, als er sie noch nervig
gefunden hatte. Früher, als sie ihn beeindrucken wollte. Früher, als er
derjenige mit der Chance war. Seine Hand drückte unweigerlich fester zu.
Denn dieser
scheiß Bastard stand jetzt da, wo er gestanden hatte. Und er hoffte für Draco
Malfoy, dass dieser dumm genug war, niemals zu begreifen, was ihm da in seine malverseuchten
Hände gefallen war. Und dass sie sich solche Mühe gab, war krank. Sie erwartete
nicht einmal Gefühle von Malfoy, nein, sie erwartete Respekt. Sie war wie
Harry, ohne dass es ihr auffiel. Sie wollte die Menschen ändern, böse in gut
verwandeln, und sie sah nicht, welche Konsequenzen es mit sich brachte, den
Teufel Malfoy zu ändern, ihn zu bekehren, in einem Muggelliebhaber
verwandeln zu wollen, der sein Zimmer aufräumte, der sie höflich begrüßte.
Und es kotzte
Ron an. Alles hier kotzte ihn an.
Es kotzte ihn
an, dass er bei Hermine nicht mehr an erster Stelle stand, egal wie oft sie das
Gegenteil behauptete. Es gab kein Gespräch, in dem sie oder Harry nicht von
Malfoy anfingen. Und Harry tat es aus anderen Gründen und merkte nicht einmal,
aus welchen Gründen Hermine von ihm sprach. Ron hatte nichts mit Malfoy zu tun,
und doch gehörte Malfoy zu seinem Alltag. Und Ron hasste es. Mehr als alles
andere.
Und was er am
meisten hasste – er konnte es nicht mehr ändern. Alles, was er noch tun konnte,
war, es hinauszuzögern. Oh, wie würde sie ihn auslachen, würde er es auch nur
wagen, seine Theorie laut zu äußern. Und es tat weh. Es tat weh, dass er
wusste, er hatte recht. Sie war nicht mehr seine
Hermine.
Aber sie würde
ganz bestimmt nicht Malfoys werden! Er drückte noch einmal zu, bis Malfoy
erstickt husten musste und endlich reagierte.
Und schon
hatte Hermine den Zauberstab auf sie beide gerichtet.
Aber Ron hatte
bereits aufgegeben. Sie wäre ohnehin wütend genug. Sie war immer wütend genug
für sie beide. Seufzend hatte er von Malfoy abgelassen, ehe der Zauber ihn
traf.
Und Malfoy
tauschte einen Blick mit ihm. Und Ron hätte ihm am liebsten die Faust ins Auge
verpasst, denn Malfoys Augen waren verengt, musterten ihn, prüften ihn bis ins
Innerste. Und er musste es sehen. Ron wusste, es war nicht zu übersehen. Nicht
für ihn, nicht für Harry, nicht mal für den Idioten Malfoy, der nur sich selber
sah.
Nur für
Hermine war es anscheinend zu übersehen. Und Malfoys Mund öffnete sich im
stummen Verständnis, und für den Bruchteil einer Sekunde zuckten seine
Mundwinkel in stiller Erkenntnis, und Ron wäre am liebsten erneut auf ihn
losgegangen. Sollte Malfoy ruhig sehen, wie Ron für Hermine fühlte. Solange
Malfoy wusste, dass Ron ein Auge auf ihn haben würde!
~*~
„Protego!“, rief
sie, ehe Malfoy sich wehren konnte. Ron und er wurden von der Magie auseinander
gezwungen. Harry sah sie zornig an.
„Hermine, du-“
„Harry, siehst
du nicht, dass er dich provoziert? Siehst du nicht, dass es nur ein Spiel ist,
verdammt?“, schrie sie wütend, und Malfoy räusperte sich, rieb sich über seinen
Hals und warf Ron einen abschätzenden Blick zu.
„Du
entschuldigst dich bei ihr! Sofort!“, entgegnete Ron, und Hermine hasste alle
Jungen auf diesem Planeten.
„Sonst was?“,
erkundigte sich Malfoy grinsend, und Hermine wusste, was folgte.
„Leg es nicht
drauf an, du scheiß Bastard!“, knurrte Harry jetzt, und Malfoy atmete zufrieden
aus.
„Sonst schlägst du mich? Den Schulsprecher? Das möchte ich sehen. Wirklich
gerne sehen, Potter“, entgegnete er angespannt. „Ach… übrigens… Ladys, fünfzig
Punkte Abzug für Gryffindor“, erklärte er freudlos, und Ron keuchte vor
Entrüstung auf.
„Es reicht!“,
erwiderte sie ungehalten, und Harry atmete zornig aus. Sie konnte den Punkteabzug
nicht rückgängig machen. Das war auch das kleinste Problem. „Wenn wir uns hier
nicht treffen können, dann könnt ihr nicht mehr kommen!“, erklärte sie
schlicht, und Rons Augen weiteten sich.
„Du solltest
hier nicht sein!“, knurrte Harry, ohne sie anzusehen, aber sie wusste, er
sprach mit ihr. Und sie wusste, er hasste, dass sie sich nicht mehr einen
Gemeinschaftsraum teilten.
„Wir sehen uns
morgen“, erklärte sie leiser als zuvor.
„Du schickst
uns weg?“ Harry sah sie wieder an.
„Ich denke, du
und Ron habt deutlich gemacht, dass ihr auf dem gleichen Niveau seid wie
Malfoy, und darauf habe ich heute keine Lust mehr. Gute Nacht, Harry“,
erwiderte sie, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
„Fein. Schön,
Hermine. Wie du willst. Du denkst, du brauchst meine Hilfe nicht? Nächstes Mal
bringe ich den Wichser um. Und deine Erlaubnis brauche ich dafür nicht. Ich
bringe ihn um. Und ich meine es ernst.“ Der letzte Satz galt Malfoy. Und
Hermine spürte die Tränen. Sie hasste es, sich wegen Malfoy streiten zu müssen.
Sie hasste ihn, dass er nicht mal genügend Feingefühl besaß, diesem Streit aus
dem Weg zu gehen.
Sie sagte
nichts mehr.
Es war vorbei.
Ron schenkte ihr noch einen letzten Blick. Sie wusste nicht, ob er sich damit
entschuldigte, ob es Mitgefühl war, oder ob er stumm den gleichen Schwur
leistete, wie Harry, nämlich Malfoy umzubringen. Wahrscheinlich kam alles
zusammen. Aber Ron versuchte wenigstens nicht fünfmal am Tag, Malfoy nahezu
grundlos einen Fluch auf den Hals zu jagen. Natürlich gab es genügend Gründe,
aber genauso viele Gründe gab es auch, Harry von der Schule zu verweisen, wenn
er mit den Aggressionen nicht klarkam. Sie wünschte sich, es wäre leichter.
Einfach
leichter.
Die Tür fiel
laut ins Schloss. Sie sah, dass Goyle immer noch
ratlos in Malfoys Tür lehnte. Immerhin hatte er sich zurückgehalten. Aber… wer
noch alle seine Sinne beisammen hatte, reizte Harry auch nicht. Er war
furchtbar in den letzten Monaten. Wirklich furchtbar.
Harry war
einer der Kandidaten, denen man nicht im Dunkeln in der Nokturngasse
begegnen wollte. Zumindest nicht, wenn er so unberechenbar zornig war, wie
jetzt.
Ihr Blick hob
sich zu Malfoys zufriedenem Gesicht.
„Du hast die
Welpen gut im Griff“, sagte er schließlich, allerdings war sein Grinsen
verschwunden.
„Ist es nicht
anstrengend, Malfoy? So ein absolutes Arschloch zu sein? Macht es dir wirklich
so viel Spaß?“, fuhr sie ihn zornig an, aber sie wusste hinter seiner Fassade
war er wütend. Sie lebte mittlerweile lange genug mit ihm zusammen, um genau
sagen zu können, wann das Fass kurz vor dem Überlaufen stand. Sein Blick war
kalt aus seinen grauen Augen. Sehr, sehr kalt. Und fast machte er ihr Angst,
aber das würde sie vor Harry und Ron erst Recht nicht zugeben.
Sie wusste,
Harry wartete wohl nur auf so ein Geständnis von ihr. Er würde ohnehin noch
seinen Weg finden, Malfoy zu verfluchen. Sie würde nicht mal zu ihm gehen
müssen, um zu sagen, Malfoy mache ihr Angst. Merlin…, sie wollte sich gar nicht
vorstellen, wie dieser Tag dann ausgehen würde. Sie wusste auch nicht, wie hoch
die Chancen stehen würden, dass Malfoy als Sieger aus einem solchen Streit
hervorgehen konnte.
Er verzog
spöttisch die Mundwinkel.
„Ja, es macht
mir Spaß. Ich nehme an, Potter vögelt dich tatsächlich, ansonsten ist es mir
unbegreiflich, wie jemand ein Schlammblut verteidigen könnte.“ Sie schluckte
schwer. Ehe ihre Lippe beben konnte, wandte sie sich von ihm ab. Manchmal
trafen seine Worte. Seine giftigen Worte trafen manchmal ein Ziel in ihrem
Innern, von dem sie nicht wusste, dass es dort war.
„Du bist
widerlich. Du bist ein widerlicher Scheißkerl!“ Sie war in ihrem Zimmer
verschwunden und hatte die Tür zugeschlagen, ehe sie seine nächsten Worte
verstehen konnte. Sie wollte ihn nicht hören! Sie wollte nicht! Ihr Rücken
lehnte an ihrer Tür, und sie zwang sich zur Ruhe.
„Draco, sag
mal, kann ich nicht auf Pansy warten? Ich hab keine Ahnung von Weißwäsche“,
hörte sie Goyles beschämte Stimme durch die Tür, aber
sie blieb nicht, um eine Antwort zu hören. Sie lief zu ihrem Bett, setzte sich
und vergrub den Kopf in den Händen. Sie würde sich von ihm fernhalten, es würde
zu keinem weiteren Streit kommen. Harry musste es nur noch zwei Monate
aushalten. Sie musste es nur noch zwei Monate aushalten.
Der Morgen
war endlos lang gewesen. Es war jedoch Montag, und jeder Montag hatte eine
gewisse Länge, bedachte sie, dass sie in den ersten beiden Stunden Magische
Geschichte hatte, danach Zauberkunst, im Nachmittag Zaubertränke mit den
Slytherins und später das Treffen der Vertrauensschüler leiten musste. Nicht zu
vergessen, dass sie am Abend ihren Aufsatz bei McGonagall abgeben musste und um
neun das Schloss patrouillierte.
Es war
erst Mittag, aber sie hatte keinen großen Appetit, vor allem weil Harry schon
wieder kein Wort mit ihr sprach. Aber sie würde dieses Mal ebenfalls zu stolz
sein. Es war seine Schuld gewesen, er war wieder einmal wütend geworden, und
nur er hatte sich zu entschuldigen! Aber sie kannte Harry. Die Hölle würde
zufrieren, bevor er zugab, dass er vielleicht überreagiert hatte. Ron saß
zwischen ihnen, aß unbehaglich einige Bissen des duftenden Stews und legte dann
die Gabel zur Seite.
Er schien
diplomatisch sein zu wollen, räusperte sich und äußerte die Sorge laut, die
auch Hermine bereits im Hinterkopf spürte.
„Wir… wir haben gleich Zaubertränke“, begann Ron sichtlich beunruhigt. Harry
störte sich überhaupt nicht an seinen Worten, sah ihn nicht einmal an. Auch Ron
schien plötzlich nicht zu wissen, ob er weiterreden sollte. Hermine hielt nach
Ginny Ausschau, die montags immer Freistunden hatte und die Zeit in der
Bibliothek verbrachte. Sie wünschte sich, sie würde endlich kommen. Aber Harry
schien sich schließlich zu erbarmen, seine Meinung zu ändern und sah Ron nun
direkt an. Hermine sah es nur aus den Augenwinkeln, denn sie hielt ihren Blick
weiterhin auf ihren vollen Teller gerichtet.
„Wirklich,
Ron? Das wäre mir fast entgangen.“ Und Hermine spürte, wie die Stimmung nicht
besser werden würde.
„Hey, du
musst mich überhaupt nicht blöd anmachen, Harry!“, gab Ron abwehrend zurück.
„Ich habe nur keine Lust, dass wir wieder Ärger von Snape bekommen!“
„Ach, und
du willst sagen, das liegt mir?“, entfuhr es Harry scharf. Hermine hob endlich
den Blick zu ihren besten Freunden. Es war schwer, Harry zu erkennen. Manchmal.
„Harry“,
begann sie ruhig und sprach nun doch als erste wieder.
„Was,
Hermine?“, fuhr er sie an, und seine grünen Augen musterten sie prüfend durch
die Brillengläser. „Willst du dich wieder vor mich werfen, wenn dieses
Arschloch es wagt, dich zu beleidigen? Wenn er wieder wagt, solche Dinge zu
sagen, denn ich sage dir, ich werde nicht-“ Aber sie unterbrach ihn.
„Nein, wir haben gleich Unterricht! Gar nichts wird passieren!“ Aber Harry
wirkte nicht zufrieden damit.
„Ich werde
zu Snape gehen, wegen gestern! Du wirst mich nicht aufhalten können. Vielleicht
ist es dir längst egal, aber mir nicht! Er kann so nicht in den Räumen der
Schulsprecher rumlaufen, und er verdient eine Strafe!“
Und sie
atmete aus.
„Ok“,
erwiderte sie lediglich.
„O-k?“, wiederholte
Harry völlig perplex und schien kurz seine Wut vergessen zu haben. Aber sie
nickte, und hörte Ron neben sich unterdrückt ausatmen.
„Ja, ok.“
„Du sagst,
es ist ok, dass ich zu Snape gehe und verlange, dass Malfoy dafür bestraft
wird, dass er nicht ordnungsgemäß in euren Räumen rumläuft?“, vergewisserte
sich Harry, und Hermine hatte beschlossen, Harry diesen Sieg zu lassen. Es
konnte nicht schaden. Nicht, dass Snape Malfoy wirklich zwingen konnte, immer
angezogen zu sein, aber wenn es Harry glücklich machte. Für den Moment…. Sie
nickte also gleichmütig.
„Ja“,
bestätigte sie, und Ron schien erleichtert zu sein.
„Gut,
dann… werden wir dieses Mal vielleicht…
einen Trank fertig brauen können, ohne vorher rausgeworfen zu werden“, murmelte
Ron leiser in sein Stew. Harry ignorierte diese Anschuldigung. Hermines Blick
wanderte kurz zum Slytherintisch. Sie konnte ihn
nicht erkennen, so viel Treiben herrschte dort. Aber sie war froh um jedes
Fach, dass sie nicht mit Slytherin zusammen hatten. Und sie hoffte, Malfoy
würde von Snape noch zurückgehalten werden, um zu erfahren, warum er gestern
fünfzig Punkte auf einmal abgezogen hatte.
Snape
bekam jedes Mal ein Signal, wenn die Schulsprecher und Vertrauensschüler
fünfzig Punkte oder mehr abzogen, denn ein solcher Abzug wurde nur durch
besondere Voraussetzungen gerechtfertigt. Und sie bezweifelte, dass Malfoy es
dieses Mal schaffen würde, seinen Willen durchzusetzen. Oft genug wurden solche
Abzüge wieder rückgängig gemacht. Snape war schon längst dahinter gestiegen,
dass sich bei Harry und Malfoy die besonderen Voraussetzungen darin
erstreckten, dass sich beide die Pest an den Hals wünschten. Mehr nicht.
Ginny war
nicht in der Halle zum Essen erschienen. Harry kommentierte es nicht, genauso
wenig wie Ron, und Hermine wusste plötzlich, sie hatte etwas nicht mitbekommen.
Wo war
Ginny? Sie hatte dieses Wochenende nicht mal mit ihr gesprochen gehabt.
Sie würde
sie sonst erst morgen sehen, wenn sie den ZAG Kurs in Verwandlung leitete. Die
Schulsprecher hatten neben ihren Fächern und Vertrauensschülertreffen außerdem
die Aufgabe, einen Zusatzkurs zu unterrichten, auf ZAG Niveau für Schüler der
sechsten Klassen.
Malfoy
unterrichtete Zaubertränke als Zusatzkurs, und Hermine war beinahe froh
darüber, dass Snape nicht der Hauslehrer von Gryffindor war, denn in
Zaubertränke einen ganzen Kurs zu unterrichten, stellte sie sich wesentlich
schwerer vor, als in Verwandlung vorne vor der Tafel zu stehen, während alle
ruhig auf ihren Plätzen saßen. Es war schon schwer genug, zwanzig Leute ruhig
zu halten, ohne dass zwanzig Kessel mit gefährlichen Substanzen überm Feuer zu
explodieren drohten.
Die
Schulsprecher mussten außerdem mindestens zehn Fächer belegen. Gegen ihren
Stundenplan kamen ihr Harrys und Rons Pläne wie Urlaub vor. Beide hatten
lediglich sechs Fächer belegt. Denn für die Aurorenausbildung
waren nur sechs UTZe nötig. Hermine hingegen belegte
immer noch Magische Geschichte, Alte Runen, Kräuterkunde und Arithmantik. Zwei der Fächer lästigerweise
mit den Slytherins. Pansy, Goyle
und Zabini waren zwar nicht dabei, aber dafür Malfoy, der ebenfalls seine
Fächer voll kriegen musste. Aber Malfoy war nur noch in Alte Runen mit dabei,
denn er besuchte Arithmantik nicht. Hermine hätte
noch die Wahl gehabt, lediglich Wahrsagen anstatt Arithmantik
zu belegen, aber sie fürchtete, dass sie dann ihre reinen Ohnegleichen nicht
aufrechterhalten konnte.
Malfoy
leitete dafür noch das Einsteiger-Quidditch-Training. Madame Hooch hatte es ihr ebenfalls angeboten, aber erwähnt, dass
meist die männlichen Schulsprecher die Einsteiger leiteten. So gesehen hatten
die Schulsprecher eigentlich eine viel zu volle Woche, um überhaupt
aneinandergeraten zu können. Allerdings gab es immer noch ein paar kostbare
Stunden am Wochenende, an denen Malfoy genügend Zeit fand, sie in den Wahnsinn
zu treiben. Und natürlich die gemeinsamen Stunden mit den Gryffindors. Aber es
waren faktisch nur noch zwei. Zaubertränke und Verteidigung gegen die dunklen
Küste.
Und
Hermine wusste, Montag und Mittwoch waren die beiden kritischen Tage. Sie hatte
alles in ihrem Kopf gespeichert. Sonntags trainierte Malfoy die Einsteiger,
montags galt es, Harry und Ron von Malfoy in Zaubertränke fern zu halten und
nach dem Treffen der Vertrauensschüler hatte Gryffindor Training.
Dienstags
leitete sie den ZAG Kurs in Verwandlung und danach hatte Slytherin Training.
Mittwochs hatten sie Verteidigung, was meistens ohne große Streite von statten
ging, denn Merlin sei Dank waren Harry und Ron zu gerne aufmerksam, wenn es
darum ging neue Abwehrflüche zu lernen. Mittwochs hatte Malfoy auch seinen ZAG
Kurs und Hufflepuff hatte Training. Donnerstags hatte sie mit Malfoy Alte Runen
und Ravenclaw hatte Training. Freitags sah sie Malfoy im Unterricht gar nicht,
nur zur wöchentlichen Berichterstattung im Büro des Schulleiters.
Die
dauerte nicht länger als zwanzig Minuten, und Snape war auch nicht besonders
erpicht darauf, die Schulsprecher lange zu sehen. Es wurden für gewöhnlich die Vertrauensschülertreffen
besprochen, die Wohnsituation der Schulsprecher, mögliche Probleme und die
Fortschritte in den ZAG Kursen.
Montags um
neun und freitags um neun machte sie alleine Patrouille im Schloss.
Malfoy tat
dies mittwochs und donnerstags. Den Rest der Tage patrouillierten die
Vertrauensschüler in einem System, das jeden Montag in den Treffen neu rotiert
wurde.
Und das
war ihre Woche. Und eigentlich wäre es alles weniger problematisch, würde sie
nicht ihre Räume mit Malfoy teilen müssen. Immer wieder wog sie in ihrem Kopf
ab, warum es in Hogwarts immer noch Tradition besaß, dass die Schulsprecher
zusammen wohnten. Vor allem würde sie eine solche Wahl verstehen, wären es
gleichgeschlechtliche Schulsprecher. Mädchen und Jungen wurden in allen Gemeinschaftsräumen
nachts streng getrennt. Zwar schlief sie nun nicht mit Malfoy im selben Zimmer,
aber immerhin war der Weg dorthin nicht gerade weit.
Eigentlich
war es eine sehr riskante Sache, wenn sie darüber nachdachte. Zwar nicht in
ihrem speziellen Fall, denn sie würde sich wohl eher beide Hände abfluchen, bevor sie auch nur eine Sekunde darüber
nachdenken konnte, freiwillig in Malfoys Schlafzimmer zu gehen, aber… andere
Mädchen teilten ihre Abneigung bei weitem nicht.
War das
mit in Snapes Entscheidung eingeflossen? War es seine volle Absicht gewesen,
eine Muggel und den Sohn eines Todessers in drei Räume unterzubringen? Wusste
er, dass es weniger wahrscheinlich war, dass sich diese Kombination in
irgendeiner Weise gefährlich auswirken konnte, oder dachte Snape überhaupt
nicht soweit?
Wahrscheinlich
nicht.
Sie dachte
häufig darüber nach. Über die Wohnsituation, über die ganzen Konsequenzen, die
sich erst über das Jahr hinweg geäußert hatten, und sie wusste nicht, wie sie
es bewerten sollte. Snape hatte es weise als reifen formuliert, als sie zur ersten Berichtserstattung erschienen
waren. Sie erinnerte sich noch deutlich. Malfoy hatte ein sehr blaues Auge
gehabt, denn er war mit Harry bereits am zweiten Tag in Konflikt geraten.
Denn die
Konsequenzen sah sie jetzt sehr genau vor sich. Ron war nicht mehr er selbst.
Er sah sie seltener direkt an, hatte sie das Gefühl. Ron ging jedem Streit,
jedem Konflikt – ja selbst dem bloßen Namen ‚Draco Malfoy’ – konsequent aus dem Weg. Und Hermine fiel es schwer,
unverfänglich ein Gespräch anzufangen.
Von Harry
wollte sie gar nicht erst beginnen. Harry war… anders. Der Krieg war vorbei,
Harrys Zweck war erfüllt. Er war der Junge gewesen, der überlebt hatte, und das
hatte er auch erneut geschafft.
Ihre
Bewunderung für Harry Potter fand bestimmt in Hogwarts kein Ende, aber sie
konnte nicht den gesamten Tag lang zu seinen Füßen liegen und in anbeten.
Manchmal hatte sie das Gefühl, dass er genau das wollte. Sie wusste, als sie
auf der Flucht gewesen waren, als sie drei Monate lang die Welt gerettet
hatten, als es nur sie drei gegeben hatte – kein Hogwarts, keine Klausuren und
erst recht keinen Draco Malfoy – hatte es außer Frage gestanden, dass sie
immerzu ihre Zeit miteinander verbrachten.
Aber hier
in Hogwarts… war es anders. Hermine hatte andere Aufgaben, und so ungern Harry
es sah, es gab einen weiteren Menschen in ihrem direkten Leben. Draco Malfoy
gehörte irgendwie zu ihrem Tag, sei es auch nur in der entferntesten Form, denn
auch wenn sie nur ihre Räume mit ihm teilte, so war er doch immer da.
Wenn sie
vom Unterricht, von Zusatzkursen, vom Vertrauensschülertreffen kam – dann war
er da. Wenn auch nur still in seinem Zimmer. Wenn auch nicht. Sein Zimmer blieb
sein Zimmer. Mit seinen Sachen, seinem Bett, seinem Schreibtisch, den
ungeöffneten Briefen seines Vaters, dem Geruch von abgestandenem Alkohol und
seiner ewigen Unordnung.
Und so
sehr sie sich wünschte und vorstellte, er wäre nicht da, so wusste sie, dass es
schon lange anders war. Und sie wusste, es gefiel ihm genauso wenig. Aber sie
waren eben zusammengebracht worden. In diesen Räumen.
Sie wusste
Dinge über ihn, die wohl sonst keiner wusste. Sie wusste, dass er barfuß rum
lief, dass er unter der Dusche summte, welches Parfum er trug, wann er schlafen
ging, wann er aufstand, wie lange er im Bad brauchte, wie er lernte und wann.
Sie
wusste, wann er essen ging, denn sie hatte sich angewöhnt, immer eine halbe
Stunde eher essen zu gehen, um ihn seltener zu sehen. Und sie hasste, dass sie
diese Dinge wusste. Sie wusste nicht, welche Aufmerksamkeit er ihrem
Tagesrhythmus schenkte, oder ob er es überhaupt tat, aber sie kannte ihn.
Besser als er wohl annahm. Und sie würde es nicht sagen. Sie würde es ihn nicht
wissen lassen, Harry nicht wissen lassen oder gar Ron!
Nein, es
war ihr Geheimnis. Und jedes Geheimnis hatte seinen Preis, denn sie konnte
nicht darüber reden. Aber es war ihr Tagesinhalt. Sie musste mit einem
Slytherin zusammenleben und musste sich darauf einstellen, jeden Tag neu, denn
er machte es ihr nicht einfacher. Er versuchte es nicht einmal.
„Noch fünf
Minuten“, erklärte Ron mit einem Blick auf seine Uhr. Harry schob seinen Teller
weiter nach vorne. Sein Essen war beendet, und mit einem Plopp verschwand sein Teller. Sie
hatte ihr Essen nicht angerührt und wusste, ihr Körper würde es ihr später
vorhalten. Dennoch schob sie ihren Teller von sich und sah zu, wie auch er
verschwand.
Ron erhob
sich und wirkte, als bereite er sich erneut auf eine aussichtslose Schlacht
vor.
Malfoy hatte
neue Exzellenzen in Zaubertränke erklommen, seitdem er den Zusatzkurs leitete.
Er war sogar besser als sie, sie war sich sicher. Zwar gab es nicht besseres
als Ohnegleichen, aber in Zaubertränke hatte sie das Gefühl, dass er alle
unwichtigen anderen Sachen vergaß. Sie hatte das Gefühl, es war Schule. Nichts
anderes. Kein Kräftemessen, kein Wettbewerb.
Sie kannte
die Neider in Howgarts. Die Leute, die es ihr nicht
gönnten, dass sie Schulsprecherin geworden war, dass sie die besten Noten
hatte. Sie wusste das, und sie konnte es überhaupt nicht ändern. Es war nicht
so, als käme es ihr zugeflogen. Sie wusste sehr genau, warum sie gut war, denn
sie lernte. Ron hatte es früher so erklärt, dass es mit ihr anders laufen
würde. Dass ihre Gehirnwindungen irgendwie schöner oder runder sein mussten,
denn sie lernte instinktiv das richtige. Gab es fünfhundert Themen und nur zwei
würden ausgesucht werden, dann hätte Hermine magischerweise
die beiden richtigen auswendig gelernt.
Sie
glaubte daran nicht. Denn wenn es tatsächlich fünfhundert Themen waren, dann
hatte sie alle fünfhundert auswendig gelernt. Sie hatte kein Glück mit ihrem
Verstand.
Aber auch
Harry widersprach häufiger.
Vielleicht
konnte sie sich gut in den Kopf eines Lehrers versetzen. Sicher, wenn McGonagall
die Mondscheinverwandlung nicht ansprach, dann würde sie auch nicht geprüft
werden, auch wenn sie einfach war, und Ron ausschließlich diese Verwandlung
lernen wollte.
Sie ließ
sich nicht ablenken, und wenn es sein musste, nahm sie den schwierigeren Weg.
Und anscheinend war das die einzige Parallele, die sie mit Malfoy verband, denn
mehr gab es wirklich nicht.
Anscheinend
hatte Malfoy ähnliche Gehirnwindungen. Sie hatte seine Aufsätze gelesen, denn
als Schulsprecherin hatte sie ein Anrecht darauf. Malfoy konnte sich
offensichtlich auch sehr gut ohne Beleidigungen und zweideutige Bemerkungen
ausdrücken, so seltsam ihr das auch vorkam. So wie er Aufsätze schrieb, so
hatte sie ihn noch nie sprechen hören.
Malfoy
setzte in den Vertrauensschülertreffen auf Autorität, in seinen privaten
Unterhaltungen auf Überlegenheit, und wenn er mit ihr sprach beschränkte er
sich auf Beleidigungen und bissige Kommentare. Das gleiche galt für Harry und
Ron.
Es war ihr
absolutes Rätsel. Die Lehrer sahen Malfoy anscheinend anders, aber sie wusste
nicht, wie sie es einordnen sollte. Er war… ja,… er war… furchtbar. Widerlich.
Eingebildet. Es war, als gestatte er keinem – nicht mal seinen Freunden – sein
wahres Ich zu sehen. Denn anscheinend besaß sogar Draco Malfoy versteckte Qualitäten,
die anscheinend gut genug waren, ihn Schulsprecher werden zu lassen.
Harry
vertrat die Theorie, dass Malfoy aus Mitleid Schulsprecher geworden war.
Hermine verstand Harry manchmal nicht, denn Malfoy war jetzt ebenfalls Waise, wie Harry es war. Aber Harry verspürte kein Mitleid
mit ihm. Würde Hermine anmerken, dass Malfoy tatsächlich den Grips für das
Schulsprecheramt besaß, dann wäre die Hölle los, das wusste sie.
Sie erhob
sich als Harry es tat. Die Schüler schoben sich zum Ausgang, aber Ginny war
verschwunden geblieben.
„Ron, wir
müssen heute pünktlich anfangen. Sieht aus, als ob es regnen wird“, bemerkte
Harry, mit dem Kopf im Nacken und einem sorgenvoll Blick zur verzauberten
Decke, die den tristen grauen Himmel zeigte. Und es war eine völlig wertfreie
Bemerkung. Harry Potter sprach über das Wetter. Sie entspannte sich merklich.
„Jaah“, gab Ron zurück. Hermine wusste, Malfoy überzog die
Vertrauensschülertreffen ab und an. Nicht zu häufig, als dass Snape Anlass
hätte, ihn zu maßregeln, aber häufig genug, so dass Gryffindor mit dem Training
warten musste, bis Ron fertig war.
Sie war
froh, dass Harry es gut sein ließ. Dass er nicht schon wieder anfing.
Er könnte
es den ganzen Tag lang tun.
Sie erreichten
den Flur und marschierten mit einer Horde Gryffindors und Slytherins runter in
die Keller. Sie erkannte Blaise Zabini, wie er hastig die Südtreppe runter
gelaufen kam. Sie führte zur Bibliothek. Vor ihnen sammelte sich ein kleiner
Stau, denn Peeves spuckte gerade in sehr weiten Bögen Kirschkerne auf die
Schüler, und die Gryffindormädchen hatten angefangen,
zurückzuweichen.
Zabini
stand nun neben ihnen und reckte den dunklen Kopf höher, um besser sehen zu
können. Harry und Ron ignorierten ihn. So war es zwischen Slytherins und
Gryffindors. Meistens. Hermine wusste es. Und Hermine hatte es so satt.
Sie schob
sich durch die Schüler.
„Zur
Seite!“, rief sie energisch. „Peeves!“, rief sie über die Köpfe der
schnatternden Mädchen hinweg. Peeves würdigte sie tatsächlich mit einem Blick.
„Willkommen,
willkommen, kleine Schulsprecherin! Lust auf ein Spiel? Wer ausweicht, darf
passieren!“, schlug er mit einer lächerlichen Verbeugung in der Luft vor. Sie
stemmte entnervt die Hände in die Hüften.
„Du hörst
damit auf! Du spuckst keine Kerne auf die Schüler, verstanden? Oder ich hole
den Baron!“, drohte sie jetzt mit der ewigen Drohung, die Peeves den letzten
Rest an bleicher Farbe aus dem Gesicht scheuchte.
Sie spürte
ihn neben sich, ehe sie ihn wirklich sah.
„Stupor!“, rief Malfoy unbeeindruckt, und
der Fluch verfehlte Peeves Kopf um Haaresbreite. Der Geist machte sich in
Windeseile aus dem Staub.
„Nein!“,
entfuhr es ihr so laut und zornig, dass die Schüler hinter verstummten. Sie
spürte die Hitze sofort in ihren Wangen, als er auch noch die Dreistigkeit
besaß sie ratlos anzusehen. „Das hast du nicht wirklich getan?!“, knurrte sie
gepresst, denn egal, dass sie sich geschworen hatte, ihn zu ignorieren, dass
sie es vor allem Harry und Ron auferlegt hatte, verpuffte in ihrem Kopf.
„Was
genau?“, erwiderte er mit Abschätzung, mit unverhohlenem Desinteresse, und sie
spürte es in ihren Fingerspitzen. Es war das erste Mal, dass sie heute mit ihm
sprach.
„Zaubern
auf den Fluren ist verboten, Malfoy. Es ist verboten!“,
wiederholte sie, fassungslos, dass selbst die höchste Regel an ihm vorbei ging.
„Er wäre
niemals abgehauen, Granger“, erklärte achselzuckend.
„Es hätte daneben gehen können! Und er war so gut wie verschwunden!“,
widersprach sie sofort. Denn er hatte es nur getan, um sie zu übertrumpfen, um
sich selber in Szene zu setzen, nur um sich zu beweisen! Mauerputz bröselte
leise von der Stelle, an der sein Fluch eingeschlagen hatte. Die Portraits in
den Gängen hatten sich in einem Rahmen versammelt und tuschelten verhalten.
„Ich bin
nicht Weasley, ok? Für gewöhnlich kann ich zielen, und im Vergleich zu Weasley
bin ich sogar sternhagelvoll mit verbundenen Augen ein besserer Schütze“, gab
er gleichmütig zurück. Wieso? Wieso beleidigte er Ron?!
„Oh ja?
Sternhagelvoll und mit verbundenen Augen kann ich immer noch deine verdammte
scheiß Nase brechen!“ Ron hatte sich durch die Schüler geschoben. Oh nein! Nicht schon wieder!
„Oh…“,
erwiderte Malfoy mit einem bitteren Lächeln. „Das, Weasley, klingt nach Punkteabzug.“
„Du bist
unfassbar, du Arschloch! Zieh mir ruhig meine scheiß Punkte ab, wenn das alles
ist, woran du dich aufgeilen kannst! Zieh mir alle Punkte ab, die ich habe! Es
ist mir verdammt-“
„Ron!“,
fuhr sie zornig dazwischen, denn wieder war es soweit, dass es eskalierte.
Wieder einmal!
„Alles, woran ich mich aufgeilen kann? Oh
bitte, Weasley. Nicht jedem reicht Schlammblut“, flüsterte er, und dieses Mal
musste sie mit beiden Händen Rons Oberkörper zurückschieben, ehe dieser seine
Drohung wahrmachen konnte, und Malfoy seine Nase brach.
„Hermine,
lass mich-!“
„Was
ist hier los?“
Snapes
Stimme zerschnitt das angespannte Raunen und die unverhohlene Vorfreude der
Slytherins und Gryffindors wie ein Peitschenknall. Das war Snape. Das war seine
Kunst.
Hermine
wusste nicht, wie er es fertig brachte, aber er schaffte es jedes Mal. Sie
spürte die Röte nun deutlicher, war so wütend, und Snape drängte sich an Harry
vorbei, der dieses Mal – Merlin sei Dank – noch nicht zum Zuge gekommen war.
Anscheinend hatten Seamus und Dean ihn nämlich dieses Mal zurückgehalten. An
beiden Armen.
Harry
tauschte einen so vielsagenden und vorwurfsvollen Blick mit ihr, und ja. Sie
gab Harry Recht. Malfoy war ein Arschloch.
„Mr
Weasley, was denken Sie, was Sie hier veranstalten?“ Snapes Angewohnheit war,
zuerst die Schüler zu befragen, die nicht das Amt des Schulsprechers
innehatten. Kurz glitt ihr Blick zu Malfoy. Seine Brust hob und senkte sich
schneller, aber seinem Gesicht war der vorangegangene Streit nicht anzusehen.
Er wirkte sogar recht zufrieden als er Ron betrachtete.
„Malfoy
hat-“
„Er hat
einen Stupor losgelassen“, unterbrach ihn Hermine und fühlte sich wie eine
Petze, aber er hatte es verdient. Und außerdem wollte sie Ron davon abhalten
noch einmal zu fluchen. Snape nahm Flüche nicht gerne zur Kenntnis, ohne Strafe
oder Punkteabzug.
„Ist das
so?“
Malfoys
Mund hatte sich knapp verzogen.
„Ja, Sir.
Peeves hat die Schüler behindert, und Miss Granger ist mit ihm nicht fertig
geworden. Ich wollte nicht, dass ihre Autorität durch einen Geist untergraben
wird, Sir“, erklärte er, und Hermines Mund klappte auf. Dass er tatsächlich in
der Lage war, eine so dreiste Lüge von sich zugeben! Es war unfassbar!
„Das ist nicht
wahr, Professor!“, entfuhr es ihr, die Stimme einige Lagen höher. „Er hat-“
„Miss
Granger, ich möchte keine weiteren Verzögerungen. Nach dem Unterricht kommen Mr
Weasley und Mr Malfoy zu mir.“
„Ahem…
Sir!“, mischte sich Harry ungehalten ein. „Ich müsste auch auf ein Wort mit
Ihnen reden!“
„Das wundert mich überhaupt nicht, Mr
Potter“, erwiderte Snape, noch eine Spur gereizter. Harry saß Snape öfters im
Nacken als das Schulministerium für Zauberei es tat. „Hat es etwas mit diesem heutigen Vorfall zu tun?“, wollte Snape
scharf wissen, und Harrys Mund öffnete sich langsam.
„Ich…
nein, es hat mit-“
„Dann
entschuldigen Sie, wenn ich dafür keine Zeit habe. Kommen Sie zu meiner
Sprechstunde, freitags von fünf Uhr nachmittags bis sechs. Aber… Sie kennen ja
die Zeiten“, fügte er glatt hinzu, und Hermine sah, Harry hielt sich gerade
mächtig zurück.
„Aber
Sir-“
„Mr
Potter, ich würde gerne meinen Unterricht beginnen und interhäusliche
Streitigkeiten auf einen anderen Zeitpunkt verschieben, wenn Sie es denn einrichten könnten.“ Snapes Stimme verriet, dass
er kurz davor stand wirklich wütend zu werden. „Noch ein weiterer Punkteabzug,
Mr Potter, und Ihr Heldenstatus wird auch Sie nicht vor einer Woche Putzen mit Filch bewahren. Haben wir uns verstanden?“
Und Harry
schwieg verbissen. Den Blick, den er Malfoy schenkte war der pure Hass, und
Hermine hatte so große Hoffnungen in den Tag gesetzt.
„Und
jetzt, bewegt euch!“, knurrte Snape
den Schülern zu, die hastig zu laufen begannen und fast über die Säume der
Umhänge stolperten, so schnell wollten sie seiner Aufforderung nachkommen. Sie
hob den Blick zu Malfoy, den Zorn kaum verborgen, aber er sah sie nicht mehr
an.
Oh, sie
hoffte, Snape würde ihm seine Geschichte nicht abkaufen. Aber ein hitzköpfiger
Ron würde bestimmt nicht der beste Zeuge sein. Hermine, Ron und Harry betraten
schlecht gelaunt das Klassenzimmer. Wie viel Lust sie gerade hatte den Trank
der ewigen Sonne zu brauen, mochte sie nicht sagen. Ähnlich viel Lust wie auf
Putzen mit Filch.
~*~
Der Nachmittag
kam. Sie hatte Ron nicht mehr gesehen, nachdem Zaubertränke vorbei war. Harry
und sie hatten auf ihn warten wollen, aber mittlerweile war es Zeit für das
Treffen der Vertrauensschüler. Immerhin, wenn Malfoy und Ron beide zu spät
kamen, konnte Malfoy ihm keine Punkte abziehen.
Hermine
schritt neben Harry den Flur entlang.
„Snape
bevorzugt ihn“, brachte er bitter hervor.
„Snape
bevorzugt ihn nicht“, betonte Hermine
müde und strich seine dunkle Strähne hinter die Ohren, die aus ihrem Pferdeschwanz
gefallen war.
„Ach nein?
Wieso ist er dann immer noch Schulsprecher?“, fuhr er sie an.
„Hör auf,
mich anzuschreien, Harry! Ich stehe auf deiner Seite, falls du es nicht bemerkt
hast!“ Und Harry atmete zornig aus, fuhr sich durch die unordentlichen Haare
und schüttelte abwesend den Kopf.
„Ich hasse
das!“, knurrte er zornig.
„Ich
weiß“, bestätigte sie ruhiger. „Er ist immer noch Schulsprecher, weil du
genauso oft bei Snape im Büro sitzt, Harry. Wie soll er wissen, dass Malfoy
immer an allem Schuld ist, wenn du nur zu gerne auf all seine Provokationen
anspringst?“, erwiderte sie wütend, und Harry schüttelte nur wieder den Kopf.
„Was soll
ich tun, Hermine? Soll ich zusehen? Wäre dir das lieber? Malfoy verdient eine
ordentliche Schlägerei! Er verdient den Verlust des Amtes und den Rauswurf aus
Hogwarts!“
„Harry-“
„Nein,
Hermine! Entweder du stimmst mir zu oder wir führen diesen Streit weiter, bis
du es verdammt noch mal tust!“, unterbrach er sie ungehalten.
„Ich kann
dir nicht zustimmen! Ich bin Schulsprecherin, Harry. Alleine, dass du androhst,
ihn zu schlagen, sollte ich Snape mitteilen!“ Harry schenkte ihr einen
ungläubigen Blick. „Das tue ich natürlich nicht, aber es geht so nicht weiter!
Du und Ron könnt nicht jeden zweiten Tag beim Direktor sitzen!“
„Malfoy
ist ein Arschloch!“
„Er ist Schulsprecher, Harry!“
„Ja.“ Das
war alles, was Harry bitterböse über die Lippen brachte. „Und was ist falsch an
diesem Bild?“, wollte er knapp von ihr wissen. Ja, Hermine wusste es. Harry
sollte Schulsprecher sein. Nicht Malfoy. Harry. Sie sagte es nicht laut. Er
sagte es nicht laut. Sie gingen schweigend weiter.
„Es tut
mir leid“, sagte sie tonlos. Er ruckte mit dem Kopf. „Wirklich, Harry. Ich…“
Sie schwieg. Sie wollte nicht weinen. Sie war so unglaublich müde. Es war jetzt
der zweite anstrengende Tag. In Folge. „Wann seid ihr mit Training fertig?“,
brachte sie schließlich über die Lippen, und Harry ruckte mit dem Kopf.
„Neun,
halb zehn“, sagte er tonlos, ohne sie anzusehen.
„Ok, ich habe
um neun Patrouille. Dann sehen wir uns morgen zum Frühstück.“
„Ok“,
sagte er nur. Sie hasste es, wenn sie sich so trennten. Sie wusste, Malfoy war
daran schuld. Aber Harry versuchte es nicht mal. Er versuchte nicht mal, einen
Tag den Aufwand zu betreiben, Malfoy in Ruhe zu lassen.
Sie ging
nach links, Harry nach rechts. Immerhin sprachen sie noch. Immerhin trafen sie
sich morgen früh. Seufzend schritt sie den Flur entlang, fuhr sich über den
Rock, zog die Weste gerade, zog noch einmal den Pferdeschwanz straff, prüfte,
ob die Ohrringe sich verheddert hatten, rieb die Zeigefinger präventiv unter
ihren Augenliedern, falls ihr Kajal verschmiert war,
atmete aus und öffnete die Tür.
Die
Vertrauensschüler warteten bereits. Keine Spur von Ron oder Malfoy.
Die
Schüler, die mit ihr Unterricht gehabt hatten, wussten Bescheid. Aber das
beschränkte sich hier und heute lediglich auf Pansy.
Pansy
Parkinson war ein weiterer Grund für die vielen Falten, die sie glaubte,
bekommen zu haben. Sie lehnte am Tisch vorne, und der Gedanke von Respekt für
die Schulsprecher war komplett an ihr vorbeigegangen. Auch die weiteren
Vertrauensschüler von Slytherin sahen sie unverhohlen feindselig an.
„Wo ist
Draco?“, wollte Pansy knapp von ihr wissen.
„Wahrscheinlich
noch bei Snape, so wie Ron auch“, gab Hermine müde zurück, ohne Pansy zu sagen,
dass sie etwas höflicher sein sollte. Auffordernd sah sie Pansy an, die immer
noch unbewegt vorne am Pult stand. Das war Hermines Platz. „Würdest du dich
setzen?“, fügte Hermine ungläubig hinzu, und Pansy stieß sich quälend langsam,
von der Tischkante ab und schritt noch langsamer zu einem freien Stuhl in der
ersten Reihe.
Pansys
Schuhe waren sehr hoch. Ihr Rock erstaunlich kurz, und ihre Beine wirkten so
endlos lang, dabei war sie kleiner als Hermine. Pansys Haare waren über die
Jahre lang geworden und fielen pechschwarz ihren Rücken hinab, und ihre Augen
waren so grün wie Harrys. Pansy Parkinson war das Mädchen, was allen anderen
Mädchen Angst einjagte. Sie war so stark geschminkt, dass es aussah wie eine
Gesichtsoperation, die sie jeden Morgen an sich vollführte. Ihre Lippen waren
voll und rot, genau wie ihre magisch verlängerten Nägel. Eine Arroganz zierte
ihre Züge, die bei den Slytherins mit Stolz getragen wurde.
Ja, Pansy
war schön. Aber Pansy war eben immer noch Pansy.
„Fängst du
an, oder darfst du das ohne Draco nicht?“, bemerkte Pansy äußerst spöttisch,
und Hermine verzog den Mund.
Gut, dass
sie sich um die Pläne gekümmert hatte. Und sie hatte heute nicht besonders
große Lust auf Freundlichkeiten.
„Also, ich
habe zwei Themen aufgestellt. Frühlingsball in Grün oder Frühlingsball in
Pink“, leierte sie knapp herunter. „Lasst uns abstimmen“, fuhr sie fort. „Wer
ist für Grün?“ Und hatte sie erwartet, dass die Slytherins die Hände heben
würden, so hatte sie sich getäuscht. Und Pansys Gesicht zierte nun ein anderer
Ausdruck. Überlegenheit. Oh, wie sie es hasste!
„Granger,
was das angeht…“, begann Pansy blasiert, „es gibt andere Pläne. Zwar ist Draco
nicht hier, aber wir haben beschlossen, dass die Party etwas anders wird.“
„Ach, ist
das so?“ Hermine sah Pansy kopfschüttelnd an. „Für gewöhnlich bestimmen die
Schulsprecher und die Mehrheit der Vertrauensschüler, wie eine Party organisiert
wird, Pansy“, gab sie knapp zurück. Sie hatte keine Angst vor Pansy. Sie hatte
keine Angst, ihr ins Gesicht zu sehen. Sie hatte keine Angst vor einem
Wettkampf in Autorität, denn sie wusste, sie würde gewinnen.
„Jaah, vielleicht… - aber Draco wird für die Party
bezahlen.“ Hermine verstand nicht. Sie hatte sich bestimmt verhört.
„Was?“
„Wir
wollten eine richtige Party. Eine Party, die uns gebührt, nach dem grauenhaften
Krieg. Und Draco bezahlt. Für das Essen, die Dekoration, die Band – alles“,
schloss Pansy lächelnd. Hermine spürte neuen Zorn. Der grauenhafte Krieg, den
Pansy, ihres Wissens nach, in Frankreich überwunden hatte!
„Das ist
nicht erlaubt“, sagte sie lediglich. „Snape wird-“
„Snape hat
gesagt, solange kein harter Alkohol ins Schloss gebracht wird, solange kein
Glücksspiel betrieben wird, hat er nichts dagegen und begrüßt sogar, wenn die
Schüler selber für ihre Feiern aufkommen.“
Hermines
Mund öffnete sich. „Glücksspiel?“,
wiederholte sie perplex. Pansy nickte und erhob sich wieder, ohne Hermine aus
den Augen zu lassen. Hermine folgte ihren Bewegungen.
„Ja, das
Motto ist Vegas. Ich habe es den
Vertrauensschülern schon gesagt. Und… wir können gerne noch einmal abstimmen.
Anscheinend hat dich Draco nicht informiert?“ Pansys Stimme war wie Zucker.
Giftiger, süßer, widerlicher Zucker. Hermine sah ihr zu, während Pansy in die beringten Hände klatschte. „Ok, noch mal für die Schulsprecherin“, begann Pansy lächelnd.
„Wer ist dafür, dass Draco uns die beste Frühlingsparty in der Geschichte
Hogwarts besorgt?“, fragte sie provokativ in die Runde. „Kurzes Handzeichen.“
Alle Hände
hoben sich. Die Gryffindorhände eher zögerlich, aber
nichtsdestotrotz hoben sich alle Hände.
„Dann ist
das wohl geklärt“, erläuterte Pansy zufrieden.
„Wann hat
er das beschlossen?“, entfuhr es Hermine kalt.
„Was?“
„Wann hat
Malfoy das beschlossen?“, wollte sie tonlos von Pansy wissen.
„Oh, das
war letztes Wochenende. Zu dumm, dass du Muggel-Sachen
zu tun hattest, oder Granger?“ Pansy stieß sich wieder vom Pult ab, und Hermine
sah ihr nach.
Das war
nicht zu fassen. Sie spürte, wie ihr Herzschlag dumpf in ihrer Kehle trommelte.
Ihre Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Denn wie – oh Merlin, wie
– würden Harry und Ron diese Neuigkeit auffassen? Irgendwie nahm es kein Ende.
Kam nicht eventuell nach Regen Sonnenschein? Oder waren diese Regeln in
Hogwarts außer Kraft gesetzt?
Ron und Malfoy
waren nicht mehr aufgetaucht. Sie konnte nur annehmen, dass Ron jedoch zum Quidditchtraining erschienen war. Länger als zwei Stunden
hätte Snape sie nie in seinem Büro behalten. Es war schon schwer vorstellbar
für sie, dass sich Snape überhaupt mit jemandem länger als zwei
Unterrichtsstunden in demselben Raum befinden konnte.
Sie tippte mit
dem Zauberstab auf den breiten Türgriff zu ihren Räumen. Zwei in den Stein
gelassene Säulen machten die Tür leicht erkennbar für jeden suchenden Schüler. Leider, hatte sie feststellen müssen.
„Reinblut“, sagte sie mit einem
Widerwillen, denn das war Malfoys Passwort der Woche. Und sie hatte
dankenswerterweise heute Morgen ein Stück Pergament auf dem Wohnzimmertisch
vorgefunden. Sie wusste schon genau, mit was sie ihn nächste Woche würde ärgern
können. Sehr genau. Die Tür schwang auf. Und sie war überzeugt gewesen, ihn zu
finden, ihn anzuschreien, ihn zu fragen, ob er noch alle Hippogreife
am Himmel fliegen hatte, dafür, dass er den Gönner spielen musste, und eine
Veranstaltung für einhundert Schüler übernehmen wollte, inklusive deren Gäste!
Sie hatte
dieses Thema beim Treffen weitestgehend vermieden, den Schülern gesagt, sie
sollten sich keine zu großen Hoffnungen machen, dass sie es mit Snape noch ein
weiteres Mal besprechen würde, und dass die Stimmen der Schulsprecher weitaus
mehr wögen als die der Vertrauensschüler, und dass sie nicht in die Wahl
miteinbezogen worden war.
Natürlich
hatte sie sich einiges von Pansy anhören müssen, aber sie erledigte ihren Job
nicht erst seit gestern. Und sie stritt sich auch mit Pansy nicht erst seit
gestern!
Allerdings war
er nicht allein, als sie die Tür zu ihren Räumen öffnete.
„Gut. Das ist
wirklich gut, denn ich habe deine Scheiße nicht nötig, Draco!“
„Wie wäre es,
wenn du dann endlich mein scheiß Wohnzimmer verlassen würdest?!“, hörte sie
Malfoy noch rufen, ehe Blaise Zabini in ihr Sichtfeld kam.
Sie war
erschrocken über die lauten Stimmen, hatte im Türrahmen inne gehalten und sah
Malfoy nun in der Mitte des Wohnzimmers stehen, mit dem Zauberstab in der Hand.
Sie wusste nicht, ob er Zabini noch aufhalten wollte und nun seine Meinung
änderte, aber der Blick in sein Gesicht verriet ihr zumindest seine Laune. Und
die schien… nicht gut. Gar nicht gut. Gefährlich schlecht.
Zabini sah sie
an, als er auf ihrer Höhe war. Hermines Mund öffnete sich verdutzt. Es kam ihr
so vor, als würde Zabini ihr noch zunicken, ehe er wortlos verschwand. Malfoy
stand unschlüssig im Raum und fuhr sich anscheinend etwas aufgelöst durch seine
Haare. Sein Blick verfinsterte sich merklich, während er sie betrachtete.
Sie spürte,
wie sich ihr Mund bereits öffnete, wie sie ansetzte, anzufangen, ihm zu sagen,
was sie von ihm hielt, aber er hob kopfschüttelnd die Hände, wirkte vollkommen
angewidert und abgeschreckt.
„Erspar’s mir!“, knurrte er lediglich und schon war seine
Zimmertür ins Schloss geknallt.
Und in
absoluter Stille stand sie in ihrem Wohnzimmer. Das Feuer brannte wieder einmal
im Kamin. Die Hitze war unerträglich. Sie hexte die Flammen zornig aus.
Sie schritt
langsam auf sein Zimmer zu. Natürlich hatte sie alle Zeichen gesehen. Alle
Zeichen an Warnungen, die ihr klar und deutlich machten, dass jetzt gerade wohl
nicht der Zeitpunkt war, um sich mit ihm anzulegen, aber es war doch nie der richtige
Zeitpunkt!
Es war egal.
Es wäre der perfekte Abschluss zu zwei unglaublich anstrengenden Tagen.
„Was hat Snape gesagt?“, rief sie durch seine verschlossene Tür hindurch und
wartete auf seine Reaktion. Sie hatte ihre Stimme gut unter Kontrolle. Es war
seine natürliche Maske. Er hatte immer schlechte Laune, wenn er mit ihr sprach
– ja, selbst wenn er sie bloß ansah! Darauf konnte sie nichts geben!
„Malfoy!“,
rief sie erneut. „Was hat Snape gesagt?“, wiederholte sie und rührte sich nicht
vom Fleck.
„Weißt du, ich
habe bis neun Uhr Zeit diese Frage zu wiederholen, also-“
Seine Tür flog
mit einem Ruck wieder auf und reichlich zornig starrte er von den Stufen auf
sie hinab, so zornig, dass sie instinktiv einige Schritte zurück wich, und sich
direkt ärgerte, dass ihr sein plötzliches Auftauchen Angst eingejagt hatte.
Langsam kam er die Stufen wieder hinab.
„Was?“,
knurrte er, ohne sie aus den Augen zu lassen. O-k. Seine Laune war nicht nur
Fassade….
„W…was hat
Snape gesagt?“, wiederholte sie, längst nicht mehr so laut, aber sie sah ihm
unverwandt in die Augen. Er schien sie zu inspizieren. Sie konnte seinen
forschenden Blick nicht ausstehen.
„Geht dich
einen verdammten Scheißdreck an, oder nicht?“, erwiderte er schließlich kalt.
„Fein. Dann
sag es mir nicht, du Arschloch. Was fällt dir ein, still und heimlich eine
Party zu organisieren?“, griff sie ihren nächsten Punkt auf, und er zerrte sich
entnervt seine Krawatte vom Hals, um sie auf den Boden zu pfeffern. Ihr Blick
folgte kurz dieser Geste, während er beängstigend nahe kam.
„Was? Sag es,
Granger. Oh, ich weiß, das willst du doch! Heb
deine Scheiße auf, Malfoy! Mach hier sauber, Malfoy! Dabei bin ich nicht
derjenige, der hier bis zum Himmel stinkt!“, fuhr er sie zornig an, und sie
zuckte zusammen, bei seiner lauten Stimme.
„Mal…malfoy-“
„Mal-Malfoy!“, wiederholte er spöttisch,
während er nun so nahe war, dass sie die Kommode im Rücken hatte. „Was,
Granger? Was in Salazars Namen willst du verflucht noch mal von mir?“, schrie
er so laut, dass sie die Augen schloss. Auch durch die geschlossenen Augen
wusste sie, dass er noch vor ihr stand. Sie konnte ihn riechen, konnte seinen
Atem spüren, und sie hasste ihn! Sie hasste ihn wirklich. Das Wohnzimmer war so
groß, aber jetzt wirkte es bedrohlich klein.
Aber es war
genug. Er konnte ihr keine Angst machen. Er konnte einfach nicht! Ihre Lider
öffneten sich flatternd. Er sah ihr direkt ins Gesicht. Ihr Herz schlug so
schnell in ihrer Brust, dass ihr fast schlecht wurde. Und beinahe schmerzlich
wurde ihr etwas bewusst.
Es lag nicht
einmal an ihm. Es lag nicht einmal an Malfoy, dass sie sich so fühlte, wie sie
sich jeden Tag in seiner Nähe fühlte. Er verletzte sie so offensichtlich und
mit so viel Genugtuung, dass es widerlich war. Was dachte sie? Dass seine Passwörter
muggelfreundlich sein würden? Dass er muggelfreundlich
war? Wie könnte er? Er trug das Mal. Er war das, gegen das sie jahrelang
gekämpft hatten!
Und er stand
vor ihr. Immer und immer wieder. Er schrie sie an. Er war… Malfoy. Und sie
begegnete ihm immer auf der Mitte. Und sie beide vertraten immer noch die
Seiten, die sie schon vor dem Krieg vertreten hatten. Und sie spürte, wie sie
den Kopf schüttelte.
Sie erinnerte
sich an einen Satz aus einem Aufsatz, den er für Magische Geschichte geschrieben
hatte. Er begann folgendermaßen: Betrachtet
man Geschichte, ist es von essentieller Wichtigkeit, beide Seiten der
Geschichte zu begreifen.
Professor Binns hatte ihm ein Ohnegleichen dafür gegeben. Sie
erinnerte sich immer noch an diesen Satz, denn sie hatte es so absurd gefunden,
dass Malfoy überhaupt von der Existenz einer zweiten Seite wusste! Seine
Ausführungen waren weitergegangen mit dem Wortlaut, dass eine Geschichte nie so
geschehen sei, wie sie aufgeschrieben worden ist. Man müsse sich mit dem Autor
auseinandersetzen und mit der wahren Tatsache. Und dass jeder damalige
Tatsachenbericht eigentlich nur eine subjektive Spiegelung des Erzählers wäre.
Er hatte immer
wieder geschrieben, man müsse hinter die Worte blicken.
Hinter die
Worte.
Hinter seine
Worte. Was war hinter seinen Worten, fragte sie sich in dieser Sekunde völliger
Klarheit. Gar nichts war dahinter. Hinter seinen Worten war keine Wahrheit.
Keine Botschaft. Da war nichts. Wieso machte sie sich die Mühe?
Und sie wollte
ihn fragen, weshalb er sich mit Blaise Zabini stritt. Worüber sich zwei
Reinblüter überhaupt streiten konnten?
Sie wollte wissen, warum er die Briefe seines Vaters nicht gelesen hatte! Sie
wollte ihn fragen, warum er auf Harry losging, auf Ron! Ob es Neid war? Ob er
wirklich so erbärmlich sein konnte?!
Und sie sah es
in seinen Augen.
Schiere
Ungeduld.
Ungeduld, dass
sie sprach. Und dennoch, jedes Mal wollte
er, dass sie sprach. Dass sie sagte, was er doch schon wusste. Denn er wusste,
was sie dachte! Oh, er wusste es! Wieso wollte er es immer wieder hören? Wieso
provozierte er es immer wieder aus ihr heraus? Wieso, wieso, wieso?! Es war
ermüdend, und wieso gab sie nicht endlich auf? Ron hatte es einmal anklingen
lassen. Er nannte es ihr Helfer-Syndrom.
Aber sie
wollte Malfoy nicht helfen! Er war es nicht wert. Und für gewöhnlich dachte sie
nicht so über Menschen, aber sie würde die eine Ausnahme machen. Harry hatte
Recht. Harry hatte die ganze Zeit Recht! Und sie nickte abschließend, wie zu
ihrer eigenen Bestätigung.
„Nächstes Mal
werde ich Harry nicht aufhalten“, sagte sie leise, beinahe resignierend. Und er
sah sie an. Für einen sehr kurzen Augenblick zuckte Verständnislosigkeit über
seine Züge. Über seine ebenmäßigen Züge. Seine Schönheit war an ihr vorbeigegangen.
Ja, wenn er den Mund hielt, wenn er sie nicht ansah oder wusste, dass sie da
war. Wenn sie ihn in der Bibliothek zufällig hinter einer Ecke entdeckte, wie
er versunken ein paar Zeilen, stehend gegen die Wand gelehnt, in einem Buch
nachlas, dann konnte sie es sehen. Dann sah sie ungefähr, worüber die Mädchen
sprachen. Aber nur dann. In solch stillen, gestohlenen Sekunden.
Seine Augen
waren dann nicht hasserfüllt oder abschätzend, zornig oder spöttisch auf sie
geheftet, als wäre sie alles Übel auf der Welt. Wenn er auf seiner Unterlippe
kaute, wie er es in Zaubertränke manchmal tat, wenn er versunken war in
Rezepturen und Präzision.
Sie kannte
ihn. Aber abschließend konnte sie sehr sicher sagen, dass er überwiegend
schlechte Seiten besaß. Sie könnte auch noch weiter gehen. Gute Seiten hatte
sie bisher nicht an ihm entdecken können.
„Und was… soll
mir das sagen?“ Seine Stimme war wieder ruhig.
„Dass ich
keine Schadensbegrenzung mehr betreiben werde!“, erwiderte sie schroff. Sie
spürte die unwillkommene Hitze in ihren Wangen. Mit ihm zu streiten war anders,
als streiten mit Harry war. Bei Malfoy war es rau und bodenlos. Sie verletzte
keinen Freund, nicht einmal im Ansatz jemanden, mit dem sie auch nur ein
freundliches Gefühl verband. Malfoy zu verletzen war… wie atmen. Es ging so
leicht, es war so natürlich und selbstverständlich, denn was anderes sollten
ein Todesser und eine Muggel wohl sonst tun?
Und seine
Mundwinkel zuckten symmetrisch.
„Oh nein!“, entfuhr
es ihm mit gespielter Angst. „Der Junge, der keine Eier besitzt, wird nicht
mehr von seinem Schlammblut zurückgehalten!“, fuhr er kühl fort. Hermine
verdrehte die Augen. Er stand immer noch nahe vor ihr. Sie konnte das Grau in
seinen Augen deutlich erkennen. Hätte sie ihren Arm ausgestreckt, hätte sie ihn
berühren können. Kurz fuhren seine Finger durch seine blonden Strähnen, kämmten
sie über seinen Kopf zurück, und sie sah ihn ausatmen.
„Wann wird das
dein nächstes Passwort?“, wollte sie plötzlich müde von ihm wissen.
„Was?“, fragte
er, denn kurz schien er tatsächlich mit den Gedanken woanders gewesen zu sein.
„Was willst du von mir?“ Heute kam er ihr unbekannter vor. Er hatte sich vor
ihr für gewöhnlich gut unter Kontrolle. Aber heute… war er anders.
„Krieg,
Slytherin, Erbe, Basilisk, Reinblut…“, zählte sie einige seiner Passwörter des
vergangenen halben Jahres auf, und seine Stirn runzelte sich langsam.
„Schlammblut würde sich perfekt in diese Kette fügen. Vielleicht schlage ich es
auch Snape vor, denn es gehört ja mit zu deinen Lieblingsworten!“ Ihre Stimme
war lauter geworden.
„Oh Granger,
ich weiß, das Passwort kann leider nicht jede Woche Harry-Arschloch-Potter
sein, egal, wie sehr du es dir wünschst“, erwiderte er gepresst. Sie würde darauf
nicht eingehen! Einmal! Einmal hatte sie dieses Passwort gewählt! Und er
erwähnte es immer und immer wieder! Sie schüttelte nur wieder den Kopf und
wollte an ihm vorbei in ihr Zimmer.
„Und um deine
Frage in all meiner Großzügigkeit zu beantworten: Die Schulsprecher dürfen auf
den Gängen zaubern, wenn es der nötige Umstand erlaubt“, schloss er, und sie
verharrte vor ihrer Zimmertür.
„Peeves ist
der nötige Umstand?“, wollte sie
ungläubig von ihm wissen.
„Frag deinen
geliebten Wiesel-Jungen, Granger“, provozierte er sie erneut mit der bekannten
widerlichen Selbstgefälligkeit auf seinen Zügen.
„Weißt du,
Malfoy“, begann sie ein letztes Mal und wandte den Blick über ihre Schulter,
„dein Gold wird dir keine Sympathien kaufen. Vor allem kannst du Harry damit
nicht ausstechen, falls es das ist, was du willst.“
Sie wusste,
das würde wohl nicht sein, was er wollte, aber er sprang darauf an. Sie wusste
es so sicher wie ihren eigenen Namen.
„Du kannst froh sein, dass ich überhaupt mit dir gesprochen habe“, war alles,
was er noch sagte. Und plötzlich wusste sie, sie würde nicht kommen. Auf seine
Party. Garantiert nicht. Wenn Snape es erlaubte, dann… wäre sie schon einmal
einer weniger auf der Liste. Denn wenn Malfoy es schaffen sollte, seine eigene
Party auf Hogwarts zu kaufen, dann… - sie wollte es überhaupt nicht weiter
denken. Aber… dann hatte sie nichts auf dieser Party verloren.
„Ich bin
wahrscheinlich noch der einzige Mensch auf der Welt, der mit dir spricht, ohne
das aus Angst zu tun“, erwidert sie, ohne ihn anzusehen und entriegelte ihr
Zimmer, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie ging müde ihre Stufen hoch. Sie
konnte den Ärger nur erahnen, der über sein Gesicht zucken müsste.
Denn sie hatte
dieses Gespräch beendet.
Und nicht er.
~*~
~ Acht Stunden zuvor ~
Er erreichte
die Große Halle ohne Probleme. Niemand hatte ihn aufgehalten, ihn
niedergezwungen, ihm sein Abzeichen abgenommen – niemand schien ihn heute
Morgen großartig zu beachten. Auch der Kriegsheld und sein Schoßhund hatten nicht
in einer stillen Ecke gelungert, um ihm seine teure Kleidung mit ihren Fäusten
zu zerstören.
Er erreichte
den Eingang zur Großen Halle. Die anderen und Pansy, gestriegelt wie ein
Show-Dog, warteten auf ihn. Ihr Parfüm traf seine Nase schon, bevor er auf zwei
Meter vor ihr angekommen war. Kurz wandte er noch einmal den Blick nach links
und rechts, aber niemand war da.
„Was ist los,
Malfoy?“, entfuhr es Blaise belustig. „Gehst du über die Straße?“, fügte er
grinsend hinzu. Draco schenkte ihm einen kurzen Blick. Blaise trug seine
Uniform mit so viel Würde, dass Draco manchmal Zweifel bekam, ob er sie besser
trug als er selbst. Aber das konnte nicht sein. Scheiße. Ihm fiel wieder ein,
dass er sein Abzeichen nicht trug. Merlin, das war das einzige, was er tagtäglich
vergaß.
„Guten Morgen
Draco“, begrüßte ihn Pansy affektiert, legte die Hände auf seine Schultern,
stellte sich auf ihren hohen Schuhen auf die Zehenspitzen und küsste zuerst
seine linke und seine rechte Wange. Ihr Lippenstift war verhext, so dass er
keine Spuren hinterließ. Draco fand es dennoch unangenehm, aber er ließ sie
gewähren. Es war Pansys großes Highlight.
Millicent neben ihr winkte ihm nur schüchtern
zu. Er nickte ihr zu, während er seine Krawatte erleichtert strenger zog. Greg
war bereits am Kauen, was Draco höchst bezeichnend fand. Greg war ein besserer
Freund als Blaise. Vielleicht war Greg einfach auch nur der bessere Sklave,
Draco war sich nicht sicher.
„Wollen wir
rein oder willst du eine Rede halten?“, erkundigte sich Blaise eine Spur
misstrauisch, und ja, er hatte noch nichts gesagt. Er wusste es selber.
„Nein“, rang er sich also ab. Merlin, wovor hatte er Angst? Es war nicht das
erste Mal, dass er sich mit Potter angelegt hatte. Scheiß drauf! „Lasst uns
reingehen“, sagte er also. Die Gruppe folgte seinen Anweisungen, auch wenn er
wusste, dass Blaise es nur tat, weil er mit ihm, Draco, die beste Gruppe in
Hogwarts finden würde. Draco schätzte das an Blaise. Er gehörte nicht zu den
hechelnden Sklaven an seiner Seite. Millicent schien
solche Angst vor ihm zu haben, dass sie hinter ihm zurückgefallen war, während
sie ihre dünnen blonden Haarsträhnen nervös in ihren Fingern drehte.
Wahrscheinlich
hatte sie Angst vor ihm, weil er niemanden beachtete, der für ihn nicht in sein
Beuteschema passte. Er wusste nicht wirklich, was sie in ihrer Gruppe zu suchen
hatte. Wahrscheinlich war sie Pansys Goyle, nahm er
an.
Sie passierten
den Hufflepuff- und Ravenclawtisch.
Er bemerkte die Blicke der anderen. Der Gryffindortisch
war bepackt mit Feinden, und kurz glitt sein Blick über das verdammte Trio.
Keiner von ihnen hob den Blick als sie vorbeikamen. Nicht einmal Granger. Dabei
fand sie doch immer etwas, was ihrer Kritik würdig war.
Seine Spannung
löste sich. Es war jedes Mal dasselbe, wenn er den Gryffindortisch
passierte.
„Draco, wir
müssen über die Partyplanung reden!“, begann Pansy sofort, und Dracos Laune
verfinsterte sich.
„Pansy, ich
bezahle dafür. Meine Schuldigkeit ist damit getan. Ich dachte, du hast dir
deine unterbelichteten Idioten zusammengestellt, mit denen du so etwas planen
kannst?“ Er sah sie mit erhobenen Augenbraune an. Sie wirkte kurz beleidigt.
„Du… willst
nicht mal hören, was ich mir überlegt habe? Ich meine… du musst das Budget schließlich
absegnen, Draco“, erklärte sie zuckersüß. Er griff sich einen Apfel aus der
Schale, als er saß. Die erste Bank war immer frei. Er hatte sich nicht darum
gekümmert, dass es so war. Er nahm an, es war Pansys Werk. Eigentlich tat er
nichts, um irgendwelche Aufmerksamkeiten zu erlangen. Er bekam sie einfach.
„Pans, ich
könnte die verfluchte Schule kaufen, wenn ich wollte. Also… plan, was immer du
willst, ok?“ Dann wandte er sich an Blaise. „Freitag! Wie wäre es mit Black
Poker?“, schlug er vor.
„Bei dir?“,
erwiderte Blaise ungläubig. „Rastet deine Mitbewohnerin
dann nicht aus?“
Draco zuckte
mit den Schultern. Und wenn schon. „Da scheiß ich locker drauf, Zabini. Ich
besorge den Tisch. Besorg du die Mädchen“, fügte er leiser hinzu, damit Pansy
es nicht hörte, die nun den armen Greg damit beauftragte, sämtliche Stoffe aus Hogsmeade zu besorgen. Das war das Problem, wenn man Pansy
den kleinen Finger gab. Sie nahm einem das gesamte Leben. Deswegen hatte sich
Draco an noch keinem einzigen Tag auf Pansy Parkinson eingelassen. Auch wenn er
nicht blind war.
Blaise plante
bereits die Mengen an Alkohol, die sie brauchen würde, und wie sie illegal
unauffällig zu bekommen waren. Dracos Blick glitt wieder schräg über seine
Schulter zu ihr. Sie gähnte gerade verhalten. Sie sah verflucht müde aus. Das
war gut, dann würde er heute vielleicht die Chance haben, eher fertig zu
werden. Sie hatte ihn drei Wochen in Folge geschlagen, was das Tränke brauen
anging. Er nahm an, sie beobachtete ihn, denn sie wirkte jedes Mal besonders
selbstgefällig, wenn sie den Flakon als erste nach vorne brachte und er ewiger
Zweiter war. Er konnte es nicht leiden. Das war schon sein Rang beim Quidditch.
„Draco?“
Pansys Stimme riss ihn wieder in die Wirklichkeit. „Suchst du irgendwas?“, wollte
sie fast beleidigt wissen, und er sah sie wieder an.
„Nein, absolut
nicht.“
„Ich habe
gehört, ihr plant Pokern für Freitag?“ Und sie wartete stumm auf die Einladung.
Würde Pansy kommen, würde Granger ausrasten, aber das war eine konstante
Komponente, mit der er seit über einem halben Jahr leben musste. Aber würde er
Pansy einladen, würde er auch keines der Mädchen bekommen, denn Pansy verstand
es gut, ein Revier zu verteidigen. Auch wenn es nicht mal ihr eigenes war.
„Ja, aber nur Männer erlaubt“, erwiderte er entschuldigend, während Blaise
lachend in sein Brötchen biss, damit Pansy es nicht sehen konnte.
„Oh“, sagte
sie still und schien ehrlich getroffen zu sein. „Wirklich?“ Er nickte
entschuldigend, als wären ihm die Hände gebunden. Als wäre es Timing schlug ihm
Ernie MacMillan auf die Schulter. Ernie war der einzige Hufflepuff mit
Potential. Er war außerdem fast zwei Meter groß. Sehr angsteinflößend unter Hufflepuffs.
„Malfoy! Was
geht Freitag?“, erkundigte er sich mit gespannter Stimme. Ernie besaß sogar
Humor und war nicht darum verlegen, Gold zu verlieren.
„Black Poker“, erklärte Draco.
„Ja, aber nur
für Männer“, ergänzte Pansy mit einem Unschuldsblick. Ernies Ausdruck war
verblüfft.
„Was? Nur
Männer? Wirklich?“ Blaise neben ihm verdrehte die Augen. Draco verzog den Mund.
„Das erscheint mir etwas lame zu sein, aber…“
„Meinetwegen können auch Mädchen kommen“,
schloss Draco, um vorzubeugen, dass ihm Pansy jede Bekanntschaft vermieste und
Ernie auch noch absagte.
„Gut, ich
dachte schon, du wirst senil“, bemerkte Ernie grinsend, während er sich
verabschiedete. „Bis Freitag, Malfoy. Wir besprechen Details morgen vor
Kräuterkunde“, fügte er grinsend hinzu. Draco nickte bloß.
„Dann werden Mill
und ich auch da sein!“, entfuhr es Pansy lächelnd. Draco nickte lediglich.
Blaise versteckte sein Lachen immer noch, und Draco konnte nicht verhindern,
dass er den Kopf wieder nach hinten drehte. Und dieses Mal erntete er Potters
Blick. Er konnte aber keine übermäßige Ablehnung darin erkennen. Natürlich die
übliche, aber nichts darüber hinaus. Noch für einen kurzen Augenblick hielt er
Potters Blick stand.
Merlin, wieso
musste er ständig zum Tisch blicken? Er konnte froh sein, wenn Potter nicht
direkt hier und jetzt seine Show veranstaltete. Nichts gegen einen kleinen
Streit, aber mit Potter war es… anders. Alles war ernster, und alles ließ sich
auf Granger zurückführen, Draco wusste das, aber er hatte nicht verstanden,
warum. So wie es aussah, verbrachten weder Potter noch Weasley ihre Nächte mit
ihr. Wenn er richtig lag, dann hatte sie mit keinem von beiden jemals Sex
gehabt. Aber er verstand die Gruppendynamik hinter dem Trio nicht.
Und er begriff
nicht, was an Granger schützenwert sein sollte. Er hätte große Lust, Potter zu
fragen, aber vielleicht verschob er das auf später, dachte er amüsiert.
Er wandte den
Blick wieder ab.
Er wusste
auch, was Granger tat. Sie schlichtete, und das war auch schon alles. Sie war
wahrscheinlich den ganzen Tag damit beschäftigt, Potter aufzuhalten, bevor er
sich auf wildfremde Leute stürzte, die ihm nicht zu Füßen fielen. Draco hasste
ihn einfach. Er hasste alles, wofür Potter stand und war dankbar, dass er
Schulsprecher war, und nicht der Junge, der ohne Spaß überleben konnte.
Menschen wie
Ernie fragten ihn jedes Mal, wenn sie etwas unternahmen, weshalb er nicht
Potter einlud. Und er meinte das ernst! Er,
Potter einladen! Das wäre ähnlich absurd als würde er magischerweise
mit Granger klarkommen. Denn das schien der Schlüssel zum Ganzen zu sein. Aber
da riskierte er lieber Streit, ehe er ein Schlammblut akzeptierte.
Er wusste,
gestern war es vielleicht… etwas zu weit gegangen. Vielleicht. Geringfügig.
Aber nicht wirklich.
Er wusste,
sein Körper machte sie nervös. Auch wenn er annehmen konnte, sie hatte Weasleys
und Potters Körper bereits gesehen. Er wusste, Weasley war nicht schlecht
gebaut. Er hatte zwar keine definierten Muskeln, aber er war kein Schwächling.
Die Umkleidezelte boten einem einen guten Überblick, welche Jungen Konkurrenz
darstellten und welche nicht. Potter war… eher drahtig, überlegte Draco. Bei
Weasley konnte er annehmen, dass dieser in einem Kampf vielleicht sogar eine
überlegenere Position beziehen konnte, wäre er nicht so strohdumm.
Das war ein
Vorteil, aber Draco war nicht so dumm, nicht bemerkt zu haben, dass Weasley
wohl noch andere Gründe hatte, Granger zu verteidigen als lediglich das
Prinzip, sie zu schützen. Aber auch hier wusste Draco nicht, wieso! Weasley
könnte einige der Mädchen haben, ohne dass er es wusste. Aber Draco war froh,
dass es Weasley keiner sagte. Neben dem ganzen Kriegsheldenscheiß war Weasley
als Hüter nämlich bedauerlicherweise nicht schlecht.
„Draco?“,
unterbrach ihn erneut Pansys Stimme. „Was ist los mit dir?“
Er schenkte
ihr ein selbstgefälliges Lächeln.
„Absolut gar
nichts, Pansy“, erwiderte er, während er nicht mal Hunger auf seinen Apfel
verspürte.
~*~
Der Morgen
verging träge. Noch mehr Mädchen gesellten sich im Laufe an seine Seite, und
Pansy hatte alle Hände voll zu tun, ihr Revier abzustecken. Draco sah nur
belustigt zu. Mädchen aus Hogwarts zu verführen machte nur Spaß, wenn Pansy es
nicht mitbekam. Und er hatte für sich selber festgestellt, dass Mädchen aus Ravencalw und Gryffindor die
geeigneten Objekte dafür abgaben. Tatsächlich. Gryffindors waren meist zu
stolz, um zuzugeben, dass Draco Malfoy sie gewonnen hatte. Vor allem, weil
sämtliche Mädchen in einem Für und Wider gefangen waren, denn es gehörte nicht
zu einem gehüteten Geheimnis dass Harry Potter Draco nicht besonders leiden
konnte. Somit hatte er mit den Gryffndors eine
hübsche Auswahl an Mädchen, die nur zu willig waren, die Klappe zu halten. Und
Ravenclaws waren zu erhabenen, um ausgerechnet Pansy Parkinson wissen zu
lassen, wer die letzte Nacht das Vergnügen mit ihnen hatte.
Hufflepuffs waren zu dumm, um den Mund zu halten.
Sie hatten auch keinen Haushelden, für den sie mit Absicht verschwiegen, dass
Draco ihnen näher gekommen war. Alles in allem blieb seine Verführungskunst
also ein Geheimnis. Zwar war es schade, dass sich sein Mädchenverschleiß nicht
herum sprach, aber wahrscheinlich war es besser, denn sonst würden sich
sämtliche Slytherinmädchen nur aufregen. Allen voran
Pansy. Er würde sich selber auf die Schulter klopfen, wäre es ihm nicht ohnehin
einerlei, wie viele Mädchen sich ihm zu Füßen warfen. Mehr als einmal benutzte
er selten eine von ihnen. Zu riskant.
Verwandlung
mit den Ravenclaws war auch immer Tortur. Alle schienen verdammt noch mal zu schlau
zu sein. Kurz ruhte sein Blick auf Charlotte George. Sie war letztes Wochenende
die glückliche gewesen. Ihr gehörte auch der kirschfarbenen
BH, den Granger großzügigerweise entsorgt hatte. Er
unterdrückte ein Lächeln. Sie wäre vielleicht eine zweite Runde wert, während
er ihre Rundungen betrachtete. Aber erhaben wie sie war, gönnte sie ihm keinen
Blick. Oh ja, besser sah sie weg, denn er wusste, zu was dieses Mädchen willig
und bereit war. Er nahm an, sie würde verflucht rot werden, würde sie es wagen,
den Blick zu seinem Gesicht zu heben.
„Uärgh, sie ist so eingebildet, dabei sieht sie nicht mal
gut aus“, stellte Pansy neben ihm fest. Pansy war der eifersüchtigste Mensch,
den Draco jemals getroffen hatte. Und er wusste, Pansy dachte wahrscheinlich, er
hebe sich auf, würde ihr einen Antrag machen, sobald Hogwarts vorbei war, aber
sie würde lange darauf warten können.
Er wusste auch
nicht, ob Pansy noch Jungfrau war. Er nahm es an. Slytherinmädchen
waren zwar nicht an das Versprechen gebunden, bis zur Ehe Jungfrau zu sein,
aber er wusste auch, wenn Slytherinmädchen einen
bestimmten Jungen wollten, dann würden sie auch nur diesen einen Jungen haben
wollen. Seine Mutter hatte es bei seinem Vater nicht anders gemacht.
Kurz runzelte
sich seine Stirn. Er hatte lange nicht mehr über diese beiden Figuren
nachgedacht. Und er durfte es nicht erlauben. Er durfte nicht. Er ignorierte
das plötzliche Pochen in seinem Unterarm.
„Nicht wahr, Draco?“, suchte Pansy seine Unterstützung, während er merkte, wie
sie ihre Bluse tiefer zog, um ihren Ausschnitt mehr zur Geltung zu bringen.
Pansy hatten einen hübschen Ausschnitt, keine Frage. Nur viel zu gefährlich und
berechenbar und besitzergreifend für ihn.
Er ruckte mit
dem Kopf. Alles, damit Pansy den Mund hielt. Sein Blick wanderte weiter,
während er mitschrieb, was McGonagall an die Tafel hexte. Er hatte hier bereits
drei Mädchen gehabt, stellte mit einem verstohlenen Lächeln fest. Auch die
anderen beiden würdigten ihn mit keinem Blick. Ob sie alle bereuten, dass sie ihm
nachgegeben hatten, überlegte er knapp, und fand es bemerkenswert witzig,
welche Fähigkeiten er im Bezug auf Frauen besaß.
„Mr Malfoy,
können Sie mir sagen wie die menschliche Morphose von
Statten geht?“ McGonagalls Stimme durchschnitt die
Stille des Raumes. Draco räusperte sich, während er sich gelassen in seinem
Stuhl zurücklehnte.
Es war ein
ruhiger Tag. Eigentlich ein gemütlicher Tag, abgesehen von den Blickduellen mit
Potter und dem Wiesel. Vielleicht konnte er sich hier noch ein paar Punkte einheimsen
und überlegen, ob er für Freitag ein Ravenclawmädchen
heimlich in sein Zimmer schleusen konnte, ohne dass Pansy es bemerkte. Sein
Blick fiel auf Elizabeth Gresham. Sie war blond, schmal, hatte sehr feine
Gesichtszüge und sie sah ihn an, wartete, dass er sprach. Kurz zwinkerte er ihr
zu, kaum zu sehen, aber sie blinzelte verblüfft.
Er würde sie
nach der Stunde ansprechen. Sie musste das letzte Mal, als er sich ein Mädchen
ausgesucht hatte wohl krank gewesen sein. Sie war außerdem keine Vertrauensschülerin.
Perfekt.
„Sicher,
Professor McGonagall“, eröffnete er nonchalant. „Es kommt darauf an, ob der
gesamte Körper verwandelt werden soll oder nur ein bestimmtes Körperteil. Je
nach der Größe ist auch der Zauber entsprechend anspruchsvoller“, gab er zurück.
McGonagall wartete unbeeindruckt.
„Eine
Demonstration vielleicht?“, fügte sie hinzu, und er nickte knapp, ehe er sich
erhob. Er war sich aller Blicke gewahr. Und er setzte noch einen drauf. Er
streckte seinen Arm aus.
„Der Arm ist schwierig. Er erstreckt sich über die Hand, den Unterarm, sowieso
Ellbogen und Oberarm. Er befindet sich allerdings näher am Körper, näher an
Herz und Gehirn, nicht wie der Fuß, der mit Abstand am schwierigsten zu
kontrollieren ist“, fuhr er fort. Pansy neben ihm schmolz dahin. Er
unterdrückte das Lächeln, als er zauberstablos die Metamorphose durchführte.
Er ballte die
linke Hand zur Faust, während er sich konzentrierte. McGonagall beobachtete ihn
streng, während sein Arm hölzern wurde. Es brannte für einen kurzen Moment. Sein
Blut wurde trocken, der Fluss setzte in diesem Körperteil aus. Er lenkte den
Zauber bis zu seiner Schulter. Und von seiner Schulter aus wuchs nun ein
perfekter Ast, die Finger waren verlängerte Zweige und er brachte sogar ein
paar Blätter zustande.
Die Schüler
sahen ihm perplex zu.
„Wie lange
können Sie diesen Zauber ohne Zauberstab halten, Mr Malfoy?“, wollte McGonagall
nun fachmännisch wissen. Draco biss die Zähne zusammen, konzentrierte sich und
sah auf.
„Ungefähr fünf
Minuten“, gab er gepresst zurück.
„Beschreiben
Sie mir, was Sie getan haben“, forderte sie mit einem anerkennenden Nicken.
„Ich… habe die
Blutung in meinen Gefäßen gestoppt, habe Materie in andere Materie verwandelt,
von dessen Aufbau ich Kenntnis besitze… habe meine Haut überwiegende der Morphose unterzogen, allerdings zum Teil auch einfach nur
einem schlichten Desillusionierungszauber“, brachte er gepresst hervor.
„Ausgezeichnet,
nehmen Sie zwanzig Punkte, Mr Malfoy. Ich danke Ihnen für die eindrucksvolle
Vorführung.“
Mit einem
lauten Keuchen, ließ er die Morphose verschwinden.
Hastig schüttelte er seine Finger, und die wenigen Blätter rieselten auf den
Boden. Zwanzig Punkte von McGonagall waren nicht schlecht. Wirklich nicht
schlecht! Er setzte sich, und Elizabeth Gresham sah ihn weiterhin unverwandt
an, die Mundwinkel zu einem feinen Lächeln gehoben.
„Angeber“,
zischte ihm Blaise eine Reihe hinter ihm zu. Draco unterdrückte das Grinsen.
~*~
„Draco?“
Nein!“,
schnappte er konzentriert, als ihn Melinda Lucas ansprach, die ebenfalls an
ihrem Tisch mitarbeitete. Sie war so ähnlich wie Pansy, was wohl auch der Grund
war, weshalb Pansy sie nicht leiden konnte. Melinda wandte sich eine Spur
beleidigt ab, aber er hatte jetzt keine Zeit. Aus den Augenwinkeln sah er, dass
Granger ihm schon wieder zwei Schritte voraus war. Fuck. Gleich konnte er dem Schulleiter wieder einmal das Blaue vom
Himmel lügen und seine Würde dabei mächtig unterwerfen.
Aber es war es
definitiv wert gewesen! Granger eins auszuwischen, ihre Autorität ohne weiteres
zu untergraben. Verflucht fantastisch!
„Noch zehn
Minuten“, ertönte Snapes ungeduldige Stimme. Er klang eigentlich immer
ungeduldig, auch wenn er privat mit Draco sprach. Draco glaubte nicht, dass
Snape noch ein anderes Gefühl zum Ausdruck bringen konnte.
Wieder sah er
auf. Er hatte den vorletzten Schritt nun beendet. Aber Granger rührte bereits
gegen den Uhrzeigersinn. Verdammt! Hastig warf er die geriebenen Nieswurzeln in
den Kessel und rührte ebenfalls heftig gegen den Uhrzeigersinn. Der Schweiß
stand ihm fein auf der Stirn, wie immer bei diesen heißen Dämpfen hier.
Manchmal würde
er gerne tauschen. Manchmal wünschte er sich, den Kurs für Verwandlung zu
leiten. Zaubertränke war… anstrengend. Selbst bei Slytherins, die ihn
anbeteten.
Er hob erneut
den Blick, um schräg durch den Raum zu spähen.
Und dieses Mal
erwiderte Weasley seinen Blick. Granger sah ihn nicht mehr an, was auch gut so
war. Obwohl er zu gerne ihren Blick gesehen hätte, nachdem er das neue Passwort
ausgesucht hatte. Er suchte die Passwörter immer so aus, dass sie auch
garantiert etwas auszusetzen hatte. Es war der einzige Spaß, der ihm blieb,
musste er schon mit ihr zusammenwohnen.
Und Weasleys
Blick war anders als der von Potter, stellte er gereizt fest. Er war gereizt,
weil er nun schon wieder ertappt worden war, wie er sie ansah. Er hatte einfach
einen schlechten Tag. Und auch Weasleys Blick unterbrach er nicht. Er war nie
der erste, der den Blickkontakt brach, egal, welcher Idiot ein Wettstarren mit
ihm versuchte. Weasleys Blick war… wissender, auf einer ganz anderen Ebene. Das
Arschloch hatte gestern versucht, ihn zu erwürgen! Draco hatte es garantiert
nicht vergessen! Oh, er sollte es noch einmal wagen, in seine Räume zu kommen,
wenn er da war! Draco konnte es kaum erwarten! Weasleys Blick schien ihn
durchleuchten zu wollen! Oh bitte, überlegte Draco fast belustigt. Als ob
Weasley ihm irgendwie drohen könnte! Gleich würde Weasley sowieso eine
schlechtere Figur abgeben, mit all seiner Wut. Snape konnte Gryffindors ohnehin
nicht leiden. Zumindest war dies Dracos persönliche Überzeugung.
Entnervt sah
er, wie sie ihren Flakon füllte. Verdammtes Miststück.
Fuck. Er riss den Blick von Weasley los und hörte auf zu
rühren. Scheiß egal, ob der Trank fertig war. Scheiß egal! Er füllte hastig den
Flakon, korkte ihn noch im Laufen zu und rempelte sie beinahe an, als sie
gleichzeitig vorne bei Snape ankamen. Der Schulleiter bedachte beide mit einem
scharfen Blick.
„Das ist kein
Wettkampf, Mr Malfoy“, stellte er gedehnt fest. Draco nickte nur. Als ob!
Natürlich war es das! Alles war ein scheiß Wettkampf. Und das wusste Snape so
gut wie er. „Sie können gehen“, fügte Snape freudlos in Richtung Granger hinzu,
und Draco konnte nicht verhindern, sie anzusehen. Sie sah nicht in seine
Richtung. Und sie wirkte genervt. Natürlich. Er hatte ihren Tag versaut. Er
hoffte, es ging ihr wirklich schlecht. Gerne stellte er sich vor, dass er daran
die Schuld trug.
Und es störte
ihn nur peripher. Wirklich.
Aber wieso –
verdammt noch mal, wieso – war das verdammte Schlammblut immer vor ihm fertig?
Immer, verflucht?! Ob sie es überhaupt bemerkte? Wahrscheinlich war das ihr
großer Höhepunkt des Tages. Natürlich musste sie es wissen!
„Ich sehe Sie
am Freitag, Miss Granger“, informierte Snape sie jetzt eine Spur deutlicher,
als sich immer noch keiner von ihnen bewegt hatte. Granger hatte endlich seinen
Blick erwidert, und er hoffte, sie erkannte all den verdienten Hass darin. Es
war krank. Er wusste das. Oh, und er freute sich schon. Granger wusste noch
nicht, dass er die Party bezahlen würde. Es würde verflucht großartig werden.
Es verwies sie in ihre mittellosen, unterprivilegierten Schranken.
Mochten sie
außerhalb von Hogwarts als Helden gefeiert werden, es war ihm scheiß egal. Aber
hier innerhalb dieser Wände war er der Überlegene. Innerhalb dieser Wände
bedeutete es noch etwas, ein Reinblut zu sein. Nirgendwo außerhalb von Hogwarts
gab es noch ein gesammeltes Haus voller Reinblüter. Muggel verdrängten verdammt
noch mal alles von Wert, und hier hatte er die Chance es ihr unter die Nase zu
reiben, was sie wohl kaum abstreiten konnte.
Der Sprechende
Hut wählte die Schüler von Slytherin nach ihrer Gabe aus, Reinblüter zu sein.
Verdammt noch mal! Und nahezu alle Schüler des Hauses Slytherin – sogar Gregory
Goyle – waren im siebten Jahr dazu fähig,
zauberstablos zu zaubern. Kein anderer Schüler im siebten Jahrgang aus keinem
anderen Haus war dazu in der Lage.
Und sie kannte
den Grund! Und sie wollte es so unbedingt können. Und es war verdammt
großartig, dass er ihr verwehrt bleiben würde.
Aber wenn er
keine Chance bekam, es ihr vorzuhalten, dann-
„Hermine,
kommst du?“ Harry hatte sich demonstrativ zwischen sie beide geschoben und
übergab Snape seinen Flakon. Snape bedachte die Flüssigkeit mit gekräuselter
Oberlippe. Auch Draco erkannte, dass die Farbe absolut nicht passte.
Allerhöchstens Annehmbar, überlegte
er dumpf, ganz der Kursleiter.
„Vielen Dank dafür, Mr Potter“, erwiderte Snape
unbeeindruckt, aber Draco wusste, auch Harry hatte bei Snape wöchentliche
Audienzen, und nicht nur, weil er und Potter sich ständig in die Quere kamen,
nein. Einfach nur so. Weil er der Held war, dessen Mutter Snape nicht bekommen
hatte. „Das hier ist kein Basar“, bemerkte Snape kalt, als auch Weasley den Weg
endlich nach vorne schaffte. Draco fluchte unterdrückt und wandte sich ab. Er
würde schon noch einen Weg finden, sie fertig zu machen. Spätestens gleich beim
Treffen der Vertrauensschüler. Es beruhigte sein kaum vorhandenes Seelenheil. „Ich
sehe Sie beide in fünf Minuten!“, fügte Snape scharf hinzu, als Draco ihm den
Rücken zugekehrt hatte.
Ja, ja.
Scheiße.
Als alle
Schüler verschwunden waren öffnete Snape ihm und Weasley seine Tür zu seinem
privaten Räumen. Zumindest seinen ehemaligen privaten Räumen. Snape wohnte
jetzt ja ganz oben, in den Räumen des Schulleiters. Hier schien alles nur noch
eine Abstellkammer für alle ekligen Kleinigkeiten zu sein. Draco kam öfters in
Snapes Vorratskammer für bestimmte Zutaten, die er für seinen Kurs brauchte.
Zwei ausgesessene Sessel standen vor dem breiten Schreibtisch.
Snape deutete
herrisch und äußerst ungeduldig auf die beiden Sessel.
Weasley wirkte
merklich beunruhigt, stellte Draco mit Genugtuung fest, während er sich fast
gelassen niederließ.
„Wo ist ihr Abzeichen, Draco?“, ertönte die entnervte Stimme des Schulleiters,
und Draco fluchte innerlich.
„Oben. In meinen Räumen.“ Er konnte sehen, wie
Weasley ihn am liebsten korrigieren wollte. Es war zu schön.
„Was hat es da
zu suchen?“, wollte Snape wissen, und Draco hätte am liebsten die Augen
verdreht.
„Es ist mir
heute entfallen, Sir“, entschuldigte er sich knapp.
„Tragen Sie
es“, erwiderte Snape, ehe er das Schulbuch aus seinem Umhang groß hexte und
aufschlug. Er schien zu knurren, während er durch die großen Seiten blätterte.
„Das fünfte Mal diesen Monat, dass Sie hier sitzen, Draco. Mr Weasley, für Sie
ist es das zweite Mal“, bemerkte Snape kurz vor der Sekunde, zornig zu werden.
„Anscheinend ist ein Punkteabzug wirkungslos. Was ist vorgefallen?“, wollte er
mehr oder weniger interessiert wissen, während er seinen Zauberstab zückte, um
wohl diesen Vorfall einzutragen.
„Malfoy hat
Hermine beleidigt! Sir!“, begann Weasley sofort, und Snape sah ihn über die
lange Nase hinweg ungläubig an.
„Und das hat
Sie veranlasst auf den Schulsprecher loszugehen?“
„Er hat… Sir,
er…!“ Weasley stockte kurz, schien zu überlegen, wie er fortfahren sollte, und
Snape wandte sich ungeduldig an ihn.
„Draco, was
ist vorgefallen?“
„Miss Granger
konnte den Geist nicht loswerden-“
„Das ist doch
wohl-“
„-ich habe ihr
mit dem Fluch geholfen, und Mr Weasley hier ist vor Eifersucht wahnsinnig
geworden“, schloss Draco mit einem überlegenen Lächeln, und Weasley verstummte
mit einem empörten Geräusch, wurde aber tatsächlich rot. Noch röter als es
seine Haare waren.
„Du weißt
ziemlich genau, dass es so nicht gewesen ist, du scheiß-“
„Mr Weasley!“, mahnte Snape drohend. „Meine
Herren, ich habe keine Zeit für diesen Unsinn.“ Snape blätterte eine Seite zurück.
„Draco, Sie haben fünfzig Punkte abgezogen? Wofür?“
Draco schwieg
kurz. „Mr Potter und Mr Weasley befanden sich gestern wieder einmal in meinen Räumlichkeiten und haben sich
geweigert, diese zu verlassen, obwohl ich sie mehrfach darauf hingewiesen
hatte“, erklärte Draco, während Weasley neben ihm zu platzen schien.
„Du Arschloch!
Du hast dich ausgezogen!“ Snape würdigte diese Antwort mit dem Hochziehen
seiner Augenbraue, aber Draco überging diese Bemerkung geflissentlich.
„Sollte ich
erwähnen, dass Mr Weasley mich auch noch gewürgt hat, Sir?“ Snapes Blick ruhte
auf Weasley. Oh, der Schulleiter war wütend.
„Es reicht.
Genug davon! Mr Malfoy, zehn Punkte Abzug dafür, dass Sie Ihr Abzeichen wieder
einmal nicht tragen. Dass Sie heute Miss Granger hatten helfen wollen, sei
dahingestellt, aber Zaubern auf den Gängen bleibt ein Verbot, und Sie erhalten
zehn weitere Punkte Abzug dafür. Mr Weasley, ich dulde keine Kraftausdrücke in
meinen Räumen, also zehn Punkte Abzug dafür. Die fünfzig Punkte, die Sie abgezogen
haben, Mr Malfoy, werden rückwirkend verweigert, und Sie beide bekommen
getrenntes Nachsitzen. Mr Weasley heute von drei bis sechs, Mr Malfoy morgen
von drei bis sechs.“
Und beide
sahen ihn an.
„Gleich ist Quidditchtraining!“, brachte Weasley exakt Dracos Worte
hervor, die auch ihm auf der Zunge lagen.
„Tja, das
hätten Sie sich eher überlegen können, nicht wahr? Ach, und Mr Malfoy, noch ein
weiterer Eintrag bei mir, und ich suspendiere Sie für eine Woche vom Amt!“ Die
alte Drohung. Sechsmal sitzen, eine Woche Entzug. Draco kannte die Drohung. Ja,
er hatte diesen Monat übertrieben, aber der Monat wäre am Samstag vorbei.
„Sie können
gehen“, schloss Snape, während er das Buch zuklappte. Weasley schien höchst
unzufrieden. Aber er widersprach nicht mehr, und schon befanden sich Draco und
er wieder in dem Klassenzimmer für Zaubertränke.
Weasley
stampfte zu seiner Schultasche und warf zornig seine restlichen Sachen hinein.
Auch Draco schulterte seine Tasche.
„Du bist ein
scheiß Arschloch, Malfoy.“ Weasley sah ihn durch seine roten Zotteln nicht mal
mehr an, während seine klobigen Hände vor Wut zitterten.
Draco musste
lächeln. „Gleichfalls, Weasley.“
„Halt dein
Maul!“, entfuhr es Weasley, als beide zur Tür hinaustraten.
„Schon
scheiße, dass dich nicht mal das Schlammblut beachtet“, bemerkte Draco und
wählte die Worte mit Bedacht. Sofort war Weasley zu ihm herum geschossen. Seine
Hände hatten sich in Dracos Kragen gekrallt und er hatte ihn grob gegen die
Wand gedrückt. Draco lächelte hustend.
„Wirklich nicht
clever, Arschloch!“, brachte Draco gepresst hervor.
„Oh, ich kann
noch viermal bei Snape sitzen, bevor es ernst wird. Bei dir sieht das jedoch
anders aus!“, knurrte er zwischen den Zähnen hindurch. „Du lässt sie in Ruhe!
Du wirst es ihr nicht schwerer machen, als nötig, hast du gehört? Und wenn du
Harry noch einmal provozierst, dann-“
„Dann?“,
wollte Draco herausfordernd wissen und hoffte, Snape würde rauskommen, um
Weasley hundert Punkte abzuziehen. Weasley starrte ihn an. So hasserfüllt, so
wütend. Die blauen Augen dunkel vor Zorn. Er sah auf Draco hinab, als ob er ihn
umbringen wollte. „Ich denke, das Schlammblut braucht deine Hilfe nicht“, fügte
er lächelnd hinzu, und Weasley presste ihn härter gegen die Wand.
Ein Schatten
schlich um die Ecke.
Mrs Norris. Mit einem zornigen Knurren
ließ Weasley von ihm ab, und Draco richtete die Krawatte wieder. Filch erschien keine Sekunde später.
„Welchen von
euch hab ich heute an der Backe?“, wollte er grimmig wissen, und Weasley atmete
ergeben aus, als er vortrat. „Also den rothaarigen. Weasley-Brut“, bemerkte Filch kopfschüttelnd. „Kennst du dich mit dem
Trophäenzimmer aus?“, fügte Filch hinzu, und Draco
wusste, Weasley durfte die Pokale mit der Zahnbürste schrubben. Wenigstens
etwas. Dann musste er es morgen nicht tun.
Gleich begann
das Treffen. Er wollte unter gar keinen Umständen verpassen, wie Granger einen
Anfall bekam.
Er eilte die
Treppen hinauf und stockte auf dem obersten Absatz.
„Am Freitag
will er einen Poker Abend veranstalten“, hörte er Blaises Stimme. Draco rührte
sich nicht, stand wie eine Säule neben der Wand, während er Blaise entdeckte,
der neben der Großen Halle an der Wand lehnte, vor ihm die kleine Weasley. Was
zur…?!
Das Mädchen
hatte misstrauisch die Arme vor der Brust verschränkt, während der Verräter sie
betrachtete.
„Was denkst
du?“, wollte er jetzt ungeduldig wissen.
„Ich… weiß es
nicht. Ich glaube, das wäre riskant. Ich kann dir nicht mal sagen, ob es
überhaupt Sinn macht. Und Harry würde… ausrasten“, schloss sie kopfschüttelnd.
„Mach dir
keine Sorgen um Potter, den werde ich in den Griff bekommen. Draco wäre das
größere Problem.“
„Malfoy, ein
Problem? Erzähl nicht so was, Blaise!“
Dracos Mund
hatte sich perplex geöffnet. Das war doch nicht zu fassen! Wüsste er es nicht
besser, fand hier gerade eine Meuterei statt!
„Du hast dir
wirklich das falsche Mädchen ausgesucht“, fügte die kleine Weasley lächelnd
hinzu. Blaise wollte Ginny Weasley?! Das konnte doch wohl nicht wahr sein!
„Ha ha…“, erwiderte
Blaise trocken, fuhr sich durch die perfekten dunklen Haare, lächelte sein
weißestes Lächeln, und Draco spürte, wie er zornig wurde. Wie konnte Blaise ihm
in den Rücken fallen? Wie konnte er es wagen!
„Ich… ich muss
mit Hermine darüber sprechen“, erklärte die kleine Weasley unsicher.
„Du willst… du
kannst doch nicht…!“
„Natürlich
nicht vollkommen offensichtlich, nein, aber… ich meine, ich muss doch wissen,
was sie davon hält, ob es überhaupt… - du weißt schon. Ob sie… überhaupt
einverstanden mit einer solchen Verbindung wäre.“
Was war
Granger? Weasleys Anstandsdame? Draco spürte, wie er zornig die Fäuste geballt
hatte.
„Mach es nicht
zu offensichtlich, ok? Ich bin hier ziemlich nahe dran, sehr viel zu verlieren,
ok?“
„Ok“,
erwiderte die kleine Weasley. „Ich muss los“, ergänzte sie. „Bis später“,
verabschiedete sie sich, und Blaise nickte, beinahe verzweifelt. Unfassbar!
Draco kam aus dem Schatten, als die kleine Weasley verschwunden war.
„Was in etwa
glaubst du, zu verlieren, Blaise?“, kam die Frage von Draco, die Blaise
zusammen zucken ließ. „Deinen Ruf? Deine Freunde? Meinen Respekt? Wenn die
kleine Weasley unseren Poker Abend auffliegen lässt, werde ich persönlich dafür
sorgen, dass dich Potter zu Brei schlägt, verstanden? Denn wenn ich richtig
liege, ist sie doch so gut wie mit Potter zusammen, oder nicht?“
Und Blaises
Ausdruck beruhigte sich wieder. Dennoch sah Draco, wie Blaise sich zu wappnen
schien. Für was auch immer! Aber er sollte ruhig Angst haben, verdammt. Sie
waren Slytherins! Sie sahen keinen roten Gryffindorhaaren
nach, nur weil sie vielleicht passabel fliegen konnten! Die Weasleys waren
Blutsverräter und nichts weiter!
„Draco, ich…“,
begann Blaise, verstummte aber wieder. Draco konnte es nicht fassen! Da hielt
er so viel von Blaise, und dieser hinterging ihn mit einer Gryffindor! Mit
Potters Gryffindor!
„Wenn du mir
sagst, du spielst nur mit der kleinen Weasley, gut. Nur, um Potter eins
reinzuwürgen, dann bin ich dabei. Ich bin für Späße zu haben, aber…“
„Nein, kein
Spaß, Draco.“ Draco atmete entnervt aus. Wieso tat ihm Blaise das an? „Und… es
geht auch nicht um Ginny Weasley. Und ich wollte es eigentlich nicht mit dir
besprechen.“ Draco spürte, wie ihm die Züge entglitten. Was spielte Blaise
hier?
„Was genau
willst du damit sagen?“
Blaise schwieg
für einen Moment. „Vielleicht könnten wir das nicht hier besprechen? Vor allen
Augen? Hast du nicht ein Treffen, zu dem du erscheinen solltest?“, wich Blaise
ihm aus, aber Draco schüttelte unverwandt den Kopf. Er sah sich kurz um.
„Vor welchen
Augen, Zabini? Und das Schlammblut wird schon zurechtkommen. Es ist ihr
Lebensinhalt, also, rück raus mit der Sprache“, verlangte er kalt, denn wenn
Blaise ihm Snape am Freitag auf den Rücken hetzen wollte, dann war Draco lieber
vorbereitet. Und er würde Blaise dafür bestrafen. Wirklich bestrafen!
„Vielleicht
solltest du sie so nicht nennen.“
Und Draco
spürte, wie seine Mundwinkel zuckten. Oh nein. Das war ein verfluchter Scherz!
„Was?“ Er
lachte ungläubig auf. „Weißt du, wer sie ist, Zabini? Und wer denkst du, wer du
bist, mir zu sagen, wie ich Schlammblüter zu nennen habe?“
„Draco,
bitte“, begann Blaise eindringlicher. Aber Draco schüttelte den Kopf.
„Was bin ich
für dich? Eine Last? Eine Last, weswegen du zu Potters Bande rennen musst, um
dir Hilfe zu besorgen, weil du weiß Merlin wen flachlegen willst? Was ist, hast
du vor in Potters Gunst zu steigen? Bist du schwul, ist es das? Und du willst
Potters Schwanz für dich allein?“, schrie Draco jetzt, und Blaise sah ihn
tatsächlich mitleidig an. Draco hasste ihn plötzlich! Denn er hatte kein
Mitleid nötig! Nicht von Zabini!
„Dein Vater
hat ganze Arbeit geleistet, oder?“, wollte Blaise ruhig von ihm wissen, und
Draco spürte den Zorn in seiner Kehle hochkochen. Er spürte, wie sich seine
Oberlippe kräuselte, wie roter Zorn seine Sicht tränkte. Wieder pochte sein
Unterarm, als er so unerwartet von Blaise an seinen Vater erinnert worden war.
„Fick dich,
Zabini. Erwähn meinen Vater, und diese friedliche Unterhaltung hier ist
vorbei!“, knurrte Draco, während der Zauberstab wie von selbst in seiner Hand
lag.
„Du willst
mich verfluchen?“ Blaises Stimme war verflucht noch mal zu ruhig! Er musste
sich abregen. Er musste! Er musste, verdammt!
„Nein. Das
sind schwule Blutsverräter nicht wert!“, entgegnete er angewidert und war an
ihm vorbei gerauscht. Er nahm zwei Stufen auf einmal, und Blaise folgte ihm.
„Verpiss dich!“, rief er über die Schulter, aber Blaise hatte aufgeholt.
„Es tut mir
leid, ok?“, begann Blaise, aber Draco schüttelte den Kopf.
„Du hast
verdammtest Glück, dass ich mir nicht noch eine Strafe leisten kann,
Arschloch“, knurrte Draco jetzt. Blaise folgte ihm weiterhin.
„Komm schon,
lass uns darüber reden“, forderte Blaise, während er nun direkt neben ihm lief.
„Worüber genau?“
Und Draco hatte nicht gemerkt, dass er höher gewandert war, dass er anscheinend
nicht zum Treffen ging, sondern direkt in seine Räume.
„Draco!“
Aber sie
hatten die Tür erreicht.
„Hau ab, ok? Verpiss
dich!“, schnappte er, während er den Türgriff berührte. „Reinblut!“, ergänzte er zornig, und Blaise lachte tatsächlich
freudlos neben ihm. Er folgte ihm ins Innere.
„Draco, komm
schon!“
„Nein!“,
schrie er zurück. „Du bist hier nicht willkommen, verstanden?“
„Ich bin nicht
schwul, verdammt noch mal!“, entgegnete Blaise kopfschüttelnd. „Und es ist mir
egal, was du von alldem hältst, ok? Du bist nicht der König hier, Draco!“
Draco
schüttelte jedoch den Kopf.
„Nein, ich
nehme an, Potter ist dein König, oder? Was willst du von mir? Weißt du was, es
ist mir scheißegal! Mach was du willst, vögel wen du willst! Aber komm nachher nicht mehr zu mir
angekrochen, weil du wahre Aufmerksamkeit vermisst, du Wichser!“
„Es ist
Hermine, Draco“, unterbrach Blaise ihn ärgerlich. Und Draco öffnete den Mund,
ohne ein Wort zu sagen.
Es… - was?!
Das Blut
rauschte dumpf in seinen Ohren.
„Granger?“, rang er sich sein schlimmstes
Wort ab. Er krächzte es, es kam nur heiser über seine Lippen.
„Die einzige Hermine hier, ja“, bestätigte Blaise, aber Draco starrte ihn an.
Das war nicht witzig. Absolut nicht!
„Was?“ Er
hatte nicht verstanden. Er hatte es nicht begriffen. Wenn es witzig sein
sollte, dann hatte Draco den Witz nicht verstanden. Blaise atmete aus.
„Ich werde sie
fragen, ob sie mit mir ausgeht. Freitag“, fügte er hinzu.
„Warum?“ Draco
fühlte sich plötzlich merklich nüchtern. Es war ein dumpfes, ohnmächtiges
Gefühl. Und er konnte nicht mal ganz zuordnen, warum.
„Nicht, um
Potter fertig zu machen. Keine Hintergedanken. Ich mag sie, Draco. Ich mag sie
wirklich. Sie ist hübsch, sie ist klug und einfach unglaublich. Und ich weiß,
du wirst es nicht verstehen, Pansy wird es nicht verstehen – keiner von all den
Slytherins ist offen genug, um irgendwas zu verstehen!“
„All das wegen
ein Paar Schlammblut-Brüsten? Das ist nicht dein verdammter Ernst, oder?“
„Du kennst sie
überhaupt nicht! Du hast nicht das Recht, sie-“
„Nicht das Recht?“, unterbrach Draco ihn zornig.
„Wer denkst du, wohnt seit einem halben Jahr mit dem Schlammblut hier in diesen
Zimmern? Wer denkst du, sieht sie jeden verdammten Tag? Wer denkst du, sitzt
jede Woche wegen dem Schwanz-Lutscher Potter bei Snape und muss sich hunderte
Punkte dafür abziehen lassen, dass Potter und sein Schlammblut die Welt
gerettet haben?“, brachte er fassungslos hervor.
„Draco!“
„Nein!“,
schrie er außer sich. „Und du kannst dich hinten anstellen, denn wenn Weasley
noch deutlicher zur Schau stellt, dass er nur zu gerne seinen Schwanz in ihr
vergaben möchte, wird er noch anfangen zu sabbern, jedes Mal, wenn er mich hier
mit seiner Anwesenheit foltert, Zabini!“
„Ich werde
nicht-“
„Granger ist
alles, was falsch ist mit dieser Welt, verflucht noch mal! Ich fasse nicht,
dass du uns alle hintergehen willst, weil du deine Triebe nicht unter Kontrolle
hast, Mann!“
„Draco, so ist
das nicht! Und hörst du dich reden, verdammt? Was denkst du, was das hier ist?
Es ist Hogwarts, verfluchte Scheiße noch mal! Es ist nicht dein Palast! Du bist
nicht der Prinz! Du kannst Snape dankbar dafür sein, dass er Mitleid genug mit
dir hatte, um dich neben ihr Schulsprecher werden zu lassen! Hast du jemals
darüber nachgedacht, dass er es mit Absicht getan hat?“
Draco starrte
ihn an, spürte wieder den Zauberstab in seiner Hand und schüttelte den Kopf.
Schon wieder! Schon wieder dieses Wort! Mitleid!
Darauf konnte er scheißen!
„Hast du
das?“, fuhr Blaise lauter fort. „Hast du jemals geglaubt, dass Snape dich für
so geeignet hält? Was, wenn Granger dein Einfluss sein sollte? Was, wenn du nur
Schulsprecher bist, weil Snape sich erhofft, sie wird dich ändern?“
„Du bist doch
krank!“, knurrte Draco jetzt.
„Draco, es
passiert, ok?“, brachte Blaise wieder ruhiger hervor. „Ich werde sie fragen,
und wenn sie ja sagt-“
„Oh Salazar,
wieso sollte sie das tun?“, schrie Draco jetzt. „Du glaubst, Potters
Schlammblut wird ohnmächtig werden vor Glück, dass ein verlogener Reinblüter,
dessen Familie im Krieg geflohen ist, um das mickrige Vermögen zu behalten, ihr
den Hof macht? Denkst du wirklich, sie ist scharf auf dich? Sie ist ein
Schlammblut, Blaise! Wir haben Schlammblüter gejagt! Wir haben sie gefoltert
und getötet, verdammt! Denkst du, sie wird in ihrer unendlichen Güte einfach
darüber hinwegsehen, dass du unter Voldemorts Gunst gestanden hast? Mach die
Augen auf, verdammt! Weißt du, von mir aus, versuch dein Glück, Zabini. Ich
würde gerne mal außen stehen, wenn Potter seine täglichen Ausraster bekommt,
und einen Slytherin vermöbelt!“
„Draco, nicht
alle von uns haben seine Ideologie gelebt und verinnerlicht, wie du es getan
hast!“
„Das ist alles
schön und gut, Blaise, aber darum geht es nicht, oder? Bist du mit Weasley und
Potter und Granger durch die Welt gereist und hast Menschen gerettet? Ich
glaube nicht! Ich glaube, ich habe Postkarten von dir aus der Karibik bekommen,
während ich zusehen musste, wie meine Mutter und mein Vater gestorben sind!“,
knurrte er haltlos, und Blaise schüttelte den Kopf.
„Der Krieg ist
vorbei! Ich gebühre Potter und den anderen den nötigen Respekt, den du ihnen
immer schuldig bleiben wirst!“
„Respekt? Ich
soll vor ihm noch auf die Knie fallen? Ich soll dankbar dafür sein, dass der
Junge, der einfach nicht sterben wollte, mein Leben zerstört hat? Nein. Respekt
bekommt er von mir nicht, Blaise!“
„Du bist doch wahnsinnig, Draco!“
„Ja, genau.
Ich will auch unbedingt unter den Rock eines Schlammblut kommen!“
Sie schwiegen
kurz. Dracos atmete heftig, während sich Blaise die Krawatte lockerte.
„Ich rede mit
dir darüber aus Kulanz, Draco“,
erklärte Blaise mit gezwungen Ruhe.
„Oh, fick
dich, als ob ich deine Kulanz nötig hätte!“
Und Blaise
schüttelte jetzt den Kopf.
„Dann war es
das?“, wollte Blaise jetzt wissen. „Du kündigst unsere Freundschaft, weil ich
mehr in Hermine sehe, als ein Schlammblut, so wie du es tust? Erzähl mir nicht,
du hast sie nicht auch nur eine Sekunde lang angesehen, Malfoy! Du, der
heimlich jedes zweite Mädchen hier im Schloss in jeder Position gehabt hatte,
kannst mir nicht erzählen, dass du sie dir noch nicht angesehen hast!“
„Was willst du
von mir? Warum sollte ich so etwas Krankes tun?“, schnappte er, außer sich vor
Zorn. Und Blaise vergrub sein Gesicht in den Händen.
„Oh Draco,
weil es so verdammt offensichtlich ist!“, schrie Blaise so laut, dass seine
Stimme von den Wänden widerhallte. Die Portraits der Schulsprecher starrten sie
mit offenen Mündern an. Etwas anderes brachten diese Idioten auch nicht fertig!
Und Draco
schwieg. Blaise hatte den Verstand verloren! Ganz klar!
„Raus hier!“, knurrte
Draco jetzt und deutete auf die Tür. „Raus aus meinen Räumen, Zabini, wir sind
hier fertig!“
„Ja, jetzt
sind wir fertig? Schon scheiße, wenn man seinen eigenen Regeln nicht folgen kann,
oder Malfoy? Was denkst du, warum sich Harry und Ron regelmäßig auf dich
stürzen, warum sie jeden Tag hier her kommen?“ Und Draco spürte, wie er den
Kopf schüttelte.
„Wenn du
morgen noch alle Gliedmaßen haben möchtest, dann schlage ich dir vor, zu verschwinden,
Zabini!“
„Merlin, ich
begreife dich nicht, Draco! Das Passwort ist Reinblut? Wirklich?! Du verbringst mehr Zeit damit, Hermine zu
beleidigen, als dass du irgendetwas anderes tust!“
„Raus!“
„Weißt du,
wann sie aufsteht, wann sie duscht? Welche Farbe ihre Handtücher haben? Wie sie
riecht, kennst du ihren gesamten, verdammten Tagesablauf?“
„Ich habe
gesagt, raus!“, schrie Draco so laut, dass Blaise zusammen zuckte.
„Weißt du,
warum ich mir überhaupt die Mühe mache, es dir zu sagen, du unverbesserlicher,
arroganter scheiß Mistkerl?“, brachte
Blaise knurrend hervor, während er den Abstand zu Draco schloss. Draco
spürte wieder, wie er den Kopf schüttelte und dieses Mal bohrte er den
Zauberstab direkt in Blaises Brust. Dieser blieb unbeeindruckt.
„Ich warne
dich, Zabini!“, erwidere Draco beinahe lautlos. „Du kannst dir all deine scheiß
Theorien deinen Arsch hochschieben – aber ich bin sicher, Potter wird das für
dich erledigen, sobald du es wagst, Granger auch nur länger als eine Sekunde
anzusehen! Woher ich das weiß? Weil ich sie ansehen muss! Es ist nichts
Freiwilliges, was ich tue, hast du das verstanden? Ihr Körper ist nichts
anderes als widerlich in meinen Augen! Ihre Anwesenheit kann ich nicht
verhindern, denn weiß Merlin wieso ist sie Schulsprecherin! Und ja, ich weiß,
wie sie riecht, ich weiß, wohin sie geht, wie sie aussieht, wann sie aufsteht,
und wann die verdammten scheiß Welpen hier auftauchen, um meinen Tag zu
versauen!“
Blaise starrte
ihn an, die Mundwinkel voller Verachtung nach unten gezogen.
„Und du musst
deinen Verstand vollkommen verloren haben, wenn du es tatsächlich für nötig
hältst, mir eine Vorwarnung mitteilen zu müssen, weil du in all deiner Idiotie
vorhast, Potters Schlammblut zu bekommen! Kennst du Harry Potter? Habt ihr euch
schon mal gesehen? Hast du schon mal mit ihm gesprochen? Denn so sicher, wie
ich weiß, dass Granger ein verdammtes Schlammblut ist, so sicher weiß Harry
Potter, dass dein Vater ein Todesser war, so wie es meiner auch gewesen ist!
Und was Potter von Reinblütern hält… sollte selbst
für dich nicht so schwer zu erraten sein! Und ich verrate dir jetzt ein kleines
Geheimnis, als verdammter Bonus für die siebenjährige Freundschaft, die heute
effektiv als beendet gilt…“
Und Blaise
schien hin und her gerissen, ihm zu antworten, abzuhauen oder ihn zu schlagen.
Und Draco würde alles begrüßen, alles, nur nicht, dass Blaise hier weiter
stehen blieb, während er sich selber anscheinend nicht davon abhalten konnte,
weiter zu sprechen!
„… wenn Potter
dich hasst, wird Granger es auch tun. Und das sollte alles sein, was du wissen
musst. Clever, die kleine Weasley zu bestechen, ihr Vertrauen zu kaufen, aber
du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass Potter zusehen wird, wie ein
Reinblut seine Schlammblut-Prinzessin vögelt?“
„Wunderbar,
Draco! Versteck dich hinter deinem scheiß Mal!“, knurrte Blaise und Draco sah,
wie er zorniger wurde.
„Wir alle
tragen das Mal!“, gab Draco zurück.
„Oh nein! Ich
trage es nicht!“
„Ja, aber ich
hatte keine Wahl, du Arschloch! Meine Eltern waren nicht feige genug, in die
Karibik abzuhauen, bevor es ernst wurde!“, schrie er. Schon wieder seine
Eltern! Heute war ein beschissener Tag. Wirklich!
„Nicht feige genug?“, zischte Blaise plötzlich,
während er den Abstand zu ihm schloss. Er würde ihn schlagen, Draco wusste es.
Aber Blaise sprach weiter. „Wenn einer feige war, dann war es doch wohl dein
scheiß Vater, der nicht nur deine Mutter-“
Und Draco
hatte zugeschlagen, ohne weiter nachzudenken. Er hatte Blaise die Faust ins
Gesicht gerammt, ohne zu zögern. Blaise war auf die Knie gegangen und atmete
heftig, während er sich die Wange hielt. Dracos Blut rauschte in seinen Ohren,
denn er wusste, hätte Blaise noch einen verbalen Schritt weiter in diese Richtung
gemacht, dann… dann… - manchmal bereute Draco mehr als alles andere, dass
manche Leute ein paar Dinge mehr über ihn wussten. Sein Faust schmerzte dumpf,
und sein Atem ging schnell. Das hatte er heute von diesem Tag bestimmt nicht
erwartet! Er spürte eine leichte Übelkeit in sich empor steigen. Sein linker
Unterarm pochte schmerzhaft. Reden, Draco. Einfach reden!
„Es war eine
ganz beschissene Idee von dir, mit mir zu reden, Zabini! Wirklich, verflucht
dämlich!“
Blaise kam
zitternd wieder auf die Beine, und Draco wusste, diese Sache würde sich nicht
mit einem Händeschütteln, zwei Gläsern Feuerwhiskey und einer Runde Black Poker
wieder einrenken. Blaise hatte es versaut. Und nur Blaise! Dieser wich jetzt
vor ihm zurück.
„Ja, was habe
ich nur gedacht!“
„Keine Ahnung,
aber ich spreche auch nicht mehr mit Blutsverrätern!“, knurrte Draco
ungehalten.
„Gut. Das ist
wirklich gut, denn ich habe deine Scheiße nicht nötig, Draco!“
„Wie wäre es,
wenn du dann endlich mein scheiß Wohnzimmer verlassen würdest?!“
Er sah, wie
sich die Tür geöffnet hatte. Sie war stehen geblieben, und Blaise wirkte so
überfordert, so vollkommen außer sich, dass er ihr tatsächlich nur noch
zunickte, ehe er verschwand. Dracos Zorn war immer noch am Kochen, und jetzt
stand sie tatsächlich hier. Seine Faust schmerzte noch immer.
Scheiß
verdammtes, widerliches Schlammblut, was ihn Jahre seines Lebens – und Freunde
seines Lebens – kostete!
„Erspar’s mir!“, knurrte er, als er bereits sehen konnte,
wie die Vorwürfe sich in ihrem Mund sammelten. Er hasste sie! Er hasste sie so
sehr, dass er sich kaum würde beherrschen können. Er machte kehrt und stieg die
Stufen zu seinem Schlafzimmer empor, öffnete die Tür und schlug sie ins
Schloss.
Er lehnte sich
gegen das kalte Holz und versuchte, zu atmen.
Was war
passiert, verflucht? Was zur Hölle war in der letzten Stunde passiert?
Sein Atem ging
unregelmäßig und ihm war schlecht. So unglaublich schlecht, dass er kotzen
könnte!
„Was hat Snape gesagt?“, rief sie durch seine verschlossene
Tür hindurch und schien zu warten. Merlin, sie sollte verschwinden!
„Malfoy!“,
rief sie erneut. „Was hat Snape gesagt?“, wiederholte sie, und er spürte, wie
sich seine Fäuste ballten. Er sah sie nicht an! Natürlich nicht! Was dachte
sich Zabini?! Er hatte sie noch nie angesehen!
„Weißt du, ich
habe bis neun Uhr Zeit diese Frage zu wiederholen, also-“
Oh verfluchte
Scheiße!
Er öffnete die
Tür mit einem Ruck, und sie verstummte vor Schreck. Gut so, sie sollte Angst
haben! Am besten hatte sie so viel Angst, dass sie nicht noch einmal mit ihm
sprechen würde! Verdammte Schlampe! Mit ihren verdammten Haaren, ihren
verdammten schlammigen Augen! Ihrem scheiß Körper, der seine kostbare Luft
atmete! Er war die Stufen hinabgeschritten. Den Zauberstab hielt er immer noch
locker in der Hand.
„Was?“,
knurrte er, ohne sie aus den Augen zu lassen.
„W…was hat
Snape gesagt?“, wiederholte sie, längst nicht mehr so laut, aber sie sah ihm
unverwandt in die Augen. Merlin, sie glaubte, sie war so mutig! Sie war selber
schuld, dass Potter und Weasley hier ein und aus marschierten, als ob sie hier
wohnen würden, wenn sie es nicht lassen konnte, ihn ständig zu reizen!
„Geht dich
einen verdammten Scheißdreck an, oder nicht?“, erwiderte er schließlich kalt.
Ja, beleidige sie. Mach sie einfach fertig. So wie sie es verdient!
„Fein. Dann
sag es mir nicht, du Arschloch. Was fällt dir ein, still und heimlich eine
Party zu organisieren?“ Was? Scheiße. Das Treffen! Also hatte Pansy es ihr
gesagt. Gut so. Ihm wurde verflucht noch mal zu heiß hier! Er sah, dass sie die
Flammen gelöscht hatte. Arhg!!! Er würde sie am
liebsten erwürgen! Er löste seine Krawatte und pfefferte sie neben sich auf den
Boden. Er sah, wie ihre Augen der Krawatte folgten. Kurz spürte er ein bitteres
Lachen in seiner Kehle.
„Was? Sag es,
Granger. Oh, ich weiß, das willst du doch! Heb
deine Scheiße auf, Malfoy! Mach hier sauber, Malfoy! Dabei bin ich nicht
derjenige, der hier bis zum Himmel stinkt!“, fuhr er sie zornig an, und sie
zuckte zusammen, bei seiner lauten Stimme.
„Mal…malfoy-“
„Mal-Malfoy!“, wiederholte er spöttisch,
und endlich konnte sie nicht mehr zurück, er hatte sie vor die Kommode
gedrängt. „Was, Granger? Was in Salazars Namen willst du verflucht noch mal von
mir?“, schrie er so laut, dass sie die Augen schloss. Ja, sie sollte ihn nicht
mal ansehen! Verdammte Schlampe! Was wollte Blaise von ihr? Merlin, was wollte
Weasley von ihr? Waren alle blind? Sah keiner wie der Schlamm in ihren Adern
schrie? Wie komplett widerlich sie war? In ihrer gesamten scheiß Erscheinung?!
Und plötzlich
öffnete sie die Augen, und die Angst war verschwunden. Oh, er hasste ihre
verdammte Courage! Zu gerne würde er sie brechen! Zu gerne, würde er sie
einfach davon jagen! Ihr einen Unverzeihlichen verpassen, auch wenn er dann von
der Schule flog! Das war es alles nicht wert! Was dachte Blaise? Am besten
verfluchte er gleich alle, die hier rumliefen!
Es war immer
dasselbe! Er hasste sie! Er hasste sie wirklich, mit ihrer
Weltverbesserer-Scheiße! Wie sie ihn ansah! Oh ja, sie sollte ihn verurteilen!
Sie sollte an ihm verzweifeln, sie konnte sich an ihm ihre verdammten Zähne
ausbeißen! Miststück!
Er spürte die
Wut, die bodenlose, furchtbare Wut! Er projizierte all seinen Hass auf nur
diese eine Person, denn sie war alles, was falsch war, in seiner Welt! Wieso
war nicht Hannah Abbott Schulsprecherin? Wieso ausgerechnet Hermine Granger?
Wieso ein Schlammblut? War es eine Prüfung? Kannte Snapes Humor keine Grenzen?
Oh, wie sehr er sie hasste! Wieso sagte sie nichts?
Wieso sah sie
ihn an? Als hätte sie irgendein Recht dazu! Schlampe, scheiß Schlammblut
Schlampe! Miststück! Verfluchte Gryffindor-Schlampe!
„Nächstes Mal
werde ich Harry nicht aufhalten“, sagte sie leise, beinahe resignierend. Und er
sah sie an.
Was? Was
redete sie da? War sie vollkommen verrückt geworden? Waren alle verrückt
geworden? Oh, sie wollte ihren kleinen Stecher nicht aufhalten? Gut, das kam
ihm gerade recht. Aber bitte. Sie wollte spielen? Ok. Er würde spielen! Seine
Züge entspannten sich, während sie tatsächlich sein Gesicht betrachtete.
Ihre dunklen
Augen schienen über sein Gesicht zu wandern, alles aufzunehmen, alles zu
bewerten. Denn das war es doch, was sie immer nur tat! Blaise glaubte, sie
sollte Einfluss auf ihn haben? Wirklich? Ja, hatte sie. Er hasste sie immer
mehr. Verflucht noch mal alles an ihr, und Blaise lag verdammt noch mal falsch!
Da war nichts an Granger! Nichts, was seine Aufmerksamkeit erregte!
Sie hatte ihre
Formen ausgefüllt, na und? Selbst ein Schlammblut konnte also Brüste haben! Und
was interessiert es ihn? Millicent besaß auch Brüste
und bot für ihn kein ansprechendes Ziel! Granger war… Granger war… - egal. Sie
war vollkommen egal!
„Und was… soll
mir das sagen?“
„Dass ich
keine Schadensbegrenzung mehr betreiben werde!“, erwiderte sie schroff. Oh, war
das Schlammblut nicht zu niedlich? Nein, war sie nicht. Als ob er ihre Hilfe
nötig hatte! Das dachte sie doch nicht im Ernst?!
Und seine
Mundwinkel zuckten symmetrisch.
„Oh nein!“,
entfuhr es ihm mit gespielter Angst. „Der Junge, der keine Eier besitzt, wird
nicht mehr von seinem Schlammblut zurückgehalten!“, fuhr er kühl fort. Granger
verdrehte die Augen. Er fuhr sich durch die Haare, denn er fand keine Worte
mehr. Es war so anstrengend. So verflucht anstrengend. Noch zwei Monate, nur
noch zwei Monate, Draco, dann ist es vorbei!
„Wann wird das
dein nächstes Passwort?“, wollte sie plötzlich von ihm wissen. Er senkte den
Blick zurück auf ihr Gesicht. Was? Oh Merlin, wieso hielt sie nicht einfach
ihren verfluchten Mund?!
„Was?“, fragte
er, denn er hatte nicht begriffen. „Was willst du von mir?“
„Krieg,
Slytherin, Erbe, Basilisk, Reinblut…“, zählte sie einige seiner Passwörter des
vergangenen halben Jahres auf, und seine Stirn runzelte sich langsam.
„Schlammblut würde sich perfekt in diese Kette fügen. Vielleicht schlage ich es
auch Snape vor, denn es gehört ja mit zu deinen Lieblingsworten!“ Ihre Stimme
war lauter geworden.
„Oh Granger,
ich weiß, das Passwort kann leider nicht jede Woche Harry-Arschloch-Potter
sein, egal, wie sehr du es dir wünschst“, erwiderte er gepresst. Sie schüttelte
nur wieder den Kopf und wollte an ihm vorbei in ihr Zimmer. Oh, jetzt wollte
sie gehen? Hatte sie ihn nicht erst aus seinem Zimmer gelockt? Wollte sie nicht
unbedingt immer alle scheiß Informationen von ihm haben? War es nicht so? Nein,
jetzt entließ er sie noch nicht!
„Und um deine
Frage in all meiner Großzügigkeit zu beantworten: Die Schulsprecher dürfen auf
den Gängen zaubern, wenn es der nötige Umstand erlaubt“, log er schlicht, und
sie verharrte in der Bewegung.
„Peeves ist
der nötige Umstand?“, wollte sie
ungläubig von ihm wissen. Ja, verfluchte Scheiße, Granger. Das passt dir
überhaupt nicht, oder?!
„Frag deinen geliebten
Wiesel-Jungen, Granger“, provozierte er sie erneut. Er konnte nicht anders. Er
hasste, dass sie hier war und seine Gedanken vergiftete!
„Weißt du,
Malfoy“, begann sie ein letztes Mal und wandte den Blick über ihre Schulter,
„dein Gold wird dir keine Sympathien kaufen. Vor allem kannst du Harry damit
nicht ausstechen, falls es das ist, was du willst.“
Was? Oh! Das
war wirklich perfekt! Wollten ihn heute alle aufregen? War es das? Hatten alle
nichts Besseres zu tun? Aber nein, Granger hatte nie etwas anderes zu tun, als
ihm sein Leben zur Hölle zu machen! Und war es nicht Granger, dann war es
Potter! Und war es nicht Potter, dann war sein ehemaliger Freund Blaise, der
anscheinend kaum seine Hosen anbehalten konnte, in der Aussicht, das scheiß Schlammblut
zu vögeln.
Es war
widerlich. Allein der Gedanke, dass Blaise… das tun wollte, war fast zu viel
für Draco!
Und er wusste,
sie wollte ihn provozieren, wollte ihn einfach noch ein klein bisschen weiter
bringen, an irgendeinen von ihr antizipierten Rand, der ihr erlauben würde, um
Hilfe zu schreien, der ihr gestatten würde, Snape zu rufen, ihn entheben zu
lassen, ihn von der Schule zu werfen! Ja, er kannte die Schlampe gut. Gut
genug! Viel zu gut, für seinen Geschmack. Und Blaise hatte Unrecht. Verflucht!
„Du kannst froh sein, dass ich überhaupt mit dir gesprochen habe“, spuckte er
ihr entgegen, denn das war die Wahrheit. Sie sollte sich geehrt fühlen, dass er
es überhaupt fertig brachte, sich nicht in ihrer nächsten Nähe nur zu
übergeben!
Denn es war nicht offensichtlich! Blaise war einfach
ein krankes Schwein, was seine scheiß postpubertären Gefühle auf alle anderen
projizierte! Gott, sie war so… so…! Und sie sprach schon wieder!
„Ich bin
wahrscheinlich noch der einzige Mensch auf der Welt, der mit dir spricht, ohne
das aus Angst zu tun“, erwidert sie, ohne ihn anzusehen.
Er spürte
seine Mundwinkel vor Ärger zucken. Oh ja? Sie glaubte, sie hatte das Gespräch
beendet! Alle dachten, er wäre nur irgendein Idiot, der nicht über die Tatsache
hinwegkam, dass Potter ein verfluchter Held geworden war!
Nein, scheiße!
Das war es nicht. Und er setzte sich in Bewegung. Seine Füße verrieten ihn,
denn sie straften seine Worte Lügen.
Er ergriff
ihren Arm, ehe er darüber nachgedacht hatte, ehe sie die letzte Stufe zu ihrem
Zimmer überwinden konnte, ehe er sich selber daran erinnern konnte, dass er –
Draco Malfoy – niemals, niemals ein
Schlammblut berührte!
Und ihre Haut
war weich. Sie war weich unter seinem zornigen Griff. Weicher als sie hätte
sein sollen! Weicher als sie sein durfte! Verflucht! Und sie sah ihn an! Er
hatte sie am Arm gezogen, zwang sie, sich wieder umzudrehen, und er zerrte sie
praktisch die beiden Stufen wieder hinab ins Wohnzimmer, wo sie ihm
ausgeliefert war.
„Am besten
fängst du ziemlich schnell damit an, Angst vor mir zu haben, du verfluchte
Schlampe!“, knurrte er, ohne nachzudenken, ohne sie aus den kalten Augen zu
entlassen. Er hasste sie! Er hasste alles, wofür sie stand! Denn sie hatte
Unrecht! Alle hatten Unrecht.
„Lass mich
los, Malfoy! Lass mich sofort los!“
Und auch, wenn
sie versuchte, die Panik nicht durch die Worte klingen zu lassen, schmeckte
Draco sie dennoch auf der Spitze seiner Zunge, als ihr warmer Atem sein Gesicht
traf.
Wann genau hatte
er entschieden, dass, sie näher an sich zu bringen, die beste Entscheidung
war?! Wahrscheinlich genau dann, als sie sich überlegt hatte, ihn zu reizen.
Ja, sie reizte
ihn. Und er hasste es! Hasste es mehr als irgendetwas sonst, denn sie sollte
der letzte Mensch sein, der ihn reizen konnte. Sie war nicht mal so viel wie
ein ganzer Mensch! Sie war ein Schlammblut! Ein scheiß Schlammblut!
Wann sie ihm
aufgefallen war? Oh, das war verflucht einfach zu beantworten, oder nicht? Sie
lebten hier zusammen, und sie trug nicht immer ihre scheiß Uniform! Nein, tat
sie nicht! Nach dem Unterricht zog sie ihre Schuhe aus, sie zog ihre Strümpfe
aus, und sie wagte es, hier barfuß durch die Räume zu laufen! Sie wagte es, ihm
ihre bloßen Beine aufzuzwängen!
Ihren verfluchten
Körper! Sie trug auch nicht immer einen Zopf, nein! Was dachte sich Snape, ihn
mit ihr zusammen zu stecken? Dachte Snape, er wäre blind? Oder wartete Snape
selber nur darauf, dass Draco die Regeln brach?! Hoffte Snape, Draco würde
irgendwann nicht mehr wegsehen, wenn sie mit ihrem verseuchten Körper vor ihm
herum tänzelte? Wenn Sie die Bluse nicht trug? Die Weste nicht trug? Das
verfluchte Abzeichen abgelegt hatte? Weshalb er sein Abzeichen regelmäßig
vergaß? Weil es ihn an sie erinnerte, und das konnte er nicht gebrauchen,
verfluchte Scheiße!
Nein, manchmal
sah er sie, wie sie unter der Uniform, unter den Büchern aussah! Sie trug ein
Shirt mit schmalen Trägern, und sie trug keinen BH unter diesem verflucht
dünnen Shirt! Und er war nicht blind, verflucht!
Und wäre er
Weasley, dann würde er den ganzen verdammten Tag sicher gehen, dass… - nein.
Er riss sich
zusammen, denn – nein. Nein! Nur weil Blaise glaubte, was vollkommener Bullshit
war, musste Draco nicht anfangen, zuzuhören!
„Lass mich
los! Du wirst mich nicht schlagen, Malfoy!“, hörte er ihre Stimme. Ihre Stimme
zitterte. Ihre Augen waren weit aufgerissen, glasig, vollkommen ausgeliefert.
Oh, sie hatte Angst. Das war auch gut so! Diese verfluchte Schlampe sollte
langsam damit anfangen.
Denn wenn
einer hier kulant war, dann war er es! Er könnte Potter verprügeln, denn das
war es doch, worum Potter bettelte! Er wollte es doch, denn er kam nicht über
den Krieg hinweg! Und Draco würde es nur zu gerne tun, aber er tat es nicht. Er
tat es verdammt noch mal nicht! Und wieso sprach er nicht mehr? Wieso hielt er
sie nur noch fest? Er wusste es nicht, aber er hatte keinen Nerv mehr. Er
wollte nicht mehr diskutieren! Er wollte es nicht mehr!
Er war ein
Todesser, und er liebte es, denn es war alles, was er noch hatte! Und dieses
verdammte Schlammblut, das ihm tot mehr nützen würde als lebendig, machte sein
Leben zu einem Albtraum. Er war achtzehn und sein Leben war ein Albtraum,
Salazar, verflucht!
Sie schlagen….
„Halt deinen
Mund!“, befahl er tonlos. „Wenn du… nur einfach deinen Mund halten würdest,
Granger! Nur für…“ Er konnte nicht mehr reden.
„Ich werde nach Harry rufen! Ich werde-“
„Das würdest
du gerne, oder?“, unterbrach er sie still. „Deinen verfluchten Potter.“ Potter.
Er hasste Potter.
„Malfoy, du-“
„Nein!“,
unterbrach er sie scharf. Was war es? Was sah Blaise in ihr? Sah er die
Auflehnung, die ihn anmachte? War es das? Draco konnte es nicht erkennen. Sie
war nicht… sie war nicht besser als alle anderen! Sie war es nicht! Er musste
es doch wissen! Er hatte sie doch alle gehabt! Sogar die verdammten
Gryffindors, die sich danach dafür schämten! Ahrg! Er könnte kotzen!
„Du… du kannst
nicht-“
„Granger, halt deinen Mund!“, knurrte er und brachte sie noch näher an sich, bis
ihr Körper seinen berührte, und jetzt trat die Panik offen in ihren Blick, so
offen, als hätte er ihren Körper aufgeschnitten, als würde alle Angst und alle
Panik aus ihr fließen.
Er würde ihr
nicht wehtun. Er würde sie nicht schlagen. Natürlich würde er das nicht! Er war
doch nicht vollkommen lebensmüde.
Und er wusste,
er sollte ihr wehtun! Das sollte es sein, was er tun musste!
Und jetzt
entzog sie ihm ihre Arme, schlug auf ihn ein, gegen seine Brust, seine
Schultern, in seinen Bauch, aber er war weit darüber hinaus, Schmerzen zu
empfinden. Er warf sich gegen sie, stemmte sie mit seinem Gewicht an die kalte
Steinmauer neben ihrer Treppe, und sie schnappte nach Luft, nach dem Aufprall,
nur um härter gegen seine Brust zu schlagen.
Sie gab sich
Mühe. Sie bekam ein Erwartungen
Übertroffen von ihm, für die Anstrengung.
Er war Draco
Malfoy. Und hier in Hogwarts bedeutete das nur eins: Er hatte mehr Einfluss als
Potter. Und das wusste sie! Und fast spürte er, wie sich sein eigener Körper
gegen ihn selbst auflehnte. Fast, denn er war schon viel zu weit entfernt.
Er umfasste
ihre Schultern und presste sie, in all ihren Versuchungen ihn abzuschütteln,
erneut gegen die harte Wand. Und dann musste er tun, was er eben tun musste, um
sich zu beweisen, dass es nicht stimmte! Um es Blaise zu beweisen! Um es…
einfach nur zu beweisen.
Wo war er?
Jetzt gerade
hatte er keine Ahnung, und er spürte es. Wahrscheinlich hatte er sich gerade
soweit von Draco Malfoy entfernt, wie es möglich war. Und nur kurz erkannte er
es in ihrem Blick. Ihr war völlig klar, was er gerade tat. Und völliger
Unglaube spiegelte sich in ihren dunklen, großen, fast mandelförmigen Augen
wieder. Und Scheiße, ja. Er hatte die Grenze überschritten.
Die Grenze,
die Granger und er mit so viel Mühe, mit so viel Pflege und echtem Hass
aufrecht erhalten hatten, für eine so verdammt lange Zeit. Aufrecht erhalten mussten, denn das war es doch, was sie
taten! So hatte es verflucht noch mal zu sein. Ein Todesser und ein
Schlammblut. Auf engstem Raum. Wie sollte es anders sein?
Ja, Granger, ich weiß…, dachte er in diesem Augenblick. Alles umsonst. Der ganze Hass, alle
Feindschaft. Denn ich kann mich nicht aufhalten.
Und es war
traurig, ja. Es war fast herzzerreißend traurig. Sie bäumte sich auf, er sah
den Zorn in ihren Augen blitzen, den Unglauben, denn sie hatte sich auf ihn
verlassen, er wusste es. Sie hatte sich verlassen, auf seinen ewigen Hass,
seine Unfehlbarkeit, ein widerliches Arschloch zu sein. Der Bastard, den sie
kannte und verachtete. Und es war so eine schmale Grenze. Und er schob es auf
Blaise. Er schob es auf seinen Vater. Er schob alle Schuld von sich, denn es
war unmöglich, dass das jetzt gerade seine Schuld sein konnte! Auf gar keinen
Fall. Er hatte sie enttäuscht. Das Schlammblut war nicht stark genug. Ihre
verfluchten Augen! Denn wenn er sie nicht voll und ganz hasste, dann
funktionierte ihre ganze Situation hier nicht.
Oder Granger?
Dann funktionierten sie beide hier nicht mehr. Und er hatte es zerstört. Den
schmalen Grad. Scheiße.
Seine Erektion
drängte sich quälend schmerzhaft gegen den Stoff seiner Hose, und er widerte
sich selber an, während er sich gegen sie presste. Seine Hände hielten ihre
schmalen Schultern fest umschlossen. Es war nicht schwer, sie zu halten. Fuck.
Es war fast erschreckend
einfach, stellte er in einem kurzen Moment zwischen Wahnsinn und Klarheit fest,
während ihm das Herz vor Angst bis zum Hals schlug.
Zu einfach,
den Kopf zu senken, um ihren verdammten Mund mit seinen Lippen zu verschließen.
Nein!
Oh Gott,
nein! Nein, nein, nein! Harry, Harry, hilf mir!
Ihre Hände
schoben seinen Körper von sich, sie wandte so viel nutzlose Kraft auf, wollte
ihn nur loswerden, ihn wegschieben und bloß nicht darüber nachdenken, dass er
tatsächlich vorhatte, sie zu küssen! Oh nein! Das durfte er nicht! Er durfte es
nicht! Was zur Hölle tat er überhaupt?!
Sie konnte
nicht… sie wollte nicht… es war so falsch… er würde von der Schule fliegen
dafür… sie würde zu Harry gehen… sofort wenn er sie gehen ließ… sie würde nicht
zögern… Snape würde alarmiert werden… Harry würde ihn umbringen… mit bloßen
Händen… und er würde betteln… Malfoy würde nichts in seinem Leben so sehr
bereuen wie das hier… und sie zitterte unter ihm… und plötzlich lagen ihre
Hände ruhig über seiner Brust.
Sie würde
still halten, sich tot stellen – einfach warten. Vielleicht würde er aufhören!
Natürlich würde er aufhören! Er musste doch!
Sie sah,
wie sich sein Kopf senkte. Und die Sekunden wandelten sich in zähe Minuten, so
kam es ihr vor.
Er war zu
stark. Sie spürte den Stoff seiner Kleidung unter ihren Fingern, die durch die
Schläge gegen seinen Körper schmerzhaft kribbelten. Sie spürte sogar die
eingestickte Schlange über seiner Brust. Slytherin. Er war ein Slytherin, und
das hier war einfach nicht richtig! Sie spürte seine Muskeln unter ihren
Fingerspitzen, seinen warmen Atem in ihrem Gesicht.
Es war ihr
schlimmster Albtraum.
Seine
Augen… seine Augen waren unglaublich grau, so hell, dass es unwirklich schien.
Und sein Blick brannte sich in ihren, raubte ihr für einen Moment die Luft, den
Verstand, die Erinnerung, dass sie schreien wollte, dass sie… Hermine Granger
war.
Seine Augen
schrien so laut in die Stille! So etwas hatte sie noch nie gesehen! Als wäre
sie… als wäre sie… jemand anders. Als… könnte er nichts anderes tun als das
hier! Als hätte er noch nie etwas anderes getan!
Und sie
konnte ihn riechen! Sie kannte seinen Duft viel zu gut. Es war ein Parfum,
dessen Duft sie zu hassen gelernt hatte. Es roch frisch. Vielleicht Mandarine
oder Grapefruit? Es stieg ihr herb in die Nase. Vielleicht roch sie auch Zeder
oder andere Akkorde von Holz. Oder Leder? Es könnten auch exotische Gewürze
sein, jedenfalls kannte sie seinen Duft und sie hasste es, dass sie ihn
mittlerweile erkennen konnte. Und sein Duft war betörend.
Sie trug
kein Parfum, hatte noch nie welches getragen und fand es fast widerlich, dass
sich Menschen einen neuen Duft aneigneten. Sie konnte ihn schon an sich
riechen! Und das waren ihre Gedanken jetzt und hier! Sie war verrückt geworden,
denn sie schrie nicht! Sie starrte ihn praktisch an. Die Sekunden vergingen
zäh, so zäh, als würde die Zeit versuchen, mit aller Macht stehen zu bleiben.
Oh Gott! Oh
Gott! Nein, nein, nein!
Und sie
spürte es. Sie spürte es, denn es lag in seinem Blick. Es ergriff sie so
plötzlich, und es war so unwirklich, dass es sie unter ihm erschrak. Sein Blick
wirkte klar, entschlossen und sehr, sehr gefährlich. Er verlagerte sein
Gewicht, nachdem ihm aufgefallen war, dass sie sich NICHT wehrte! Tat sie
nicht! Sie tat es einfach nicht!
Sie hatte
so versagt, denn sie fand sich gefangen in seiner Präsenz. Es war so
unglaublich verlockend, denn er war ihr so nah, und ihr Mund hatte sich
geöffnet, während sie lautlos atmete. Und sie wusste mit Sicherheit, noch
niemand hatte sie jemals so angesehen. Und dieser Gedanke ließ sie schlucken.
Dieser Gedanke trieb ihr plötzlich die Tränen in die Augen.
Die ganze Zeit über! Die ganze Zeit über verhielt er sich
wie ein verdammtes Arschloch! Er behandelte sie als wäre sie nichts, als wäre
sie es nicht würdig, mit ihm zu leben! Kurz bäumte sich ihr Körper gegen seinen
auf. Ihre Blicke waren wie ineinander versunken, während ihr Herzschlag sich
beschleunigte. Er presste sie mit dem Gewicht seines Körpers zurück gegen die
kalte Wand, dass es ihr mit einem Mal alle Luft aus den Lungen raubte.
Wenn alles
mit ihm ein Wettkampf war, dann das hier auch! Sie spürte, wie sie zornig mit
ihm wurde, noch zorniger als sie es für möglich gehalten hatte, wie sie sich
wieder gegen ihn lehnte, ihr Atem lauter wurde unter seinem, wie er ihren
zornigen Blick erwiderte, als spüre er denselben Zorn, was völlig unmöglich
war!
Und
irgendwas… änderte sich. Und sie spürte es! Irgendetwas zog in ihrem Innern,
als er sich gegen sie lehnte, den Abstand schloss, und sie erschrocken nach
Luft schnappte.
Sie hatte
ihre Hände gehoben, um ihn hastig wegzuschieben, aber er hatte ihre Handgelenke
umfangen und –
…
Nein… nein… nein….
Oh Harry!
Wo bist du? Harry! Ich kann nicht… -
Sein Mund
krachte auf ihren. Das Blut rauschte in ihren Ohren, als sie ihn mit voller
Macht spürte.
Irgendwas
in ihrem Innern explodierte förmlich.
Oh… Gott…!
Ihr Mund
öffnete sich, als sich seiner öffnete, und als seine Zunge hungrig und voller
Ungeduld zwischen ihre Lippen stieß, ließ er ihre Handgelenke los. Ihre Hände
hoben sich sofort zu seinem Nacken, zogen ihn enger zu sich, und ein Schauer
erfasste sie, als er ein tiefes Stöhnen unterdrückte.
Oh… Merlin…
Warum um
alles in der Welt war es so einfach? So einfach, Draco Malfoy zu küssen?!
Es war so
einfach, so erlösend einfach, dass sich eine Träne aus ihrem Augenwinkel rang,
während ihre Augen fest geschlossen waren. Seine Hände hatten sich fest um ihre
Taille gelegt, zogen sie erbarmungslos eng an seinen Körper, und sie konnte
nichts anderes tun, als ihn gewähren zu lassen.
Aber… sie
wusste… - Sie wollte nicht von ihm geküsst werden! Nicht von Draco Malfoy!
Oh Gott.
Nein. Nein!
Sie wusste
nicht, wie er sie halten konnte, wie er es fertig brachte! Denn sie würde nicht
mal alleine stehen können! Seine Hand glitt plötzlich nach vorne, unter ihr
Kinn. Er hob es mit dem Finger an, und er öffnete die grauen Augen als sie ihre
öffnete.
Und er
löste sich von ihren Lippen, löste sich für einen Moment und verharrte keinen
Millimeter vor ihrem Mund.
Er hielt
sie noch immer gegen die Wand, und Unglaube zeichnete kurz seinen Blick, und er
schüttelte sanft den Kopf, als würde er diesen absurden Moment versuchen abzuschütteln.
Oh Gott! Oh
Gott! Nein, nein, nein!
Ihr fiel
wieder ein, wer er war, und mit aller Macht stieß sie die flachen Hände vor
seine Brust.
Sie schien
ihn überrascht zu haben, denn tatsächlich fiel er zurück, taumelte zwei
Schritte nach hinten, und sie musste vor Scham den Blick senken. Oh Gott, nein!
Was hatte
sie getan?!
Er war es doch gewesen, der immer sichergegangen war, dass
sie wusste, was er von ihr hielt! Er
hatte es doch schier unmöglich gemacht, miteinander auszukommen! Er machte es alles zum endlosen Kampf.
Und nur
er! Er gab sich die größte Mühe, dass sie ihn für immer und ewig hassen würde!
Und jetzt…
- und jetzt?!
Jetzt…
hatte sie jeden Streit Lügen gestraft, denn… sie hatte ihn geküsst!
Sie hatte die
Hand zu ihrem Mund gehoben, bedeckte die geschwollenen Lippen mit ihren
Fingern, und sie war wütend. Auf sich selbst! Auf ihren verdammten Körper! Als
wüsste ihr Körper plötzlich nicht mehr, wer er war!
„Granger-“,
hörte sie seine raue Stimme, aber sie schüttelte heftig den Kopf, ehe die
Tränen ihre Sicht verschleierten. Zornig hob sie den Blick zu seinem verdammten
Gesicht. Und er wagte tatsächlich unbeeindruckt auszusehen.
„Ich gehe
zu Snape!“, brachte sie jetzt hervor. Kurz verengten sich seine Augen. Und sie
hörte selbst, dass ihre Drohung weniger als halbherzig klang. Oh Merlin!
„Und dann
sagst du ihm was?“, wollte er beinahe spöttisch wissen. Er hatte sich schnell
unter Kontrolle. Bastard, elender!
„Dass du
mich dazu gezwungen hast!“, erwiderte sie zornig, obwohl sie wohl beide
wussten, dass das nicht stimmte. Tatsächlich hoben sich seine Mundwinkel im
Anflug eines Lächelns. Oh nein, dieses Arschloch würde sich nicht lustig
machen! Er würde nicht überlegen sein!
„Er wird
dich von der Schule werfen!“, drohte sie jetzt still.
„Das
glaubst du doch wohl selber nicht!“ Seine grauen Augen waren wieder kalt auf
sie geheftet.
„Malfoy, du
bist-“
„-was?“,
unterbrach er sie mit aufflackernder Ungeduld. „Ich bin was, Granger?“
Und es
verging ein Moment. Diese… seltsame Spannung zwischen ihnen war noch nicht
vorbei! Es war noch nicht vorbei! Sie spürte es so sicher. Und er war nicht so
kalt und gelassen, wie er es gerade vorgab zu sein! Und er schien reden zu
wollen! Er schien es tatsächlich… ausdiskutieren
zu wollen! Das machte es alles nur noch viel, viel schlimmer! Sonst konnte er
es doch gar nicht erwarten, allem aus dem Weg zu gehen!
Er fuhr
sich durch die blonden Haare. Oh Gott! Ihre Lippen kribbelten noch immer. Ihr
war plötzlich schlecht. Sie spürte, wie sie präventiv den Kopf schüttelte.
Nein… - was hatte sie getan?
„Du bist
ein Bastard!“, knurrte sie. Und er schien die Beleidigung zu genießen. „Und du
wirst das nicht noch einmal tun, hast du mich verstanden?“
„Sei nicht
so dramatisch, Granger. Wir haben nicht gevögelt, Merlin noch mal! Es war nur
ein verdammt schlechter Kuss“, erwiderte er unbeeindruckt, und seine Worte
trafen sie irgendwo an einer Stelle, von der sie gar nicht wusste, dass sie
vorhanden war. Und dass er es auch noch wagte, so ein Wort zu benutzen! Es
überhaupt in Aussicht zu stellen! Es mit ihnen in Verbindung zu bringen! Er war
so widerlich, so absolut furchtbar!
Und sie war
wieder Hermine Granger. Endlich! Sie war wieder sie selbst!
„Fick dich,
Malfoy! Ich hoffe wirklich, es war für dich so schlimm wie für mich! Denn ein
Todesser wird mir nicht mehr so nahe kommen!“
„Granger, du bist das Schlammblut! Du bist das
Schlechte hier in diesem Zimmer!“, konterte er kalt.
„Ja, genau!
Deswegen zwingst du mich auch gegen die Wand, du Arschloch!“, spuckte sie ihm
entgegen.
„Potter wir
das anders sehen“, sagte er plötzlich, und irgendwas rastete wieder ein.
Irgendwas in seinem Blick verschloss ein für alle Mal die seltsame Verbindung,
die sie bis gerade gehabt hatten, und er war wieder zurück.
Draco
Malfoy war zurück. Und… was?!
„Du wirst
das Harry nicht sagen!“, erwiderte sie plötzlich, und ihr Herz sank in ihren
Magen. Denn es mochte stimmen! Malfoy zu küssen war wohl das dümmste,
widerlichste und absurdeste, was sie jemals getan hatte, und sie hasste sich
schon jetzt für ihre Dummheit, aber… die Aussicht, dass Harry davon erfahren
könnte… - übertraf alles andere!
„Angst,
Granger?“, entgegnete er plötzlich mit wachsamem Interesse, und sie glaubte,
die Tatsache, dass sie für ihn ein Schlammblut war, war in seinem Kopf weit
nach hinten gerückt. Und es machte ihr tatsächlich Angst!
„Das
würdest du nicht tun!“, hauchte sie bloß, denn… alleine die Vorstellung, wie
Harry reagieren würde war… - nein. Sie konnte es sich nicht mal ausmalen!
„Keine
Sorge, Granger. Eher würde ich mir bei lebendigem Leib die Eingeweide aus
meinem Körper fluchen lassen, als zuzugeben-“
„Gut!“,
schnappte sie zornig, unterbrach seine Tirade, und sie wünschte sich plötzlich,
dass er abhauen würde. Endlich gehen würde! Denn, Merlin… - sie hatte Draco
Malfoy geküsst.
Oh Gott! Oh
Gott! Was war nur in sie gefahren?!
Es klopfte.
…
An der Tür.
Sie war zusammen gezuckt. Ein Blick auf die Standuhr sagte ihr, dass es kurz
vor fünf war.
…
Und es
klopfte erneut. Diesmal lauter.
„Hermine?“
Harry…!
Malfoy
Blick löste sich von ihr, aber er blieb, wo er war. „Hermine, bist du da? Mach
die Tür auf!“, rief Harry durch das Holz.
Oh Gott, es
war Harry! Ihr Herz schlug schneller, und sie spürte das schlechte Gewissen,
wie eine Vergiftung in ihrem Körper, die sich rasend schnell ausbreitete. Sie
spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
Sie hatte
etwas Böses getan. Etwas unglaublich unverzeihliches. Und es ging überhaupt
nicht darum, dass es etwas gewesen war, worauf sie vielleicht keinen Einfluss
gehabt hatte, weil Malfoy vielleicht einfach jemand war, der die Antwort Nein
nicht kannte, nicht verstanden und nicht zugelassen hätte, nein, darum ging es
nicht! Denn es gab dafür keine Erklärung – und erst recht keine Entschuldigung!
Bewegungslos
verharrte sie. Und die Tatsache, dass sie Harry würde anlügen müssen, mischte
sich bitter mit den Schuldgefühlen. Denn… sie hatte keine Geheimnisse vor
Harry. Sie liebte Harry! Er war ihr bester Freund! Sie spürte die Tränen
plötzlich deutlicher.
„Na, wenn
das nicht dein heiliger Potter ist“, bemerkte Malfoy bitter. „Viel Spaß,
Granger“, fügte er mit Bedacht hinzu, ehe er sich von ihr abwandte. Er
durchquerte den Raum, ging die Stufen hoch und war endlich in seinem Zimmer
verschwunden.
Er war
fort. Und sie war wieder allein. Mit Harry vor der Tür!
~*~
Ja, es war
nicht taktvoll, aber scheiß drauf!
Er war
Draco Malfoy. Er brauchte nicht taktvoll zu sein. Sein Atem ging schnell und
unkontrolliert. Sein Mal schmerzte ihn so sehr, dass er sich vor Übelkeit hätte
übergeben können, aber sie zwang seine Gedanken in eine andere Richtung.
Schließlich würde sie ihm gleich Erlösung bringen.
Er hatte
seinen Pakt gebrochen. Er wollte kein Mädchen zweimal, aber sie war gerade
passend da gewesen. Auf seiner Patrouille hatte er sie im dritten Stock
entdeckt.
Und nur zu
gerne nahm sie ihre Strafe in Kauf. Charlotte George schien keine Skrupel zu
haben, und sie hatte nicht gezögert.
Sein
keuchender Atem hallte von den Waschräumen der Ravenclawjungen
verzerrt wider. Sie kniete vor ihm, und seine Hand war in ihre dunklen Locken
vergraben. Sein Kopf spuckte ihm andere Bilder aus, aber er versuchte sie mit
aller Macht zu ignorieren. Wirklich! Er schüttelte den Kopf, denn ihr Gesicht
verschwamm vor seinen Augen. Ihre blauen Augen wurden braun. Und nein! Das
durften sie nicht! Scheiße!
„Los!“,
knurrte er zornig, während sie seine Hose seine Hüften hinab zog.
Er
wünschte, sein Kopf wäre gerade leer.
In seinem
Zimmer hatte er fast die gesamte Zeit aus dem Fenster gestarrt. Ohne irgendwas
zu sehen.
Er war
Draco Malfoy. Draco… Malfoy…. Und er
wusste, das bedeutete etwas! Es bedeutete verflucht nochmal eine scheiß Menge!
Zumindest hatte es das noch – bis heute Morgen!
Wäre Blaise
doch einfach schwul und würde auf Potter stehen! Draco war sich sicher, dann
wäre nichts passiert! Gar nichts! Scheiße!
Denn jetzt gerade bedeutete der Name Draco Malfoy in seinem Kopf nur noch, dass
er das verdammte Schlammblut Granger geküsst hatte!
Er hatte
nicht denken können. Er hatte vorhin in seinem Zimmer aus dem Fenster gestarrt,
während ihn alles auf einmal getroffen hatte. Jedes Gefühl. Jeder Gedanke.
Jedes Schuldgefühl und grenzenloser Ekel.
Was zum
Teufel hatte er getan? Was hatte er sich nur gedacht?
Mit jedem
Atemzug schien sein Körper zu schmerzen. Sein Mal pochte so laut, dass es wie
ein Dröhnen in seinem Kopf wiederhalte. Er brauchte… er musste… - er wusste es
nicht, aber er spürte, wie sein Atem schneller ging.
Fuck!
Worauf wartete sie?! Sie lächelte zu ihm auf, aber er zog fest an den dichten
Haaren in seiner Hand, so dass sie vor Schmerz den Mund verzog. Er wusste, sie
glaubte wohl, er könne es kaum erwarten, dass sie es ihm besorgte, aber es war
ihm scheiß egal, wie falsch sie lag! Es war ihm egal, dass das Mädchen vor ihm
in seinem Kopf immer und immer wieder eine andere verdammte Gestalt annahm.
Sie
befreite seine steinharte Erektion aus seiner Shorts, und sein Kopf flog nach hinten
gegen die kalten Fliesen, als ihre Hand ihn umschloss. Sie sagte irgendwas,
aber es war ihm verflucht egal! Sie sollte es einfach zu Ende bringen, denn
sonst würde er noch sterben!
Charlotte
George war passabel. Aber jetzt war sie gerade einfach nur passend da.
Passend
genug, damit er sich bestrafen konnte. Denn er musste sich bestrafen! Denn er
war so erregt wie noch nie – und sie war schuld! Das verdammte
Schlammblut war schuld! Potters Schlammblut!
Und er
wollte sie genauso bestrafen! Wie konnte sie es nur wagen?! Oh ja, er wollte
ihren verdammten Mund vögeln! Wollte ihr die bösen Worte nehmen!
Und sie
öffnete ihren Mund. Ihre heißen Lippen schlossen sich um seine Eichel, und er
sog zischend die Luft ein. Fuck. Endlich! Und mit einem Stöhnen drang er nach
vorne, als er ihre warme Zunge spüren konnte.
Er hörte
sie erschrocken keuchen. Ja, das sollte sie auch! Er stieß hart nach vorne in
die Hitze ihres Mundes, während sich das Mädchen vor ihm die größte Mühe gab.
Seine Hand grub sich härter in ihre Haare. Ihre verdammten Haare! Ihre scheiß
Locken!
Ihre Zunge
glitt an seiner Länge hinab, während sie zu saugen begann. Jaah! Verdammt! Seine Hüfte
bockte nach vorn, und er stieß sich tiefer in ihren Mund. So tief, dass er
ihren Gaumen spüren konnte, so tief, dass er spürte, wie er kurz davor stand,
so tief, dass er sie würgen hörte. Ja, sie sollte würgen! Sie sollte an ihrem
eigenen Gift ersticken, was sie ihm immerzu vorwarf! Sie atmete heftig durch
die Nase, und er hörte sie stöhnen.
Oh ja! Es
gefiel dem verdammten Miststück doch nur zu gut! Wenn Potter sie sehen könnte!
Was würde ihr Held dann denken? Würde er sie dann immer noch verteidigen?
Wahrscheinlich nicht! Wenn er sehen könnte, wie seine Schlammblut-Hure es
genoss seinen Schwanz in ihrem Mund zu haben, von ihm gedemütigt zu werden?!
Bunte
Sterne tanzten vor seinen Augen, und fast verzweifelt stöhnte er unter ihrer
süßen Qual auf. Immer wieder saugte sie ihn in seinen Mund, immer wieder glitten
ihre Lippen an seinem Schaft auf und ab, während ihre Hand an seiner Länge
pumpte, bis sein Atem in flachen abgehackten Zügen kam.
Ja, Potter
sollte zusehen! Er sollte…-
Fuck!
Ein kehliger Laut entrang sich seine Kehle, als er noch einmal
nach vorne bockte, ihre Hitze auskostete und sein heißer Samen in dicken Fäden
auf ihre Kehle traf. Sie schluckte hastig, schluckte jeden Tropfen. Fuck, Granger….
Seine Augen
öffneten sich träge. Er zog sich aus ihrem Mund zurück und zog seine Shorts
über seinen erlösend schlaffen Penis. Sie kam außer Atem auf die Beine. Das
Mädchen vor ihm. Das Mädchen, das ihm wirklich
einen Blowjob verpasst hatte. Nicht das verdammte
Mädchen in seinem Kopf.
Und
Charlotte sah ihn an.
„Das ging
schnell“, bemerkte sie nur, während sie sich mit der Hand den Mund abwischte.
Draco konnte nicht sprechen. Er lehnte noch immer an der Wand. Verdammt, er
konnte nicht mal atmen! Fuck… das war….
„Und mein
Name ist Charlotte, Malfoy“, fügte sie bitter hinzu und unterbrach somit seine
Gedanken. Seine Augen senkten sich auf ihr Gesicht.
„Was?“,
fuhr er sie heiser an, und kurz trat eine Verletztheit
in ihren Blick, die ihn fast berührte. Fast aber nur. Denn er hatte noch nicht
genügend Blut in seinem Gehirn, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu
können.
„Nicht Granger“, fügte sie tonlos hinzu und
betonte den Namen besonders scharf. Kurz lagen seine Gedanken blank. Was?! Aber jetzt gerade war er nicht in
der Lage, sich dafür etwas einfallen zu lassen. Und er begriff das gesamte
Ausmaß noch nicht völlig.
„Verschwinde“,
erwiderte er also bloß, und ihr Mund öffnete sich verletzt.
„Draco!“
„Raus!“,
knurrte er heiser, so dass das Echo zornig widerhallte. Und unglaublich wütend
ließ sie ihn zurück. Sein Kopf würde noch zerspringen vor Schmerz. Er sackte an
der Wand hinab. Seine Hose war noch nicht verschlossen, und seine Augen
schlossen sich wieder.
Scheiße….
Das war absolut schlecht! Das war… beschissen! Aber was sollte die kleine
Schlampe schon tun? Es Potter erzählen? Oh ja, sicher! Er lehnte an der Wand,
den Kopf in den Nacken gelegt, und er atmete immer noch schwer. Sein Kopf
schmerzte noch immer, und das Mal pochte weiterhin beständig. Er schob sich den
Ärmel wütend nach oben und starrte hinab auf den schwarzen Schädel.
„Was?“, knurrte er. „Was willst du von mir, verdammt?“ Natürlich bekam er keine
Antwort. Natürlich nicht! Es war weit nach zehn. Und er wusste, er konnte hier
nicht bleiben, aber jetzt gerade kamen ihm die Waschräume der verdammten
Ravenclaws um einiges angenehmer vor, als seine scheiß Räume.
Und wieder
schloss er die Augen. Fuck.
~*~
Hermines
Gedanken rasten in ihrem Kopf. Ihr war so übel, dass sie kaum klar denken
konnte. Es kam ihr so vor als hätte sie überhaupt nicht geschlafen.
„Hermine?“,
unterbrach Harry gereizt ihre Gedanken. Er hatte wohl schon gesprochen gehabt.
Hastig sah sie ihn an.
„Ähm, was?“
Er atmete aus.
„Was ist
los mit dir? Du bist heute irgendwie…“ Er schien nach dem richtigen Wort zu
suchen.
„-abgelenkt“,
schlug Ron kauend vor. Hermines Blick wanderte durch die Große Halle. Sie
konnte ihn nicht entdecken. Das war gut. Zwar glaubte sie nicht, dass er zu
Harry rennen würde, um es ihm zu sagen, aber… sicher war sie sich nicht. Malfoy
war lebensmüde genug, nahm sie an.
„Hermine?“
Wieder hatte Harry gesprochen, während sie gedanklich abwesend war.
„Entschuldige,
Harry, ich… - was?“ Ron und Harry sahen sie mit gerunzelter Stirn an.
Hermine, wenn du dich jetzt nicht
zusammen reißt!
„Kommst du
heute Nachmittag mit zu Hagrid?“, fragte Harry also anscheinend zum dritten
Mal, und Hermine ruckte nur mit dem Kopf.
„Ich… weiß
nicht, mal sehen. Nein, wahrscheinlich nicht“, schloss sie schließlich. Könnte
der Unterricht nicht endlich anfangen? Bitte?!
„Ich
glaube, jetzt ist sie wahnsinnig geworden“, murmelte Ron Harry zu, und ihr
Blick verfinsterte sich.
„Ich bin nicht taub, Ronald“,
erklärte sie knapp. Ron zog vorsintflutlich den Kopf zwischen die Schultern.
„Schon gut! Wie wäre es, wenn du deine schlechte Laune an Ginny in deinem Kurs
auslässt? Und nicht an uns“, bemerkte er kleinlaut, und Hermine seufzte auf.
„Ich habe keine schlechte Laune. Ich bin… nur wütend wegen…“ Sie wusste keine
Antwort darauf. Keine in einem Satz. Und keine, die den Jungen gefallen würde.
„Wegen Malfoy?“, schloss Harry bitter, und Hermines Schuldgefühle machten einen
Satz in ihrem Bauch.
„Wa…was?“, entfuhr es ihr erschrocken, und Harry ruckte mit
dem Kopf.
„Weil er den Ball bezahlen will“, erläuterte er ungeduldig. Und Hermine rang
sich eilig ein Nicken ab.
„Ja. Ja!
Deshalb!“, bestätigte sie hastig. Es gab hundert Gründe, wütend auf Malfoy zu
sein. Tausend!
„Er ist
eben ein Arschloch“, schloss Ron und beendete damit das Thema. Er begann dann
über Filch herzuziehen, und Hermine konnte sich
Merlin sei Dank bei diesem Thema raushalten. Ginny! Heute Nachmittag würde sie
wenigstens Ginny sehen. Ja, das brauchte sie. Sie hatte genug von den Jungen.
Von allen.
Sie saß auf
der kühlen Steinbank im Innenhofgarten des Schlosses. Die Glyzinien, oder
Blauregen, wie man sie hier nannte, hingen in herrlich blauer Pracht an den
Mauerwänden in dichten Blütentrauben, schwerfällig wie Weinreben, hinab.
Neben ihr
summten ein paar Bienen träge in den Rosenbüschen, und alle Vögel sangen heute,
bestimmt von der Sonne müde, eher verhalten um die Wette.
Die Sonne
schien warm und sommerlich auf ihre bloßen Beine hinab. Sie hatte heute in
weiser Voraussicht auf die Strümpfe verzichtet. Der Wind rauschte durch die
Blätter der Linden, und der Innenhofgarten war wie ein kleines Biotop, was sich
im großen Rechteck in die torbogenartigen Mauerunterführungen fügte.
Einige der
Schüler lümmelten sich auf dem grünen Gras in der Mitte vor dem Zierteich, und
Hermine sah einer Libelle zu, die auf einem der Seerosenblätter ein Nickerchen
zu machen schien. Der Körper glänzte grünlich in der Sonne. Das Wasser war in
ständiger Bewegung, denn ein angelegter kleiner Natursteinwasserfall
plätscherte beruhigend vor sich hin. Der Schilf, der um den See wuchs, wiegte
sich leicht im Wind, und von den Jasmin-Sträuchern neben ihr wehte ein
wunderbar süßer Duft in ihre Richtung.
Die wenigen
Schüler hier ruhten sich auf Decken aus und sprachen gar nicht. Sie genossen
die warme Sonne und die Freistunden, die sie wohl hatten. Auch Hermine gönnte
sich die Ruhe, denn Ron und Harry besuchten gerade Hagrid, Ginny hatte noch
Unterricht, bevor Hermines ZAG Kurs begann, und absolut niemand störte sie. Für
gewöhnlich war der Innenhof auch um einiges voller, aber wahrscheinlich waren
die meisten heute unten am See, bei einem solchen Wetter.
Sie hatte
sich bei den Jungen entschuldigt, denn sie brauchte ein bisschen Ruhe, um
nachzudenken. Sie hatte ihnen gesagt, sie müsste sich vor ihrem Kurs noch um
Schulsprecheraufgaben kümmern, was auch immer glaubwürdig war, aber jetzt
gerade ruhte sie sich einfach nur aus.
Sie
schlüpfte aus den flachen Schuhen und ließ ihre nackten Füße über den
Grashalmen baumeln. Das Gras war angenehm kalt. Der leichte Wind schien ihr
Gesicht zu streicheln, spielte mit ihren losen Haarsträhnen, und Hermine strich
sie lächelnd hinter ihr Ohr.
Das
schlechte Gewissen in ihrem Innern war heute angenehm still. Ein Zitronenfalter
flog unentschlossen vor ihr durch die Luft und ließ sich schließlich neben ihr
auf dem kühlen Stein der Bank nieder. Sie beobachtete, wie er seine Flügel
ausbreitete, und genüsslich schloss sie die Augen.
Am liebsten
würde sie hier wohnen, hier, im Innhofgarten. Hier war alles sommerlich
friedlich.
Kein Draco
Malfoy.
Sie wollte nicht
schon wieder an ihn denken, aber die Gedanken kamen, ohne dass sie es
verhindern konnte. Und sie brachten dieses Gefühl mit. Diese heißen
Schuldgefühle.
Sie hatte
von ihm geträumt, letzte Nacht. Natürlich. Ihre Hand hob sich unbewusst zu
ihren Lippen, als sie an den Kuss dachte, an die Minuten, die er sie gefangen
gehalten hatte, direkt unter ihm, unter seinem Körper.
Eine Wolke
schob sich vor die Sonne und die Hitze verschwand für einen kurzen Augenblick.
Sie öffnete
blinzelnd die Augen und schämte sich für ihre Gedanken, hatte fast Angst,
jemand hier hätte sie heimlich gelesen. Sie sah sich kurz um, aber die Schüler
lagen alle immer noch faul auf ihren Decken und räkelten sich in der
wiederauftauchenden Sonne.
Wieso hatte
er sie geküsst? Wieso hatte er das getan? Wie konnte er so etwas tun? Ohne
Skrupel, einfach so? Sie erinnerte sich schon kaum noch an ihr vorangegangenes
Gespräch. Hatte es etwas damit zu tun gehabt? Selbst wenn! Hätte er es doch
einfach nicht getan! Dann müsste sie jetzt nicht daran denken! Dann müsste sie
es vor allem nicht vor Harry und Ron verheimlichen. Und was bedeutete das
jetzt?
Dass er sie
mochte wohl kaum. Er war Draco Malfoy. Aber… küsste man jemanden, den man nicht
mochte? Sie spürte die Röte in ihren Wangen. Nein, sie mochte ihn nicht. Aber…
sie hatte ihn zurückgeküsst. Und Merlin, sie hatte es sogar gewollt. Und sie
wusste nicht, warum. Denn er war ein widerlicher Todesser. Sie spürte, wie ihre
Mundwinkel bitter nach unten sanken. War sie so ein Mädchen? Konnte sein Aussehen
plötzlich seinen verdorbenen, furchtbaren, verachtungswürdigen Charakter
wettmachen? Nein!
Das war
doch einfach nicht zu fassen. Sie war zwar unerfahren, aber sie wusste, das war
ein guter Kuss gewesen. Ein unglaublich guter Kuss. Warum ausgerechnet mit
Malfoy? Warum nur?! Und dass der Kuss vielleicht… gut gewesen war, bedeutete
noch lange nicht, dass irgendwas daran richtig war!
Sie hatte
sich hilflos gefühlt und ausgenutzt. Und es hätte nicht passieren dürfen! Er
nannte sie Schlammblut, Merlin noch mal. Er sollte es einfach nicht getan
haben! Was war in ihn gefahren? Sie hatte so viele Fragen. Und Harry war
unglaublich misstrauisch. Eigentlich immer. Sie hoffte, Malfoy würde es nicht
gegen sie ausspielen. Aber… Pansy würde dann wahrscheinlich eine Hetzjagd
veranstalten. Hermine atmete lange aus.
Ein Junge
auf einer Decke sah sie an. Sie bemerkte es erst jetzt. Erschrocken setzte sie
sich aufrechter hin. Ein Hufflepuff, so viel erkannte sie zumindest an seinem Hemd. Seinen Namen
wusste sie nicht. Kein Vertrauensschüler. Er schenkte ihr ein knappes Lächeln,
ehe er sich wieder seinem Gespräch zuwandte.
Fremde
Jungen lächelten ihr zu. Es passierte ab und an mal. In der Halle oder auf den
Fluren. Es war ihr schon aufgefallen, und sie schob es alles auf ihren
verdammten Busen, der so groß geworden war. Vor einigen Jahren hatte sie noch
überlegt, ihn kleiner zu hexen, aber sie hatte davon abgesehen. So groß war er
auch nicht, aber… und immer wieder fiel ihr dieser Vergleich ein, auch wenn es
absolut oberflächlich war… aber er war größer als Pansys.
Und sie
wusste, zumindest Pansy machte es wahnsinnig.
Hermine war
nicht eitel mit sich selbst. Ihr Körper war einfach so geworden, wie er jetzt
war. Der oberste Knopf ihrer Blusen ließ sich nicht mehr schließen. Wegen ihrem
Busen passten ihre Sachen nicht mehr, Pansy hatte ihr schon lange den Krieg
erklärt und Draco Malfoy fühlte sich gezwungen, sie zu küssen.
Vielleicht
ließ sich alles auf Hermines Körper zurückführen. Und wenn, dann verabscheute
sie ihren Körper einfach. Sie sah nicht anders aus als die anderen Mädchen! Und
sie befand Jungen sowieso für dämlich, die nur auf die Brüste eines Mädchens
achteten.
Sie wusste
nicht, wie oft sie diese Diskussion schon mit Ginny geführt hatte, die sich
immer über ihren Busen beschwerte, egal, wie oft Hermine ihr klarmachte, dass
das wichtigste eines Menschen bestimmt nicht in seinem BH steckte!
Und sie
füllte Körbchengröße D nicht mal völlig aus! Nicht
mal das. Madame Rosmertas Brüste aus den Drei Besen
war kein Vergleich zu ihren, nahm Hermine an. Rosmerta
hatte bestimmt Doppel F. Sie schloss genervt die Augen. Jetzt dachte sie auch
noch über ihre Brüste nach.
Aber
vielleicht war das besser, als über Malfoy nachzudenken, und über den Kuss, der
sie nicht so sehr beeindrucken sollte!
Sie hatte
sich gewehrt! Ja, hatte sie auch. Anschließend… - und wieso hatte sie nicht
geschrien? Wieso hatte sie ihn gewähren lassen?
Oh Merlin,
sie war so dumm! Was war nur in sie gefahren? Sie konnte nicht alles auf den
Schock schieben.
Und es war
ok. Es war alles in Ordnung, denn er hatte es gesagt. Es würde nie mehr
passieren. Und sie brauchte dafür nicht mal seine Bestätigung. Sie wusste, es
würde nie mehr passieren! Und wenn sie ihm zwei monatelang aus dem Weg ging, es
würde nicht mehr passieren! – Und er hatte es ja gesagt. Und es war auch egal,
denn selbst, wenn er es nicht gesagt hätte, sie würde es nicht noch einmal
passieren lassen.
Sie wollte
nicht mit ihm reden müssen. Sie wollte ihn nicht mal mehr sehen, aber sie
wusste, dass das wirklich schwierig werden würde. Wirklich schwierig….
Noch eine
Wolke schob sich vor die Sonne.
„Hey!“
Sie
erschrak so sehr, dass Ginny die Stirn runzelte. Der Schmetterling schwirrte
hastig davon. „Alles klar?“
„Ich… ja. Ich
hab dich nur nicht gesehen!“, erwiderte Hermine und rückte zur Seite.
„Hör mal,
hast du kurz Zeit? Also vor unserem Unterricht?“ Ginny setzte sich neben sie.
Hermine nickte. Ginny war sogar ihre beste ZAG-Schülerin. Hermine glaubte, sie
gab sich mit Absicht so viel Mühe.
„Klar,
Harry und Ron sind unten bei Hagrid. Alles ok? Wie war dein Tag?“, fragte sie
und war dankbar, dass sie mit ihren Gedanken nun in eine andere Richtung gehen
konnte.
„War ganz
ok, obwohl…“ Aber Ginny sprach nicht weiter. Hermine biss sich abwesend auf die
Unterlippe, während sie wartete.
„Obwohl was?“, fragte sie gespannt, aber Ginny seufzte auf.
„Hermine,
ich muss dir was sagen“, begann Ginny, und Hermines Augen weiteten sich kurz.
„Mir was…?
Was denn? Ist alles in Ordnung?“ Sie konnte sich eigentlich nicht vorstellen,
dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Ginny hätte es ihr längst gesagt, und so
besorgt musste sie wohl auch aussehen, aber Ginny lächelte plötzlich.
„Nein,
nein. Mach dir keine Gedanken, aber… was hältst du so generell von den
Slytherins?“, wollte Ginny plötzlich wissen, und Hermine spürte die Röte in
ihren Wangen erneut.
„Slytherins? Was? Wieso fragst du das?“, erkundigte sie sich vielleicht zu
hastig.
„Ich… nur
so! Was ist denn los, Hermine?“
„Nichts!
Gar nichts. Also… generell, manche Slytherins sind… nicht wirklich… also die
Siebtklässler sind schon eher… anstrengend. Und… der Rest…“ Sie überlegte eine
Spur ratlos. „Ich glaube, wir halten nicht ganz so viel von Slytherins, oder?“,
endete sie mit einem gequälten Grinsen. „Vielleicht solltest du Ron fragen“,
bot sie Ginny spaßeshalber an.
„Nein. Nein, es ist wichtig, ob du sie alle furchtbar findest oder-“
„Ginny, was
ist los?“
„Würdest du
mit einem von ihnen ausgehen wollen?“, brachte Ginny schließlich hervor.
„Ich… was?“
Hermine sah sie an. Meinte Ginny das ernst? Worauf wollte sie hinaus? Wusste
Ginny von dem Kuss? Das war unmöglich! Wer sollte es ihr erzählt haben? Malfoy
persönlich? Das hielt Hermine für abwegig. „Was meinst du damit?“, beschloss sie
einfach, Zeit zu schinden.
„Also, ich…
bin mir nicht völlig sicher, aber…“
Was? Oh
Merlin, wovon sprach sie?!
„Aber ich
denke Blaise Zabini ist interessiert.“
Hermine
schwieg für einen Moment. Oh Merlin. Ginny musste sich irren. Blaise Zabini?
Woher wollte Ginny so etwas wissen? Sie glaubte nicht, dass man so etwas
tagtäglich am Slytherintisch zu hören bekam. Oh ja, Blaise Zabini? Ja, der steht auf
Hermine Granger. Das weiß doch jeder. Als ob! Und vor allem war es
vollkommen absurd! „Blaise Zabini? Du musst dich irren, Ginny!“
Und Ginny
wirkte tatsächlich ein wenig gequält.
„Nein, ich
glaube nicht“, bemerkte Ginny leiser, damit die anderen hier draußen nicht
mithörten. „Blaise kam gestern zu mir, hat mich abgefangen und wollte mit mir
sprechen, ob er eine Chance bei dir hätte.“ Hermine Mund öffnete sich perplex.
Meinte Ginny das wirklich ernst? Blaise Zabini? Der Schönling Blaise? War seine
Mutter nicht sogar eine Veela? Er war zu Ginny
persönlich gegangen?
„Na ja, und
das ist eine ziemlich große Sache“, schloss Ginny ernst.
„Eine große
Sache?“, wiederholte Hermine verwirrt, und Ginny nickte.
„Ja,
natürlich. Ich meine, wir müssen mit Rons und Harrys Reaktion rechnen. Und die
wird… na ja, du kannst dir ausmalen, wie begeistert die beiden sein werden!“
Ginny seufzte auf.
„Ja, aber… ich kenne Blaise doch überhaupt nicht. Weshalb sollte ich überhaupt
riskieren, dass Harry ausrastet?“
„Weil ich
mir sicher bin, Blaise wird dich sehr bald fragen, ob du mit ihm ausgehst. Und ich
glaube nicht, dass er Hintergedanken hat. Ich glaube, er meint es ernst“, fügte
Ginny hinzu. „Und du solltest darüber nachdenken, ob du nicht ja sagen
würdest.“
Ihr Blick
verfing sich an der schlafenden Libelle. Blaise Zabini? Mit ihm hatte sich
Malfoy gestern gestritten. Oder nicht? So hatte es ausgesehen. Und er wollte
sie um ein Date bitten? Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Oder sagen
würde, wenn er sie fragte. Und Ginny glaubte nicht, dass es ein Trick sei. Dass
es einfach nur ein Scherz war.
Hermines
Herz klopfte. Blaise war zu Ginny gegangen. Extra, um herauszufinden, ob
Hermine mit einem Slytherin ausgehen würde? Würde sie? Sie küsste welche in
ihrem Wohnzimmer…. Aber sie hatte noch nie darüber nachgedacht, mit Blaise
Zabini auszugehen! Sie hatte noch nie über Blaise Zabini nachgedacht!
Hilfesuchend wandte sie sich an Ginny, die ebenfalls etwas ratlos wirkte.
„Also, ich würde vorschlagen, du probierst es aus. Oder auch nicht“, fügte sie
eilig hinzu, als sich Hermines Augen vor Schreck geweitet hatten.
„Ja sicher!
Und was sagt Harry dazu?“, erwiderte Hermine kopfschüttelnd.
„Ich weiß nicht, Hermine. Du kannst dich aber nicht nach Harry richten, was
deine Dates angeht. Harry würde bestimmt keinen Jungen für gut genug halten.
Merlin, ich halte schon keinen für gut genug!“, bemerkte Ginny, die
nachdenklich die Arme verschränkt hatte. Hermine würde sie gerne darauf
aufmerksam machen, dass sie die ältere war, aber sie verkniff es sich. „Aber
Blaise hat sich Mühe gegeben, zuerst mit mir zu sprechen. Die beste Freundin“,
fügte Ginny vielsagend hinzu. „Etwas viel Aufwand, nur um Harry zu ärgern,
oder?“
Hermine
verzog ratlos den Mund. „Oh, und magst du Blaise überhaupt?“, ergänzte Ginny
schließlich, und Hermine zuckte die Achseln. „Ich meine, gut sieht er aus.“ Ja,
Ginny hatte Recht. Blaise sah gut aus. Aber… er war ein Slytherin. Das einzig
Gute, was sie bisher über ihn sagen konnte, war, dass er sich anscheinend mit
Malfoy gestritten hatte. Und das war doch nicht ausreichend, oder? Und er nannte
sie nicht Schlammblut.
„Ginny, ich
glaube, wir haben nichts gemeinsam“, sagte sie zögernd. Ja. Genau. Und du küsst Malfoy, weil ihr praktisch ein
und dieselbe Person seid, richtig, Hermine?
„Hmm“, erwiderte Ginny unschlüssig.
„Und wenn
er doch bloß Harry aufregen will?“
„Also, ich
glaube ja, das ist eher Malfoys Job“, korrigierte Ginny sie. Hermine wollte den
Namen schon nicht mehr hören. Malfoy würde doch schlichtweg ausrasten, würde
einer seiner Slytherins mit einer Muggel ausgehen! „Aber… es ist deine
Angelegenheit. Ich habe Blaise schon gesagt, ich kann ihm nichts versprechen.“
Hermine sah
sie an. „Wie könnte ich so etwas vor Ron und Harry rechtfertigen?“, wollte sie
von Ginny wissen. Aber Ginny verdrehte die Augen.
„Hermine, das sind nicht deine Wachhunde! Du darfst auch alleine Entscheidungen
treffen.“
„Warum ist
es nicht einfach mal ein Gryffindor-Junge?“, brummte Hermine, mehr zu sich
selbst, als an Ginny gewandt.
„Einfach mal? Wie oft warst du denn schon
in dieser Situation?“, wollte Ginny neugierig wissen, aber Hermine schüttelte
hastig den Kopf, um die plötzliche Röte wieder zu vertreiben.
„Nein. Ich
meine… generell einfach…“, versuchte sie sich zu retten, und Ginny zuckte die
Achseln.
„Manchmal kann
man es nicht ändern, aber ich glaube nicht, dass du überhaupt Probleme hast,
einen Jungen zu finden. Dieser Hufflepuff da starrt dich die ganze Zeit schon
an“, flüsterte ihr Ginny unauffällig zu. Ja, vielleicht sollte Hermine einfach
mit dem ausgehen. Hufflepuff wäre kein Problem für Harry.
Harry…. Harry war wichtiger als jedes Date! Es war wichtiger,
dass sie mit Harry befreundet war, als irgendein Date zu haben, was Harry
aufregen würde. Er und Ron würden auch nie mit Pansy ausgehen. Niemals!
„Du denkst
wieder an Harry und Ron, oder? Weißt du, manchmal sind auch Harry und Ron
Idioten. Sie wissen nicht immer, was gut für uns ist. Und außerdem, es gibt
nicht nur schwarze Schafe in Slytherin!“ Zu gerne hätte Hermine Ginny gefragt,
wer in Slytherin denn wohl als passabel gelten würde, aber… dann wiederum fiel
ihr nur Blaise ein. Er war unauffällig, höflich, gutaussehend. Aber… sie kannte
ihn nicht.
„Um kurz
das Thema zu wechseln, was wirst du auf den Frühlings-Ball anziehen? Wollen wir
vorher noch mal shoppen gehen?“, erkundigte sich Ginny lächelnd, aber Hermine
schüttelte nur den Kopf.
„Ich gehe
bestimmt nicht auf Malfoys Casino-Night!“,
beschwerte sie sich knapp. Aber Ginny jedoch verdrehte die Augen.
„Ich sage
dir das gleiche, was ich schon Harry gesagt habe, Hermine. Das will er doch
nur! Er will doch nur, dass manche Leute nicht kommen, aber wir spielen ihm
nicht in die Hände. Soll er doch dumm genug sein, für alle zu bezahlen! Ich
finde es perfekt, endlich mal ein Anlass, sich wirklich schick zu machen.“
Hermine wollte Malfoy nicht sehen. Und sie wollte auch nicht auf seine Party.
Ihr fiel der wichtigste Faktor wieder ein.
„Und
Harry…?“ Hermine wagte gar nicht zu fragen, wie dieses Gespräch ausgegangen
war.
„Harry holt
mich in zwei Wochen um sieben Uhr vor dem Gemeinschaftsraum ab, um mit mir auf
den Vegas-Frühlingsball zu gehen“, schloss Ginny mit einem überlegenen
Ausdruck. Oh je. Harry ging also auf die Party. Und Hermine wusste, sie würde
nicht gehen, um Malfoy eins auszuwischen. Sie würde nur gehen, um aufzupassen,
dass Harry nicht ausrastete. Und aus keinem anderen Grund. Aber Ginny schien
sich ehrlich zu freuen. Hermine sah sie beinahe resignierend an.
„Was hast du ihm dafür versprochen, Ginevra
Weasley?“, wollte Hermine wissen, und anscheinend ging es mit Harry und Ginny
voran, auch wenn Ron davon wohl nichts hören wollte.
„Nichts,
was er nicht auch so haben könnte“, bemerkte Ginny vielsagend, und Hermine
stellte es sich schwierig vor, mit Harry Potter ausgehen zu müssen. Harry war…
schwierig. Aber wenn er sich jetzt mehr auf Ginny konzentrierte, vielleicht
würde er sie dann mehr ignorieren. „Ron ist wahnsinnig wütend. Aber Ron ist
ständig wütend“, ergänzte Ginny achselzuckend. Ja, Hermine wusste das. Und Rons
Wut hatte auch nicht nur mit Harry und seiner kleinen Schwester zu tun, das
wusste Hermine auch. „Hey, dann könnte ich mit Harry gehen und du mit Blaise“,
schlug Ginny jetzt vor. „Ich hatte schon Sorge, dass Harry dich fragen würde“,
bemerkte sie kleinlaut.
„Mich?“,
entfuhr es Hermine überrascht und äußerst ungläubig. „Harry will nicht mit mir
ausgehen, Ginny“, erklärte sie kopfschüttelnd.
„Manchmal
bin ich mir da nicht so sicher. Manchmal denke ich, Harry würde…“ Sie sprach
nicht weiter. Hermine war dieses Gespräch unangenehm. Als ob sie jemals in
Erwägung ziehen würde, mit Harry auszugehen! So war ihre Beziehung nicht! Auch
wenn Malfoy es bei jeder Gelegenheit andeutete!
„Ginny!“,
sagte Hermine streng. „Ich würde dir niemals wehtun. Ich würde niemals mit
Harry ausgehen. Und ich weiß, dass er mich so nicht sieht, ok?“
„Er sieht
dich, Hermine“, erwiderte Ginny still. „Glaub mir, er sieht dich bestimmt auch
so. Auch wenn… wenn er es nicht immer zeigt oder zugibt, aber… das kann ich
auch nicht ändern. Ihr wart schließlich zusammen während des Kriegs. Auf
nächster Nähe. Und… ich meine, wenn er… ich könnte es ihm auch nicht
verdenken!“, schloss sie, ohne Hermine anzusehen. Aber Hermine schüttelte
vehement den Kopf.
„Ginny, wie
kannst du denn so etwas denken? Zwischen mir und Harry war nie irgendetwas und
es wird nie irgendetwas sein!“ Es war doch absurd, dass sie so ein Gespräch
führten, oder nicht? Hermine verstand Ginny nicht. Harry ging mit Ginny auf den
Ball. Das bedeutete doch eben gerade, dass er nicht mit ihr, Hermine, gehen
wollte!
„Jaah, schon gut. Ich weiß“, beteuerte Ginny mit hängendem
Kopf. „Vielleicht… erhofft sich Harry eben doch, dass du irgendwann-“
„-nein!“, unterbrach Hermine sie rigoros. „Dann gehe ich lieber mit Blaise aus,
um dir zu beweisen, dass so etwas niemals passieren wird!“, drohte Hermine
jetzt. Mit Blaise Zabini ausgehen. Sie wüsste nicht mal, worüber sie mit ihm
sprechen sollte!
„Ja, genau.
Und dann verkuppeln wir Ron noch mit Pansy, und alles ist perfekt!“, entgegnete
Ginny jetzt nickend. Hermine verdrehte die Augen bei diesem Gedanken.
„Hermine?“ Ginny schien noch weitere unangenehme Themen auf Lager zu haben.
Hermine rutschte ängstlich auf der Steinbank nach vorne.
„Ja?“ Sie
wollte fast nicht, dass Ginny weitersprach.
„Was ist
mit Ron?“, griff Ginny jetzt ihre Worte wieder auf. Hermine runzelte die Stirn.
„Was meinst
du? Generell? Ich denke-“
„Nein,
nicht generell“, unterbrach Ginny sie kopfschüttelnd. „Ich meine, Ron würde
bestimmt mit dir auf den Ball gehen“, fuhr Ginny fort. Hermine runzelte die
Stirn.
„Ron? Ich
denke, du willst mir einfach jeden Jungen zuschieben, der dir gerade ins
Gedächtnis kommt, oder?“, wollte Hermine ungläubig wissen. Ginny seufzte auf.
„Du bist
eben zu hübsch, Hermine. Kein Wunder, dass Harry und Ron dich mit anderen Augen
sehen, als noch vor sieben Jahren“, bemerkte Ginny, und Hermine musste das
erste Mal seit Tagen wirklich lachen. Sie lachte befreit, und fand es fast
herrlich mit Ginny über solche belanglosen Dinge zu sprechen. Ginny verdrehte
die Augen. „Ich meine das ernst, Hermine“, beteuerte sie, aber das brachte
Hermine nur noch mehr zum Lachen. „Du kannst nicht für immer Single bleiben.
Irgendwann wird der erst schon kommen!“, endete Ginny nickend. Und Hermines
Lachen ebbte langsam ab. Sie wischte sich eine Lachträne von der Wange.
Ja, der
erste war bereits gekommen, dachte sie plötzlich. Zwar war es nur ein
flüchtiger Kuss gewesen, aber ein Junge war bereits in ihre nächste Nähe
gekommen. Und dann ausgerechnet dieser Junge! Sie schüttelte knapp den Kopf, um
den Gedanken zu verscheuchen.
„Ok,
Ginny“, sagte Hermine nur. „Ich habe mir angehört, was du sagen wolltest, und
ich denke, ich…“ Sie überlegte kurz. Sie wusste nicht, was sie tun würde.
„Ich möchte
weder mit Ron noch mit Harry auf den Ball gehen“, begann sie schließlich. „Und
Blaise Zabini soll erst mal den Mut aufbringen und mich tatsächlich fragen.
Dann sehen wir weiter“, schloss sie. Ginny lehnte mit geschlossenen Augen ihren
Kopf in die Sonne. Und Hermine wusste, Ginny musste blind sein, wenn sie
glaubte, dass Harry sie nicht wollte. Was auch immer Harry für sie, Hermine,
fühlte, hatte nichts mit seinen Gefühlen für Ginny zu tun. Hermine wusste, wie
er Ginny manchmal beobachtete, wenn Ginny nicht hinsah.
Für sie stand
außer Frage, dass Harry und Ginny zusammen gehörten. Und Ron wusste das auch.
Wen könnte er außerdem besseres für seine Schwester finden? Und Ron? Ron würde
sie niemals um ein Date bitten. Sie waren weit davon entfernt. Die Sache mit
Ron… war seit drei Jahren nicht mehr aktuell. Im Krieg hatte sie noch
Hoffnungen gehabt, aber… die waren alle zerschlagen. Sie war über Ron hinweg.
Und er war wohl niemals auch nur für eine Sekunde in Versuchung gewesen, sie um
irgendwas zu bitten. Hermine wusste das mit Sicherheit.
Das waren
auch alles sehr hypothetische Gedanken. Aber ein Gedanke blieb in ihrem Innern.
Der Gedanke an Draco Malfoy. Sie hatte ihn nicht abgeschüttelt, denn… sie hatte
Draco Malfoy geküsst. Und jetzt konnte sie es nicht mal mehr Ginny sagen. Denn
Ginny hielt Verbindungen mit Blaise Zabini, Ron und Harry und einem fremden
Hufflepuff-Jungen für möglich. Aber bestimmt nicht eine Verbindung mit Draco
Malfoy. Und das wollte Hermine auch so beibehalten.
~*~
Heute
schienen alle mehr Hunger zu haben. Die Große Halle platzte aus den Nähten und
es herrschte so aufgeregtes Geplapper, wie schon lange nicht mehr. Aber Hermine
wusste, warum. Pansy hatte dafür gesorgt, dass Plakate aufgehangen
wurden. Die Casino-Night war jetzt mit allem drum und
dran angekündigt worden, nachdem Snape tatsächlich sein Einverständnis gegeben
hatte.
Ron war
missmutig, Harry war zwar schon von Ginny besiegt worden, war aber auch noch
missmutig, und Hermine war mit den Gedanken woanders, während sie Blaise Zabinis Hinterkopf betrachtete. Ginny saß zwei Plätze
weiter neben Harry.
„Und hat
Hagrid irgendwas Spannendes erzählt?“, wollte Hermine aufmunternd von Ron neben
ihr wissen. Dieser hob mürrisch den Blick.
„Nicht
viel. Er und Madame Maxime gehen diesen Sommer zelten. Er hat irgendwie
anklingen lassen, dass sie adoptieren wollen, wenn Madame Maxime jetzt nicht
schwanger wird, aber Harry und ich haben das Thema gewechselt“, fuhr Ron
angewidert fort. Hermines Augen wurden groß.
„Wie alt
ist sie? Sie sieht… so alt aus? Kann sie überhaupt noch Kinder kriegen?“
„Hermine!“
Ron deutete anklagend auf seinen Pudding. „Ich esse!“, beschwerte er sich.
„Gehst du
auf den Ball?“, fragte sie ihn stattdessen, und er ruckte mit dem Kopf. Sie
wollte dieses Thema sowieso mit ihm besprechen, wollte Ginnys Vermutung
zerschlagen, dass Ron mit ihr gehen wollen würde.
„Harry
geht, also…“ Er sprach nicht weiter.
„Ja, Ginny meinte, wir sollten gehen. Es ist unser letzter Ball“, fügte sie
nachdenklich hinzu.
„Jaah…“ Ron hob den Blick zu ihrem Gesicht. Er sah sie
seltsam an, fand Hermine. Sofort fuhr sie sich mit Hand über die Wange.
„Hab ich
was im Gesicht?“, fragte sie sofort, aber Ron schüttelte stumm den Kopf.
„Nein.
Nein, alles perfekt“, erwiderte er und schob den Pudding zur Seite. „Ich glaub,
ich bin müde“, schloss er schließlich. „Ich gehe hoch. Wir sehen uns morgen,
ok?“ Sie nickte nur perplex. Was war das denn? Hatte sie irgendwas Falsches
gesagt? Sie atmete langsam aus. Ihr Blick glitt wieder zum Slytherintisch.
Nein, sie
kannte Blaise Zabini überhaupt nicht.
Sie verließ
mit Harry und Ginny zusammen die Halle und verabschiedete sich im zweiten Stock
von beiden. Sie würde ihre Bücher holen, und in der Bibliothek lernen gehen.
Sie würde dies ziemlich schnell erledigen, dann bestand die Chance, dass sie
ihn heute nicht sehen musste. Das war gut. Das war wirklich… gut.
Sie öffnete
die Tür mit dem verhassten Passwort. Ja, sie hasste ihn wirklich.
Kurz
stockte ihr Atem, denn… er war hier.
Sofort
beschleunigte sich ihr Herzschlag. Es verschaffte ihr dennoch eine seltsame
Ruhe, ihn hier zu wissen. Hier, in ihren Räumen. Und hatte sie den Tag über
angezweifelt, ob es tatsächlich passiert war, so wusste sie jetzt wieder mit
Sicherheit, dass sie sich gestern erst geküsst hatten.
Sie und
Draco Malfoy. Und niemand wusste es.
Und er
machte sie genauso wütend wie immer. Immerhin war die Wut ein Gefühl, mit dem
sie umgehen konnte. Denn der verdammte Kamin brannte. Und das löste einfach nur
ganz normale Wut in ihr aus.
Er sah auch
aus wie immer. Aber was hatte sie erwartet? Dass er sich über Nacht verwandelt
hätte? Plötzlich zu dem Monster geworden war, das er schon immer gewesen ist?
Allerdings sah sie ihn mit etwas anderen Augen. Mit beinahe ängstlichen Augen,
denn sie wusste plötzlich, wie sich seine Lippen anfühlten, wie es sich
anfühlte, wenn er seine Zunge zwischen ihre Lippen schob, wie sich die Muskeln
seiner Arme anfühlten, wenn er sie um ihre Taille – nein! Stopp! Und er sah sie
nicht einmal an!
Die blonden
Haare fielen ihm locker zu beiden Seiten, er trug keine Krawatte mehr, und das
Hemd hatte er nicht ganz zugeknöpft. Er wirkte jedoch… nervös. Seine Stirn war
gerunzelt.
Er wirkte
fast verkrampft. War sie dafür der Grund? Spannte er sich an, weil sie gerade das
Zimmer betreten hatte?
Er
beachtete sie nicht. Nicht einmal als sie ganz eintrat, die Tür schloss und in
die Mitte des Raumes kam. Sie hob wieder den Blick zu seiner Gestalt. Und sie
verfluchte sich innerlich dafür, dass sie sprach. Es war ein Reflex. Es war
eine ganz normale Reaktion auf einen Menschen, der im Raum stand. Sie hatte für
eine Sekunde vergessen, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte. Nur für eine
Sekunde.
„Alles ok?“, fragte sie tatsächlich…
- und wieso
tat sie das?!
Es war doch
völlig egal, ob alles ok war! Er war Malfoy, und es interessierte sie einen
feuchten Eulenmist, ob alles ok war! Von ihr aus, könnte er kopfüber aus dem
Fenster hängen, und sie würde ihm lediglich einen guten Flug nach unten
wünschen! Hermine, tadelte sie sich selbst. Bist
du verrückt geworden? Wahrscheinlich! Sie schloss ungläubig die Augen und
schüttelte über sich selbst den Kopf.
„Was wird
das?“, wollte er feindselig von ihr wissen, die Stimme so arrogant, so
widerlich, wie sie sie kannte. Und fast beruhigte es sie, dass er nicht anders
mit ihr sprach. Nicht anders als sonst. Es beunruhigte sie nur, dass sie
ausgerechnet von diesem Jungen träumte. Sie fasste ihn noch einmal näher ins
Auge. Ja. Sie träumte von ihm. Und sie wusste nicht warum. Oh, sie wusste warum,
aber… sie sollte nicht! Ihre Finger kribbelten.
„Gar
nichts!“, gab sie genauso kalt zurück und setzte ihren Weg fort. Sie sollte
überhaupt nicht mit ihm reden, als hätte er es verdient, dass man mit ihm
sprach. Wenn, dann sollte sie schreien und ihm drohen, ihn aber bestimmt nicht
fragen, ob alles in Ordnung war! Nein, gar nichts war in Ordnung, und sie
wünschte sich, sie könnte die Worte zurücknehmen. Er hatte sie geküsst! Er
sollte gar nicht so tun, als… als… - es machte sie wahnsinnig! Diese Sache!
Dieser Kuss, der anscheinend vollkommen irrelevant war. Dabei… war er alles
andere als das! Und sie wusste, sie mussten es irgendwie klären, denn gestern
hatten sie das nicht getan. Es gab wichtige Dinge, die sie klären mussten!
Hermine
musste wissen, was es zu bedeuten hatte, und was es weiterhin bedeuten würde.
Sie konnte es nicht in sich hineinfressen, schon gerade weil sie mit niemandem
darüber sprechen konnte.
„Malfoy!“,
sagte sie fest, und er war schon an seiner Tür angekommen gewesen.
Er blieb
stehen. Sie hörte ihn gereizt ausatmen. Natürlich!
Tu ruhig so, als wäre dir alles lästig, du Arschloch!
„Was?“
Sie hörte,
wie widerwillig er mit ihr sprach. Seine Worte waren kurz und scharf. Wieso
wollte sie es dann unbedingt? Weil solche Dinge nicht einfach passierten und
man dann nicht weiter darüber sprach! Er hatte sich nicht einmal bei ihr
entschuldigt! Nicht einmal das! Was dachte er? Dass sie es einfach gut sein
lassen würde? Wahrscheinlich dachte er das! Oh, er konnte so froh sein, dass
sie es nicht Harry erzählt hatte! Aber… konnte sie wirklich? Dann hätten er und
Malfoy sich wahrscheinlich wirklich geprügelt, und Snape hätte weiß Merlin was
für Konsequenzen daraus gezogen.
Sie atmete
resignierend aus. Es machte keinen Sinn. Es machte keinen Sinn, mit Draco
Malfoy zu reden. Das wusste sie doch schon! Wieso versuchte sie es dann?
„Gar
nichts“, wiederholte sie kopfschüttelnd, aber dieses Mal wandte er sich zu ihr
um.
Er sah sie
an. Ihre Bauchschmerzen kehrten mit aller Macht zurück.
Wieso hast du mich geküsst? Wieso,
Malfoy? Wieso hast du das gemacht? Wieso kann ich es nicht einfach sagen? Wieso
guckst du mich so an, als wäre nichts passiert?!
„Was?“,
wollte er erneut wissen, diesmal am Rande seiner Geduld. Aber da war er sowieso
immer schon, wenn sie ein Gespräch führten. „Granger, ich kann deine
verfluchten Gedanken nicht lesen“, spuckte er ihr förmlich entgegen und schien
wieder einmal tatsächlich darauf zu warten, dass sie etwas sagte, was er
ohnehin schon wusste. Sein Zorn war ihr so vertraut, viel vertrauter als alles
andere. Und es machte ihr Angst, dass er tatsächlich zu etwas anderem fähig war
als Zorn, ihr gegenüber.
„Es war
nicht wichtig“, räumte sie still ein. Sie hörte ihn auflachen.
„Granger,
was du sagst ist nie wichtig. Würde
ich danach gehen, müsste ich kein einziges Wort mit dir sprechen.“ Natürlich.
Sie war in seine Falle getappt. Fast verdrehte sie die Augen.
Oh ja. Er
war wieder Malfoy. Ganz Malfoy. Sie standen beide vor ihren Zimmern. Es war die
möglichst größte Distanz, die sie in diesem Raum zwischen sich bringen konnten.
„Das wäre
mir ohnehin lieber“, schloss sie nickend. „Wenn du dann gehen würdest?“, fügte
sie mit erhobener Augenbraue hinzu, als er immer noch vor seiner Tür stand. Und
sie sah, wie er zornig die Augen verengte.
„Granger,
du Miststück, du hältst mich auf – nicht umgekehrt!“, knurrte er. Ja, er
beleidigte sie. So wie sonst auch. Und sie hasste es.
„Ja, und
jetzt bin ich fertig damit!“, gab sie genauso laut zurück.
„Fein!“
„Ja!“
„Gut!“, erwiderte
er, nicht willig, ihr das letzte Wort zu gönnen.
„Verpiss
dich, Malfoy!“
„Halt
deinen Mund, Granger!“
Halt deinen Mund…. Das hatte er auch gestern gesagt,
bevor er…. Sie sah ihn an. Worauf wartete er noch? Oh, er machte sie so wütend!
Sie ballte die Hände zu Fäusten. Es war ein gewöhnlicher Schlagabtausch, aber
dahinter lauerte so viel mehr. Sie wusste es. Und er musste es doch auch
wissen!
„Geh
endlich!“ Es war ihr Rückzug. Nicht strategisch oder überlegt. Nein, sie hatte
mit ihm gesprochen, und das hätte sie besser nicht getan. Es war alles wie
immer.
„Fick dich,
Granger“, sagte er nur und wandte sich zur Tür.
„Warum hast du dich mit Blaise gestritten?“, entfuhr es ihr schneller, als sie
hatte nachdenken können. Sie schloss die Augen. Gott, sie war so dumm! Jetzt
fiel ihr Blaise wieder ein! Ausgerechnet jetzt! Sie wusste, warum. Sie wusste,
dass es in ihrem Kopf keinen Sinn ergeben hatte, dass sich Malfoy mit einem
seiner besten Freunde stritt. Sie wollte wissen, ob Malfoy es wusste. Ob er wusste,
dass Blaise sie um ein Date bitten wollte. Aber… sie wusste nicht, warum sie es
wissen wollte. Wieder sah sie ihn innehalten. Langsam, gefährlich langsam, hatte er sich wieder umgewandt. Der Zorn stand
ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Glaubst du
ernsthaft, ich rede mit dir über irgendetwas,
Granger?“, fuhr er sie wütend, an, und nein.
„Nein, du
redest nie, Malfoy! Du beleidigst mich, und das war‘s!“ Nein, seit neuestem war
es das ja nicht mehr. Wieso sagst du es
nicht einfach, Hermine? Merlin, jetzt ist es auch egal!
„Mehr bist
du auch nicht wert!“, spuckte er ihr entgegen. Oh ja?! Er hatte sie GEKÜSST, Merlin noch mal! Und jetzt tat
er so als wäre es vollkommen egal.
„Ja, wenn
du das denkst, wie kommt es dann, dass du…“ Er sah sie an, und sie konnte nicht
weiter sprechen. Merlin…. „Dass du…“ Und plötzlich erschien reges Interesse in
seinen grauen Augen.
„Was? Was,
Granger?“ Er lächelte ein bitterböses Lächeln, schien sich also innerlich für
eine kindische, dämliche Antwort zu wappnen, und Hermine konnte nur zusehen,
wie er den Spieß umdrehte. Wie er ihre Gedanken einfach erriet, und sie hasste
ihn dafür!
„Ich bitte
dich, du schmutziges, kleines Schlammblut. Du hast noch immer einen verdammten
Knoten in deinem langweiligen weißen Schulsprecher-Höschen, oder? Fuck, dann
haben wir uns geküsst! Es bedeutet rein gar nichts, ok?“, knurrte er jetzt
zornig. „Du schmeichelst dir nur selber, wenn du denkst, es war irgendwas
dahinter, was ich nicht schon längst bereue, ok? Weswegen ich nicht schon längst
Magenschmerzen bekommen habe, weil du so verdammt widerlich bist. Also, wenn es
das ist, was du fragen wolltest, wenn es das ist, was in deinem verdammten
Schlammblut-Kopf vor sich geht, dann versichere ich dir, hier und jetzt, dass
es verflucht noch mal vollkommen-“
Und sie
schaffte es tatsächlich die Situation noch schlimmer zu machen.
„Nein! Das
war nicht in meinem Kopf, du scheiß Todesser! Sondern… warum du die Briefe von
deinem scheiß Vater nicht geöffnet hast!“
Und diese Worte
wischten ihm jede Überlegenheit vom Gesicht. Und er hatte sich in Bewegung
gesetzt!
Oh verflucht!
Und ja, sie
empfand bodenlose Angst, denn er sah mehr als nur zornig aus. Hastig hexte sie
ihre Tür offen, aber er hatte den halben Raum durchquert. Sie schlüpfte in ihr
Zimmer und schlug die Tür zu.
Sofort
spürte sie, wie seine Hand nach dem Knauf griff, ehe sie die Tür versiegeln
konnte.
„Weg von
der scheiß Tür, Granger!“, knurrte er so laut und kalt, dass sie die Tränen der
Angst spüren konnte. Großartig, Hermine! Wirklich gut gemacht! Sie stemmte sich
mit ihrem Gewicht gegen ihre Tür. Sie versteckte sich in ihrem Zimmer vor Draco
Malfoy. Und sie hatte ihn ärgern wollen. Sie hatte ihm beweisen wollen, dass es
sich durchaus lohnte, mit ihr zu streiten, denn manchmal hatte sie etwas im
Ärmel, dass selbst ihn überraschen konnte. Aber warum… warum hatte sie
ausgerechnet dieses Thema gewählt? Da wäre es besser gewesen, hätte sie ihn
weiter nach Blaise gefragt!
„Du kleine
Schlampe, du warst in meinem Zimmer?“, brachte er so laut über die Lippen, dass
die Worte von den Wänden widerhallten. „Mach sofort die Tür auf!“ Wieso… wieso
hatte sie das getan? Sie wusste es nicht! Sie hielt die Tür mit aller Macht zu,
aber sie wusste, sie würde es nicht schaffen. Und es war fast lächerlich! Fast.
Hätte sie nicht so viel Angst.
Und er warf
sich im nächsten Moment gegen die unverschlossene Tür. Es war zu viel Kraft
dahinter. Sie sprang auf, und schon umschlossen seine Finger die Türkante, und er schob sie fast mühelos auf. Sie stolperte
nach hinten und fiel auf ihren Teppichboden. Sie schob sich über dem Boden vor
ihm zurück und griff nach ihrem Zauberstab. Sie richtete ihn direkt auf ihn. Er
war noch nie in ihrem Zimmer gewesen. Und am liebsten würde sie das auch so beibehalten!
Er sah
zornig auf sie hinab, aber der Zauberstab in ihrer Hand, schien ihn zumindest
abzuhalten, ihr Zimmer zu betreten. Sie bot ein ziemlich unwürdiges Bild, nahm
sie an.
Es war ihre
eigene Schuld. Wieso hatte sie nicht den Mund gehalten? Sie sah zu ihm auf. Oh,
er war zornig. Unheimlich zornig! Sie kam zitternd wieder auf die Beine, und er
schien es nur als Einladung zu betrachten, ihr Zimmer zu betreten. Sie durfte
keine Angst vor ihm haben! Sie dachte an die Pläne für die Vertrauensschüler,
versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, wer Samstag patrouillierte, überlegte,
welche Farbe das Kleid haben würde, was sie zum Frühlingsball anziehen würde,
aber sein eisigkalter Blick drang zu ihr durch.
„Mit
welchem verfluchten Recht warst du in meinem scheiß Zimmer, du widerliches
Schlammblut?“, schrie er plötzlich, und sie zuckte vor Schreck zusammen. Der
Zauberstab in ihrer Hand zeigte noch immer auf seine Brust.
Devon Parker und Daisy Milas waren am
Samstag dran,
überlegte sie krampfhaft.
„Antworte
mir!“, schrie er erneut. Oh Harry! Harry, Harry, Harry! Sie sollte um Hilfe rufen! Er war zu
nahe! Viel zu nahe!
„Malfoy-“
„-Granger,
ich frage dich nicht noch einmal! Nimm deinen verdammten Zauberstab runter!“
„Du bist ein
Arschloch!“, spuckte sie ihm entgegen. „Ich war in deinem scheiß Zimmer, weil
du die Pläne nicht fertig hattest!“, entgegnete sie mit zittriger Stimme. „Geh
sofort weg von mir, Malfoy!“
Aber er kam
nur noch näher.
„Die
Pläne?“, wiederholte er zornig und schien dann zu begreifen. „Oh, du bist
unfassbar! Das ist nicht dein verdammter ernst! Was denkst du eigentlich, wer-“
„Geh weg
von mir!“, schrie sie lauter. „Du hast kein Recht, mich hier gefangen zu
halten, du widerliches Schwein!“, rief sie außer sich, und er sah sich
abschätzend um. Sein Blick glitt über ihren weißen Schreibtisch, die weißen
Aufstellregale von Ikea, die ihr Vater geschickt hatte und die sie und Harry
und Ron aufgebaut hatten. Über den weißen Kleiderschrank mit dem langen Spiegel
in der Mitte und über ihren beigen Teppich. Und sie hasste, dass er ihre Sachen
mit Abschätzung betrachtete.
„Dein
Zimmer ist so widerlich, wie du es bist, Granger“, erwiderte er.
„Ich
verfluche dich!“, drohte sie.
„Wirklich?
Snape wird sich freuen! Du brichst in mein Zimmer ein, und dann verfluchst du
mich!“
„Du bedrohst mich, du Arschloch!“, schrie
sie zornig, und er kam noch näher.
„Das würde
dir gut gefallen, oder?“, knurrte er jetzt, und sie hatte ihre Bettkante in den
Kniekehlen, als er den Abstand geschlossen hatte.
„Geh weg
von mir!“, zischte sie. Aber sein Blick hatte etwas widerlich Überlegenes
angenommen.
„Wenn du
mich verfluchen wolltest, hättest du das jetzt schon getan, Granger! Aber ich
bin mitten in deinem Zimmer, ich stehe genau vor dir, und selbst ein dummes
Schlammblut sollte so ein Ziel nicht verfehlen können-“
„-halt deinen Mund, Malfoy!“, rief sie, und sie konnte nicht fassen, wie alles
so schnell so falsch gelaufen war! Und er sah sich um.
„Du brichst
in mein Zimmer ein, und suchst nach meinen verdammten Briefen“, sagte er
bedrohlich leise, und sie schüttelte den Kopf.
„Nein! Als
ob es mich interessieren würde, ob-“
„-ich
könnte dein Zimmer durchsuchen, Granger!
Vielleicht würde ich-“ Und er setzte sich in Bewegung, um anscheinend ihre
Regale zu durchsuchen, aber sie hatte nach seinem Arm gegriffen. Er würde hier
nichts durchsuchen! Er würde hier keine willkürliche Unordnung machen, nur um
sie zu bestrafen!
„Vergiss
es, du-“
„-fass
mich nicht an!“, donnerte er plötzlich, und sie zuckte zusammen, ließ
beinahe augenblicklich seinen Arm los, und er fixierte sie voller Hass. „Du
bist es nicht wert, Granger! Nichts hiervon!“, knurrte er, und sie verstand
nicht, was passiert war. Er hatte den Zauberstab aus ihrer Hand geschlagen, und
sie zuckte zusammen vor Schreck, als er ihre Schultern umfasste. Nicht schon
wieder! Nein! Nicht schon wieder!
„Denkst du,
das hier ist Spaß? Denkst du das?“, rief er so zornig, dass sie tatsächlich
Angst bekam. Seine Augen waren dunkelgrau vor Zorn. „Denn es macht keinen
verdammten Spaß!“, schrie er. Er brachte sie näher an sich. „Weißt du, ich
könnte mich-“
„Hermine!“
Die Stimme
kam von draußen. Vor der Haupttür! Malfoy hatte innegehalten.
„Ich sehe
deine verfluchten Wachhunde lassen dir keine ruhige Minute! Du kannst mir nicht
erzählen, dass du keinen von ihnen nie rangelassen hast!“, knurrte er
zusammenhanglos. „Warum sollten sie dich sonst ständig retten wollen?“
„Malfoy, lass
mich los!“, sagte sie mit beinahe fester Stimme. „Ron wird dich-“
„-Ron wird mich was?“, wollte er
herausfordernd wissen. Sie bereute es, diesen Satz angefangen zu haben. „Ron würde bestimmt wahnsinnig werden,
wenn er wüsste, dass du lieber mich geküsst hast, bevor du ihn ranlassen
würdest!“, entfuhr es ihm kalt. Und sie wehrte sich in seinem Griff. Das hatte
er gerade nicht wirklich gesagt! Es war unmöglich, dass er das gerade gesagt
hatte! Ihr Herz schlug schnell, und ihr wurde schlecht bei seinen Worten! Nein!
„Hermine ich schlage die Tür ein!“ Sie
nahm an, er hörte Malfoy schreien. Sie konnte nur hoffen, er hörte seine Worte
nicht. Sie hatte Angst.
Sie entzog
ihre Schultern mit einem Ruck aus seinem Griff und war im Begriff ihr Zimmer zu
verlassen. Egal, ob er noch hier drin war oder nicht, denn Ron würde nicht die
Türen einschlagen! Aber Malfoy war schneller, umfing ihr Handgelenk und hielt
sie erneut auf.
„Du
schlichtest schon wieder, Granger“, stellte er rau fest. „Warum lässt du die
Dinge nicht einfach so passieren, wie sie passieren sollen, du dummes
Miststück?“, wollte er tonlos von ihr wissen, und wieder entzog sie ihm mit
voller Kraft ihren Arm.
„Und dann
was? Ich soll Ron die Tür einschlagen lassen, damit ihr euch schlagen könnt?
Nein, Malfoy!“ Sie schüttelte heftig den Kopf. Wie sollte man vernünftig mit
einem Wahnsinnigen argumentieren? Er war so böse, so zornig, und sie wusste
nicht mehr, was verlockend gewesen war, ihn zu küssen! Da war nämlich gar
nichts!
„Du kannst
nicht alles verhindern, du dummes Schlammblut!“ Und sie wusste nicht mal mehr,
wovon er sprach. „Aber mach dem Arschloch ruhig Hoffnung“, rief er ihr nach,
als sie die Stufen runter geeilt war. Hoffnung? Wovon sprach er? Sie wollte ihn
nicht mal verstehen!
Mit einem
Ruck hatte sie die Tür geöffnet. Ron stand mit erhobenen Fäusten davor,
wahnsinnige Wut in seinem Gesicht.
„Hermine!“,
keuchte er. „Alles in Ordnung, ich?-“ Doch sein Blick fiel ins Wohnzimmer, und
anscheinend auf Malfoy, der gerade aus ihrem Zimmer kam. Zielstrebig schritt
Malfoy die Stufen runter, während er Ron fixierte.
„Gib mir einen Grund Weasley“, drohte Malfoy,
immer noch vollkommen zornig.
„Nein! Gib
du mir einen Grund, Malfoy. Du kommst aus Hermines Zimmer! Was hat er da gemacht,
Hermine?“ Rons Stimme war tief, zornig, er sah sie nicht einmal mehr an. Er
dehnte seine Finger, ballte sie wieder zur Faust, und Malfoy kam unaufhaltsam
näher.
„Oh, ich
denke, in deinem verfluchten Kopf wirst du dir schon zusammenreimen, was ich
dort getan habe“, bemerkte Malfoy eisig.
„Nein! Hört
auf! Ron, es ist-“
„-es ist was,
Hermine?!“, schrie Ron jetzt. „Was hat er gemacht?!“, fügte er noch lauter
hinzu.
„Merlin, du
bist noch erbärmlicher als dein verdammtes Schlammblut!“
Und Hermine
schloss kurz die Augen. Nein. Wieso tat Malfoy das? Wieso nur? Was wollte er
erreichen? Sie hasste ihn! Es verging keine Sekunde, und sie öffnete die Augen
wieder, nur um sich vor Ron zu werfen.
„Nein!“
„Geh mir
aus dem Weg, Hermine! Er verdient die Strafe! Dieses Arschloch verdient-“
„Ron,
nein!“, rief sie laut. „Du kannst nicht-“
„-er macht
es immer wieder, Hermine!“ Und sie hatte Mühe, ihn überhaupt zu halten, und sie
würde es auch nicht mehr viel länger können.
„Ron, er
ist ein Arsch! Es ist nicht wichtig!“, versuchte sie ihn zu beruhigen, aber Ron
wollte an ihr vorbei.
„Du drehst
wahrscheinlich gerade durch, oder?“, wollte Malfoy lächelnd wissen. „Dass ich
alleine mit ihr in ihrem Zimmer war? Direkt vor deiner Nase, Weasley, du-“
„Es
reicht!“, knurrte Ron, schob sich an Hermine vorbei, die kurz strauchelte, und
sie sah, wie sich Malfoy überhaupt nicht wehrte, wie er stand, wartete, wie er
gar nichts tat, außer Ron gewähren zu lassen, als dessen Faust schmerzhaft in
sein Gesicht krachte.
Hermine schlug
die Hand vor den Mund, als sie das widerliche Geräusch hörte. Ron schüttelte
mit verzogenem Mund seine rechte Hand, während Malfoys Oberkörper nach vorn
gebeugt war. Rons Atem ging keuchend laut, und er verlagerte ständig sein
Gewicht, bereit den nächsten Schlag auszuteilen.
„Ron! Bist
du verrückt geworden?“, entfuhr es ihr. „Du wirst ihn nicht mehr schlagen!“ Sie
hatte sich sofort vor Ron gestellt. Sein Gesicht war verzerrt vor Wut. Er hatte
rote Flecken auf den Wangen, und sein Kiefermuskel war angespannt.
„Er ist ein
Wichser, Hermine. Er verdient genau das! Er bettelt doch drum!“
„Das ist
mir egal! Ich werde dir Punkte hierfür abziehen, Ronald! Das sind die Räume der
Schulsprecher! Ich habe dir gesagt, dass-“
„-bist du
blind, Hermine? Siehst du nicht, was er tut? Scheiß auf die Punkte!“, schrie
Ron außer sich, dass es in den Räumen nur so hallte.
„Ron-“
„-nein! Er
ist ein Schwein!“ Wieder wollte Ron auf ihn losgehen, und Malfoy richtete sich
auf. Blut war bereits auf sein weißes Hemd getropft, lief über seinen Mund, und
Hermine schüttelte schockiert den Kopf.
„Er blutet,
Ron! Hör auf! Hör auf damit!“, entfuhr es ihr panisch. „Lass ihn in Ruhe!“
Wieder stellte sie sich zwischen beide Jungen.
„Ihn in Ruhe lassen? Wieso sollte ich? Wieso
verteidigst du ihn, Hermine?“, krächzte Ron kopfschüttelnd, und ihr Mund
öffnete und schloss sich wieder.
„Das bringt
dich um, Weasley, oder?“, hörte sie Malfoy raue, angeschlagene Stimme. Sie
hörte ihn hinter sich husten.
„Hermine,
geh aus dem Weg“, befahl Ron tonlos. Und sie sahen sich an. Ron war soweit von
jeder Vernunft entfernt, dass es sinnlos war, zu reden. Sie spürte die Tränen
in sich aufsteigen, denn sie wollte das nicht! Sie wollte keine Gewalt hier,
wegen irgendwelchen Missverständnissen. War sie schuld? Hätte sie die Tür nicht
öffnen sollen? Dann hätte er sie eingeschlagen, und es wäre genau so passiert.
Nein, Malfoy war selber schuld! Aber er wehrte sich nicht mal! Fast kam es ihr
vor, als wollte er es so!
„Hör auf
damit, oder ich rede kein Wort mehr mit dir!“, erwiderte sie mit belegter
Stimme und stürmte zur Tür hinaus. Sie schlug sie ins Schloss, und wenn sich
beide umbringen sollten, dann sollten sie es ohne sie machen! Sollte sie Harry
Bescheid sagen? Nein, Harry würde über beide Beine stolpern, um Ron zu helfen.
Zornig lief sie den Flur entlang. Ihre Hände zitterten, und sie wusste nicht,
wohin, aber sie wollte dort nicht bleiben.
Musste sie
zu Snape? Sollte sie umkehren? Was, wenn Ron nicht auf sie hörte? Was, wenn es
ihm egal war, dass sie nicht mehr mit ihm sprechen würde? Was dann?!
Aber sie
hörte bereits, wie ihre Tür sich erneut öffnete, als sie am Ende des Flurs
angekommen war. Sie hielt inne. Und wartete.
Ron tauchte
keinen Moment später neben ihr auf, blieb neben ihr stehen und sah sie nicht
an.
„Er
verdient es nicht besser“, knurrte er bloß.
„Ron-“
„-er
verdient auch deine Gnade nicht, Hermine! Schulsprecher hin oder her!“,
unterbrach er sie zornig. Und wie immer, wenn dieses Wort fiel, verdunkelte
sich etwas in Rons Gesicht. Ein Schatten schien sich über seine Züge zu legen,
als wäre es ein schlechtes, böses Wort, was er benutzt hatte. Aber sie
ignorierte es.
„Gewalt ist
keine Lösung. Und ich erlaube sie auch nicht. Ich will sie nicht! Der Krieg ist
vorbei, ich habe genug Gewalt gesehen, Ron!“, fuhr sie ihn an. „Es reicht!“ Sie
stand beide vor dem großen Fenster am Ende des Gangs und sahen sich nicht mehr
an. „Hast du ihn noch mal geschlagen?“ Und sie dachte er würde ihr nicht mehr
antworten.
„Nein“, sagte
er schließlich. „Habe ich nicht. Das bedeutet aber nicht, dass er es nicht
verdient hätte“, fügte er gereizt hinzu.
„Tut… deine
Hand weh?“, erkundigte sie sich jetzt ruhiger, und er ruckte mit dem Kopf.
„Nicht
besonders“, erwiderte er. Sie wusste, er log, denn er dehnte immer noch seine
Finger.
„Ich will
das nicht mehr, Ron“, sagte sie mit Bedacht.
„Was hat er
in deinem Zimmer gemacht, Hermine?“, fragte er erneut. Sie seufzte auf.
„Gar nichts, Ron! Wir haben uns gestritten, er ist mir gefolgt – und das war
alles.“
„Wäre ich
nicht aufgetaucht-“
„-dann wäre
nichts passiert! Ron, ich komme mit ihm zurecht, ok? Ich brauche eure Hilfe
nicht!“ Richtig. Sie kam mit ihm zurecht. Oh, Merlin, was für eine Lüge! Aber
sie war so wütend auf Ron. „Was ist nur in dich gefahren?“
Zuerst sah
es aus, als würde er antworten, aber dann schüttelte er den Kopf. Es verging
ein kurzer Moment.
„Es war
einfacher früher“, erklärte er dumpf.
„Früher?
Wann?“, wollte sie wissen, während sie sich neben ihn stellte.
„Früher eben. Im ersten Jahr.“
„Im ersten
Jahr?“ Sie erinnerte sich kaum an das erste Jahr. Natürlich erinnerte sie sich
an den Stein der Weisen, an den Troll auf dem Mädchenklo, aber das war nicht
einfach gewesen. Es war auch nicht einfach für sie gewesen, überhaupt keine
Freunde zu haben.
Es war nie
einfach gewesen, eine Muggel zu sein, auf einer Schule voller Halb- und
Reinblüter. Sie sah zu Ron auf. Anscheinend dachte er an diese Zeit mit Wehmut
zurück.
Und sie
nickte. Denn sie verstand.
„Du meinst,
als ich nicht Schulsprecherin war.“ Wieder das Wort.
„Nein. Ich
meine…“ Aber er unterbrach sich, um dann ernst zu werden. „Ja, das meine ich“,
bestätigte er schließlich.
„Ron-“
„-ich
weiß“, unterbrach er sie bitter. „Ich… ich wollte mich bei dir entschuldigen
kommen, dass ich nach dem Essen einfach abgehauen bin. Ich hatte nicht
erwartet, mich mit ihm zu schlagen.“ Hermine wollte am liebsten erwidern, dass
er und Harry eigentlich ständig erwarteten, sich mit Malfoy zu schlagen, aber
sie sagte nichts.
„Es… es tut
mir leid, Hermine“, ergänzte er schließlich kleinlaut. „Es tut mir wirklich
leid.“
~*~
Er hatte
die Augen geschlossen. Immerhin lenkte ihn der Schmerz seiner Nase von den
Malschmerzen ab. Das war immerhin mal etwas Neues. Sein Atem ging langsam und
flach. Sein Kopf schmerzte, und er wusste nicht, ob er sich jetzt besser
fühlte.
Er wusste,
Weasley hatte keinen anderen Weg gesehen. Eigentlich wartete er nur darauf,
dass Potter auftauchen würde, dass Weasley sich Verstärkung besorgte. Draco
hatte nicht zugeschlagen. Er hatte es nicht gewollt. Er hatte gewollt, dass
Weasley ihn bestrafte. Bestrafte dafür, dass er sich nicht wie ein Todesser
verhielt, sondern in ihrer Nähe sein musste. Ihn dafür bestrafte, dass er mit
ihr sprach.
Die Tür
öffnete sich. Er erkannte ihre bloßen, glatten Beine vor sich, als er träge die
Augen öffnete. Er saß auf dem Boden, hatte den Rücken an die Wand gelehnt, und
hatte für eine Sekunde gedacht, Weasley wäre zurückgekehrt. Denn er hatte es in
seinem Blick gesehen. Er hatte ihn erneut schlagen wollen, aber anscheinend
hatte ihre lächerliche Drohung, nicht mehr mit ihm sprechen zu wollen, eine
seltsame Wirkung gehabt. Würde sie ihm so eine Drohung machen, würde er sie
liebend gern entgegen nehmen.
Und dann
kniete sie sich vor ihn. Sie begutachtete sein Gesicht.
„Du
blutest“, sagte sie fast sanft. Er erwiderte nichts, wollte nichts sagen.
Vielleicht würde sie ihn nicht mehr sehen, wenn er nichts sagte. „Du hast ihn
nicht geschlagen. Ich nehme an, der sechste Eintrag bei Snape hat dich davon
abgehalten?“, erkundigte sie sich immer noch ruhig bei ihm. Aber er hörte
tatsächlich ihre Sorge. Ihre braunen Augen sahen ihn immer noch an. Was wollte
sie hören? Nein, ich habe ihn nicht
geschlagen wegen dir? Das dachte sie doch wohl nicht im ernst!
„Malfoy, du
wirst ihn nicht noch einmal so reizen, hast du gehört?“ Und fast lächelte er.
Was dachte sie, wer sie war? Seine Mutter? Wieso sollte er auf ein Schlammblut
hören? Nein, das nächste würde er warten, bis Potter in der Nähe war. Potter
wäre gnadenloser, nahm er an.
„Wenn…“,
begann er rau, und ihr Blick hob sich zu seinem Gesicht, „wenn du wieder Mitleid
mit mir hast, greifen deine Wachhunde von ganz alleine an“, erklärte er tonlos.
„Ich habe
kein Mitleid mit dir“, erwiderte sie sofort. „Entweder du heilst dich selber,
oder du gehst zu Madame Pomfrey“, fügte sie kälter
hinzu. Nein, natürlich hatte sie kein Mitleid mit ihm. Was dachte er? Er trug
ja keine verabscheuungswürdige Narbe auf der Stirn oder hatte widerlicher rote
Haare, weswegen man Mitleid haben müsste. Sie war ihm nahe. So nahe, dass er
sich fast übergeben wollte, weil er ihre Nähe registrierte und sich nicht mehr
an den Geschmack ihrer Lippen erinnern konnte. Er war ein kranker Idiot.
„Und? Hat
Weasley dein Mitleid bekommen?“, wollte er plötzlich wissen, und sie sah ihn
an. „Den Kuss für den Sieger?“, fügte er rau hinzu, und ihr Blick war so offen,
so absolut… ahrg!
Er hasste diesen Blick.
„Du
verstehst überhaupt nichts, Malfoy!“, antwortete sie abwehrend. Oh, er verstand
mehr als sie dachte. Er verstand sogar mehr als sie, wie es aussah. Seine
Mundwinkel zuckten freudlos.
„Bitter“, erwiderte
er leise. Ja. Sieh mich ruhig so an,
Granger! Warum ich mich mit Blaise gestritten habe? Willst du das wirklich
wissen? Ich glaube nicht. Aber du willst immer alles wissen! Warum ich die
Briefe nicht geöffnet habe? Warum ich bin, wie ich bin!
Und er
hasste sie. Er hasste sie wirklich. Alles an ihr. Und sie wartete darauf.
Darauf, dass er sprach, aber was dachte sie? Dass er war wie Weasley? Dass sie
irgendeinen Einfluss auf ihn hatte? Sie war ein Schlammblut. Und mehr nicht!
„Bitte,
blute nicht auf den Boden“, informierte sie ihn knapp, aber er wusste genau,
dass sie sich Sorgen machte. Sonst wäre sie nicht zurückgekommen. Fast lachte
er auf, aber es schmerzte zu sehr in seinem Gesicht.
„Mein Blut ist nicht das Problem,
Granger“, erwiderte er heiser.
„Nein“,
erwiderte sie stiller. „Dass du ein verdammter Todesser bist, ist das Problem.“
Sie hatte sich erhoben. Sie würde weinen. Er hatte es in ihren Augen gesehen.
Er würde sich nicht entschuldigen. Für gar nichts! Weasley hatte ihn
angegriffen. Und dass sie ein Schlammblut war, war eine verfluchte Tatsache.
Sie könnte sich bei ihm
entschuldigen. Dafür, dass er langsam verrückt wurde. Jetzt würde sie ihn wohl
nicht küssen wollen, dachte er träge.
Und es
hatte nichts genützt. Weasleys gut gemeinter Schlag hatte nichts genützt.
Allein ein
Blick in ihr Gesicht hatte ihn hart werden lassen.
Mit
geschlossenen Augen lehnte er den Kopf zurück an die Wand.
Fuck.
„Wieso,
Harry?“, verlangte sie zu wissen. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt,
und Potter wich ihrem Blick nicht aus. „Harry!“, wiederholte sie mit Nachdruck,
und Draco wäre gerne gegangen.
Denn es
interessierte ihn kaum, was Potter von sich gab. Was er dachte oder weswegen
Granger sich genötigt sah, ihn anzuschreien.
Aber Draco
war… milde gesagt, gespannt.
Er zog die
Lederhandschuhe straffer, lehnte sich unbemerkt gegen die stabile Zeltwand und wartete in der Dämmerung. Potter trug
ebenfalls seine Quidditchuniform. Die Farben waren
jedoch Rot und Gold und nicht Silber und Grün.
Potter
schien jedoch unnachgiebig zu sein und wohl nicht in der Stimmung für Grangers
Wahrheitsfindung. Draco hatte seine Nase gestern noch geheilt, nur um heute in
Verteidigung fast noch einmal in einen Kampf mit Potter zu geraten, allerdings
hatte Professor Brown es unterbunden und es als Jungenstreich abgetan. Merlin
sei Dank, hatte er das.
„Einfach
so, Hermine! Wieso muss ich mich vor dir rechtfertigen? Seit wann ist es nötig,
dass ich erkläre, weshalb Malfoy irgendwas verdient?“
Richtig.
Potter durfte seine Macht ja überall entfalten. Arschloch.
Draco hatte
nichts dagegen, dass sich Granger und Potter stritten. Und er hatte kaum noch
Lust, länger hier zu stehen. Er tat es nur aus Langeweile, sagte er sich.
„Vergiss es
einfach, Harry“, gab sie nach. Ja, Granger gab immer nach, überlegte Draco mit
einem freudlosen Lächeln. Aber Potters Arm schnellte vor. Seine Hand ergriff
Grangers Arm und hielt sie zurück.
„Du musst
dich von ihm fernhalten“, sagte er jetzt. Und Draco hörte weniger die Worte, als
dass er registrierte, dass Potter Granger festhielt.
„Harry, das
ist nicht so leicht“, erwiderte sie kleinlaut, und Draco spürte, wie er sich
wieder aufrecht hinstellte, wie er nicht mehr entspannt an der Zeltwand lehnte, um einen Streit innerhalb des Trios zu
beobachten, sondern wie Anspannung sich in seinem Körper breit machte.
„Hermine,
versprich es mir!“
Potter
hatte sie näher an sich gebracht, und Draco hatte den ersten Schritt getan,
ohne es zu merken. Granger versank praktisch in Potters verzweifeltem Blick.
„Na,
Potter?“, hörte er sich sagen. „Bringst du Mädchen gegen ihren Willen in deine
Gewalt?“, erkundigte er sich glatt, und sah, wie Potter den Blick zu ihm hob.
„Verpiss
dich, Malfoy“, sagte Potter warnend. Draco sah, wie Grangers ängstlicher Blick
der wohl bekannten Anspannung wich.
„Harry,
nicht!“, sagte sie nur, und Draco wusste nicht, was sie ihrem Helden gerade
verbot. Mit ihm zu sprechen? Die Chancen abzuwägen, ob Potter ihm eine
reinhauen könnte und damit ungeschoren davonkam, aber er nahm an, so etwas in
der Richtung müsste sie denken. Etwas anderes gab es in ihrem Kopf doch nicht.
Und sie
trug nicht mehr ihre Uniform. Nein. Er stellte es am Rande fest. Irgendwo da,
wo es seiner Erektion ernsthaft etwas ausmachen konnte.
Sie trug
einen fließenden hellen Rock. Wieder sah er ihre bloßen Beine. Ihr Oberteil war
auch nicht unbedingt dafür gemacht, Keuschheit zu bewerben, denn dafür war es
zu eng, zu offen, und er wünschte sich, dass es kälter draußen wäre, damit sie
gezwungen war, sich eine Jacke überzuziehen. Aber das war nicht der Fall.
„Granger
sollte sich wirklich dringend etwas überziehen. Ich denke, das wäre ein klares
Foul, wenn das Slytherin-Team sich bei ihrem Anblick übergeben müsste“, fasste
er seine Gedanken in Worte. Andere Worte. Worte, die Potter rasend machten.
„Malfoy,
halt dein Maul. Verschwinde hier, bevor…“ Potter beendete den Satz nicht.
Granger hatte Potter an den Schultern ergriffen.
„Harry! Das ist lächerlich! Hör auf, dich mit ihm anzulegen!“
„Hermine,
hör auf, ihn zu verteidigen!“, knurret Potter, und Dracos Mundwinkel hoben
sich.
„Das tue
ich nicht, Harry!“
„Nein, das
tut sie nicht Potter“, bestätigte er, immer noch erstaunlich ruhiger als Potter
es war. Und Potters Züge spannten sich an. Und Draco wusste, wie unglaublich es
war, sich mit dem Kapitän der Gryffindors vor dem Gryffindorzelt anzulegen.
„Was
schleichst du hier draußen rum, Malfoy?“, fragte Potter aufgebracht. „Was
versprichst du dir hier?“
„Ich bin
Schulsprecher. Ich glaube kaum, dass du-“
„Dann zieh
mir Punkte ab!“, unterbrach ihn Potter zornig. „Das ist es doch, was du tust!
Das ist doch kleiner Arschkriecher-Job, den Snape dir aus Mitleid verschafft
hat! Los, zieh mir Punkte ab, und beweg deinen Arsch zurück zu deinem Zelt, um
deiner Mannschaft keine Hoffnungen auf einen Sieg machen, denn-“
„-gegen den
Helden Harry Potter sind wir Todesser chancenlos?“, beendete er kalt den Satz.
„Möchtest du so etwas sagen?“
„Nein.
Nicht alle sind Todesser, Malfoy. Das ist ganz speziell deine Vorliebe, nicht
wahr?“
„Es
reicht!“, mischte sich Granger wieder ein, und endlich – endlich – ließ sie von Potter ab, um sich ihm zuzuwenden. Und sie
machte es tatsächlich mit einer Ernsthaftigkeit, als würden sie so etwas tun!
Als würden sie tatsächlich jemals ernsthaft miteinander reden. „Malfoy, geh
endlich!“, brachte sie gepresst hervor. „Du verlierst deine Stellung“, fügte
sie hinzu.
„Und… das
interessiert dich weshalb?“,
erwiderte er tatsächlich, und ihre Augen weiteten sich kurz. Wenn sie dachte,
es interessierte ihn, was sie sagte, dann lag sie falsch.
Wenn es nur
minimal kälter wäre, dann könnte er ihre Nippel durch ihr Oberteil erkennen.
Fuck.
Er sah sie
an, die Augen mit aller Macht auf ihr Gesicht geheftet.
Sie war
hübsch.
Ja. Scheiße.
Und es war
einfach unvermeidbar. Und er fühlte sich gehalten, es zu sagen. Denn das Spiel,
was in nur zwanzig Minuten bevorstand, war ihm egal geworden. Potter hatte
Recht. Sie würden sowieso verlieren. Das war bitter genug.
„Tut mir
leid, Granger“, sagte er wirklich. „Potter bettelt drum. Und dem großen Helden
darf man doch keinen Wunsch abschlagen?“ Und ihre dunklen Augen weiteten sich.
„Ist das
alles, was du zu bieten hast? Lahme Kommentare und zweitklassige Beleidigungen,
Malfoy?“ Potters Gesicht war gerötet und seine Fäuste geballt, bereit benutzt
zu werden.
Reden war
jetzt absolut nebensächlich geworden. Draco wüsste gar nicht mehr, was er sagen
sollte.
Er sprach
dennoch zu Potter. Irgendwas. Irgendeine Retour, irgendein weiteres Wort, ohne
Freundlichkeit dahinter. Und sie schüttelte den Kopf, versuchte zu schlichten.
Für ihn lag es klar auf der Hand. Sein Blut befand sich nicht in seinem Gehirn,
jetzt zu diesem präzisen Zeitpunkt. Er hatte nicht mal eine Ahnung, was er an
Potter soeben beleidigt hatte. Vielleicht seine furchtbaren Haare, die niemals
in irgendeiner atemberaubenden Art und Weise seinen Kopf zieren würden, selbst
wenn er hohe Wangenknochen und eine ebenmäßige Gesichtsform hatte. Nicht, dass
Draco Potter irgendeine Attraktivität unterstellen wollte.
Soweit ging
sein Respekt nicht – wenn er überhaupt vorhanden war. Nein, wenn er darüber
nachdachte, dann hatte er nicht mal eine Unze Respekt für den tragischen Helden
Potter. Das elende Narbengesicht, das mehr Glück hatte als Gehirnmasse. Und was
wirklich interessant war, war folgendes: Potter merkte es nicht mal. Und
wahrscheinlich – würde er, Draco, Granger hier auf das Gras werfen, um ihren
verfluchten Rock, ihre verfluchten Beine hochzuschieben, um weiß Merlin was zu
tun – würde Potter nicht mal begreifen, was vor sich ging!
Draco hatte
zwei Dinge gelernt. Und sie standen nicht in Lehrbüchern, nicht im Horoskop der
Hexenwoche und bestimmt nicht in der Hausordnung von Hogwarts. Und mit Glück
hatten sie nicht das Geringste zu tun. Aber er war sich sicher: Als Junge hatte
er sich zu beweisen. In einer Gruppe von Männern musste das Alphatier klar
hervorstechen. Und mit Potter waren jetzt gerade zwei Alphatiere auf engstem
Raum zusammen gepfercht. Und es machte tatsächlich Spaß. Dumme, männliche
Triebe, gesteuert von Testosteron und Muskelmasse waren tatsächlich ein
absoluter Höhepunkt.
Er hatte es
begriffen. Er hatte seine Theorien, weshalb er Granger haben wollte. Die eine
Theorie war: Er war achtzehn Jahre alt.
Und diese
Theorie war wesentlich einfacher zu begreifen, als die andere, die er selber
nicht verstand. Aber die andere Theorie hatte etwas mit Macht zu tun.
Und das
führte ihn zur zweiten Tatsache: Mit dem Beweis, der Stärkere zu sein, das
bessere Alphatier, kam auch der Triumph – der absolute Sieg – jedes Mädchen
haben zu können, was ebenfalls von ihren Hormonen und Instinkten in so einer
Situation übermannt wurde.
Er wusste,
es war nicht das klügste, aber er hätte nicht aufhören können, selbst wenn
Snape ihn jetzt mit dem Zauberstab gegen den Zeltwand
drängen würde. Aufmerksamkeit und gespannte Unruhe putschten ihn förmlich dazu,
immer weiter zu gehen.
Und er
hoffte, mit all seiner übertriebenen postpubertären Männlichkeit, dass sie noch
einmal sprechen würde. Dass sie noch einmal versuchen würde ihn aufzuhalten,
dass sie noch einmal mit den Verpflichtungen und Aufgaben der Schulsprecher
kommen würde. Mit der unsterblichen Vorbildfunktion, und dass das, was er tat,
unmoralisch, dämlich und absolut unverantwortlich war.
„Malfoy,
hör auf damit!“
Sie sprach
tatsächlich. Sprich weiter, sprich
weiter, sprich weiter! Sein Kopf liebte diese Momente. Ihr Gesicht war die
Krönung. Rote Flecken der Wut machten sich auf ihren Wangen breit. Ab und an
kaute sie unbewusst an ihren sowieso kurzen Fingernägeln, sah von ihm zu Potter
und kam näher, nur um sich ängstlich wieder einen Schritt zu entfernen, wenn er
ihr einen unkontrolliert wütenden Blick zuschoss.
Sie zupfte
an ihren langen, lockigen Haarsträhnen, die voll und wild ihren Rücken hinab
reichten, und wohl all den dünnhaarigen Mädchen in Hogwarts Albträume und
neidische Wünsche bescherten, biss sich auf die volle Unterlippe, und
eigentlich wusste er ziemlich sicher, dass sie es nicht halb so verwerflich und
dämlich fand, wie sie behauptete. Er konnte erkennen, wann Frauen komplett
angeturnt waren. Und Hermine Granger bestritt keine Ausnahme.
Außer
vielleicht eine einzige: Sie sah absolut verflucht unbeschreiblich attraktiv
aus, wenn sie vorgab, wütend und besorgt zu sein, wenn ihre ganze weibliche
Körpersprache zum Ausdruck brachte, wie sehr es sie – wenn auch nur
unterbewusst – erregte, wenn Männer kämpften.
Und Potters
ewiger Sidekick kam aus dem Zelt getreten. Weasley
erfasste die Situation bemerkenswert schnell, für einen dummen Oger.
Granger
atmete so heftig, dass sich ihre Oberweite hob und senkte. Ja, sie hatte einen
Körper, der ihn vergessen ließ, was sie eigentlich war. Zu dumm. Wirklich. Der
Spaß, den es machte, Hermine Granger an den Rande des Wahnsinns zu treiben, war
zu köstlich. Es war ein ewiges Vorspiel. Oh,
könnte Potter seine Gedanken lesen…!
Er wusste,
das waren kühne Gedanken. Wenn sie nämlich noch näher kommen würde, würde er
Potter einfach seinen letzten Nerv rauben, indem er sie an sich riss, und sie
küssen würde. Er hatte darüber nachgedacht. Immer und immer wieder, seitdem es
passiert war.
Das
unglaubliche war, dass Granger überhaupt nicht merkte, wie sie auf Männer
wirkte. Der halbe Slytheringemeinschaftsraum
durchlitt größte Qualen, denn wahrscheinlich onanierte bereits jeder Junge
nachts mit größten Schuldgefühlen auf die Lippen des Schlammbluts, ihre
verflucht runden Hüften, die in einem perfekten Hintern gipfelten, den er nur
zu gerne mit beiden Händen hochheben würde, um sie auf McGonogalls Lehrertisch
zu setzen, um sich einfach nur tief und erlösend in ihrer verfluchten Hitze zu
vergraben.
Er wusste,
Blaise dachte so, also nahm er an, eine solche Theorie lag nicht besonders
fern.
Er war
nicht dumm. Denn er wusste, auch Weasley, der keinen Meter von ihm entfernt die
Fäuste schwang, hatte solche Gedanken ebenfalls. Und er ging sogar noch einen
Schritt weiter, denn er war sich fast sicher, Weasley wusste, dass es ihm
selber nicht anders ging.
Und Weasley
wusste es schon länger. Denn irgendetwas hatte immer in Weasleys Blick gelegen.
Irgendetwas beschützendes, wann immer Draco Granger beleidigt hatte.
Nur Potter,
der heilige Potter, würde sein Schlammblut nicht anrühren. Oder würde er? Draco
war sich nicht sicher, und er hätte kotzen können!
„Granger,
ich gebe ihm nur, was er verdient“, rang er sich eine Antwort ab, nur um sie
noch einmal anzustacheln. Los, komm
näher. Noch einen Schritt. Du kannst es doch sowieso nicht kontrollieren!
Und sie
funkelte zornig aus den dunklen, verlockenden Augen, die ihn seit Monaten schon
wütend ansahen. Er glaubte sogar, er wollte nicht mal, dass Hermine Granger ihn
anlächelte. Das würde er nicht verarbeiten können. Für ihn funktionierte die
zornige-Schulsprecherin-Nummer ganz wunderbar. Und er hatte Recht. Und er
wusste, sie wusste, er hatte Recht. Potter bettelte darum, und er verdiente es!
Und
gleichzeitig hoffte Draco, Potter würde ihm geben, was auch er nur zu dringend
verdiente. Eine Gehirnwäsche. Einfach und ein für alle Mal! Denn Draco brauchte
es! Er brauchte es so dringend!
„Nein,
Malfoy!“, knurrte sie, während sie näher kam. Er nahm ihre volle Erscheinung in
sich auf. Ah ja, Lucius würde ihn wahrscheinlich auslachen, wüsste er, dass
sein Sohn mit Absicht Harry Potter provozierte, nur um ein Schlammblut zu
beeindrucken, nur um sie dazu zu bringen, rote Flecken der Wut zu bekommen, die
Fäuste zu ballen und wieder zu entspannen und vielleicht sogar gegen seine
Brust zu stemmen, um ihn aufzuhalten, Potter zu schlagen.
Er war erbärmlich.
Er wusste es. Aber er konnte nicht aufhören.
Er liebte
es!
„Hermine,
geh aus dem Weg! Geh sofort weg von ihm!“, hörte er Weasley sagen. Draco fragte sich unwillkürlich, ob sein
Blick so offensichtlich hungrig war. Eigentlich hatte er sich gut unter
Kontrolle, zumindest die meiste Zeit. Potter musste es ganz schön zusetzen,
dass seine kleine Schlammblut-Prinzessin plötzlich eine dunkle Schönheit
geworden war.
Ob er sich
selber vorstellte, sich in ihr zu vergaben? Vielleicht einen Dreier mit der
kleinen Weasley zusammen? Unwillkürlich musste Draco grinsen. Seine Mundwinkel
hoben sich süffisant, während er Potter musterte. Das Fass lief praktisch über,
in dem Potter sich mit einem Grollen nach vorne warf. Endlich traf ihn seine
Faust, schlug ihm das Grinsen buchstäblich aus dem Gesicht, und das gesamte
Testosteron tränkte förmlich den Rasen vor dem Quidditchzelt.
„Auseinander!“,
rief Granger, einige Stimmlagen höher. „Harry, hör auf damit! Er liegt am
Boden, Merlin noch mal!“ Ja, richtig. Draco lag am Boden. Das zweite Mal in
zwei Tagen. Und er kam in den Genuss, dass sich Hermine Granger neben ihn
kniete. Sie betrachtete sein Gesicht, die Augen auf seinen Mund geheftet. Er
schmeckte das Blut bereits. Er spuckte es demonstrativ auf den Boden, und
Potter verlagerte sein Gewicht.
Es waren
diese kostbaren Momente, in denen Hermine Granger einmal nicht die Hände um ihr
verfluchtes Abzeichen klammerte und einfach immer Recht hatte. Sie kannte sich
mit vielem aus. Der Hausordnung, den Aufgaben der Vertrauensschüler,
Klausurinhalten, was man am besten für die Utze
lernte – so viel hatte er mitbekommen.
Aber sie
war nicht überlegen bei roher, physikalischer Gewalt. Sie verabscheute sie,
sicher. Das sagte sie ihm nahezu jeden Tag, wenn er einen Weg fand, um sie zu
beleidigen und ihr Vorwürfe zu machen.
Jetzt
gerade sah sie ihn nicht allwissend an. Jetzt gerade war Hermine Granger
vollkommen ratlos – und den Tränen nahe.
„Ihr seid
so bescheuert und widerlich!“, rief sie mit zitternder Stimme. Und er war sich
sicher, würde sie noch länger neben ihm knien, würde es Weasley als Anlass
sehen, ihn hier und jetzt umzubringen. Aber er sagte es nicht. Er brachte es
nicht zu ihrer Erkenntnis.
Sie würde
es nicht mal zugeben. Jetzt zu sagen, dass aus ihren Augen Sorge sprach, würde
sie auch niemals laut sagen, selbst wenn er ihr damit drohen würde, ihre Zunge
aus ihrem Mund zu fluchen. – Dann wiederum, würde er ihr ihre Zunge nehmen,
würde sie damit niemals hübsche, schmutzige Kleinigkeiten mit seinem Penis tun
können.
Kurz musste
er blinzeln, denn sie war wieder so verflucht nah, dass es fast eine Qual war,
ob er sie beleidigen oder ihren Duft einatmen sollte.
Er war
verwirrt. Er war so wütend. Und es kam alles gleichzeitig.
Und er
kannte ihren verdammten Duft so genau. Vanille. Es war ihr Shampoo und erfüllte
ihre gesamte Umgebung. Dieser Duft hatte ihn schon vor Monaten das erste Mal
benebelt, und jedes Mal wenn er in der Großen Halle Vanillepudding aß, wurde er
hart. Es war pervers und ein seltsamer, konditionierte Reiz, dachte er jedes
Mal. Aber dieses Mädchen schien unterbewusst auf eine sehr animalische Art zu
ihm sprechen.
Und er
wollte nicht mal weghören. Er konnte nicht. Er war nur ein Mann.
Ein Mann,
der ihr gelegentlich beweisen musste, dass Feminismus an seine Grenzen stieß,
wenn es zu der unumstößlichen Tatsache kam, dass Männer eine Sache immer besser
können würden als Frauen: Stärker sein. Und er war stärker. Am Rande seines
Bewusstsein nagte die Frage an ihm, warum er es beweisen musste, warum er es sein
musste, aber natürlich ließ er sich in ruhigen Momenten nicht genügend Zeit,
dieses Phänomen zu ergründen. Vor allem… kannte er die Antwort darauf. Er
spürte, wie die Bitterkeit an seinen hohen Wänden der Unnahbarkeit gefährliche
Wellen schlug, also konzentrierte er sich wieder auf das Wesentliche: Granger.
Und es war
absurd.
Aber er
hatte nachgegeben. Er hatte seinem persönlichen Wahnsinn nachgegeben. Er lag
auf dem Boden, Potter und Weasley wie Türme über ihm, und es störte ihn nicht.
Und die
Maskerade, die Fassade – würde jemand aus seinem Team vorbeikommen –, wäre
immer noch vorhanden. Denn was sollten die Leute anderes sehen als Draco
Malfoy, der sich mit Harry Potter anlegte?
Da gab es nicht
sonst. Nichts dahinter. Es war natürlich. So natürlich wie Tag und Nacht.
Und er
wusste, sie wollte es. Auch wenn sie es nicht sagte. Sie stand doch drauf! Er
wusste, sie wollte keinen Schwächling. Weswegen würde sie sonst an Potters oder
Weasleys Seite sein? Weasley sah angsteinflößend aus, mit seiner Größe, seinem Quidditchrücken. Sie verbrachte ihre Tage nicht mit
Longbottom im Gewächshaus. Oh nein!
Sie würde
es nicht leugnen können. Egal, wie oft sie beteuerte, dass Gewalt für hirnlose
Idioten war! Gewalt war zwar die weniger intelligente Lösung, aber wenn es zu
Sex kam, dann hatten Intelligenz und Intellekt einfach nicht den Vorrang. Alles
passierte unterbewusst.
Und er
hatte sie geküsst! Am liebsten wollte er es sagen. Jetzt, wo er benommen Blut
spukte, versuchte, nicht ohnmächtig zu werden. Jetzt, wenn Potter ihm seine
volle Aufmerksamkeit schenkte.
Und dann…
vielleicht dann würde Potter ihn endlich erlösen.
Denn… Draco
wusste, es war nicht richtig. Er wusste, es war nicht richtig über Hermine
Granger nachzudenken, zu fantasieren ihren Körper mit Wollust zu verschlingen,
sie da zu berühren, wo sie ungeahnte Höhen erwarteten, dunkle Tiefen, von denen
sie nicht die geringste Ahnung hatte, jemand, der ihr Orgasmen bescherte, die
sie nur noch seinen Namen schreien ließen. Nur noch seinen…!
Und so
abgedroschen es klingen musste, Draco hatte das begriffen. Es durfte so nicht
sein.
Aber würde
ihn niemand aufhalten, dann würde er es nicht verhindern können. Sie würde ihn
wollen, ganz einfach, weil sie es irgendwann nicht mehr würde unterdrücken
können. Weil ihr Körper sie verraten würde. So wie er sie verraten hatte, als
sie ihn geküsst hatte.
So wie er
es jetzt tat. Sie hatte sich so nahe vor ihn gekniet, dass er wieder den
vertrauten Vanilleduft wahrnehmen konnte. Er unterdrückte ein ungeduldiges
Knurren, zwang das Blut wieder in seine Fäuste und raus aus den unteren
Regionen seines Körpers.
Der
kostbare Moment verstrich, und er verbot sich, sie weiter anzustarren, ihre
feinen Züge in sich aufzusaugen. Er wandte den Blick ab von ihren schönen
dunklen Augen, die bestimmt ganz hell werden würden, wenn sie unter ihm käme
und seinen Namen in wilder Ekstase schrie.
Und mit
diesem Gedanken hob er den Blick zurück zu Potters wutverzerrtem Gesicht.
„Steh auf, du scheiß Arschloch!“, forderte Potter eisig, als hätte Draco gerade
eben laut gedacht. Draco ließ sich Zeit. Sehr viel Zeit, ließ Granger noch
einen Moment in seiner nächsten Nähe hocken, ließ zu, dass sich ihr Blick von
einem verurteilenden in einen besorgten verwandelte, ohne dass er sich
erlaubte, sie noch einmal anzusehen. Ja,
mach dir Sorgen, Schlammblut. Das bringt Potter um. Er sah ihren Mund aus
den Augenwinkeln sprechen. Die vollen Lippen sprachen zu ihm, flehten förmlich,
drohten ihm an, dass sie ihn verfluchen würde, aber er hörte nur jedes zweite
Wort, denn in seinem Kopf stellte er sich bereits wieder einmal vor, wie diese
Lippen sich um seinen pulsierenden Penis schließen würden, wie sie ihn genauso
aggressiv in den Mund saugen würden, wie sie jetzt gerade sprach.
Zornig mit
ihm, aber komplett gefangen von seiner Präsenz. Es gab ihm den nächsten Putsch.
Er setzte sich auf.
„Malfoy!“,
sagte sie fast verzweifelt. Wie sie seinen Namen sagte. Als könne sie nichts
ausrichten. Hermine Granger, völlig hilflos. Fast glaubte er, sie würde ihn
aufhalten, ihn tatsächlich anfassen, aber das hatte sie ja erst einmal getan.
Er gab sich nicht die Genugtuung, sie noch einmal anzusehen, nur um die
goldenen Punkte in ihrer Iris zu erkennen. Aber er lehnte sich einen winzigen
Zentimeter näher zu ihr. Er spürte, wie sie sich versteifte. Weasley hatte sich
sofort in Bewegung gesetzt, als hätte Draco so eben eine unsichtbare Grenze
überschritten.
„Du willst
das doch, Granger“, flüsterte er, und stieß sich vom Boden ab. Es war nur ein
heiseres Krächzen gewesen, aber er wusste, sie hatte ihn gehört. Sofort war sie
ebenfalls auf den Beinen, und er hörte ihren erstickten Schrei als er seine
Faust in Weasleys willkommenes Gesicht platzierte, als dieser versuchte ihn von
den Füßen zu rammen.
Weasley war
einen halben Kopf größer, und vielleicht zehn Pfund stärker, aber das tat dem
Spaß keinen Abbruch. Er konnte die Spannung in der Luft schneiden. Er war wie
elektrisiert. Weasley schien keinen Schmerz zu spüren, als er sich schnaufend
wieder auf ihn zu bewegte. Zweimal in zwei Tagen.
Die Woche
Strafe, der Verlust seines Abzeichens – scheiß drauf!
Er könnte
nach Gregory rufen. Er könnte nach Davis rufen, nach dem gesamten Team – aber er
wollte nicht. Er wollte es nicht mal! Es ging nicht um den Sieg. Es ging
eigentlich darum, dass ihm jemand Vernunft einprügelte! Und darum, Potter sein
überlegenes Maul zu stopfen. Aber alles ließ sich herrlich verbinden, nicht
wahr?
Es war
schwer. Er war das Alphatier. Potter würde es nie begreifen!
Und Draco
entschied sich.
Er
entschied sich, als er auf Potter zu taumelte.
Seine Hände
griffen in Potters Quidditchuniform. Sie fühlte sich
an genau wie seine eigene.
Er
entschied sich, es zu sagen. Denn er war das Alphatier, also musste er es tun.
Die
Wahrheit sagen.
Er musste
sagen, was er glaubte, zu wissen.
„Du… hast
Angst, oder Potter? Verfluchte Angst!“, krächzte Draco und spürte, wie sich
Potter auflehnte.
„Lass mich
los, Malfoy, du-“
„Angst, dass sie mich will. Und nicht dich!“
Draco hatte
die Worte geflüstert. Die vergifteten, verbotenen Worte, direkt neben Potters
Ohr, und er spürte es.
Spürte, wie
Potter keine Kraft mehr anwandte.
Draco zog
den Kopf zurück, keine Handbreit von Potters Gesicht entfernt. Und echter
Horror zierte Potters Züge. Seine grünen Augen waren auf ihn geheftet. Das
Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich in seinen Brillengläsern. Und
Draco wusste, jetzt hatte er Potters Aufmerksamkeit. Seine volle und gesamte
Aufmerksamkeit, die über Todesser, Schlammblüter, Krieg und Frieden hinausging.
Soweit hinaus, dass es egal war, ob sie sich in Hogwarts befanden oder am Ende
der verdammten Welt. Denn es ging um etwas anderes. Es ging nicht um das
Kräftemessen.
Und Draco
hatte es gesagt! Er schmeckte noch immer sein Blut auf seiner Zunge. Er hatte
es gesagt.
Und Potter
hatte es verstanden.
Die
eingefrorene Zeit begann wieder schneller zu laufen, und rote heiße Wut schien
in Potters Augen zusammenzufließen.
Potter schrie
eine Beleidigung, die Dracos Sprachzentrum nicht mehr übersetzen konnte, denn
alles Blut lag in seiner Faust, lag in dem nächsten Schlag, der Potters Nase
brach, aber Potter hatte ebenfalls ausgeholt. Und Potters ungebändigte Wut, der
kalte Hass, traf ihn hart in die linke Seite seines Gesichts.
Und
verflucht dankbar sah er den Boden auf sich zukommen, spürte die erlösende
Bewusstlosigkeit. Granger würde ihn dafür hassen. Dafür, dass er Potter den Wink
mit dem Zaunpfahl gegeben hatte. Sie würde ihn hassen….
~*~
Sein Mund
war so unglaublich trocken. Er fühlte sich so unglaublich beschissen.
Hatten sie
verloren? Wie war das Spiel ausgegangen?!
Seine Augen
öffneten sich. Es roch… seltsam? Wo war er?
„Mr Malfoy“, begrüßte ihn der Schulleiter mit der bekannten
Enttäuschung in der Stimme. Draco musste husten, stützte sich auf die Ellbogen,
und er blinzelte, um seinen Blick zu fokussieren. Es war stockdunkel. Die
Lampen beleuchteten den Saal in schwachem orangenem Licht. Er erkannte Potter
im Bett neben sich. „Am besten werfe ich Sie beide von meiner Schule“, begann
Snape bitter. Potter neben ihm sagte nichts, blickte stur nach vorne, und Draco
nahm an, sie hatten beide am Spiel nicht teilgenommen.
Sein Mal
pochte das erste Mal seit zwei Tagen wieder, und er verzog den Mund.
Er spürte,
dass sein Gesicht frisch geheilt worden war. Das zweite Mal in zwei Tagen.
Weasley war
nicht hier, stellte er fest.
„Mir war
so, als hätte ich Ihnen diese Woche eine Strafarbeit erteilt, Mr Malfoy“, fuhr Snape fort. Draco sah sich um. Er lag in
einem Bett im Krankenflügel. Er trug auch seine Quidditchuniform
nicht mehr. Sie lag neben ihm. Zusammen gelegt, und erkannte verblasste
Blutspuren darauf. Es war bestimmt schon nachts, nahm er an. „Mr Malfoy?“, unterbrach Snape gereizt seine Gedanken.
„Ja?“,
entfuhr es ihm abwesend, während sein Gehirn zu rekonstruieren versuchte, was
passiert war. Alles fühlte sich etwas schwammig an, in seinem Kopf. Snape
atmete laut aus, und Draco fixierte seinen Blick auf das Gesicht des
Schulleiters.
„Professor, ich-“, begann er verteidigend, aber er hatte gerade keine Ahnung,
für was er sich entschuldigen musste. Er lag schließlich im Krankenflügel!
„Sie sind
Schulsprecher. Vielleicht möchten Sie damit beginnen?“, schlug Snape gereizt
vor. Draco sah ihn an. Schulsprecher. Granger!
Er hatte es Potter gesagt! Mehr oder weniger gesagt. Nicht wirklich, nein! Aber
genug, damit Potter misstrauisch werden konnte. Er wandte den Blick. Potter sah
immer noch stur nach vorne.
„Ich…“ Und
er beschloss, sich dumm zu stellen. „Was ist passiert?“, sagte er also. Und
Snapes Ausdruck verlor an Härte.
„Sie
erinnern sich nicht?“, wollte der Schulleiter ungläubig wissen.
„Nicht mehr…
im Detail“, wich Draco aus.
„Du bist
auf mich losgegangen!“, mischte sich Potter zornig ein. Draco ignorierte ihn.
„Du hast…! Du bist…!“ Und Potter schien nicht sicher zu sein, was er sagen
wollte.
„Wieso?
Wieso ist es immer wieder dasselbe Problem? Mr
Potter? Mr Malfoy? Ich kann mir nicht leisten, dass
sich Harry Potter und der Schulsprecher immer wieder in die Quere geraten! Das
hier ist eine Schule! Und meinetwegen können Sie sich nach Ihrem Abschluss, den
sie nur mit einem Wunder bestehen können, sollte ich Sie nicht suspendieren,
die Köpfe einschlagen! Bis nichts mehr von Ihnen beiden übrig ist!“, donnerte
Snape. Und er war mächtig zornig. In der Stille der Nacht war sein Ausbruch das
einzige Geräusch. Es lag sonst niemand im Krankenflügel. Merlin sei Dank nicht.
„Er hat
angefangen, Sir-“, beschwerte sich Potter automatisch.
„Das mag stimmen, Mr Potter, aber-“
„-wieso sollte ich angefangen haben?“, entfuhr es Draco zornig, und Snape
atmete aus.
„Sie sind
keine Kinder mehr! Entweder, Sie sagen mir um was sich Ihre lächerliche
Streitigkeit handelt, oder Sie schweigen, und ich denke mir wieder einmal eine
entsprechende, vollkommen sinnlose Strafe für Sie aus! Es gibt keinen Grund,
sich zu streiten!“
Oh, es gab fünfhundert Gründe sich zu
streiten.
„Ich will
nicht, dass er mit Hermine in denselben Räumen wohnt!“, sagte Potter
schließlich gepresst.
„Warum?“, entfuhr es Snape sofort, und er fixierte ihn wachsam. Draco atmete
aus. Potter fing also an. Jetzt ging es los. Er fasste Potter näher ins Auge.
Getrocknetes Blut klebte noch auf Potters Wange, und seine Haare waren
verstrubbelt, mit vereinzelten Grashalmen darin. Seine Brille war heil
geblieben. Aber Draco erkannte, dass Potter unter dem Brillenbügel auf der Nase
ein Pflaster trug. Richtig. Er hatte seine Nase gebrochen. Wieder einmal.
„Weil er
sie… weil er ein Arschloch ist, Professor!“, knurrte Potter, und Draco
verdrehte die Augen.
„Es
reicht!“, sagte Snape leidglich und erhob sich. „Miss Granger hat mir von
keinerlei Übergriffen von Seiten Mr Malfoys erzählt“, erklärte er. Und Potter stöhnte auf.
„Natürlich
nicht! Sie hat ja auch Angst vor ihm!“
„Granger
hat keine Angst vor mir, du zurückgebliebener Idiot!“, knurrte Draco jetzt, und
seine Mundwinkel hoben sich freudlos. Es wäre verdammt schön, wenn das
Miststück genug Angst vor ihm haben würde, aber sie hatten Angst wohl weit
hinter sich gelassen.
„Ach nein?
Es ist nie sicher, wann du wieder einmal ausrastest! Und ich werde nicht
zulassen, dass du sie anrührst!“
„Anrührst?“, wiederholte Snape eine Spur
ungeduldiger und mit einem säuerlichen Anflug in der Stimme. „Mr Malfoy-“, begann er warnend, aber Draco hob abwehrend
die Hände. Schmerzhaft spürte er einen Muskelkater in seiner Schulter.
„Professor,
ich habe Granger noch niemals angerührt! Als ob ich sie anrühren würde!“,
wehrte er sich. „Schon alleine dieser Vorwurf ist-“
„Du hast es
doch gesagt!“, unterbrach ihn Potter, heiser vor Wut.
„Was hat er gesagt?“, wollte Snape sofort
wissen.
„Dass er-“
„-ich habe
deine Prinzessin nicht angerührt, Potter!“, knurrte Draco jetzt. Und es war
teilweise die Wahrheit, denn… -eigentlich war es gelogen, aber das wusste
Potter nicht, und Draco hatte nicht mit ihr geschlafen. Punkt.
„Nein? Du hattest doch auch schon sonst jedes Mädchen im Schloss!“
„Mr Potter!“, fuhr Snape ihn an. „Eine solche Anschuldigung
ist-“
„Das ist
Malfoy, Professor! Er räumt nicht auf, er erledigt seine Pflichten nicht, er
ist ein Todesser, er nennt sie Schlammblut-“
„Mr Potter!“, donnerte Snapes Stimme. „Wieso sagt es mir
Miss Granger dann nicht? Wenn Ihre Anschuldigungen stimmen, wieso ist Miss
Granger dann nicht zu mir gekommen, wieso würde sie so etwas für sich behalten?
Wieso würde sie es sich gefallen lassen?“, wollte Snape am Ende seiner
Höflichkeit wissen.
„Weil sie…
weil sie Hermine ist, Merlin noch mal! Sie würde niemals petzen! Sie denkt
doch, dass… - verdammt!“ Potter
schien sauer auf sich selbst, während Draco ihn musterte. Und Potter schien
sauer auf Snape.
„Was, Mr Potter?“
„Es ist Malfoy“, knurrte Potter nur. Als
würden diese Worte alles auf der Welt erklären können. Und Snape sah Potter an.
Lange und wachsam. Aber Draco sah es. Potter wollte es nicht sagen. Er wollte
es nicht äußern, wollte es nicht in Aussicht stellen, und es überraschte Draco
genauso sehr, wie es wohl Potter überraschte. Und Draco wusste plötzlich, er
würde damit durchkommen. Er war Draco Malfoy. Er kam mit allem immer durch. Sei
es, weil Granger ihn deckte, weil sie ihn niemals verraten würde, sei es, dass
Potter zu stolz war, zuzugeben, dass seine verdammte Schlammblut-Prinzessin
vielleicht auf diese Dinge stand, die Draco mit ihr machte, sei es… sei es…,
dass Potter so verflucht eifersüchtig war, dass nicht mehr er der Mittelpunkt
in seinem kleinen Trio spielen konnte – aber Draco wusste: Ohne irgendeinen
Beweis würde das hier für ihn sehr entspannt ausgehen.
„Sie haben
beide das Spiel versäumt, was – in Ermangelung der Kapitäne und Sucher – nicht
stattfinden und verschoben werden musste.“ Anscheinend war das Thema Granger
abgehakt. „Und lassen Sie es mich deutlich äußern, Draco“, fuhr Snape plötzlich
fort.
„Das Wort Schlammblut ist hier nicht gestattet.
Sexueller Verkehr in Hogwarts ist nicht gestattet. Sollten Sie Ihre Stellung
missbrauchen, werde ich Sie entheben! Persönlich und unwiderruflich. Ich kann
von Ihnen nicht verlangen, dass Sie miteinander auskommen, das ist mir
vollkommen klar. Ich würde sie gerne in einen Laufstall setzen, solange, bis
Sie Ihre kindischen Streitigkeiten beigelegt haben. Und Mr
Potter“, sagte Snape jetzt.
„Hier sind
keine Feinde mehr. Sie kämpfen gegen nichts, außer gegen sich selbst. Draco
Malfoy ist so wenig ein Todesser, wie ich es bin-“
„Sir-!“,
unterbrach Potter ihn entrüstet.
„Denken Sie,
ich hätte einen Todesser Schulsprecher werden lassen? Glauben Sie das
ernsthaft, Mr Potter?“
Es war eine
Fangfrage, und Potter fiel nicht drauf rein. Schade.
Und sie
schwiegen beide. Potter hatte zornig die Arme vor der Brust verschränkt.
„Ich erwarte
beide von Ihnen am Freitag noch einmal in meinem Büro. Ich hoffe, Sie wissen,
dass ich Sie beide ohne Probleme von der Schule werfen könnte? Ihre Akten sind…
so dick, dass ich nicht mal nähere Gründe angeben müsste. Aber…“, fuhr er
schwer atmend fort, „-ich denke, dass ich davon absehe. Noch. Ich unterstütze
es nicht, ich billige es nicht, und wenn Sie nicht anders können, dann möchte
ich Sie bitten, dass sie mich davon nichts mitbekommen lassen, haben Sie
verstanden?“ Er sah beide abwartend an. „Draco, Ihr Vater war Schulsprecher“,
sagte er mahnend. Als ob Draco es nicht wüsste! „Und auch er hatte oft…
Probleme. Meistens mit den Rumtreibern“,
bemerkte er bitter. „Und natürlich gab es Streitereien. Natürlich gab es Duelle,
Schlägereien, und es ging um Mädchen. Eigentlich immer nur“, fügte er seufzend
hinzu.
„Ich
möchte, dass Sie begreifen, wie furchtbar es ist, dass ich Ihren Eltern nicht
Bescheid geben kann!“ Er sah sie nahezu wütend an. „Für mich, nicht für Sie!“, bemerkte er harsch. „Denn jetzt bleibt es an
mir hängen, die gerechte Strafe zu finden. Und ich bin aufrichtig. Ich sehe
keinen Grund, weshalb Sie sich nicht hassen sollten. Allerdings“, fuhr er fort,
als Potter den Mund geöffnet hatte, „-bitte ich Sie, es außerhalb der Schule zu
tun. Wenn Sie es so dringend brauchen, Mr Potter,
dann hassen Sie Mr Malfoy, wenn Hogwarts
vorbei ist!“, entfuhr es ihm.
„Sie sind
nicht die ersten Halbstarken, die den Kampf erfunden haben! Aber wenn ich noch
einmal einschreiten muss, wenn ich noch einmal einen von Ihnen im Krankenflügel
habe, ohne dass ein Klatscher Sie am Kopf getroffen hat, sind die Konsequenzen,
dass Sie Hogwarts verlassen müssen. Endgültig!“, schloss er tonlos. „Ich hoffe,
ich habe mich klar ausgedrückt?
Glasklar.
Und er hatte gewonnen!
„Ich werde
jetzt gehen. Sie beide können sich anziehen und ebenfalls gehen, denn Madame Pomfrey hat Sie freundlicherweise wieder zusammen geflickt.
Sie können die Nacht auch hier verbringen.“ Sie sagten beide nichts, nickten
lediglich. Ja, genau. Bevor er die Nacht hier mit Potter verbrachte, müsste die
Hölle zufrieren! Vor allem, wenn er an sie dachte, die in ihren Räumen war.
Als Snape
zornig davon gerauscht war, hatte sich Potter sofort erhoben. Harry Potter, der
ewige Dorn in seinem Auge. Zu eilig stieg Potter in seine Quidditchhosen.
Draco stellte fest, dass auch Potters Ausrüstung blutgetränkt war. Und Potter
kochte vor Wut.
„Ich bringe
dich um, Malfoy!“, drohte Potter gepresst.
Und Draco
beschloss, für den Moment, nichts zu sagen.
Er war
haarscharf davon gekommen. Und Potter wusste es. Und das änderte einiges.
Er hoffte,
Granger wäre noch wach, wenn er kam….
Sie hatte
vor dem Spiegel gestanden.
Eine ganze
Weile schon, hatte sich betrachtet, hatte geweint und war anschließend in ihrem
Badezimmer umhergewandert. Rastlos, ruhelos. Und stinkwütend! Wie konnte er?!
Wie hatte er es wagen können! Und Harry! Wieso verhielten sie sich wie Idioten?
Es regte sie so sehr auf, sie konnte es nicht beschreiben! Und sie wusste
nicht, was sie tun sollte! Alles, was sie Malfoy vorwerfen würde, würde sich
auch auf Harry auswirken.
Und Harry
hatte als erster zugeschlagen. Das war es auch, was sie Snape gesagt hatte,
nachdem sie ihn mit ihrem Patronus gerufen hatte. Und
Ron hatte es ihr übel genommen. Sehr, sehr übel. Aber sie hatte nicht die
leiseste Lust gehabt für Harry zu lügen! Er hatte ihre Lüge nicht mal verdient.
Er gab sich keine Mühe, Konfrontationen aus dem Weg zu gehen, nein!
Er suchte
immer noch den Streit mit Malfoy, und Malfoy war nur zu bereit darauf
anzuspringen! Und sie wusste, bei Harry würde Snape eher Skrupel zeigen, wenn
es um den Rauswurf ging. Denn es handelte sich ja um Harry Potter!
Wie er sie
angesehen hatte! Und sie hatte das Gefühl gehabt, zwischen ihm und Harry zu
stehen! Dabei tat sie nichts davon! Und es war so viel Blut überall gewesen.
Seins und Harrys und Rons… - und sie war so sauer auf alle drei! Und was sie
nicht begriff war die Tatsache, weshalb es sowieso überhaupt so weit gekommen
war? Sie war doch nicht schuld daran, oder? Sie wüsste nicht, weshalb! Es war
auch überhaupt nicht möglich.
Sie hörte,
wie die Tür ins Schloss fiel. Sie hob den Blick erschrocken zu ihrem
Spiegelbild. Ihre Augen waren vom Weinen noch gerötet, und sie hatte bestimmt
nicht aus Sorge geweint! Nein, sie hatte Angst. Angst, dass alles langsam immer
schlimmer wurde, dass sich alles von alleine zerstörte und sie nichts dagegen
tun konnte, außer zuzusehen. Zuzusehen wie ihre Idee von einem ruhigen
Schuljahr, in dem sie vergessen konnten, zu schwinden schien. Nein! Sie wollte
sich nicht geirrt haben! Sie wollte nicht! Und sie hasste ihn dafür, dass er es
nicht leichter machte! Dass er es nicht einmal versuchte!
Sie
öffnete die Badezimmertür.
Er ließ
seine Sporttasche neben sich fallen. Er trug noch seine Quidditchuniform,
und sie war so blutig wie vorher. Und es rührte sie nicht. Überhaupt nicht! Er
war selber schuld! Sein Gesicht war wohl von Madame Pomfrey
nur halbherzig gereinigt worden, denn Blut klebte noch in einigen seiner hellen
Strähnen, getrocknet an seiner Schläfe, und sie schluckte schwer, um den Kloß
des möglichen Mitleids in ihrem Hals zu verdrängen.
Und er sah
sie an. Erschöpft, erschlagen – aber bereit, sich zu streiten, so kam es ihr
vor.
Und je
mehr Sekunden sie stumm verstreichen lassen würde, umso weniger würde sie
wissen, was sie zu ihm sagen sollte. Denn es gab nur ein begrenztes
Zeitfenster, in dem ein Gefühl angemessen war. Würde sie ihre Wut ihm gegenüber
nicht zum Ausdruck bringen, wäre dieses Zeitfenster geschlossen. Und sie war
wirklich wütend. Und ängstlich, und – oh mein Gott – was hatte er nur
angerichtet?!
„Wie… konntest…du?“, entfuhr es ihr
also, denn es regte sie auf, dass er nichts sagte. Dass er nicht mal…, nicht
mal…! Oh! Sie haste ihn!
„Auf mich gewartet?“, wollte er rau von ihr
wissen, ohne auf ihre Frage zu antworten, und ein Mundwinkel hob sich
tatsächlich in seinem Gesicht.
„Nein!
Natürlich nicht! Aber dass ich Harry noch sehen würde, habe ich für
ausgeschlossen gehalten. Wie konntest du das Harry antun?“, wollte sie wissen,
den Tränen so nahe, dass ihre Stimme wieder brach.
„Es ihm antun?“, wiederholte er und kam
plötzlich näher. „Was genau habe ich
ihm angetan?!“ Und sie hasste es, dass er so… so gelassen war. Dass es ihm nichts weiter ausmachte! Er war
blutverschmiert! Er sah furchtbar aus! Er hatte bestimmt noch Schmerzen, und er
verhielt als… als wäre alles ok!
„Oh, tu doch nicht so! Das weißt du ziemlich genau!“
Er fuhr sich
durch die Haare.
„Ich möchte duschen“, erwiderte er ruhiger.
„Es ist halb zwei!“, brachte sie zusammenhanglos hervor.
„Das ist
mir scheiß egal“, entgegnete er knapp.
„Natürlich.
So egal, wie alles auf der Welt!“
„Möchtest
du mir irgendetwas vorwerfen?“, erkundigte er sich müde, und sie atmete empört
aus.
„Hm… mal
sehen. Ja, ich denke schon. Natürlich, Malfoy!“, fuhr sie ihn kopfschüttelnd
an.
„Deinem
Wunderknaben geht es gut“, sagte er also.
„Ja? So
gut wie dir? Und hör auf, so über ihn zu reden, Malfoy! Wie konntest du das
tun? Was hat Snape gesagt?“ Und sie sah, wie Malfoy sich gereizt über das
verschmierte Gesicht fuhr.
„Granger,
ich will duschen. Jetzt.“
„Anscheinend
hat Snape dich nicht enthoben“, bemerkte sie kopfschüttelnd.
„Das wäre
dir recht gewesen, nehme ich an?“ Er hatte sie erreicht, und sie glaubte schon,
er würde sie mit Gewalt wegschieben.
„Das ist
das, worauf ich seit dem ersten Tag hoffe, Malfoy!“, knurrte sie bitter.
„Diese
Woche, Granger, war die anstrengendste Woche überhaupt! Denkst du, ich habe
Lust mir dein Gemecker anzuhören, nur weil ich der erste bin, den du
antriffst?“, beschwerte er sich haltlos bei ihr, und sie öffnete vor Entrüstung
den Mund.
„Oh nein,
Malfoy! Nicht weil du der erste bist! Nein, ganz einfach, weil du es verdient hast! Du kannst Harry nicht so
provozieren! Das kannst du nicht!“
„Er hat
angefangen“, log er schließlich zornig und sie hätte schreien können!
„Er hat nicht angefangen!“
„Er hat
wohl-“
„Malfoy!“,
rief sie wütend. „Wieso tust du das?“ Plötzlich lachte er freudlos auf.
„Was? Ich
bitte dich“, sagte er nur, als würde es irgendetwas erklären. Und sie schloss
die Augen, bedeckte sie mit der Hand, und wusste nicht weiter. Mit ihm zu
streiten war…, wie mit einer Wand zu diskutieren. Eventuell musste man
aufgeben, denn es war einfach nur sinnlos. „Nein“, korrigierte er sich
schließlich mit ernstem Ausdruck. „Ich bitte dich nicht, Granger.“
„Warum
tust du das?“, wollte sie leise von ihm wissen. Verzweiflung nagte an ihren
Worten.
„Ich tue
gar nichts. Du redest immer noch mit mir. Ich will duschen. Ich habe-“
„Du hast
Harry provoziert. Und das mit Absicht.“ Und er atmete aus. Als er sie wieder
ansah, war Zorn in seine grauen Augen getreten.
„Weißt du,
wie scheiß egal mir Potter ist? Oder was du von mir denkst? Weißt du das?“
„Du hast-“
„-nein!“,
unterbrach er sie. „Ich kann tun, was ich will! Begreifst du es nicht?“ Und sie
schüttelte unter Tränen den Kopf.
„Du bist
böse, Malfoy! Du bist ein Arschloch, und du denkst immer nur an dich!“,
flüsterte sie tonlos. Ärger flammte in seinem Gesicht auf, und zornig schlug er
seine Faust gegen den Türrahmen, neben dem sie stand. Sie zuckte vor Schreck
zusammen.
„Richtig!
Und Potter macht immer nur-“
„Es geht nicht um Harry!“, schrie sie jetzt.
„Nein, es
geht ja nie um den heiligen Potter!“, schrie er wesentlich lauter. Dann nickte
er und grimmige Entschlossenheit erhellte seine Züge. „Und Potter weiß es“,
ergänzte er kalt.
„Was?“,
flüsterte sie, aber eine Welle der Angst erfasste sie erneut.
„Was?“, wiederholte er lächelnd. „Dass du
mich geküsst hast, Granger. Dass du mich an dich gerissen hast, dass du-“
„Halt
deinen Mund!“, rief sie gepresst.
„Warum? Weil ich recht habe? Du-“
„-Harry
weiß es nicht! Harry hätte dich umgebracht, wenn-“
„Wirklich?
Vielleicht bist du in seiner Gunst so tief gesunken, dass es ihm scheiß egal
ist, ob-“
„Nein!
Halt deine Klappe!“, schrie sie lauter.
„Wenn
Potter wüsste, dass-“
„Ich
dachte, er weiß es!“, kam es ihr triumphierend, und mit einem Hauch
Erleichterung über die Lippen. Natürlich hatte er es nicht gesagt! Das hätte er
nie getan!
„Nein. Er
weiß etwas wesentlich wichtigeres, Granger“, informierte er sie kalt, während
er sich näher zu ihr lehnte. Der Geruch von Schmutz, Blut und Krankenflügel
stieg ihr bitter in die Nase. Sie konnte ihn spüren. Seine Wärme, seine Wut.
Und sie wartete, dass er sprach. Ihr Puls hatte sich beschleunigt.
Seine
Brust hob und senkte sich unter dem grünen Stoff seines Quidditch-Jerseys.
Sein
Kiefermuskel hatte sich angespannt, während er sie betrachtete. Seine grauen
Augen war dunkel, ob vor Zorn oder etwas anderem, war schwer zu sagen, aber sie
erkannte, dass es ihn wohl Überwindung kostete, nichts zu sagen. Sie musste den
Kopf leicht in den Nacken legen. Und es war eine seltsame Spannung zwischen
ihnen, die sich immer weiter aufzuladen drohte.
Sie wusste
nicht, was er Harry gesagt hatte, aber es konnte unmöglich schlimmer sein, als
das, was wirklich passiert war.
„Na los“,
forderte sie ihn böse auf. „Sag es einfach, damit wir hier fertig sind“,
schloss sie, denn sie wusste, es konnte nur eine Beleidigung folgen. Sie
versuchte sich nicht auf seine Nähe zu konzentrieren, denn er machte ihr
tatsächlich Angst.
„Er weiß,
dass die Möglichkeit besteht“, sagte er rau. „Die Möglichkeit, dass ich deinen
widerlichen Körper und dein abstoßendes Blut ignorieren würde, um ihm zu
zeigen, wie wenig es mich interessiert.“ Sie starrte ihn an. Was?!
„Dass ich dich berühren würde, einfach nur, um ihm zu bewiesen, dass sogar ein
Schlammblut zu meinen Füßen liegt, wenn ich es will“, fuhr er fort, und sie
wich gegen den Türrahmen zurück, als er die schmutzige Hand zu ihrem Gesicht
hob. „Die verdammte Möglichkeit, dass ich, wenn ich einen schlechten,
schwachen, kranken, absolut beschissenen Tag habe, selbst dann in der Lage
wäre, Potters Schlammblut zu haben.“ Sie drehte ihr Gesicht vor seiner
drohenden Berührung weg.
„Und weißt
du, es ist verdammt witzig!“, fuhr er ruhiger fort, während er seine Fingerknöchel
über ihre Haut streichen ließ, und sie den Kopf schüttelte, um ihn abzuhalten.
„Keiner glaubt es. Snape glaubt es nicht – und warum auch?“ Sie wusste nicht,
ob er noch mit ihr sprach, aber sie wollte weg von ihm! Sie wollte sich unter
seinem Arm durch ducken, aber er hatte ihre Schultern umfangen.
„Lass mich
los!“, sagte sie unter Tränen.
„Und es
wird nichts weiter sein“, ergänzte er, während sein Blick über ihr Gesicht
wanderte, als wäre sie nur eine Erscheinung. „Nichts weiter für mich“, flüsterte
er.
„Du bist
widerlich!“, knurrte sie, während sie seine Hände von ihren Schultern hob.
„Ja“,
bestätigte er mit freudloser Erkenntnis in seiner rauen Stimme, während sein
Blick sich an ihren Lippen verfangen hatte. Sie sah es genau. Oh nein! Nein!
Hermine, geh! Lauf weg! Hol Snape! Hol Harry! Hol irgendwen!
„Wenn du
auch nur denkst, mich anzurühren-“
„-ja?“,
unterbrach er sie rau, und sie schüttelte heftig den Kopf, denn irgendetwas lag
in seinem Blick, dass ein Kribbeln bis in ihre Zehen schickte, und sie
schüttelte den Kopf. Präventiv. Einfach, um ihn davon abzuhalten sie so
anzusehen! Oh Gott! Oh Gott!
„Malfoy!“
Es war eine Warnung. So klar und deutlich, aber er wich nicht zurück. Müdigkeit
zeichnete sein Gesicht. Und dann sah er sie an. Es schickte einen Stromschlag
durch ihren Körper. Sie schüttelte den Kopf, wieder einmal.
Er hatte
sie gegen den breiten Türrahmen gedrängt, stand über ihr, eine Hand neben ihrem
Gesicht abgestützt, während er sie betrachtete.
Irgendetwas
lag in seinen Augen. Irgendetwas, was sie nicht kannte, und es machte ihr eine
unheimliche Angst. Und dann griff er nach ihrer Hand, hielt sie, entgegen ihrer
plötzlichen Gegenwehr, fest und hob ihre Hand höher. Höher zu seinem Gesicht.
Sie starrte ihn mit offenem Mund an, und stoßweise entwich ihr die Luft aus
ihren Lungen, als er ihre warme Hand auf seine kühle, dreckverschmierte Wange
legte.
Oh Merlin!
Was zur…?
Seine Hand
lag über ihrer, und er schloss die Augen. Sein Atem ging ruhiger, während sie
ihn nur anstarren konnte. Alles, was er gesagt hatte! Alles… machte überhaupt
keinen Sinn mehr! Was tat er denn nur?! Seine Hand wanderte tiefer und
umschloss ihr Handgelenk.
Bewegungslos
verharrte sie vor ihm, ihre Hand auf seiner Wange, und sie spürte seine weiche
Haut unter ihren Fingerspitzen.
„Was tust
du?“, flüsterte sie ängstlich, und unter ihren Fingern wandte er das Gesicht,
so dass seine Lippen ihre Handfläche berührten. Sie spürte, wie er denn Mund
öffnete, sie einatmete, und eine komplette Gänsehaut legte sich über ihren
Körper, als sein warmer Atem ihre Haut traf. Sie versuchte die Hand
zurückzuziehen, entfernte sie ein Stück von seinem Gesicht, und seine Augen
öffneten sich wieder.
Er griff
nach ihrem anderen Handgelenk und legte ihre beiden Hände um seinen Nacken,
während er den Kopf senkte. Er hielt ihre Hände dort, und sie spürte wie die
kurzen Haare in seinem Nacken ihre Handflächen kitzelten.
Oh Gott!!!
Wieso
bewegte sie sich nicht?! Er lehnte sich näher zu ihr, und seine Wange berührte
ihre eigene, und sie schnappte nach Luft als seine Lippen die Stelle unter
ihrem Ohr fanden.
Er küsste
ihre Haut! Oh Merlin! Ein eigenartiges Schwächegefühl breitete sich in ihren
Beinen aus. Oh nein! Das passierte nicht! Sie schluckte schwer, versuchte, an
etwas anderes zu denken, versuchte zu ergründen, weshalb sie ihn nicht von sich
gestoßen hatte, und ihr Atem beschleunigte sich, als seine Lippen zu ihrer
Wange wanderten.
Er küsste
ihre Wange.
Behutsam, fast.
Und Luft entwich ihrem geöffneten Mund. Ihre Lider schlossen sich, kurz bevor
sie noch hyperventilieren würde, und sie spürte, wie der Druck seiner Hände
nachließ, wie er sie von ihren eigenen nahm, wie seine Hände auf ihren Hüften
zum Liegen kamen. Sie spürte die Wärme seiner Finger auch durch den Stoff ihres
kurzen Morgenmantels.
Oh Merlin!
Wieso – wieso!!! – lagen ihre Hände immer noch um seinen Nacken?!
Ihr
Herzschlag brach einen persönlichen Rekord, als seine Lippen ihren Mundwinkel
erreicht hatten. Sie spürte seinen Atem gegen ihren, und ihr Herz machte einen
Satz.
Nein!
Nein, nein, nein!
Sie spürte
ein Ziehen in ihrer Mitte, spürte, wie alles sehr schnell, sehr falsch und
verboten geworden war!
„Spürst du
das?“, flüsterte er rau gegen ihren Mundwinkel. Seine Lippen berührten beim
Sprechen ihre Haut. Ihre Hände hatten sich praktisch in seinen Nacken gekrallt
und hielten ihn genau an dieser Stelle, nur Millimeter von ihren Lippen
entfernt. „Und was ich alles tun könnte…“, fuhr er fort, und seine Stimme klang
weit entfernt. Sie wusste nicht, ob seine Augen immer noch geschlossen waren,
aber sie hielt ihre fest verschlossen. Würde sie es nicht sehen, dann wäre es
nicht wahr! Ihr Atem ging flacher, als seine Hand plötzlich tiefer glitt. Sie
spürte, wie er sanft den Stoff ihres Morgenmantels nach oben schob, wie seine
Finger auf die nackte Haut ihres Oberschenkels trafen, und wie er kurz heftiger
atmete.
Sie konnte
sich nur an ihn krallen, während eine unbekannte Hitze in ihre Wangen stieg.
Nein! Nein, wie konnte sie nur? Wie konnte sie ihn gewähren lassen?!
Aber
dieses Gefühl… dieses… verdammt…! Sie
atmete heiß gegen seine Wange, während seine Fingerspitzen sanft über ihren
Oberschenkel strichen.
„Wenn
ich…“, fuhr er rauer fort, während seine Finger tiefer glitten, ihren
Oberschenkel entlang nach innen. Dort wo es heißer wurde, wo sie spürte, wo
sich eine seltsame Spannung angestaut hatte. Sie hatte ihren Kopf unbewusst in
ihren Nacken gelegt, denn der Druck war unbeschreiblich in ihrem Innern. Nun lagen
seine Lippen über ihrem Hals, und sie spürte, wie seine Zunge eine feine
Schweißperle aufleckte, während ihre Finger fest in seinen Nacken griffen.
„Wenn ich… dich dort berühren würde…“, brachte er abgehackt hervor, und
instinktiv schlossen sich ihre Schenkel, hielten seine Hand gefangen, ohne dass
er sie weiter bewegen konnte. Zwischen ihren Schenkeln!
Die
Spannung in ihrem Innern brachte sie noch um.
„Nein!“,
keuchte sie heiser, die Augen noch immer geschlossen. Den Kopf noch immer
zurück gegen den kalten Türrahmen gelehnt.
Es war als
ging eine toxische Hitze von ihm aus. Er roch so verführerisch nach Erde, nach
Luft, nach dem letzten Hauch seines Parfums, nach Malfoy, nach…. Sie schluckte,
und er küsste ihren Hals erneut, atmete den Duft ihrer Haut ein, und sie spürte
wieder eine Gänsehaut. Noch immer hielt sie ihre Schenkel geschlossen, spürte,
wie er seine Hand bewegen wollte, aber sie atmete heftiger.
„Nicht!
Ich-“
„-shht“, murmelte er gegen ihre Haut, und sie hatte die Augen
fest zusammen gekniffen. Das konnte nicht Malfoy sein! Er konnte es nicht sein.
„Stell dir vor, was er sagen würde, wenn er dich jetzt sehen könnte, Granger“,
fuhr er fort, die Stimme gesenkt und tief vor Verlangen.
„Nein!“, wiederholte
sie verzweifelt, aber noch immer spürte sie seinen Nacken unter ihren Fingern!
Sie hatte ihn noch nicht losgelassen, aber sie übte keinen Druck mehr auf seine
Haut aus. Seine Lippen glitten tiefer, tiefer zum Ausschnitt des Morgenmantels.
Seine andere Hand griff in den Knoten, den sie nur locker gebunden hatte, um
ihn zu lösen.
Sie hielt
erschrocken die Luft an, unfähig sich zu bewegen. Was tat er nur? Was sagte er
da?! Würde Harry sie sehen können, dann… dann würde er glauben, sie wäre
verrückt geworden. Aber es konnte nicht Malfoy sein! Es fühlte sich nicht
einmal mehr wie Malfoy an! Und es war absurd! Sie war... Hermine Granger!
Hermine Granger, Schulsprecherin. Und niemand, für den sich Malfoy auch nur
jemals im Ansatz körperlich interessiert hatte! Oder… nicht? Es konnte doch
nicht sein, dass sie ihn gewähren ließ?! Sie verstand es nicht, und es war zu
überwältigend, als dass sie überhaupt noch richtig denken konnte!
„Wenn sie
dich sehen könnten“, fuhr er rauer fort, während er den Knoten einfach löste,
und seine Hand schließlich wieder um ihre Taille legte. Nun trennte seine Hand
nur noch ihr Schlafshirt von ihrer Haut. Sie atmete heftig, spürte, wie sich
ihre Brust hob und senkte, und wie seine Lippen ihre Haut entlang fuhren.
Tiefer… tiefer zum Saum ihres Shirts. Und sie wollte sich auflehnen, aber er
presste sie übergangslos mit voller Kraft gegen den Türrahmen, die Hand noch
immer zwischen ihren Schenkeln, während er mit seinem freien Daumen über den
unteren Ansatz ihrer Brüste fuhr. Sie spürte es auch durch das Shirt, spürte,
wie sie unter seiner Berührung schauderte und sich gleichzeitig fragte, wie er
es wagen konnte! Aber jetzt war sein Körper gegen ihren gepresst, und sie
wünschte sich, es wäre alles anders gekommen.
Ihre Augen
hatten sich geöffnet, und er musste die Angst darin erkennen können.
Er stand
etwas gebeugte vor ihr, denn seine Hand steckte noch immer zwischen ihren
Schenkeln, so dass er sich nicht vollständig aufrichten konnte, und ihre Hände
lagen noch immer um seinen Nacken.
„Ich weiß,
es gefällt dir“, fuhr er heiser fort. „Es gefällt dir, wenn ich dich ansehe,
wenn ich dich berühre! Ich wette, du denkst an mich, wenn du in deinem Bett
liegst! Vielleicht fasst du dich sogar an“, ergänzte er mit eindringlichem
Blick in ihr Gesicht, und sie spürte die Hitze in den Wangen. „Vielleicht fasst
du dich an, und stellst dir vor, ich würde es tun“, sagte er, während ihre
Schenkel immer heißer wurden.
Oh Gott!
Oh Merlin! Nein!
„Du
stellst dir vor, wie es wäre mich zu küssen“, flüsterte er, und sie starrte in
sein Gesicht. Ihr ängstlicher Blick fiel kurz abgelenkt auf seine vollen
Lippen, und kurz zuckten seine Mundwinkel. „Nicht da, Granger. Mich woanders zu
küssen“, fuhr er leiser fort. Sie wehrte sich, wollte die Hände von seinem
Nacken nehmen, aber er presste sie härter zurück gegen den Rahmen. Sie keuchte
auf, und sie griff jetzt härter in seinen Nacken.
„L…lass
mich los, Malfoy“, erwiderte sie, die Stimme nur ein Hauch.
„Und wenn
du mich lassen würdest, könnte ich dir Dinge zeigen, die-“
„Nein!“,
unterbrach sie ihn zitternd.
„-und wenn
ich meinen Finger in dich schieben würde, wenn ich deinen Nippel dabei in
meinen Mund saugen würde, und du nur noch daran denkst, wie es wäre, wenn mein
Schwanz dich tatsächlich-“
Ihre Fingernägel
krallten sich jetzt in seinen Nacken, und ihr Atem ging schneller. Sie
schüttelte blind den Kopf, aber er senkte seine Lippen, verharrte nur
Millimeter entfernt vor ihrem Mund. „Wenn ich… auf die Knie gehen würde…“,
flüsterte er, den Blick auf ihre Lippen geheftet. „… wenn ich deine lächerlich
kurze Shorts deine Beine hinab ziehen würde…“
Oh Gott!
Oh Gott! Und sie schluckte. Alles in ihr kribbelte, und sie rieb ihre Schenkel
aneinander, denn das Prickeln in ihrer Mitte war unglaublich! Aber… er durfte
doch nicht…! Das durfte es nicht sein!
Und all
seine Arroganz war von seinem Gesicht verschwunden und war ersetzt durch
schiere Ungeduld, durch Faszination und purer Lust.
Ihr Herz hämmerte
gegen ihre Brust, eine köstliche Hitze in ihren Wangen, und der Mann vor ihr,
so wunderschön und gefährlich und böse, hatte seine Hand zwischen ihren
Schenkeln.
Und dann
senkte er mit unglaublicher Beherrschung den Kopf, und seine Lippen nahmen ihre
Unterlippe in seinen Mund. Sie musste vor Schreck zusammen gezuckt sein, aber
sie konnte mit dem Kopf nicht weiter zurück. Sie spürte die Hitze in seinem
Mund, schmeckte ihn, schmeckte einen salzigen Geschmack, der von seinen Lippen
ausging, und spürte, wie seine Zähne sanft in ihre Lippe bissen. Sie zitterte
unter ihm.
Er ließ
ihre Lippe fahren, und sie wusste, sie hatte keine Chance. Würde sie ihn doch
einfach von sich stoßen! Aber… sie konnte nicht… - konnte einfach nicht.
Ihre
Blicke trafen sich. Sein Mund war leicht geöffnet, und Hunger trat in seinen
Blick.
Sie war so
dumm. Sie hätte sich für Blaise Zabini entscheiden können. Höflicher, netter,
unauffälliger Blaise Zabini!
Aber sie
konnte ihre Gedanken kaum ordnen, denn ein Grollen entwich seiner Kehle.
Sie konnte
ihre Schenkel kaum noch länger anspannen. Sie konnte kaum noch länger irgendwas
tun. Ihre Augen waren wie magisch angezogen von seinen Lippen. Seine Lippen,
die nie ein nettes Wort sagten, nicht einmal jetzt! Nicht einmal, wenn er hier
vor ihr seine dunkelsten Gedanken ausschüttete! Nicht einmal-
„-verflucht“, hörte sie ihn heiser
murmeln. Er schien zu warten. Er schien ihr jetzt die letzten Sekunden zu
geben, aber… sie wüsste nicht einmal, was sie tun sollte.
Sie war
wie hypnotisiert. Und ihr fester Wille wurde langsam schwach. Nein, eigentlich
war er völlig verschwunden. Und er benutzte sie nur! Das waren doch seine Worte
gewesen, oder nicht?
Ihre Hände
glitten seinen Nacken hinab, über seine muskulösen Schultern, und kurz verzog
er den Mund. Sie ließ sie auf seiner Brust liegen. Schmerzen. Richtig, er
musste Schmerzen haben. Er musste sich ja heute unbedingt mit Harry geschlagen
haben!
Und ihre
Finger spürten seine warmen Muskeln unter dem schmutzigen Quidditch-Jersey.
Fasziniert spürte sie das Spiel seiner Muskeln, spürte seinen flachen Atem
gegen ihre Finger, und sie wusste, er würde sich nicht entschuldigen. Er würde
nichts Nettes sagen. Er würde nichts erklären, und es trieb wieder die Tränen
in ihre Augen. Sie hob den Blick zu seinem Gesicht.
Und
erkannte die Tränen in ihren Augen, und sein Ausdruck wurde bitter. Er
schüttelte nur den Kopf. Sie wusste nicht, warum, aber er schloss den Abstand.
Unspektakulär, ohne ein weiteres Wort, aber… oh Merlin! Das Gefühl!
Als hätte
sie es tatsächlich vermisst! Oh mein…!
Seine
Lippen schlossen ihren Mund, und fast hatte sie sich nach vorne gelehnt, in den
Kuss, hinein in das absolut Falsche, was sie heute noch hätte tun können! Und
das Ziehen in ihrer Mitte ließ sie vergessen, wer es war, der sie hielt, der
sie überwältigte mit seiner Lust, seinem unverhohlenen Hunger, mit… seiner
Ausstrahlung, die sie sonst mehr hasste als alles andere auf der Welt.
Ihre
Finger krallten sich in seinen Jersey, zogen ihn näher an sich, und sie spürte,
wie sie ihre Schenkel nicht mehr geschlossen halten konnte, wie sie seiner Hand
erlaubte, weiter zu wandern. Mit einem Knurren verschlang er ihre Lippen
heftiger, stieß seine Zunge so verlangend nach vorne, während seine Finger
unter ihre weite Shorts glitten.
Als sie
spürte, wie seine Fingerspitzen auf ihre verräterische Nässe in ihrem Slip
trafen, keuchte sie auf.
Oh Merlin!
Ihre Zunge
glitt an seiner entlang, schmeckte all seine Wut, die er in den Kuss legte, und
halb zerrte sie ihn an sich, halb stieß sie ihn zurück, und er erlaubte keinen
Zentimeter Luft mehr zwischen ihnen, während er seinen gesamten Körper in
voller Länge gegen sie presste.
Er schien
sich Erleichterung zu verschaffen, während er seine Hüfte gegen ihren bloßen
Schenkel presste, und sie keuchte wieder in seinen Mund, als sie seine
steinharte Erektion spürte.
Seine Hand
hatte sich um ihren Nacken gelegt, seine Finger hatten sich in ihre dunklen
Haare gekrallt, hielten sie fest, während seine Zunge ihren Mund beinahe grob
und hungrig erkundete. Immer und immer wieder massierte er ihre Zunge, und dann
rieb sein Daumen über ihre gesamt angespannten Nerven ihrer Klitoris. Sie
stöhnte in seinen Mund, denn sie konnte nicht anders.
Sie schmeckte
alles. Sie schmeckte getrocknetes Blut, Erde, schmeckte seinen eigenen Duft,
und als er seine Finger unter ihren Slip schob, krallte sie sich in seinen
Jersey. Er ließ nicht zu, dass sie den Kuss unterbrach, hielt sie fester gegen
sich, und vollkommen hilflos war sie den Sensationen ausgeliefert, die folgten.
Und sie
war viel zu gefangen, als sich zu schämen. Verlangend strichen seine Finger
über ihren empfindlichsten Punkt, wanderten tiefer zwischen ihre Beine, während
ihre Zunge wieder gegen seine stieß.
Und er
hatte ihren Eingang erreicht. Sie hielt erschrocken die Luft an.
Und er
nahm ihre Unterlippe wieder zwischen seine Lippen und saugte sie hart in seinen
Mund, als er seinen Finger in sie stieß.
Ein kehliger Laut entrang sich ihrer Kehle, den sie von sich
noch nie gehört hatte.
Sie hörte
ihn ungehalten stöhnen, während er seinen Finger wieder zurückzog, um einen
weiteren in sie zu stoßen.
Es war so…
elektrisierend. Es war so… verboten, und sie lehnte sich gegen ihn, presste
sich selber gegen seine Hand, und seine Lippen küssten ihren Hals hinab. Ihre
Finger gruben sich in seine dichten schmutzigen Haare, und sie – oh….
Oh!
Oh nein!
Sie spürte es! Konnte fühlen, wie es sich aufbaute, wie sie sich verlor, wie…
er sie weiter dehnte, wie er noch einen Finger in sie stieß, ungeduldig, mit
einem Knurren, wie er in ihren Hals biss und ihre Haut ungehalten in seinen
Mund saugte.
Es
schmerzte, aber es war ein süßer Schmerz, der sich mit den Wellen ihrer Lust
vermischte.
„Oh
Gott!“, entfuhr es ihr, als ihr schwindelig wurde, als sie bunte Sterne vor den
geschlossenen Augen sah, und er seine flache Hand hart gegen ihre Klitoris
presste. Sie erzitterte unter ihm, klammerte sich an ihn, und die Hitze
benebelte sie kurz.
Seine Lippen
verschlossen ihren geöffneten Mund beinahe sanft.
Sie
erwiderte den Kuss träge, müde, erschöpft, vollkommen befriedigt.
Oh…
Merlin…!
Oh… - nein….
Aber sie
war gerade viel zu weit entfernt, um ernsthaft panisch zu werden, weil Draco
Malfoy…. Oh… Gott. Draco Malfoy hatte…
Ihre Lider
flatterten müde auf. Er hatte seine Hand wieder zurückgezogen und löste sich in
der Sekunde von ihren Lippen. Er war… schön. Auch blutig und dreckverschmiert
war er schön.
Seine
Brust hob und senkte sich, und sie konnte nicht sprechen, konnte noch nicht
fassen, was gerade passiert war!
Sie wusste
nur eins: Sie schämte sich. Schämte sich viel zu sehr, um noch länger in seine
grauen Augen zu blicken. Ihre Lippen fühlten sich geschwollen an, genauso wie
ihre Klitoris. Oh Merlin! Die Stelle, die er an ihrem Hals gebissen hatte
ziepte auch unangenehm.
Was hatte sie getan?!
„Du-“
Und sie
hatte gesehen, wie er den Mund geöffnet hatte, sie hörte seine verdammte
Stimme! Draco Malfoys Stimme! Kein Vielsafttrank, keine Illusion! Nein! Es war
Draco Malfoy, der vor ihr stand und sprach. Und sie wusste, es würde nichts
Gutes über seine Lippen kommen! Nein, er würde triumphieren, er würde arrogant
und überheblich sein! Er würde nicht mal merken, dass er gerade etwas getan
hatte, was noch nicht mal ansatzweise überhaupt irgendjemand mit ihr gemacht
hatte! Er würde nicht verstehen, dass sich alles geändert hatte!
Er begriff
nicht einmal, dass sie sich in den letzten Minuten für ihn entschieden hatte!
Dass sie ihm erlaubt hatte, so weit zu gehen! Ihm! Ausgerechnet ihm!
Und die
Tränen fielen auf ihre Wange, als sie heftig den Kopf schüttelte, denn sie
wollte keine Beleidigung von ihm hören! Sie wusste, sie würde es nicht ertragen
können, denn sie hatte keine schlagfertige Antwort, denn er hatte glorreich
gewonnen, heute Abend! Er hatte nicht einmal Ärger von Snape bekommen! Er war
immer noch Schulsprecher, nachdem er Harry die Nase gebrochen hatte! Er war…
Draco Malfoy!
Draco
Malfoy, der ihr schon gesagt hatte, dass er sie würde haben können, wann immer
er wollte, nur um Harry zu bewiesen, wie wenig loyal sie war! Sie hatte Harry
verraten!
Oh Merlin!
Sie hatte Ron verraten! Sie hatte sich selber verraten! Ihr Körper hatte sich
gegen sie gewandt! Ihr eigener Körper, der Draco Malfoy all diese Dinge erlaubt
hatte!
Und sie
hatte sich vom Türrahmen abgestoßen und stürmte durch das Wohnzimmer, ihre
Stufen hoch, durch die angelehnte Tür, die sie heftig ins Schloss warf. Sie
legte den Muffliato
auf die Tür, nachdem sie mit zittrigen Fingern ihren Zauberstab vom Regalbrett
gegriffen hatte.
Sie
versiegelte ihre Tür eilig, während Schluchzer sie schüttelten.
Und sie
hatte keine Ausrede! Sie hatte gar nichts! Sie hatte keine Erklärung, und sie
lief zu ihrem Bett. Sie vergrub den Kopf in den Kissen und hasste sich mehr,
als Harry es jemals würde tun können, wenn Malfoy es ihm prahlerisch erzählen
würde!
Falls er
überhaupt prahlen würde! Nein. Bestimmt würde es eine seiner Schlammblut-Anekdoten
werden. Auf einer seiner chaotischen Partys! Und alle würden sie verurteilen!
Alle würden Hermine Granger verurteilen! Hermine Granger, die sich am ersten
Tag des Amtes geschworen hatte, Draco Malfoy nie einen zweiten Blick zu
schenken!
Und morgen
wäre er wieder komplett angewidert. So wie immer! Genauso wie er immer war! Das
Arschloch! Heiße Tränen weinte sie in ihr Kissen und wünschte, es wäre nicht
passiert!
Oh Harry…
Harry, es tut mir so leid! So, so
leid…!
~*~
Er war
gegen den anderen Türrahmen gefallen, nachdem sie fluchtartig das Zimmer
verlassen hatte.
Fuck.
„Du
könntest dich revanchieren“, beendete er grimmig seinen Satz, aber es war
niemand mehr im Zimmer. Seine Erektion pochte so unangenehm gegen seine
Trainingshose, dass er vor Schmerz die Augen schließen musste. Er nahm an, sie
hatte ihre tausend Versiegelungszauber auf ihre verdammte scheiß Tür gelegt.
Miststück.
Er würde
unter der Dusche onanieren. Und er würde sich vorstellen, wie ihr verdammter
Mund ihn aufnahm. Er würde sich vorstellen, wie er in ihr käme! In ihrem
verdammten Mund!
Er musste
die Augen schließen, so hart war er jetzt bei dem bloßen Gedanken geworden.
Scheiß
Schlammblut, das ihn einfach hängen ließ, nachdem er es ihr verflucht fantastisch
besorgt hatte! Sie war ein verfluchtes Miststück!
Sollte er
sofort zu Potter gehen, oder sollte er bis morgen warten…?
Er starrte
leer nach vorne. Er würde von der Schule fliegen, nahm er dumpf an.
Das, oder
er würde seinem neuen, sehr ungesunden Hobby nachgehen, Schlammblüter vögeln zu
wollen. Er schloss resignierend die Augen.
Fuck! Er
wollte sie.
Das war
neu. Und sein Mal schmerzte nicht. Und das war… verflucht beunruhigend.
„Draco,
wann soll es heute Abend losgehen?“ Pansy klebte ihm praktisch an der Seite. Es
war wie eine lästige Reviermarkierung, der er nicht entkommen konnte.
„Ich weiß
es nicht“, erwiderte er, während er nicht sicher war, wo er seine Laune
unterbringen sollte. Er war nicht gut gelaunt. Nein, nicht unbedingt.
„Du weißt
es nicht?“, wiederholte Pansy mit einer Vorsicht, die nichts Gutes bedeuten
konnte. „Draco, neben all den Sachen, um die ich mich für deine Party kümmern
muss, weil anscheinend niemand sonst sich darum kümmern will, werde ich nicht
auch noch heute rumlaufen, und die Leute daran erinnern, heute Abend bei dir
auf der Matte zu stehen!“, erklärte sie mit funkelndem, Blick.
Oh
Salazar, verflucht. „Pansy“, begann er, aber sie hörte ihm nicht zu.
„Du wirst
Ernie Bescheid sagen, du wirst deine Ravenclaws erinnern, wobei ich Ravenclaws
nicht ausstehen kann“, ergänzte sie stiller, „und ich finde, du solltest dich
endlich mit Blaise vertragen, denn es ist jetzt fünf Tage her!“, stellte sie
sachlich fest, während ihr Blick zornig auf einen Makel in ihrem manikürten
Fingernagel fiel.
„Ja“,
brummte Greg neben ihm unverständlich und erntete Dracos bösen Blick. Sicher,
wann immer Gregory Pansy zustimmen konnte, ohne selber in Gefahr zu geraten,
etwas tun zu müssen, war er gerne dabei, ihm in den Rücken zu fallen. Und sich
mit Zabini auch nur zu unterhalten kam überhaupt nicht in Frage!
„Du kannst
froh sein, dass Snape dich nicht schon hochkantig rausgeworfen hat!“, zischte
Pansy jetzt, denn anscheinend war heute Mittag der Zeitpunkt gekommen, an dem
Pansy ihrem Ärger Luft machen konnte.
„Ja“,
bestätigte Greg erneut. Draco sah ihn erhobener Augenbraue an, was ihn wieder
verstummen ließ.
„Ich
meine, was soll das? Willst du nicht mehr Schulsprecher sein? Ich finde es höchst
gedankenlos von dir, nicht aufzupassen! Ich meine, natürlich ist Potter nervtötend mit seiner ganzen Heldengeschichte, aber musst
du ihn und Weasley zweimal die Woche schlagen gehen? Du kannst froh sein, dass
Magie deine Wunden so schnell heilt, dass man wenigstens nichts sehen kann!“
„Ich habe
es mir nicht ausgesucht!“, knurrte er. Wobei… das gelogen war. Aber es war
egal, denn es ging Pansy überhaupt nichts an.
„Draco“,
sagte sie jetzt ruhiger, „ich mache mir bloß Sorgen, verstehst du?“ Sie sah ihn
aufrichtig an. Ihre grünen Augen durchleuchteten ihn, und ihr Blick war ihm
mehr als unangenehm. Pansy war kein fairer Gesprächspartner. Sie wartete nur
darauf, dass er ihr mehr Informationen geben würde. Aber er schwieg.
„Ich weiß
nicht, ob Snape mir heute eine Strafe verpasst“, erklärte er jetzt, während er
den Blick wieder seinem Porree zuwandte.
„Was?“,
wollte sie lächelnd wissen, aber ihr Lächeln erreichte ihre Augen nicht.
„Wegen…
Mittwoch, ich-“
„Ich weiß,
weswegen, Draco!“, unterbrach sie ihn eisig. „Dann wirst du es so regeln, dass
die Strafe nicht heute Abend sein wird. Ich bin sicher, das ist dir möglich?
Wenn du Snape schon daran hindern konntest, dich von der Schule zu werfen,
obwohl wegen dir das Quidditchspiel ausgefallen
ist-“, begann sie mit Nachdruck, aber jetzt schüttelte er den Kopf.
„Wegen
mir? Ich war nicht alleine in-“
„-Draco,
ich bitte dich!“, sagte Pansy, als stünde von vornherein fest, dass es immer
seine Schuld war! Was erlaubte sie sich eigentlich?!
„Jaah“, mischte sich Greg wieder ein, und Draco wäre fast
von der Bank gesprungen vor Wut. Gregory neben ihm zuckte vor Scheck zusammen
und richtete seinen Blick hastig zurück auf seinen Teller.
„Draco,
außerdem ist da immer noch das Problem mit… Granger“,
sagte sie betont vorsichtig. Pansy hasste Granger, das war jedem klar. Jedem,
der länger als fünf Minuten mit Pansy zu tun hatte. Draco horchte auf,
widerwillig, aber er konnte nicht anders.
„Was… was
ist mit ihr?“ Der gestrige Tag war vergangen. Ohne, dass Potter ihn umgebracht
oder Snape ihn enthoben und von der Schule geworfen hatte. Er nahm an, Granger
hatte niemandem erzählt, dass er… dass er… - er musste schlucken, als er daran
dachte, wie er seine Finger in ihre verflucht enge Pussy
geschoben hatte, wie sie fantastische Geräusche gemacht hatte, wie er eine
Gänsehaut und die härteste Erektion seit einer langen Zeit bekommen hatte, als
sie sich an ihn gekrallt hatte, ihren warmen Körper gegen seinen gepresst, und
ihre perfekten Brüste, weich und gleichzeitig-
„-Draco?“,
vernahm er Pansys Stimme und hob irritiert den Blick. Er setzte sich auf seinem
Stuhl anders hin, denn seine Erektion drückte gegen den Stoff der Hose. Fuck.
„Was?“,
wollte er unfreundlich wissen, denn jetzt gerade war eine Erektion mehr als
unpassend!
„Wie wir
sie heute loswerden sollen?“, wiederholte Pansy anscheinend gereizt. Draco sah
sie an.
„Wen?“
„Oh,
Draco, könntest du mir für fünf Minuten zuhören?“, schnappte Pansy zornig, und
eine leichte Röte trat in ihre Wangen. „Wenn Granger heute Abend auch da ist,
wird es ein anstrengendes Pokern! Kein Alkohol, kein Gold! Wahrscheinlich
schafft sie es sogar, Snape als Wachhund zu engagieren!“, empörte sich Pansy
mit einem Blick über die Schulter.
Und
unwillkürlich fragte sich Draco, ob Blaise Granger heute um ein Date bitten
würde. Das hatte er zumindest vor gehabt, und Draco machte es rasend.
„Ich weiß
es nicht, Pansy“, sagte Draco abwesend.
„Schön,
könntest du dir nicht was einfallen lassen? Wir könnten sie weglocken?
Aussperren? Kann sie nicht Zeit mit ihren… Freunden verbringen? Schlag es ihr
vor!“
„Wir
sprechen nicht, Pansy“, erwiderte Draco glatt. Nein, nicht wirklich. Er wusste
nicht, was er tun sollte, aber Granger vorzuschlagen, mehr Zeit mit Potter und
dem Wiesel zu verbringen könnte ihm mehr schaden als nutzen.
„Was?“,
brachte Pansy gepresst hervor, und Draco widmete seine Aufmerksamkeit wieder
Pansys zornigem Gesicht.
„Ich
kümmere um alle Vorbereitungen und du kannst nicht diese eine Sache für mich
tun?“
Und Draco
hasste es, Pansys Wut abzubekommen. Er hasste es einfach! Und er sprach, ohne
großartig nachzudenken.
„Weißt du,
Pansy, vielleicht löst sich dein Problem, denn Blaise will Granger heute um ein
Date bitten“, sagte er jetzt kalt. Zuerst schien Pansy nicht verstanden zu
haben, aber dann öffnete sich ihr Mund perplex.
„Was?“, entfuhr es ihr kopfschüttelnd,
und Gregs Gabel sank in seiner Hand neben ihm. „Das ist nicht dein Ernst?“,
flüsterte sie zornig.
„Was
denkst du, warum ich nicht mehr mit ihm spreche?“, erklärte er süffisant, denn
Pansys Ärger galt nun nicht mehr ihm.
„Oh,
dieser Verräter! Das ist doch wohl nicht sein ernst! Was glaubt er, wer er
ist?!“
„Und du
willst, dass ich mich mit ihm vertrage?“, erkundigte sich Draco lächelnd, und
Pansys blickte starr geradeaus.
„Was? Nein,
natürlich nicht! Ich fasse es nicht! Was ist in Blaise gefahren? Sie ist ein
Schlammblut! Ein widerliches Schlammblut!“, wiederholte sie fast hysterisch.
„Draco, wir müssen ihn retten!“, entfuhr es ihr, und Draco sah sie entnervt an.
„Vor
was?“, wollte er glatt wissen.
„Er muss
wahnsinnig geworden sein!“
„Wenn er
sie fragen will, soll er doch. Sie würde sowieso nicht ja sagen.“
„Und warum
nicht?“ Pansys Stimmung war in einer Nanosekunde umgeschlagen und sie beäugte
ihn wieder misstrauisch. Oh, Merlin noch mal! Er hatte wieder einmal nicht
nachgedacht, wenn er mit Pansy sprach!
„Weil sie
an Potters Arsch festgebunden ist, Pansy.“
„Granger
könnte froh sein, jemanden wie Blaise überhaupt aus der Nähe ansehen zu
können!“, informierte ihn Pansy scharf. Draco atmete aus. „Was, wenn sie ja
sagt?“, entfuhr es Pansy panisch.
„Was?“
Draco hatte über diese Konsequenz nicht eine Sekunde nachgedacht und hielt sie
für überaus abwegig. „Wird sie nicht.“
„Woher
willst du das wissen?“, schnappte Pansy besorgt.
Weil ich sie vorgestern am Türrahmen
befriedigt habe.
„Potter
würde ausrasten“, sagte er nur.
„Wir
müssen etwas tun!“, sagte Pansy, und Draco bereute, überhaupt etwas gesagt zu
haben. „Wann ist dein Termin bei Snape?“
„Um fünf,
Pansy“, rang er sich ungeduldig ab.
„Gut. Bis
dahin wird mir etwas eingefallen sein. Merlin, wie furchtbar! Du hättest es mir
sagen sollen, Draco!“, fuhr sie ihn zornig an. Draco zuckte gleichmütig mit den
Achseln. „Heute gehen die meisten nach Hogsmeade. Ich
bin sicher, Granger und ihre langweiligen Freunde tun das auch. Am besten
verlaufen sie sich dort für den Rest des Abends.“
Draco
bereute schon, überhaupt heute Abend pokern gewollt zu haben.
„Wann geht
es heute Abend los?“, wollte Greg neben ihm wissen. Draco schenkte ihm einen
eindeutigen Blick.
„Dünnes Eis, Gregory. Verflucht dünnes Eis“, knurrte Draco, und Greg senkte
schuldbewusst wieder den Blick auf den Teller.
~*~
Der Weg zu
Snapes Büro war immer… unangenehm. Meistens hatte Snape etwas auszusetzen, und
Draco wusste, heute würde er erst recht keine Ausnahme machen.
Er hatte
sie gestern in Alte Runen das letzte Mal gesehen und hatte sie erfolgreich
ignoriert. Es war nicht schlimm gewesen. Überhaupt nicht. Denn er war sauer auf
sie.
Und sie
war ein Miststück.
Und es wunderte
ihn überhaupt nicht, dass sie nicht alleine vor Snapes Büro ankam. Draco hatte
noch nicht das Passwort zum Wasserspeier gesagt, als Potter und Granger um die
Ecke kamen. Und wieder einmal schien Granger damit beschäftigt zu sein, zu
schlichten. Ihre Augen weiteten sie sich kurz, als sie ihn erkannte, aber sie
senkte sehr schnell den Blick.
Potters
Blick durchbohrte ihn allerdings. So wie immer. Oh, wenn Potter wüsste. Und
jedes Mal, wenn er Potter sah, juckte es ihn in den Fingern. Es juckte ihn einfach!
Potter hatte etwas an sich, was ihn nur zu gerne zuschlagen lassen würde!
Wirklich! Und dass sie sich hinter ihm versteckte war einfach lächerlich!
Und, Granger? Hat Blaise dich schon
gefragt? Sieht nicht so aus, sonst wäre Potter nicht mehr so widerlich ruhig!
„Wir
sollten hochgehen“, sagte Granger nach einer kleinen Weile, in der Draco seinen
gesamten Hass in seinen Blick hatte fließen lassen. Potters Mund verzog sich.
„Ja“,
sagte Potter bloß. Und Draco beschloss, tatsächlich nichts zu sagen. Ihm fiel
sein Plan wieder ein. Er wollte ein Ravenclaw Mädchen verführen. Wollte er das
noch? So wütend wie Granger ihn machte, ja. Ja, wollte er!
Immerhin
hatte Granger den Anstand, rot zu werden. Er hoffte inständig, das hier wäre
verflucht noch mal unangenehm für sie. Draco sah sie an. Sie mied noch immer
seinen Blick, als Potter entnervt vor den Wasserspeier trat.
„Albus
Dumbledore“, sagte er laut, und der Wasserspeier wich knirschend zur Seite, ehe
die Wendeltreppe in Sicht kam. Draco hatte große Lust, Potter zu schubsen, sah
aber davon ab.
Potter
bedeutete Granger vorzugehen, und fast hätte Draco die Augen verdreht. Fast.
Sie kamen
oben an, und Draco fielen mehrere Szenarien ein, wie sich Potter ganz zufällig
den Kopf einschlagen könnte, auf dem Weg nach oben. Aber er beherrschte sich
erstaunlich gut.
Sie
betraten allesamt Snapes rundes Büro. Der Schulleiter saß wie immer gereizt an
seinem Schreibtisch und ging durch einige Unterlagen vor sich.
„Wie
wunderbar“, entfuhr es ihm. „Wie ich sehe haben sich keine Wunden dazugesellt.
Hallo, Miss Granger“, bemerkte er knapp. Draco sagte immer noch nichts. „Mr Malfoy, ist Ihr Abzeichen zwischenzeitlich mal wieder
aufgetaucht?“, bemerkte Snape mit einem Seitenblick, und Draco fluchte
innerlich. Fuck. Scheiß Abzeichen.
„Das wären zehn Punkte Abzug für Slytherin, wie immer“, schloss Snape mit einem
freudlosen Lächeln.
„Nehmen
Sie Platz“, fügte Snape hinzu und deutete auf eine ungleiche Stuhlreihe vor dem
großen Schreibtisch. Er schob die Unterlagen beiseite.
„Nachkriegszeremonien!
Was denkt sich das Ministerium? Dass noch kein Jahr vergangen ist, und wir
alles bereits mit Alkohol und lustiger Musik feiern müssen?“, knurrte er den
Briefen zu, die vor ihm lagen, und Draco runzelte die Stirn. „Mr Potter, ich habe eine spezielle Einladung für Sie.
Allerdings fällt sie mitten in die Prüfungszeit, und ich würde Sie bitten nicht
zu der Einweihung des Opferdenkmals als Kriegsmaskottchen im Ministerium zu
erscheinen“, ergänzte Snape mit Nachdruck. Draco unterdrückte ein Grinsen.
Potter
wirkte etwas perplex, aber er ruckte mit dem Kopf. „Wenn… wenn es in die
Prüfungen fällt, dann… wohl… nicht“, stimmte er peinlich berührt überein, und
Draco atmete entnervt aus. Snape hob einen weiteren Brief in die Höhe. Draco
hielt die Luft an.
„Wo wir
gerade bei außerschulischen Dingen sind, Mr Malfoy,
ich habe noch einen Brief für Sie bekommen. Allerdings kann ich diese
Entscheidung nicht fällen, also…?“ Er hielt ihm den Brief entgegen. Er kam aus
Frankreich, wie Draco am Siegel erkannte. Bevor Granger und Potter mehr
Interesse zeigen konnten, hatte er ihn hastig in seinen Umhang gesteckt. Warum
bekam Snape seine Briefe?! Er würde sich später darum kümmern. Er nahm an,
Snape hatte ihn geöffnet und wusste, was darin stand. Und Draco passte es gar
nicht. Aber er sagte nichts Entsprechendes. Bestimmt nicht vor Potter!
„Kommen
wir zu den unwichtigen Dingen des Lebens“, begann Snape wieder. „Kommen wir zur
Strafe. Miss Granger, kann ich Ihnen ein paar Fragen stellen?“ Und Draco
spürte, wie sie unruhig auf dem Stuhl neben ihm wurde.
„Ja“,
sagte sie mit nicht besonders fester Stimme. Er sah sie an. Er hatte sich in
den letzten beiden Tagen nicht wirklich erlaubt, sie richtig anzusehen. Sie
biss sich kurz auf ihre Lippe. Ihre Lippe, die er in seinen Mund gesaugt hatte.
„Hat Mr Malfoy Sie jemals bedroht?“, wollte Snape wissen, und es
war wie ein dreister Angriff aus dem Hinterhalt. Granger schien kurz
überrumpelt.
„Mich… bedroht?“, wiederholte sie verwirrt, und
Snape nickte, ohne sie aus den Augen zu lassen. „Ich… nein, er hat mich nie
bedroht, Sir“, log sie ruhiger und senkte kurz den Blick auf ihre Hände.
„Professor-“,
unterbrach Potter eine Spur zorniger.
„Mr Potter, ich spreche mit Miss Granger“, entgegnete Snape
lediglich. „Hat Mr Malfoy Sie jemals in irgendeine
Art von Bedrängnis gebracht?“, fuhr Snape fort, und Draco verdrehte gereizt die
Augen. Merlin, jetzt wäre Grangers wunderbare Chance. Er wartete, Potter
wartete, Snape wartete.
Dracos
Puls hatte sich geringfügig beschleunigt.
„Nein,
Sir“, sagte sie fest.
Nein,
hatte sie gesagt. Dumpf klangen die Worte in Dracos Kopf. Sie sah ihn nicht an.
Sie hatte
gelogen. Für Potter? Für ihn? Ha ha, ja sicher. Als
ob sie für ihn solche Längen gehen würde. Es ging doch nur um ihren scheiß
Potter!
„Sir“,
begann Draco, denn in einem Anflug von Wahnsinn hatte er plötzlich die Lust
verspürt, die Wahrheit zu sagen. Und jetzt traf ihn Grangers Blick. So mächtig,
dass er sie ansehen musste. Und stille Aufrichtigkeit und der Hauch von Angst
lagen auf ihrem hübschen Gesicht.
„Ja, Mr Malfoy?“, erwiderte Snape gereizt. Draco wandte den
Blick von ihr ab, denn was brachte es alles? Sie log. Egal, für wen sie es tat.
Und es geschah ihr nur Recht! Sie war selber schuld, wenn sie ihre beste Chance
verstreichen ließ, ihn von der Schule zu werfen.
„Nichts,
Sir“, sagte Draco schließlich. Snape atmete aus.
„Hören
Sie, das Spiel, was wegen Ihnen beiden versäumt worden ist, findet morgen Abend
statt. Um acht Uhr. Ich erwarte, dass Sie beide dort auftauchen, dass Sie sich
nicht miteinander anlegen, und dass Sie bis zu den Prüfungen keine physischen
Auseinandersetzungen mehr haben. Haben Sie verstanden?“, wandte sich Snape an
ihn und Potter. Und sein Blick war eisig. „Und das gleiche gilt für Mr Weasley, haben Sie gehört, Draco?“
Oh, er
bekam sogar seinen Vornamen aus dem Mund seines Patenonkels zu hören. „Ob Sie
verstanden haben?“
„Ja, Sir“,
sagte Draco gepresst.
„Das
reicht mir nicht, Draco“, fuhr er strenger fort.
„Ich…
werde mich nicht mit Mr Weasley anlegen“, erwiderte
Draco betont freundlich. Snape atmete erneut aus. Ob er schon wusste, dass
Draco log? Er nahm es an.
„Miss
Granger, irgendwelche Auffälligkeiten unter den Vertrauensschülern, den
Schülern – irgendwas?“, wollte er Snape knapp wissen, und Draco wusste, es war
vorbei! Snape hatte keine Strafen verhängt!
„Nein,
Sir“, sagte sie leise.
Und Draco
erhob sich in der Sekunde als Potter es tat.
„Ach,
meine Herren…“, hielt Snape sie zurück. Er hatte zwei Blätter Pergament in der
Hand. „Ihre Strafe“, ergänzte er lächelnd. Und Draco Laune sank wieder ein
Stück. Er und Potter nahmen die Blätter entgegen, während Granger sich erhob
und bei Potter mitlas.
Dracos
Augen weiteten sich.
„Sir…?“,
begann er, eine Spur verblüfft.
„Ja, Mr Malfoy?“ Snape schien sogar ein wenig vergnügt zu sein.
„Haben Sie eine Frage? Ich erläutere es gerne. Das ist eine Partnerarbeit.
Speziell für Sie und Mr Potter. Es legt den Tag in der
Woche fest, die Zeit, und sollten Sie es nicht in Partnerarbeit machen, werde
ich es erfahren. Die Benotung dieser Arbeit erfahren Sie vor Ihren Prüfungen.
Sollte Sie nicht meinen Vorstellungen entsprechen, betrachten Sie sich als
nicht zugelassen“, schloss Snape mit einem triumphalen Lächeln.
Dracos
Mund öffnete sich.
„Sir, ich
leite die Quidditch-Einsteiger!“, entfuhr es ihm.
„Ich habe
mir die Freiheit gestattet, Mr Potter ebenfalls
einzusetzen, Mr Malfoy.“ Oh, er würde Snapes Freude
am liebsten aus dessen Gesicht fluchen! Das war doch unfassbar!
„Das ist
jeder Sonntag, Professor!“, entfuhr es Potter schockiert.
„Ist das
so?“, erkundigte sich Snape scheinheilig. „Nun… wenn es da steht, Mr Potter…“
Und das
Blatt sank in Dracos Hand. Verdammt.
„Ich
wünsche Ihnen viel Spaß, und ein schönes Wochenende. Ich sehe Sie morgen auf
dem Quidditchfeld“, schloss er und widmete sich wieder seinen Unterlagen.
Draco
verließ als erster das Büro. Er hörte Potter hinter sich, als Snapes Tür
geschlossen war.
„Du lügst
ihn an?“, fuhr er Granger augenblicklich an. „Was sollte das? Malfoy bedroht
dich ständig!“
„Harry!“,
hörte er sie gepresst sagen.
„Warum
beschützt du ihn?“
„Ich
beschütze ihn nicht!“, erwiderte sie
wieder einmal. „Außerdem schlage ich vor, ich macht eure Partnerarbeit in den
Räumen der Schulsprecher“, schloss sie, so laut, dass auch Draco es hören
konnte. Er hielt vor dem Wasserspeier inne. Potter und er waren fast gleich
groß. Draco war vielleicht nur ein oder zwei Zentimeter größer. Potter atmete
gereizt aus.
Merlin,
was für eine Lügnerin sie war! Sie war erstaunlich gut. Wirklich. Ob sie daran
dachte, wenn sie ihn sah? Er nahm es an. Sie dachte daran, wie er sie berührt
hatte! Er wusste es. Er wusste es verflucht sicher, denn wieder zierte eine
leichte Röte ihre Wangen.
Verflucht.
Potter sah
ihn mit beinahe mörderischer Entschlossenheit an.
„Sei
pünktlich“, sagte Draco schließlich mit schnarrender Stimme, und mit einem
letzten Blick auf Granger, hatte er sich abgewandt. Er hörte Potter wieder
zornig werden, hörte wie Granger wieder schlichtete, wie sie und Potter sich
wieder stritten, und es gefiel ihm gut. Verdammt gut! Und anscheinend war es
offiziell.
Anscheinend
hatten er und Granger ein schmutziges Geheimnis.
Und seine
Hand schloss sich instinktiv um seinen linken Unterarm. Das Mal pochte
schmerzhaft. Für einen Moment bereute er, es Snape nicht gesagt zu haben. Denn
dann würde er bereits jetzt seine Sachen packen und könnte gehen.
Aber er
wusste, was ihn aufhielt. Ja, er wusste es.
Seine
verdammte Erektion hielt ihn auf.
Wäre er
wirklich so verrückt, und würde tatsächlich so weit gehen, sie zu vögeln –
Merlin! – dann würde er sein Abzeichen freiwillig Snape übergeben und seine
Sachen packen.
Kopfschüttelnd
ging er nach unten. Und Pansy und Gregory warteten bereits vor der Großen Halle
auf ihn.
„Also?
Hast du Nachsitzen oder so etwas? Oder können wir den heutigen Abend in der
Planung lassen?“, wollte sie gespannt wissen, und er ruckte mit dem Kopf.
„Heute
Abend ist Black-Poker“, schloss er mit einem zufriedenen Lächeln. Und er würde
sich betrinken!
~*~
„Vielleicht
verfolgt er dich, Harry“, vermutete Ron, als sie in den Drei Besen am Fenster
Platz genommen hatten.
„Klar, weil
alle Leute Harry verfolgen“, bemerkte Ginny spöttisch, während sie ein Schluck
Butterbier trank. Hermine hatte schweißnasse Handflächen, denn tatsächlich
schien Blaise Zabini mit seinen Freunden überall aufzutauchen, wo sie sich
befanden.
Und sie
war schon dankbar, dass er mit anderen Slytherins unterwegs war. Slytherins,
dessen Namen sie nicht alle kannte. Es war ein schlimmer Tag gewesen. Und der
Streit, den sie mit Harry führte war auch noch nicht beendet. Ginny durchbohrte
sie mit ihren Blicken, aber Hermine saß neben Ron und schüttelte immer nur
knapp und mahnend den Kopf, wenn Ginny sie zu lange anstarrte.
„Wir
hatten noch nie Probleme mit Zabini, oder?“, wollte Harry fragend von Ron
wissen, und dieser ruckte mit dem Kopf.
„Slytherins“,
sagte er nur, als würde dies alles erklären. Hermine hatte wieder
Magenschmerzen. „Sag mal, musst du jetzt jeden Sonntag mit Malfoy die
Fliegerstunden vorbereiten?“, erkundigte sich Ron mitleidig, und Harry nickte
grimmig.
„Ich hab schon
überlegt, ob ich es einfach schmeiße“, sagte er laut.
„Das
kannst du nicht!“, sagte Hermine sofort, und sprach das erste Mal seit zwei
Stunden wieder direkt mit Harry. Er sah sie auch tatsächlich an.
„Nein? Wie
hoch sind die Chancen, dass Malfoy das durchzieht, ohne auf mich loszugehen?“
Und Hermine atmete aus.
„Weißt du,
er ist nicht der einzige“, erwiderte sie bedächtig.
„Und schon
wieder tust du es“, informierte Harry sie bitter. Sie verdrehte die Augen.
„Nein, ich meine es ernst! Ich weiß nicht, warum es so ist, aber du verteidigst
ihn!“
„Tue ich
nicht! Garantiert nicht, Harry!“, widersprach sie. „Aber wenn du ihm keinen
Anlass gibst dich-“
„Ja? Wann
habe ich ihm vorgestern einen Anlass gegeben? Kannst du mir das sagen? Er
braucht keinen verdammten Anlass, um ein Arschloch zu sein, Hermine!“, fuhr
Harry sie an. „Und warum hast du Snape angelogen?“
„Harry-“
„-nein,
sag es mir!“, verlangte Harry erbarmungslos von ihr zu wissen. Und sie atmete
kopfschüttelnd aus. Sie würde diesen Streit nicht weiterführen. Sie hatte
ohnehin ein so schlechtes Gewissen gegenüber Harry, dass sie es kaum schaffte,
überhaupt ehrlich mit ihm zu streiten, denn… sie hatte ihn angelogen! Du das
war die einzige Wahrheit hier.
„Hört
schon auf zu streiten, ok?“, merkte Ginny bitter an, die heute von Harry mehr
oder weniger ignoriert wurde, hatte Hermine festgestellt. Hermines Blick senkte
sich auf das Butterbier vor sich, und sie dachte an Malfoys Pläne heute Abend.
Sie hatte so ein schlechtes Gewissen! Und sie hatte Angst, dass er es heute all
seinen blöden Freunden erzählen würde! Dass die Nachricht zu Harry durchdrang
und er sie verstoßen würde, oder… nein. Eigentlich glaubte sie nicht, dass
Harry sie überhaupt noch verteidigen würde, wüsste er, dass sie Malfoy all diese
Dinge erlaubt hatte.
Sie
spürte, wie ihr wieder heiß wurde. Das schlechte Gewissen würde sie nach
auffressen. Genauso wie die Schuld.
Sie saßen
schweigend um den Tisch. Jeder schien anderen Gedanken nachzuhängen, während
Ginny Harry immer wieder verstohlene Blicke zuwarf, und anscheinend hoffte,
dass er endlich mit ihr sprechen würde. Hermine war deswegen auch schon sauer
auf Harry. Er konnte Ginny nicht ignorieren!
„Selbe
Strategie wie am Mittwoch?“, machte Ginny einen erneuten Versuch, Harry ins
Gespräch zu vertiefen, und Harry überlegte knapp.
„Ja. Gegen
Slytherin ist die zweier-dreier Angriffskombination die beste“, schloss er, und
Ron nickte.
„Goyle ist der schlechteste Treiber der Welt. Es würde auch
ein einer-vierer Angriff ausreichen“, scherzte er, obwohl Hermine nicht wusste,
um was es ging. Aber sie war froh genug, dass es nicht mehr um Harrys Wut auf
sie ging. Madame Rosmerta kam an ihren Tisch und
stellte vier frische Butterbier vor ihnen ab.
„Wir haben
nicht bestellt“, sagte Harry eilig, aber Rosmerta
schüttelte lächelnd den Kopf.
„Der junge
Mann am mittleren Tisch zahlt“, erklärte sie und verschwand mit schwingenden
Hüften wieder. Ron sah ihr natürlich nach, aber Harrys Blick richtete sich auf
den mittleren Tisch. Auch Hermines Blick folgte Harrys, und ihr Herz machte
einen Satz.
„Wieso
zahlt Zabini unsere Getränke?“, fragte Harry offen in die Runde, während Zabini
die Hand zum Gruße gehoben hatte.
„Keine
Ahnung“, entgegnete Ron, während er sich nun auch den Hals verrenkte, um Zabini
zu entdecken. „Vielleicht sind sie vergiftet?“, vermutete er leiser. Ginny
atmete entnervt aus.
„Natürlich,
Ron. Die ganze Welt ist hinter dir her!“
„Oh, halt
doch den Mund, Ginny!“, erwiderte Ron beleidigt.
„Wollen
wir noch George besuchen?“, entfuhr es Hermine jetzt, die sehr dringend hier
verschwinden wollte. Ginny warf ihr einen ungläubigen Blick zu. Wahrscheinlich
konnte es Ginny gar nicht erwarten, dass Zabini persönlich zum Tisch kam, um
Harry um ihre Hand zu bitten, oder so ähnlich hatte es Ginny auf dem Hinweg
formuliert, während sich Ron und Harry einige Schritte vor ihnen überlegt
haben, wie sie Malfoy am besten im Schlaf umbringen konnten.
„Ich habe
noch anderthalb Butterbier“, bemerkte Ron grinsend. Sie atmete aus. Sie hoffte
nur, Blaise würde nicht wirklich gleich zu ihnen kommen.
„Also, auf
unseren Sieg morgen!“, eröffnete Ginny den Toast und hob ihr neues Butterbier
in die Höhe. Und Harry und Ron stießen laut mit ihr an. Hermine tat es ihnen
gleich, verdrehte jedoch die Augen.
„Es bringt
Unglück einen Sieg schon vorher zu feiern“, gab sie zu bedenken.
„Was soll
passieren?“, wollte Ron lachend wissen. „Ich glaube nicht, dass Malfoy es bis
morgen schaffen wird, herauszufinden, wie man einen Schnatz findet, bevor Harry
ihn nicht schon gefangen hat!“
„Wohl
wahr!“, bestätigte Harry, und Hermine war schon froh genug, dass keine blutigen
Morddrohungen mehr gesprochen wurden.
„Hermine,
mit wem gehst du eigentlich auf den Ball?“, fragte Ginny jetzt scheinheilig.
Und
Hermine hätte sie erwürgen können!
„Ich…
keine Ahnung. Mal sehen. Ich weiß noch nicht. Vielleicht… gehe ich allein“,
sagte sie ausweichend, denn Harrys Blick hatte schon wieder die angespannte Note
angenommen, die sie zu hassen gelernt hatte. „Ich meine, als Schulsprecherin
muss ich sowieso die ganze Zeit aufpassen.“
„Klingt
wahnsinnig lustig und spannend“, bemerkte Ginny mit erhobener Augenbraue.
„Ich bin
immer noch dagegen, dass wir gehen“, sagte Harry jetzt.
„Ja, ich
weiß. Aber ich habe ein Kleid, und ich werde gehen.“ Ginny sah Harry
herausfordernd an.
„Schon
gut. Schon gut, Weasley“, erwiderte Harry scherzhaft und schenkte Ginny
tatsächlich ein schiefes Grinsen. Hermine war sehr erleichtert, während Ron
etwas verkniffen zu seiner Schwester und seinem besten Freund hinüber blickte.
Und als
sie nach zwanzig Minuten endlich gingen erhoben sich auch die Slytherins von
ihrem Tisch. Sie erreichten leider nicht schnell genug die Tür.
„Hey!“, begrüßte
Blaise ihre Gruppe. Hermine senkte sofort den Blick und betrachtete mit großem
Interesse ihre Schuhe.
„Hi“,
erwiderte Harry und das Misstrauen war seiner Stimme deutlich anzuhören. „Danke
für… die Getränke, Zabini“, rang er sich schließlich ab.
„Kein
Problem. Wohin soll’s jetzt gehen?“, erkundigte sich Blaise vollkommen
selbstsicher, ohne Angst, ohne Hass, und Harry und Ron tauschten kurz einen
verwirrten Blick.
„Wir gehen
zu Weasley Zauberhafte Zauberscherze“, sagte Ginny sofort.
„Hm.
Können wir euch begleiten?“, wollte Blaise freundlich, höflich und zuvorkommend
wissen, und Hermine konnte nur noch daran denken, wie Malfoy seine Finger in
ihren Slip geschoben hatte! Oh Merlin! Ihr Herz schlug sehr schnell.
„Ähm,
klar?“, erwiderte Harry etwas überrumpelt, und die Gruppe verließ gesammelt die
Drei Besen.
„Tut mir
leid, dass das Spiel vorgestern ausgefallen ist“, fuhr Blaise fort, als er zu
Harry und Ron aufgeschlossen hatte. Was veranstaltete er da? Hermine verengte
die Augen und sah den Jungen zu. Blaise sah gut aus. Ordentlich. Er trug seine
Uniform, wenn auch nicht die Robe, während sie und die anderen Jeans anhatten.
„Jaah“, sagte Harry, unschlüssig, ob er mit Blaise reden
sollte oder nicht.
„Aber
dafür können wir morgen eine richtige Feier draus machen, wenn ihr den Schnatz
lang genug verschollen lasst“, bemerkte Blaise lächelnd.
„Nicht
wirklich, Harry muss am Sonntag-“ Aber Harrys Blick ließ Ron verstummen. Und
Blaise ging auch nicht weiter darauf ein, obwohl Hermine sah, dass er wohl gerne
fragen würde.
„Wieso
hast du uns Getränke bestellt?“, wollte Harry schließlich wissen, und Hermine
war sehr dankbar für Harrys Misstrauen. Manchmal zumindest. Vielleicht würde
Blaise die Lust verlieren. Sie und Ginny gingen mit gespitzten Ohren hinter den
Jungen her, während hinter ihnen die Slytherins über die Frühlings-Party
sprachen.
„Wieso?“,
wiederholte Blaise schließlich und vergrub die Hände in den Taschen seiner
Hose. Er überragte Harry und war so groß wie Ron, fiel ihr auf. Und er bewegte
sich… elegant. Ungezwungen, vollkommen selbstsicher. Ginny warf ihr ab und an
einen aufmunternden Blick zu, aber Hermine ignorierte sie und lauschte dem
Gespräch der Jungen.
„Ich
wollte mich dafür entschuldigen, dass manche Slytherins… einfach kein Benehmen
haben“, schloss Blaise nachdenklich.
„Du
entschuldigst dich für Malfoy?“, entfuhr es Harry jetzt überrascht, und Blaise
ruckte neben ihm mit dem Kopf, ohne ihn
anzusehen.
„Weißt du,
Harry“, und dass Blaise ihn Harry
nannte, überraschte Harry wohl selber, „wir sind nicht alle undankbar. Wir sind
nicht alle Todesser. Und es tut mir leid, dass der nötige Respekt manchmal
ausbleibt“, erklärte Blaise achselzuckend. Hermine atmete kopfschüttelnd aus.
Blaise spielte ein cleveres Spiel mit Harry. Ginny grinste ihr entgegen.
„Ich denke…“, begann Harry nachdenklich, als sie den Scherzartikelladen
erreicht hatten und der große magische Harlekinkopf über dem Eingang den Hut
zog, „dass du für Malfoys Verhalt nichts kannst. Aber… ihr seid doch Freunde,
oder nicht?“, wollte er ernster wissen.
„Nein, nicht… wirklich. Draco ist egoistisch und undankbar. Er benutzt Mädchen
und hat das Amt als Schulsprecher so wenig verdient wie ein knallrümpfiger
Kröter“, erwiderte er mit einem Lächeln. Und Ron
lachte tatsächlich auf. „Ich hatte gedacht, als Slytherin müsste ich zu unserem
Schulsprecher halten, aber… ich habe mich geirrt. Nicht, was Hermine angeht.
Sie leistet einen hervorragenden Job, bedenkt man, dass sie ihn mit Draco
Malfoy führen muss!“, fügte Blaise mit einem Blick über die Schulter hinzu.
Und Harry
nickte tatsächlich.
„Ja, du hast völlig Recht!“
„Malfoy
ist ein Arschloch“, bestätigte auch Ron, und Ginny versteckte das Lächeln
hinter der Hand. Merlin, wahrscheinlich hatte Blaise vor, Harry seine Hosen vom
Körper zu schleimen, noch ehe sie den Laden betreten würden.
„Wollen
wir?“, erkundigte sich Blaise mit einem Nicken zur Tür, und er ließ Harry und
Ron den Vortritt. „Nach dir“, sagte er an sie gewandt und schenkte ihr ein
Lächeln. Merlin, er war attraktiv. Und viel zu höflich! Sie konnte sich
überhaupt nicht vorstellen, dass er und Malfoy jemals befreundet waren. Es
erschien ihr wie eine sehr unwahrscheinliche Verbindung, aber… das musste sie
gerade denken!
Sie nickte
nur und betrat den riesigen Laden. George hatte noch weitere Verkäufer
eingestellt. Sie wurden von einigen mit einem Winken begrüßt.
„Hey
Harry! Ron, Hermine, Ginny!“, rief Angelina aus, die, bekleidet mit der
orangenen Uniform des Ladens, gerade aus dem Lagerraum gekommen war. Sie und
George waren seit einem Monat verlobt. Und Hermine hatte ihr anfängliches
Misstrauen diesbezüglich verloren.
Denn
Angelina Johnson war Freds Freundin gewesen. Hermine hatte nicht geglaubt, dass
es klappen würde, wenn sie mit George zusammen käme, aber… anscheinend… hatte
sie sich geirrt.
Und sie
war ehrlich gesagt ganz froh, dass sie sich geirrt hatte, denn es tat George
gut, jemanden zu haben. Und er war fast glücklich. Sie winkte Angelina zu.
„Unglaublich!“,
entfuhr es Blaise neben ihr beeindruckt. Seine Augen wanderten durch den
zweistöckigen Laden, und fasziniert beobachtete er die bunten vollgestellten
Regale.
„Oh ja.
Das Ministerium ist unser bester Käufer!“, ertönte Georges Stimme hinter ihr, und
erschrocken wandte sie sich um. Er strahlte sie alle an und zog Hermine als
erste in seine Arme. Sie drückte ihn fest an sich, und danach kam Ginny an die
Reihe.
Harry und
Ron schüttelte er lediglich die Hände.
„Was
gibt’s Neues im Schloss?“, wollte George wissen, als er einem fliegenden
Miniaturdrachen auswich, der wohl aus seiner Verpackung entkommen war. Einer
der auszubildenden Verkäufer hastete bereits außer Atem hinter dem kleinen
feuerspuckenden Modell hinterher.
„Oh, nicht
viel“, erwiderte Ron lapidar. „Es gibt eine Frühlings-Party“, fuhr er unwirsch
fort.
„Ja, ich
erinnre mich. Es gab jedes Jahr so eine Party. Mit wem geht mein feiner
Bruder?“, erkundigte sich George lächelnd. Es kam ihr vor, als zwinkerte er ihr
zu. Wieder rumorte es in ihrem Magen unangenehm laut.
„Mit
keinem“, entgegnete Ron entnervt. „Frag lieber Ginny!“, fügte er hinzu, denn
anscheinend hoffte er wohl, dass George dagegen war, dass Ginny überhaupt ging.
„Sie wird
mit Harry gehen, hoffe ich mal!“, entgegnete George, während die Slytherins
sich im Laden verteilten. Ginny verdrehte die Augen.
„Ja,
George. Siehst du, Ron? Die Welt geht nicht unter wegen einer Party!“,
informierte sie ihren Bruder nachsichtig. Ron jedoch verschränkte lediglich die
Arme vor der Brust.
„Harry,
Hermine, ihr könnt euch umsonst was aussuchen. Egal, was!“, eröffnete George
mit einem Blick auf die endlose Schlange an der Kasse. „Ich muss zurück an die
Arbeit!“ Er warf Angelina noch einen Luftkuss zu, den
diese grinsend in ihrer Hand auffing.
„Wieso
dürfen wir nie etwas umsonst aussuchen?“, bemerkte Ron grimmig, aber
Hermine hatte schon ein Auge die selbstnachfüllenden Federn geworfen. Das wäre
praktisch. Dann bräuchte sie nicht extra noch Tinte für die Prüfungen zu
besorgen. Natürlich nur, wenn die Federn als Gag nicht auslaufen würden, oder
etwas ähnliches.
Blaise
stand nur ein Regal entfernt. Es war ihr unangenehm, aber sie stellte sich
einfach vor die Federn und suchte sich eine dunkelblaue aus.
„Blau ist
deine Lieblingsfarbe?“, vermutete er plötzlich hinter ihr und sie zuckte
zusammen.
„Ähm,
ja…“, erwiderte sie und schenkte ihm ein sehr schmales Lächeln.
„Meine
auch“, sagte er und betrachtete die vielen Scherzartikel vor sich. „Aber du
wirst so eine Feder bestimmt nicht verwenden dürfen, zu den Prüfungen“, fuhr er
fort, und Hermine erinnerte sich. Richtig, alle Produkte von Weasleys
Zauberhaft Zauberscherze waren im Unterricht verboten. Anscheinend hatte Blaise
ihre Gedanken erraten.
„Oh… richtig“,
entfuhr es ihr überrascht. Sie legte die hübsche Feder wieder zurück. Dann
würde sie etwas anderes finden. Unentschlossen begann sie die Regalreihen
abzuwandern. Blaise folgte ihr. Sie spürte ihn hinter sich.
„Ich… ich
nehme an, Ginny Weasley hat bereits mit dir gesprochen“, vermutete er still
hinter ihr.
„Was?“ Sie
war stehen geblieben. Er trat neben sie. Und sie schaffte es nicht, vollkommen
überrascht zu klingen. Und er lächelte jetzt. Er sah wirklich gut aus. Seine
olivfarbene Haut ließ seine Zähne noch weißer erscheinen. Jetzt, wo es wärmer
wurde und die Sonne schien, waren seine italienischen Wurzeln erkennbar. Seine
dunklen Haare lagen locker nach hinten gegeelt, und
auf den ersten Blick konnte sie keinen Makel erkennen. Seine Nase war gerade
und lang, und um seine vollen Lippen erkannte sie einen pechschwarzen
Dreitagebart.
Nein,
hässlich war Zabini nicht. Überhaupt nicht.
„Ok, ich
werde einfach fragen“, sagte er jetzt, während er wahllos in eines der Regale
griff und eine Flasche Peruanischen Verschwinde-Puder abwesend zwischen seinen
Fingern drehte. „Hättest du – eventuell – Interesse daran, mit mir auszugehen?“
Ihr Mund öffnete sich langsam, und sie spürte wieder eine Hitze in ihren
Wangen. Sie fuhr sich verlegen durch die Locken, biss sich auf die Unterlippe
und sah überall hin, nur nicht in sein Gesicht.
„Ich…“,
begann sie unschlüssig, und er stellte die Flasche wieder zurück.
„Zwanglos, Hermine. Einfach nur…“ Er zuckte die Achseln und schenkte ihr ein
schiefes Lächeln. Er schien ein wenig unsicher zu sein. Und sein Vorname aus
ihrem Mund klang nicht vollkommen seltsam. „Wie wäre es, wenn… wir morgen
zusammen zum Spiel gehen würden? Zwar hatte ich gedacht, heute mit dir in
deinen Räumen zu sein, aber… Draco hat ja seinen Poker-Abend“, erklärte er
ausweichend. Malfoy hatte…? Oh, ja richtig. Poker…. Ihre Gedanken rasten. Sie
konnte doch unmöglich mit Blaise Zabini zu einem Quidditchspiel
gehen! Schon alleine, weile Slytherin gegen Gryffindor spielte!
„Ich… weiß
nicht. Slytherin spielt gegen Gryffindor“, begann sie zögerlich ihre Gedanken
zu formulieren, aber er zuckte wieder die Achseln.
„Na und?
Ich interessiere mich nicht wirklich für Quidditch, aber… es ist eine gute
Gelegenheit, um sich abzulenken, draußen zu sein. Wir könnten Popcorn essen und
so tun, als wäre es spannend“, schlug er eilig vor. Sie presste die Lippen
zusammen, nicht sicher, wie sie ihm einen Korb geben sollte, denn sie konnte
wohl kaum mit Blaise zusammen zu einem Spiel gehen, nach allem, was mit Malfoy
passiert war!
„Sie würde
sehr, sehr gerne mit dir gehen, Blaise! Aber jetzt müssen wir wirklich weiter!
Noch Makeup für den Ball kaufen und so was!“, unterbrach Ginny das Gespräch,
und Hermine spürte einen erneuten Schwall Hitze in ihren Wangen.
„Würde sie?“, wollte Blaise mit verengten Augen wissen, und Hermine öffnete
perplex den Mund. Ginny war unmöglich!
„Oh ja! Hermine liebt Popcorn!“ Was?!
Tat sie nicht!
„Hermine?“,
erkundigte sich Blaise unsicher, und er tat Hermine jetzt schon leid, dass er
durch solche Längen gegangen war. Schön. Dann ging sie mit ihm zum Spiel, und
dort würde sie ihm immer noch sagen können, dass es nichts werden könnte mit
ihnen.
„Ähm, ok.
Wir… gehen zum Spiel“, sagte sie steif und kam sich lächerlich vor. Sie hatte
einen Krieg überlebt, gekämpft und war Schulsprecherin ihrer Schule, aber um
ein Date hatte sie noch nie jemand gebeten!
„Großartig.
Ich hole dich Morgen um halb acht ab“, erwiderte er und zwinkerte ihr zu.
„Siehst
du? War das so schlimm?“, zischte Ginny, als sie alleine zwischen den Regalen
standen. Hermine fuhr zu ihr herum.
„Wie
kannst du einfach lauschen?“, knurrte Hermine, und Ginny wirkte erschrocken.
„Ich kann nicht mit Blaise Zabini ausgehen, Ginny! Das geht nicht!“
„Warum nicht?“,
wollte Ginny recht verständnislos wissen, und verschränkte die Arme vor der
Brust.
„Weil…
weil ich… das geht einfach nicht! Und Harry und Ron wissen nichts davon, und
Harry ist sowieso geradezu wütend auf mich! Wie konntest du für mich zusagen? Weißt
du, wie schwer und gemein es sein wird, ihm morgen zu sagen, dass es nichts
wird?“, wollte sie wütend wissen, und Ginnys Mund öffnete sich ungläubig.
„Das willst du ihm morgen sagen? Hermine, wenn die ihn so abstoßend findest,
hättest du einfach nein sagen können!“, beschwerte sich Ginny jetzt.
„Ach
wirklich? Nachdem du alles schon geregelt hattest? Nachdem du ihm Hoffnungen
gemacht hast?“
„Entschuldige,
ich wusste nicht, dass Blaise Zabini so ein widerliches Monster ist, Hermine!“
„Darum
geht es nicht. Es war nicht deine Angelegenheit!“, schloss Hermine wütend,
während sie sich grimmig die Flasche mit dem Peruanischen-Verschwinde-Pulver
griff und zur Kasse ging. Super, jetzt hatte sie sich mit Ginny gestritten. Und
weswegen? Weswegen?! Weil sie nicht an einem Abend irgendwas Seltsames mit
Malfoy machen konnte, und ein paar Tage später mit seinem Freund ausging. Oder
auch nicht Freund. Egal, was er war!
Sie
schämte sich so sehr.
Wirklich.
Und Blaise war so nett. Vielleicht war sogar die Möglichkeit nicht abwegig,
dass Harry ihn mögen konnte! Malfoy würde er niemals mögen! Nicht einmal
Hermine mochte Malfoy. Schon gar nicht, wenn sie daran dachte, dass er heute
wohl wieder die Regeln brechen wollte! Sie… könnte die Sache mit Malfoy…
abhaken. Ja, sicher. Wahrscheinlich nicht wirklich. Aber, wenn sie es könnte,
dann… könnte sie vielleicht wirklich mit Blaise ausgehen. Sie schien bei
Slytherins ja nicht wirklich wählerisch zu sein, also, warum sollte ein Date
mit Blaise so ein großes Problem sein? Malfoy würde es nicht einmal
interessieren! Er wollte Harry nur fertig machen und benutzte sie dafür.
Weshalb er
das schaffte, wollte sie jetzt nicht ergründen, aber Malfoys Motive waren im
Gegensatz zu Blaises Motiven einfach nur widerlich, unehrlich und hinterhältig.
„Erklärst
du mir jetzt, was los ist, oder muss ich Ron holen?“
Ginny
stand neben ihr, und Hermine war vor Schreck zusammen gezuckt. Sie war sich
nicht sicher, was Ginny mit Ron erreichen wollte, aber Ginny schien recht
entschlossen zu sein. Und der Molly-Weasley- Ausdruck zeichnete Ginnys Gesicht.
Nicht der mütterliche, freundliche, besorgte Ausdruck, den Hermine von Molly
kannte. Nein, der andere. Den sie für ihre Kinder aufsparte, wenn einer etwas
wirklich Dummes gemacht hatte.
Ginnys
unnachgiebiger Blick durchleuchtete sie, und Hermine spürte erneut die Röte in
den Wangen. Das war doch nicht wahr!
„Ginny, es
geht dich einfach nichts an“, wiederholte Hermine, mit fester Stimme, aber
Ginny schien es ihr nicht abzukaufen.
„Sag mir seinen Namen“, forderte sie unbeeindruckt.
„Welchen…
welchen Namen?“, rang sich Hermine flüsternd ab, denn sie hörte Harry und Ron
hinter sich reden.
„Den Namen
von dem Jungen, wegen dem du Blaise Zabini einen Korb geben möchtest. Ich bin
nicht blöd, Hermine. Ich bin jünger als du, aber ich bin nicht blöd“, erklärte
sie bitter.
„Da ist
niemand!“, zischte Hermine ärgerlich.
„Nein?“
„Nein!“
„Dann
kannst du Blaise ja eine Chance geben“, bemerkte Ginny mit dem Zucken ihrer
Mundwinkel. „Wenn es niemanden sonst gibt.“
„Es gibt
niemanden!“
„Gut“,
erwiderte Ginny lächelnd.
„Ja, gut.“
„Gut“,
wiederholte Ginny, und Hermine verdrehte die Augen. Was auch immer Ginny
glaubte, zu wissen, sie irrte sich! Sie irrte sich gewaltig!
Es war
halb zehn.
Die Couch
im Wohnzimmer war beiseitegeschoben, und um den großen, grünen Pokertisch saßen
Ernie MacMillan, sein Freund Frederic Grant, der Kapitän der Ravenclaws Daniel
Jensen und Gregory Goyle. Draco hatte einen Ersatz
für Blaise finden müssen, und eigentlich hatte er keinen weiteren Hufflepuff
einladen wollen, allerdings hatte sich auf die Schnelle kein anderer gefunden.
Und er
hatte nichts gegen Hufflepuffs im Allgemeinen,
allerdings war dieser Junge nicht wirklich… auf seiner Wellenlänge. Draco goss
sich unbemerkt Whiskey in seinen Cherry-Coke Becher. Daniel Jensen hatte den
Whiskey besorgt.
„Hey, wo…
wo bleibt deine Mitbewohnerin?“, wollte Frederic Grant zum dritten Mal von ihm
wissen, und Draco nahm einen tiefen Schluck.
„Sie patrouilliert,
und du kannst froh sein, dass sie noch nicht hier ist“, bemerkte er spitz.
Hoffentlich warf Granger diesen Freak als erstes raus.
Pansy
unterhielt sich mit Millicent auf der breiten Couch,
während sie verhexten Weißwein tranken. Zwei Ravenclaw Mädchen saßen auf den
Sesseln, die zusammen gerückt waren, und warfen ihm ab und an undeutbare Blicke zu. Die eine war Elizabeth Gresham. Er
hatte sie eingeladen, und sie hatte eine Freundin mitgebracht, deren Namen er
schon wieder vergessen hatte.
Er fuhr
sich durch die Haare, denn er hoffte inständig, dass er Frederic Arschloch
Grant nicht noch seine Faust ins Gesicht rammen müsste.
„Ist das…
ähm… ihr Zimmer?“, wollte der
Hufflepuff jetzt wissen, während Gregory die Karten erneut austeilte. Sie hatten
gerade eine Proberunde gespielt.
Draco zog
eine Augenbraue spöttisch in die Höhe. „Wessen Zimmer?“, provozierte er den
Jungen, es tatsächlich laut zu sagen, denn er musste Witze machen. Und Draco
spürte, wie es ihn nervte, dass sich dieser Junge nach ihrem Zimmer erkundigte.
„Ähm,
Grangers Zimmer“, erwiderte der Jungte verwirrt, und Draco störte es sogar,
dass der fremde Hufflepuff ihren Nachnamen nannte. Hastig trank Draco einen
Schluck.
„Ja?“,
entgegnete Draco gefährlich ruhig, und er wusste, sie hätten diesen Abend in
den Slytheringemeinschaftsraum verlegen sollen. Aber
da wäre Blaise gewesen. Und er hatte keine Lust auf Blaise. Er hatte schon kaum
Lust darauf, dass Granger gleich zurückkommen würde, um schlechte Laune zu
verbreiten.
Er goss
den Ravenclaw Mädchen eilig zwei Weißweinschorlen ein und trug sie zu den
Sesseln.
„Zitronen-Limonade
für die Damen“, erklärte er lächelnd. Die Mädchen nahmen die Gläser mit
erhobenen Augenbrauen und zuckenden Mundwinkeln entgegen.
„Danke,
Draco“, sagte Elizabeth, während ihre Freundin verhalten kicherte. Merlin, das
würde zu einfach werden. Sobald er Pansy losgeworden war, natürlich!
„Um was
spielt ihr?“, wollte Pansy laut wissen, und Elizabeths Lächeln verschwand.
„Um Schokofrosch-Karten, Pansy“, erwiderte Draco trocken. Pansy atmete aus.
„Ha ha, Draco. Wirklich witzig“, warf sie bitter ein. „Ich
meine, um wie viel Gold insgesamt?“
„Vielleicht
sollten wir nicht um Gold spielen?“, entfuhr es Ernie lachend.
„Ja! Wie
wäre es mit Wahrheit oder Pflicht?“
„Was?“,
fuhr Draco den Hufflepuff an, den er sowieso schon abgeschrieben hatte.
„Ein
Muggel-Spiel“, erläuterte der Hufflepuff gereizt, der wohl auch Draco gegenüber
nicht mehr freundlich gesinnt war. Frederic war ein Halbblut. Draco wusste das.
Pansy hatte sich erhoben und balancierte anmutig auf den hohen Absätzen zum
Tisch.
„Wie
spielt man so etwas, und was wäre der große Nutzen daraus?“, erkundigte sie
sich, als ginge es um magische Portfolios, und sie würde sich ohne einen
materiellen Vorteil nichts aus einem Freitagabend machen.
„Man
braucht eine leere Flasche“, begann Frederic, während seine Augen an Pansys
Körper auf und ab wanderten.
„Klingt
nicht sehr verlockend“, erwiderte Pansy und leerte ihr Glas.
„Man dreht
sie auf dem Boden, und der auf den sie zeigt, wählt Wahrheit oder Pflicht!“
„Nein,
nicht spannend“, schloss Pansy, und Draco war ihr sehr dankbar. Immerhin musste
Draco dann nicht, den Traum des Hufflepuff platzen lassen.
„Oh, du
hast es wohl noch nie gespielt, Parkinson?“ Ernie lächelte ein verschmitztes
Lächeln. Draco verdrehte die Augen.
„Bitte!
Leute, Pokern!“, befahl er knapp.
„Draco, ich denke, wir könnten Spaß dabei haben. Von was für einer Pflicht ist
die Rede?“, wollte Daniel Jensen wissen, und es wunderte Draco überhaupt nicht,
denn erst vor einem Monat hatte er Daniel erwischt, wie er mit dem Sucher
seines Teams hinter dem Kapitänszelt sehr fragwürdige Techniken ausprobiert
hatte.
„Völlig
offen. Striptease, verrückte Zauber, denjenigen küssen, der neben einem sitzt,
Potter einen Liebesbrief schicken!“, fügte Frederic grinsend in Richtung Draco
hinzu, und Gregory musste lachen.
„Oh ja,
das wäre…“ Aber er verstummte abrupt.
„Und
Granger müsste mitspielen!“
Ganz
sicher nicht. Wenn das eine Voraussetzung war, dann wäre er draußen. Weit weg
von diesem Zimmer. Und in welcher Welt lebte der verrückte Hufflepuff
eigentlich? Dachte er, Granger würde gleich freudig durch diese Tür spazieren,
sich die Sachen vom Leib reißen und jeden küssen, auf den die verdammte Flasche
zeigte?! Draco mochte diesen Junge nicht.
„Es ist ein dämliches Spiel, ein scheiß Vorschlag, und wir werden Pokern!“
Dracos Stimme hatte sich abgekühlt. Der einzige Grund, Granger bei irgendetwas
mitspielen zu lassen, wäre für sie, Pflicht zu wählen, damit sie ihm verdammt
noch mal einen Blasen könnte. Kurz schloss er die
Augen und zwang sich innerlich zur Ruhe.
„Wie wäre
es, wenn wir abstimmen?“ Der Hufflepuff war aufgestanden. Draco hob belustigt
eine Augenbraue, während Pansy unruhig wurde.
„Wie wäre
es, wenn du dein Maul halten würdest?“, erwiderte er tatsächlich eine Spur
belustigt und kam näher.
„Draco,
bitte“, murmelte Pansy gepresst.
„Ich
glaube, du hast ein ernstes Problem, Malfoy!“, begann der Hufflepuff
kopfschüttelnd.
„Ja, ich
ein Problem mit Leuten, die meinen, sie könnten sich bei mir durchsaufen und
entscheiden ein dämliches Muggelspiel zu spielen,
weil sie nicht genug Gold für Poker dabei haben!“, wiederholte er eisig.
Daniel
senkte den Blick zurück in seine Karten. „Lasst uns nicht streiten, ok?“,
murmelte er knapp, und der Hufflepuff sagte etwas Undeutliches zu Ernie.
„Ich hätte
Lust?“, sagte Elizabeth plötzlich, und Draco hob den Blick. Sie schenkte ihm
ein offenes Lächeln. Oh, verflucht. Das war nicht ihr ernst?!
„Süße, tut
mir leid, aber so läuft das hier nicht“, korrigierte Pansy sie mit einem
giftigen Lächeln. Elizabeth schenkte ihr einen überheblichen Blick.
„Ach nein? Wie läuft es dann? Alle tun, was du
sagst, Parkinson?“
Nett.
Pansy schien innerlich zu kochen, ließ es sich aber nicht anmerken.
„Nein, Gresham“, wiederholte Pansy auch den
Nachnamen ihrer gegenüber, und alle Jungen sahen den beiden gebannt zu.
„Nein? Was
dann? Hast du Angst vor Wahrheit oder Pflicht?“, wollte Elizabeth lächelnd
wissen.
„Ich habe vor überhaupt nichts Angst, Elizabeth. Wenn dann wird es für dich
bitter ausgehen, denn ich bin die Königin bei jedem Spiel, bei dem es um
Herausforderungen geht.“
„Ja? Und wenn du nackt im Gryffindorgemeinschaftsraum
tanzen müsstest, das wäre kein Problem?“ Draco gefiel allerdings, wohin dieses
Gespräch führte. Kurz wechselten die Jungen einen auffordernden Blick.
„Dann
würde ich hoffe, du hättest einen Ersatzplan, wie du mich gerne besiegen
möchtest, Elizabeth“, entgegnete Pansy selbstsicher, und Draco konnte sich
geradeso daran hindern, die Augen zu verdrehen.
„Oh, keine
Sorge!“, versprach Elizabeth, und ihr Blick ruhte kurz auf ihm, Draco. Kurz
regte sich seine Erektion. Er leerte sein Glas mit einem Nicken. Ihm fielen
auch ein paar Dinge ein, mit denen Elizabeth Pansy besiegen konnte.
Es klopfte
an der Tür. Er überlegte, ob Snape einen Kontrollbesuch machte, aber dann würde
er nicht höflich klopfen. Das war nicht Snapes Stil. Und es störte ihn
ernsthaft. Niemand hatte hier zu klopfen, als wäre es ein verdammtes Hotel!
„Wer ist
da?“, fragte Draco, über die Unterhaltungen der anderen hinweg.
„Blaise“,
vernahm er die Stimme von seinem ehemaligen Freund. Draco hob überrascht den
Blick. Nicht wirklich? Was wollte dieser Idiot von ihm? Noch mal Prügel kassieren?!
Draco zögerte. Pansy war zu ihm gekommen.
„Das ist perfekt, Draco“, flüsterte sie. „Blaise will sich entschuldigen, du
vergibst ihm, und wir reden ihm den Unsinn aus!“ Draco verzog den Mund. Er
wollte Blaise nicht sehen. Nicht wirklich. Warum auch? Aber Pansy war schon zur
Tür geschritten.
Sie
öffnete die Tür in einer lasziven Bewegung, um dann innezuhalten.
-Potter?
Dracos Augen verengten sich sofort.
„Hermine
schon zurück?“, erkundigte sich Blaise, als hätte er gerade nicht Potter und
Weasley mit im Schlepptau!
„Was?“ Draco starrte ihn an, und Weasley hatte sich nach vorn gebeugt, um ins
Wohnzimmer zu spähen. „Was soll das?“
„Ist sie
schon zurück?“, wiederholte Blaise seine lächerliche Frage.
„Ich…
nein, ist sie nicht“, antwortete Draco knapp und hielt die Tür besitzergreifend
fest, als er neben Pansy getreten war. „Was wird das?“, wiederholte er eisig.
„Na ja, du
hast mich eingeladen“, erwiderte Blaise und besaß die Dreistigkeit zu lächeln.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Deine Einladung hat sich erledigt,
nachdem-“
„-du mich
geschlagen hast?“, beendete Blaise den Satz für ihn, und Dracos Mundwinkel
sanken.
„So in etwa“, entgegnete Draco.
„Weiß Snape davon? Nein, ich glaube nicht. Würde… es ihm gefallen? Ich glaube
auch nicht.“
„Was
willst du, Zabini?“
„Hermine
wohnt hier auch. Und ich denke, sie darf auch ein paar Freunde einladen.“
„Was?“
Draco war kurz davor, die Tür zuzuschlagen. Seit wann zählte Blaise zu Grangers
Freunden? Seit wann hatte Granger überhaupt Freunde, neben ihren Wachhunden und
ihren langweiligen Büchern? Der Whiskey zeigte Wirkung. Ansonsten würde er bei
weitem nicht so ruhig hier stehen können.
„Du weißt
schon. Jetzt, wo ihr alle auf Bewährung seid.“
„Fick
dich, Zabini.“
„Lass mich
rein.“
„Warum?“
„Warum?
Weil ich sonst zu Snape gehe.“ Arschloch. Dämliches, scheißglattes Slytherin
Arschloch!
„Wir sind
schon fünf Leute zum Pokern“, erklärte er kalt.
„Um Gold?
Ist das nicht verboten?“, erkundigte sich Blaise scheinheilig, und Draco
verdrehte gereizt die Augen.
„Ja, aber wir spielen jetzt Wahrheit oder Pflicht!“, rief Pansy aus. Sie trug
ihr Vertrauensschüler-Lächeln, hinter dem sie ihre Teufelshörner für gewöhnlich
verbarg, und Draco spürte, wie sie ihn in die Seite knuffte. „Nicht wahr,
Draco? Das kann man mit mehreren spielen?“
Draco
schüttelte verständnislos den Kopf.
„Vielleicht wollen die Jungen mitspielen?“, schlug sie deutlicher vor, und die Jungen, wie Pansy das Pack vor seiner
Tür nannte, starrten sie an. Sie atmete entnervt aus. „Kommt schon, seid ihr
alle feige?“, wollte sie beleidigt wissen, und Weasley lachte tatsächlich auf.
„Gib mir einen guten Grund, Parkinson, weshalb wir mit dir Wahrheit oder
Pflicht spielen sollten? Was für große Geheimnisse sollten dabei ans Tageslicht
gebracht werden? Dass ihr alle
Todesser wart? Dass eure Väter und Großväter Todessern waren? Dass ihr nichts
mehr liebt, als euer Gold und Sklavenarbeit eurer Elfen?“, fuhr Weasley bitter
fort, und Pansys Blick wurde eisig.
„Im
Gegensatz zu was, Weasley?“, entgegnete
sie wieder mit einem gefährlichen Lächeln. „Dass du Granger bei jedem
Vertrauensschülertreffen anstarrst, als wäre sie das einzige Mädchen, dass
tatsächlich in deiner Liga spielt, aber dass du deine Chance verpasst hast?“
Draco hätte fast gelacht. Fast.
„Du bist
eine verdammte-“
„Ron!“,
unterbrach ihn Potter knapp. „Pansy, wir wollen nicht spielen. Wir wollen
Hermine sehen.“ Pansy zuckte die Achseln.
„Wusste nicht, dass du so feige bist, Harry Potter. Aber vielleicht gönnst du
dir auch einfach keinen Spaß?“
Die
anderen Jungen waren auch zur Tür gekommen.
„Hey,
Harry!“, rief Ernie grinsend. „Ihr solltet wirklich mitspielen!“
„Sie sind
nicht eingeladen“, schloss Draco ärgerlich, denn langsam reichte es ihm.
Er, Potter
und Weasley tauschten einen kurzen Blick.
Es war…
fast absurd. Und es war bezeichnend, wie
wenig er die beiden Jungen leiden konnte. Wie wenig er Potter und Weasley
mochte, aber dafür… hatte er kein Problem, mit Granger… gewisse Dinge zu tun.
War es
nicht… irgendwie absurd, fragte er sich in einem Moment kurzer Klarheit.
Potters Blick wurde genervter. War es einfach so, dass er, Weasley und Potter
vielleicht doch eine einzige Gemeinsamkeit hatten?! Konnte es sein?
Eigentlich…
nicht, überlegte er still. Eigentlich war das vollkommen unmöglich, denn er
hasste alles, wofür Potter stand. Er hasste alles an Potter. Und er nahm an, es
beruhte auf reiner Gegenseitigkeit. Und er hatte nicht vergessen, dass er mit
Potter die Einsteiger leiten musste. Er hatte keine Ahnung, wie er es schaffen
sollte! Er wollte zu den Prüfungen zugelassen werden! Er wollte hier sein.
Wahrscheinlich, unterm Strich, gefiel ihm Hogwarts besser, als er wirklich
zugab. Und er wollte vor allem nicht wegen Potter nicht zugelassen werden!
Wenn es
wenigstens mit etwas anderem zusammen hing. Wenn er den Astronomie-Turm in die
Luft jagte oder einen Großbrand im Verbotenen Wald legte – das hätte immerhin
nichts mit Potter zu tun. Er spürte, wie sich seine Mundwinkel bitter nach
unten zogen.
Er hätte
nicht seinen Finger drauf legen können, wenn es zu seinem Hass auf Potter kam.
Sicher, Potter hatte gegen Voldemort gekämpft. Potter hatte gewonnen. Potter,
Potter, Potter… ja. Potter war ein verdammter Held, und jeder wusste es. Jeder
wollte ein Stück von Potter haben. Außer er. Draco wollte nichts mit Potter zu
tun haben. Er wollte nicht in Potters Schuld stehen, er wollte nicht mal
Potters Luft atmen!
Er hasste
Harry Potter. Wenn er etwas ganz sicher wusste, dann das. Und es fühlte sich gut
an. Es fühlte sich richtig an, ihn nicht leiden zu können! Potter war… Potter
war – höchstwahrscheinlich Jungfrau, wenn er schon von vorne anfangen musste.
Er versuchte wirklich, einen Grund zu finden, den Jungen vor sich zu
akzeptieren. Irgendwie. Irgendwo in seinem Innern. Denn natürlich war Draco
nicht dumm. Die Todesser-Schiene mochte in Hogwarts Spaß machen, denn Potter
regte sich so herrlich darüber auf. Es stand ihm, Draco, einfach gut. Er war
gerne der Rebell, er war gerne derjenige, der die Aufmerksamkeit auf sich zog,
gerade weil er nicht der Vorzeige-Potter war.
Denn Harry
Potter war… ein Waisenkind. Es war so herrlich tragisch, dass Draco kotzen
könnte. Ein armes, missverstandenes Waisenkind. Potter war… ahrg!
Der Mann, der Dracos Jugend definiert hatte, der alles, was die Malfoys in den
letzten Jahren symbolisierten, geformt hatte, hatte Potters Eltern getötet. Man
konnte nicht auf verschiedeneren Seiten stehen. Und Draco Malfoy hatte keinen
Menschen getötet. Sein Zauberstab hatte noch keinen Todesfluch begangen.
Und
tatsächlich hatte Potter überlebt. Er hatte als Baby all das überstanden, was
ausgewachsene Auroren nicht überleben konnten! Er
hatte in einer anscheinend grausamen Muggel-Familie – aber waren sie nicht alle
grausam? – nicht den Verstand verloren, nein, war sogar bescheiden und gutmütig
und verflucht noch mal unmöglich dankbar zum Mann geworden.
Er war
Dumbledores kleine Schlampe gewesen, hatte gekämpft und hatte verflucht noch
mal sogar sein scheiß Leben für den Sieg über Voldemort gegeben! Und war auch
noch zurückgekehrt!
Nein,
Draco wusste, was es war. Es kotzte ihn an, dass Potter auf der richtigen Seite stand. Auf der
verdammten guten Seite. Und dass er, Draco, das eben nicht tat. Es war völlig
offensichtlich. Es war glasklar. Und lächerlicherweise dachte er, dass, wäre es
anders, sie vielleicht sogar hätten Freunde sein können. Unter Umständen.
Aber… er
wusste, woran man den Bösewicht erkannte.
Er war das
exakte Gegenteil des Helden. Potter spielte seine Rolle gut. Verflucht gut. Und
ja, vielleicht hätte alles einfacher sein können. Aber das war es eben nicht.
Das war es
nicht! Auch wenn Draco seine Anhänger verlor, auch wenn Blaise sich gehalten
fühlte, die Seiten zu wechseln, so war es nicht einfach für Draco Malfoy. Denn mit
seinem Namen ging das Böse einher.
Fast
musste er lächeln. Er nahm an, es wäre alles anders, hätte Potter seinen Vater
nicht heldenhaft verloren. Hätte Potters Vater nicht für seinen Sohn und seine
Frau sein Leben gelassen. Hätte Potters Vater sich an der goldenen
Gardinenstange seines Studierzimmers erhängt, und hätte Potter ihn persönlich
von dort oben runterholen müssen.
Einen
Monat nach der Beerdigung seiner Mutter. Draco spürte wie das Mal unangenehm
laut pochte.
Und das war
es eben. Es war wie es war. Und er wollte es gar nicht anders.
Denn er
war nicht gut. Er war kein verdammter Held. Den Bösen zu spielen machte ohnehin
mehr Sinn. Er hatte es so gelernt. Er musste doch das Erbe seines verdammten
Vaters in Ehren halten, richtig?
Und er
spürte es; spürte, wie er die Entscheidung wieder einmal traf. Spürte, wie er
es hätte anders entscheiden können, denn anscheinend waren Weasley und Potter
gerade dabei für Granger eine erhebliche Ausnahme zu machen. Sie standen vor
seiner Tür und schienen abzuwägen, ihren Abend mit ihm zu verbringen. Für sie.
Aber Draco
war so nicht. So tickte er nicht in seinem Innern. Er tat anderen keine Gefallen. Wofür sollte er? Niemand tat ihm einen
Gefallen! Und sicher, er könnte. Natürlich könnte er, verflucht noch mal!
Er könnte
über seinen Schatten springen, könnte die größere Person hier sein, er könnte
sich erbarmen, könnte kein Arschloch sein, aber… er war eben nicht
Potter.
Und er war
verflucht dankbar dafür!
Seine
Mundwinkel zuckten böse als er sprach. „Das Schlammblut ist nicht hier. Also
verschwindet, bevor ich euch Punkte abziehen muss“, sagte er mit einem
bedauernden, falschen Lächeln, und es fühlte sich beruhigend an, so mit Potter
zu sprechen. So, wie er es verdiente.
„Draco, du
bist-“
„-was,
Zabini? Der Schulsprecher? Ja. Bedauerlicherweise, nicht wahr?“, wollte Draco
glatt wissen, und er genoss die Stille, die folgte. „Und ich bin keine Eule.
Ich nehme für das Schlammblut keine Nachrichten entgegen, und ich nehme auch
keine Verräter bei mir auf“, ergänzte er kalt. Und er beschloss, auch Zabinis Abend ziemlich beschissen aussehen zu lassen. Mit
einem Lächeln begann er die Tür zu schließen.
„Ach, und
ich bin mir sicher, ihr habt eine Menge zu besprechen, jetzt, wo du doch an
Grangers Höschen willst, nicht wahr, Blaise?“ Und Blaises Gesicht verlor ein
wenig an Farbe. „Du und Weasley habt es bestimmt noch nicht ausdiskutiert“,
schloss er mit einem Nicken in Weasleys Richtung, der Blaise jetzt völlig
entgeistert anstarrte.
Draco
lachte auf. „Oh. Ich sehe, du hast es Potter und dem Wiesel noch nicht
erzählt?“, entfuhr es ihm mit gespieltem Bedauern. „Zu dumm. Das tut mir
wirklich leid. Wirklich, Zabini“, fügte er kopfschüttelnd hinzu und warf die
Tür zurück ins Schloss.
Er hörte
von draußen kein Geräusch.
Neben ihm
seufzte Pansy auf. „Ich nehme an, das war nötig, Draco?“, wollte sie wütend
wissen, und er zuckte bloß die Achseln.
„Entweder
wir spielen hier Black-Poker, oder ihr könnt alle verschwinden“, sagte er jetzt
unbeeindruckt, und hastig begann Gregory die Karten zu mischen. Pansy goss sich
ihr Weinglas randvoll, während Elizabeth und ihre Freundin tuschelten. Immerhin
waren sie nicht gegangen. Und das hieß wohl, dass Elizabeth noch keine Angst
vor ihm hatte.
Und das…
war verdammt gut.
Er setzte
sich zurück an den Tisch, wo die Jungen schweigend ihre Karten sortierten.
Er konnte
nicht verhindern, dass sein Blick auf die Uhr fiel. Es war halb elf.
Sie war
noch nicht zurück. Grimmig konzentrierte er sich auf sein überraschend gutes Blatt.
Glück im
Spiel, Pech in der Liebe, hieß es. Aber wenn er sich Elizabeths verlangenden
Blick näher betrachtete, dann schien er heute wohl eher verfluchtes Glück zu
haben.
~*~
Sie gingen
schweigend nebeneinander. Das Schloss lag ruhig und friedlich vor ihnen.
Niemand war mehr unterwegs. Die flackernden Lampen beleuchteten schwach die
Gänge. Der Himmel war noch zu erkennen draußen. Die Sonne blieb schon
wesentlich länger am Himmel als noch vor zwei Wochen.
„Und
jetzt?“, wagte Ron zu fragen, denn er wusste nicht, was er sonst fragen sollte.
Er hatte Harry schon vorgeschlagen, zu Snape zu gehen, Malfoy zu verpetzen,
weil er trank und Hermine als Schlammblut bezeichnete, aber Harry hatte sich
dazu noch nicht geäußert.
Und Ron
war diese Sache auch primär nicht ganz so wichtig. Denn… Blaise hatte Hermine
um ein Date gebeten. Er hatte sie verloren. Ron wusste, er hatte sie nicht mehr
an seiner Seite. Und es war ein bodenloses Gefühl, denn er wusste, er hätte
irgendwo im Laufe der Zeit eine echte Chance gehabt.
Harry
hatte noch nichts gesagt. Nichts, seitdem Zabini gegangen war.
„Ich
meine…“, begann Ron wieder etwas ratlos. „Wir…“ Doch Harry schüttelte plötzlich
den Kopf.
„Wieso hat
sie es nicht gesagt?“, entfuhr es ihm, ohne dass er Ron ansah. Und er klang
ziemlich wütend. Ron fuhr sich über das Gesicht. Sie blieben an der nächsten
Weggabelung stehen. Hier führte die nächste Treppe hoch zum Gryffindorturm.
„Ich… ich
weiß es nicht“, erwiderte Ron still. Und er wusste es wohl Ganz einfach, weil
Blaise ein Slytherin war. Ganz einfach, weil Hermine klar sein müsste, wie gut
sie beide so eine Information verarbeitet hätten. Und er ärgerte sich, genauso
wie Harry.
„Wir
erfahren es von Malfoy? Wie erfahren so eine wichtige Sache von Malfoy!“,
knurrte Harry haltlos und lehnte sich gegen die Wand. „Was ist los mit ihr?“,
fuhr er böse fort, und sah ihn endlich an.
„Ich…
keine Ahnung“, sagte Ron wieder und vergrub unschlüssig die Hände in den
Taschen.
„Macht es
dich nicht wütend?“, fuhr Harry ihn plötzlich an. Rons Augen weiteten sich.
„Mich?“,
wiederholte er verwirrt, aber Harry nickte gereizt.
„Ja. Ich
meine… anscheinend sind wir nicht mehr ihre besten Freunde! Anscheinend-“
„-Harry, ich
bin wütend. Aber wir können sie schlecht zwingen, uns alles zu erzählen, wenn
du jeden Tag wegen allen Kleinigkeiten ausrastest!“, sagte Ron endlich, was er
die ganze Zeit über dachte.
„Was?“,
entfuhr es Harry scharf, und er schüttelte ungläubig den Kopf. „Das ist es, was
du denkst? Wirklich verdammt kollegial von dir!“, knurrte er jetzt.
„Harry,
bitte!“, sagte Ron eindringlich.
„Und ich
bin der einzige, oder was?“, schimpfte Harry weiter. „Weißt du, ich habe dich
auch nicht exakt friedfertig erlebt, wenn es um Malfoy ging!“
„Nein,
aber ich-“
„-aber
was?“, wollte Harry aufgebracht wissen. Ron atmete schließlich aus.
„Lass uns
das nicht machen“, sagte er schließlich.
„Was?“, wollte Harry, immer noch angriffslustig, wissen.
„Uns
streiten. Uns genau deswegen streiten“, erklärte Ron kopfschüttelnd. „Ich habe
keine Lust, mich deswegen zu streiten.“
„Es ist
dir also egal?“, schloss Harry ungläubig aus seinen Worten, und Ron verdrehte
die Augen.
„Nein,
Harry! Kannst du dir das vorstellen? Es ist mir nicht egal! Aber was soll ich
machen? Was genau soll ich tun?“
„Du
hättest sie einfach um ein Date bitten sollen!“, rief Harry jetzt zornig.
„Einfach so, Ron!“ Und Ron spürte, wie sich ein Kloß in seiner Kehle formte.
Das dachte Harry? Wirklich?
Und sie schwiegen
kurz. „Dann wäre sie jetzt nicht dabei, mit irgendwelchen Slytherins
auszugehen! Dann würden nicht ständig irgendwelche Jungen hinter ihr her stalken!“, fuhr Harry wütend fort. „Siehst du es nicht?“,
fügte Harry ungläubig hinzu. Ron mied seinen Blick jetzt, und war froh, dass es
so dunkel auf den Korridoren war, denn er spürte die Hitze in seinem Gesicht.
„Und weiß Merlin, was noch passiert! Wenn Blaise Zabini nur der Anfang ist!
Wenn andere auch ihr Glück versuchen?!“
Und Ron
blickte starr nach vorne gegen die Wand.
„Wie
Malfoy?“, sagte er jetzt mit belegter Stimme und hörte Harry aufstöhnen.
Daraufhin schwieg Harry. Er wirkte beinahe hilflos, wie er hier im Flur stand.
„Ich hasse all das! Denkt sich Blaise wirklich, er könnte einfach mit ihr ausgehen,
ohne dass es uns etwas ausmacht? Ohne dass wir ein Problem damit hätten?“
Anscheinend ignorierte Harry auch das Malfoy-Problem. „Und Hermine macht sich
nicht mal mehr die Mühe, uns so etwas zu erzählen?!“
„Ich
glaube, Malfoy wird-“
„-nein!“, unterbrach ihn Harry und schüttelte heftig den Kopf. „Malfoy wird gar
nichts, Ron!“, brachte er gepresst hervor.
„Harry“,
begann Ron resignierend, aber Harry schoss ihm einen warnenden Blick zu.
„Du hast
ihn gehört!“, entgegnete Harry eindeutig. „Du hast gehört, wie er über sie
redet! Du hast das Arschloch gehört, wie er einfach… einfach…“ Harry schlug die
flache Hand gegen die Mauer. „Ich hasse ihn“, fügte er gepresst hinzu. „Ich
hasse das!“, ergänzte er bitter. „Wieso tust du nichts?“, fuhr Harry ihn jetzt
an.
„Was?“ Ron spürte, wie er wütend wurde. „Was genau soll ich tun, Harry? Sie
redet mit mir genauso wenig wie mit dir!“
„Wir sind ihre Freunde! Nicht Malfoy oder
Blaise Zabini! Diese Schulsprecher-Sache ist einfach ungesund! Was ist in sie
gefahren?“, knurrte Harry verzweifelt.
„Ich weiß
es nicht“, wiederholte Ron leiser.
„Wir haben
zusammen gekämpft! Sie kann doch nicht einfach… solche Entscheidungen…“ Harry
schien die richtigen Worte nicht zu finden. „Wieso tut sie das?“, wollte er
wieder wissen, als wüsste Ron die Antwort auf die Frage.
„Wir
könnten mit ihr reden“, schlug Ron jetzt vor.
„Mit ihr
reden? Wann genau? Wenn sie mit Blaise Zabini bei Kerzenschein Champagner
trinkt?“, entfuhr es Harry gereizt, und Ron hob hilflos die Hände.
„Harry, ich weiß keine Lösung, ok? Wir können sie nicht zwingen! Wir sind ihre
Freunde. Ich weiß, wir sind immer noch ihre Freunde!“
„Ich begreife es nicht, Ron! Anscheinend sind wir keine Freunde mehr“, bemerkte
Harry plötzlich mit resignierender Erkenntnis.
„Das ist Unsinn!“, griff Ron sofort die Worte auf. „Harry, das ist-“
„- ich meine, sieh uns an!“, forderte Harry ihn auf. „Was… was ist passiert?“,
flüsterte er fast. „Ich… habe das Gefühl, als…“
Und Ron
atmete aus. „Du magst Hermine?“, schloss er bitter. Harry sah ihn an. Direkt
ins Gesicht. Das schwache Licht der Lampen spiegelte sich in seinen
Brillengläsern.
„Was?“,
sagte er und schüttelte vage den Kopf. „Ron-“
„Schon
ok“, sagte Ron schließlich. „Anscheinend… tun wir das alle“, bemerkte er still.
„Und wir haben vergessen, dass wir eigentlich ihre Freunde sind.“
Horror,
echter Horror, war in Harrys Blick getreten.
„Ich… -
nein! Nein, Ron!“, sagte Harry heftig. Aber dann lehnte Harry den Kopf zurück
an die Wand. Er nahm die Brille ab und bedeckte mit der Hand seine Augen. „Das…
kann nicht sein!“, murmelte Harry kopfschüttelnd, und Ron fühlte sich absolut
nicht großartig. Er fühlte sich nicht gut. Gerade war etwas… kaputt gegangen.
Und alles war innerhalb von wenigen Sekunden unangenehm und seltsam geworden.
„Hey!
Schüler haben um die Zeit nichts mehr auf den Gängen…-“
Sie hatte
überrascht innegehalten. Hastig stellte sich Harry gerade hin.
„Äh… was
macht ihr hier?“ Sie senkte ihren Zauberstab, und das helle Licht der Spitze
leuchtete nicht mehr in seine Augen.
„Du bist
spät dran“, sagte Harry heiser, anstatt auf ihre Frage zu antworten. Ron senkte
den Blick. Es war spät. Sie trug Jeans und ein dunkelblaues Oberteil. Es
betonte ihren Oberkörper auf eine Art und Weise, so dass er sehen konnte, wie ihr
Körper unter der Kleidung geformt war. Und sie war auch jetzt noch schön. Auch
mitten in der Nacht. Auch wenn sie einen Pferdeschwanz trug, der ihr lang den
Rücken hinab fiel.
Auch wenn
sie eine Muggel war und das doch zumindest damals zumindest die Slytherins
aufgehalten hatte. Er hatte sie immer schön gefunden. Und er hatte zu lange
gewartet.
„Ja… ich…
war noch… - was macht ihr hier auf dem Gang?“, wiederholte sie die Frage, und
Harry schien seine ganze Ansprache vergessen zu haben. Ron spürte, Harry suchte
seinen Blick. Aber Ron erwiderte ihn nicht. „Alles… in Ordnung?“
Und Ron
dachte, Harry würde sie darauf ansprechen. Auf Blaise – auf alles! Aber… das
passierte nicht. Es passierte gar nichts. Und langsam hob sich sein Blick.
Dann, als Harry viel zu lange nichts gesagt hatte. Es war beinahe unangenehm.
Greifbar unangenehm. Und Harry hatte recht. Es war
nicht mehr wie früher.
Etwas
verloren stand Hermine vor ihnen. Der Meter Platz zwischen ihnen schien sich in
eine Endlosigkeit auszudehnen, denn sie kam ihm meilenweit weg vor. Und Harrys
Gesicht nahm einen steinernen Ausdruck an.
„Wir… sind
auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum“, sagte er, beinahe teilnahmslos. Hermine
sah ihn stirnrunzelnd an.
„Ok?“,
erwiderte sie unsicher, und Rons Schultern sanken. Harry sagte nichts! Harry
sprach es nicht an! Er versuchte es nicht mal! „Und wo wart ihr vorher? Wart
ihr bei meinen Räumen?“, wollte sie unsicher wissen, aber Harry ruckte mit dem
Kopf, ehe Ron sprechen konnte.
„Nein, wir
waren nur… unterwegs. Also, gute Nacht, Hermine“, verabschiedete er sich, und
begann, zu gehen. Perplex sah ihm Ron zu. Hermine warf ihm einen fragenden
Blick zu. Aber auch Ron konnte es nicht über sich bringen, hier zu stehen. Hier
vor ihr zu stehen, und zu wissen, dass sie Ja zu Blaise Zabini gesagt hatte.
Und er wusste, es war ein böses Gefühl. Es war nicht gerecht, niemandem
gegenüber, aber er konnte jetzt gerade nicht daran denken, wie es aussehen
musste. Was sie denken musste.
Er
schaffte es nicht, loyal zu sein. Er schaffte es nicht mal, sie wirklich
anzusehen. Denn sie würde ihn nie so ansehen, wie er sie ansah. Und es tat weh.
Sie hatten sich alle nie etwas Derartiges versprochen, aber… hätte es erkennbar
sein müssen? Hätte es? Dass er – und Harry! – irgendwann über ihre eigene
Ignoranz stolperten und bemerkten, dass… dass… Hermine perfekt war? Ja, sie
waren selber schuld, nahm er an.
„Gute
Nacht“, sagte er leise und folgte Harry, der bereits die Treppe erreicht hatte.
Ron wandte
den Blick nicht mehr zurück. Er holte Harry nicht mehr ein. Er wollte Harry
nicht mal mehr einholen. So sehr er auch oberflächlich gegen eine Verbindung
von Harry und Ginny war – so völlig anders war das Gefühl bei Harry und
Hermine.
Es war ein
schlechtes Gefühl. Und er fühlte sich jetzt gerade so, als hätte er Harry
nichts mehr zu sagen. Es war ein Scheißgefühl.
Und er gab
Hermine die Schuld.
Allerdings
nur für eine Sekunde. Aber in dieser Sekunde hasste er sie fast.
Es ähnelte
nicht der Vision, die der Horkurx ihm gezeigt hatte.
Nein. Denn im echten Leben schien sich Hermine Granger weder für ihn, noch für
Harry Potter entscheiden zu wollen.
Und alles
andere kam ihm nur noch schlechter vor.
Jede
Alternative hierzu war einfach nur falsch!
Aber… es
gab nichts, was er tun konnte.
Gar
nichts, außer zu hoffen, dass Draco Malfoy sie wirklich hasste.
Und nichts
anderes.
Sie hatte
keine Ahnung, was gerade passiert war, aber anscheinend waren Harry und Ron
sauer auf sie? Weswegen sollten sie? Hermine konnte es sich nicht erklären,
während sie verwirrt den Flur entlang schritt. War irgendetwas vorgefallen?
Harry
hatte sie nicht einmal angesehen! Heiße Schuldgefühle stiegen in ihr empor,
obwohl sie wusste, dass es albern war. Es konnte nichts vorgefallen sein!
Ihr
Herzschlag hatte sich beschleunigt, und sie hatte begonnen schneller zu laufen,
ohne genau zu wissen, warum, aber sie hatte so ein Gefühl.
Alles
Schlechte ließ sich ohne weiteres auf eine Person zurückführen. Und wenn Harry
und Ron gerade von ihren Räumen wiedergekommen waren, war ihr Laune nur zu
erklären, weil sie auf Malfoy gestoßen sind.
Unwillkürlich
wurden ihre Schritte langsamer. Malfoy veranstaltete heute sein
was-auch-immer-Pokerspiel, und sie hatte schon jetzt keinen Nerv darauf, sich
zu streiten. Denn sie wusste, es würde auf nichts anderes hinauslaufen.
Beinahe
wollte sie umkehren, Harry und Ron suchen, aber… wahrscheinlich war Harry
sowieso wütend, weshalb auch immer er es dieses Mal war! Es machte sie wütend.
Jungen machten sie in letzter Zeit wütend!
Sie hatte
den Flur erreicht und ging langsam auf die Tür zu. Und sie konnte die Stimmen
gedämpft hören. Es sagte ihr nur, dass die Schüler nicht in ihren Gemeinschaftsräumen
waren, und sie wog bereits ab, ob sie Snape holen sollte, ob sie Malfoy
auffliegen lassen sollte, ob sie… - irgendwas tun sollte.
Sie
seufzte auf. Es war spät. Es war Freitag, und sie war müde. Anscheinend befand
sie sich mit Harry wieder einmal im Clinch, und sie wusste nicht mal mehr,
weswegen.
Sie tippte
mit dem Zauberstab auf den Türknauf und murmelte das
Passwort, was Merlin sei Dank nur noch zwei Tage aktuell war!
Die Tür
öffnete sich, und sie erkannte den grünen Pokertisch in der Mitte des
Wohnzimmers. Einige Ravenclaw Mädchen, sowie auch Pansy und Millicent
hoben tatsächlich spöttisch die Blicke.
O-k? Warum
wurde sie so angesehen?
„Hey,
Hermine!“, wurde sie sofort begrüßt, von einem Jungen, den sie nicht kannte.
Aber… doch! Das war der Hufflepuff, der sie den letzten Nachmittag angestarrt
hatte, als sie im Innenhof gesessen hatte! „Wie war die Patrouille?“, fügte er
mit einem breiten Lächeln hinzu.
Der feine
Geruch von Alkohol war ihr in die Nase gestiegen, aber noch konnte sie die
Quelle nicht orten. Ihr war klar, dass die Jungen hier wohl Alkohol tranken.
Malfoy brummte irgendetwas in seine Karten, ohne aufzusehen.
„Hey, hast
du Harry und Ron getroffen?“, erkundigte sich Ernie, während Hermine sich erst
mal dazu entschied, diese Party hier aufzulösen. Sie runzelte die Stirn. Also
waren Harry und Ron hier gewesen?!
„Ich…
ja?“, sagte sie also, ohne auf die Frage des Hufflepuff Jungen einzugehen.
„Haben sie
sich aufgeregt?“, wollte Ernie interessiert wissen, und Hermine spürte, wie ihr Züge sich anspannten.
„Aufgeregt?“,
wiederholte sie knapp. „Wieso sollten sie sich aufgeregt haben?“ Und sie
fixierte Malfoy jetzt, denn dieser blickte angespannt in seine Karten hinab.
Die Art und Weise wie er es mied, sie überhaupt wahrzunehmen, ließ ihre Haut
kribbeln.
„Oh. Ähm…“
Ernie kratzte sich kurz ratlos am Kopf. „Nein, schon gut! Dann… ist es… nicht
weiter wichtig!“, schloss Ernie hastig, während er einen Pokerchip in die Mitte
schob. Und Hermine atmete aus.
„Malfoy?“,
sagte sie jetzt, laut genug, dass er sie hören musste.
„Draco
spielt gerade“, erklärte ihr Pansy deutlich, und Hermine hob den Blick zu Pansy
Parkinson, die sich mit sehr viel Ausschnitt und sehr hohen Schuhen beinahe
besitzergreifend neben Draco aufgebaut hatte.
„Das sehe
ich, Pansy, und ich verzichte darauf, euch zu sagen, dass Glücksspiel um Gold
verboten ist. Malfoy, würdest du-“, begann sie erneut, aber jetzt räusperte
sich das Ravenclaw Mädchen.
„Sei kein
Spielverderber, Granger.“ Und sie wusste nicht, wie das Mädchen hieß, aber sie
mochte sie nicht. Sie bemerkte, wie das Mädchen ihre Hand beiläufig über Dracos
Schulter Arm gleiten ließ. Hermines Augen verengten sich kurz.
„Malfoy!“,
sagte sie jetzt deutlicher, und er hob den Blick, ohne sie anzusehen.
„Was?“,
wollte er knapp und von ihr wissen. Kurz, scharf und unwillig.
„Auf ein
Wort“, sagte sie nun gepresst, und als wäre es die größte Qual hob er den
Blick. Er schien sie zu betrachten.
„Nein“, entschied
er sich, und sie spürte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte.
„Nein?“,
wiederholte sie. „Soll ich Snape sofort rufen oder möchtest du noch ein zwei
Minuten Vorsprung bekommen, um deinen Alkohol zu-“
Er erhob
sich mit einem Ruck vom Tisch und warf seine Karten verdeckt vor sich auf die
Platte.
„Was?“,
knurrte er jetzt, und sie spürte alle Blicke auf sich. Sie deutete jetzt auf
ihr Zimmer. „Oh bitte!“, fügte er entnervt hinzu und verdrehte die Augen. Aber
er folgte ihr jetzt.
„Draco!“,
hörte sie Pansy sagen, aber Draco wandte den Kopf halb über die Schulter.
„Pansy,
bevor das Miststück unseren Abend versaut, höre ich mir lieber ihre kleine Rede
an. Bin in einer Minute wieder da. Elizabeth?“, sagte er jetzt, und Hermine
erkannte, dass er mit dem dummen Mädchen sprach, dass gerade noch ihre Hand auf
seinen Oberarm gelegt hatte. „Nimm meinen Platz ein, ok?“
Und
Hermine sah, wie sich Pansys Mund entrüstet öffnete, als hätte Draco sie soeben
verraten. „Also?“, wandte sich Draco nun an sie, und Hermine verdrehte die
Augen.
Sie löste
stumm die Flüche von ihrer Tür und betrat als erstes ihr Zimmer. Draco folgte
ihr.
Dann
schloss sie die Tür. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Hose vergraben
und sah sie abwartend an. Sie wusste nicht genau, wo sie beginnen sollte.
„Bevor du
anfängst, Granger, ich habe Potter-“
„-was?“,
unterbrach sie ihn, relativ ruhig. „Du hast Harry was?“, wiederholte sie, denn anscheinend hatte er mit Harry
gesprochen. Er atmete kurz aus.
„Dein Freund
Zabini hat deine beiden Hunde hierhin gebracht“, erklärte er, wesentlich
defensiver als vorher.
„Und du
hast was getan?“
„Ich habe
gar nichts getan!“, rechtfertigte er sich sofort und verschränkte nun die Arme
vor der Brust.
„Du hast
nichts gesagt? Du hast sie reingebeten und ihnen Bier angeboten?“, vermutete
sie ungläubig, und er atmete spöttisch die Luft aus.
„Ja,
sicher“, erwiderte er mit einem freudlosen Lächeln.
„Wieso
denkt Ernie, sie würden sich aufregen?“, wollte sie jetzt wissen.
„Was?
Woher soll ich das wissen? Es ist mir scheiß egal, ob sich Potter aufregt!“,
entgegnete er. „Und ich würde sehr gerne wieder meinen netten Teil des Abends
fortführen. Ohne dein Gesicht in der Nähe“, fügte er lächelnd hinzu.
Sie sah zu
Boden. Es machte keinen Sinn!
„Ärger von
Potter bekommen?“, wollte er interessiert wissen, und ein böses Lächeln war in
sein Gesicht getreten.
„Was?
Wieso sollte ich?“, wollte sie leise wissen.
„Weil du
Potter hintergehst und mit einem Slytherin ausgehst“, erwiderte er, immer noch
lächelnd. Und ihr Herz sank in ihren Magen. Malfoy hatte es gesagt. Er hatte es
Harry gesagt! Aber… nein. Harry hatte sie nicht darauf angesprochen! War er
jetzt so wütend, dass er sie nicht einmal darauf ansprach? Und Hermine schaffte
es gerade so, nicht daran zu denken, was Malfoy getan hatte! Mit ihr! Und sie
fühlte sich elend. Sie fühlte sich wirklich… schlecht.
„Raus“,
sagte sie jetzt mit zitternder Stimme. Und sein Lächeln verblasste auf seinen
Zügen.
„Du hast mich hierher geholt. Zwei Slytherins,
Granger. Ich bin sicher, Potter ist förmlich explodiert!“, bemerkte er jetzt
und fixierte sie unangenehm. Sie sah ihn an.
„Ein
Slytherin, Malfoy. Ich bin mir sicher, du hast Harry nicht erzählt, dass…“ Und sie
biss sich auf die Lippe, denn darüber zu sprechen, brachte nur die Bilder
zurück. Oh Gott! Die Bilder von… dieser Nacht! Aber er griff ihre Worte auf.
Natürlich tat er das!
„Was? Dass
du darum gebettelt hast, dass ich meine Finger in deine Pussy
schiebe, um dir einen verdammten Höhepunkt zu verschaffen?“, entfuhr es ihm,
und die Röte explodierte förmlich in ihren Wangen. Hastig fiel ihr Blick zu
Boden. Oh, Merlin!
„Raus,
Malfoy!“, wiederholte sie eisig.
„Nein,
Granger, das habe ich ihm nicht erzählt. Aber… wenn ich drüber nachdenke, dann
gibt es eigentlich keinen Grund, weshalb ich es nicht tun sollte!“
Er
reagierte nicht auf ihre Forderung. Er blieb, wo er war.
„Ich habe
gesagt, verpiss dich, Malfoy!“, rief sie lauter, und er kam tatsächlich näher.
„Wenn
Blaise wüsste, dass du eine verdammte Hure bist, dann-“
„Raus!“
„Oder
Potter! Oh, ich denke, dein geliebter Prinz würde kein Wort mehr mit dir
wechseln!“
„Dann tu es doch! Dann sag es doch einfach, Malfoy! Was hält dich?“, rief sie
plötzlich, und spürte einen dicken Kloß in ihrer Kehle. Seine Oberlippe
kräuselte sich voller Abscheu, und sie nickte grimmig. „Ja, das dachte ich mir!
Du willst es Harry nicht sagen! Du willst diese Sache über mir halten, du
willst mich einfach nur damit quälen, damit dein beschissenes Leben nicht
völlig sinnlos ist!“, ergänzte sie zitternd. Und sie sah, dass dies eine Sache
war, bei der er nicht überlegen sein konnte. Denn er hatte es Harry nicht
gesagt! Natürlich nicht!
„Mein
Leben ist verdammt perfekt, Granger. Du bist nur ein kleiner, unwichtiger
Zeitvertreib!“, erklärte er, während er ihren Blick erwiderte. Seine grauen
Augen wirkten so kalt, so abwesend, und sie hasste ihn!
Wieso
hatte Harry sie nicht darauf angesprochen? Wieso hatte er es nicht einmal versucht?
Wieso, wieso, wieso…?! Sie begriff es nicht!
„Das ist
vorbei“, informierte sie ihn jetzt, mit einem plötzlichen Verlangen, es laut
auszusprechen. Kurz runzelte sich seine glatte Stirn.
„Was ist
vorbei?“, fragte er tatsächlich, ohne von ihr abzurücken.
„Das“,
sagte sie bloß, und sah ihn weiterhin an. „Diese… Sache. Das… mit dir“,
ergänzte sie leiser. Seine Augenbraue hob sich überaus spöttisch.
„Granger,
da war nie eine Sache zwischen mir und dir“, erwiderte er so überheblich und
arrogant, dass ihr schlecht wurde vor Zorn.
„Du bist
ein Arschloch, Malfoy!“
„Ja,
sicher, Granger. Weißt du, dein Problem ist, dass du zu dringend jemanden
brauchst, der es dir besorgt!“, knurrte er, und sie stieß ihn mit einem Mal von
sich.
„Du bist widerlich.
Und so etwas brauche ich nicht! Ganz bestimmt nicht, du Mistkerl!“
„Schön!“,
erwidert er mit einer abwehrenden Geste. Aber ein Lächeln trat erneut auf seine
Züge. „Anscheinend hat Potter dich nicht angeschrien. Weißt du, Granger, du
siehst es vielleicht nicht, aber dein verdammt perfekter Potter ist auch nur
ein Scheißkerl, der dir deine Unterwäsche vom Leib fluchen möchte, um seinen
Schwanz in dir zu vergraben.“ Und ihr Blick schnappte zu seinem Gesicht.
Sie
schüttelte sofort den Kopf, so dass ihr Zopf über ihre Schulter flog.
„Nein!“,
sagte sie jetzt fest. „Du bist ein Arschloch! Und dass du so etwas über Harry
sagen würdest, beweist nur-“
„-dass ich
recht habe!“, unterbrach er sie zornig. „Und ich finde es verdammt perfekt,
Granger! Denn das witzige ist, dass du nicht mal im Traum daran denkst!“
Anscheinend schien er gerade eine Theorie zu verfolgen, die so abwegig war,
dass ihr schlecht wurde. „Der verdammte Held, der heilige scheiß Potter bietet
sich dir an, und du beleidigst seinen verdammten Stolz, indem du nicht einmal
darüber nachdenkst! Du siehst es nicht mal!“, rief er lachend und fuhr sich
durch die Haare.
„Halt
deinen Mund, du Scheusal!“, erwiderte sie tonlos. „Du bist widerlich! Harry
würde niemals so denken!“
„Und du
küsst mich, Granger“, fuhr Malfoy unbeeindruckt fort. Sie biss fest die Zähne
zusammen. „Und du erkennst nicht den Hauch Ironie in dieser Sache?“, wollte er
ernsthaft von ihr wissen, und sie mied seinen Blick.
„Glaub
mir, ich bereue nichts so sehr wie das!“, gab sie gepresst zurück.
„Weißt
du“, sagte er jetzt, schloss den Abstand und legte seinen Finger unter ihr
Kinn, und zwang sie so, ihn anzusehen. Erschrocken flatterten ihre Lider auf,
„ich fände es verflucht großartig, wenn du Potters kleines Herz brechen würdest,
Granger. Wenn du tatsächlich en Mut hättest, mit einem Slytherin zusammen
aufzutauchen.“ Er lächelte bitterböse, und sie entzog sich seinem Kontakt.
„Du irrst
dich! Harry denkt so nicht über mich! Ron denkt so nicht über mich!“, fuhr sie
fort. „Ich weiß nicht, was in deinem kranken Kopf falsch läuft, aber du weißt
nichts über uns! Das einzige, was Harry aufregen würde, wäre, wenn ich mit
jemandem wie dir irgendwo zusammen auftauche! Und ich müsste wahnsinnig sein,
um so etwas zu tun!“
„Ja,
richtig“, erwiderte er lakonisch und wich einen Schritt zurück.
„Ja!
Blaise ist anständig, Malfoy!“
„Blaise
ist ein Wichser!“, knurrte er.
„Nein, du
bist ein Wichser! Du bist ein Arschloch, du bist undankbar, großkotzig und überheblich!
Du bist widerlich und gönnst niemandem etwas, außer dir selbst! Es ist verdammt
schade, dass dein Vater es nicht geschafft hat, dich auch noch umzubringen!“,
entfuhr es ihr aufgebracht, und sein Blick wurde leer.
Eine Träne
fiel auf ihre Wange, und ihr Atem ging flach. Sie schluckte schwer, denn er
sagte nichts. Und sie hatte es nicht sagen wollen! Sie hatte es gar nicht sagen
wollen. Jedenfalls nicht so! Es war einfach… passiert! Und sie wusste, es war
egal. Er war nur Malfoy! Er war nur Draco Malfoy! Draco Malfoy hatte keine
Gefühle! Er fühlte nichts. Gar nichts. Beleidigungen prallten an ihm ab. Er war
doch sowieso zu überheblich, um ihr überhaupt zuzuhören. Und fast wollte sie
hören, dass er sie wieder beleidigte. Dass er sie Schlammblut nannte, wie er es
immer tat! Aber… er tat es nicht.
Er wandte
sich ab, ohne ein weiteres Wort. Sein Ausdruck war kühl, wie immer. Und sie
hatte das letzte Wort gehabt. Und… es fühlte sich absolut beschissen an.
~*~
Seine
Finger drückten hart in ihr Fleisch, fuhren über ihre Haut, und er stieß in
sie. Er konnte sich nicht beherrschen, wollte es nicht mal. Er war betrunken
genug, um über Vorspiel und unnütze Kleinigkeiten einfach hinwegzusehen.
Er wollte
einfach nur schmutzigen, rauen Sex.
Grollende
Töne verließen seinen Mund, und sie hatte ihre Fingernägel in seinen Rücken
gekrallt, während er sie dehnte, während er tiefer in sie stieß, sie praktisch
gegen die Matratze rammte, und keine Gefühl, keine Zärtlichkeiten, kein gar
nichts in seine Bewegungen legte.
Er
brauchte ihren Körper. Ihre Enge, und er wünschte
sich, dass Granger ihn hören würde!
Ja, am
besten hörte sie jeden verdammten Laut, den er von sich gab, am besten hörte
sie das Mädchen unter ihm schreien und stöhnen, als wäre er Casanova in Bestform!
Anstatt Draco Malfoy auf seiner betrunkensten Stufe.
Er wollte
sie einfach vögeln, wollte das Mädchen bestrafen für etwas, was er nicht
definieren konnte. Nicht konnte, weil er zu betrunken war, weil alles nur noch
ein Schleier aus rauer Wut hinter seinen Augen war. Wieder entfernte er sich,
und stieß mit voller Kraft wieder in ihre Hitze. Sie stöhnte, sagte
irgendetwas, wollte wohl, dass er sanfter war, aber er hörte es nicht.
Seine Hand
glitt unter weichen Po, hob ihn an, krallte sich in ihn, damit er noch tiefer
in sie eindringen konnte, damit er noch schneller vergessen konnte. Einfach nur
vergessen! Vergessen, dass das Miststück so mit ihm sprach!
Tiefer!
Noch tiefer! Sie schrie in sein Ohr.
Vergessen,
dass er Draco Malfoy war, und genauso erbärmlich wie Harry Potter! Scheiß
verfluchter Potter!
Mit einem
rauen Knurren pinnte er sie wieder gegen die Matratze. Mit kraftvollen Stößen
trieb er den Rhythmus an, bis ihr Kopf gegen Kopfende seines Bettes stieß, aber
es war ihm egal. Verflucht egal!
Sie
wünschte sich, er wäre tot? Scheiß Schlammblut! Elendes Miststück! Sie sollte
tot sein! Sie war es nicht wert! Sie war überhaupt nichts wert. Und das wusste
sie! Aber er hatte sie es wohl vergessen lassen! Er hatte sich nicht richtig
darum gekümmert, dass sie wusste, wie weit unter ihm sie doch zu stehen hatte!
Härter,
härter! Bis er es spüren konnte. Schweiß perlte seinen Rücken hinab, und seine
Finger krampften sich um ihre Hüften, zwangen sie, sich seinem Rhythmus zu
beugen, und er hörte sie schmerzhaft aufkeuchen, als
seine Stöße nur noch vereinzelt, aber dafür umso härter kamen.
„Scheiß
Schlammblut!“
Dachte er?
Hatte er es gesagt? Er wusste es nicht, und es war völlig egal! Alle Frauen
waren gleich. Alle waren sie gleich erbärmlich! Ein Grollen verließ seine
Kehle, als er kam.
Er hatte
keine Ahnung, ob das Mädchen unter ihm gekommen war, und es war egal! Einfach
scheiß egal! Ein verdammtes Schlammblut konnte so nicht mit ihm reden! Und wenn
sie auch nur im Ansatz glaubte, dass ihm ihre Worte auch nur im Geringsten
etwas ausmachten, dann lag sie falsch! Verdammt noch mal falsch!
Er war auf
ihr zusammen gebrochen. Sein Atem ging rau und er roch die Haut ihres Halses
unter sich. Sie roch anders. Sie roch fremd, nicht wie sie….
„Draco?“,
hörte er ihre Stimme, aber er brummte nur unverständlich. Der Alkohol holte ihn
ein, jetzt wo all sein Blut aus seinem Kopf verschwunden war. Er rollte sich
von ihr, zurück auf seine Matratze und schloss die Augen.
„Draco,
du-“
„Verschwinde“,
sagte er tonlos und regte sich nicht weiter. Er hörte sie neben sich ein
entrüstest Geräusch machen.
„Das ist
nicht dein ernst!“
„Wenn du
bleiben willst, bleib. Aber nicht in meinem Bett“, gab er grimmig zurück, und
hörte, wie sie aufstand. Eilig, zornig. Es war ihm egal. Er war gekommen, und
für einen kurzen Moment ging es besser. Er konnte wieder atmen, wieder denken.
Sie hatte
ihre Sachen zusammen gesucht.
Und dann
hatte sie seine Tür aufgezogen und wieder ins Schloss geknallt.
Träge
Gedanken überrollten ihn. Er verzog den Mund.
Er
erinnerte sich an den Tag. Er erinnerte sich so klar, als wäre es nicht letztes
Jahr gewesen, sondern gestern Nachmittag, als er in das Büro seines Vaters
gegangen war und Lucius entdeckt hatte. Er hatte seinen Vater gefunden, der sich,
wie ein Feigling, an seiner Gardinenstange erhängt hatte.
Kurz
schauderte Draco. Noch niemals war es so still gewesen.
So eine
Stille hatte er seitdem nicht mehr empfunden. Das Haus hatte geschwiegen. Er
hatte kein Geräusch mehr wahrgenommen. Nur seinen eigene Herzschlag, als er in
das Zimmer gestolpert war.
Und Lucius
hatte ausgesehen, als würde er schlafen. Es war ein groteskes Bild gewesen. Er
hatte mit dem Rücken zu ihm gehangen, als würde er aus den großen, gläsernen
Doppeltüren in den weiten Garten blicken.
Seine Füße
haben knapp einen Meter über dem Boden gehangen. Er hatte seine guten Schuhe
getragen. Draco wusste noch, wann er mit seinem Vater diese Schuhe in
Schottland gekauft hatte. Ein Troll hatte sie aus albanischer Drachenhaut
gefertigt. Die Haare seines Vaters hatten in Strähnen sein Gesicht umrahmt.
Sein Zopf hatte ihm golden über der Schulter gehangen. Seine Augen waren
geschlossen, und nur sein Hals war bereits blau geschwollen gewesen.
Draco
hatte nicht gewagt, etwas anderes zu tun, als seinen Vater anzusehen.
Er wirkte
ruhig. Friedlich, und die Tränen hatten in Dracos Augen gestochen. Und er hatte
ihn nicht berühren können. Er hatte ihn nicht berühren wollen. Er hatte nicht
gewagt, auch nur einen Ton von sich zu geben.
Die Hände
seines Vaters hatten schlaff neben seinen Seiten gehangen. Die Ärmel seines
Seidenhemdes waren hochgeschlagen gewesen, und Draco konnte praktisch dabei
zusehen, wie das Dunkle Mal mehr und mehr verblasste.
Bis zur
Beisetzung war es kaum noch ein Schatten gewesen. Draco wusste, es war
Voldemorts Sicherheit gewesen. Mit dem Tod des Trägers verschwand das Mal,
damit keine Spuren nachzuweisen seien.
Es musste
damals eine Ewigkeit vergangen sein, bis Draco einen Stuhl geholt hatte, um
seinen Vater vor der hohen Stange zu schneiden. Er hatte nicht mal einen
Zauberstab benutzt. Er hatte nicht mal daran gedacht. Und er hatte sich beinahe
auf dem Stuhl übergeben, als er mit fahrigen Fingern mit dem Brieföffner seines
Vaters den Strick durchtrennt hatte. Plump war Lucius in seine Arme gesunken,
und Draco hatte zitternd auf dem Stuhl gestanden, wäre fast gestürzt, und dann
hatte er auf dem Boden gekniet, den Körper seines Vaters neben sich. Er hatte
Lucius auf dem Rücken liegen lassen, hatte ihn nicht mehr berührt, hatte nur
noch neben ihm gesessen, und er glaubte, er hatte bestimmt eine Stunde geweint.
Er hatte
nichts gesagt, er hatte keinen Ton von sich gegeben, und er hatte nichts mehr
gewusst, er hatte keine Ahnung gehabt, was er tun sollte, und er hatte endlos lange
gebraucht, ehe er sich vom Boden hatte erheben können, um im Mungo die
Nachricht durchzugeben.
Und dann…
hatte er nicht mehr geweint. Keine Träne mehr seitdem.
Er hatte
das Arbeitszimmer seines Vaters seitdem nicht mehr betreten. Er hasste den Gedanken,
dass seine beiden Eltern in diesem Haus gestorben waren.
Und er
spürte das Ziepen in seinem Unterarm jetzt wieder deutlicher.
Und
plötzlich hörte er es.
Jemand
sprach!
Träge
öffnete er die Augen. Dann setzte er sich auf und stützte sich auf die Ellbogen.
Mit wem
sprach die dumme Ravenclaw-Schlampe um diese Zeit in seinem Wohnzimmer…-
Oh fuck!
Schon
hatte er die Beine von seinem Bett geschwungen. Fluchend stieg er in seine
Shorts, zog sich hastig sein Shirt über und zog die Tür auf. Das nahezu ausgebrannte
Feuer im Kamin beleuchtete das Wohnzimmer nur schwach.
„-ich muss
dir überhaupt nicht antworten!“, hörte er Elizabeth sagen, während Granger den
Blick zu seinem Gesicht hob. Sie trug ihren Morgenmantel und hatte die Arme
abweisend vor der Brust verschränkt. Ihr Blick war… - er konnte es nicht
deuten.
„Ich werde
Snape holen, Malfoy!“, donnerte Grangers Stimme jetzt. Wütend. Ja, das war wohl
ihr Blick. „Ich schwöre dir, ich hole Snape! Am besten verschwindest du auf der
Stelle!“, wandte sich Granger jetzt an Elizabeth. Und das Mädchen vor ihr
schwieg. Dann sah Elizabeth in an. Und nicht besonders freundlich noch dazu.
Draco war noch zu müde, noch zu betrunken, um seine Gedanken zu ordnen, um
irgendetwas Intelligentes zu erwidern.
„Fühl dich
geschmeichelt, Granger“, bemerkte Elizabeth nun bitter. Grangers Ausdruck wurde
nur noch zorniger.
„Geschmeichelt?
Wenn du noch eine Minute länger bleibst, kann Snape euch beide von der Schule
werfen!“, knurrte sie.
„Die
Gerüchte stimmen!“, fuhr Elizabeth fort, während Granger das Feuer im Kamin mit
ihrem Zauberstab aufflammen ließ. Wahrscheinlich um Snape über Floh zu rufen.
Kurz ließen ihn diese Worte aufhorchen. Kurz hatte er ein alarmierendes Gefühl
in seinem Innern. „Der große Draco Malfoy stöhnt deinen Namen beim Sex.“
Und er
sah, wie sich Grangers Mund perplex öffnete. Wie sie wohl zu vergessen schien,
Snape rufen zu wollen. Und er spürte, wie ihm resignierend die Luft aus seinen
Lungen entwich. Fuck.
„Ich bin
gespannt, wie es Pansy auffasst, Malfoy“, gönnte ihm Elizabeth noch einen
letzten Satz, den er jetzt gerade ebenfalls nicht wirklich zuordnen konnte,
aber Elizabeth rauschte bereits aus dem Wohnzimmer, zur Tür hinaus.
Granger
stand wie angewurzelt in der Mitte des Wohnzimmers. Sie sah ihn nicht an.
Wie konnte
er das abwenden, was zu passieren drohte? Seine Gedanken lagen
verständlicherweise blank.
„Sie
lügt“, sagte er, wenig überzeugt, aber es interessierte ihn wenig, ob Granger
es glaubte oder nicht. Es war nicht so, als wüsste Granger nicht, dass er es
könnte. Dass er sie nicht einfach auch nehmen könnte. Es war auch kein
Geheimnis mehr, dass er es tun würde. Das wusste Granger, vielleicht wusste es
Weasley auch. Oder Potter. Oder… verdammt.
Es war nicht mal mehr wichtig. Es war absolut unwichtig. Sie sah ihn immer noch
nicht an.
„Malfoy-“,
begann sie, aber er zuckte entnervt die Achseln.
„Du
wolltest Snape rufen“, unterbrach er sie desinteressiert, denn sie hatte ihm
vor einigen Stunden noch seinen Tod gewünscht, und jetzt gerade war es ihm scheiß
egal, was sie tat! Es war ihm verflucht noch mal so egal, ob er gleich fliegen
würde oder eben nicht.
Jetzt sah
sie ihn an. Sie war blass, stellte er fest. Sie sollte nicht glauben, dass er
irgendetwas auf ihre Worte gab! Dass es ihn auch nur marginal störte, dass sie
ihn von der Schule werfen wollte. Denn das tat es nicht! Sollte sie es doch
versuchen!
Und sie
sollte bloß nicht denken, dass es irgendwas bedeutete! Dass er hier stand. Dass
er sie ansah. Dass er ihren Namen stöhnte, denn das tat es nicht! Das tat es
nicht, verdammt! Sein Mal schmerzte wieder. Es brannte sich durch seine Haut,
so kam es ihm vor. Kurz musste er die Augen schließen, denn schwarze Punkte
erschienen vor seinen Augen.
Sie sagte
noch immer nichts, und bevor er noch irgendetwas sagen würde, bevor er hier
noch länger stehen blieb, beschloss er, zu gehen.
Er schloss
seine Tür und hatte sie einfach stehen gelassen.
~*~
Er fühlte
sich so beschissen wie schon lange nicht mehr. Das hatte letztendlich nicht nur
mit den Mengen an Alkohol zu tun, die er sich genehmigt hatte, nachdem Granger
ihm den Tod gewünscht hatte. Nein, es hatte hauptsächlich damit zu tun, dass
Elizabeth Gresham Pansy wahrscheinlich gesteckt hatte, dass er tatsächlich so
viel Sex hatte, wie die Gerüchte vermuten ließen und dass Draco Malfoy Hermine
Grangers Namen stöhnte.
Nicht nur
das allerdings, nein.
Gleich
würde er ein scheiß Quidditchspiel gegen Gryffindor verlieren, weil er eben Draco Malfoy war.
Immerhin
schien er so gefährlich auszusehen, dass sein Team nicht wagte, eine Bemerkung
zu machen. In seinem Kopf spukte außerdem die Tatsache umher, dass Zabini heute
mit Granger ausgehen wollte. Wobei er nicht wusste, ob Granger das noch
vorhatte. Aber er nahm es an, denn sie war ein Miststück und Blaise ein Verräter.
Er trug
bereits seine Quidditchhose und ein Muskelshirt. Sein
Team musterte ihn unverhohlen misstrauisch.
„Ich weiß,
das letzte Spiel konnte nicht mal anfangen, aber die Taktik bleibt dieselbe.“
Er überlegte, dass dieses Team das Wort Taktik überhaupt nicht verdiente. Sie
flogen wie Trolle über dem Spielfeld. Keiner sagte etwas, keiner widersprach.
Sogar Gregory hatte jetzt den Blick gesenkt. Draco war sich nicht sicher, ob
sich Elizabeth Greshams Gerücht auf den Slytheringemeinschaftsraum
beschränkte, wenn es das überhaupt tat. Wusste Salazar, was Pansy erzählt
hatte! Oder ob Ravenclaw davon gehört hatte oder… eben nicht.
So wie er
Pansy einschätzte, nahm er allerdings an, dass sie es nicht weitererzählen
würde. Sie zeigte ihm die kalte Schulter, und auch die übrigen Mädchen von
Slytherin schienen ihrem Beispiel zu folgen, und er war sich noch nicht sicher,
ob es ihm egal war oder nicht. Er hatte nichts Bestätigendes von Gregory
gehört, also konnte er wohl annehmen, dass niemand genau wusste, warum die Slytherinmädchen sich plötzlich gegen ihn richteten, aber Slytherinmädchen besaßen viel Macht, soviel stand fest. Er
wusste nicht, was sein Team denken musste.
Die Plane
am Eingang stob zur Seite und Potter betrat das Kapitänszelt. Fast wäre Draco zusammen
gezuckt. Fast. Denn Potter schritt einfach an ihm vorbei. Potter schien ihn zu
ignorieren. Und sein Team war mucksmäuschenstill geworden. Hatten sie alle
Angst vor Potter? Oder hatten sie Angst vor Ärger mit Snape? Potter hob den
Blick hob. Seine Stirn hatte sich in misstrauische Falten gelegt.
„Was?“, knurrte er jetzt Gregory an, der ihn besonders auffällig angesehen
hatte. „Was ist?“, wollte Potter angriffslustig wissen, und Gregory mied eilig
seinen Blick.
„Gar nichts“, sagte Gregory hastig, und jetzt fixierte Potter ihn.
„Keine
scheiß Tricks, Malfoy!“ Potter hatte sich seine Handschuhe geholt und hatte das
Zelt wieder verlassen. Er war mit seinem Team wohl noch im Gryffindorzelt.
„Gut, dass
du dich nicht mit ihm angelegt hast“, bemerkte Wesley James, sein neuer Treiber
mit belegter Stimme. Und Draco kam näher.
„Und warum
genau, James?“, wollte er betont ruhig von dem Jungen wissen, der ihm direkt
ins Gesicht blickte. Und der Junge öffnete den Mund. Die Worte schienen ihm auf
der Zunge zu liegen, und dann änderte er wohl seine Meinung. Draco nahm an, er
sah einfach nicht danach aus, als würde er einen solchen Kommentar straflos
verstreichen lassen. Und das war gut so. „Ich verbiete dir nicht den Mund,
James“, erklärte er offen. „Jeder kann seine Meinung äußern. Aber jeder muss
dann auch mit den Konsequenzen rechnen“, endete er grimmig.
Niemand
sprach.
„Gut“,
sagte Draco nur. „Es geht los“, erklärte er, nachdem der Pfiff von Madame Hooch ertönte.
Und er
verließ mit seiner Mannschaft das Zelt, nachdem er sich seinen Jersey
übergezogen hatte. Er war wieder sauber. Er zog sich die Handschuhe über,
während die Jungen schweigend neben ihm gingen. Dann schnallte er die Schoner
um sein Handgelenk, während sein Besen auf Hüfthöhe neben ihm flog.
Sie
erreichten das Feld, und es war merklich ruhiger.
„Draco“,
hörte er Gregory tonlos neben sich, und er folgte Gregorys Blick.
Fuck. Er nahm an, das war der Preis, den man zahlte, wenn
Pansy Parkinson sauer war.
Sein Team
war ebenfalls stehen geblieben.
Die Slytherintribüne war leer gefegt. Kein einziger Schüler
befand sich in der grünverhangenen Kurve. Und es wirkte beinahe abstrus.
„Was
sollen wir machen?“, entfuhr es Gregory neben ihm. Draco spürte wie seine
Mundwinkel sanken.
„Wir
spielen, Greg. Ich kümmer mich danach um Pansy“,
knurrte er tief. Oh ja, das würde er! Das Gryffindorteam
befand sich bereits auf dem Spielfeld und wirkte sehr zufrieden. Und Draco
spürte praktisch den Blick des Schulleiters von der Lehrertribüne. Und es kam
ihm so vor, als spiele er lediglich noch um seinen Rauswurf, denn es würde
Snape nicht entgehen, dass kein einziger Slytherin,
außer die Spieler, hier unten war.
Sie
formierten sich, und er ignorierte Potters Blicke.
Erneut
ertönte Madame Hoochs Pfiff, und er stieg so hoch,
wie Potter es tat. Potter wusste es nicht, so viel stand fest. Egal, was
Potters Gefühlslage zurzeit war, Draco wusste, würde Potter es wissen, dann
würde er, Draco, hier nicht so unversehrt in der Luft fliegen können. Denn
Potter war immer noch Potter.
„Hör auf,
mir zu folgen!“, vernahm er plötzlich Potters gereizte Stimme.
„Was? Bist
du völlig bescheuert?“
Mach
gefälligst deine eigenen Runden!“, knurrte Potter, und der Wind wehte Draco die
Haare in die Stirn.
„Fick
dich, Potter!“
„Fick dich
selber, Malfoy!“
Draco
atmete entnervt aus. Er erkannte die Tribünen unter sich. Und er sah Granger.
Mit Blaise. Er nahm an, Potter hatte sie auch entdeckt. Und Potter war
angespannter als üblich. Normalerweise ließ er seinem Zorn freien Lauf, so
kannte Draco ihn zumindest.
„Unterdrückte
Wut, Potter?“, erkundigte er sich lauter, als der Wind die Richtung wechselte.
Potter schoss ihm einen wütenden Blick zu. Er hörte unter sich plötzlich laute
Buhrufe. Und er sah, Slytherin hatte ein Tor geschossen. Er atmete aus und
versuchte, sich zu beruhigen.
„Tja, kein
Schwein interessiert sich für eure Tore!“, entgegnete Potter jetzt, genauso
laut. „Was ist los, Malfoy? Haben die Slytherins endlich begriffen, dass du ein
Arschloch bist? Dass du erbärmlich bist?“
„Nicht
halb so erbärmlich wie du, Potter!“, erwiderte er, und er wusste, es war eine
lahme Retour gewesen. Und plötzlich trat ein zorniges Funkeln in Potters Blick,
während er sich mit der Hand die strubbeligen schwarzen Strähnen aus der Stirn
wischte. Seine Narbe war nun wieder zu erkennen.
„Ja?
Wirklich, Malfoy?“, wollte Potter plötzlich lauter von ihm wissen, und Draco
kam es fast so vor, als würde Potter auf seinem Besen vor Wut zittern. „Warum
genau? Weil ich nicht Hermines Namen stöhne?“, schrie er außer sich, und Draco
war verdammt froh, dass sie so weit oben waren und sie niemand hören könnte.
Aber für einen kurzen Moment hatte ihm Potter den Wind aus den Segeln genommen.
Was…?! Potter wusste es auch? Potter wusste
es?! Der Wind zerrte an Dracos Jersey, peitschte ihm die blonden Haare wieder
in die Stirn, und das war es jetzt. Und Draco hatte nichts dazu zu sagen.
Potter hielt seinen Besen im Wind erstaunlich ruhig. Draco erkannte erst jetzt,
wie blass Potter war. Dracos Mund öffnete sich langsam.
„Was
spielst du, Malfoy?“, donnerte Potters Stimme gefährlich, und der Himmel hatte
begonnen sich zuzuziehen. Aus den grauen Wolken schoss der goldene Ball
flatternd und zerzaust hervor. Dracos Augen folgten den Flügelschlägen. Der
Schnatz flatterte zwischen ihm und Potter auf Augenhöhe. Und Potters Blick war
so unglaublich kalt. Potters Hand schnellte vor und schlug den Schnatz achtlos
beiseite. Er brachte seinen Besen nahe vor Dracos. Draco sah noch, wie der
Schnatz zurück in die Wolken taumelte und schwirrend davon sauste.
Dracos
Mund hatte sich geöffnet.
Scheiße.
„Dafür
fliegst du, das weißt du, oder?“, wollte Potter von ihm wissen, und Draco
konnte ehrlich sagen, er hatte Angst vor Harry Potter. Dreihundert Meter über
dem Boden, im Gewitterhimmel, allein auf seinem Besen – ja. „Was ist? Hast du
mir nichts zu sagen, Malfoy? Willst du mir nicht ins Gesicht lachen, mir sagen,
ich wäre ein verdammter Lügner? Oder habe ich recht?“, wollte Potter wissen,
und jetzt stieß ihm Potter grob die Hand vor die Brust. Draco hielt den Stiel
fest umklammerte und zog sich einen Meter in der Luft zurück, aber Potter
folgte ihm.
Potter hat
die Chance auf den Schnatz ausgeschlagen, um ihm hier oben zu drohen.
Großartig.
„Na los!
Du scheiß Arschloch, wie wäre es, wenn du deinen verdammten Mund aufbekommen
würdest? Das wäre das erste Mal, dass dir keine Retour einfallen würde,
Malfoy!“, schrie Potter wieder und rammte ihn diesmal mit seinem Besen.
„Bist du
verrückt!“, knurrte Draco und hielt seinen Besen aufrecht.
„Verrückt?
Nein, Malfoy!“ Wieder setzte Potter dazu an, ihn zu rammen, aber dieses Mal
wich Draco aus. Potter riss seinen Besen zu ihm herum. „Sag es mir!“, donnerte
Potters Stimme über den Himmel, und der erste Blitz zuckte neben ihnen. Draco
sah die Reflexion in Potters Brille.
Der Regen
würde gleich kommen, und die Wahrscheinlichkeit, den Schnatz in dunklen
Gewitterwolken zu finden, würde das Spiel endlos werde lassen. Entfernt vernahm
Draco wieder Buhrufe. Anscheinend machte sein Team endlich mal Tore, dachte er
dumpf.
„Sag es!“
„Was soll
ich sagen, verflucht!“, schrie er jetzt, denn dieser Potter war noch schlimmer
als der andere Potter, den er zu hassen gelernt hatte.
„Sag mir,
dass es nicht stimmt, und dass Parkinson Lügen verbreitet!“, forderte Potter
jetzt. Pansy hatte es Potter persönlich gesagt?!
„Pansy hat
dir das erzählt?“, vergewisserte sich Draco über den entfernten Donner hinweg,
und Potter schien kurz davor zu sein, Draco vom Besen zu fluchen.
„Ja, Pansy
hat es mir erzählt! Sag mir, dass es nicht stimmt, den ich kann damit leben,
dass Hermine sich für Blaise Zabini entscheidet, aber nicht für Draco Malfoy!“, schrie Potter
jetzt über die nächsten Blitze hinweg.
„Es stimmt
nicht!“, knurrte Draco jetzt.
„Was?“,
schrie Potter über den nächsten Donner, und Draco verdrehte die Augen.
„Es stimmt
nicht!“, schrie er zurück. Potter sah ihn an. Der Wind war stärker geworden.
Dracos Herz schlug schneller. „Natürlich stimmt es nicht, Potter!“, fuhr Draco
lauter fort. „Merlin, du bist wirklich so dämlich wie du aussiehst!“, trieb es
Draco noch weiter. Potter fixierte ihn immer noch. „Das Schlammblut ist mir
verflucht egal! Ich dachte, ich hätte mich deutlich ausgedrückt?“
Und Potter
schien kurz davor, sich erneut auf ihn zu stürzen, aber Draco wurde vom
nächsten Blitz gerettet, der den Himmel verdunkeln ließ. Potter hielt sich nun
auch mit beiden Hände am Besen fest. Er hatte den Abstand zu ihm wieder geschlossen.
„Wieso behauptet Parkinson es dann?“, entfuhr es Potter. Draco verdrehte die
Augen.
„Weil sie
eine eifersüchtige Schlange ist, Potter!“, rang sich Draco tatsächlich eine Antwort
ab. Und Potter schien seine Antwort abzuwägen. Potters Blick war in die Ferne
gerichtet. Er schien sich zusammenzureißen und schüttelte kurz den Kopf.
„Das Spiel wird unterbrochen! Alle Spieler
auf den Boden!“, vernahmen sie Madame Hoochs
magisch verstärkte Stimme durch die Wolkendecke hindurch. Die ersten dicken
Tropfen trafen Dracos Stirn. Potter blieb, wo er war.
„Wir
müssen runter!“, rief Draco, denn er hasste, dass Potter den mutigen Mann
spielen musste. Und Potter ruckte nur mit dem Kopf. „Potter!“, rief Draco, als
der nächste Blitz haarscharf neben ihnen durch die Wolkendecke brach.
„Dann hau
doch ab!“, schrie Potter zurück, und Draco hörte den lauten Donner.
„Potter,
wenn dich der Blitz erschlägt, bringt Snape mich um!“
„Na und?
Das ist mir scheiß egal!“ Und Draco hatte keine Ahnung, warum er nicht einfach
nach unten abtauchte. Er gönnte es Potter nicht! Potter hatte kein Recht so zu
tun, als wäre er gekränkt oder verletzt! Draco war hier und kein Slytherin war
aufgetaucht! Potter hatte kein Recht, auch nur irgendein Gefühl von Verrat zu
empfinden!
„Potter!“, schrie Draco erneut.
„Verpiss
dich endlich, du verdammter-“
Und der
nächste Blitz schlug ein.
Potter
riss die Hände vom Holz zurück. Der Blitz spaltete Potters Besen, und Potter
flog nach vorn über das gebrochene Holz. Geistesgegenwärtig schnellte Draco
nach unten, durch die Nebelwolken, um Potter am Jersey zu packen. Der Stoff
riss ein, aber Draco hielt Potter mit Mühe in der Luft.
„Du
verdammtes Arschloch!“, knurrte Draco, während er Potter nach oben zog, während
dieser sich an seinem Besen festhielt. Sie verloren langsam an Höhe, denn das
Gewicht war zu stark. Potter keuchte vor Schock, und Draco lenkte den Besen so
gut er konnte. „Zwanzig Punkte Abzug für Gryffindor!“, donnerte Draco zornig.
„Du…
ziehst mir Punkte ab?“, rief Potter, während er sich noch immer festhielt.
„Ja,
Potter! Ich ziehe dir scheiß Punkte ab!“
„Du
hättest mich einfach fallen lassen können!“, entgegnete Potter, als sie so tief
gesunken waren, dass die Wolken aufbrachen.
„Ja,
sicher“, knurrte Draco, während er spürte, dass er nass geschwitzt war. „Dafür
hätte Snape mir auch noch die Schuld in die Schuhe geschoben. Draco Malfoy
lässt Englands Helden in den Tod stürzen“, ergänzte Draco bitter. Potters Atem
wurde ruhiger.
Das
Quidditchfeld kam in Sicht, und alle Schüler hatten sich bereits versammelt.
Alle, außer die Slytherins natürlich. Sie erreichten den Boden, und zitternd
ließ Potter den Besen los und fiel zurück. Draco stützte seine Hände auf den
Kein ab, denn er spürte den Muskelkater vom Lenken schon jetzt in seinen
Schultern.
„Alles in
Ordnung? Haben Sie mich nicht gehört?“, wollte Madame Hooch
außer sich von ihnen wissen, aber Potter schien sich immer noch zu erholen.
„Wir…
nein“, sagte Draco jetzt.
„Harry,
bist du ok?“ Weasley hatte sie erreicht. Potter nickte knapp.
„Das war
sehr gefährlich und sehr unvernünftig von Ihnen!“, fuhr Madame Hooch fort. „Potter, Ihr Besen ist in Einzelteilen
angekommen!“, klärte Madame Hooch Potter auf, der
sein Fluchen unterdrückte. Das geschah ihm recht, dachte Draco bitter.
„Seid ihr
ok?“ Er hatte sie gar nicht bemerkt. Er sah sie an. Seine Hände ballten sich zu
Fäusten. Sie hatte ihn nicht bei Snape verraten. Blaise stand hinter ihr. Und
anscheinend wusste Blaise nichts von Pansys Gerücht, so kam es ihm vor. Denn
bestimmt hätte er sich irgendwie geäußert. Sorge war in ihr Gesicht getreten.
Aber Draco schenkte ihr nur einen eisigen Blick, denn die Schlampe wünschte ihm
seinen Tod. Und er tat das gleiche.
„Mr Malfoy, was ist passiert?“ Snape persönlich. Natürlich.
„Wir… ein Blitz hat Potters Besen gespalten und…“
„… Malfoy
hat meinen Sturz verhindert“, schloss Potter knapp. Beeindruckend, Potter stieß
ihm mal zur Abwechslung nicht den Dolch in den Rücken? Aber wahrscheinlich
hatte Potter Ärger von Snape genauso leid, wie er
selber.
Snape sah
so aus, als wäre es auch möglich, dass er und Potter höchstpersönlich für das
Gewitter verantwortlich sein könnten.
„Na schön.
Dann gut, dass Ihnen nichts passiert ist.“ Der Regen kam jetzt stärker nach
unten. „Rein mit allen Schülern!“, rief Snape und schnatternd entfernten sich
die Schüler. Weasley und Granger stützten Potter, und Draco spürte Snapes Blick
noch immer auf sich.
„Will ich
wissen, warum keine Slytherins beim Spiel gewesen sind, Mr
Malfoy?“, erkundigte sich Snape glatt, aber Draco ruckte mit dem Kopf.
„Nein,
Sir.“
„Das
dachte ich mir.“
~*~
Er hatte sich
nicht umgezogen. Er hatte nichts weiter erklärt. Er hatte Blaise ignoriert,
genauso wie Granger. Er war nass bis auf die Knochen, und er hatte nur ein
Ziel:
Seinen
Gemeinschaftsraum.
Mit jedem
Schritt hinterließ er nasse Spuren auf dem Steinboden und er wanderte die
Treppen tiefer, bis er so tief angekommen war, das die
sommerliche Hitze nicht mehr nach unten drang. Hier unten war es kühl, und es
war schon eine Weile her, dass er das letzte Mal tatsächlich hier unten gewesen
ist.
Es hatte
etwas Komfortables, seinen eigenen Gemeinschaftsraum zu haben. Auch wenn er ihn
mit einem Schlammblut teilen musste, dass seinen Verstand langsam verseuchte.
Aber er hatte Potter belogen. Und es wurde langsam Zeit, dass er Pansy zeigte,
wer der Schulsprecher war, wer der König von Slytherin war, und wer die Macht
hier besaß.
Und er
hatte das Portrait erreicht.
Der Dunkle
Baron musterte ihn. „Passwort?“, fragte er abschätzend, und Draco sah ihn
finster an.
„Salazar
Slytherin“, sagte Draco, und der Baron schwang erhaben zur Seite. Und der
Gemeinschaftsraum war voll. Natürlich, denn es war ja niemand beim Spiel
gewesen. Und er erkannte Pansy umringt von Slytherins in der Mitte auf der
Ledercouch vor dem Kamin.
„Draco!“,
begrüßte sie ihn mit einem täuschend echten Lächeln. Er spürte, wie seine
Mundwinkel tiefer sanken. „Gutes Spiel gehabt?“, erkundigte sie sich, immer
noch lächelnd.
Kurz
überlegte er, zu sprechen, aber er entschied sich dagegen. Er betrat den
Gemeinschaftsraum. Sein nasses Trikot tränkte den Perserteppich. Und Stille
trat ein, während er Pansy fixierte. Er kam auf sie zu, während er sich mit der
nassen Hand die Strähnen aus der Stirn wischte. Sie sah zu ihm auf, und
langsam, sehr langsam verblasste ihr Grinsen.
Er ergriff
ihren Oberarm hart, härter als notwendig, und sie zuckte zusammen. Er riss sie
von der Couch nach oben, so dass sie beinahe fiel, aber er hielt sie aufrecht.
„Lass mich
los!“, rief sie ängstlich, aber Draco zog sie mit sich.
„Lass
mich-“
„-halt
deinen Mund!“, knurrte er aus den Tiefen seiner Lungen, und Pansy verstummte
tatsächlich augenblicklich. Niemand wagte zu sprechen. Kein einziges Wort fiel.
Er wandte
sich Richtung Schlafsaal der Jungen und zerrte sie die Treppen nach oben.
„Draco, lass mich los! Du bist ja wohl-“ Aber er stieß sie grob nach vorne, so
dass sie in seinen alten Schlafsaal fiel, wo die Siebtklässler nun schliefen.
Sie stürzte auf den Teppichboden und wich hastig nach hinten vor ihm zurück,
während sie sich schmerzverzogen ihren Oberarm rieb. „Was willst du von mir?“,
keuchte sie, und anscheinend machte er ihr genug Angst, dass sie immerhin den
Anstand besaß zu zittern.
„Hm. Was
will ich wohl?“, wiederholte er kalt. Er kam näher, und Pansy war an ein Bett zurückgewichen.
Aber Draco umfing ihre Schultern und zerrte sie wieder auf die Füße. „Pansy, du
kleines Miststück, was hast du getan?“
„Ich habe
überhaupt nichts-“
„-lüg mich
nicht an, Pansy!“, schrie er außer sich, so dass Tränen auf ihre Wangen fielen.
„Draco,
ich-“
„-du bist
zu Potter gegangen? Du hast Gerüchte verbreitet? Wem hast du es noch erzählt?“,
knurrte er so tief, dass sie zusammenzuckte.
„Ich
habe-“
„-wem?“,
donnerte seine Stimme erbarmungslos, so dass sein Echo widerhallte. Sie
schluckte ängstlich.
„Ich… nur
Potter!“, fuhr sie ihn an und rieb sich immer noch ihren Arm.
„Weißt du eigentlich, wie dumm das von dir war?“
„Draco,
Elizabeth Gresham hat mir gesagt-“
„-was? Was
hat sie dir gesagt, Pansy?“, wollte Draco zornig wissen, und Pansy Augen waren
weit aufgerissen.
„Dass du
schon mit Charlotte geschlafen hast und mit…-“
„-und was
genau geht es dich an, mit wem ich schlafe und mit wem nicht?“, schrie er
aufgebracht, und sah, wie noch eine Träne auf ihre Wange fiel. Oh sie sollte
weinen!
„Draco…!“,
flüsterte sie, aber er fixierte sie hart.
„Pansy,
wag es nicht noch einmal so ein Gerücht zu verbreiten, hast du mich
verstanden?“
„Aber die
Mädchen sagen, du hättest-“
„Na und? Seit
wann glaubst du irgendwelchen dahergelaufenen Schlampen?“, unterbrach er sie
kalt, und ihr Mund öffnete sich hilflos. Und sie sah ihn an. Sie war verletzt.
Sie war wütend, er sah es. Er wusste es.
„Du
schläfst mit allen Mädchen und stöhnst Grangers Namen!“, rief sie aus, und er
verdrehte die Augen.
„Hörst du
dich reden, Pansy? Weißt du eigentlich, wie absurd deine Worte sind? Und dass
sich überhaupt jemand die Mühe macht, und dir zuhört finde ich eine
Dreistigkeit! Anscheinend habe ich vernachlässigt, Draco Malfoy zu sein,
Pansy!“, fuhr er sie an. „Weißt du, wie es für mich klingt, Pansy?“, fuhr er
glatt fort, und Pansy streckte ihm trotzig ihr Kinn entgegen. „Für mich klingt
es so, als wäre jemand verdammt eifersüchtig, dass mein Schwanz noch keinen Weg
zwischen ihre Beine gefunden hat!“ Er fixierte sie zornig. Ihr Mund hatte sich
geöffnet. „Wenn es das ist, was du willst Pansy, dann glaube ich nicht, dass
der beste Weg ist, zu Potter zu rennen und Gerüchte zu verbreiten!“
„Draco-“,
begann sie wieder, aber er schüttelte sie an den Schultern.
„Du wirst das nicht noch einmal tun, hast du mich verstanden? Du wirst nicht
noch einmal alle Schüler von einem Spiel fernhalten, Pansy? Ich breche dir dein
verlogenes Genick, solltest du das noch einmal tun! Vielleicht kannst du deine
Spiele mit Blaise spielen, oder mit Gregory, aber du scheinst vergessen zu
haben, dass ich nicht mit mir spielen lasse!“
„Draco,
ich-“
„Hast du mich verstanden? Ich möchte, dass du meine Worte wiederholst, Pansy!“,
verlangte er kalt, während Tropfen über seine Wange perlten.
„Ich…- es
tut mir leid!“, wimmerte sie jetzt und sah ihn an. „Ich wusste nicht… - die
Mädchen haben geschworen, dass-“
„Du fällst
mir in den Rücken, Pansy! Ausgerechnet mir!“ Er schüttelte noch einmal heftig ihre
Schultern und sie schluchzte auf. „Wenn du mich zum Feind haben möchtest, musst
du weitaus weniger tun als das, Pansy!“
„Draco,
nein!“, flüsterte sie kopfschüttelnd. Sein Herz schlug schnell. Er betrachtete
ihr künstlich schönes Gesicht. Ihr Mascara war bereits verschmiert. Sie hatte
nichts von Grangers Feuer. Absolut gar nichts. Sein Mal pochte, und er hasste
sich selber über alle Maßen. „Draco, ich… es…- du siehst sie an! Manchmal! Und
ich dachte-“
„-wen sehe
ich an?“, wollte er zornig wissen, dann lachte er auf. „Das Schlammblut? Pansy
Parkinson ist eifersüchtig auf ein verdammtes Schlammblut?“
„Aber du
siehst sie an, oder nicht? So wie sie alle Jungen ansehen!“, wimmerte Pansy
verzweifelt.
„Pansy,
bist du blind? Sie ist ein Schlammblut!“, schrie Draco wieder, und sein Mal
ließ seinen Arm beinahe taub werden vor Schmerz. Pansy schluchzte wieder auf.
„Ich… ich
weiß das! Ich will nur nicht, dass… sie ist nichts wert, Draco! Ich… - du
siehst sie an, und nicht mich! Ich… habe mich für dich aufgehoben, und du… du…“
Tränen fielen weiter auf ihre Wangen, und Draco ließ ihre Worte einsinken. Tief
in seinen Verstand.
Pansy war
Jungfrau. Das hatte er auch angenommen.
„Du
willst, dass ich dich ansehe, Pansy? Du willst, dass ich dich vögel? Dass ich dir deine Jungfräulichkeit nehme?“,
erwiderte er kalt, und sie sah ihn an. So offen, dass es fast unangenehm war.
„Ich will,
dass du mich willst“, flüsterte sie.
„Du hast
mich verraten, Pansy! Gib mir einen guten Grund, weshalb ich dich wollen
sollte?“, knurrte er jetzt.
„Weil…
weil wir zusammen gehören, Draco! Du wirst niemand besseres in Slytherin
finden! Kein reicheres Mädchen! Und ich bin willig, alles für dich zu tun!
Alles!“, versicherte sie schluchzend. „Und du… gehst zu jedem anderen Mädchen,
nur nicht mir!“
Und es war
fast zu leicht.
„Dann
überzeug mich, Pansy“, entgegnete er ausdruckslos, und sie sah ihn an. Mit
großen Augen. Sie schluckte schwer und zitterte vor ihm. Er entließ sie nicht
aus seinem Blick. Ihre Finger öffneten die Knöpfe ihrer Bluse. Draco sah ihr
zu. Seine Mundwinkel zuckten kurz.
Das war
seine Rache. Es wurde Zeit, dass er wieder er selbst wurde.
Granger
wünschte ihm den Tod? Sollte sie ruhig! Pansy wollte ihn verraten? Dann würde
er sich an ihr rächen. Er würde sie benutzen, so wie sie es verdiente. Sie
wollte Draco Malfoy? Das sollte kein Problem werden. Absolut überhaupt nicht!
Pansy
hatte die Bluse ausgezogen und war aus ihrem Rock gestiegen. Sie stand vor ihm
in Seidenunterwäsche und Kniestrümpfen. Merlin sei Dank, schien es seiner
Erektion egal zu sein, wer sich für ihn auszog.
„Was… was
soll ich tun?“, fragte sie beinahe beschämt. Pansy Parkinson konnte sich also
schämen…? Faszinierend. Mit einem Lächeln zog er den Zauberstab aus der Tasche
seiner Quidditchhose und verschloss die Tür des
Schlafsaals. Anschließend legte e den Muffliato auf die Tür.
„Dreh dich
um, Pansy“, befahl er mit einem Lächeln, und tatsächlich folgte sie seinem
Befehl. Er wusste, sie verdiente es nicht, was er tat, aber… er war Draco Malfoy.
Und er konnte tun, was immer er wollte.
Harry ging
es gut. Zumindest insoweit, dass er nicht verletzt war. Es wunderte sie nicht,
dass es nicht mit ihr sprach. Sie nahm an, er war noch immer sauer. Und dass
Blaise ebenfalls mit gekommen war, half der Situation wohl auch nicht
besonders.
Sie hatte
gerade ihre Haare mit einem Zauber getrocknet. Blaise und sie waren schließlich
gegangen, nachdem das Schweigen im Krankenflügel unerträglich geworden war.
Auch Ron
hatte sie nicht angesehen. Blaise hatte schließlich vorgeschlagen, zu gehen.
Und tatsächlich hatte Hermine diesen Vorschlag angenommen. Sie wusste nicht,
warum Harry auf einmal nicht mal mehr wütend wurde, und sie musste sagen, es
wäre ihr fast lieber, wenn er wütend werden würde.
„Denkst
du, Malfoy hat ihn verflucht da oben?“, wollte Blaise nun von ihr wissen,
nachdem sie die Große Halle erreicht hatten. Sie sah ihn an. Und sie überlegte,
dass es wohl schon möglich sein könnte, aber sie wusste auch, Harry würde
Malfoy niemals decken, hätte er so etwas getan.
„Nein, ich
denke nicht. Wieso waren keine Slytherins beim Spiel?“, fragte sie jetzt
Blaise, denn sie nahm an, er müsste so etwas wissen. Er sah gut aus, stellte
sie am Rande fest, aber Slytherin-Jungen sahen meistens gut aus.
Er zuckte
die Achseln und schien zuerst nicht sprechen zu wollen.
„Pansy…
hat uns gesagt, wir sollen nicht zum Spiel gehen, und sie würde uns große
Probleme bereiten, wenn wir es tun würden“, sagte er beinahe lapidar. Und
Hermines Herz schlug schneller. Pansy? Die Leute hatten es wegen Pansy getan?
Hieß das…? Dass das kleine Miststück, was gestern aus Malfoys Zimmer gekommen
war, zu Pansy gegangen war? Hermine spürte, wie ihr Atem flacher wurde.
„Alles klar?“, wollte Blaise wissen, und sie nickte knapp.
„Ja. Ja, alles… bestens. Sag mal, das ist alles? Leute gehen nicht zu einem
Spiel, weil Pansy ein Übel bloß in Aussicht
stellt?“, wollte sie ungläubig wissen, und Blaise ruckte mit dem Kopf.
„Ja, aber… da ich kein Interesse an Pansys Wohl habe, war es mir egal.“ Sie
musterte Blaise. Und sie wollte ihm die Frage stellen, die sie Draco schon
gestellt hatte. Sie fühlte sich nicht wirklich wohl mit ihm. Sie wusste nicht,
woran es lag, denn sie sollte sich wirklich nicht schlecht fühlen! Malfoy hatte
ihr gestern ziemlich eindeutig bewiesen, dass es ihn einen Scheiß
interessierte, was sie dachte oder irgendwer sonst! Auch Harry und Ron sprachen
nicht mehr mit ihr, und sie wusste nicht, weshalb! Und Ginny? Ginny hatte sie
seit einigen Tagen nicht mehr gesprochen.
Und sie
fühlte sich nicht gut. Nicht mehr, seitdem diese Sache mit Malfoy angefangen
hatte. Nicht mehr, seitdem Harry noch seltsamer geworden war. Nicht mehr,
seitdem sie Malfoy den Tod gewünscht hatte. Nicht mehr seit gestern Nacht, wo
sie einen unglaublich zornigen Stich in ihrem Innern gefühlt hatte, weil Malfoy
tatsächlich die Dreistigkeit besaß, und ein Mädchen bei sich im Zimmer hatte!
Und auch noch so laut stöhnte, dass sie es hören musste!
Sie war so
sauer, dass sie ihn nicht verraten hatte! Sie hätte es tun müssen! Sie hätte!
Und dann… sagte dieses Miststück noch so etwas Absurdes! So etwas völlig… - und
Hermine spürte, wie ihr Magen sich fast umdrehte bei dem Gedanken. Es war so
falsch! Es war von ihm so unglaublich egoistisch und falsch!
„Hermine?“,
riss Blaise sie aus ihren Gedanken, und sie hob erschrocken den Blick.
„Ja?“
„Alles in
Ordnung?“, vergewisserte er sich noch einmal, und sie sah ihn ernsthaft an.
„Warum
hast du dich am Montag mit Malfoy gestritten?“, entfuhr es ihr leiser. Blaise
sah sie an. Einen kurzen Moment, völlig ausdruckslos.
„Ihr… ihr
habt darüber gesprochen?“ Seine Stimme klang vage, als wäre es ihm mehr als
unangenehm. Sie befeuchtete ihre Lippen ratlos.
„Sprechen?
Malfoy und ich sprechen nicht, wir…“ Sie dachte kurz nach. Nein, Malfoy und sie
taten andere Dinge, „Wir… streiten“,
schloss sie ausweichend.
„Ja, das…
habe ich mit ihm auch getan. Er…“ Blaise schien zu überlegen, was er sagen
sollte, und bot ihr am leeren Ravenclawtisch in der
Halle einen Platz neben sich an. Sie setzte sich neben ihn und wartete auf
seine Antwort. „Er hat mir gesagt, ich soll nicht mit dir ausgehen. Ich… würde
ihn verraten, ach… du weißt schon“, ergänzte er, sichtlich unwohl. Hermine
runzelte die Stirn. Das hatte Malfoy gesagt?
„Ich nehme
an, es sind noch ein paar Schlammblut-Beleidigungen gefallen?“, vermutete sie
bitter, und Blaise sah sie betroffen an, als wäre er schockiert, dass sie
selber so ein Wort in den Mund nahm, aber seitdem sie mit Malfoy zusammenwohnte
war es so leicht geworden, dieses Wort zu sagen.
„Es tut
mir wirklich leid, Hermine. Draco ist… er ist ein Arschloch“, sagte er fast
bitter.
„Ja“,
erwiderte sie grimmig. Das war er.
„Ich…“,
begann Blaise erneut, und er fuhr sich durch die schönen dunklen Haare. „Ich
habe ihm gesagt, dass er dich nicht anders ansehen würde, als ich es tue“,
sagte Blaise erstaunlich still. Hermine sah ihn an. Sie spürte einen Hauch von
Hitze in den Wangen. Was? Was sollte das heißen? Wie sah Blaise sie an?!
„Was… was soll das heißen?“ Aber eigentlich wollte sie es nicht hören. Und
Blaise rieb sich das Kinn.
„Na ja, es
ist… egal, denke ich, denn… Draco… scheint dich ja wirklich nicht… leiden zu
können, oder?“ Und Hermine lachte erschreckend laut auf. Fast auffällig laut.
„Mich
leiden? Nein, Blaise. Wirklich nicht! Wir haben auch nichts gemeinsam, wir…“
Sie dachte an Malfoys Lippen, an seine Hände, an die Art, wie er sie ansehen
konnte, ohne dass der übliche Hass in seinen Augen stand. Wie er es schaffte,
dass all ihre Gliedmaßen zu Pudding wurden. Sie spürte wieder einen dicken Kloß
in ihrer Kehle, und sie wünschte sich, sie wäre allein. Blaise schien es zu
spüren.
„Der Tag
ist jung. Wollen wir runter nach Hogsmeade? Ich habe
für heute Abend einen Tisch reserviert. Ich hoffe, das war nicht zu anmaßend,
Hermine?“, wollte er vorsichtig wissen, und sie wusste, sie musste Blaise diese
Chance geben. Vor allem, wo sie ihre Freunde so enttäuschten.
„Ich… ok“,
sagte sie nickend. Und Blaise schien erleichtert, die angehaltene Luft
auszuatmen.
Es würde
ein furchtbarer Abend werden!
~*~
Es war ein
wunderbarer Abend!
Das
Gewitter hatte sich verzogen, und sie saßen draußen vor dem kleinen
italienischen Restaurant. Die Hexe brachte Hermine bereits ihre zweite
Weinschorle, und sie fühlte sich angenehm betrunken. Hogsmeade
wurde leerer, und sie betrachtete sich die hübschen kleinen Häuschen, während
Blaise von den unzähligen Urlauben in Italien erzählte, von den Ferienhäusern
an der Riviera und den Problemen, die eine geschiedene Veela-Mutter
mit sich brachte.
Hermine
musste immer wieder schmunzeln, und sie war überrascht, eine gute Zeit mit
Blaise Zabini zu verbringen. Sie strich sich abwesend die feinen Falten auf
ihrem leichten Sommerrock glatt, während sie ihm lauschte.
„In
Italien habe ich auch meine erste Freundin kennengelernt. Vor zwei Jahren“,
schloss er, und Hermine horchte auf. Sie hatte angenommen, dass Blaise nicht
unerfahren sein würde. Kein Slytherin schien das zu sein.
„Aha?“, entfuhr
es ihr, halb interessiert, halb gekränkt, wie sie überrascht feststellen
musste.
„Ja,
Eliana“, erklärte er. „Hat kein Wort Englisch gesprochen, aber ihr Mund war…“
Er unterbrach sich nur zu hastig. „Na ja, ist ja auch egal!“, rettete er sich
wahnsinnig schnell, und Hermine musste grinsen.
„Ich bitte
dich, erzähl mir ruhig von den Mündern fremder Mädchen“, lachte sie, und Blaise
blickte beschämt in sein Weinglas. Und Hermines Lächeln gefror ein Stück weit.
Sie
erkannte ihn, ohne, dass sie großartig darauf achtete. Sie setzte sich
plötzlich aufrechter hin. Er kam aus einem der Geschäftshäuser auf der
gegenüberliegenden Seite. Blaise folgte ihrem Blick.
„Oh
Merlin!“, entfuhr es ihm gereizt. „Was treibt er hier?“, murmelte er gepresst.
Und Hermine fragte es sich ebenfalls.
Er trug
keinen Umhang, stellte sie fest. Nur die Schuluniform. Wieso trug er an einem
Samstagabend überhaupt die Uniform?
„Mr Malfoy!“, hörte sie einen Mann rufen, der ihm
eilig die Stufen hinab aus dem Haus gefolgt war. Malfoy hatte inne gehalten,
hatte sich dem Mann noch mal zugewandt und schien verhalten zu diskutieren, bis
der Mann ergeben nickte.
Und er
erwiderte ihren Blick in der Sekunde. Fast durchfuhr es sie, wie ein
Stromschlag.
„Bestimmt
macht er wieder irgendetwas Illegales“, vermutete Blaise hinter vorgehaltener
Hand. Hermine reagierte nicht auf seine Worte. Er hielt ihrem Blick nicht viel
länger stand und hatte sich abgewandt, um seinen Rückweg anzutreten. Sie fasste
das Haus näher ins Auge. Es war eine Außenstelle des Ministeriums, stellte sie
fest. Familienangelegenheiten, soweit sie es lesen konnte. Ob es etwas mit dem
Brief zu tun hatte, den Snape ihm gegeben hatte? Sie war neugierig, ohne es
verhindern zu können.
Sie zupfte
die schmalen Träger ihres Oberteils zurecht und schenkte ihre Aufmerksamkeit
wieder Blaise. Aber jetzt dachte sie an Draco Malfoy. Wie wäre wohl so ein Date
mit Draco Malfoy? Der Gedanke war fast absurd! Sie konnte sich nicht
vorstellen, dass Draco jemals locker von seiner Familie erzählen würde. Dass er
überhaupt jemals locker war, dass er in der Lage war, einen Scherz zu machen,
Händchen zu halten, ins magische Kino zu gehen!
Wie wäre
es? Und sie wollte gar nicht drüber nachdenken. Sie wollte es gar nicht
wirklich wissen. Denn abgesehen davon, dass sie es gar nicht wollte, würde es
auch niemals passieren.
„Was
denkst du?“, erkundigte sich Blaise interessiert.
„Nichts
weiter“, erwiderte sie achselzuckend und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Blaise erwiderte es.
„Wir sollten uns auf den Weg machen. Es ist halb zehn“, erklärte er. Sie hob
erschrocken den Blick.
„Halb
zehn? Seit einer halben Stunde müssten wir zurück im Schloss sein!“ Blaise
lachte auf.
„Ja, die Schulsprecher
werden uns bestimmt bestrafen“, entfuhr es ihm grinsend. Und sie verdrehte die
Augen. Blaise bezahlte, ohne zögern für sie mit, und
es gefiel ihr gut. Er ließ ihr überall den Vortritt, und sie war überrascht,
dass es so angenehm leicht mit ihm war. Zu reden, zu lachen. Einfach schweigend
neben ihm zu gehen.
Sie
erreichten das Schloss ohne Probleme. Niemand hielt sie auf, niemand kreuzte
ihren Weg. Sie schlenderte neben ihm die Stufen zum Eingang von Hogwarts empor.
Die Sonne versank hinter den entfernten Bergen, und es war ein schöner Abend
gewesen. Wahrscheinlich sahen es Ron und Harry anders, aber sie konnte es nicht
anders sagen.
„Danke…
Blaise“, sagte sie nun, und ihr war aufgefallen, dass sie ihm noch keinen Korb
gegeben hatte. Nein, sie hatte ihm die Chance gegeben, so wie Ginny es von ihr
gefordert hatte. Und sie war froh, dass sie es getan hatte!
„Kein
Problem, Hermine“, entgegnete er. Er war anders, als sie angenommen hatte. Er
war kein hinterhältiger Slytherin. Er war… charmant? Ja, tatsächlich. Er
brachte sie sogar noch hoch, durch die Gänge, bis vor ihre Tür.
Sie waren
schweigend nebeneinander hergegangen, und sie spürte, wie ihr Herz schneller
schlug, denn sie wusste, üblicherweise folgte so einer Verabredung auch ein
Gutenachtkuss. Oder nicht? Musste sie? Wollte sie das? Erwartete er das? War
sie es ihm schuldig? Musste sie so etwas schuldig sein?
„Hermine?“
Sie erschrak fast über seine Stimme.
„Ja?“, hauchte sie atemlos und beinahe panisch.
„Ich hatte
einen schönen Abend. Darf ich dich morgen wiedersehen?“ Er fragte direkt. Ohne
Zögern. Ohne gemischte Signale, ohne den Hauch eines Zweifels in der Stimme.
„Ich…“
„-nur wenn
du es willst!“, korrigierte er sich hastig und sah sie aufrichtig an.
„Ich…
denke schon. Wir… können morgen noch mal darüber reden. Ich hatte auch… einen
schönen Abend, Blaise. Also…“, schloss sie zögerlich, und ihr Herz schlug ihr
bis zum Hals. Es war ein unangenehmes Gefühl.
„Also…“,
wiederholte er, und sie sah, wie er merklich näher kam. Oh nein! Oh nein!
Plötzlich wollte sie alles, nur nicht, dass Blaise Zabini sie tatsächlich
küsste! Ihre Hand griff blind nach hinten zum Türknauf.
„Gu…gute Nacht!“, rief sie aus, zog ihren Zauberstab und
murmelte das Passwort. Sie hatte ihn einfach stehen gelassen, bevor er den
letzten Zentimeter zu ihrem Gesicht hatte überwinden können. Sie sah ihn nicht
mehr an und schloss die Tür hinter sich beinahe zu eilig. Schwer atmend lehnte
sie sich dagegen und schloss verzweifelt die Augen.
Was tat
sie denn? Sie machte ihm Hoffnungen, um dann einen Rückzieher zu machen? Was
musste er denken? Oh Gott, aber sie hatte es nicht gewollt! Dabei… hatte sie
einen schönen Abend mit ihm gehabt! Wirklich schön!
Ihr Atem
ging schnell.
Dann hörte
sie Geräusche. Ihre Augen öffneten sich hastig. Malfoy war im Wohnzimmer
gewesen, sammelte aber jetzt seine Sachen vom Tisch und machte sich auf zu
seinem Zimmer. Ohne sie anzusehen. Sie sah ihm zu. Ihr Herz schlug immer noch
schnell.
Und wüsste
sie es nicht besser, dann würde sie sagen, Draco Malfoy war wütend auf sie. Sie
sah ihm zu, wie er seine Treppe erreicht hatte. Und sie hätte ihn gerne
gefragt, was in der Luft mit Harry vorgefallen war, denn Harry hatte es ihr
nicht gesagt. Sie hätte ihn gerne gefragt, was er in Hogsmeade
zu so später Zeit noch erledigt hatte.
Und sie
hätte ihm gerne gesagt, dass sie ihn widerlich fand. Dass sie-
Seine Tür
öffnete sich, ehe er die Stufen nach oben gegangen war.
Hermines
Mund öffnete sich perplex. Pansy lehnte sich aus der Tür. Ihre Bluse war nicht
ganz zugeknöpft, und sie trug auch keine Socken oder Schuhe mehr.
„Draco, wo
bleibst du? Du hast versprochen, heute würdest du mir-“ Und sie entdeckte
Hermine jetzt. Pansy unterbrach sich selber und starrte Hermine mit einem
kalten Blick an. Hermine konnte Pansys BH erkennen, und senkte hastig den
Blick. Nein! Er tat… das nicht schon wieder!
Und
beinahe herausfordernd hatte er ihr jetzt seinen Blick zu gewandt, fast, als
wolle er sie provozieren, Snape zu rufen. Sie starrte ihn schockiert an, die
Wangen leicht gerötet. Er war ein Arschloch! Wieso sagte sie nichts? Wieso
schickte sie ihren Patronus nicht sofort zu Snape?
„Was
guckst du so dämlich, Schlammblut?“, wollte Pansy plötzlich von ihr wissen, und
Pansy versuchte nicht mal Freundlichkeit zu heucheln. Fast erschrak Hermine
über Pansys harte Worte. Ihr Blick wanderte jedoch wieder zu Malfoy, aber er
sagte nichts.
Sie spürte
heiße Wut in ihrem Innern, wandte sich hastig ab und riss die Tür wieder auf.
Sie warf sie ins Schloss und begann den Gang hastig hinabzulaufen, ohne genau
zu wissen, wohin sie wollte.
Sie hörte
wie die Tür erneut ins Schloss fiel. Er hatte zu ihr aufgeschlossen, bevor sie
die Kurve erreicht hatte.
„Du gehst
zu Snape?“, wollte er knapp wissen, während sie starr nach vorne blickte. Oh
nein! Sie würde nicht mit ihm reden, und Snape schien eine gute Idee zu sein!
„Granger?“, knurrte er, aber sie sah ihn noch immer nicht an. Sie sah aus den
Augenwinkeln wie Pansy eilig den Flur hinab verschwand. „Granger!“, wiederholte
er lauter, griff nach ihrem Handgelenk und brachte sie so zum Stehen. Zornig
sah sie ihn an. Sie hoffte, sie schickte tausend giftige Blitze mit ihren Augen
in sein Gesicht. Ihr Herz schlug unglaublich schnell.
„Lass mich
los!“, flüsterte sie fast, aber er sah sie an.
„Was
willst du ihm sagen? Dass-“
„-ich gehe
nicht zu Snape!“, unterbrach sie ihn wütend. Kurz schien er verblüfft.
„Warum
nicht?“, wollte er misstrauisch wissen.
„Warum nicht?“, wiederholte sie außer sich und riss ihm ihr Handgelenk aus den
Fingern. „Wirklich? Das fragst du mich?“ Und seine Mundwinkel sanken zornig.
„Mit wem schläfst du eigentlich nicht, Malfoy?“, entfuhr es ihr, ehe sie
nachgedacht hatte. Kurz zuckten seine Mundwinkel jetzt amüsiert.
„Eifersüchtig,
Gran-“
„-halt
deine Klappe! Ich bin nicht
eifersüchtig, Malfoy!“
„Gut. Dann
muss ich mir ja nicht mal die Mühe machen, dich aufzuhalten“, stellte er
zufrieden fest, und er machte sie so wütend. Er machte es ihr unmöglich! Er war
schuld, dass sie ständig mit Harry Streit hatte, er war schuld, dass sie echte
Probleme hatte, mit Blaise auszugehen! Er hatte sich mit einem abschätzenden
Blick abgewandt und sie folgte ihm kurzentschlossen. Und mit voller Wucht stieß
sie ihm beide Hände in den Rücken, so dass er fast gestolpert wäre.
Er war zu
ihr herumgefahren und echter Zorn stand in seinem Gesicht. Zorn zeichnete alle
seine Züge, und so kannte sie ihn! So und nicht anders! Wie konnte sie
tatsächlich auch nur eine Sekunde überlegt haben, wie es wäre, mit Draco Malfoy
auszugehen?!
„Das wagst
du nicht!“, informierte er sie ruhig. Aber sie spürte die Tränen bereits. Und
sie stieß ihre flachen Hände noch mal gegen seine Brust. Seine Augen hatten
sich überrascht geweitet. Sie wischte sich zornig über die feuchten Wangen und
funkelte ihn an.
„Ich hasse
dich!“, keuchte sie. „Du machst alles kaputt!“, fuhr sie ihn an.
Er fing
zornig ihre Handgelenke ab, ehe sie noch einmal auf ihn einschlagen konnte.
„Was ist
dein verdammtes Problem?“, schrie er außer sich.
Wieso…
Merlin wieso war er so attraktiv? Sie
weinte nur noch mehr.
Denn… es
war offensichtlich, oder war es das nicht?!
„Lass mich
los!“, verlangte sie außer Atem, aber er hielt sie fest.
„Schlag
mich nicht noch einmal, Schlammblut!“, entfuhr es ihm eisig, und sie starrte
ihn an. „Du wünschst mir den Tod, und für mich ist es nicht anders!“
Sie
wünschte ihm nicht den Tod. Sie tat es nicht! Wieso nicht? Wieso war sie so
wütend auf Draco Malfoy? Sie war so wütend auf ihn, wie sie noch nie auf jemanden
wütend gewesen war! Sie weinte noch mehr. Noch mehr heiße Tränen fielen auf
ihre Wange.
„Wieso machst du das mit mir?“, entfuhr es ihr heiser, und zum ersten Mal
änderte sich sein Blick. „Wieso tust du das? Wieso ausgerechnet du?“ Fast
verzweifelt sah sie ihn an. Sie entriss ihm ihre Hände erneut. Ihre Haare
flogen wild, und sie hasste dieses Gefühl. Diese Gefühl, was ihr nur Draco
Malfoy bringen konnte.
„Du
wünscht mir den Tod? Ist das dein Ernst?“, fuhr sie ihn ungläubig an, und sie
wünschte, sie würde aufhören zu weinen. Er verdiente ihre Tränen überhaupt
nicht!
„Du
hast-“, begann er, aber sie schüttelte erneut den Kopf, fixierte ihn
verzweifelt und zog ihren Zauberstab in derselben Sekunde.
„Nein!“,
sagte sie tonlos. Und lauernd sah er sie an.
„Was wird
das, Granger?“, wollte er von ihr wissen, aber er kam nicht näher.
„Was habt
ihr geredet?“, fuhr sie ihn an, ihr Zauberstab zitterte leicht in ihrer Hand.
„Was? Du
willst wissen, was Pansy-“
„-nein!“, schnappte sie. „Du und Harry! Heute!“, ergänzte sie zornig. Er sah
sie an, und seine Augen verengten sich.
„Wieso sollte ich es dir sagen?“ Er spielte schon wieder mit ihr! Dabei
bedrohte sie ihn! Sie bedrohte ihn!
„Weil ich
es wissen will, Malfoy!“, verlangte sie wütend zu wissen.
„Du darfst
mich nicht bedrohen, Granger. Snape-“
„-ja, und
du darfst mich nicht befriedigen, Malfoy!“, unterbrach sie ihn, und ihr neuer
Mut war wie von selber gekommen. Sie wusste nicht, weshalb sie plötzlich diese
Macht verspürte, weshalb sie die Worte hatte sagen können, aber alle
Überlegenheit verblasste in seinem Gesicht, nach ihren Worten. „Also?“,
verlangte sie mit zitternder Stimme zu wissen. Sie entließ ihn nicht aus ihrem
Blick, aber sie merkte, wie seine Augen dunkler geworden waren.
„Sag das
noch mal“, erwiderte er, die Stimme tiefer als noch vor einer halben Minute,
völlig aus jedem Kontext gerissen, und ihr Herz machte einen plötzlichen Satz.
„Was hast
du Harry gesagt?“, wiederholte sie schwach, obwohl sie genau wusste, dass es
nicht das war, was er hatte hören wollen. Er starrte sie an.
„Sag das
noch mal, Granger!“, wiederholte er und sein Oberkörper lehnte sich gegen ihren
Zauberstab. Sie musste schlucken, denn sein Blick war so intensiv, dass sie
Schauer auf ihrem Rücken spüren konnte. Sie dachte an Blaise, dachte an ihren
netten Abend, dachte daran, wie gut sie sich mit Blaise unterhalten hatte – und
jetzt? Jetzt stand sie hier unter Draco Malfoy, und ihr Körper wandte sich
gegen ihren Geist. Er war so falsch. So völlig falsch für sie! Mit all seinen
Ansichten, dem Sex, den er ausstrahlte, wann immer er sie betrachtete, und jede
Grenze schien zwischen ihnen zu verwischen, wann immer er ihr zu nahe kam.
Sie
schüttelte unbewegt den Kopf.
„Gott, du
bist so ein Miststück, Granger“, murmelte er rau über ihr, und sein Blick
verbrannte sie förmlich. Seine Schultern waren breit, seine Haut war so weich,
und alles an seinem Körper wirkte einladend auf sie. Und sie sollte gehen! Sie
sollte schon längst verschwunden sein! Aber sie konnte nicht! Sie –
„Lass mich…“,
murmelte er zusammenhanglos, während sich seine Hände um ihre Taille legten.
Sie sträubte sich sofort unter seinem festen Griff.
„Nicht!
Malfoy, nein!“, wehrte sie sich, denn sie konnte nicht! Sie konnte doch nicht!
„Du hast gerade erst Pansy-“
„-habe ich
nicht“, unterbrach er sie, nahe an ihrem Ohr, und etwas flackerte in seinen
grauen Augen. Sie wusste nicht, ob er überhaupt verstand, was er selber sagte,
was für ein Geständnis er gerade gemacht hatte! Sein Blick war hungrig.
„Granger, ich…“ Kurz wirkte sein Blick drängend, so voller… voller… - sie
wusste nicht, was, aber es jagte ihr nur noch einen Schauer über den Rücken.
„Lass mich, bitte… - ich…“ Seine Hände zogen sie sofort näher an seinen Körper,
bis ihr Zauberstab nutzlos neben ihre Seite sank.
Oh
Merlin…! Und er hatte Pansy nicht…? Aber sie konnte doch nicht…!
„Bitte…“,
murmelte er rau, und sein Blick war so ehrlich, so verzweifelt, so völlig offen
und verwundbar. Ihr Puls jagte unter ihrer Haut. Und sie vergaß alles um sich
herum. Sie vergaß den netten Abend mit Blaise, die Sache mit Harry, sie vergaß
alle wichtigen Details, weswegen sie Draco Malfoy niemals in die Augen sehen
durfte, denn… er hatte sie an seinen festen Körper gepresst, und sie war wie
elektrisiert. „Bitte, Granger…“, flüsterte er, flehte er fast.
Und sie
hob den Blick zu seinen grauen Augen. Und es verging keine weitere Sekunde. Sie
wusste nicht mal, wer wen zuerst geküsst hatte, denn ihre Finger hatten sich
bereits in seine blonden, dichten Strähnen gekrallt. Oh, wie hatte sie es
vermisst!
Er zog sie
fester an sich, seine Zunge glitt in ihren Mund, und sie erwiderte den Kuss,
während Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten. Ihre Zunge glitt an seiner
entlang, und er schlang die Hand um ihren Nacken, bog ihren Kopf nach hinten,
um ihren Mund besser erkunden zu können.
Sie löste
sich von seinen Lippen, und er öffnete die Augen. Der graue Sturm darin hatte
sich noch nicht gelegt. Oh Merlin….
Und dann
ergriff er ihre Hand und zog sie wortlos mit sich. Sie stolperte hinter ihm her
und sah Punkte vor ihren Augen tanzen, so leicht und seltsam fühlte sie sich.
Er griff sich ihren Zauberstab aus der Hand, tippte auf den Türknauf
und öffnete die Tür zu ihren Räumen.
Sie kam
nicht dazu, die Tür zu schließen, denn schon wurde sie von seinem Gewicht
knurrend gegen die schwere Tür gepresst, die krachend ins Schloss fiel, als er
verlangend die Hände um ihre Taille legte, um sie fast vom Boden hochzuheben,
als seine Lippen erneut auf ihre krachten. Ihre Hände legten sich um seinen
Nacken, spürten die Wellen seiner Haare, und sie öffnete ihren Mund unter
seinen heißen Lippen.
Sie genoss
das Gefühl seiner Zunge, und konnte sich nicht vorstellen, wie sie ohne dieses
Gefühl würde leben können. Seine Hände glitten unter ihr Shirt, und als seine
Finger ihren flachen, bloßen Bauch berührten, zog sie keuchend die Luft ein. Er
stieß seine Zunge härter in ihren Mund, während er seinen kompletten Körper
gegen sie presste und seiner Erektion somit Linderung zu verschaffen schien.
Seine
Finger gruben sich in ihre Haut, und sie presste sich verlangend gegen seinen
Körper.
Sie zuckte
zusammen, als es direkt hinter ihr klopfte.
Er zog
unwillig den Kopf zurück und sah sie schwer atmend an.
„Hermine?“
Es war
Ginny. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. „Was machst du da drin? Ist Blaise
bei dir?“, wollte Ginny mit einem lauernden Unterton wissen, und hilflos hob
sie den Blick zu seinem Gesicht. Ihre Hände lagen auf seiner Brust. Sie war
warm und fest. Sie spürte seine Muskeln unter ihren Fingern, und wie
hypnotisiert strichen ihre Finger über den Stoff seines Hemds.
Sie
spürte, wie sich seine Brust wieder schneller hob und senkte, während er beide
Hände neben ihrem Gesicht an der Tür abstützte.
„Hermine?“,
rief Ginny erneut, und Hermine schluckte schwer.
„Ich…
nein, ich… räume auf!“, rief sie in Ermangelung einer besseren Ausrede.
„Oh?
Wirklich? Klingt bei mir nie so, wenn ich aufräume. Kann ich… reinkommen?“,
wollte Ginny nun verunsichert wissen, und Hermine sah, wie Malfoy die Augen
verdrehte. Er gab sie frei. Sein Blick schickte noch mal einen Stromstoß direkt
in ihre Beine, die weich wie Pudding wurden.
Er
verschwand ins Bad, und erst als er die Tür geschlossen hatte und sie sicher
war, dass ihr Top richtig saß, sowie ihre Haare, öffnete sie die Tür.
„Hey“,
begrüßte sie Ginny nun atemlos, und Ginny sah sie mit erhobener Braue an.
„Hey…“,
erwiderte Ginny und sah sich um. „Alles in Ordnung?“
„Ja,
sicher!“, erwiderte Hermine hastig, während sie Ginny mit sich zog. Ihr Herz
schlug immer noch schnell, und sie hoffte, ihre Wangen waren nicht zu rot.
„Komm mit“, sagte Hermine als sie ihre Tür geöffnet hatte.
„Eigentlich…
wollte ich dich fragen, wie es mit Blaise gelaufen ist“, bemerkte Ginny jetzt
und sah sich in Hermines Zimmer um, ehe sie sich auf ihr Bett setzte.
„Mit
Blaise?“, wiederholte Hermine, und musste sich tatsächlich erst mal wieder ins
Gedächtnis rufen, was Blaise und sie gemacht hatten.
„Ja?“,
wiederholte Ginny, und Hermine atmete aus.
„Wir…
waren in Hogsmeade eine Kleinigkeit essen und dann…
hat er mich wieder zurück gebracht“, erklärte sie gleichmütig.
„Ok? Und…
ihr habt… euch nicht gut verstanden?“, wollte Ginny ungläubig wissen, aber
Hermine schüttelte den Kopf.
„Nein! Wir
haben uns gut verstanden!“
„Und ihr
geht noch einmal aus?“ Ginny schien ungeduldig zu werden.
„Ich… wir…
mal sehen“, schloss sie vage, und Ginny verdrehte die Augen.
„Hermine,
entweder du lügst, oder du hast hier gerade sonst irgendetwas gemacht, denn du warst
nicht alleine, als ich gekommen bin!“, erklärte Ginny eine Spur beleidigt.
Hermines Mund öffnete sich überrascht. „Und verkauf mich nicht für dumm!“,
fügte Ginny hinzu und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Was?
Nein! Da war niemand, ich…“
Jetzt
öffnete sich die Badezimmertür wieder. Malfoy verließ wohl gerade das
Badezimmer, und Hermine wollte nicht darüber nachdenken, was er darin sonst
noch gemacht haben könnte, aber die Röte kroch unweigerlich in ihre Wangen.
Ginny inspizierte sie näher.
„Malfoy
war hier?“, erkundigte sich Ginny gedehnt, und Hermine zuckte die Achseln.
„Muss
wohl“, gab sie betont gleichmütig zurück.
„Aha. Er
war… im Bad?“, mutmaßte Ginny langsam und ließ Hermine immer noch nicht aus den
Augen.
„Anscheinend?“
Hermine versuchte tapfer, Ginnys Blick standzuhalten. Diese erhob sich langsam
vom Bett. Hermines Herzschlag beschleunigte sich etwas.
„Hermine…“,
begann Ginny behutsam und verengte die Augen.
„Ja?“,
entfuhr es Hermine etwas zu hastig. Sie konnte den Blickkontakt nicht länger
halten und begann nun, die Bücher in ihrem Regal zu verschieben. Aber endlich
schien Ginny den Gedanken, den sie hatte, loszulassen. Endlich….
„Ach…
nein, schon gut“, schloss Ginny kopfschüttelnd. Hermine unterdrückte ihre
Erleichterung. „Harry verhält sich seltsam“, wechselte sie jetzt das Thema, und
Hermine atmete dankbar aus.
„Wirklich?
Warum?“, wollte sie höchst interessiert wissen.
„Na ja…,
er ist noch bockiger als sonst. Ich glaube, er will tatsächlich nicht zu der
Party gehen!“, bemerkte Ginny besorgt. Hermine konnte es Harry nicht wirklich
verdenken, da auch sie nicht zu der Party wollte.
„Und? Ist
das so schlimm?“ Ginny sah sie an, als hätte Hermine sie gerade beleidigt.
„Ich habe
ein Kleid gekauft, Hermine!“, entfuhr es Ginny entrüstet. „Natürlich ist es
schlimm!“ Hermines Gedanken drifteten ab, als Ginny von ihrem perfektem Kleid
zu schwärmen begann, und wie sehr es zu ihren Haaren passte. Hermine dachte an
Malfoys Lippen, an seine Hände, an das Gefühl in ihrem Innern, und fast wollte
sie es Ginny sagen. Fast. Sie wusste, würde sie es tun, dann würde Ginny
bestimmt nicht mit leuchtenden Augen wissen wollen, wie es war, Malfoy zu
küssen. Nein. Höchstwahrscheinlich würde ihre beste Freundin Reißaus nehmen!
„Hermine?“
Ginny riss sie aus ihren Gedanken. Ertappt richtete Hermine wieder den Blick
auf Ginny.
„Äh…
was?“, erwiderte sie lächelnd, und Ginnys Mund öffnete sich kurz. Ihr Gesicht
nahm wieder einen etwas anderen Ausdruck an.
„Sag mal,
habt ihr euch geküsst?“, erkundigte sich Ginny jetzt und verengte die Augen.
Hermines Herz schlug schneller. Das Thema war also wieder aufgegriffen.
„Was?“,
sagte er Hermine abwehrend und schüttelte heftig den Kopf. Sie wusste jetzt,
sie würde es nicht zugeben können! So wie Ginny jetzt schon guckte! „Nein! Wie
kommst du darauf? Ich sage dir, vorhin… - ich habe wirklich nur etwas Ordnung
gemacht! Ich wusste nicht, dass Malfoy… dass er…“ Sie machte eine Handbewegung
in der Luft. „Du weißt schon, er-“
„-Hermine“,
unterbrach Ginny sie mit einem ausdruckslosen Kopfschütteln, „ich meinte, du
und… Blaise“, ergänzte sie tonlos. Hermines Augen wurden groß.
Oh mein Gott!
Natürlich
meinte Ginny Blaise! Oh nein! Hermine schloss die Augen für eine winzige
Sekunde, ehe sie sie wieder öffnete und mit größter Anstrengung auf ihren
Teppich starrte.
„Oh…“,
sagte sie schließlich mit roten Wangen und nickte dem Teppich zu. „Blaise, ja.
Ich… - nein, haben wir nicht“, schloss sie mit belegter Stimme und versteckte
ihre zitternde Hände. Sie spürte Ginnys Blick auf ihrem Gesicht. Ihre Wangen
brannten jetzt förmlich.
Es
herrschte ein so unangenehmes Schweigen, dass Hermine fast spürte, wie sie
Magenschmerzen bekam. Und Hermine wartete. Sie wartete darauf, dass Ginny zur
Sprache brachte, was unweigerlich – wie ein bunter Hippogreif
– im Raum stand.
Es verging
ein weiterer Moment.
Ginny
räusperte sich peinlich berührt.
Und
Hermine hob entwaffnet den Blick. Ginny zwang ein künstliches Lächeln auf ihre
Züge.
„Ok, dann…
vielleicht… beim nächsten Date“, sagte sie übertrieben munter, und Hermine
befiel das schlechte Gewissen. Ginny musste nun wohl oder übel wissen, dass
hier etwas nicht stimmte. Und dass dies mit Malfoy zu tun hatte. Aber… Ginny
schien höflich genug – oder ängstlich genug – sie nicht darauf anzusprechen.
Und
Hermine war eigentlich dankbar dafür.
Oh Merlin.
Wieso war es nur passiert? Hatten sie sich beide nicht den Tod gewünscht
gehabt? War selbst eine solche Drohung völlig wertlos, sobald sie zu nah
voreinander standen? Hermine wünschte sich, sie wäre stärker, aber sie war es
nicht. Alles, was sie gerade noch schaffte, war, es nicht Ginny unter Tränen zu
gestehen!
Und Ginny
schien sich einen mächtigen Ruck zu geben und begann, belanglos vom Quidditch-Training
zu erzählen, von Harrys Wutausbrüchen, und Hermine war sogar dankbar für dieses
Thema.
Denn sie
wusste, sie war nicht soweit, zuzugeben, dass Draco Malfoy noch etwas völlig
anderes in ihr auslösen konnte, als das dringende Bedürfnis, die Straßenseite
zu wechseln….
Er fuhr
aus zusammenhanglosen Träumen, als es gegen seine Tür klopfte. Benommen rieb er
sich über die Augen und erinnerte sich daran, dass er Gregory gestern nicht
mehr von seinem Besuch in Hogsmeade erzählt hatte. Gregory
hatte ihn angesehen, als erwarte er schlechte Neuigkeiten von ihm, und
plötzlich hatte Draco es ihm nicht sagen wollen.
Er hatte
Greg zu seinen Räumen kommen lassen und hatte ihn dann wieder weggeschickt.
Er
schüttelte ungläubig den Kopf und gähnte herzhaft.
„Äh…
Malfoy, Harry ist hier!“, hörte er jetzt ihre dumpfe Stimme durch seine Tür und
saß regungslos im Bett. Ihre Stimme…. Was war gestern in ihn gefahren?! Merlin,
er hatte gestern, nachdem die kleine Weasley sie unterbrochen hatte, in der Dusche
onanieren müssen.
Er schloss
die Augen, denn eigentlich hatte er keine Lust mehr auf ihre Stimme. Eigentlich
wollte er sie nicht mehr im Kopf haben.
Und jetzt…
analysierte er erst ihre Worte.
Und ihr
Satz ergab wenig Sinn. Nein, überhaupt keinen Sinn.
Wer war
hier? Und was wollte Potter hier? Kam er endlich, um ihn zu verprügeln? Hatte
Granger ihn herbestellt? Hatte sie endlich die Wahrheit gesagt?
Und
plötzlich fuhr er hoch.
Fuck, er
hatte keinen Wecker gestellt. Es war Sonntag. Scheiße. Nein, Potter kam nicht,
um ihn zu erlösen, Potter kam, um ihm seinen Sonntag zu versauen.
Und es war
gerade mal acht Uhr. Das tat Potter bestimmt nur, um ihn zu nerven. Draco war
sich sicher. Niemand begann irgendetwas an einem Sonntag um acht Uhr.
„Malfoy, hast
du-“
„-ja,
verdammt!“, knurrte er, in Richtung Tür und wusste, sie hatte ihn gehört. Er
stieg hastig in seine Trainingshose, zog einen dünnen Pullover über, kämmte mit
den Fingern hastig durch seine blonden Strähnen und zog seine Tür auf. Barfuß
kam er die Stufen hinab. Potter saß auf der Couch, und Granger spielte wohl
gerade mit Potter Zauberschach, denn auf dem Tisch war ein Schachbrett
aufgebaut. Draco spürte, wie er gereizt die Augen verdrehte, denn wie lange war
der Wunderknabe schon hier, dass sie Zeit hatten, ein dämliches Schachspiel
aufzubauen, Salazar noch mal?!
Ehe Potter
sprechen konnte, hob Draco abwehrend die Hand.
„Nein“, sagte er knapp, und seine Stimme war noch rau. Er verschwand im Bad,
putzte sich die Zähne, spritzte sich Wasser ins Gesicht und fand, dass er
selbst jetzt noch besser aussah als Potter. Er nahm einige Atemzüge, um auf gar
keinen Fall sofort auszurasten. Er kam zurück ins Wohnzimmer, während Granger
unsicher hinter der Couch stand. Draco bedachte dies mit einem spöttischen
Blick.
Er schritt
zum Kamin, und warf eine Handvoll Flohpulver in den Kamin.
„Elfenküche“,
sagte er, ohne auf Granger oder Potter zu achten. Nach einer Sekunde sah er aus
den Flammen die Küche, wo die Elfen bereits alle Hände voll zu tun hatten. Eine
Elfe kam eilig zum Kamin geeilt, und erkannte ihn mit einer Verbeugung.
„Mr Malfoy, Sir!“, rief sie aufgeregt.
„Elfe,
bring mir ein sehr großes Frühstück. Danke“, schloss er knapp und löschte die
Flammen, ehe er sehen konnte, wie sich die Elfe erneut verbeugte. Er wandte
sich um und erntete Grangers ungläubigen Blick.
„Das… ist
nicht dein Ernst“, sagte sie tonlos.
Nicht sein
ernst? War es ihr ernst so zu tun, als hätte sie ihn gestern nicht alles mit
ihr machen lassen, was auch immer er gewollt hatte, wäre Weasleys Schwester
nicht aufgetaucht?!
Und
anscheinend verstand sie, denn Röte kroch in ihre Wangen. Merlin, wieso sah sie
schon wieder so aus? Schon wieder so, dass er seine Erektion deutlich spüren
konnte. Er begann, sich zu bewegen, seine Erektion in seiner Hose zu verbergen,
so dass Potter es unmöglich sehen konnte.
„Bist du
endlich soweit?“, knurrte Potter nur, und Draco setzte sich gemütlich auf die
Couch und legte die Beine hoch.
„Weißt du,
ich bin es nicht gewöhnt den Tag damit zu beginnen, im Stall die Hühner zu
füttern, Potter.“
„Ausreden,
Malfoy. Ich weiß, dass ist deine große Stärke, aber du bist einfach zu spät“,
stellte Potter überflüssigerweise fest.
„Ich
glaube nicht, dass Snape einen Spion angeheuert hat, um zu wissen, ob wir auch
exakt um halb acht beginnen, Potter“, entgegnete Draco, während er spürte, wie
sein Blut zu kochen begann.
„Du-“
„Hört schon auf“, schlichtete Granger in ihrer Höchstform, stellte Draco mit spöttisch
erhobener Augenbraue fest. Sie wartete immer noch hinter der Couch wie eine
Gouvernante, aber Potter erwiderte ihren Blick nicht. Dafür hielt er endlich
seinen Mund. Allerdings erntete er, Draco, Potters zornigen Blick.
„Lass uns
anfangen, damit dieser lächerliche Scheiß hier vorbei ist“, sagte Draco jetzt
freudlos.
Mit einem Plopp erschien
die Elfe, beladen mit drei Tabletts, und natürlich sprang Granger dem kleinen
Geschöpf zu Hilfe. Sie stellte die vollen Tabletts auf den Tisch.
„Das alles
lässt du dir aus der Küche bringen? Machst du das jedes Mal? Bist du eigentlich
verrückt?“, fuhr Granger ihn ächzend an, und das Geschöpf betrachtete Potter
mit unverhohlenem Interesse. Draco verdrehte die Augen. Die Elfe schnippte
eifrig mit den Fingern und zwei weitere Tassen erschienen. Draco sparte es
sich, der Elfe zu sagen, dass er das Frühstück nicht für drei Personen bestellt
hatte.
„Mr Malfoy hat Gäste?“, wollte die Elfe mit einer Verbeugung
wissen, und Draco atmete aus.
„Kann man
so nicht sagen“, erwiderte er glatt, und natürlich sprang Granger darauf an.
Merlin, es war fast zu einfach. Und Potter war wirklich ein dämlicher Idiot,
wenn er es nicht sehen konnte!
„Gott, du
bist so-!“
„-ja?“,
unterbrach er Granger lauernd, und sie tauschten einen Blick. Los, sieh schon weg, Granger. Potter sitzt
direkt vor deiner Nase. Dracos Mundwinkel zuckten. Mit errötenden Wangen
wandte sie sich ab und schien wütend auf sich selbst zu sein. „Das wäre alles“,
informierte er die Elfe, und diese verschwand hastig mit einer letzten
Verbeugung.
Draco
schmierte sich sein Croissant, unbeeindruckt von Potters feindseligem
Gesichtsausdruck.
„Wann
trainierst du die Einsteiger?“, wollte Potter trotzig wissen, und Draco
antwortet genauso entnervt.
„Um zwei“,
erklärte er und hasste Potter. Haste ihn einfach nur. Wieder sah Potter Granger
an, die nun wieder hinter der Couch stand. Draco biss in sein Croissant und
goss sich Tee in seine Tasse.
„Hermine,
was tust du da?“, fragte Potter endlich, was Draco die gesamte Zeit unterdrückt
hatte, zu fragen.
„Ich? Gar
nichts, ich-“
„Wieso
stehst du dann da?“, unterbrach Potter sie. Und Draco verdrehte die Augen.
„Wahrscheinlich
hat Granger ihren Zauberstab schon in der Hand, für den Fall, dass du
überlegst, mich zu verfluchen?“, vermutete er mit einem freudlosen Lächeln, und
Potter erdolchte ihn mit Blicken.
„Halt
deine Klappe, und fang an“, sagte Potter, anstatt auf ihn einzugehen.
„Ich werde
jetzt frühstücken, Potter. Mag sein, dass du das aus deiner Erziehung nicht kennst,
ich allerdings beginne den Tag mit einem Frühstück. Fühl dich von mir
eingeladen“, ergänzte er mit einem bösen Lächeln, und Potter verzog den Mund.
„Auf
keinen Fall“, erwiderte Potter genauso freundlich wie er.
„Wie du
willst. Granger, Tee?“, erkundigte sich Draco, ohne Potter aus dem Blick zu
lassen. Sie antwortete ihm nicht.
„Harry,
können wir nicht einfach-“ Aber Potter ließ Granger nicht zu Ende schlichten.
Entspannt beobachtete Draco den Streit, der sich anzubahnen drohte, wenn er
nicht bereits im Raume stand, denn Potter schien gerade weder ihn, noch Granger
besonders gut leiden zu können.
„-nein,
Hermine. Und ich habe keine Lust, zu diskutieren. Ich habe auch keine Lust, zu
warten, bis Lord Arschloch hier fertig ist. Wir haben eine Strafe abzusitzen,
Malfoy. Wenn du willst, kann ich auch sofort zu Snape gehen!“, drohte Potter
jetzt, aber Draco nahm einen weiteren Schluck Tee.
„Um zu
petzen? Ernsthaft, Potter?“, wollte er ungläubig wissen, und Potter verdrehte
entnervt die Augen. Draco hatte beschlossen, Potters Beleidigungen vorerst zu
ignorieren. Ehrlich gesagt, war er auch viel zu müde, um über einen
schlagfertigen Kommentar nachzudenken. Nicht, dass Lord Arschloch besonders schlagfertig gewesen wäre….
„Können
wir anfangen?“, konterte Potter, ohne jede Ruhe in der Stimme. Draco wandte nun
Granger den Blick zu. Sie schien sich unwohl zu fühlen, wann immer er sie
betrachtete.
Und er
konnte es nicht leugnen, sie sah unglaublich aus. Für ein Schlammblut war sie…
viel zu perfekt.
Allein
schon ihre goldbraunen Locken, die ungebändigt über ihre Schultern fielen und
weiche Wellen formten, ihren halben Rücken hinab. Die zarte Haut ihres Nackens
schimmerte durch ihre Haarpracht, und sorgenvoll hatte sie sich auf ihre volle
Unterlippe gebissen. Sie hatte ihre schlanken Finger ineinander verknotet. Ihr
Busen saß in dem kurzen Trägertop verboten perfekt, und ihre schlanken Beine
steckten in hautengen Röhrenjeans.
Er konnte
die glatte, weiche Haut ihrer Arme erkennen, konnte fast den Duft von Vanille erahnen,
während sie so nahe hinter ihm stand. Sie besaß keinen Gramm Fett am Körper,
und so sehr er versuchte, einen Fehler an ihr zu finden, umso unumstößlicher
kristallisierte sich für ihn die Tatsache heraus, dass da einfach kein Fehler
war. Natürlich abgesehen von ihrem widerlichen Blutstatus.
Ihre Haut
war so verflucht makellos. Und es war ihr so egal. Es war ihr wirklich egal,
wie ihre Haare lagen, wie ihre Figur in dieser Hose wirkte. Sie strahlte eine
solche Unschuld aus, dass er feuchte Handflächen bekam, so nervös machte es
ihn.
Und er
wusste, sie hasste es. Hasste es, reduziert zu werden, aber… es war ihm absolut
unmöglich über die Oberflächlichkeiten hinaus zu
blicken. Er wusste, sie war überdies auch noch klug. Sie war einfach alles, und
er war… er war Draco Malfoy.
Und sie
brauchte sich nicht einmal anstrengen dafür, dass er alles um sich herum
vergaß. Er wusste nicht, was er wohl für Längen gehen musste, um ihre
ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen. Er nahm an, sie fand ihn attraktiv. Ihr
Blick war auch nicht unbedingt subtil, wenn sie ihn ansah.
Und
wahrscheinlich war es lediglich eine körperliche Anziehung. Merlin, was sie mit
seinem Bewusstsein anstellte war… unbeschreiblich. Verflucht unglaublich.
„Störe
ich?“, erkundigte sich Potter mit einer solch bitteren Kälte in der Stimme,
dass Granger erschrocken zusammen zuckte. Auch Draco wandte hastig den Blick
wieder in Potters Richtung.
Scheiße,
er war noch zu müde für so etwas. Potters Blick hatte etwas Entwaffnendes. Und kurz
fand sich Draco relativ atemlos hier auf der Couch wieder. Seine Erektion
pochte, und es fiel ihm absolut keine Ausrede ein. Er sah die Wut, nicht nur
unterschwellig hinter Potters Augen lodern. Und die ehrliche Antwort auf
Potters Frage wäre gewesen: Verfluchte Scheiße, ja! Ja, er störte. Ungemein.
Draco konnte nicht mehr richtig denken. Das Croissant sank in seiner Hand.
Merlin,
Potters Blick war giftig. Eifersucht hatte das an sich, wusste Draco.
Er musste
tun, was nötig war, um seine Gedanken zu verdrängen. Und es gab nur eine Sache,
die er tun konnte.
„Granger,
wie wäre es, wenn du dich verpissen würdest?“ Er sah sie nicht mehr an, als er
sprach. Er hörte sie aber nach Luft schnappen.
„Malfoy,
du bist-“
„-ich muss
hier eine Strafe absitzen, und für mich wird es zu einer doppelten Strafe, wenn
ich auch noch ein Schlammblut hinter mir stehen habe!“, unterbrach er sie kalt,
und Potter erhob sich augenblicklich.
„Harry,
schon gut!“, sagte sie hastig. „Macht eure Aufgabe fertig. Ich bin in meinem Zimmer!“
Und
Applaus für Hermine Gryffindor-Granger! Eine 8,5 für ihr großartiges
Schlichten! Draco konnte seine Mundwinkel geradeso daran hindern belustigt zu
zucken, aber Potter stand immer noch, auch als Granger in ihrem Zimmer
verschwunden war.
„Was wird
das, Potter? Eine Demonstration?“, wollte Draco spöttisch wissen, aber Potters
Blick war aus Stein.
„Du bist
ein verdammt schlechter Lügner, Malfoy“, knurrte Potter jetzt und ballte seine
Fäuste. Und Draco biss an. Potter wollte es doch so.
„Ich bin
ein ziemlich guter Lügner“, widersprach Draco lächelnd.
„Gott, du
glaubst nicht, wie gerne ich dich verfluchen würde. Wie gerne ich dich so sehr
verletzen würde, dass ein Aufenthalt im Krankenflügel nicht ausreichend ist!“
„Drohst du
mir?“, wollte Draco ruhig wissen und erhob sich nun ebenfalls.
„Nein,
Malfoy! Ich würde gerne viel mehr tun als das!“, knurrte Potter tiefer.
„Ich halte
dich bestimmt nicht auf!“, konterte Draco, und er meinte jedes Wort. Noch immer
hegte er die geringe Hoffnung, dass Potter in der Lage wäre, seine Fantasien,
seine dunklen Wünsche, aus ihm raus zu prügeln. Ein und für alle
Mal!
„Das
hättest du gern! Oh ja, das würde dir so passen! Ich schlage dich zusammen, ich
fliege von der Schule, und du hast freie Bahn!“, erwiderte Potter haltlos.
„Freie
Bahn?“, wiederholte Draco tatsächlich, und Potters Blick loderte vor Zorn.
„Ja,
Malfoy. Verdammt freie Bahn!“, bestätigte Potter, und Draco atmete aus. Nein.
Das hier würde kein Showdown werden! Er würde Potter nicht die Genugtuung
geben, zuzugeben, dass… dass… - nein!
„Ich weiß
nicht, wovon du redest, Potter“, entgegnete Draco also lächelnd.
„Ach
nein?“
„Nein.“
„Wirklich
nicht, Malfoy? Denn selbst für Elfen dürfte es verdammt offensichtlich sein!“,
antwortete Potter, geradeso, ohne zu schreien. „Aber Hermine wird-“
„-ich
trainiere die Einsteiger um zwei“, unterbrach er Potter mit eiserner Stimme,
ohne ihn aus dem Blick zu lassen. Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Potters
Mund hatte sich wütend geschlossen.
Die Uhr
tickte unheimlich laut, stellte Draco fest. Es war ihm nie aufgefallen. Er
würde nicht zulassen, dass dieses Gespräch eine gefährliche Richtung annahm.
Er traute
seinem gegenüber so viel zu, ihn von der Schule werfen zu lassen.
Potter
trug eine dunkle Jeans und einen dunklen Pullover, stellte Draco jetzt fest.
Ein schwerer Ring zierte Potters Finger, und Potter machte keine schlechte
Figur vor ihm. Draco hatte noch nie so viel Zeit gehabt, ihn aus dieser Nähe zu
betrachten. Potter schien abzuwägen.
Merlin,
wie oft Draco ihm schon die Nase gebrochen hatte! Und er wusste nahezu jedes
weitere Wort, was sie über dieses Granger-Thema wechseln konnten, würde wieder
zu einer Auseinandersetzung führen. Draco ließ seinen Blick über die
Schachfiguren schweifen.
Er nahm
an, Potter spielte die weißen. Wie unglaublich passend.
Er tat den
nächsten Schritt und hatte die Hand zum Brett gehoben.
„Rochade“, befahl er den Türmen, die seinem Befehl
sofort folgte leisteten. Granger spielte ein gefährliches Spiel, den König
ungedeckt zu lassen, überlegte er knapp. Potters Blick folgte seinem Zug. Er
sagte allerdings nichts. Immer noch nicht. Draco war sich nicht sicher, ob
Potter sich darauf einlassen würde. Es verging ein weiterer Moment. Und Potter
ignorierte die Schachfiguren, setzte sich allerdings wieder, aber nicht, ohne
Draco aus dem Blick zu lassen.
„Wir
können mit einfachen Figuren beginnen. Wir teilen sie zu viert ein, und sie
können den doppelten Knoten üben“, fügte er übertrieben schlecht gelaunt hinzu.
„Ja“,
bestätigte Draco mit einem spöttischen Nicken, „oder wir zeigen ihnen, wie man
ihre Schuhe bindet“, fügte er glatt hinzu und Potter verdrehte die Augen. Das Thema
war gewechselt. Vorerst zumindest. Draco war noch nicht in der Lage, zu
streiten. Zu lügen.
„Was dann?
Springer auf D7“, fügte er beiläufig hinzu, und Draco folgte dem Zug auf dem
Spielbrett. „Schach“, ergänzte Potter überheblich. Draco rieb sich das Kinn. Er
spürte die Bartstoppeln bereits.
„Ich habe
mit ihnen Quaffel-Training gemacht. Pässe könnten sie
üben. Meinetwegen im Vierer-Team“, fügte er hinzu. Potter schwieg daraufhin. Er
schien erneut abzuwägen.
Es war
Draco erst jetzt aufgefallen, dass Potter tatsächlich auf seinen Zug
eingegangen war.
Und es
erinnerte ihn. Es erinnerte ihn an Lucius. An Zuhause. Damals, als es noch ein
Zuhause war. Als es noch jemanden gegeben hatte, der mit ihm Schach gespielt
hatte.
Damals.
Als er noch jemanden gehabt hatte, dem er erzählen konnte, was er dachte.
„Meinetwegen“,
sagte Potter und brachte ihn aus seinen Gedanken. Draco lehnte sich zurück,
ohne Potter dabei anzusehen. Er blickte blind nach vorne Richtung Kamin.
„Ok“, gab
er bloß zurück. Er hörte Potter ausatmen. War es das? Waren sie fertig?
„Keine
Tricks, Malfoy“, warnte ihn Potter jetzt, und Draco sah ihn wieder an.
„Im Bezug auf…?“, wollte er ruhig wissen, aber Potters Blick
hatte wieder etwas Gefährliches angenommen.
„Auf
Quidditch, Malfoy!“, knurrte er rau. „Snape wird merken, wenn wir die Strafe
nicht gemeinsam absitzen.“ Was Potter wieder dachte!
„Ich
gewinne nicht immer nur durch Lügen und Tricks, Potter“, klärte er ihn auf,
ohne verhindern zu können, überheblich zu klingen. Und Potters Mundwinkel
sanken freudlos.
„Das hebst
du dir also für Hermine auf?“, vermutete er, und Potters grüne Augen verengten
sich hasserfüllt. Draco schwieg eine Sekunde lang. Was spielte Potter? Wollte
er ihn provozieren? War das sein Plan? Wusste er es nicht besser? Draco spürte
nun selber, die Wut in seinem Magen.
„Vielleicht
hast du recht, und wir sollten einen Weg finden, das Training nicht zusammen zu
leiten“, bemerkte Draco jetzt bitter, ohne auf Potters Worte einzugehen.
„Wenn du
die Einsteiger nicht mit dem Imperius belegen willst, schlage ich dir vor, einfach
aufzutauchen, deine Strafe abzusitzen und…“ Potter seufzte auf. Draco lehnte
sich vor.
„Und
was?“, wollte er spöttisch wissen.
„Gar
nichts, Malfoy“, schloss Potter knapp.
Wieder verging
ein Moment in Stille.
„Weißt
du…“, begann Draco jetzt mit einem säuerlichen Ausdruck, denn er würde Potter
nur zu gerne sagen, dass er selber schuld war! Dass er Granger
Keuschheitsgürtel schon längst hätte knacken können. Dass er doch ein vermeintlicher
Held war und es nur nicht ertragen konnte, dass er, Draco, tatsächlich am
längeren Hebel saß! Aber er sagte es nicht, denn Draco hatte etwas entdeckt. Er
beugte sich über das Schachbrett.
„Turm auf
G4“, sagte er, beinahe überrascht. Potter beugte sich ebenfalls, wenn auch
widerwillig, vor. „Schachmatt“, ergänzte Draco tonlos, als der Turm sich vor
seinen König gestellt hatte, nachdem er Potters Springer vom Feld geschlagen
und seinem Läufer den Weg auf Potters König freigemacht hatte, der nun sowohl
vom Läufer als auch vom Turm bedroht wurde.
Er hörte
Potter unterdrückt ausatmen.
Er hatte
ihn geschlagen. Er hatte Potter geschlagen!
Grangers
Tür öffnete sich wieder. Draco nahm an, sie waren ihr zulange still gewesen.
Betont gleichmütig kam sie die Stufen hinab. Er registrierte Potters Blick,
ohne es verhindern zu können. Potter blickte an ihrer Erscheinung hinab, zwang
sich beinahe, es nicht zu tun.
Draco
hatte sich wieder zurückgelehnt.
„Alles
klar?“, erkundigte sie sich übertrieben munter, und er erhob sich, als Potter
es tat.
Kurz
herrschte Stille. Aber diese wurde von den Geräuschen auf dem Schachbrett
unterbrochen, wo Potters König gerade sein Schwert geschlagen auf das Brett
fallen ließ.
Granger
schenkte dem Brett einen irritierten Blick, und beinahe mit Triumpf, stellte
Draco fest, dass sie erkannte, dass er Potter geschlagen haben musste. Ehe sie
etwas Entsprechendes sagen konnte, sprach Potter.
„Ja“,
antwortete Potter ihr also gezwungen knapp.
Fast
hätten Dracos Mundwinkel gezuckt. Der große Potter stand jetzt also auch in der
Granger-Schlange. Ganz offiziell. Genauso erbärmlich wie sie alle, dachte er
bitter. Und jetzt schenkte ihr Draco einen eindeutigen Blick, den sie
hervorragend abprallen ließ. Aber er wusste, sie musste wissen, was er meinte.
Natürlich musste sie. Denn er hatte recht gehabt!
„Dann…
habt ihr alles geklärt?“ Grangers schwacher Versuch, ein Gespräch am Leben zu
erhalten, war fast bemitleidenswert.
„Hm“,
erwiderte Potter und wandte sich zum Gehen. Draco sah, wie Granger Potter
nachblickte. Ihre Augen hatten etwas widerlich Verzweifeltes angenommen, und er
senkte den Blick. Was hatte sie der kleinen Weasley erzählt? Bestimmt gar
nichts, wie er Granger einschätzte. Sie wollte diese Sache genauso wenig
öffentlich wissen, wie er es tat.
„Harry“,
begann sie, und er sah, wie unwohl Potter sich fühlte. Merlin, er fühlte sich
auch nicht besser!
„Hermine,
ich werde gehen, ok?“ Die Worte verließen Potters Mund gereizt, ungeduldig, und
Draco erntete von ihm ein zorniges Funkeln.
„Harry,
können wir nicht-“
„-was,
Hermine?“
Draco
spürte, wie er hier nicht mehr erwünscht war.
„Reden, Harry! Einfach nur… reden. Nur unterhalten!“ Granger schüttelte
verzweifelt den Kopf. „Oder geht das auch nicht mehr?“, wollte sie wissen, und
er hörte, dass sie kurz davor war, zu weinen.
Und Potter
atmete aus. Draco hasste ihn. Sein Blick lag auf Granger, denn wenn Potter sie
zum Weinen bringen würde, wäre er ja genauso schlecht wie er, Draco selber.
„Sind wir
keine Freunde mehr?“, entfuhr es Granger verzweifelt, und Draco wusste, er
sollte gehen. Denn es interessierte ihn weder, ob Potter sich für sie erbarmte,
oder ob sie gleich hier im Wohnzimmer zusammenbrechen würde, aber er blieb wo
er war.
„Hermine,
ich werde jetzt gehen“, wiederholte Potter mit Nachdruck, und Draco verdrehte
die Augen.
„Ernsthaft,
Potter? Du-“, entfuhr es ihm entnervt, aber Potter schoss ihm jetzt einen Blick
zu.
„Was? Was
willst du von mir?“, knurrte Potter förmlich, und Draco atmete aus. Nicht einmischen, Draco. Einfach nicht
einmischen. Es ist egal. Potter wandte sich Hermine zu. „Du willst nicht
wirklich, dass ich jetzt mit dir diskutiere, oder Hermine? Denn ich will es
nicht! Nicht mit ihm in nächster Nähe, Hermine! Denn was willst du hören? Dass
ich dir ein Ultimatum stelle?“ Potter schrie sie an, und ohne dass Draco es
wirklich gemerkt hatte, hatte er sich in ihre Richtung bewegt.
„Er ist
ein Arschloch!“, fuhr Potter außer sich fort und deutete auf ihn.
„Harry!“,
sagte Granger wieder, aber Potter schnitt ihr das Wort ab.
„Nein!“
Potter fuhr sich durch die schwarzen unordentlichen Haare. Er rieb sich die
Schläfe und schien nach Worten zu suchen. „Ok, du willst reden? Dann lass mich
dir eine Frage stellen, Hermine“, ergänzte Potter mit einem offenen Blick.
Selbst Draco war dieser Blick unangenehm, und er sah, wie Granger schlucken
musste.
„Jede
Frage, Harry“, sagte sie mit fester Stimme, aber Draco war sich sicher, es gab
ein oder zwei Fragen, die Granger auf gar keinen Fall beantworten wollen würde.
„Mit wem willst
du auf die Party gehen?“
Richtig.
Die scheiß Party, die er bezahlte. Er hätte vorher deutlich machen sollen, dass
einige Leute nicht willkommen waren! Aber ehrlich gesagt interessierte ihn
Grangers Antwort doch, auch wenn er es niemals zugeben würde.
„Was?“,
war ihre schwache Antwort, aber jetzt ließ Potter nicht locker.
„Mit wem
gehst du?“, wiederholte Potter fragend. „Mit Blaise?“ Er wartete auf ihre
Antwort. „Denn… du bist doch gestern mit ihm aus gewesen, oder nicht? Lief es
gut?“, erkundigte sich Potter mit einem Hauch Kälte.
„Ich… ja,
ich denke, es war…“, begann sie ratlos, und atmete aus. „Harry, ich-“
„-was, Hermine? Ist die Frage zu schwer? Denn eigentlich denke ich, dass, wenn
man mit jemandem ausgeht, sollte man mit demjenigen auch zu der Party gehen,
oder nicht? Hat er dich nicht gefragt?“ Draco zwang sich, ruhig zu atmen. Ab
und zu glitt Potters Blick über sein Gesicht.
„Er hat
mich nicht gefragt“, erklärte Granger gepresst, und Draco wusste nicht, ob sie
log. „Ist das so wichtig, Harry?“
„Du
wolltest reden“, rechtfertigte sich Potter gereizt. „Vielleicht möchtest du das
Gesprächsthema wählen?“, wollte Potter knapp wissen.
„Müssen wir es hier im Wohnzimmer besprechen?“, entfuhr es ihr jetzt mit einem
eindeutigen Blick auf ihn. Aber Potter antwortete, ehe er entrüstet oder
nonchalant reagieren konnte.
„Wieso? Es
kommt mir nicht so vor, als hättest du besonders viele Geheimnisse vor Malfoy“,
erklärte Potter mit so brutaler Ehrlichkeit, dass Draco einen üblen Geschmack
im Mund bekam. „Außerdem halte ich ihn nicht auf, zu verschwinden. Es ist euer
gemeinsames Wohnzimmer, und du hast Besuch hier, und höflich wäre es, wenn er
gehen würde, aber… einen solchen Gefallen würde er dir wohl unmöglich tun,
nicht wahr?“
Potters
Blick galt ihm. Auch Grangers Blick ruhte kurz auf ihm, und Draco hoffte
ernsthaft, sie würde ihn nicht ernsthaft um einen solchen Gefallen bitten. Er
würde ablehnen. Das wusste sie doch wohl!
„Was soll
das heißen?“, entfuhr es Granger, die Stimme einigen Lager höher, mit einem
anklagenden Unterton. Sie umging Potters Fallen also mit einer Gegenfrage. Sie
verschaffte sich Zeit, und das war gut.
„Er ist
immer noch hier, oder nicht?“, gab Potter zornig zurück. „Aber bitte. Wir
können auch über etwas anderes reden, Hermine. Reden wir über Malfoy!“, fügte
Potter eisig hinzu. Er fixierte ihn. Draco sah sich gezwungen, zu sprechen.
„Potter-“
„-dich
stören seine Beleidigungen nicht mehr! Du siehst ihn an, wie… wie… - ich weiß
auch nicht, wie, Hermine!“, überging Potter seinen Einwand, ohne ihn zu
beachten.
„Was
willst du sagen, Harry?“, sagte sie plötzlich todernst. Beide ignorierten ihn,
als wäre er überhaupt nicht hier.
„Ich weiß
nicht, Hermine. Möchtest du mir irgendetwas sagen?“
Und Potter
und Granger fixierten sich stumm.
Dann
stemmten sich ihre Hände in die Hüften. Granger ging in Kampposition. Draco
kannte diese Position in und auswendig. Und es war interessant, dass sie einmal
nicht ihn ins Visier nahm, mit diesem furchtbar wütenden Blick.
„Harry
Potter“, begann sie auf die Art und Weise, mit dem strengen Schulsprecherton,
zu dem nur Granger fähig war, „anstatt zu versuchen, mich zu irgendeinem
Geständnis zu zwingen, wie wäre es, wenn du mir einfach ein einziges Mal
verraten würdest, was du denkst!“, sagte sie, ohne den Hauch von Verständnis
oder Gnade in der Stimme. „Ich habe an deiner Seite gekämpft, ich hätte alles
für dich geopfert, und wir sind gemeinsam zurückgekehrt, und das einzige, was
dir jetzt noch wichtig erscheint, ist, ein Geheimnis aus allem zu machen! Alles,
was du willst, ist, dich über jeden aufzuregen, der dir nicht zu Füßen fällt!“
Potters
Mund öffnete sich stumm. „Und weißt du, wenn es etwas gibt, was dir auf dem
Herzen liegt, weißt du, dass du immer zu mir kommen kannst, anstatt in mir
ebenfalls einen deiner endlosen imaginären Feinde zu sehen!“ Sie deutete jetzt
auf ihn, und Draco starrte sie fassungslos an. „Und was Draco angeht“, er
registrierte, dass sie seinen Vornamen gegenüber Potter erwähnte, und er
spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, während er immer noch, dumm wie
ein Stück Toast, neben ihr verharrte, „solltest du es besser wissen, als mich
zu verurteilen, Harry! Du ignorierst Ginny, du schließt mich aus deinen
Gedanken aus, und du machst es Ron unmöglich, dein bester Freund zu sein! Und
sollte es wirklich alles darauf zurückzuführen sein, dass ihr dumme,
oberflächliche, achtzehnjährige, pubertierende Vollidioten seid, dann ist es
wohl nicht meine Schuld, oder?“, schnappte sie plötzlich und funkelte Potter
zornig an. „Sag mir, dass es nicht darum geht! Sag mir, dass du nicht deshalb
vollkommen von der Rolle bist, weil du so etwas Krankes wie Eifersucht
gegenüber Draco Malfoy oder Blaise Zabini empfindest, Harry, denn ich kann
alles nachvollziehen, nur nicht, wenn du mich plötzlich verurteilst, weil ich
mich nicht so verhalte wie du – oder Ron – es euch ausgemalt habt!“
Er sah,
wie Potter ausatmete, wie er einen resignierenden Versuch startete, zu
antworten, irgendetwas zu erwidern, was Grangers Worte entkräften könnte, aber
scheiterte bereits bei dem Versuch, Luft zu holen. Stumm sah er sie weiterhin
an.
„Sag mir,
dass es nicht wahr ist, Harry!“, verlangte sie erneut von Potter. „Denn ich bin
immer noch ich! Ich habe mich nicht geändert!“, fuhr sie Potter an, und dieser
konnte immer noch nicht antworten. „Und vor allem, was viel wichtiger ist,
Ginny liebt dich, Harry. Und das ist kostbar! Das ist das Beste, was dir
passieren kann, und wenn du das aufgeben möchtest, weil du gerade die Lust
verspürst, einer Laune nachzugeben, dann-“
„-Hermine“,
begann Potter zögerlich, und Granger verstummte neben ihm abrupt. „Ok, fein!“,
sagte Potter in einem Anflug von Ehrlichkeit, wie Draco mit Schrecken
feststellen musste. „Ich bin eifersüchtig!“, rief er mit erhobenen Händen.
„Zufrieden?“ Und Granger schwieg. Allerdings hatte sie den Blick gesenkt. „Ich
gebe es zu. Und ich weiß, es ist scheiße! Es ist unpassend und… es tut mir
leid!“
„Harry“,
begann sie traurig, aber Potter schüttelte den Kopf.
„Nein,
lass mich ausreden! Es ist… wahrscheinlich nur… eine Verliebtheit“, erklärte
Potter, und schien die Worte nur mit größter Mühe über die Lippen bringen zu
können. Draco war es immer noch unbegreiflich, dass er hier stand, dass er
alles mit anhörte, was ihn überhaupt nichts anging, aber vor Zorn zog sich
etwas in seinem Magen zusammen, als Potter die Worte sprach. „Und
wahrscheinlich… ist es nichts weiter!“ Es klang wie eine lahme Rechtfertigung.
„Aber… es
sind Slytherins, Hermine!“, schloss Potter ärgerlich. „Du bist… meine beste
Freundin, und… ich hatte immer Gefühle für dich. Nur… in letzter Zeit… sind sie
eben ernster geworden. Und für Ron ist es genauso schwer, und weißt du, mir
wäre es auch lieber, wenn du dich einfach für Ron entschieden hättest“,
ergänzte Potter tonlos.
Granger
sah ihn beinahe verzweifelt an. „Aber… ich würde dich niemals zu irgendetwas
zwingen! Ich würde niemals verlangen, dass du… Gefühle entwickeln musst! Aber… ich verstehe es nicht. Und
ich… will es verstehen, denn… du bist meine Familie, Hermine. Und… Malfoy ist
es nicht. Er ist es einfach nicht, verstehst du?“ Draco hatte sich schon fast
gewundert, wann er ins Spiel kommen würde.
„Harry, er hat nichts damit zu tun!“, entgegnete Granger leise.
„Hat er
nicht?“, wollte Potter ungläubig wissen, und Draco holte Luft, um zu antworten,
aber Granger beachtete ihn gar nicht.
„Wir
wohnen zusammen. Natürlich bekommt er alles mit. Natürlich haben wir uns besser
kennengelernt. Aber du bist mein bester
Freund. Nicht Draco Malfoy!“, sagte sie fest, und Draco wippte auf den
Fußballen, denn es wurde ihm langsam zu lächerlich.
„Hermine,
ich… kann dich nicht beschützen, begreifst du nicht?“, rang sich Potter die
Worte ab.
„Potter“,
mischte sich Draco endlich ein, „ich habe dir gesagt, ich will dein-“, Potters Blick
hielt ihn davon ab, das Wort zu sagen. Tatsächlich konnte ihn ein Blick aus den
grünen Augen des Helden zum Schweigen bringen. „Ich will sie nicht!“, erklärte
Draco entnervt.
„Oh,
verschon mich, Malfoy!“, donnerte Potter ungehalten. „Ich habe es mir solange
angesehen, dass ich schon gar nicht mehr weiß, wann es angefangen hat!“ Potter
fuhr sich durch die schwarzen Haare und schien zu überlegen, ob er gehen oder
sich auf Draco stürzen sollte.
„Potter-“,
holte Draco wieder aus, aber Potter hob abwehrend die Hand.
„Hermine,
willst du mit Blaise zur Party gehen?“, fragte Potter jetzt direkt.
„Warum
fragst du mich, Harry?“, erwiderte Granger, beinahe resignierend.
„Weil ich
es wissen will!“
„Nein, ich
gehe nicht mit Blaise“, erklärte sie schließlich.
„Was ist
mit Ron, Hermine?“ Und Draco witterte die Falle jetzt. Und Granger zögerte.
„Was soll
mit Ron sein?“, entfuhr es ihr leiser.
„Gehst du
mit Ron? Möchtest du mit Ron gehen, Hermine?“
Und sie
schwiegen. Draco atmete aus. Potters Plan war durchschaubar. Es war seine
Chance aus dieser Sache ungefährdet auszusteigen. Er hatte den Fehler gemacht
und war sowieso zulange hier geblieben. Er hatte sich an einem Gespräch
beteiligt, was nicht das seine war.
„Ich werde
mit niemandem gehen, Harry. Und nein, bestimmt auch nicht mir Draco Malfoy!“,
fügte sie hinzu, ehe Potter sprechen konnte. Draco hörte ihre Worte mit einer
gewissen Dankbarkeit. Granger war nicht dumm, ihn so weit weg wie möglich zu
rücken. „Harry, es ist nicht deine Aufgabe, dich darum zu kümmern, wen ich am
Ende bekomme. Ich kann dir versichern, es wird niemand auf Hogwarts sein!“,
erklärte sie zornig. „Ich hoffe, dieses Gespräch ist beendet. Ich hoffe, wir
müssen darüber nicht mehr sprechen. Ich hoffe, du hast Ginny nicht gesagt, was
du denkst! Denn es ist lächerlich. Es ist furchtbar unwichtig, und ich habe
wichtigere Dinge zu tun, als mit dir darüber zu diskutieren, wen ich will und
wen nicht.“
„Fein. Wie
du willst, Hermine“, schloss Potter, wandte sich aber an ihn. Mit einem
eisernen Gesichtsausdruck. „Wenn ich mitbekomme, dass du sie anrührst, wenn du
es auch nur wagst, eine falsche Bewegung zu machen, fliegst du. Und ich meine
es ernst“, fügte er hinzu. Draco schenkte ihm ein freudloses Lächeln.
„Zu gerne,
Potter“, nahm er Potters Drohung begrüßend entgegen. Und er sah, wie Potter
sich ungerne abwandte. Wie er ungerne ging, wie er begriff, dass er Granger
jetzt wieder alleine lassen musste. Wie Draco letztendlich immer gewinnen
würde.
„Bis um
zwei“, knurrte Potter ihm noch zu.
„Harry“,
hielt ihn Granger auf, aber Potter ruckte mit dem Kopf.
„Es tut
mir leid, Hermine“, sagte Potter erneut. „Wirklich. Und ich vertraue dir. Ich
vertraue nur keinem anderen“, schloss er, mit einem letzten Blick auf ihn. Und
mit einem resignierenden Blick wandte sich Potter zur Tür.
Es war
eine seltsame Stimmung. Sie waren allein. Er spürte ein dumpfes Gefühl in der
Magengegend. Und dann musste er ihn auch noch um zwei Uhr wiedersehen.
Grangers
Blick war stumm auf die Tür gerichtet, die sich hinter Potter geschlossen
hatte.
„Hör auf, mich anzusehen“, murmelte sie, ohne
den Blick zu wenden. Und scheiße, es war ihm gar nicht aufgefallen, dass er sie
schon wieder angesehen hatte!
„Ich habe
ihm nicht die Nase gebrochen“, fühlte er sich gehalten, zu rechtfertigen. Jetzt
sah sie ihn endlich an. Dunkle Augen, die ihn durchleuchteten, die ihn genauso
verzweifelt ansahen. Granger, verflucht,
sieh mich nicht so an!
Es war so
schwer!
„Ich
hoffe, du erwartest nicht, dass ich mich auch noch bedanke“, wollte sie mit
erhobener Augenbraue von ihm wissen. Er würde sich wieder mit ihr streiten. Er
sah es kommen, er hörte bereits den nächsten Streit. Und mittlerweile hatte er
es satt.
„Nein,
keine Sorge, Granger“, erwiderte er, denn sie würde niemals etwas anderes tun,
als mit ihm zu streiten und leugnen, dass sie auch nur ansatzweise auf die
Dinge stand, die er mit ihr tun konnte. Was für eine fabelhafte Lügnerin sie
doch war! Eigentlich waren sie das beide. Es war nur so, dass er damit kein
Problem hatte.
Ihm war es
scheiß egal, wie er in Potters Gunst stand. Und er fand, auch ihr sollte es
scheiß egal sein, denn Potter brauchte keine Sklaven mehr, die ihm den Arsch im
Krieg retteten.
Plötzlich
sah er jedoch, wie sie sich durch die Haare fuhr und Ernsthaftigkeit in ihren
Blick trat.
„Tut mir
leid“, sagte sie still. Er musste sich verhört haben. Er spürte tiefe Falten
auf seiner Stirn. „Ich… kann mit diesen Sachen nicht umgehen“, hörte er sie
sagen. Und er wollte sie jetzt bestimmt nicht über Potter jammern hören. Es war
ihm zu kompliziert, und dennoch stand er genau da, wo er gestanden hatte. Er
konnte sich nicht dazu bringen zu gehen! Er konnte einfach nicht.
„Potter
wird schon-“, begann er gereizt, denn er wollte sie nicht trösten. Auf gar
keinen Fall!
„-nein, es
geht nicht um Harry, Malfoy“, erklärte sie mit einem traurigen Lächeln. „Und es
geht auch nicht um Blaise“, fügte sie hinzu, als sich sein Mund geöffnet hatte.
„Aber ich weiß, dass ich bessere Entscheidungen treffen sollte“, fuhr sie fort.
„Besser als…“ Sie hob achselzuckend den Blick und wirkte vollkommen verloren.
„Besser als-“
„-besser
als was?“, wollte er plötzlich von ihr wissen.
„Ich
wünsche dir nicht den Tod“, erklärte sie tonlos. Er sah sie an. Er wusste das. Natürlich
wusste er das. Aber… es fühlte sich gut an, es von ihr zu hören. Und dann sah
er sie nicken. Stumm, für sich, als hätte sie soeben eine Entscheidung
getroffen, und ihr Blick beunruhigte ihn, denn sie war Hermine Granger.
Schulsprecherin, Gryffindor, und alleine das sollte wirklich abschreckend genug
für ihn sein. Eigentlich.
„Sag mir,
dass dir mein Körper gefällt, Malfoy“, befahl sie ihm jetzt, und er hörte ihre
Stimme zittern. Er spürte, wie sich seine Augenbraue hob.
„Was?“,
fragte er tatsächlich und glaubte, dass er sich verhört haben müsste. Seine
Erektion erwachte allerdings schlagartig unter ihren Worten. Ihren fragenden,
nagenden Worten. Als bestünde ein Zweifel! Dass sie wirklich unsicher darüber
war, war so unglaublich dämlich von ihr!
„Sag es
mir. Sag mir, dass es daran liegt. Dass du mich nie auch nur eine Sekunde lang
in deinem gesamten Leben beachtet hättest, wenn ich aussehen würde wie… keine
Ahnung, wie… Goyle!“, sagte sie heftig.
„Wieso
willst du-“
„-sag es
mir, denn ich bin immer noch ein Schlammblut, Malfoy!“, unterbrach sie ihn
heiser. „Ich bin nicht anders, als ich es vorher auch schon war!“
„Was
willst du verflucht noch mal von mir hören?“, fuhr er sie an, denn er begriff
es nicht. Was wollte sie von ihm?!
„Dass du
ein widerliches, oberflächliches Todesser-Arschloch bist!“, spuckte sie ihm
entgegen. „Dass du widerlich genug bist, deine Ideale zu vergessen, nur um
mich… einmal zu… vögeln“, sagte sie
beinahe bitter, und dieses Wort aus ihrem Mund zu hören war fast so falsch wie
seinen Vornamen. Seine Stirn lag in tiefen Falten und spürte, wie er voller
Verwirrung den Kopf schüttelte. Aber er schenkte ihr ein Lächeln.
„Du schmeichelst dir selber, Granger.“ Er wusste, es waren Floskeln, die er
sagte. Was dachte sie? Dass er so viele Hürden in Kauf nahm, nur um sie
anzustarren?! Natürlich wollte er sie vögeln! Natürlich hatte Potter recht! Aber was nützte es ihm, es zuzugeben? Es nützte ihm
absolut gar nichts mehr! Er war ein Wrack.
Er war in Hogsmeade gewesen, weil er angezeigt worden war. Weil er
tatsächlich auf Bewährung verurteilt worden ist, auf Grund von belastenden
Aussagen, die sein Vater noch zu Lebzeiten gemacht hatte. Er würde seinen
Zauberstab nach Hogwarts abgeben müssen. Ein halbes Jahr lang! Er musste eine
saftige Strafe zahlen.
Er hing
von Potter ab, um zu seinen scheiß Prüfungen zugelassen zu werden, und nebenbei
war er scharf auf ein Schlammblut.
Sie nickte
und lächelte eine Träne fort.
„Granger-“, begann er müde, aber sie
schüttelte den Kopf.
„-nein!“,
unterbrach sie ihn tonlos.
„Draco?“
Es klopfte an der Tür. Pansys Stimme drang dumpf durch das Holz. Draco
unterdrückte ein zorniges Stöhnen. „Draco bist du da?“, rief sie lauter und
klopfte wieder. Granger setzte sich in Bewegung, aber Dracos Hand schnellte vor
und umfing ihr Handgelenk. Er schüttelte stumm den Kopf, aber Granger runzelte
die Stirn.
Er hatte
nicht mal gemerkt, dass er sie schon wieder berührt hatte.
Sie
versuchte, ihm ihren Arm zu entziehen. Und plötzlich öffnete sich sein Mund.
„Ich bin auf Bewährung, sobald ich Hogwarts verlasse“, flüsterte er, ohne den
Blick von ihrem schönen Gesicht abzuwenden. Sie verharrte in der Bewegung, und
ihre Augen wurden groß. „Deswegen war ich gestern in Hogsmeade.
Ich muss meine Zauberstab ein halbes Jahr lang abgeben.“ Sie sah ihn schockiert
an. Ihre Augen wanderten über sein Gesicht. „Ich hasse Blaise, Granger. Und ich
hasse Potter. Und Weasley!“, fügte er leise hinzu. „Ich hasse all das hier.
Mein Mal tut weh. Außer wenn… außer wenn…“ Er sah sie an. Eine Träne fiel auf
ihre Wange, und sie schüttelte bloß den Kopf, um ihn davon abzuhalten weiter zu
reden. „Und ich wünschte, ich… würde dich nicht wollen. Nicht so. Nicht so
sehr, dass es…“ Er ließ den Satz unbeendet.
„Ich habe
nichts, Granger“, schloss er so leise, dass er sie schlucken hörte.
„Draco?“ Pansys Stimme war lauter geworden.
„Ich habe
nichts mehr“, wiederholte er heiser. „Und ich weiß nicht, warum ich es dir
erzähle. Ich habe keine Ahnung, warum ich-“
„-Draco?
Mach schon auf!“, rief Pansy lauter.
„Alles,
was ich tue – alles, was ich bin…“ Und er hob verzweifelt die Arme. „Ich weiß
es nicht mehr. Ich weiß, verdammt noch mal gar nichts mehr!“
Grangers
Blick war so klar, so offen, und er sah, sie wusste nicht, was sie sagen
sollte. Er sah, sie wusste, wie falsch all das hier war!
„Ich weiß
nur, dass… dass ich nicht will, dass… du…“ Seine Worte verklangen im Raum.
„Dass ich
was?“, fragte sie, fast tonlos. „Sag es mir. Ich kann nicht-“
„-Granger-“,
begann er hilflos, aber wieder klopfte diese verdammte Schlampe an seine Tür.
„Draco!“,
donnerte Pansys Stimme, aber Draco hatte nicht die geringste Lust, zu
antworten.
Er sah,
wie Granger schneller atmete.
„Ich kann
das nicht mehr!“, flüsterte Granger mit glasigem Blick. Draco atmete aus.
„Was
kannst du nicht mehr? Wir haben nichts getan!“, behauptete er mit Knurren. Sie
starrte ihn an.
„Nichts
getan? Das nennst du, nichts getan?!“, zischte sie und wollte sich von ihm
losreißen.
„Was muss
ich tun, Granger?“, wollte er plötzlich wissen. Ihr Mund öffnete sich perplex.
„Was?“,
entfuhr es ihr tonlos, aber er kam näher zu ihr, musste ihre Nähe spüren,
musste sie einatmen, ihre Erscheinung aufnehmen, sie sich einprägen.
„Sag es
mir. Was muss ich tun?“
„Um was zu bekommen?“, fragte sie bitter, aber er lächelte.
„Egal,
was“, antwortet er, und sah sie nachdenken.
„Nein!“,
sagte sie schließlich mit einem festen Kopfschütteln.
„Granger-“
„Nein!“
„Du hast
Angst vor mir?“, wollte er jetzt wissen, während Pansy weiterhin gegen die Tür
klopfte. Granger wurde nervöser, schüttelte aber den Kopf.
„Nein,
habe ich nicht!“
„Aber du hasst mich?“, vermutete er nickend, während er Pansy
ignorierte.
„Nein,
ich…“ Sie unterbrach sich selbst.
„Du hasst mich nicht?“, griff er ihre Worte überrascht auf, und
sie verdrehte wütend die Augen.
„Was
willst du von mir?“
„Ich will…
- Gott!“, entfuhr es ihm zornig. „Ich… ich will dich!“, rief er jetzt, und
hörte wie Pansy hinter der Tür verstummt war. Granger hatte die Augen
geschlossen.
„Draco?
Bist du da? Ich kann dich hören!“, rief Pansy jetzt.
„Malfoy,
du willst mich nicht!“, flüsterte Granger verzweifelt. „Ich bin ein
Schlammblut, du bist ein Todesser! Du sagst Harry, dass-“
„-du willst, dass ich es Potter sage? Ich sage es Potter!“, versprach er, aber
ihre Augen weiteten sich panisch.
„Du wirst
nichts dergleichen tun!“, fuhr sie ihn an.
„Ich tue
alles, was du willst, verdammt!“, knurrte er außer sich.
„Alles?“,
wollte sie plötzlich ruhiger wissen.
„Ich…, ja, ich…“ Kurz stockte er. Was tat er hier? Was versprach er ihr
überhaupt? Und was wollte er? Was war jetzt gerade passiert? Wieso konnte er
nicht denken, wenn sie vor ihm stand? Merlin!
„Du tust
alles, nur um… mich zu haben?“, wollte sie mit hochroten Wagen wissen.
Und kurz
überlegte er. Sein Leben war beschissen. Das einzige, was überhaupt noch Sinn
machte, war, sie zu berühren. Sein Ausdruck wurde ernst.
„Ja“,
bestätigte er. „Verflucht fantastisch, oder?“, fügte er mit einem freudlosen
Lachen hinzu. Er war ein erbärmlicher Idiot geworden. Aber was anderes hatte
aus ihm auch werden können bei einem solchen Idioten von Vater, vermutete er
dumpf.
„Entschuldige
dich“, sagte sie schließlich.
„Was? Wofür? Granger, ich denke, du weißt, dass-“
„-nicht
bei mir“, unterbrach sie ihn, ohne ihn aus dem Blick zu lassen. Er sah sie an.
„Bei Harry“, schloss sie. Aber er ließ ihr Handgelenk los.
„Bei
Potter? Für was konkret?“, entfuhr es ihm.
„Ich hasse
dich, Draco!“, rief Pansy von draußen, und endlich verschwand sie! Endlich!
„Dafür,
dass du ihn immer fertig gemacht hast, dass du es ihm schwer gemacht hast, dass
du-“
„-willst
du das alles schriftlich haben? Soll ich es mit Blut unterzeichnen? Möchtest du,
dass ich meine Klamotten vorher ausziehe, damit es noch demütigender wird?“,
schlug er ihr zornig vor, aber sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Malfoy,
das ist meine Bedingung“, sagte sie fest, und kurz weiteten sich seine Augen.
Moment.
Sie ließ
ihn… machen was er wollte, wenn er sich bei Potter entschuldigte, ein Arschloch
zu sein? Er schüttelte den Kopf.
„Potter wird wissen, warum ich es tue“, schloss er jetzt.
„Ja“,
bestätigte sie und überraschte ihn wieder einmal. Sie meinte es ernst.
„Ja? Das
willst du? Du willst, dass er mich umbringt?“, wiederholte er nickend.
„Malfoy-“
„-Granger,
vergiss es.“
Und sie
schwiegen.
„Ich
dachte, du tust alles“, erwiderte sie schließlich.
„Ja, wir
haben noch nicht exakt definiert, wofür ich das tun würde“, führte er ihre
Worte aus. Ihr Blick glitt ins Leere. Dann schüttelte sie den Kopf.
„nein. Es
ist… das ist sowieso… ich habe nicht nachgedacht, ich-“
„-du machst einen Rückzieher?“, erkundigte er sich bitter.
„Was? Du
willst Harry nicht-“
„-weißt du
was, ok! Ich entschuldige mich bei Potter“, erklärte er jetzt. Und sie sah ihn
atemlos an. „Wenn du mit mir auf die Party gehst“, schloss er mit einem feinen
Lächeln.
Sie
starrte ihn an.
„Was?“,
entfuhr es ihr, aber Dracos Blick blieb erbarmungslos.
„Du gehst
mit mir“, wiederholte er. „Nicht mit Potter, nicht mit Weasley, nicht mit
Blaise“, erläuterte er eisig.
„Ich
wollte mit niemandem-“, begann sie protestierend, aber er schüttelte den Kopf.
„-ich
denke, es schadet meinem Ruf, genauso wie deinem. Aber mir ist es egal. Du
willst deine große Geste? Bitte, das ist deine verdammt große, scheiß Geste,
Granger.“
„Und dann
was?“, entfuhr es ihr heiser.
„Was
meinst du?“ Und sie verdrehte die Augen.
„Was soll
das dann? Wenn ich mit dir gehen sollte, was genau…?“ Sie sah ihn ungläubig an.
„Wenn du
das willst“, erklärte er ernst, „wenn du wirklich willst, dass wir…“ Er konnte
nicht weiterreden. Er konnte nicht. Und ihr Blick wurde ungläubiger, während
sich ihr Mund öffnete.
„Du…
willst mich als… deine Freundin?“,
flüsterte sie, und die Worte klangen so absurd, dass er den Kopf schütteln
musste. Einfach, um seine Gedanke zu klären.
„Nein!“,
sagte er fest und schüttelte weiterhin den Kopf. „Gott, nein!“, betonte er
heftig. Sie sah ihn weiterhin an. „Ich… - nein! Wieso, willst du-?“
„-nein!“,
rief sie genauso heftig. „Ich… du bist…“ Sie schüttelte weiterhin den Kopf.
„Ok“,
schloss er nickend.
„Gut!“,
bestätigte sie.
„Ja“,
sagte er, einfach, um etwas zu sagen. Gott, Granger als seine… Freundin? Er
hatte noch nie eine Freundin gehabt. Es war nie notwendig gewesen, so etwas
überhaupt in Erwägung zu ziehen. Er bekam, was er wollte. Immer.
„Du… bist
ein Todesser, Malfoy!“, schien sie erklären zu müssen. „Du… bist auf Bewährung,
du bist noch nicht mal zugelassen! Du… du… benutzt Mädchen, und du… bist…“ Sie
machte eine ausladende Handbewegung.
„Ja?“,
wollte er interessiert wissen.
„Ich
könnte nie…! Und Harry!“, fuhr sie heftiger fort. Sie musste wirklich aufhören
zu reden, überlegte er. Denn seine Erektion war wieder erwacht. „Harry würde… -
vor allem bist du so… unberechenbar! Und unordentlich! Und…“
„Granger“,
unterbrach er sie ruhig.
„-du hasst mich!“, warf sie kopfschüttelnd ein. Er war näher
gekommen. Er konnte verdammt noch mal nicht anders.
„Ich hasse
dich nicht“, sagte er leise. Tat er nicht. So dringend er es müsste, so sehr er
es wollte – er tat es nicht.
„Malfoy,
du-“
„-ja?“, sagte er, als er direkt vor ihr stand.
„Nein!“,
verbot sie ihm, was auch immer sie gerade dachte, was er tun würde. „Ich...
gehe mit Ron!“, behauptete sie nun mit zitternder Stimme, und seine Augenbraue
hob sich bei dieser Aussicht.
Und er
schüttelte knapp den Kopf. „Nein, tust du nicht“, schloss er rau.
Scheiß
drauf! Scheiß drauf, scheiß drauf – scheiß einfach drauf! Er konnte nicht
länger.
Keine
Sekunde länger!
„Malfoy-“,
flüsterte sie warnend, aber er ließ sie nicht weiterreden. Er war vor ihr,
legte den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Überrascht schnappte sie nach
Luft, presste ihre Handflächen gegen seine Brust, und
er senkte den Kopf.
Dahin ging
sein Ruf, seine Überlegenheit, seine Boshaftigkeit, überlegte er dumpf.
Und als
sich ihre Lippen seufzend unter seinen öffneten, tat es ihm nicht mal mehr
leid.
Denn… er
hatte sie!
Hermine
wusste, was richtig und was falsch war.
Aber…
konnte das hier wirklich so falsch sein, wenn es sich so gut anfühlte?! Und sie
wusste, was sie Harry gesagt hatte. Und sie wusste, was sie ehrlich in ihrem
Innern fühlte.
Denn sie
wollte es nicht! Aber sie konnte nicht aufhören. Ihre rationalen Sensoren
schienen ausgeschaltet zu sein.
Und jetzt
küsste er sie wieder. Verlangend und erbarmungslos. Immer wieder musste sie
seine Lippen spüren, und nur am Rande hatte sie bemerkt, wie er sie zu seinen
Stufen bugsiert hatte. Sein Arm lag fest um ihre Taille, während sie die Stufen
rückwärst empor stolperten, während er sie hielt, mit der anderen Hand den
Zauberstab aus der Hose zog und sie gegen die verschlossene Tür lehnte.
Er schlug
seine Hand praktisch gegen das Holz neben ihrem Kopf, um den Zauber zu
aktivieren.
„Alohomora“,
keuchte er atemlos, als er seine Lippen eine winzige Sekunde von ihren löste,
um seine Tür zu öffnen. Sie sprang auf, und ehe sie nach hinten fallen konnte,
hatte er seinen Arm wieder um sie geschlungen.
Erneut
fanden seine Lippen die ihren, und ihre Arme legten sich um seinen Hals. Um
Dracos Hals!
Diese
Tatsache war endlos weit entfernt. Und tatsächlich ließ sie zu, dass er sie in
sein Zimmer brachte. Es war hier dunkel, denn die Vorhänge waren noch nicht
aufgezogen. Sein Bett war noch ungemacht, und seine fantastischen Berührungen
lenkten sie wieder einmal davon ab, dass er Draco Malfoy war! Oh Merlin!
Sie ließ
sich von ihm rückwärts zum Bett führen. Seine Hände waren unter ihr Oberteil
geglitten, berührten ihre bloße Taille, und sie fühlte eine Gänsehaut, zum
allerersten Mal. Das konnte nicht richtig sein! Aber… falsch fühlte es sich
nicht an.
Seine
Lippen ließen ihr keine Zeit, noch einmal nachzudenken. Ihre Finger griffen in
seine dichten Haare, und seine Haut fühlte sich so unglaublich weich an.
Er war
perfekt. So perfekt. Und es war so ungerecht.
Sie spürte
die Bettkante in ihren Kniekehlen, aber ehe sie dies zur Sprache hätte bringen
können, umfing er ihren Körper, während sie rückwärts auf seine weiche Matratze
fiel. Er war keine Sekunde später über ihr. Und sie roch sein Parfum, seinen
Duft in seinem Bett.
Es
benebelte sie fast, so verführerisch war es.
Sie
blickte hoch in sein Gesicht, als er über ihr innehielt.
Ja, es war
Draco Malfoy. Und fast schämte sie sich, dass sie es ihm so einfach machte.
Fast. Denn
ihre Beine waren weich wie Pudding. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt noch
einmal würde aufstehen können. Und tatsächlich zeichnete milde Überraschung
seine Züge.
Ihr Körper
kribbelte unter seinem Blick. Unter seinen dunkelgrauen Augen.
Und ehe
sie sprechen konnte, ehe sie irgendeinen Gedanken ausformulieren konnte, legten
sich seine Lippen fast sanft auf die ihren. Seine vollen, perfekten Lippen.
Er lehnte
sich bedingungslos in diesen Kuss, und in ihrem Magen flatterten tausend
Schmetterlinge, denn sie musste die Luft anhalten.
Seine Hand
schlang sich um ihren Nacken, während er sie küsste, und sie spürte seinen
gesamten, harten Körper gegen sich gepresst, in seiner vollen Schönheit.
Und sie
konnte nicht fassen, dass sie darüber nachdachte, ihm sein Shirt über den Kopf
zu ziehen, nur um seinen Körper anfassen zu können. Sofort wurde ihr ziemlich
heiß in ihren Wangen, und in diesem Moment stieß Draco seine Zunge zwischen
ihren Lippen.
Überrascht
reagierte sie auf ihn, erlaubte seiner Zunge Einlass, und alles Sanfte war
verschwunden. Er presste sich fester gegen sie, presst sie runter gegen die
Matratze, und sie spürte seine Erektion gegen ihren Bauch.
Oh Merlin!
Ihr Herz schlug so laut in ihrer Brust, während sie sich unter ihm aufbäumte,
während sie ihm kaum nahe genug sein konnte.
Und seine
Hand wanderte unter ihrem Oberteil höher. Ihr Atem ging flach, mischte sich in
ihrem Mund mit seinem Atem, und er unterbrach den Kuss keine Sekunde, als er
unter ihrem BH angekommen war. Fast ungeduldig rieb sein Daumen über das weiche
Material ihres BHs, genau über die Stelle, wo ihre Brustwarze war.
Sie
keuchte in seinen Mund, denn… es war unglaublich! So verboten und… so
unglaublich erregend. Ihr Kopf löste sich von seinem und fiel hilflos zurück
auf die Matratze. Seine Finger schoben das Material des BHs zur Seite, und sein
Daumen traf auf ihre Haut.
„Draco!“
Die Stimme kam von draußen. Und sie gehörte Gregory Goyle.
Erschrocken
flogen ihre Augen auf, und sein Kopf sank erschöpft auf ihre Halsbeuge. Sie
spürte seinen unregelmäßigen Atem.
„Merlin“,
knurrte er zornig gegen ihre Haut, ehe er sich über ihr aufrichtete.
„Deine
Freund sind hier“, hauchte sie heiser. Und fast war sie froh, denn sie wüsste
nicht, wohin das hier geführt hätte. Und sie spürte tatsächlich einen Stich der
Enttäuschung in ihrem Innern. Neben all den Schuldgefühlen….
„Ja“,
murmelte er. Seine Haare hatte sie erfolgreich durcheinander gebracht. Und er
sah perfekt aus. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht. So offen, dass ihr
Herz einen Satz machte.
„Draco,
äh… Pansy und ich… machen uns Sorgen?“, hörte sie Goyles
Stimme von draußen.
„Mach die
verdammte Tür auf, Draco!“ Das war wieder Pansy, und sie klang nicht wirklich
besorgt, stellte Hermine fest. Sie atmete aus. Und er gab sie frei. Einfach so.
Er setzte sich auf seine Bettkante, vergrub kurz die Hände in seinen kurzen
Haaren, und sie setzte sich etwas ratlos neben ihn.
„Malfoy?“,
begann sie zögerlich, denn mit ihm zu sprechen war etwas ganz anderes als ihn
zu küssen. Er sah sie nicht an, als sie sprach, und sie fühlte sich so falsch
in seinem Bett. Dort, wo er all die anderen gehabt hatte. Ihr Blick wanderte
ebenfalls ins Leere, nach vorne über seinen unordentlichen Schreibtisch, über
seinen Teppich, wo vereinzelte Quidditchklamotten
lagen. Ja, er hatte hier in diesem Zimmer schon so viele andere Mädchen gehabt.
Das Wissen schmeckte bitter in ihrem Mund. Sie war nur irgendeine von so
furchtbar vielen. Und sie fühlte sich plötzlich sehr schlecht. Sie hatte sich
für besser gehalten, als das.
Für so
viel besser. Oh, wie dumm sie gewesen war. Sie war nicht besser! Nein, sie
belog Harry, und sie war noch viel schlimmer, als sie angenommen hatte.
Ihr Blick
senkte sich. Sie blinzelte überrascht und griff nach unten. Dort hatte sie
etwas Glänzendes entdeckt.
Sie
öffnete ihre Hand, als sie wieder aufrecht saß.
Es war
sein Abzeichen. Das silberne S schimmert in ihrer Hand. Schulsprecher. Sie
waren Schulsprecher. Beide gleich. Sie wollte den Schulsprecher. So wie jedes
andere dumme Mädchen auch! Hastig, als hätte sie sich verbrannt legte sie das
Abzeichen zwischen sich und ihn auf das Bett.
Wieder
klopfte es laut gegen die Tür im Wohnzimmer. Und sie wusste, eigentlich mussten
sie reden, denn wo waren sie jetzt? Was hatten sie jetzt Hals über Kopf
entschieden? Dass sie… am Freitag ausgehen wollten? Dass sie… - Hermine wusste
es nämlich nicht. Und es bereitete ihr Magenschmerzen
es nicht zu wissen. Und sie wusste, er meinte es nicht ernst. Nichts davon.
Denn er war… Malfoy. Und sie war einfach… zu dumm. Etwas, was sie überhaupt
nicht gerne war!
„Ok,
dann…“, sagte sie zögerlich und konnte den Ärger aus ihrer Stimme nicht
verbannen. Endlich hob er den Blick zu ihrem Gesicht. Natürlich musste sie als
erstes etwas sagen, denn er würde ja niemals den Mund aufmachen! Und der
unverwundbare Malfoy war wieder zurück. Fast beruhigte es sie. Seine Kälte
kannte sie immerhin.
„Ja?“ Und
seine Stimme klang misstrauisch. Sie sah, dass er sich zurückzog, irgendwo
hinter seine kalte Fassade zurück, irgendwo hinter die hohen Mauern eines
Todessers, die sie nicht bezwingen konnte. Sie atmete aus. Sie wollte es nicht
erklären. Sie wollte nicht immer die sein, die irgendetwas aussprach, was er
begonnen hatte. Sie wusste nicht mal, ob er noch wusste, was sie vorhin
besprochen hatte! Ob er sich noch daran erinnerte, dass er mit ihr zu der Party
gehen wollte! Sie biss auf ihre geschwollene Unterlippe. Oder ob er nur bis
hierhin geplant hatte. Ob er nur mit ihr schlafen wollte, um sich jeder
weiteren Konsequenz zu entziehen, und ob er jetzt einfach nur gestört worden
war! Ahrg!
„Ich…
nichts. Ich werde gehen“, erklärte sie gepresst, und sie hasste, dass er nicht
sprach, wo es hundert Dinge zu besprechen gab! Sie hasste, dass Pansy vor der
Tür stand, als wäre es ihr Zuhause! Seine Augenbraue hob sich. Sie fühlte sich
seinem Blick hilflos ausgesetzt und schob sich eine lockige Strähne über ihre
Schulter. Und sein Blick war ihr unangenehm. Wie immer.
„Ok“,
bestätigte er fast gleichmütig. Sie erhob sich ruckartig.
„Du bist
ein Arschloch!“, sagte sie nur, aber er erhob sich augenblicklich. Sie hatte
nicht an sich halten können. Denn er war ein Arschloch.
„Was?“,
fuhr er sie zornig an, und sie wandte sich wütend um.
„Was ist
das alles hier? Du… du…“
„Was,
Granger?“
„Hast du
jetzt wieder alles vergessen?“, rang sie sich ab, und seine Stirn runzelte sich
ungläubig.
„Was
konkret?“
„Oh, vergiss es, Malfoy!“, knurrte sie und
hatte seine Tür erreicht. Er folgte ihr in derselben Sekunde, riss sie am Arm
zurück, so dass sie unsanft gegen den Türrahmen krachte.
„Was
spielst du hier, verdammt noch mal? Was soll das jetzt?“ Und tatsächlich war er
wütend! Auf sie! Sie fasste es nicht!
„Nichts,
Malfoy! Gar nichts!“ Sie würde ihm die Worte nicht in den Mund legen.
Garantiert nicht! Sie versuchte unter ihm abzutauchen, aber er ließ es nicht
zu.
„Du
benimmst dich wie ein kleines Miststück!“, informierte er sie kopfschüttelnd.
Sie schlug ihm die Hände vor die Brust.
„Ja? Dann
lass mich gehen! Mach die scheiß Tür auf und nimm dir Pansy!“, rief sie wütend,
und belustigt hob sich seine Augenbraue.
„Du bist
eifersüchtig?“, stellte er glatt fest, und sie schüttelte den Kopf.
„Nein!
Nein, ich-“
„Granger“,
unterbrach er sie beherrschter als zuvor. „Ich habe keine Lust auf ein Drama,
hast du verstanden?“
Und fast
hysterisch lachte sie auf. „Du hast keine Lust
auf Drama? Lord Malfoy hat keine Lust auf Drama? Gut, dann lassen wir es
einfach. Ok? Wäre dir das Recht? Ich komme ab und an vorbei, du wirfst mich auf
dein Bett, bis deine nächste Schlampe an die Tür klopft?“ Woher ihre Wut kam
war ihr nicht ganz klar, aber jetzt hatte sie all diese Worte gesagt. Merlin, war
sie wütend!
„Granger,
am besten gehst du jetzt.“ Sie sah ihn an. Es hämmerte wieder gegen die Tür.
Sie nickte nur. Ja, sie wollte gehen. „Reg dich wieder ab“, ergänzte er
gepresst. Zornig biss sie die Zähne zusammen, um nicht zu schreien.
„Erzähl mir
nicht, dass ich mich abregen soll!“, knurrte sie tonlos.
„Wir reden
heute Abend…“, begann er, ohne auf sie zu achten, „wenn McGonagall mit der
Besichtigung durch ist“, ergänzte er streng.
„Weil du
es so willst?“, wollte sie herausfordernd von ihm wissen, und Zorn trat offen
in sein Gesicht.
„Weil ich
gleich mit Potter die scheiß Strafe absitzen muss, Granger!“, entgegnete er mit
einem scharfen Unterton. Ihr Herz schlug laut. So war es also jetzt? Er küsste
sie und dann schrien sie sich an. Seine Augen schlossen sich kurz, während
Pansy wieder nach ihm schrie.
„Was auch
immer, Malfoy. Kümmer dich um deine Freunde“, erwiderte sie kalt und hasste
ihn! Hasste ihn einfach! Seine grauen Augen brannten sich zornig in ihren
Blick, und sie wusste, sie war hoffnungslos verloren. Sie war eifersüchtig. Und
sie konnte es nicht ändern.
Er ließ
sie gehen, war resignierend zurückgewichen, und es war ihr egal!
Bevor sie
noch vor Wut platzen würde hatte sie sich abgewandt und war die Stufen
hinabgeeilt.
Sie
durchquerte das Wohnzimmer hastig, bis sie ihre Stufen hinauf war und die
Zauber von ihrer Tür löste. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er zur Tür
schlenderte, wartete, bis sie verschwunden war, und als sie in ihrem Zimmer
gegen ihre Tür gesunken war, hörte sie, wie er öffnete.
Pansy war
wohl als erstes im Zimmer. Ihre Stimme klang schrill durch Hermines Tür.
„Wo ist
sie?“, hörte sie Pansy rufen, und Hermine wich hastig von der Tür zurück,
belegte sie stumm mit den Flüchen und wartete.
„Wer,
Pansy?“ Draco klang so gleichgültig, und sie fragte sich, wie er es zustande
brachte. Wahrscheinlich weil er so etwas schon seit Jahren tat, nahm sie bitter
an. Wahrscheinlich versteckte er Mädchen, seitdem er bemerkt hatte, dass er
verdammt gut aussah! Sie war nur eine von vielen. Oh, sie hasste ihn!
„Wer?“, vernahm sie Pansys Stimme, und
Hermines Herz klopfte laut. „Das Mädchen, das du versteckst!“
„Hey,
Draco“, begrüßte Goyle Draco kaum vernehmlich, und
Hermine wich weiter in ihr Zimmer zurück, während Pansy draußen
Tobsuchtsanfälle bekam.
Abwesend
kaute sie auf ihren Fingernägeln und setzte sich an ihren Schreibtisch.
All die
Dinge, die Harry gesagt hatte. Harry hatte es zugegeben. Er hatte Gefühle für
sie! Was tat sie nur? Sie fing an zu zittern. Sie kaute auf ihrer Unterlippe
und hatte plötzlich das Bedürfnis zu duschen. Was sie Harry gesagt hatte! Sie
hatte ihn angelogen! Sie schloss verzweifelt die Augen. Was sie hier tat,
konnte unmöglich richtig sein! Dass sie überhaupt in der Lage war, Draco Malfoy
zu… haben… - das war doch unmöglich!
Sie hatte
das Gefühl, sie machte nur noch Fehler!
Wieso nahm
ihr niemand ihre Entscheidungen ab?! Und gleich würde er Harry sehen! Und sie
kannte Malfoy. Er würde es nicht schaffen, nett zu Harry zu sein, und innerlich
hoffte sie schon fast, dass er es nicht war. Dann wäre es vorbei.
Ihr Herz
klopfte lächerlich laut.
Und es war
so absurd! Denn… sie hatte bestimmt keine Schmetterlinge im Bauch, wenn sie an
Blaise oder Harry dachte! Sie spürte die Tränen kommen. Sie weinte viel zu viel
in letzter Zeit. Aber sie war sich sicher, Malfoy würde versagen. Er würde ihr
die Entscheidung schon abnehmen. Sie traute ihm nicht zu, dass er sein Wort
halten würde.
Und sie glaubte,
dass sie deswegen weinte. Und das war wirklich schlecht.
~*~
„Draco, du
hast es versprochen!“, beteuerte Pansy, und Draco wusste, dass es ein
verdammter Fehler gewesen war, Pansy jemals anzufassen!
„Pansy,
heute Abend-“
„-was?“,
unterbrach sie ihn scharf. „Was ist heute Abend? Es ist Sonntag, Draco“,
informierte sie ihn überflüssigerweise.
„Ich habe
zu tun“, erwiderte er und konnte nicht fassen, dass Pansy ihn sogar bis zum
Quidditchfeld begleitete.
„Zu tun?“, wiederholte Pansy ungläubig
und fixierte ihn zornig.
„Draco
Malfoy, willst du mich verarschen?“ Er blieb stehen und sah sie an. „Wenn das
deine Art und Weise sein soll, mir zu erklären, dass du dich heute Abend mit
einem anderen Mädchen treffen solltest, dann kannst du das vergessen!“ Er
fixierte sie wütend. Pansy Parkinson brachte es fertig, den gesamten
Slytherin-Gemeinschaftsraum von einem Quidditchspiel
fernzuhalten, weil sie glaubte, er wäre an Granger interessiert.
Er wollte
nicht wirklich wissen, zu was Pansy in der Lage war, wenn sie wüsste, dass er
tatsächlich an Granger interessiert war. Und das war ziemlich milde
ausgedrückt, für die Selbstmord-Mission, zu der er aufgebrochen war. Merlin,
und er war ziemlich wütend auf Granger. Sie war ein Miststück gewesen. Was
hatte sie von ihm gewollt? Pansy hatte vor der verdammten Tür gestanden! Hätte
er sie in seinem Bett liegen lassen sollen, während er Pansy in aller Ruhe
erklärte, dass er jetzt beschlossen hatte, verrückt zu werden und ein
Schlammblut zu wollen?!
„Pansy,
ich denke, du missverstehst das alles“, begann er vorsichtig.
„Ja?“,
wollte sie glatt von ihm wissen. „Und was genau verstehe ich nicht? Dass du
mich benutzt hast, Draco? Dass du mir versprochen hast, dass du mit mir
schlafen würdest? Dass du mir gesagt hast, ich wäre das einzige Mädchen in
Slytherin, für das es wert wäre, zu warten?“
Das hatte er gesagt? Merlin, was er mit
einer Erektion für einen Mist stammeln konnte!
„Pansy-“,
aber sie hob die manikürte Hand.
„Was?
Draco, ich hasse es, wenn du mich anlügst! Ich hasse es wirklich! Welches
andere Mädchen willst du? Welche andere Slytherin ist besser als ich?“, wollte
sie beleidigt wissen, und er konnte zumindest auf diese Frage ehrlich
antworten.
„Keine,
Pansy“, versicherte er.
„Gut, wo ist
das Problem? Und am besten sagst du es mir jetzt, Draco!“ Und er wusste, er
hatte mehrere Möglichkeiten. Er war in der Lage, Pansy Angst zu machen. Er
könnte ihr drohen, er könnte sogar mit ihr schlafen. Er könnte sie benutzen,
aber leider war Pansy nicht dumm. Zumindest nicht dumm genug. Sie war ein
verdammter Bluthund, und er wusste, Pansy würde sich nur zu bald wundern, dass
er noch nicht geschrien hatte.
„Und glaub
mir, ich habe kein Problem, Elizabeth Gresham zu ruinieren oder Charlotte
George, oder welches andere Mädchen noch in die Gunst deiner flüchtigen
Aufmerksamkeit gekommen ist!“
„Pansy, du
bist paranoid“, erklärte er entnervt.
„Ja? Dann
haben wir heute ein Date, Draco. Du schuldest mir so viel!“ Und er erkannte
auch das unsichere Mädchen hinter der bissigen Fassade.
„Pansy-“
„-wenn du
mir diesen Gefallen abschlägst, dafür, dass ich deinen Schwanz in meinem Mund
hatte, und es dir gefallen hat – dann verspreche ich dir, werde ich das Mädchen
finden, auf das du es abgesehen hast, und glaub mir, ich kann sehr überzeugend
sein!“
„Willst du
mir drohen?“, fragte er jetzt amüsiert, aber er wusste, wie wahnsinnig Pansy
werden konnte. Hätte er sie doch nie angerührt! Hätte er doch nie seinen Pakt
gebrochen! Und daran war auch Granger schuld!
„Nein,
Draco. Ich will dein Bestes. Und du weißt, wir passen perfekt zusammen.“ Und
leider erkannte Draco Potter aus dem Quidditchzelt
kommen. Scheiße.
„Pansy,
ich kann heute nicht“, beendete er gepresst das Thema, und ihr Blick verengte
sich.
„Draco,
du-“
Aber er
hatte keine Zeit mehr. Seine Hand umfing grob ihren bloßen Oberarm und zerrte
sie näher zu sich. „Halt deinen Mund! Du willst, dass ich dich will? Wie wäre
es, wenn du mich dafür arbeiten lassen würdest, anstatt dich vor meine Füße zu
werfen?“, knurrte er durch zusammen gebissene Zähne und gab sie wieder frei.
Sie rieb sich schmerzhaft über ihren Oberarm. „Ich habe jetzt zu tun, Pansy.
Wir reden später“, ergänzte er zornig. Potter hatte ihn entdeckt.
„Ich werde
rausfinden, was du verheimlichst!“, versicherte sie ihm, allerdings stiller als
zuvor.
„Du bist
verrückt, Parkinson!“, knurrte er lediglich und setzte sich in Bewegung, ließ
sie einfach zurück. Und er hoffte, sie meinte es nicht ernst. Wirklich nicht.
Denn er glaubte nicht, dass es Pansy noch auf seine Prüfungen ankäme, seinen
Ruf oder seine Stellung, wenn sie erst mal herausgefunden hatte, was sie so
dringend wissen wollte. Er legte Wut in jeden weiteren Schritt. Pansy würde ihn
nämlich ruinieren und wäre auch noch stolz darauf. Er atmete entnervt aus, als
er vor Potter angekommen war.
Sein
Unheil ging nahtlos weiter.
Sich
entschuldigen. Merlin, das… wäre absolut unmöglich, entschied er bitter.
„Fast
pünktlich“, bemerkte Potter abschätzend. „Ich sehe, wie immer Mädchen-Probleme?“
Und Draco biss die Zähen fest zusammen. Granger.
Grangers Lippen, Grangers Gesicht. Grangers lange Beine. Grangers verschleierte
Blick, wenn er ihre verflucht glatte Haut berührte…. Potter runzelte die
Stirn vor ihm. Merlin sei Dank kamen die Flugeinsteiger bereits über die
Wiesen.
Draco
schälte sich die Jacke von den Armen, denn ihm war ziemlich heiß geworden. Er
würde es nicht überleben. Vielleicht könnte er mit Granger abmachen, dass er
Potter nur noch halb so oft verprügelte, wie er es verdiente. Das wäre doch ein
guter Deal, dachte er dumpf.
„Harry
Potter!“, riefen einige Erstklässler aufgeregt, und Draco spürte, wie seine
Mundwinkel tiefer sanken. Richtig. Fast hatte er vergessen, dass nicht alle
einen natürlichen Hass auf Potter empfanden.
Überall
ein scheiß Held, dachte er kalt.
„Wieso
sind keine Mädchen unter den Einsteigern?“, erkundigte sich Potter verwirrt.
Und Draco atmete aus, ehe er antwortete. Er zählte innerlich bis drei.
„Weil
Erstklässlerinnen nicht fliegen können“, erwiderte Draco so gleichmütig wie er
konnte.
„Wo steht
das? Im Todesserhandbuch für mittelmäßige Sucher?“,
wollte Potter abschätzend wissen, und wieder zählte Draco. Eins – ich schlag dir nicht aufs Maul. Zwei – ich ruinier nicht meinen
scheiß Tag wegen dir. Drei – ich vögel deine
Prinzessin, Arschloch.
Und er
atmete aus.
„Es hat
sich kein Mädchen beworben“, entgegnete er, sogar mit einem Lächeln. Verdammt,
er sollte eine scheiß Medaille bekommen! Potter schien ihm nicht zu glauben.
Aber Potter glaubte ja nie irgendetwas, was irgendjemand anders sagte! Und
Potter wollte Granger. Arschloch!
„Ach ja? Und damit hast du nichts zu tun?“
„Potter“,
begann er gepresst, aber er spannte hart den Kiefer an. Fuck.
Dann
atmete er wieder aus. „Lass uns einfach anfangen, ja?“, ergänzte er gereizt,
und Potter runzelte die Stirn. Die Erstklässler formierten sich vor ihnen, und
Draco war wirklich dankbar, dass keiner dieser Idioten Potter nach einem
Autogramm fragte.
„Wie viel
Mal hat Gryffindor schon den Hauspokal gewonnen?“, wollte ein Junge begierig
wissen, und Potter wandte sich lächelnd an ihn. Draco wusste nicht, wie er es
schaffen sollte. Er wusste, er hatte das Temperament seiner Mutter geerbt. Sein
Vater war in der Lage gewesen, seine Feinde sogar im Schlaf für sich zu
gewinnen, wenn er es darauf angelegt hatte. Seine Mutter hatte… lieber direkt
Köpfe rollen sehen.
„Hm, wie
oft, Malfoy?“, erkundigte sich Potter seelenruhig. Aber Draco wusste, es half
nichts. Und er wusste, er wollte etwas anderes. Heute wollte er Potter auf
keinen Fall schlagen. Heute wollte er… Granger. Auf seinem Bett. Verflucht noch
mal nackt! Während sie seinen verdammten Namen schrie. Und so schwer konnte es
nicht sein! Es konnte nicht so schwer sein, wie er es sich vorstellte. Also,
egal, was Potter in seinen Weg werfen würde, Draco würde ausweichen, denn
Granger wollte von ihm lediglich, dass er Potter Honig um sein scheiß Maul
schmierte, und das wäre keine Kunst für Draco. Absolut keine Schwierigkeit.
Und er
zählte wieder, ehe er antwortete.
„Sieben
Mal, Potter“, erklärte er also mit einem Lächeln, von dem er wusste, dass es
zumindest Mädchen irritierte. Aber auch Potter schien überrascht, dass Draco
noch nicht zugeschlagen hatte. Draco war selber am allermeisten überrascht,
aber er hatte ein Ziel.
„Wow!“,
rief der Junge aus.
„Ihr fliegt heute in Vierer-Teams und übt Pässe“, erklärte Draco, um mögliche
Lobeshymnen abzukürzen. Die Jungen tuschelten aufgeregt.
„Kann Harry Potter mit fliegen?“, wollte ein anderer Junge begeistert wissen, und
Draco dachte nur noch daran, wie Granger seinen Namen schreien würde, wenn er
ihre Zunge in sie stoßen würde.
„Wenn er
will“, gab Draco gönnerhaft zurück, und Potter hob die Hand.
„Alle in
die Luft. Ihr fliegt in paar Kurven!“, befahl er knapp. Er wartete bis alle in
der Luft eilig seinem Befehl nachkamen und fixierte ihn dann unangenehm genau.
„Was ist los mit dir?“, wollte Potter eisig wissen.
„Was?“ Draco sah ihn an. „Wir sitzen diese Strafe ab. Ohne Zwischenfälle“,
ergänzte er glatt. Potter starrte ihn regelrecht an. Draco schritt zu den
Schulbesen, die unter den Rängen lehnten und reichte Potter einen der besseren.
„Hier“, bemerkte er ohne jeden Spott.
„Die Jungs
wollen, dass du mitfliegst“, fügte er ruhig hinzu.
Und Potter
zögerte noch einen Moment, ehe er den Besen nahm.
„Ist er
verflucht?“, erkundigte er sich freudlos, und Draco lächelte.
„Merlin,
nein“, erwiderte er am Rande der Ungeduld. Potter machte keine Anstalten den
Besen zu nehmen. Draco verdrehte die Augen. „Lass uns trainieren. Keine
Tricks“, fügte er tonlos hinzu. Endlich griff sich Potter den Besen.
„Wenn er
verflucht ist-“, begann Potter warnend, und Draco atmete gereizt aus.
„-gehe ich
persönlich zu Snape und lasse mich von der Schule werfen!“, knurrte Draco.
„Ich traue
dir nicht.“
Und damit
hatte Draco überhaupt kein Problem, denn er würde sich auch nicht trauen. Und
genau wie Pansy war Potter auch nicht dumm. Und Draco fand es unmöglich, noch
entgegenkommender zu sein. Er würde sich nicht entschuldigen. Potter hatte sich
noch nie bei ihm entschuldigt.
„Ok.“
„Wirklich
nicht, Malfoy.“
„Ok,
Potter!“ Langsam wurde er zornig. Dann stieß sich der elende Held vom Boden ab.
Gott, Draco hasste ihn! Grangers Lippen.
Denk einfach nur an Grangers Lippen….
~*~
Sie drückte
sich am Fenster rum. Seit einer Weile schon. Rons Blick hob sich ab und an
irritiert. Denn er war sich nicht sicher, ob sie aus einem bestimmten Grund
hier war.
Zwar hatte
sie ein Buch in der Hand, aber… - das musste nichts bedeuten. Es war nur auffällig,
dass sie seit einer Viertelstunde in seiner nächsten Nähe stand.
Die
Bibliothek war nicht besonders voll. Er saß allein an den beiden großen
Arbeitstischen, vor sich Zaubertränke im
Wandel und den halbfertigen Aufsatz für Snape, den er – ohne Hermine –
bestimmt nicht zu Ende bringen würde. Er hatte schon letzte Woche bei
McGonagall so schlecht abgeschnitten.
Aber Harry
hatte sich ja entschieden, ehrlich zu sein, und jetzt sah Ron keine gute
Möglichkeit mit Hermine zu reden. Oder mit Harry. Es war so anstrengend, dass
er froh war, für sich zu sein. Auch wenn das bedeutete, dass er alleine in der
Bibliothek sitzen musste, um einen Aufsatz zu schreiben, von dem er keine
Ahnung hatte.
Pansy
hatte den Blick ins Leere gehoben, direkt an ihm vorbei, seufzte und senkte den
Blick zurück in das Buch in ihrer Hand, während sie sich wieder dem Fenster
zuwandte.
Ron legte
die Feder beiseite.
Was wollte
sie hier? Er konnte nur annehmen, sie führte irgendwas im Schilde. Er hatte
Pansy Parkinson noch nie in der Bibliothek gesehen und noch nie so lange und so
ruhig in seiner Nähe. Er sah sie jetzt offen an und wartete, bis sie sich
wieder umwandte. Und er wusste, solche Mädchen wie Pansy brauchten die
Aufmerksamkeit, aßen sie mit Löffeln und waren nur deshalb auf der Welt.
Ihr Rock
saß kürzer, als er es bei Hermine tat. Ihre Beine waren brauner als es Hermines
Beine waren. Pansys Ausstrahlung besaß etwas, dass Hermines nicht besitzen
würde.
Pansy war
sich bewusst. Bewusst darüber, wie sie aussah.
Und das
machte sie fast schon wieder unattraktiv.
Sie
erwiderte seinen Blick. Vorsichtig und mit Bedacht. Dann kam sie zum Tisch und
legte das Buch auf die Tischplatte. Es war ein Buch über Kräuterkunde für die
Erstklässler, stellte Ron mit gerunzelter Stirn fest.
„Was willst
du?“, fragte er jetzt unfreundlich, denn er wusste, Pansy wollte bestimmt
nichts Gutes.
„Vielleicht
will ich dir ja bei deinem Aufsatz helfen, Wieselkopof?“,
entgegnete sie, die Stimme gedämpft, so dass Madame Pince sich nicht beschweren
würde.
„Ja? Und
ich würde Hilfe annehmen, von jemandem, der mich Wieselkopf
nennt? Und jemand, der selber noch schlechter in Zaubertränke ist, als ich es
bin?“, erwiderte er ungläubig, und Pansy atmete aus.
„Ich bin nicht
schlechter als du!“, zischte sie und strich sich anschließend angespannt die
glatten dunklen Haare über die Schulter. Ihre grünen Augen sahen direkt in
seine. Ron verengte die Augen.
„Was
willst du, Parkinson?“
„Ich habe
ein Anliegen“, rückte sich schließlich mit der Sprache raus, machte aber keine
Anstalten, näher zu kommen, oder sich zu setzen, wofür Ron dankbar war.
„Bestimmt
keines, was mich auch nur im Entferntesten interessiert“, erklärte Ron und
schenkte ihr ein freudloses Lächeln, um sich weiter mit seinem Aufsatz zu
beschäftigen. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Pansy sich eine Haarsträhne um
den Finger wickelte.
„Gut. Dann
interessiert dich Hermines Wohl also nicht?“, platzierte sie ihre Frage sanft,
zurückhaltend und mit einem wissenden Nicken, ehe sie sich abwandte und ihr
Buch mit sich nahm. Rons Blick fixierte keinen Punkt auf seinem Pergament.
Wovon
sprach Pansy? Hermines Wohl? Höchstens lag Pansy das genaue Gegenteil am
Herzen. Aber niemals Hermines Wohl! Und was könnte Pansy schon über Hermine
wissen, was für Ron Bedeutung hätte?
Er würde
nicht –
- oh
verflucht.
Er erhob
sich und folgte Pansy langsam zum Fenster. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt,
aber er war sich sicher, sie wusste, dass er ihr gefolgt war.
„Was ist
mit Hermine?“, fragte er nach der einzigen Sache, die ihn hier auf Hogwarts
überhaupt noch interessierte. Langsam wandte sich Pansy um. Sie trug einen
gefährlichen Ausdruck auf den künstlich hübschen Zügen.
„Willst du
es wirklich wissen?“, flüsterte Pansy, und Ron atmete ungeduldig aus.
„Sicher.
Wenn du von Hermines Wohl sprichst, dann kannst du nur etwas Schlechtes im
Schilde führen, Parkinson. Also spuck’s
aus“, gab er gepresst zurück. Kurz wirkte sie beleidigt.
„Ich bin
erste Vertrauensschülerin. Ich führe nie etwas Schlechtes im Schilde. Meine
Position erlaubt es mir nicht, dass ich-“
„- sag
es!“, unterbrach er sie genervt.
„Draco
verbringt zu viel Zeit mit ihr“, erklärte Pansy schließlich, ohne mit der
Wimper zu zucken. Das wusste Ron. Es überraschte ihn jedoch, dass auch Pansy es
zu wissen schien. „Und ich bin mir sicher, das gefällt dir genauso wenig, wie
es Potter gefällt“, fuhr sie fort. Ron erlaubte sich keine Reaktion auf ihre
Worte.
„Und
weiter?“, wollte er jetzt von ihr wissen, und sie lächelte.
„Es gibt
eine einfache Lösung zu all unseren Problem, Weasley.“
Und das
bezweifelte Ron stark. In diesem Fall gab es keine einfache Lösung. Und wenn,
dann wäre es die Falsche, da war er sich sicher.
„Wirklich?
Was soll das Problem sein?“, wich er Pansy aus, und diese lächelte jetzt
beinahe nachsichtig.
„Hör zu,
du willst bestimmt genauso wenig, dass Draco mit ihr schläft, oder nicht?“,
sprach sie jetzt seine größte Angst offen aus, und er schwieg. „Natürlich
können wir Snape nichts sagen, was wir nicht hundertprozentig wissen. Ich
glaube auch, Snape hat andere Dinge im Kopf“, fuhr sie nachdenklich fort.
„Parkinson,
ich habe kein Interesse an deiner Verschwörung“, sagte er jetzt, mit
unterdrücktem Ärger in der Stimme. Sie sah ihn an.
„Was?“
„Du hasst Hermine, ok? Und alles, was aus deinem Mund kommt,
wird nur dafür gut sein, ihr Ärger zu bereiten!“ Und Pansy betrachtete ihn mit
erhobener Augenbraue.
„Wirklich
nobel, Weasley. Aber denkst du wirklich, ich bin so dumm, zu dir zu kommen,
wenn mein einziger Plan ist, Hermine Granger fertig zu machen?“ Und Ron konnte
Slytherins nicht leiden. Es gab einen guten Grund, weshalb er nicht in diesem
Haus war.
Er war
nicht hinterhältig und kaltblütig. Genauso wie Pansy jetzt aussah.
„Was ist
dein Plan?“, wollte er gereizt wissen.
„Draco
muss seine Stellung verlieren.“ Und sie sagte es mit einer
Selbstverständlichkeit, die Ron kurz überraschte. „Denn wenn er seine
Schulsprecherposition verliert, muss er ausziehen“, erläuterte sie. „Er kommt
wieder in unseren Gemeinschaftsraum, und Granger ist ihn los.“
Ron
starrte sie an. Pansy würde dafür sorgen wollen, dass der Schulsprecher aus
Slytherin sein Abzeichen verliert, weil sie – Pansy – eifersüchtig war? Das war
ein weiter Weg, den sie gehen wollte. Und Ron würde ihr bestimmt nicht helfen!
„Und was
hat das mit mir zu tun?“, wollte er jetzt tonlos wissen.
„Ich
brauche deine Hilfe“, sagte sie schlicht, als läge es auf der Hand.
„Ach ja?
Und wie soll das aussehen? Ich provoziere ihn, schlage sein Gesicht ein, fliege
von der Schule, damit er lediglich sein Abzeichen verliert?“, erkundigte er
sich kopfschüttelnd, aber Pansy lächelte.
„Natürlich
nicht“, erwiderte sie glatt, und Ron sah sich um, aber sie waren noch immer
alleine in diesem Bereich der Bibliothek. „Potter wird es tun“, schloss sie
lächelnd.
…
Er starrte
sie an.
„Was?!“,
entfuhr es ihm, und er wich vor ihr zurück. „Vergiss es!“
„Snape
würde Harry Potter niemals von der Schule werfen, egal, wie er oft er es
beteuert“, erklärte Pansy unbeeindruckt. „Das weißt du.“
„Er hat es aber gesagt!“
„Ja, Snape
war auch einmal Todesser. Manche halten nie ihr Wort“, entgegnete sie
achselzuckend, und Ron sparte sich, zu diesem Thema seine Meinung abzugeben.
„Ich werde
Harry bestimmt keinen Anlass dazu geben, in einen Streit mit Malfoy zu
geraten!“, fuhr er sie jetzt gepresst an.
„Du
möchtest lieber dabei zusehen, wie Draco und Granger gemütlich zusammen wohnen,
schmutzigen Sex in ihren romantischen drei Räumen haben, während du zu ihren
Füßen am gebrochenen Herzen zu Grunde gehst?“, erkundigte sie sich überheblich,
und Rons Nasenflügel blähten sich zornig.
„Ich gehe nicht zu Grunde, Pansy, keine Angst!“ Er hatte sich abgewandt. Er
hätte niemals mit ihr sprechen sollen!
„Er hat
mir heute Abend abgesagt, Weasley!“, rief sie ihm nach. „Um alleine mit ihr zu
sein“, fügte sie stiller hinzu, und Ron hielt widerwillig vor dem Tisch inne,
ohne sich umzudrehen.
Pansy log.
Pansy musste lügen. Sie würde niemals zu ihm kommen, für seine Hilfe.
Wahrscheinlich wollte sie nur ihn und Harry von der Schule werfen lassen.
Sie hatte
sich schließlich neben ihn gestellt, während er ausdruckslos nach unten auf den
Tisch starrte. „Er wird sie heute-“
„- dann
werde ich sie überreden, mit mir Zeit zu verbringen“, unterbrach er Pansy
knurrend.
„Ach ja?
Und was ist morgen? Und übermorgen? Und dem Tag danach?“, erwiderte sie nur,
und er sah sie wieder an.
„Wieso ist
es dir so wichtig?“, fragte er
plötzlich. „Du musst doch wahrscheinlich nur zu ihm gehen, deine Hüften schwingen
und das Arschloch nimmt dich auf der Stelle!“, knurrte er, denn tatsächlich
einzugreifen, tatsächlich seine Theorie auch nur im Ansatz durchzuführen,
Hermine über seine Schulter zu werfen und rauszutragen, bereitete ihm Angst.
Und sie
antwortete nicht. Stattdessen wirkte ihr Gesicht nun verschlossen, ihre grünen
Augen kalt.
„Es war
ein Angebot, Weasley. Ein ziemlich freundliches. Denn glaub mir, wenn er sie
gehabt hat, werde ich es wissen. Und dann gehe ich zu Snape. Und dann fliegt
nicht nur Draco Malfoy von der Schule!“, zischte sie jetzt, ohne Gnade in ihren
Worten.
Und Ron
begriff.
„Er will
dich nicht“, schloss er lächelnd und nickte. „Muss bitter sein“, ergänzte er
und packte seine Unterlagen in seine Tasche. Und Pansy Parkinson hatte neben
ihm die Fäuste geballt.
„Du gibst
Granger einfach so auf?“, wollte sie wütend wissen, und er seufzte schließlich.
Nein, er wollt sie nicht aufgeben. Aber… was für eine Wahl hatte er schon? Wenn
sein einziger Weg darin bestand, mit Pansy Parkinson zusammen zu arbeiten, dann
tat er lieber gar nichts! „Du lässt Draco gewinnen, weil du nicht die Eier in
der Hose hast, für sie zu kämpfen?“, fuhr sie ihn an, als Ron sich bereits zum
Gehen abgewandt hatte, aber jetzt drehte er sich wieder um.
„Halt
deinen Mund“, informierte er sie kalt. „Ich werde nicht meine oder Harrys
schulische Karriere aufs Spiel setzen, nur damit Hermine am Ende vielleicht
ganz alleine hier zurückbleibt!“, informierte er sie. Und bevor er gehen
konnte, hatte Pansy zu ihm aufgeschlossen und Ernsthaftigkeit war auf ihre Züge
getreten.
„Es gibt noch einen anderen Weg“, begann sie jetzt.
„Parkinson,
verschon mich, ich will nicht-“
„- Granger
gibt ihr Abzeichen freiwillig auf!“, unterbrach sie ihn schnell. Und Ron wollte
nicht! Er wollte nicht, dass Pansy ihm Worte vorgaukelten, die er nur zu gerne
selber wollte! Es wäre nicht möglich. Es wäre nicht fair. Nicht gegenüber
Hermine oder irgendwem. Er wollte es nicht hören! Und Hermine würde niemals die
Stellung als Schulsprecherin aufgeben. Er schüttelte vehement den Kopf.
„Nein!“,
sagte er abwehrend.
„Wenn er
sie verletzt! So sehr verletzt, dass sie sieht, dass er nur ein verlogener
Mistkerl ist… - zu wem würde sie gehen?“, flüsterte Pansy jetzt verzweifelt,
ohne ihn aus den Augen zulassen. Ron schüttelte erneut den Kopf, und sein Mund
öffnete sich stumm. „Denn er wird sie nur benutzen! Sie ist eine Muggel! Und
Draco ist… er ist…“ Sie ließ den Satz unbeendet, und Ron sah in ihr Gesicht
hinab. Und es war fast traurig, wie verloren auch Pansy war. Dass sie wusste,
was für ein Scheißkerl Malfoy war, und dass sie ihn dennoch wollte.
Und
vielleicht musste Hermine einfach einsehen, dass Malfoy ein Scheusal war, ehe
sie zurückkommen konnte. Vielleicht musste es so sein!
Und er
würde es nicht machen, um Pansy einen Gefallen zu tun. Auf gar keinen Fall!
Aber es befand sich ein Korn Wahrheit in Pansys Plan. Draco Malfoy war ein
scheiß Todesser und würde seinen Hass niemals überkommen können. Ron spürte,
wie er den Rücken durchstreckte, wie seine Züge sich anspannten. Und er
vertraute darauf, dass Malfoys Vater seinen Sohn so verdorben hatte, wie es nur
irgend möglich war.
„Ich nehme
an, du spielst eine entscheidende Rolle in diesem Plan, Parkinson?“, wollte er
abschätzend wissen, und freudlos zuckten Pansys Mundwinkel.
Er
tauschte einen weiteren Blick mit ihr, ehe ein paar Hufflepuffs
flüsternd die Bibliothek betraten. Und Ron war klar, er befand sich nun selber
auf dunklem Terrain.
An einem
gebrochenen Herzen starb man nicht, das wusste er. Aber Pansy Parkinson schien
ein gebrochenes Herz so sehr zu verändern, dass sie sogar bereit war, Hilfe bei
ihm zu suchen.
Und er
griff nach dem letzten Strohhalm.
Sie saß
auf der Bank unter der Trauerweide am See. Sie wusste nicht mehr, weshalb sie ausgerechnet
hier saßen, denn eigentlich hatte sie überhaupt nicht so öffentlich hier
draußen sitzen wollen. Und erst recht nicht an dem Lieblingsplatz von Harry,
Ron und ihr selber! Irgendwie waren sie hier gelandet! Und viel wichtiger war,
dass sie hatte nein sagen wollen! Aber Blaise hatte sie irgendwie überrumpelt,
hatte mit ihr reden wollen. Und sie hatte auch mit ihm sprechen wollen, hatte
ihm klar machen wollen, dass es mit ihnen nichts werden konnte, und jetzt…?
Jetzt saßen sie hier am See und schwiegen unbehaglich.
„Ähm…“,
begann er zögerlich, und sie hob den Blick. Immer wieder suchten ihre Augen Das
Gelände rund um den See ab. Das Quidditchfeld lag nicht weit von hier, und
unter Umständen konnte Harry sie hier entdecken. Oder… Malfoy. Sie schluckte
schwer.
„Jaah…“, antwortete sie also nur.
„Ich hatte
gestern Spaß“, erklärte er und fixierte sie nun. Sie nickte eilig.
„Ja, es
war wirklich nett“, begann sie langsam.
„Hermine,
irgendwie habe ich das Gefühl, du willst das alles nicht“, erwiderte er
ernster. Ertappt sah sie ihn an.
„Was?“
„Ich
meine, ich verstehe, dass es etwas anderes ist, und… wir sind nicht im selben
Haus, aber-“
„-daran
liegt es nicht!“, entfuhr es ihr eilig, ehe sie nachgedacht hatte, aber
Erkenntnis trat in seinen Blick.
„Also…
habe ich recht, und du willst es nicht? Mit mir…
ausgehen?“, wollte er jetzt traurig wissen, und es tat ihr so unglaublich leid,
dass sie ihm Hoffnungen gemacht hatte.
„Blaise…“,
begann sie, aber er schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die dunklen Haare.
„Ich bin
einfach ein Idiot. Es ist wegen Harry, oder?“, entfuhr es ihm plötzlich, und
ihre Stirn runzelte sich.
„Was ist
wegen Harry?“
„Du magst…
Harry, richtig?“
Was?!
„Ich… nein!
Wie kommst du darauf?“, wollte sie fast panisch wissen, und er musterte sie
lange.
„Na ja… er
ist Harry Potter. Gibt wenige, die jemandem wie ihm einen Korb geben würden“,
bemerkte er, und Hermine war es schon aufgefallen. Blaise Zabini hatte einen siebten
Sinn, wenn es um die Gefühle von anderen ging. Er hatte es bei Draco angenommen
und jetzt wusste er auch, dass Harry – was auch immer Harry gerade von ihr
wollte! Es war nur… eine Phase. So wie Harry gesagt hatte. Eine Verliebtheit,
die vergehen würde.
Und sie
wusste auch, würde sie jetzt sagen, dass sie eine derjenigen wäre, die Harry
Potter natürlich einen Korb gaben, dann würde Blaise denken müssen, dass es
jemanden anders gab. Denn er war wirklich nett. Er war… ja. Das war es, was er
war. Wirklich nett.. Aber Hermine hatte festgestellt „wirklich nett“ war nicht
wirklich, was sie suchte.
Und diese
Tatsache zu akzeptieren war noch schwerer, als sie in die Tat umzusetzen.
Aber sie
blieb davor verschont zu antworten, denn der sprichwörtliche Teufel kam um den
See. Mist! So wie sie befürchtet hatte! Harry hatte sie entdeckt.
Er
umrundete den See, und Hermine hatte Blaise noch gar nicht gefragt, wie das
Gespräch mit Harry eigentlich gelaufen war. Sie spürte, wie ihre Handflächen
feucht wurden, und rieb sie hastig an ihren Hosenbeinen trocken. Harry
erreichte sie, geschwitzt und außer Atem.
„Hey“,
begrüßte er sie und Blaise mehr oder weniger freundlich. Und Hermine hatte sich
selten so unwohl gefühlt. Obwohl… Malfoy kam aus der anderen Richtung, den Blick
zurückgewandt. Er sprach mit jemandem.
„Pansy,
ich habe Zeit keine-“ Er unterbrach sich, als er sie und Blaise erkannte. Oh
nein. Sie setzte ein unbefangenes Lächeln auf und schenkte es Harry.
„Wie war
die Strafe?“, erkundigte sie sich also, und Harry verzog den Mund, als er
Malfoy erblickte.
„Großartig.
Ihr… sitzt auf unserer Bank?“, wollte Harry jetzt etwas überfordert wissen, und
Hermines Mund öffnete sich perplex.
„Wir
haben… einen Spaziergang gemacht“, erklärte Blaise ungezwungen. Pansy verhielt
sich merklich ruhig an Dracos Seite, stellte Hermine fest.
„Spaziergang?
Hier draußen?“, mischte sich Draco mit erhobener Braue ein.
„Wo sonst,
Malfoy? In der Bibliothek, vielleicht?“, erwiderte Blaise glatt, und Draco kam
einen Schritt auf ihn zu. Hermine erhob sich.
„Wir
wollten sowieso gerade gehen“, unterbrach sie die unangenehme Stimmung laut.
„Wolltet
ihr das?“ Das war Harry, der sie jetzt prüfend musterte. Oh Merlin noch mal!
„Draco,
kommst du jetzt mit?“ Und Hermine hatte keine Ahnung, wohin Draco mitkommen
sollte, aber dass diese Schlange seinen Arm berührte konnte Hermine nicht
leiden. Aber natürlich… wie sah es jetzt wohl für ihn aus? Sie saß mit Blaise
auf der Bank, gemütlich, nachmittags, als… wären sie… eben ein Paar. Oder so
etwas!
„Ja, ich
glaube ich habe nichts weiter verloren, nicht wahr?“ Sein Blick galt niemandem
bestimmten, aber sie verdrehte die Augen. Sie wusste, er konnte es sehen. Er
würde jetzt also wirklich mit Pansy mitgehen?!
Und sie
atmete resignierend aus.
„Ist das…
ein Date?“, wollte Harry jetzt unverblümt wissen, und Hermine spürte die Röte
in den Wangen.
„Nein, es
ist kein Date, Harry“, sagte sie leise.
„Oh… hey!“
Ron tauchte ebenfalls auf. „Äh, Harry, ich wollte dich abholen kommen“, sagte
er knapp, und Harry wirkte kurz überrumpelt von Rons Erscheinung.
„Ja?“,
erkundigte er sich, als wäre es abwegig, dass Ron so etwas tat.
„Ja“,
bestätigte Ron knapp, und sein Blick ruhte auf ihr.
„Was ist
das hier? Ein Scheiß Familientreffen?“, erkundigte sich Draco eisig, und jetzt
sah Ron zu Pansy. Hermine erhob sich augenblicklich, denn das hier waren ihr
entschieden zu viele Leute!
„Blaise,
Danke für die Begleitung“, sagte sie sachlich, „aber… ich muss wieder zurück.
Etwas Ordnung machen für McGonagalls Visite, und
morgen sind Vertrauensschülertreffen, also muss ich noch etwas vorbereiten.“
Blaise öffnete erstaunt den Mund, sagte aber nichts, als sie sich von ihm
entfernte.
„Wir sehen
uns später, Harry“, fügte sie im Gehen in Harrys Richtung hinzu, und machte
sich kopfschüttelnd auf den Weg. Das war etwas zu seltsam, oder nicht? Selbst
der Zufall brachte doch nicht sechs Leute auf einmal an denselben Fleck?!
Und er
holte neben ihr auf, wahrscheinlich mit derselben fadenscheinigen Entschuldigung,
nur dass sie tatsächlich Aufräumen würde, während er sonst was tat!
„Was wird
das?“, wollte er direkt neben ihr wissen. Sie funkelte ihn zornig an.
„Folgst du
mir?“, schnappte sie entgeistert, und er atmete aus.
„Wir haben denselben Weg, oder nicht?“, knurrte er.
„Malfoy-“
„-was? Du
gehst mit Blaise spazieren,
Granger?“, unterbrach er sie gereizt, und sie waren noch zweihundert Meter vom
Eingang des Schlosses entfernt. Sie konnte seinen Duft neben sich riechen. Sein
Parfum, gemischt mit seiner natürlichen Note.
„Nein,
Malfoy. Er hat mich überrascht. Ich wollte nicht, aber ich-“
„-aber
was?“, wollte er mit stechendem Blick neben ihr wissen,
und sie hielt verblüfft inne.
„Nicht,
dass es dich etwas angeht, aber ich dachte mir, er verdient es, dass ich ihm
förmlich erkläre, warum ich nicht mit ihm zusammen sein will“, erwiderte sie
fest, während sie die Hände in die Hüften stemmte. Auch Draco war stehen
geblieben und erwiderte ihren Blick.
„Und warum
willst du das nicht?“, fragte er plötzlich.
„Zum Glück
weiß ich es besser, ansonsten würde ich denken, du bist eifersüchtig, Malfoy.“
„Eifersüchtig?“,
wiederholte er belustigt, aber sein Lächeln erreichte seine grauen Augen nicht.
„Auf gar keinen Fall, Granger, aber du kannst die Frage ruhig beantworten.“
„Beantworte
du sie mir doch einfach, wenn du alles besser weißt, Malfoy!“, entgegnete sie
herausfordernd. Seine Augenbrauenhoben sich ungläubig. Dann wandte er den Blick
ab, fuhr sich mit der Hand über die Stirn, und nickte dann.
„Ok. Wie
du willst“, sagte er plötzlich. Und sie wappnete sich für die nächste
Auseinandersetzung. „Du kannst spazieren gehen, mit wem du willst. Dann werde
ich auch spazieren gehen, mit wem ich
will.“ Er betonte das Wort auf eine Weise, die sie wütend machte.
„Ja? Und
was soll das heißen, Malfoy?“
„Oh, ich
weiß es nicht. Sag du es mir, Granger“, wiederholte er lächelnd ihre Worte und
setzte den Weg fort. Er war unfassbar! Und sie nahm die Beine in die Hand, um
mit ihm Schritt zu halten.
„Du bist
ein eifersüchtiges Ekel!“, zischte sie, als sie ihn eingeholt hatte.
„Du bist
ein dämliches Schlammblut“, gab er zurück, ohne sie anzusehen.
„Gott, du
bist so anstrengend!“, murmelte sie neben ihm, und er sah sie wieder an.
„Ich bin anstrengend?“, wiederholte er in ätzendem Tonfall, und sie nickte
befreit.
„Du bist
der anstrengendste Mensch, den ich kenne, Malfoy! Bei jeder Kleinigkeit rastest
du aus, und-“
„- und es
ist immer meine Schuld?“, unterbrach er sie scharf und war wieder stehen geblieben.
„Ich bin nicht der einzige, der anstrengend ist, Granger!“, knurrte er zornig.
„Jetzt
gerade?“, warf sie angriffslustig ein. „Doch, Malfoy! Jetzt gerade bist du der
einzige, der anstrengend ist!“
Und sie
starrten sich zornig an. Der Wind rauschte in den Bäumen, und im Moment hatte
sie keine weiteren Worte. Es war so kompliziert. Es war wirklich… anstrengend.
Er machte gar nichts einfach. Schließlich atmete er aus. Seine Haare lagen auch
jetzt noch viel zu gut, stellte sie verärgert fest. Unfassbar.
„Wie oft
willst du Blaise noch treffen, Granger?“
„Was soll
die Frage?“, erwiderte sie schlecht gelaunt.
„Es ist
eine simple Frage, oder nicht?“, bemerkte er, genauso stur, wie sie.
„Warum
willst du das wissen?“, formulierte sie klarer ihre Antwort. Sein
Augen weiteten sich.
„Ernsthaft,
Granger? Warum ich es wissen will?“ Er konnte seine Stimme kaum noch ruhig
halten. „Du bist unglaublich!!“
„Ach ja?
Wie oft taucht Pansy an deiner Seite auf?“
Und er
atmete aus.
„Granger-“
„-nein! Es
ist mir egal, Malfoy!“
Und er
raufte sich die Haare.
„Ok, es
ist mir auch egal! Es war eine saublöde scheiß Idee, Granger! Und ich war
wahrscheinlich betrunken, zuzustimmen, dich…“ Er beendete den Satz nicht, und
sie wusste auch nicht, wie er eigentlich enden würde, aber ihr Herz klopfte
schneller, bei seinen Worten. „Vergessen wir es einfach!“, knurrte er. Und sie
nickte heftig.
„Ja. Bin ich auch für, du dämliches Arschloch! Vergiss es!“
Und damit
rauschte sie an ihm vorbei, obwohl sie annahm, dass sie dabei im
schienbeinhohen Gras nicht besonders anmutig aussah.
Gott, sie
hasste ihn!
~*~
McGonagall
inspizierte alle Räume gründlich, aber Granger enttäuschte sie ja nie. Alles
war sauber, alles war perfekt. Der äußere Schein war ja immerzu nur noch perfekt,
oder nicht? Seine Hände hatten sich hinter seinem Rücken zu Fäusten geballt,
während McGonagall mit dem Finger über den Kaminsims fuhr.
„Ach,
Draco“, begann sie jetzt mit besorgtem Blick. „Ich soll Ihnen von Professor
Snape ausrichten, dass er Sie morgen in seinem Büro erwartet. Um fünf Uhr“,
fügte sie hinzu. „Nach dem Treffen der Vertrauensschüler.“ Ihr Blick war
streng, und er nahm an, es handelte sich um seine Bewährungsstrafe. Granger
hing an McGonagalls Lippen. Oh, sie würde bestimmt
jedes Detail gerne wissen. Sie würde wahrscheinlich nur zu gerne mitkommen.
Aber sie
musste ja mit Blaise spazieren gehen!
Er konnte es nicht fassen!
Und am
liebsten würde er sie packen, sie an ihren Haaren an sich ziehen und sie
schwören lassen, dass sie sich mit keinem Jungen mehr treffen würde! Aber heute
hatten sie ja beschlossen, die Sache zu vergessen.
Scheiße.
Er
befeuchtete seine Lippen und nickte schließlich, nach einer Endlosigkeit.
McGonagall nickte ebenfalls.
„Gut, ich
hoffe, alles ist zwischen Ihnen in Ordnung? Keine Streitigkeiten?“,
vergewisserte sie sich, wie jede Woche, und er konnte sich nur geradeso daran
hindern, aufzulachen.
„Nein!“,
sagte Granger etwas zu heftig, und McGonagall betrachtete sie über ihre
Brillengläser hinweg.
„Na gut…“,
sagte die Lehrerin schließlich und trat den Rückweg zur Tür an. „Draco, kümmern
Sie sich bitte um die Bezahlung der Party, auf die Sie bestehen. Bis morgen
Abend braucht das Kollegium den Ablauf. Ich erwarte Sie beide am Freitag
nüchtern und wachsam!“, fügte sie streng hinzu, und Draco wusste schon, dass
das niemals der Fall sein würde.
Aber
Granger nickte wieder so verdammt ergeben, dass er kotzen könnte.
„Ja,
Professor. Gute Nacht“, verabschiedete sie die Lehrerin, und Draco verdrehte
die Augen, als die Tür ins Schloss gefallen war.
„Du
hättest einfach ihre Füße küssen können“, schlug er grimmig vor.
„Fick
dich, Malfoy“, knurrte sie, und endlich sah sie ihn an. Und er sah es erst
jetzt. Sie hatte geweint. Ihre Augen waren noch gerötet. Er vergrub die Hände
in den Taschen der dunklen Anzughose. Für McGonagall trugen sie beide ihre
Uniformen. Er trug sie nicht gern abends, aber jetzt gerade war es ihm egal.
„Können
wir reden?“, brachte er schließlich über seine Lippen, und die Worte schmeckten
komisch in seinem Mund. Sie hörten sich auch noch komischer an, wenn er sie
sagte. Sie musterte ihn kurz.
„Malfoy-“
„-komm
schon“, sagte er resignierend, und deutete auf die Couch. „Fünf Minuten.“
Sie sah
ihn noch einen momentlang an und ging dann zur Couch, um sich zu setzen.
Zuerst
überlegte er, sich neben sie zu setzen, aber das kam ihm noch bescheuerter vor,
Merlin! Er setzte sich also auf den Sessel. Sie sah ihn abwartend an.
„Was
jetzt? Noch ein Streit?“
„Kannst du
nicht einfach mal deinen Mund halten?“
„Ich lasse
mich nicht von dir anschreien!“, informierte sie ihn und war im Begriff, sich
zu erheben.
„Oh
Granger, komm schon!“, entfuhr es ihm entnervt. Sie blieb sitzen.
„Also?“, wollte
sie ungeduldig wissen, und er fuhr sich durch die frisch gewaschenen Haare, die
ihm in Strähnen in die die Augen fielen. Er kämmte sie mit seinen Fingern über
seinen Kopf zurück, aber sie fielen nur zurück in seine Stirn.
Aber er
konnte nichts sagen. Er wusste nicht, was. Er kam sich lächerlich vor. Er
wusste, sie wollte reden. Sie mochte Worte, wohingegen er… es nicht so gut
konnte. Und netterweise schien sie es ihm nicht leichter machen zu wollen.
„Hast du…
den Aufsatz fertig?“, fragte er also, denn ihm fiel nichts weiter ein.
„Was?“ Sie
sah ihn verwirrt an. „Für Zaubertränke?“, wollte sie ungläubig wissen und er
nickte. „Ich… nein, noch nicht ganz“, gab sie verwirrt zu.
„Ich auch
nicht“, erwiderte er. Ha. Er führte ein Gespräch mit Granger. Über…
Hausaufgaben…. Ja, er war der dunkle Prinz von Slytherin. Oh verdammt noch
mal…. Wieder fuhr er sich durch die Haare. „Wir… könnten ihn… zusammen fertig
machen?“, bot er schließlich an, und hob den Blick zu ihrem Gesicht. Ihr Mund
hatte sich perplex geöffnet. Und ehrlich ratlos sah sie ihn an.
„Was?
Hier?“, fragte sie vorsichtig und deutete auf den Tisch vor sich. Er zuckte die
Achseln.
„Sicher.
Ich meine, er muss bis morgen fertig sein“, schloss er, und sie nickte nach
einer Ewigkeit.
„Ok…“,
schloss sie kleinlaut. Er erhob sich augenblicklich.
„Dann…
treffen wir uns hier? In zehn Minuten?“
Sie sah
ihn an. Oh Merlin, sieh mich nicht so an,
verflucht!
„Warum in
zehn Minuten?“, fragte sie verständnislos.
„Weil du
vielleicht…“, begann er, schwieg dann aber abrupt, denn dieser Satz konnte nur
schlecht enden.
„Was?“,
wollte sie aber scharf wissen.
„… deine…
Haare kämmen willst?“, endete er schwach, und sie funkelte ihn an.
„Was ist
falsch an meinen Haaren?“
„Abgesehen
davon, dass sie heute vollkommen…“ Wieder biss er sich auf die Lippe. Es war
verdammt schwer, sie nicht aufzuregen.
„Ich
denke, ich mache den Aufsatz lieber alleine“, informierte sie ihn eisig.
„Granger!“,
hielt er sie hastig auf, und er sah, dass sie wütend wurde. „Komm schon“, sagte
er still, und sie verdrehte die Augen.
„Fein,
Malfoy. In zehn Minuten hier. Wenn dich meine Haare stören, und ich sie anders
frisieren soll, dann würde ich es begrüßen, wenn dein Mal in zehn Minuten
verschwunden ist, wenn wir hier sitzen“, erwiderte sie glatt, und seine
Mundwinkel hoben sich tatsächlich.
„Ha ha“, sagte er trocken, und sie hatte sich abgewandt.
Zehn
Minuten… wieso hatte er zehn Minuten gesagt? Jetzt würde er zehn Minuten
nutzlos in seinem Zimmer warten müssen. Er würde warten, während sonst was
durch seinen Kopf gehen würde! Was sollte er zehn Minuten lang machen? In den
Spiegel schauen?
Scheiße.
~*~
Sie stand
vor dem Spiegel. Sollte sie die Uniform anlassen? Oder nicht?
War das
ein Date?!
Hatten sie
nicht beschlossen, es zu vergessen?
Anscheinend
nicht. Er hatte reden gewollt. Es war seine Idee gewesen. Und wieso hatte sie
zugesagt, mit ihm den Aufsatz zusammen fertig zu machen?! Das war einfach nur
dämlich von ihr gewesen! Sie fasste ihre Haare näher ins Auge.
Nein. Sie
würde sie bestimmt nicht glätten, nur für ihn! Das wäre absurd. Wenn sie ihm
nicht gefielen, dann hatte er eben Pech gehabt. Und außerdem würde es so
aussehen, als würde sie sich schicker machen als es zum Aufsatz schreiben
überhaupt nötig wäre!
Sie
starrte sich weiterhin an.
Sollte sie
einen Rock anziehen? Eine helle Bluse? Ein Shirt? Ihre Schlafsachen? Nein. Sie
würde die Uniform anbehalten. Vielleicht könnte sie Strümpfe und Socken
ausziehen? Warum? Um es ihm noch einfacher zu machen? Wirf dich doch gleich nackt auf die Couch, Hermine!
Sie
schloss verzweifelt die Augen.
Was trieb
er in seinem Zimmer? Sie beschloss, erst mal die Unterlagen zusammen zu suchen.
Tasche…
Sie holte
ihr Buch raus, Pergamentpapier, ihre Feder, ihr Tintenfass – und das war eine
Minute Zeit gewesen. Und jetzt?
Nein. Sie
würde sich nicht umziehen!
Sie setzte
sich aufs Bett und ließ sich nach hinten fallen, während sie die Decke
anstarrte.
Da war doch
absurd. Sie sollte sich keine Gedanken machen. Er würde sich keine Mühe geben.
Oder?
Hastig
setzt sie sich wieder gerade hin.
Sie
öffnete die Schuhe und zerrte sich die Strümpfe von den Füßen. Sie stellte sich
wieder vor ihren Spiegel, nur um kurz danach ihren Kleiderschrank aufzureißen.
Nein, sie könnte doch nicht ihre Uniform anhaben! Hastig ging sie durch die
Röcke, die sie hatte. Aber er würde doch sofort sehen, dass sie sich umgezogen
hatte, und bequem war keiner dieser Röcke.
Und sie
wusste überhaupt nicht, ob… - nein!
Er würde
niemals Aufwand für irgendwen betreiben! Wahrscheinlich würde er sein
widerliches Muskelshirt tragen, nur um sie zu nerven. Sie griff sich ihre
älteste Jogginghose aus dem Schrank. Sie würde sich nicht von ihm verarschen
lasse!
Hastig
hatte sie sich noch die Haare in einen unschönen Dutt gebunden, als sie ihn
rufen hörte.
„Granger?“,
vernahm sie seine Stimme aus dem Wohnzimmer, und selbstsicher öffnete sie in
Hausschuhen, Jogginghose, Schlabberpulli und mit einem Dutt ihre Tür.
Und sie
gefror in der Tür.
Seine
Haare lagen wild und blond und sexy frisiert auf seinem Kopf, fielen ihm
anmutig in die Stirn, und seine Augenbraue hob sich als er sie musterte. Er
trug ein schwarzes offenes Hemd über einem weißen Shirt, dazu eine schwarze
Hose.
Oh Merlin!
„Gib… gib
mir fünf Minuten“, flüsterte sie und schlug hastig die Tür wieder zu.
„Granger?“,
wiederholte er verwirrt, aber sie schüttelte den Kopf vor ihrem Spiegel, ohne
dass er es sehen konnte.
„Fünf Minuten!“,
rief sie verzweifelt. Sie zog einen beigen Rock aus ihrem Schrank, der locker
und leicht um ihre Oberschenkel fiel. Dazu griff sie sich ein helles Oberteil,
strampelte sich die peinliche Jogginghose von den Beinen, während sie auch
schon nach ihrem Zauberstab griff.
Mit einer
Hand verschloss sie den Rock, während sie strähnenweise
ihre Haare glättete. Sie hatte falsch gelegen.
Es war
doch ein Date, und er sah viel zu gut aus.
Sie
kletterte einarmig in das Oberteil, was ziemlich schwierig war, und begann dann
ihr Makeup aufzufrischen.
Schuhe…
Schuhe…. – was für Schuhe?
Sie griff
sich ein paar hochhackige Sandaletten und wusste, dass sie in diesem Outfit
essen gehen könnte, aber nicht einen Aufsatz für Zaubertränke schreiben sollte.
Nachdem ihre Haare fertig waren – es hatte zehn Minuten länger gedauert –
steckte sie sich die silbernen Ohrringe ihrer Mutter an. Sie sahen aus wie
Pfeilspitzen, mit winzigen blauen Steinen in den Spitzen.
Es klopfte
an ihrer Tür.
„Moment!“,
rief sie. Sie war völlig außer Atem.
„Granger?“,
hörte sie ihn direkt hinter ihrer Tür. „Kommst du noch, oder…?“
Sie hatte
die Tür mit Schwung wieder geöffnet.
„Bin
fertig!“, rief sie tonlos, und er sah sie an. Überrascht glitt sein Blick an
ihr hinab.
„Hm…“, sagte
er schließlich, „wo ist die Jogginghose geblieben?“, wollte er lächelnd wissen,
aber sie schenkte ihm lediglich einen wütenden Blick. Er sah… so gut aus, dass
sie sich nicht würde konzentrieren können. Elender Mistkerl.
„Lass uns
anfangen“, erwiderte sie nur und griff sich ihre Sachen vom Schreibtisch. Sie
folgte ihm die Stufen hinab ins Wohnzimmer, und er deutete tatsächlich auf die
Couch. Sie setzt sich, und er setzte sich schließlich neben sie.
Gott, er
roch gut!
„Dann…
fangen wir an. Wie weit bist du?“ Fast hatte sie nicht zugehört, denn sie
konnte ihn nur ansehen. Seine vollen Lippen sprachen, und jetzt gerade erkannte
sie den arroganten Schönling nicht in seinem neutralen Blick. „Granger?“
„Ich… zwei
Seiten!“, sagte sie hastig, ehe sie die Frage wieder vergessen hatte. Er schien
das Lächeln zu unterdrücken, als er den Blick senkte.
Er ging
durch seine Unterlagen, und sie konnte ihn nur beobachten. Er tauchte die Feder
in sein Tintenfass und begann, die nächste Überschrift auf sein Pergament zu
schreiben.
„Wollen
wir arbeiten, oder willst du mich lieber ansehen?“, fragte er fast sanft, ohne
sie anzusehen. Röte kroch in ihre Wangen, und sie griff ebenfalls nach ihrer
Feder.
Seine
Mundwinkel zuckten.
„Wieso
hast du dich umgezogen?“, fragte sie kleinlaut, und er schrieb die erste Zeile.
„Ich trage
abends nicht gerne meine Uniform“, erklärte er ruhig. „Also, ist die zweite
Zutat bei dir Wurzelspan oder Drachenkraut?“ Er sah sie immer noch nicht an und
schien geschäftig Notizen zu machen.
„Malfoy…“,
begann sie langsam, und er hob den Blick. Er schickte tausend Stromstöße ihre
Wirbelsäule hinab.
„Was,
Granger?“
Das Feuer
im Kamin knisterte, und die Schatten der Flammen tanzten auf seinen schönen
Zügen.
„Du und
ich…“, begann sie, ohne zu wissen, was sie weiter sagen wollte. Seine grauen
Augen verengten sich fragend.
„Ja?“
Oh Merlin,
es war, als flatterten hundert Schmetterlinge in ihrem Bauch, alleine durch
seinen Blick. Er war ihr viel zu nahe. Sie konnte kaum klar denken. Und sie
wusste, das war wirklich nicht gut! Das war wirklich ziemlich dumm. Gott, hatte
er weiche Haut! Wieso war er so attraktiv?! Hatte sie es früher einfach nicht
gemerkt, oder hatte sie es ignoriert? Wie sah er unter dem Hemd wohl aus. Oh Gott, hör auf zu denken!
„Unkeusche
Gedanken?“, flüstert er plötzlich, und seine Lippen formten ein verführerisches
Grinsen und Grübchen gruben sich in seine perfekten Wangen. Alleine war er…
anders. Er war heute… sie wusste es nicht, aber er war so… - Gott! Sie war
erbärmlich! Und sie wurde wieder rot.
„Nein!“,
widersprach sie und senkte den Blick. Sie hörte ihn ausatmen. „Nein“,
wiederholte sie kopfschüttelnd und wusste, sie nahm dem Wort damit seine
Überzeugungskraft.
„Ok…“,
erwiderte er langsam. „Zwei Möglichkeiten“, ergänzte er rau. Oh Merlin, ihr
Herz klopfte viel zu laut. Viel zu laut! Er müsste es doch hören können! Sie
sah ihn immer noch nicht an. Seine Stimme allein war schon zu viel. So sexy
durfte ein Mensch allein überhaupt nicht sein! „Entweder du küsst mich… jetzt…“, murmelte er, angestrengt um
Kontenance bemüht, „oder wir machen mit dem Aufsatz weiter“, ergänzte er
tonlos. Sie atmete hastig ein und wieder aus, denn sie hatte die Luft
angehalten. Sie kam sich vor wie ein vierzehnjähriges Mädchen.
„Aufsatz“,
hauchte sie dem Wohnzimmertisch entgegen, als wäre sie gerade einen Marathon
gelaufen, denn sie würde ihn jetzt unmöglich küssen. Ach, wäre sie doch einfach
cooler. Wäre sie doch einfach so glatt und überheblich wie er es war!
„Ok“,
bestätigte er nach einer kleinen Weile. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie er
sich wieder seinem Pergament zuwandte.
Die Hitze,
die von seinem Körper ausging, schien ihren in Flammen gesetzt zu haben, denn
trotz Rock und luftigem Oberteil war ihr so heiß wie noch nie. Es könnte auch
am Feuer liegen, und es fiel ihr auch schwerer zu atmen. Sie könnte auch
einfach in Ohnmacht fallen!
Mit
fahrigen Fingern griff sie nach ihrer Feder. Jeder Muskel in ihrem Körper war
angespannt, während sie neben ihm saß. Es war ungerecht, dass er so locker wirkte.
Es war einfach nicht fair!
„Also?“
Sie erschrak fast über seine Stimme, biss sich aber auf die Lippe, um kein
Geräusch zu machen. Reiß dich einfach
zusammen, Hermine! Es ist Malfoy. Es ist nur Malfoy! Und sie hob den Blick.
„Ja?“,
hauchte sie erwartungsvoll, und seine Mundwinkel zuckten wieder.
„Wurzelspan
oder Drachenhaut?“, wiederholte er seine Frage, und ihr Mund öffnete sich
verwirrt. Das Atmen war ihr noch nie so verdammt schwer gefallen. „Granger?“,
fügte er rauer hinzu, während sie in seinen mittlerweile dunkler gewordenen
Augen versank.
Ihre
Fingerspitzen kribbelten unter seinem hungrigen Blick.
„Drachen…haut…?“,
brachte sie zusammenhanglos über die Lippen, aber sein Blick ließ ihren
Herzschlag aussetzen, und gleichzeitig ließen sie die Pergamentblätter los, und
sie konnte nicht sagen, wer wen zuerst geküsst hatte.
Sie wusste
nur, auf einmal war kein Abstand mehr zwischen ihnen! Ihre Lippen öffneten sich
verlangend unter seinen, und seine Zunge stieß hungrig nach vorne, während er
sie mit einem Knurren auf seinen Schoß zog. Hart griffen seine Finger um ihre
Taille, während sie seinen Nacken umschlang. Sie stöhnte in seinen Mund, und
schon hatte er sie mit seinem Gewicht nach unten auf die Couch gedrückt.
Nur kurz
war der Kuss unterbrochen gewesen, aber schon fanden seine Lippen ihren Mund
erneut, und sie hatte das Gefühl, dass ihr Unterleib vor Schauern gleich
explodieren würde!
Er lag
zwischen ihren Beinen, und ihr Rock war schamlos nach oben gerutscht.
Atemlos zog
er seinen Kopf plötzlich zurück, um sie anzusehen.
Sie spürte
seine Lippen immer noch auf ihren. Blonde Spitzen hingen ihm wild in die Stirn,
und er hatte noch perfekter ausgesehen. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht,
ihre Lippen, und dann öffnete er den Mund.
„Granger, ich… ich…“, begann er zusammenhanglos, während sie abwesend über die
kurzen Locken in seinem Nacken fuhr. Sie konnte ihn nur anstarren. Würde er…
gleich etwas ziemlich Erhebliches sagen? Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals!
„Ich…“, wiederholte
er wieder, und sie wollte nur noch, dass er sie küsste! Sie vermisste seine
Nähe, obwohl er direkt über ihr war. Es war unglaublich! Und sie wusste nur
eins: Es fühlte sich einfach nur richtig an. Es war ihr absolut klar!
Und sie
spürte eine komplette Gänsehaut auf ihrem Körper, und Tränen traten in ihre
Augen, als sie einfach nur nickte. Einfach nickte, weil sie ihn verstand, weil
sie nicht erwarten konnte, dass er sie wieder küsste, dass er sie… - egal, was
er mit ihr tat! Sie wollte nur ihn!
Also
nickte sie heftig. „Ja, ich weiß“, flüsterte sie heiser. „Ich… ich dich auch,
Draco!“, sagte sie, und ihr Herz zersprang in ihrer Brust. Sie schloss die
Augen und wartete auf seine Lippen.
…
Aber…
… nichts passierte.
Ihre Lider
flatterten auf. Und er starrte sie an. Völlig entgeistert. Und ihr Herz fiel
aus allen sieben Wolken ziemlich heftig und ziemlich hart zurück auf den Boden.
Den Boden
aller Tatsachen. Auf den Boden ihrer Räume.
„Was?“,
fragte er ernstlich verwirrt, und sie glaubte, dass sie sterben würde. Genau
jetzt.
Oh nein!
Sie spürte die Tränen deutlicher, und es waren keine Freudentränen, oh nein!
Definitiv nicht.
„Was?“,
wiederholte sie also heiser und hasste sich selbst! Oh Gott, das hatte sie
gerade nicht wirklich gesagt, oder? Oh Gott, nein! Wie er sie ansah! Als wäre
sie etwas Ekliges! Als wäre sie Ungeziefer und er wüsste nicht recht, ob er sie
leben lassen oder mit seinem Schuh erschlagen sollte. Sie schloss ihren
geöffneten Mund, zwang Sauerstoff in ihr Gehirn und würde alles geben, was sie
hatte, wenn sie nur eine Minute in der Zeit zurückgehen konnte!
Sofort
sprangen ihre Gedanken zu McGonagalls Zeitenumkehrer! Wenn sie sich nur eine gute Ausrede
einfallen lassen könnte, um ihn zu borgen! Obwohl… - dass sie Draco Malfoy gerade
praktisch ihre Liebe gestanden hatte, war doch wohl ein ausgezeichneter Grund,
oder nicht?!
Oh Merlin,
nein!!!
„Du… mich auch?“, wiederholte er ihre
Worte ungläubig und starrte sie weiterhin an, als sähe er sie zum ersten Mal.
„Nein!“, sagte
sie sofort. „Ich… nein!“ Sie schob ihn von sich, richtete sich auf, zog den
Rock gerade und erhob sich kopfschüttelnd. „Nein!“
Seine
Augenbrauen hatten sich ungläubig gehoben.
„Hast du
das gerade wirklich zu mir gesagt?“, wollte er wissen, und sie konnte den Ton
seiner Stimme nicht exakt deuten, aber sie traute ihm zu, dass seinen Worten
gleich ungläubiges Gelächter folgen könnte. So klang er nämlich gerade. Er
klang… amüsiert. Sie schloss die
Augen, denn jetzt gerade – genau das – war ihr Albtraum! Denn jetzt gerade war
sie eines der Mädchen geworden, das sie verabscheute! Oh Gott!
Sie
starrte in den Kamin, aber es geschah kein Wunder.
Sie wachte
nicht plötzlich auf.
Es war
kein Traum, nein.
Und
tatsächlich unterdrückte er ein Lachen. Und ärgerlich wischte sie sich eine
Träne von der Wange. „Hör auf!“, zischte sie zornig. Die Hitze in ihren Wangen
verbrannte sie, und sie kam sich so dumm vor! Sie! Hermine Granger dumm! Oh
Gott….
„Tut mir
leid, Granger, es ist nur…“, begann er grinsend, aber sie schüttelte wütend den
Kopf.
„Nein!
Halt deine Klappe, ok? Ich habe es nicht ernst gemeint! Gott!“ rief sie zornig
aus. „Es… es ist etwas, was man eben sagt, wenn man…“, begann sie aufgelöst,
und hatte keine Ahnung, was sie gerade von sich gab!
„Potter wird
begeistert sein!“, lachte er, und sie griff sich ihre Unterlagen.
Oh Gott,
wieso versank sie nicht endlich im Erdboden?! Sie stürmte aus dem Wohnzimmer,
ihre Stufen empor.
Die Tür
fiel mit einem Knall ins Schloss.
Sein
Grinsen verblasste, bis es ganz verschwunden war.
Ruhig saß
er auf der Couch und starrte in die Flammen. Sein Atem ging flach, und er hatte
nicht begriffen, was gerade passiert war. Er hatte gerade Zweifel bekommen. Er
hatte ihr sagen wollen, dass sie es besser sein lassen sollten, weil es zu
kompliziert war, weil es nirgendwohin führte, weil es… einfach eine schlechte
Idee war. Und sie… sie… sagte, sie würde ihn auch…? Ihn auch was? Ihn… ihn… - er konnte es nicht mal denken.
Ihn… lieben?
Hatte sie
das gemeint? Hatte sie geglaubt, er hatte ihr so ein Geständnis machen wollen?
So etwas Selbstkastrierendes? So etwas vollkommen Hirnrissiges? Da könnte er
sich gleich vom Astronomieturm stürzen! Liebe war für
die Schwachen! Und sie glaubte allen Ernstes, er würde so etwas zu ihr sagen?!
Er
schüttelte den Kopf.
Was?
Und… sie
sagte das zu ihm? Warum, zum Teufel? Hatten sie sich nicht heute noch
gestritten? Hing nicht alles sowieso in der Schwebe? Wieso sagte sie es dann?
Sein Mund öffnete sich perplex, denn er begriff es nicht.
Er lehnte
müde den Kopf zurück und schloss die Augen.
Scheiße.
Er nahm nicht an, dass sie noch scharf auf Sex war.
War sie
verrückt geworden?! Und er horchte in sich. Da war nichts. Da war… gar nichts.
Und ihre
Worte hatten ihm seine Erektion genommen. Das war noch wesentlich
eindrucksvoller. Niemand… liebte ihn. Sein Blick wandte sich zu ihrer
verschlossenen Tür.
Wieso
hatte sie das getan? Wieso hatte sie alles kaputt gemacht?
Er schloss
die Augen wieder und musste lächeln. Er erinnerte sich an ein Gespräch mit
seiner Mutter, als er jünger war.
„Mutter?“
„Ja, Draco?“ Sie sah ihn über Zeitung
hinweg an, ohne ihm wirklich Aufmerksamkeit zu schenken. Ihr Blick wirkte
abweisend wie immer.
„Liebst du Vater?“, fragte er und wollte
es auch fragen, denn seine Eltern verreisten nicht zu zweit, so wie es Gregorys
Eltern ständig taten.
„Ach“, sagte sie abwehrend und senkte
den Blick wieder in den Tagespropheten. „Sitz gerade und iss auf, Draco.“
Er atmete aus,
und seine Mundwinkel zuckten freudlos.
„Tut mir
leid, Granger“, murmelte er und fuhr sich über Stirn. „Für so was bin ich der
Falsche“, ergänzte er lächelnd und zog seinen Zauberstab. „Accio Feuerwhiskey“, rief er in
den Raum und hörte das Brechen der Dielen im hintersten Schrank. Die Tür flog
aus den Angeln, und die Flasche schoss in seine ausgestreckte Hand.
Er würde
es morgen reparieren.
Morgen….
Immer
wieder blickte er nach links und rechts. Pansy fühlte sich nicht wohler als er.
Das zumindest konnte er mit Sicherheit sagen.
„Also?“
Sie schien
zu erwarten, dass er sprach. Er atmete aus, denn er wollte überhaupt nicht in
der Position sein, dass Pansy tatsächlich vor ihm stand und darauf wartete,
dass er etwas erklärte, und er wollte nicht unter Treppen neben Putzeimern
stehen und Pläne mit einer Slytherin schmieden, wie er die Schulsprecher
entheben lassen konnte.
„Ich weiß
es nicht, ok?“, fuhr er sie aggressiver an, als er vorgehabt hatte. Und Pansy
verdrehte die stark geschminkten Augen.
„Es hat nicht geklappt!“, gab sie entnervt zurück.
„Das weiß
ich selber, Parkinson! Ich bin kein Profi, verdammt“, knurrte er. „Ich habe
keine Ahnung, was ich machen soll.“
„Tja,
Weasley, an mir liegt es nicht.“ Und er starrte sie an. Wieso – Merlin wieso – hatte er sich nur auf so eine Verbindung eingelassen?
„Wie wäre
es dann, wenn du mich in Ruhe lassen würdest?“, knurrte er ungeduldig, aber
Pansy verschränkte die Arme vor der Brust, während sie noch einmal in den
menschenleeren Korridor blickte.
„Weißt du,
ich glaube langsam, es ist dir völlig egal.“
„Was? Was du von mir hältst? Parkinson, es gibt nichts, was mir egaler ist als
das!“, sagte er gepresst, und Pansy schüttelte den Kopf.
„Nein,
Weasley. Wenn du Granger willst, dann musst du dich schon mehr anstrengen. Ist
dir klar, dass du mit Draco Malfoy konkurrieren musst?“ Und sein Mund öffnete
sich perplex. Er konkurrierte bestimmt nicht mit Malfoy! Er sagte nichts und
drängte sich auf den Flur.
„Wo willst
du hin?“, rief sie ihm zornig nach und holte ihn ein.
„Es gibt
nichts mehr zu diskutieren“, schnitt er ihr knapp das Wort ab, ohne inne zu
halten.
„Wirklich?
Du musst überhaupt nicht so empfindlich tun! Mir musst du nichts beweisen,
Merlin, noch mal!“, rief sie ihm nach. „Ich kann dir helfen. Ich bin zufällig
ein Mädchen, Weasley. Und nebenbei bemerkt bin ich ein Mädchen, bei dem du in
keiner wachen Minute auch nur dir geringste Chance haben würdest!“, fügte sie
lauter hinzu, und zornig hielt er inne.
„Warum
sollte ich das auch wollen?“, schnappte er wütend, aber sie war wieder näher
gekommen.
„Merlin, du
bist wirklich dämlich. Weil ich dir helfen kann, das zu bekommen, was du
willst! Weil ich weiß, was Männer wollen und weil ich weiß, was Mädchen wollen,
Weasley.“ Und sie war so überzeugt von sich. Ron hätte schreien können.
„Nicht alles auf der Welt läuft über irgendwelche Oberflächlichkeiten.
Das ist der Grund, weshalb du auch niemanden hast, Parkinson.“
Aber jetzt
lächelte sie wieder auf diese hochnäsige Art und Weise. „Ach wirklich?“
„Ja!
Hermine, Harry und ich haben zusammen gekämpft! Gegen alles, wofür du stehst!“
„Oh,
verschon mich mit dieser Weltverbesserungs-Nummer, Weasley. Und du begreifst es
nicht, oder?“, fügte sie hinzu, und Ron sah sich wieder um, aber niemand hatte
sie bisher entdeckt. Das war auch besser so!
„Dann
erleuchte mich. Ich bitte dich, erzähl mir, was ich nicht begreife, Pansy!“
„Granger
ist es scheiß egal“, schloss sie bitter. „Denkst du, Draco ist freundlich? Höflich?
Der Harry Potter unter den Slytherins? Nein, er ist oberflächlich, er ist
gemein, er ist-“
„-und du
stehst trotzdem auf ihn, oder?“, entfuhr es ihm scharf, aber Pansy antwortete
ihm nicht auf die Frage.
„Das
Problem ist, dass deine kostbare Granger darauf
anspringt.“
„Tut sie
nicht“, erwiderte Ron kopfschüttelnd, wenn auch nicht überzeugt.
„Ich denke schon“, erwiderte Pansy.
„Nein, tut
sie nicht.“
„Wie dem
auch sei, Weasley, du bist langweilig.“
„Was?“,
fuhr er sie an, und konnte nicht fassen, dass er sich seit fünf Minuten von
Pansy Parkinson beleidigen ließ.
„Das einzig
interessante an dir ist Potter“, schloss sie offen. Und Ron spürte, wie er
nichts erwidern konnte. Er spürte, wie Pansy mit allem, was sie sagte, falsch
liegen konnte, und wie sie dennoch manchmal ein Korn Wahrheit fand. Und es
gefiel ihm gar nicht. „Und mit ihm scheint es zurzeit auch nicht gerade gut zu
laufen“, fügte sie mit einem eindeutigen Blick hinzu.
„Du irrst dich“, sagte er tonlos.
„Glaub mir,
Weasley, ich sehe dich, und ich kann sagen, sogar Gregory Goyle
bietet mehr Unterhaltungswert als du.“
„Weißt du,
was du bist Pansy? Denkst du wirklich, du wärst-“
„-ich bin eine Slytherin. Ich bin erste Vertrauensschülerin, und ich-“
„-ich bin auch erster Vertrauensschüler, Pansy!“, unterbrach er sie, und kam
sich lächerlich dabei vor. Es war ihm sonst auch egal, dass er
Vertrauensschüler war. Und das sollte auch keine hervorstechende Eigenschaft
sein.
„Ja, aber
der Unterschied zwischen uns ist, dass mein Name auf jeder Jungentoilette in
die Türen geritzt ist.“
„Weil du
eine Schlampe bist?“, vermutete er kühl.
Kurz
schwieg sie und schenkte ihm ein böses Lächeln. Sie hatte sich sehr gut unter
Kontrolle. Blöderweise besser als er selbst.
„Weil jeder
mit mir zusammen sein möchte, Weasley!“, knurrte sie, und ihre Augen funkelten
böse.
„Nein.
Nicht jeder. Ich bestimmt nicht, Harry bestimmt nicht, und so wie es aussieht,
hat auch Malfoy kein Interesse an dir oder deinem-“
„-Weasley,
verstehst du nicht? Es geht nicht um mich! Ich kann bekommen wen ich will,
kostet es mich auch Aufwand, aber bei dir…“ Sie machte eine Pause und musterte
ihn von oben bis unten. „Du hast Potential, aber du nutzt es nicht.“
„Ich habe…“
Er schwieg verblüfft. Er hatte Potential? Was sollte das überhaupt heißen?! Er
sah sie an. Pansy Parkinson hatte eine interessante Art. Alles an ihr war
makellos. Ihr Makeup, ihre Kleidung, ihre Pläne. Sie ließ keinen Fehler zu, und
sie schaffte es sogar, ihn zu beleidigen, ohne dass er sie stehen ließ.
„Und ich
kann dir helfen. Wenn du mich lässt“, fügte sie hinzu.
„Inwiefern?
Ich glaube nicht, dass ich deine Hilfe will.“
„Wäre es
nicht bedauerlich, wenn Granger sich nicht für dich entscheidet, weil du nicht
wenigstens die billigen Tricks versuchst, mit denen Draco arbeitet?“
„Hermine
ist nicht so oberflächlich!“
„Ach nein?“
Und Pansy lächelte auf eine wissende, bedauernde Art. „Wach auf, Weasley.
Granger ist nur ein Mädchen. Und ein sehr berechenbares, wenn sie auf Draco
Malfoy reinfällt.“ Ron rieb sich über die Augen.
„Erklär mir noch mal, was du von ihm willst, wenn du weißt, wie scheiße er
ist?“, murmelte er müde.
„Das geht dich nichts an.“
„Natürlich
nicht!“, knurrte er gereizt. „Ich glaube nicht, dass-“
„-Weasley,
eine Frau will, was sie nicht haben kann. Wenn du auf einmal, aus heiterem
Himmel der Mann wirst, der alle Aufmerksamkeit bekommt, glaubst du nicht, dass
Granger dich endlich bemerken würde?“
„Was?
Hermine bemerkt mich! Sie weiß, wer-“
„-ja,
deswegen verbringt sie ihre Abende auch mit Draco. Ich frage mich, ob sie noch
Jungfrau-“
„-halt deine Klappe, Parkinson!“, rief er ärgerlich aus.
„Also?“,
fuhr sie ihn wieder an, Erwartung war in ihren Blick getreten. Ron schüttelte
nur den Kopf.
„Nein. Wir haben
zusammen gearbeitet, und es hat nicht geklappt.“ Pansy sah ihn an und hob
spöttisch eine Augenbraue.
„Nein,
Weasley. Du hast es versucht, dein Plan war dumm, und jetzt bist du wütend, weil Granger nicht längst in
deinen Armen liegt.“ Sie fasste es ziemlich gut zusammen, und Ron spürte wieder
die Hitze in seinen Kopf steigen. Er hasste es, dass er sich auf Pansy
eingelassen hatte.
„Und ich
nehme an, du bist so viel klüger, Parkinson?“, knurrte er, am Ende seiner
Geduld.
„Natürlich,
Weasley. Willst du gelten, mach dich selten“, erklärte sie lächelnd.
„Was?“
„Wir gehen
heute nicht zum Vertrauensschülertreffen“, eröffnet sie jetzt.
„Das ist dein grandioser Plan?“
„Nein,
Weasley. Wir gehen nach Hogsmeade.“
„Wir dürfen
unter der Woche nicht nach-“ Aber er verstummte, als er ihren abschätzenden
Blick registrierte.
„Ja?“,
erkundigte sie sich lauernd. „Weißt du, dass mein Ruf ziemlich darunter leiden
würde, wenn mich jemand mit dir sieht? Also könntest du, für unser gemeinsames
Wohl, einfach mal mitarbeiten?“
„Und dann
was? Was willst du in Hogsmeade?“
Und ihr
Blick glitt über seine Erscheinung. Er blickte ebenfalls an sich herab. Gut,
seine Schuhe waren… schon mal sauberer gewesen. Seine Hose war ein Stückchen zu
kurz, sein… - oh, na gut, er hatte sich mit seinem Hemd verknöpft,
aber sonst…? Hastig öffnete er den untersten Knopf, um sein Hemd zu richten,
aber er hörte Pansy seufzen. Merlin, das waren alles bloß Oberflächlichkeiten!
„Es wird
nicht funktionieren“, schloss er bitter, während er hastig sein Hemd zurück in
die Hose schob. Pansy würde nicht recht behalten!
„Das war
mir bei deinem Blaise-Plan schon von vornherein klar, Weasley. Also, könntest
du jetzt zumindest höflich genug sein, mir die Chance zu geben?“ Und
schließlich hob er den Blick zu ihrem Gesicht.
„Ich habe
kein Geld für Kleidung, Pansy, und ich habe auch keine Lust mit Klamotten zu
versuchen, irgendetwas zu erreichen“, sagte er, und es stimmte. Er hatte kein
Geld. Und Hermine fiel auch nicht auf Geld herein! Die Belohnung für den Sieg
über Voldemort, hatte seine Mutter so schnell ins Gringotts-Verlies gebracht,
bevor er einen neuen Rennbesen überhaupt hatte ansprechen können.
„Weasley,
das einzige Problem, was ich nicht habe, ist Geld, ok?“ Sie klang gereizt.
„Nein“,
sagte er jetzt kopfschüttelnd.
„Weasley,
wenn es nicht funktioniert, vergessen wir alles weitere und tun so, als hätten
wir nie miteinander gesprochen. Also?“ Pansys Plan war, ihm Kleidung zu kaufen.
Und dann? Dann was? Magischerweise sollte sich durch
eine Hose alles ändern? Und er spürte, wie verzweifelt er wirklich war, denn er
ging nicht. Er machte nicht kehrt.
„Wann?“,
fragte er also resignierend und wusste, er hatte Pansy noch mehr Macht gegeben.
„Wir
treffen uns um zwei Uhr an den Schlosstoren. Sei pünktlich, und dass keiner
dich bemerkt!“, erwiderte sie und hatte sich von ihm abgewandt. Er seufzte auf
und fuhr sich durch die Haare. Es war halb acht. Er hatte noch nichts gegessen,
und ihm war schlecht genug, alleine von diesem Gespräch.
Sie hatten
gleich Magische Geschichte, und es würde ein sehr langer Tag werden.
Er machte
Kehrt in Richtung Halle. Vielleicht könnte er sich einen Apfel mitnehmen.
Viele
Schüler verließen bereits die Halle, auf dem Weg zum Unterricht. Es herrschte
schlecht gelaunte Stimmung, wie an jedem Montagmorgen, und er konnte es nur zu
gut nachvollziehen. Er war selber in finstere Geschäfte verwickelt und fühlte
sich mehr als schlecht.
Er
erreichte die Große Halle, ohne jemanden zu treffen, und hielt in den beiden
großen Flügeltüren inne.
Dort
standen sie. Seine besten Freunde. Hermine sah umwerfend aus. Auch in
Schuluniform. Er nahm die Uniform nicht wirklich wahr. Er sah nur sie. Sie und
Harry und Ginny standen bereits. Er betrat die Halle und kam unbemerkt näher.
„-habe den
Aufsatz noch gestern fertig geschrieben, und es war wirklich nicht gerade
einfach. Snape wird immer-“ Sie unterbrach sich, als sie ihn erkannte. „Ron!“,
begrüßte sie ihn, und Erleichterung schien ihr Gesicht aufzuhellen. Ihm fiel
ein, dass er sich nicht weiter um den verdammten Aufsatz gekümmert hatte. Tja,
Pech. Er hatte auch gerade wichtigere Sorgen an der Hand. Verwundert tauschte
er Blicke mit Ginny und Harry. Harry schien etwas wortkarg zu sein.
„Ron, wo warst du?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn, aber er deutete
lediglich ein Kopfrucken an, dass resignierend zur Kenntnis nahm. „Jungs, wir
müssen gleich los. Ich möchte vorne sitzen.“
„Bei Binns?“, vergewisserte sich Ginny misstrauisch, aber
Hermine nickte.
„Sicher,
ich weiß ja, dass seine Prüfungen schwierig sind. Ich habe sowieso viel zu
wenig getan, in den letzten Wochen!“, entfuhr es Hermine kopfschüttelnd.
Ron
vergrub die Hände in den Taschen seiner Hose. Hermine wirkte so anstrengend wie
eh und je. Verbissen und etwas… verloren.
„Was ist
mit euch beiden los?“, wollte Ginny jetzt von ihm wissen und betrachtete dann
Harry.
„Nichts“,
sagte Ron sofort.
„Ja,
nichts“, sagte auch Harry.
Er
bemerkte, wie sich Hermine aufrechter hinstellte, und ihr Gesicht einen
stählernen Ausdruck annahm.
„Lasst uns
gehen, ok? Ich habe wirklich keine Lust auf dieses Arschloch. Es reicht schon,
dass wir heute Zaubertränke mit diesen Vollidioten haben!“, entfuhr es Hermine
zorniger als üblicherweise. Erneut tauschte er einen Blick mit Harry. Harry
jedoch schien Hermines Wortwahl nicht verwunderlich zu finden. Malfoy hatte die
Halle betreten, hinter ihm Goyle und Pansy, die zu
ihm aufschlossen.
Hermine
setzt sich nahezu augenblicklich in Bewegung, und Ron und Harry folgten ihr. Er
verabschiedete sich noch mit einem Winken von Ginny, die sich wieder an den
langen Gryffindortisch setzte, und im Vorbeigehen
bemerkte Ron wie Malfoys Mundwinkel zuckten. Und es regte ihn innerlich schon
wieder auf. Pansy ignorierte ihn, als hätten sie nie ein Wort gewechselt. Und
das war auch gut so.
Und Ron
hatte nichts, was er zu Harry sagen konnte. Ihm fiel beim besten Willen nichts
mehr ein. Er könnte Harry fragen, wie gestern das Nachsitzen gelaufen war, aber
er hatte keine Lust, zu fragen. Er hatte keine Lust, sich über Malfoy
aufzuregen.
„Was ist
los mit euch?“, fragte jetzt auch Hermine, aber Ron sah, dass sie weder ihm,
noch Harry in die Augen sehen konnte. Aber Ron sah erst jetzt, wie müde Hermine
aussah. Ihre sonst cremig weiche Haut, war nicht ebenmäßig. Sie hatte dunkle
Ringe unter den Augen, und ihre Lider wirkten geschwollen, als hätte sie…
geweint? Alles in ihm zog sich zusammen.
„Hermine,
alles in Ordnung?“, wagte er zu fragen, und ihr Gesicht wirkte wieder
verschlossen und angespannt.
„Natürlich,
Ronald. Alles bestens“, erklärte sie steif. Sie log. So einfach war es. Aber
mittlerweile war es nicht mehr so einfach so etwas anzusprechen, stellte er
verärgert fest. Würde er sie darauf ansprechen, würde sie ihn abblocken,
wahrscheinlich sogar gehen. Sie würde nicht ehrlich antworten, erst recht
nicht, wenn es Malfoy betraf. Und er würde alles darauf verwetten, dass Malfoy
schuld daran war, dass Hermine nicht geschlafen hatte.
Er
seufzte. Es würde ein langer Tag werden. Harry drehte seinen Zauberstab
zwischen den Fingern, und alles hatte sich geändert.
Sie
betraten mit der anderen Schar Schüler das Klassenzimmer, und als wäre es
selbstverständlich, setzte sich Harry neben Hermine.
„Es macht
dir nichts aus, oder?“, fragte Harry offen, und Ron ruckte mit dem Kopf. Was
sollte er tun? Natürlich machte es ihm etwas aus, dass sein bester Freund in
Hermine verliebt war! Er setzte sich hinter Harry an den nächsten Tisch.
„Darf
ich?“, fragte Lavender Brown, wohl eher aus Höflichkeit, denn sie hatte bereits
ihre Tasche auf den Platz neben ihm geworfen.
„Mir
egal“, erwiderte Ron. Er hatte Lavender einen Korb gegeben, als sie ihn um ein
Date gebeten hatte. Jetzt war es etwas unangenehm, sie zu sehen, vor allem, da
sie ihn nicht mal mehr mit einem einzigen Blick beachtete.
Professor Binns schwebte durch die Tafel, und Rons Kopf sank langsam
auf die Tischplatte. Es war einfach nur traurig, dass er sich auf Pansy
Parkinson verlassen musste.
~*~
Ihr Herz
raste. Und sie konnte es nicht verhindern. Ihr Herz raste seit einer
Viertelstunde, und sie hatte nichts zu Mittag essen können. Sie hatte
Zauberkunst überstanden, ohne in Tränen auszubrechen. Sie war im Unterricht so
präsent gewesen, dass sie ihn praktisch alleine hätte halten können. Professor Binns und Professor Flitwick
hatten sie ungefähr siebenhundert Mal dran genommen.
Sie hasste
Zaubertränke mit den Slytherins. Sie hasste die Slytherins. Sie waren bereits
auf dem Weg nach unten, und sie war heilfroh, wenn sie nicht bis gleich
ohnmächtig geworden war. Sie wollte ihn nicht sehen! Sie wollte auf gar keinen
Fall in Snapes Klassenzimmer gehen, und wissen, dass sie gestern Abend
praktisch gesagt hatte, dass sie ihn liebte!
Denn das
tat sie nicht! Es war nur… ein Reflex gewesen. Es war nicht echt gewesen. Und
sie hatte es bestimmt nicht so gemeint. Bestimmt nicht! Und er grinste! Er
schien es als großen Spaß zu empfinden, vielleicht sogar als verdammten Sieg
über das dämliche Schlammblut, was ihn eigentlich hassen sollte! Er beleidigte
sie ausschließlich, gab sich niemals Mühe ihr irgendetwas leichter zu machen,
und sie war ein weiteres dummes Mädchen, was ihm ihr Herz zu Füßen legte!
„Hermine?“
Sie erschrak fast, als Harry sie ansprach.
„Was?“,
schnappte sie, und Harry schüttelte den Kopf.
„Nichts,
ich wollte wissen, ob alles in Ordnung ist?“
Beide
hatten sie es heute schon gefragt. Und nein! Natürlich war nichts in Ordnung.
Sie wusste nicht, wie sie mit Harry umzugehen hatte, seitdem er ihr gebeichtet
hatte, dass er sie mochte. Und sie wusste auch nicht, ob Ron es wusste, oder ob
es Ron etwas ausmachte, denn Ron sprach seit der ersten Stunde nicht mehr mit
ihnen. Er sprach auch nicht mit Harry, aber sie wusste nicht, wie sie mit Ron
sprechen sollte. Was sie fragen sollte! Es war nicht mehr so einfach wie
früher.
Und sie
war so nervös, so aufgeregt, und es ging ihr einfach schlecht. Sie hatte so
viele selbstsüchtige Gedanken im Kopf, dass sie nicht einmal daran denken
konnte, die Freundschaft zwischen Harry, Ron und sich zu retten.
Die Tür
zum Klassenzimmer war offen. Sie blieb vor der Tür stehen, als Harry und Ron
bereits reingegangen waren. Sie hatte das Gefühl, die Tür würde kleiner und
kleiner werden. Sie hatte das Gefühl, sie wäre ein riesiges Monster, was nicht
durch die Tür passen würde, und alle Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Snape
erschien im Türrahmen.
„Kommen
Sie rein, oder bleiben Sie draußen?“, erkundigte er sich, unfreundlich, wie
immer, und sie schaffte es nur, mit dem Kopf zur rucken, ehe sie ihm folgte.
Sie passte durch die Tür. Und Merlin, wie sehr wünschte sie sich, dass sie
nicht durch die Tür passen würde!
Aber
niemand schenkte ihr Beachtung. Sie schritt auf
wackeligen Beinen zum Tisch, wo die anderen Gryffindors bereits Kessel
aufgestellt hatten, und Snape klatschte vorne in die Hände.
„In
einigen Wochen sind die Prüfungen, und wer jetzt nicht alle Tränke
auswendig brauen kann, wird bei mir
keine gute Note bekommen“, informierte er sie alle eisig. Neville neben ihr
öffnete fahrig den ersten Knopf seines Hemdes.
Ich möchte
in den nächsten Wochen, dass zwei Schüler vorne stehen und einen Trank brauen,
den alle anderen ebenfalls brauen müssen. Alle anderen sind jetzt gewarnt, was
sie nächste Woche erwartet. Ich möchte, dass die beiden besten der Klasse nach
vorne kommen.“ Hermine Herz schlug viel zu schnell.
Sie
wusste, Harry war nicht besser als sie. Oh nein! Oh nein! Nein, nein, nein! Ihr
Herz hämmerte in ihren Ohren.
„Heute
sind es unsere geschätzten Schulsprecher. Also, bringen Sie ihre Kessel nach
vorne und brauen Sie mir den Trank der ewigen Sonne“, befahl Snape, während er
ein Pergament und eine Feder in die Hand nahm. Hermine bewegte sich nicht,
während Malfoy nach vorne kam und seinen Kessel auf den vordersten Tisch
stellte.
„Hermine“,
bemerkte Harry neben ihr, aber sie rührte sich nicht.
„Miss
Granger?“
Wenn sie
lange genug still blieb, vielleicht würden die Leute sie dann nicht mehr beachten.
Sie versuchte, ruhig zu atmen. Aber es gelang ihr nicht. Sie räusperte sich,
als Snape sie auffordernd ansah.
„Miss
Granger, würden Sie nach vorne kommen?“
„Ich… ich
kenne den Trank nicht“, log sie heiser. Snapes Blick wurde finster.
„Was? Über
diesen Trank sollten Sie auch den Aufsatz geschrieben haben, Miss Granger. Also
nehme ich an, Sie wissen, wie er zu brauen ist. Mr
Malfoy scheint es auch zu-“
„-ich habe
den Aufsatz nicht!“, rief sie lauter.
„Hermine!“,
entfuhr es Harry neben ihr.
„Ich habe
keine Ahnung, wie man den Trank braut, Professor“, wiederholte sie und sah
überall hin, nur nicht nach vorne zu Malfoy. Ja. Sie war so erbärmlich, dass
sie nicht einmal neben ihm stehen wollte. So erbärmlich, dass sie lieber einen
Eintrag von Snape in Kauf nahm, als nach vorne zu gehen.
„Sie haben
den Aufsatz nicht geschrieben?“ Und Snape glaubte ihr nicht. Er glaubte ihr
nicht, denn er kam zu ihr.
„Nein,
Sir“, beharrte sie. Und er verschränkte die Arme, als er vor ihr stand.
„Wäre Sie
so freundlich, mit Ihre Tasche zu zeigen?“, fragte er jetzt, und alle Schüler
beobachteten sie gespannt. Hermine spürte, wie ihr heißer wurde. Mist. Ihr
Herzschlag setzte kurz aus.
„Nein,
Sir“, sagte sie also, und Snapes Augen weiteten sich überrascht.
„Nein?
Miss Granger, bitte zeigen Sie mir Ihre Tasche“, wiederholte er, ohne jede
Freundlichkeit. Sie wurde nervöser. Sie überlegte, ob sie Snape sagen sollte,
dass sie nicht verpflichtet war, ihm ihre Tasche zu zeigen, dass er kein Recht
hatte, ihr Wort anzuzweifeln, aber… wenn sie darüber nachdachte, dann konnte
sie vielleicht nachvollziehen, warum er denken musste, dass sie log. Es war
noch nie vorgekommen, dass sie etwas nicht gemacht hatte.
Aber ehe
sie widersprechen konnte, hatte Snape sich neben ihr gebückt, und ihre Tasche
auf den Tisch gestellt. Er öffnete sie, ehe Hermine ihn abhalten konnte.
„Sir!“,
begann sie schockiert, während ihr wieder einmal bewusst wurde, dass sie von
ausnahmslos allen angestarrt wurde.
„Und was ist
das hier?“ Snape zog mit erhobener Augenbraue die Mappe mit dem Aufsatz hervor.
„Ich… Sir…
das…“, begann sie, bei weitem nicht so eloquent, wie sie vorgehabt hatte.
Es verging
eine kleine Ewigkeit, in der Snape sie abwartend und ungeduldig anstarrte. Sie
könnte einfach weinen, überlegte sie. Das konnte sie doch in letzter Zeit
besonders gut.
„Das ist
mein Aufsatz“, sagte Ron neben ihr plötzlich. „Sir“, fügte er hastig hinzu.
Snapes Blick hob sich mikroskopisch langsam von ihrem Gesicht zu Rons.
Wieso tat
Ron das? Mit klopfendem Herzen wandte sie sich ebenfalls an Ron.
„Ihr
Aufsatz, Mr Weasley? Wieso ist er in Miss Grangers
Tasche?“ Ron schenkte ihr keine Beachtung. Er sah Snape gerade ins Gesicht.
„Wollen
Sie meine Tasche auch durchsuchen? Ich habe nämlich keinen Aufsatz da drin. Das
da ist mein Aufsatz. Hermine hat… es nicht geschafft, und deshalb… habe ich ihr
meinen gegeben“, schloss Ron, ohne mit der Wimper zu zucken. Und Hermines
Kiefer lockerte sich vor Überraschung, denn damit hatte sie nicht gerechnet.
Absolut nicht! Auch Harry bedachte Ron mit einem ungläubigen Blick.
„Wirklich?
Und warum sollten Sie so etwas tun, Mr Weasley?“,
erkundigte sich Snape gefährlich langsam. Er schien die
Interesse an dieser Unterhaltung schlagartig zu verlieren. Hermines Herz schlug
noch immer schnell, und sie konnte nicht sagen, was sie gerade dachte. Ron half
ihr tatsächlich. Ron stand für sie ein. Ron… -
„Weil ich
sie liebe, Sir.“
…
Oh… mein… Gott!
Hermine
spürte, wie sie nicht mehr atmen konnte. Oh nein! Was sagte er denn da?
Es war
immer noch still um sie herum. Snapes Augenbraue war in die Höhe gewandert.
„Mr Weasley-“, begann Snape warnend, aber Ron hatte sich die
Tasche um die Schulter geschlungen. „Wenn Sie jetzt gehen, werden Sie den Rest
der Woche nachsitzen müssen!“, drohte er lauter, als sich Ron auf den Weg zur
Tür machte. Hermine konnte ihm nur stocksteif hinterhersehen. An der Tür hielt
Ron inne und wandte sich noch einmal um.
Er wirkte
vollkommen resigniert und lächelte tatsächlich freudlos.
„Sir, bei
allem Respekt, das ist mir scheiß egal.“
Und damit
war Ron verschwunden. Sofort schlug die Stimmung um, und Getuschel loderte im
gesamten Klassenzimmer. Hermine tauschte einen Blick mit Harry, aber dieser
wirkte ähnlich hilflos. Mit hochroten Wangen starrten sie also auf die
Arbeitsfläche, und sah aus den Augenwinkeln, wie Snape gereizt die Arme hob.
„Genug!
Ruhe! Fangen wir an. Mr Malfoy, Sie beginnen
alleine!“, donnerte Snapes Stimme. „Miss Granger, zwanzig Punkte Abzug für
Gryffindor!“, fügte er streng hinzu. Sie schluckte. Sie hatte noch nie so viele
Punkte abgezogen bekommen, aber jetzt gerade war es ihr merklich egal.
Ron hatte
gesagt, dass er sie liebte…!
Und hatte
sie das gewusst? Hatte sie das geahnt? Hatte sie gehofft, dass es nicht so sein
würde? Wa sollte sie tun? Sie wusste es nicht! Sie
hob den Blick nicht nach vorne, sie sah Malfoy nicht ein einziges Mal ins
Gesicht. Wahrscheinlich lachte er sich innerlich tot.
Und sie
musste nicht nach vorne sehen, denn sie brauchte Malfoys Anweisungen auch
nicht! Denn natürlich war es ihr Aufsatz und nicht Rons. Und natürlich konnte
sie das Rezept auswendig.
Und jetzt
hatte sie immerhin eine Entschuldigung, nicht an Rons Worte denken zu müssen.
Vorerst. Denn jetzt konnte sie einen Trank brauen. Sich vollkommen darauf
konzentrieren. Denn wie sollte sie damit umgehen? Wie sollte sie mit dieser
ganzen seltsamen Aufmerksamkeit umgehen? Wie ging man damit um, wenn man
plötzlich all seine besten Freunde verlor? Wie?! Denn sie wusste es nicht.
Und sie
hörte die Slytherins lästern und lachen, und sie glaubte auch, Pansys gehässige
Stimme hören zu können.
Und sie
versuchte, alle bösen Stimmen auszublenden.
~*~
Er hatte
stoisch gewartet, und er glaubte nicht, dass er jemals wieder hier gewesen war,
seitdem er und Harry Vielsafttrank getrunken hatten, um sich im zweiten Jahr
als Crabbe und Goyle auszugeben. Viele Slytherins
waren aus dem Portraitloch gestiegen, hatten ihn mehr als scheel angesehen, und
endlich, kurz vor drei kam sie.
Sie
verharrte voller Unglauben vor ihm. Eine Traube an Mädchen musterte ihn
abschätzend. Aber jetzt gerade, heute, in diesem Moment – war es Ron wirklich
egal. Er hatte all seine Würde und seinen Stolz heute verloren, also war es ihm
egal, was eine Horde blöder Mädchen von ihm dachte.
„Geht
schon mal vor!“, sagte Pansy befehlsgewohnt, und ohne eine weitere Frage zu
stellen, verschwanden die geschminkten Mädchen weiter im Gang. „Ja, Weasley?“,
fügte sie glatt hinzu. Sie trug ihre Uniform nicht mehr. Sie trug einen kurzen
Rock, Strümpfe, die über ihren Knien aufhörten, sehr hohe schwarze Schuhe, eine
blaue Bluse und sehr viele Ketten übereinander. Und er kannte mittlerweile den
Duft von ihrem Parfum.
„Wir waren
verabredet“, erwiderte er ruhig. Und milde Nachsichtigkeit trat auf Pansys
harte Züge.
„Nein,
Weasley. Wir waren verabredet, bevor du beschlossen hattest, im Alleingang
alles zu versauen“, klärte sie ihn eisig auf. Das silberne V über ihrer Brust
blitzte im Licht des Flurs. Seine Stirn runzelte sich.
„Ich habe
nicht-“
„-oh? Du
hast ihr also nicht vor allen Schülern gestanden, dass du sie liebst?“,
unterbrach ihn Pansy gepresst, und einige weitere Schüler schritten verwundert
an ihnen vorbei. „Und wieso bist hier vorbeigekommen?“, zischte sie und zog ihn
tatsächlich um die nächste Ecke, wo es ruhiger war.
„Dann habe
ich es halt gesagt! Es war doch sowieso offensichtlich, ich-“
„-das mag
sein, Weasley, aber ein Junge hat keine Chance mehr bei einem Mädchen, wenn er
erst mal sagt, dass er sie liebt!“, rief Pansy wütend. Und Ron sah sie an.
„Was?“
„Ja!“,
schnappte sie und sah sich panisch um. „Und jetzt kannst du gehen!“
„Pansy, du
bist ziemlich arm dran“, schloss er müde.
„Was? Oh ja, sicher! Ich bin arm dran! Immerhin habe ich mir nicht die Blöße
gegeben, vollkommen chancenlos mein letztes bisschen Stolz zu opfern!“
„Na und?“,
rief Ron jetzt zornig, und Pansy zuckte beinahe zusammen vor Schreck. Sie
fixierte ihn mit grünen Augen. „Immerhin weiß es Hermine jetzt! Immerhin habe
ich es ihr gesagt, anstatt alles in mich reinzufressen!“
„Und was
hat es dir gebracht? Ich bin sicher, sie hat nicht nach dir gesucht, sie hat
deine Worte nicht erwidert, denn ansonsten wärst du wohl kaum hier?!“
„Nein“,
gestand er ein. „Nein, hat sie nicht. Aber immerhin bin ich nicht so feige wie
du. Immerhin leide ich nicht unter der Vorstellung, dass jemand kein Interesse
mehr an mir hat, weil ich meine Liebe gestehe!“ Pansy sah ihn an. Offen und
verwirrt. „Und wenn sie es nicht erwidert, na und?“, rief er plötzlich und hob
verzweifelt die Hände. „Dann… dann war es eben Pech! Dann hab ich mich eben
geopfert, aber immerhin habe ich alles getan!“
Und Pansy
atmete aus. Sie blickte den Gang hinab, fixierte keinen bestimmten Punkt,
verlagerte schließlich ihr Gewicht auf ihr anderes Bein und hob den Blick.
Und Ron
unterbrach den Blickkontakt zu ihr nicht. Es war ohnehin egal, ob Pansy dachte,
er wäre ein Versager, oder nicht. Er war nicht wirklich hergekommen, in der
Hoffnung, dass Pansy ihm wirklich helfen konnte. Er… hatte nur gerade nicht
gewusst, wo er sonst hin sollte. Pansy war komplexer als er angenommen hatte.
Unter ihrer schönen Schicht war also absolut nichts Schönes. Sie hatte Angst.
Anscheinend noch mehr Angst als er selber. Sie hatte Angst vor Gefühlen, hatte
so viel Angst vor ihren eigenen Schwächen, dass er vermuten musste, dass sie
Zuhause nicht besonders viel Unterstützung bekam.
Aber war
das so bei Reinblütern? Bei den reichen Reinblütern? Manchmal vergaß er, dass er selber ein Reinblut war. Das Wort bedeutete in anderen Kreisen etwas
völlig anderes. Er fühlte sich nicht überlegen. Nicht gegenüber Muggeln oder
Halbblütern. Magie war für ihn kein Privileg. Es war kein Anrecht, was nur
manchen zustand. Es machte ihn nicht besser.
Es gab
andere Dinge, die einen besseren Menschen ausmachten. Er hatte immer geglaubt,
Harry vereinte all diese Dinge in sich. Slytherins waren nicht so gebaut. Sie
waren weder selbstlos, noch verstanden sie, was Aufopferung bedeutete. Er
atmete aus.
„Ich
denke, ich werde gehen“, sagte er leiser, als seine Erkenntnis beinahe
unangenehm im Raume stand. „Ich brauche keine Tricks“, fügte er hinzu. „Ich
muss mich nicht verstellen, damit mich jemand mag.“ Er hatte sich abgewandt. Er
war tatsächlich so weit gegangen, dass er nicht mal Angst hatte, in den
Korridor der Slytherins hinab zu steigen.
„Weasley!“,
hörte er ihre Stimme und hielt inne.
„Was?“,
fragte er, und Pansy verdrehte die Augen.
„Du bist jetzt auf einmal mutig und… furchtlos? Wir... – vielleicht war deine
Aktion nicht das aller schlimmste, was du hättest tun können“, räumte sie
zerknirscht ein. „Vielleicht… kannst du… das ausbauen, was du angefangen hast?“
Und Ron
glaubte nicht, dass er verstanden hatte. Pansy bot ihm an, ihm immer noch zu
helfen? Pansy gab nach? Sie verurteilte ihn doch nicht dafür, was er getan
hatte? Er legte den Kopf schräg und betrachtete sie ungläubig.
„Oh, sieh
mich nicht so an Weasley!“, schnappte sie zornig, und alle Offenheit war wieder
aus ihrem Gesicht verschwunden. „Ich glaube immer noch, dass es ein Fehler war,
aber vielleicht springt Granger auf so etwas ja doch an“, schloss sie
ausweichend. Ron unterdrückte ein Lächeln. War das ein weicher Kern in Pansy
Parkinsons steinharter, eiskalter Slytherin-Schale? Unmöglich…! Hatte er gerade
die Königin aus Slytherin beeindruckt?
„Also, Hogsmeade?“, erkundigte er sich mit erhobener Braue, und
Pansy verschränkte mit wissendem Blick die Arme vor der Brust.
„Musst du
nicht nachsitzen?“, wollte sie herausfordernd von ihm wissen, und Ron spürte,
wie sich seine Mundwinkel hoben, ehe er die Achseln zuckte.
„Ja. Und?“
Pansy
nickte und wirkte fast als wäre sie für einen Moment fasziniert von ihm.
„Guter
Start, Weasley.“ Sie gab sich geschlagen und bedeutete ihm, vorzugehen. Rons
Herz klopfte schneller. Snape würde ausrasten, das wusste er. Aber… Hermine war
einfach wichtiger als Nachsitzen. Das wusste er jetzt auch!
Er hatte
sich tatsächlich dazu herabgelassen, zu warten. Fünf Minuten lang. Und es waren
sehr lange Minuten gewesen. Aber jetzt, nachdem seine Autorität satte fünf
Minuten in Frage gestellt gewesen war, atmete er laut aus und schritt zur Tafel
nach vorne.
Und er war
sich sicher, weder Granger, noch Weasley, noch Pansy würden auftauchen.
Und er
hatte in seinem Kopf einige Szenarien durchgespielt. Granger könnte mit Weasley
irgendwo sein, seinen Kopf kraulen, während er bittere Tränen in ihren Schoß
weinte.
Oder Potter
hatte sich Weasley jetzt vorgeknöpft und Granger spielte ihr kleines
Versteckspiel vor ihm weiter. Wie lächerlich sie sich heute in Zaubertränke
verhalten hatte! Wie bodenlos feige sie doch war! Sie hatte ihn nicht einmal
angesehen, wo er doch seine höhnischsten Ausdrücke für sie parat gehalten
hatte, für nur einen Blick aus ihren braunen, verletzten Augen.
Aber nein,
sie hatte ihn nicht eine Sekunde lang angesehen und hatte nicht erkennen
können, wie sehr er Weasley verachtete. Wie sehr er jeden verachtete, der eine
solche Gefühlsäußerung zustande brachte! Und dann auch noch vor dem Schulleiter
persönlich!
Merlin,
Weasley war ein dummes Schwein. Und ein armes Schwein.
Und das
interessante war, dass sich Draco eigentlich keine Sorgen machte, dass Granger
jetzt an Weasleys Arm hängen würde, denn… hey, immerhin hatte sie ihm erst
gestern Abend ihre Liebe gestanden! Zumindest praktisch fast hatte sie es
getan!
Und das
gab ihm die Sicherheit, dass er mit dem kleinen Schlammblut eigentlich
anstellen konnte, was er wollte, auch wenn sie jetzt, zugegebenermaßen, den
Reiz für ihn so gut wie verloren hatte. Zu schade…. Wirklich zu schade.
Aber…
Pansy passte nicht in dieses Bild der Abwesenheit. Ihm war aufgefallen, dass
sie und Weasley seltsamerweise an verschiedenen, abwegigen Orten zusammen
erschienen. Aber es ergab keinen Sinn in seinem Kopf, denn Pansy konnte Weasley
wahrscheinlich genauso wenig leiden, wie er es tat.
Pansy war
bestimmt… - hm. Wo war Pansy? War sie heute überhaupt da gewesen? Ja, er
glaubte sich an ihre Gegenwart erinnern zu können. Sie war nicht krank. Also?
Wo war das Miststück?
Aber er
räusperte sich und beschloss, ohne Granger und auch ohne den Idioten Weasley
und Pansy anzufangen. Immerhin hatte er seine Party zu planen. Er hatte keine
Ahnung, wie man eine Party plante. Er hatte das Gold dafür. Aber… alles andere…
hatte er eigentlich Pansy überlassen.
„Freitag…“,
begann er nickend. „Irgendwelche Ideen?“
Die
Vertrauensschüler starrten ihn an, und ihm klang noch McGonagalls
Warnung von gestern in den Ohren, dass bis heute Abend das Konzept zu stehen
hatte. Er würde Pansy ihren verdammten Hals umdrehen, wenn sie nicht gefälligst
schwer verletzt im Krankenflügel lag!
„Wo ist
Granger?“, fragte irgendein Ravenclaw-Junge, und Draco spürte, wie seine
Mundwinkel sanken.
„Nicht
hier anscheinend, oder Craneberg?“, erwiderte Draco
knapp, und der Junge lächelte verwirrt.
„Mein Name
ist Halingsworth“, korrigierte ihn der Junge, aber
Draco hörte ihm gar nicht zu.
„Wie dem
auch sei“, fuhr er ungerührt fort, „ich bezahle nur für die Party, wenn sich
jemand darum kümmert.“
„Und das
sollen wir machen?“
Er fasste
das brünette Mädchen aus Hufflepuff ins Auge. Er kannte nicht mal die Hälfte der
Namen der Schüler. Und dieses Mädchen trug eine unvorteilhafte Brille und
wirkte so widerlich von ihm abgeneigt, dass er seine Fingerknöchel knacken
ließ.
„Natürlich.
Wofür seid ihr Vertrauensschüler?“, provozierte er sie kalt. Sie öffnete den
Mund vor Entrüstung. „Am besten fangt ihr an, zu rechnen“, fuhr er fort.
„Aber
Pansy hat die Listen für-“, begann eine Viertklässlerin aus Slytherin, die
wenigstens den Anstand hatte, zu zittern, während sie mit ihm sprach.
„-aber
Pansy ist hier nirgendwo, oder?“, unterbrach Draco sie gereizt. „Bedankt euch
also bei Pansy Parkinson dafür, dass ihr alles noch einmal machen könnt“,
erklärte er lächelnd.
„Was ist
mit all den anderen Dingen, die besprochen werden müssen?“
Merlin,
nochmal. Draco fuhr sich durch die blonden Haare. Das Hufflepuff Mädchen regte
ihn auf.
„Und was
wäre das? Wann die Vertrauensschüler durch das menschenleere Schloss spazieren
und sich großartig fühlen, weil sie Punkte abziehen dürfen? Oder wie lang eure
Rocksäume dieses Jahr sind und wie lang sie letztes Jahr waren? Mit dieser
Scheiße könnt ihr Granger nerven, aber ich bezahle die Party des Jahres, und
wenn ich es mir nicht anders überlegen soll, schlage ich euch vor, ihr rechnet
aus, wie viel Alkohol wir brauchen, damit auch die hässlichsten von euch,
irgendeinen betrunkenen Vollidioten abkriegen, ansonsten könnt ihr euren
Freitagabend damit verbringen, von imaginären Partys in euer erbärmliches, pinkes kleines Einhorn-Tagebuch zu schreiben!“
Alle
starrten ihn an. Gott, wie er die Vertrauensschüler hasste! Und endlich…
endlich begannen sie sich zu rühren. Einige kramten nach Pergament, bildeten
Gruppen und kritzelten Zahlen aufs Papier. Er setzte sich seufzend hinter das
Lehrerpult und zog ein Quidditch-Magazin aus seiner Tasche.
Konzentrieren
konnte er sich allerdings nicht. Die Vertrauensschüler tuschelten leise, wogen
ab, was zu kaufen war und wie viel es kosten durfte, damit er nicht ausrastete,
und seine Gedanken wanderten. Er fühlte sich beschissen. Und er wusste nicht
mal genau, warum. Sein Blick glitt aus dem Fenster. Sie befanden sich hier im
dritten Stock des Schlosses auf der Westseite. Das bedeutete, er hatte einen
fabelhaften Ausblick auf die Ländereien des Schlosses.
Und es
entging ihm nicht. Zwar waren es bestimmt hundert Meter Luftlinie, aber er
erkannte zwei Menschen. Lange dunkle Locken, kurze schwarze Haare.
Potter und
Granger! Er würde wetten, es waren Potter und Granger! Beide trugen Gryffindorroben! Die Zeitschrift sank in seiner Hand, und
er starrte angestrengter aus dem Fenster nach unten auf den gewundenen Weg, der
zum Quidditchfeld führte. Irgendetwas rumorte in seinem Magen. Was tat sie bei
Potter?! Was zur Hölle brachte sie dazu, Potter aufzusuchen, nachdem Weasley
heute auf peinlichste Weise sein Herz in Snapes Klassenzimmer ausgeschüttet
hatte?
„Malfoy?“
Entschied
sie sich jetzt für Potter? War die Sache mit dem Idioten Weasley so ein Schock
für sie gewesen, dass sie jetzt auf Potter zurückfiel? War es so?
„Malfoy?!“
Er fluchte
unterdrückt. Die verrückte Ravenclaw hatte ihn erschrocken. Wie hieß sie? Loony?
„Was?“,
schnappte er, denn er war sauer, dass sie ihn erschrocken hatte.
„Das ist
sie nicht“, erklärte sie geflissentlich, nachdem sie seinem Blick gefolgt war.
„Was?“,
knurrte er ungehalten, und Luna Lovegood lächelte
sanfter.
„Das ist
nicht Hermine“, wiederholte sie, als wäre es selbstverständlich.
„Das ist
mir scheiß egal“, erwiderte er, wenig überzeugt. Und Luna lächelte immer noch
auf irritierende Weise. „Was willst du?“, schnappte er zornig.
„Wie hoch
ist dein Budget?“, erkundigte sie sich freundlich, völlig unbeeindruckt von
seinem Zorn.
„Mein
was?“
„Dein
Budget“, wiederholte sie.
„Keine Ahnung, Lovegood. Und es ist mir egal. Ich
habe Gold. Plan einfach die scheiß Party.“
„Du bist
ziemlich wütend. Auf Ron?“ Und Draco war fast beeindruckt davon, wie egal Luna
seine Ausbrüche zu sein schienen.
„Was?“,
wiederholte er also mit Bedacht.
„Oder auf
Harry?“, fragte sie weiter, und seine Augen verengten sich, während er sich
erhob.
„Ich
denke, wir sind fertig mit dieser Unterhaltung“, schloss er leiser.
„Oder auf
beide?“ Sie machte keine Anstalten, zu gehen. Er sah sie ungläubig an. Seit
wann hatten die Vertrauensschüler keine Angst mehr vor ihm?! „Ich habe mich mit
Ginny unterhalten“, fuhr Luna fort. Er überlegte, ob er so tun musste, als höre
er sie nicht mehr, oder als wüsste er nicht, von wem sie sprach. Aber er
entschied sich dagegen.
„Weißt du,
dass mich das nicht interessiert? Am besten setzt du dich wieder und befolgst
meine Anordnung“, erwiderte er. Aber er hielt die Stimme ruhig, fast leise.
Denn er wusste, die kleine Weasley war mit der verrückten Loony
Lovegood befreundet. Und er wusste, irgendwie könnte
alles schlecht auf ihn zurückfallen. Egal was!
„Ich finde
es schade, Malfoy. Du und Hermine, ihr habt euch geküsst, oder?“
Draco
spürte ein feines Kribbeln in seinem Nacken. Ausdruckslos sah er Luna Lovegood an. Oh, verdammt, sie hatten noch eine ganze Menge
gemacht als das, aber er sagte nichts, sah sie einfach nur an.
„Und wenn
du sie magst, dann solltest du dich vielleicht etwas mehr anstrengen. Ich
meine, natürlich ist es schwierig mit Harry und Ron. Ginny weiß selber, dass
Harry in Hermine verliebt ist. Und nach Rons Aktion heute nehme ich an, die
beide wissen nicht, dass du und Hermine-“
„-hey!“,
unterbrach Draco sie scharf. Immerhin sprach Luna so leise, dass niemand sonst
diese Unterhaltung verfolgen konnte. Und dieses Mädchen hatte verdammte Nerven!
„Ich mag Granger nicht, Lovegood. Keine Ahnung, was
du und die kleine Weasley euch ausdenkt, aber von mir aus können sich Potter
und Weasley wegen Granger umbringen, dann hätte ich zwei Probleme weniger“,
schloss er gepresst.
Luna seufzte
tatsächlich. „Ich will dir nur helfen“, sagte sie abwehrend und lächelte
wieder.
„Ich brauche keine verdammt Hilfe von einer Wahnsinnigen!“, gab er glatt
zurück.
„Du
solltest Hilfe annehmen, denn so wie es aussieht, hast du bald keine Freunde
mehr, Malfoy. Und keine Hermine.“
„Du hast
deinen Verstand verloren“, knurrte er bloß. Und dass sie immer noch lächelte
machte ihn rasend vor Wut. „Lieber habe ich keine Freunde, als deine Hilfe
anzunehmen. Ich habe gehört, sogar deine Mutter hat sich umgebracht, weil du
ihr auf die Nerven gegangen bist!“ Es wurde Zeit, dass dieses Miststück
verschwand. Dann war er eben widerlich. Das konnte er doch besonders gut. Und
tatsächlich lächelte sie immer noch.
„Wenn der
Zeitpunkt kommt, an dem du scheiterst, dann… sag Bescheid. Wenn du reden
willst“, erwiderte sie achselzuckend und wandte sich mit einem Nicken von ihm
ab.
Das war
doch wohl die Höhe! Er starrte ihr verwirrt nach. Was war gerade passiert? Er
begriff es nicht! Hatte ihm Luna Lovegood gerade
einen Ratschlag gegeben? Ihm ihre Hilfe angeboten? Was war er? Ein Sozialfall,
dem man helfen musste? Und vor allem… - sie wusste Bescheid! Er musste es
Granger sagen. Denn das hier… war jetzt ganz offiziell der Punkt, an dem er
aussteigen würde. Es hatte etwas Verrücktes wie Luna Lovegood
gebraucht, aber er begriff: Granger war nichts für ihn. Zu viele Bedingungen
knüpften daran an.
Er würde
es ihr sagen. Sie war ein Schlammblut, und er war nur für einige Wochen
verrückt gewesen. Er hatte sich viel zu tief hinab begeben.
Er war
aufgewacht. Endlich!
~*~
Pansy
stand hinter ihm. Sie hatte den Kopf schief gelegt und betrachtete sein
Spiegelbild in dem großen Frisierspiegel.
„Wie wäre
es, wenn Sie die Seiten kürzen würden. Weasley, dieser Pottschnitt
war vielleicht vor zehn Jahren In, aber mittlerweile… sind Haare nicht mehr
gleichlang“, erklärte sie arrogant. Ron atmete aus. Er hob ergeben die Arme. Es
war ihm gleichgültig, wie seine Haare aussahen, solange sie nicht pink wurden.
„Meinetwegen“,
gab er sich geschlagen, und der Frisör wedelte verzückt mit dem Zauberstab. Die
Schere, die in der Luft ungeduldig verharrt hatte, begann nun ihr grausames
Werk. Er sah zu, wie Büschelweise Strähnen auf den gelben Linoleumboden
rieselten.
Und es
dauerte nur wenige Minuten. Es wirkte alles etwas ungleich, aber der Frisör
setzte den Zauberstab höher an, und Ron spürte, wie seine Haare getrocknet und
frisiert wurden.
Er
betrachtete sich unschlüssig, als der Frisör zurückgewichen war.
Na ja, er
konnte jetzt seine Ohren sehen. Er hob den Blick zu Pansy im Spiegel. Sie war
näher gekommen, und Ron registrierte wie sie ihre Hände zu seinen Haaren hob.
Ehe er etwas Entsprechendes bemerken konnte, fuhren ihre Finger durch seine
Haare. Und sie schien es nicht mal zu bemerken.
„Wenn sie
tiefer in die Stirn fallen, dann…“, murmelte sie, während sie seine Strähnen
zurecht zog, „dann sieht es gleich viel besser aus“, schloss sie leise, ihre
Augen ruhten immer noch auf seinen Haaren. Ron starrte sie an. Und dann schien
sie es erst zu merken. Sie zog ihre Hände so hastig zurück, als hätte sie sich
verbrannt und blickte fast erschrocken in sein Gesicht.
„Hast du
gerade meine Haare frisiert?“, wollte er ungläubig von ihr wissen, und Ärger
zeichnete sich auf ihren Zügen ab.
„Weasley,
es sind bloß Haare. Ich habe dir nicht deine Socken angezogen!“, schnappte sie
und wandte sich sofort von ihm ab, um zur Kasse zu gehen. Der Frisör löste mit
einem Schnippen seines Zauberstabs den Umhang von Rons Schultern, befreite ihn
von einzelnen Haaren, und mit einem Grinsen folgte Ron Pansy nach draußen.
„Und
jetzt?“, wollte er draußen von ihr wissen, und ganz klar, war es ihr doch
unangenehm, dass sie nicht mal gemerkt hatte, dass sie ihn angefasst hatte. Es
war fast zu komisch. Aber sie schenkte ihm schließlich einen abschätzenden
Blick, und Pansy war wieder ihr arrogantes Selbst.
„Jetzt?
Guck dich an, Weasley“, befahl sie eindeutig und deutete auf seine
Hochwasserhose. Fast musste er lachen.
„Ich hab
kein Problem damit“, erklärte er offen.
„Ja, das
weiß ich. Aber die ganze restliche magische Welt fällt in Ohnmacht bei deinem
Anblick. Und nicht aus Verzückung“, ergänzte sie trocken. Er folgte ihr
kopfschüttelnd.
„Komplimente
sind nicht deine Stärke, oder?“, rief er ihr nach, aber er glaubte, er hörte
sie gereizt aufstöhnen.
Aber das
Lachen war ihm nach einer Stunde vergangen. Er wusste nicht, wie viele Hosen er
tatsächlich schon anprobiert, wie viele Hemden nicht über seine Schultern
gepasst hatten und wie viele Hüte er auf den Boden geworfen hatte, denn er
würde niemals einen Hut tragen!
„Weasley!“,
knurrte sie verärgert, aber er schüttelte wieder den Kopf. Ohne Schuhe stand er
auf einem Podest, während ein Schneider an seinen Hosenbeinen zupfte. Er wusste
nicht, ob es drei Uhr war, vier Uhr, ob es noch Montag war oder bereits das
Ende der Welt, wie er sie kannte. Er wollte nur noch weg!
„Parkinson,
ich habe keine Lust mehr! Ich musste noch nie eine Hose kaufen, bei der ein
Mann meine Knie abgemessen hat, verdammt!“, schrie er praktisch, am Ende seiner
Geduld.
„So kauft
man aber Hosen, wenn man nicht gerade im Schweinestall aufgewachsen ist!“
„Nein!“,
rief er schließlich, schob den kleinen Zauberer bei Seite, der einen
entrüsteten Fluch auf Italienisch murmelte, den Ron mit einem Stirnrunzeln
besser nicht kommentierte. „So kaufen vielleicht betuchte Reinblüter Hosen,
weil sie glauben, dass sie etwas Besseres sind, aber ich habe keine Lust mehr!“
„Du hast
eine beschissene Körperform!“, knurrte sie, während ihre schwarzen Strähnen
mittlerweile unordentlich aus ihrer vorher noch glatt gelegten Frisur stachen.
„Oh
wirklich? Vielen Dank!“, knurrte er, verschwand in seiner Kabine und machte
sich nicht einmal die Mühe, seine Schuhe anzuziehen. Er trug sie so in der Hand
und schritt an ihr vorbei. Sie folgte ihm fluchend.
„Das war
es jetzt? Du haust ab?“, rief sie ihm zornig nach,
als er vor der Tür angekommen war.
„Wonach
sieht es für dich aus? Ich denke, ich habe genug Zeit damit verbracht, mich von
alten Herren begrapschen zu lassen. Vielleicht stehst
du darauf, aber ich-“
„Oh, fick
dich, Weasley! Ich muss verrückt gewesen sein, als ich angenommen hatte, aus
dir könnte man auch nur ansatzweise irgendetwas machen, was auch nur im
Entferntesten attraktiv aussieht!“, schrie sie außer sich, und der gesamte
piekfeine Laden hörte ihnen zu.
Er
verdrehte die Augen und ersparte sich, darauf etwas zu erwidern.
„Ronald
Weasley!“
Und er
erstarrte genau jetzt. „Wieso hast du keine Schuhe an, und wieso bist du nicht
in der Schule?“
Er hob
langsam den Blick. Seine Mutter stand in der Eingangstür des Geschäftes und
fixierte ihn mit dem typischen Molly-Weasley-Zorn. Er atmete erst mal aus.
„Ich…
ich…“, begann er ratlos, und ihm fiel keine Ausrede ein.
„Ich
dachte, es ist verboten, Hogwarts unter der Woche zu verlassen? Und wer ist
deine Freundin hier?“, fügte seine Mutter direkt hinzu, während Pansy neben ihm
erstarrt war.
„Äh… Mum, das ist Pansy. Parkinson“, ergänzte er hastig, falls es
seine Mutter noch nicht erraten hatte.
„Parkinson?“,
wiederholte seine Mutter ungläubig, und Pansy nickte schließlich als sie aus
ihrer Starre erwacht war.
„Guten
Tag, Mrs Weasley“, begrüßte sie seine Mutter
kleinlaut.
„Also? Was
tut ihr hier?“, ignorierte seine Mutter die Peinlichkeit der Situation rigoros,
und Ron wusste keine Antwort.
„Wir haben
die Erlaubnis von Snape bekommen, nach dem Unterricht Hogsmeade
zu besuchen, da wir die ersten Vertrauensschüler sind und besonders fleißig
waren, um in letzter Sekunde noch ein Kleid für mich zu besorgen, denn wir
gehen zusammen auf den Frühlingsball“, erklärte Pansy mit einer
Selbstverständlichkeit, dass ihm fast die Schuhe aus der Hand gefallen wären.
„Was?“
Seine Mutter schien ebenfalls überrascht. „Snape hat gesagt, du wärst
fleißig?“, wandte sie sich sofort an ihn. „Na, das ist mal eine positive
Überraschung. Ronald hat mir nicht erzählt, dass er mit dir auf den Ball geht“,
fügte sie sofort hinzu und fasste Pansy nun näher ins Auge.
„Es war… ganz spontan entschieden.“
Ja, ganz
spontan in den letzten fünf Minuten, würde er mal behaupten!
„Und ihr
kauft hier ein?“
„Oh ja,
ich hatte… ein Kleid zurückgelegt gehabt und dachte, Weas-…
Ronald könnte ein paar der Anzüge hier anprobieren, aber er ist sehr undankbar“,
schloss Pansy kopfschüttelnd. Rons Mund klappte auf. Und seine Mutter nickte!
„Das
verstehe ich sehr gut. Ich bin hier für einen Anzug für Ronalds Vater. Du
glaubst ja nicht, dass ich meinen Mann hier hin bekomme. Nicht für alles Gold
der Welt.“ Ron spürte die Hitze in den Wangen.
„Mum!“, sagte er hastig. „Wir… wir müssen auch gehen.“
„Du wirst
deine Schuhe anziehen, und nachdem ich den Anzug geholt habe, können wir
zusammen einen Tee trinken gehen. Ich nehme an, ihr habt noch die Zeit?“ Und er
schluckte, während er begann, den Kopf zu schütteln.
„Sicher, Mrs Weasley“, sagte Pansy jedoch bereits und jetzt schoss
sein Kopf in ihre Richtung. Ihr Blick war nicht zu deuten, aber er wagte nicht
zu widersprechen. Oh Merlin! Er wollte nicht mit seiner Mutter und Pansy Tee
trinken! Gerade hatte ihm Pansy noch erklärt, dass er praktisch unattraktiv wie
ein Troll durch die Gegend laufen würde!
„Wunderbar.
Ronnie, zieh dir deine Schuhe wieder an“, befahl seine Mutter jetzt als sie an
ihnen vorbeirauschte. Mit hochrotem Kopf bückte er sich hastig zu Boden.
„Ronnie?“, wiederholte Pansy spöttisch,
aber er schenkte ihr einen zornigen Blick.
„Was zur Hölle erzählst du meiner Mutter? Wir gehen nicht zusammen auf den
Ball!“
„Mir ist nichts
Besseres eingefallen!“, schnappte sie genauso wütend.
„Nichts
Besseres, als das? Wieso hast du nicht einfach gar nichts gesagt?“
„Und dann
hätte ich so ausgesehen wie ein dummer Fisch auf dem Trockenen? Nein, es reicht
wohl, wenn einer von uns unterprivilegiert und dämlich ist!“, knurrte sie, und
seine Ohrläppchen wurden heiß vor Wut, aber seine Mutter war wieder da.
Noch eine
Sekunde länger hielt er den Blick zu Pansy aufrecht, ehe diese es fertig
brachte und ein bezauberndes, falsches, widerliches Slytherin-Lächeln auf ihre
Lippen zauberte.
„Mrs Weasley, ich kenne ein entzückendes Café, direkt
gegenüber“, sagte Pansy zuckersüß zu seiner Mutter, und ohne ihn weiter zu
würdigen, hatte Pansy den Laden verlassen. Ron trottete schlecht gelaunt hinterher.
Er hasste Pansy Parkinson!
~*~
Sie hatte
es geschafft, sich zu beschäftigen. Sie hatte es geschafft, sich nicht zu
schlecht zu fühlen, weil sie nicht zum Vertrauensschülertreffen gegangen war.
Sie hatte Ron nicht gefunden, und sie war sich auch unsicher gewesen, ob sie
ihn überhaupt hatte sehen wollen, nach diesem Tag heute.
Und sie
wusste nicht genau, was jetzt passieren würde. Sie fühlte sich absolut dumm.
Sie fühlte sich ausgenutzt und schlecht, und sie wollte Malfoy überhaupt nicht
mehr sehen. Es war zu peinlich. Es war einfach viel zu… schmerzhaft!
Jetzt
versteckte sie sich hier in der Eulerei, aber es roch
nach Eulenmist, und sie wollte nicht mehr länger bleiben. Sie würde in die
Bibliothek gehen. Das wäre wahrscheinlich die klügste Idee. Da könnte sie auch
keinen Unsinn anstellen. Dort würde sie Malfoy nicht verfluchen, sie würde
etwas Sinnvolles lernen und komplett müde eventuell ins Bett stürzen. Das war
ein guter Plan, denn sie wollte auch Harry heute nicht mehr sprechen.
Sie wusste
nicht, was Harry jetzt dachte, was er… sagen würde.
Und als
sie die Eulerei verließ erkannte sie in der Ferne am
Schlosstor zwei Schüler. Sie hielt am Geländer der Treppe ganz oben inne und
sah zu, wie die beiden Gestalten näher kamen. Und je näher sie kamen, umso
sicherer war sie, dass einer der beiden rote Haare hatte.
Ron? Mit
wem war er um die Zeit weg gewesen?! Langsam kam sie die Stufen der Eulerei hinunter. Sie lag rechts neben dem Haupttor zum
Schloss und zum ersten Mal versteckte sie sich vor Ron hinter den Rosenbüschen
im Torbogendurchgang.
Es war
Ron! Sie erkannte seine Stimme! Und der andere Schüler war…
… Pansy?!
Pansy Parkinson?
Sie
lauschte den beiden, ohne ein Geräusch zu machen.
„Tja…“, hörte
sie Ron sagen. Sie erkannte ihn nicht vollständig, aber… seine Haare sahen
anders aus! Ihr Herz schlug schneller, als sie ihn betrachtete.
„Das war
heute wirklich ein ungewöhnlicher Tag“, sagte Pansy nickend. Wieso um alles in
der Welt verbrachte Ron seinen Tag mit Pansy Parkinson? Es ergab überhaupt
keinen Sinn.
„Deine
Mutter war ziemlich froh darüber, dass du mit mir zum Ball gehst“, hörte sie
Pansy sagen.
Was?! Hermine hatte vor Schreck die Luft
angehalten. Ron tat was?!
„Meine
Mutter ist froh, wenn ich mit egal wem zum Ball gehe“, erwiderte Ron bedächtig.
Wie um
alles in der Welt konnte Molly Weasley so etwas wissen? Und warum ging Ron mit
Pansy? Und… überhaupt?!
„Ok…“,
sagte Pansy schließlich und schritt zum Tor.
„Hör mal“,
hielt Ron sie tatsächlich auf, und Hermine lehnte sich weiter vor, um beide
sehen zu können. „Vielleicht finden wir noch irgendwas in meinem Schrank, was…
nicht… vollkommen trollig
aussieht“, sagte er tatsächlich, und Pansy schien abzuwägen. „Morgen? Nach dem
Unterricht?“
Und
Hermine konnte nur zusehen, wie Pansy Parkinson seufzte und nickte.
„Nacht,
Weasley“, fügte sie noch hinzu, und Hermine hatte bemerkt, wie dieses Gespräch
ohne jede Beleidigung abgelaufen war. Wie Ron und Pansy anscheinend darüber
gesprochen hatten, dass sie zusammen zum Ball gingen, wie sie heute anscheinend
Molly getroffen hatten, und… Molly war einverstanden?!
Hatten
sich Ron und Pansy jetzt für morgen wieder verabredet? Hatte Ron ihr nicht
heute gestanden, dass er sie liebte? Und dann ging er mit Pansy – mit
Pansy – zum Ball?
Und Ron
verharrte noch einige Momente vor den Toren des Schlosses, ehe er Pansy
kopfschüttelnd nach drinnen folgte. Und Hermine hatte keinen Ton von sich
gegeben. Sie war nicht zu Ron gegangen, hatte ihn nicht zur Rede gestellt, denn
sie verstand es nicht. Sie verstand gar nichts mehr!
Was sollte
das für eine verrückte Geschichte sein?
Nach einer
Minute betrat sie ebenfalls das Schloss. Sie hatte keinen Hunger auf Abendbrot.
Und jetzt hatte sie erst recht keine Lust mehr, mit Ron zu reden. Anscheinend
war er nämlich bereits über sie hinweg! Er hatte sich mit Pansy getröstet! Und
sie wusste nicht, was dieses seltsame Gefühl in ihrem Innern plötzlich war. Sie
fühlte sich verraten und belogen von Ron.
Hatte er sich
nicht noch so hässlich über alle Slytherins geäußert? Auch über Pansy? Und wenn
er sie, Hermine, liebte, fragte er sie dann nicht mal, ob sie mit ihm zum Ball
gehen würde? Gehörte es sich dann nicht so? Was zur Hölle wollte er von Pansy?
Und… war
Pansy nicht in Malfoy verliebt? Pansy hatte ihr doch noch gedroht! Was war los
mit all den Leuten?
Sie musste
ohnehin gleich patrouillieren und schwor sich, sie würde jedem Nachsitzen
aufdrücken, den sie finden konnte. Alle waren verrückt geworden!
~*~
Pansy
betrachtete sich noch eine Sekunde länger im Spiegel, ehe sie nach unten
verschwand. Ihre Haare hatten ausgesehen! Als wäre sie auf Safari gewesen! Aber
so ähnlich war es ja auch gewesen, mit Weasley!
Sie hatte
sich frisch gemacht und verließ das Badezimmer der Mädchen. Unten an der Treppe
erkannte sie Goyle bereits.
„Ich hab
gehört, du warst nicht beim Treffen heute?“
Und ehe
sie sich halten konnte, sprach sie, während sie sich elegant auf die breite
Ledercouch setzte. „Na, von Draco wirst du diese Information wohl nicht
bekommen haben.“ Goyle schenkte ihr einen
unschlüssigen Blick.
„Nein,
nicht direkt“, sagte er nach einer Weile.
„Was
stehst du da so rum wie ein Turm? Du machst mich nervös“, fuhr sie ihn nach
einigen Sekunden an.
„Entschuldige, Pansy“, sagte er hastig und setzte sich neben sie. Sie
überlegte, ob er darauf gewartet hatte, dass sie ihm erlaubte, sich neben sie
zu setzen. „Also… wo warst du?“
Sie warf
ihm einen kühlen Blick zu. „Unterwegs,
Goyle“, erwiderte sie lediglich und betrachtete ihre
manikürten Nägel.
„In… in Hogsmeade?“, wagte er zu fragen, und sie verdrehte die
Augen.
„Was wird
das? Ein Verhör? Ja, ich war in Hogsmeade“, schnappte
sie.
„Hast du
dir was Schönes gekauft?“, fragte er behutsam, aber sie atmete gereizt aus.
„Nein, ok?“, entgegnete sie, ohne ihn anzusehen, und er schwieg. Es verging
eine Weile, und fast tat es ihr schon leid, dass sie ihn so angefahren hatte.
Der Junge konnte nichts dafür, dass sie umwerfend aussah und er seit Jahren in
sie verliebt sein musste.
„Mit wem
gehst du zum Ball, Pansy?“, fragte er jetzt und sah sie schon nicht mehr an.
Der Boden schien ihm nicht solche Angst zu machen, nahm sie an.
„Bestimmt
nicht mit dir, Goyle“, erwiderte sie sofort. Er
nickte tapfer dem Boden zu.
„Ha…hat
dich sonst jemand gefragt?“, wollte er wissen, und Pansy drehte eine glänzende
Strähne um ihren Finger.
„Sicher, Goyle“, erwiderte sie kopfschüttelnd. „Was denkst du,
bitteschön? Dass ich wie ein Mauerblümchen den Abend alleine beim Punsch
verbringen werde?“
„Tu… tut
mir leid, Pansy“, flüsterte er fast.
„Weißt du
was? Du hast mir meinen Abend verdorben, Goyle. Ich
werde jetzt ins Bett gehen. Gute Nacht!“, schnappte sie unwirsch und erhob sich
grazil wieder. Goyle tat es ihr sofort gleich, nickte
und winkte ihr zum Abschied, während er sich erneut entschuldigte.
Sie lief
die Stufen wieder nach oben, schloss sich im leeren Badezimmer ein und
betrachtete ihr makelloses Gesicht im Spiegel.
„Was
erzählst du denn da?“, fragte sie ihr Spiegelbild tonlos. Sie vergrub kopfschüttelnd
die Hände in ihren Haaren. „Niemand hat dich gefragt“, ergänzte sie
verzweifelt.
Das war
nämlich die Wahrheit. Ja, sicher. Sie war ein kaltes Miststück, aber… sie hatte
nur noch vier Tage Zeit, um ein Date zu finden! Draco würde sie im Leben nicht
fragen! Wahrscheinlich würde er die Dreistigkeit besitzen und sogar eher mit
dem Schlammblut dort auftauchen!
Und sie
konnte ihre Zeit nicht weiter mit Weasley verschwenden! Sie konnte nicht! Wie
sah es aus? Und vor allem war das heute haarscharf gewesen. Was, wenn sie
erwischt worden wäre, wie sie mit diesem Neandertaler durch Hosgmeade
spazierte, und auch noch seine Mutter unterhalten musste?!
Merlin,
war es ein furchtbarer Tag gewesen! Alles, was Weasley betraf war einfach
furchtbar. Sie sah wieder in ihr Gesicht. Sie hatte ein hübsches Gesicht,
befand sie. Viel zu hübsch, als dass sie es ständig mit Weasley zeigen sollte.
Er war so peinlich und so… unglaublich stillos. An ihm gab es nichts
Besonderes. Er hatte keinen Geschmack, er hatte kein Gespür für Luxus, und so
etwas schimpfte sich auch noch Reinblüter!
Sie
schüttelte den Kopf. „Gott, er ist so widerlich“, sagte sie zu sich selbst,
während sie wieder eine Strähne um ihren Finger drehte.
Er musste
auch noch unglaublich unterbelichtet sein. Noch dümmer, als sie angenommen
hatte, denn er hatte sie noch nicht mal angemacht! Ja, wie blöd war er
eigentlich? Da verbrachte er den ganzen Nachmittag mit ihr und versuchte es
nicht mal?
Sie
betrachtete sich näher. Ihre schönen grünen Augen waren betont auffällig
geschminkt und leuchteten praktisch. Sie hatte die schönsten Augen im ganzen
Gemeinschaftsraum, fand sie. Und Weasley erzählte ihr, Oberflächlichkeiten
würden nichts ausmachen? Als ob! Was sah er nur in Granger?
Sie
spürte, wie ihre Mundwinkel bitter nach unten sanken.
Oh, sie
wusste, was alle verdammten Typen in der wallemähnigen Granger sahen.
Und sie
hasste es.
Gott,
Weasley war so blind!
Und jetzt
hob sie langsam den Blick zu ihrem Spiegelbild.
Warum
eigentlich dachte sie so verdammt viel über diesen Weasley-Idioten nach?!
„Nein“,
sagte sie fest und schüttelte den hübschen Kopf. „Oh, nein“, wiederholte sie
ernster.
Nein, sie
half Weasley, damit er Granger aus ihrem Weg räumte. Sie schlug alle Fliegen
mit einer Klappe. Sie war nicht dumm. Pansy Parkinson mochte vieles sein, aber
dumm war sie nicht! Sie wusste es nämlich besser.
Sie würde
Weasley begehrenswert machen, und Granger würde endlich dahin zurückgehen, wo
sie hingehörte, damit sie, Pansy, endlich Draco bekam, so wie es sein sollte.
Merlin,
noch mal!
Sie atmete
tief aus. Das mit Weasley war rein professionell. Sie benutzte ihn nur, so wie
sie alle ihre Handlager nur benutzte. Vor allem brauchte sie überhaupt nicht
über einen Idioten nachdenken, der sie nicht mal beachtete, der ihre Schönheit
nicht mal zu schätzen wusste.
Sie wandte
sich ab, aber hielt vor der Tür inne.
Wieso,
Merlin noch mal, beachtete er ihre Schönheit nicht?! Sie wandte sich wieder um
und schritt zurück zum Spiegel, um ihr Gesicht noch einmal näher zu betrachten.
Aber da
war kein Fehler! Sie begriff es nicht. Weasley sollte froh sein, dass sie
überhaupt mit ihm sprach! Wieso versuchte Weasley keine Tricks bei ihr? Sie
schloss entnervt die Augen.
„Geh ins
Bett, Pansy“, sagte sie streng zu sich selber. Sie würde schlafen, ehe sie noch
weitere komische Gedanken zu Ende denken würde.
„Kann ich
jetzt gehen?“, wollte er bemüht gleichgültig wissen, aber Snape wanderte auf
und ab, die Kostenaufstellung der Vertrauensschüler immer noch vergessen in der
Hand.
„Draco,
haben Sie sich überlegt, wie Sie ein halbes Jahr ohne Zauberstab auskommen
wollen?“, erkundigte sich Snape kopfschüttelnd. Draco atmete aus. Was sollte
das für eine Frage sein?!
„Nein,
Sir. Aber es kann so schwer nicht sein. Dann… lasse ich mir Sachen bringen oder
lasse Sachen kaufen oder-“
„-und Ihre
Anstellung?“
„Meine…?“
Verwirrt sah er seinen Patenonkel an.
„Ja, was
denken Sie, was Sie nach Hogwarts machen werden? Das Familienvermögen
vertrinken?“, bemerkte Snape abschätzend, während sein Blick erneut über Dracos
Kostenplan für die Party am Freitag wanderte.
„Ich
verstehe nicht, was-“
„-ich
bitte Sie! Sie kümmern sich um Getränke im Wert von 900 Galleonen? Glauben Sie
ernsthaft Kürbissaft und Butterbier für dreißig Leute kosten 900 Galleonen?“ Snapes Augenbraue war in die Höhe gewandert, und Draco
blickte zur Seite. „Und ganz zu schweigen von dem Eintrag, den Sie im
Ministerium erhalten, wenn Sie ein halbes Jahr lang von ihrem Zauberstab
entbunden sind!“, fuhr Snape resignierend fort.
„Ich kann
dagegen nichts tun!“, beschwerte sie Draco zornig. Es war nicht mal seine
verdammte Schuld!
„Das ist
mir klar, Draco“, schnappte Snape, ohne ihn anzusehen und stellte sich vor das
große Fenster, um nach draußen zu blicken. „Stimmen die Vorwürfe? Oder hat
Lucius Sie beschuldigt, weil-“
„-weil er
ein verdammtes Arschloch war? Ja, Sir, ich denke, das ist der Grund“, knurrte
Draco ungehalten. Snape wandte sich um.
„Draco!“,
ermahnte er ihn, und Draco öffnete den ersten Knopf seines Hemdes und lockerte
die Krawatte um seinen Hals. Es war ihm unangenehm heiß. „Haben Sie jemanden,
mit dem Sie das besprechen können?“
„Ich habe
mit Mr Henderson über-“
„-nein,
nicht Ihren Vermögensberater, ich meine…“ Snape hob in Ermangelung besserer
Worte die Hand. „So wie… Mr Zabini oder Mr Goyle?“ Dracos Mund öffnete
sich, schloss sich aber wieder, und er ruckte vage mit dem Kopf. Snape atmete
aus. „Oder Miss Parkinson? Miss Granger?“, fügte er tatsächlich hinzu, und
Draco hob spöttisch eine Augenbraue, aber Snape seufzte auf.
„Gut, dann
tun wir einfach so, als hätten Sie nicht den geringsten Kontakt zu Miss
Granger, obwohl Sie sich ständig nur wegen ihr Strafen bei mir abholen, bitte.
Die Ignoranz der Jugend ist mir nicht fremd.“
„Sir-“,
begann er protestierend, aber Snape hob wieder die Hand.
„-unwichtig.
Wichtig ist, dass Sie sich Gedanken machen. Sie können sich nach dem Abschluss nicht
ausruhen, Sie müssen beweisen, dass Sie auch mit Bewährung ein gesetzestreuer
und eifriger Zauberer sind. Es gibt Einrichtungen für Zauberer ohne
Zauberstab“, ergänzte Snape, ohne dass er ihn direkt anzusprechen schien.
„Einrichtungen?“, wiederholte Draco
ungläubig. „Bei allem Respekt, ich werde mich nicht mit gewöhnlichen
Kriminellen dazu herablassen bei Ollivander
Zauberstäbe polieren!“, entgegnete er zornig.
„Draco,
Sie werden machen, was sich anbietet!“
„Ich
brauche kein Gold! Ich habe ausreichend Gold, um zweimal zu leben!“, beschwerte
er sich.
„Sie
werden keinen Anschluss finden, wenn-“
„-Anschluss?
Professor Snape, ich glaube nicht, dass Anschluss
mein Problem ist!“, entfuhr es ihm recht unüberlegt. Snapes dunkle Augen
verengten sich sofort.
„Nein? Was
ist dann Ihr Problem, Mr Malfoy?“
Draco
atmete laut aus. Nein. Nein! Er würde es nicht diskutieren. Es gab überhaupt
nichts zu diskutieren. Snape sollte sich keine Gedanken machen. Draco hatte die
Strafe gezahlt, die er nicht begangen hatte, er würde seinen Zauberstab
aufgeben, und dann würde ihn schon irgendeine Einrichtung als Sponsor
anschreiben, weil er verflucht viel Gold besaß, und Gold immer Macht bedeutete,
trug man das Dunkle Mal oder eben nicht!
„Ich habe
kein Problem, Sir“, rang sich Draco bitter ab.
Snape
schwieg und nickte dann. Allerdings schien er nicht zufrieden mit dem Ausgang
dieses Gesprächs. „Wegen Freitag“, wechselte er jetzt missmutig das Thema,
„haben Sie vor mit Miss Parkinson zu erscheinen?“
Draco war
etwas aus der Bahn geworfen bei diesem Themenwechsel.
„Ich…
nein?“, wagte er zu erwidern, und Snape nickte.
„Sie haben
keine Partnerin? Das ist vielleicht ganz ratsam, denn als Schulsprecher haben
Sie nüchtern zu sein – sowieso haben alle Schüler nüchtern zu sein, Draco – und
Sie werden aufpassen, dass es zu keinen Auseinandersetzungen kommt!“ Aber Draco
konnte hören, was Snape zwischen den Zeilen sagen wollte.
„Mit
Potter?“, erwiderte er also spöttisch, aber Snape war nicht in der Stimmung für
Scherze.
„Egal, mit
wem, Draco!“, entgegnete der Schulleiter streng. „Ich habe Abschulsspartys
immer gehasst, und es ist jetzt nicht anders“, erklärte Snape gereizt.
„Ja, Sir“,
erwiderte Draco betont freundlich. „Kann ich jetzt gehen?“, wiederholte er
ungeduldig. Snape musterte ihn seufzend.
„Meinetwegen.
Aber das Gespräch über Ihre Bewährung ist noch nicht vorbei, Draco, und wir
werden das Gespräch am Wochenende fortführen, haben Sie verstanden?“
„Wann
genau? Wenn ich mit Potter um die Wette fliege oder wenn ich Einsteiger mit
Potter trainieren muss?“, erkundigte sich Draco bitter, und Snape seufzte.
„Respekt sollten Sie lernen, Draco. Dass Sie Ihre freie Zeit mit Potter
verbringen ist Ihre eigene Schuld, nur nebenbei bemerkt. Und vor dem Spiel am
Samstag kommen Sie mittags zu mir“, erläuterte Snape ohne Gnade. Draco konnte
sich geradeso daran hindern, entnervt die Augen zu verdrehen.
„Wiedersehen,
Sir“, sagte er schließlich widerwillig.
„Ach und
Draco?“, hielt ihn Snape auf, als er die Tür erreicht hatte. Draco wandte sich
noch einmal um. „Tragen Sie Ihr verdammtes Abzeichen!“, donnerte Snape, und
Draco biss sich auf die Lippe. Scheiße.
Er nickte,
und endlich verschwand er aus dem runden Büro, was er zu hassen gelernt hatte.
Es ging Snape nichts an! Und wenn er vorhatte, ein halbes Jahr lang bei den
Eskimos zu leben, dann ging es Snape verdammt noch mal auch nichts an! Und er
würde bestimmt darüber nicht mit Goyle reden! Oder
Zabini! Oder Pansy! Was dachte Snape? Dass sich alle Slytherins nach dem
Abschluss in Arbeit stürzten? Pansy plante seit Jahren eine Weltreise, auf der
sie keinen einzigen Finger rühren würde!
Und dass
er am Freitag alleine zur Party kommen sollte kam ihm gerade recht, denn er
musste wahnsinnig geworden sein, Granger vorzuschlagen, dass sie zusammen gehen
sollten! Immerhin war er endlich wieder er selbst!
Es war
schon spät, und mit Glück war Granger bereits auf Patrouille. Dann konnte er
sein lästiges Gespräch verschieben. Oder vielleicht wartete sie nur auf ihn,
denn immerhin liebte sie ihn ja, dachte er bitter. Oder zumindest behauptete
sie das. Und er hatte vorhin wenigstens Weasley bei Snape anschwärzen können,
denn Weasley war ja auch nicht zum Vertrauensschülertreffen aufgetaucht!
Er kam an
tuschelnden Mädchen vorbei, die sich immerhin die Mühe machten, ihm hübsche
Augen zu machen. Er schenkte beiden ein Lächeln, aber er war zu müde, um noch
großartige Verführungskünste anzuwenden. Er war tatsächlich zu müde, um
überhaupt Sex in Erwägung zu ziehen.
Er hatte
die Räume der Schulsprecher erreicht und tippte auf den Türknauf.
„Reinblut“, sagte er, aber nichts passierte. Kurz stutzte
er, probierte es erneut, aber dann begriff er. Sie hatte das Passwort geändert.
Fuck. Er atmete aus und tippte erneut auf den Knauf. „Harry
Potter“, sagte er angewidert, aber nichts passierte. „Dumbledore“, versuchte er
ein weiteres ihrer Lieblingspasswörter, aber die Tür blieb verschlossen.
„Dieses
verdammte Miststück!“, knurrte er der Tür entgegen. Er schlug mit der Faust
ungehalten gegen das Holz. „Granger!“, rief er zornig, aber nichts rührte sich
im Innern.
Wieder
tippte er auf den Türknauf. „Gryffindor“, sagte er
wütend, aber nichts passierte.
„Granger,
mach die verdammte Tür auf!“, schrie er, allerdings blieb alles um ihn herum still.
Anscheinend war sie bereits auf Patrouille. Gut, dann würde das dämliche
Miststück wohl um zehn wiederkommen. Scheiße. Was sollte er bis zehn Uhr tun?
Vor seiner eigenen scheiß Tür stehen, weil das dämliche Schlammblut ihm das
Passwort nicht mitgeteilt hatte?
Er tippte
wieder auf den Knauf. „Schlammblut“, machte er seinen letzten Versuch, aber
nein, Granger würde so ein Wort niemals eine Woche lang akzeptieren. Er hatte
auch nicht erwartet, dass es funktionierte. Er wandte sich zornig von der Tür
ab und begann den Gang zurückzulaufen. Irgendwo musste die Schlampe ja sein!
Er eilte
die Stufen hinab, spähte in den nächsten Korridor, aber das Schloss war heute
verdammt ruhig. „Granger?“, rief er in die Dunkelheit, aber er bekam keine
Antwort. Er versuchte es im nächsten Gang, dann im nächsten. Dann war er vor
dem Ravenclaw-Portraitloch angelangt und konnte noch zweimal Punkte abziehen,
weil zwei Jungen noch draußen rumwanderten. Er lief in Richtung Westen und
stieg die nächste Treppe hoch zum Gryffindorturm. Vielleicht hing sie auch hier
rum, damit sie ihn noch eine Weile länger ärgern konnte. Denn sie musste ja
verdammt noch mal wissen, dass er nicht in die Räume kam!
Sie konnte
froh sein, dass er gerade keine Lust hatte, noch einmal bei Snape auf der Matte
zu stehen, um zu petzen. Er bog nach links in den Korridor und hörte das
Treiben im Innern des Gemeinschaftsraums auch durch das Portrait der Fetten
Dame.
„Ist die
Schulsprecherin hier vorbeigekommen?“, fuhr er die Dame an, aber die
betrachtete ihn mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck.
„Passwort?“,
verlangte sie hochnäsig zu wissen, und er atmete entnervt aus.
„Ist sie
hier vorbeigekommen, verflucht noch mal?“ Aber die Dame beachtete ihn nicht
weiter. Er hörte Schritt hinter sich und wandte sich um.
Oh,
großartig!
„Zehn
Punkte Abzug für Gryffindor“, sagte er sofort als Weasley auf Augenhöhe war.
Dieser bedachte ihn mit einem abschätzenden Blick.
„Was
treibst du hier, Malfoy?“, wollte Weasley unbeeindruckt wissen, und Draco
spürte, wie seine Mundwinkel sanken.
„Ich
verbringe meinen Abend gemütlich auf dem scheiß Korridor der scheiß
Gryffindors. Was ist, hast du damit irgendein Problem? Aus zehn Punkten kann
man ganz leicht zwanzig machen, Weasley“, knurrte Draco, der keine Lust hatte,
einem dahergelaufenen Blutverräter Rede und Antwort zu stehen.
„Was auch
immer, Malfoy“, gab Weasley kopfschüttelnd zurück, und Draco runzelte die
Stirn, denn Weasley Haare waren kürzer als noch heute Morgen.
„Du warst
nicht beim Vertrauensschülertreffen. Snape verdoppelt deine Strafe“, klärte er
ihn auf, denn es fiel ihm gerade wieder ein, dass Weasley heute seinen
besonders peinlichen Auftritt hingelegt hatte. Allerdings zuckte dieser
gleichmütig die Achseln. „Wahrscheinlich hatte Granger wegen deinem Geständnis heute
so eine Panik vor dir, dass sie auch nicht gekommen ist“, fuhr Draco glatt
fort. Kurz hatte er Weasleys Aufmerksamkeit. Aber Weasley erwiderte nichts
Entsprechendes und stellte sich vor die Fette Dame.
„Passwort?“,
erkundigte sich diese erneut, und Weasley schenkte ihm einen eindeutigen Blick.
Draco verdrehte die Augen.
„Oh bitte.
Ich bin Schulsprecher, ich kenne alle Passwörter im scheiß Schloss!“, knurrte
er. Abgesehen von seinem eigenen scheiß Passwort, dachte er bitter. Und
anscheinend war Granger nicht hier gewesen. Scheiße. Und nicht mal Weasley bot
ihm eine Angriffsfläche. Und es interessierte Draco einen Scheißdreck, wo
Weasley gewesen war, wo er jetzt herkam und fluchend wandte er sich ab.
Er schlug den
nächsten Weg ein, und zwar Richtung Bibliothek. Wahrscheinlich lief sie da
irgendwo rum. Wo sollte sie auch sonst hin? Es war halb zehn, als er ankam.
Madame Pince wollte gerade schließen, als sie ihn erkannte.
„Ja?“,
fragte sie, eine Spur gereizt.
„War… die
Schulsprecherin hier?“, erwiderte er also, aber Madame Pince schüttelte nur den
Kopf.
„Ich schließe jetzt ab, es sei denn, Sie wollen Ihre Nacht hier verbringen?“,
entgegnete sie, aber er schüttelte den Kopf. Scheiße, wo war das verdammte
Miststück?
Er machte
wieder kehrt und kam sich absolut lächerlich vor. Wo sollte er hin, verdammt
noch mal? Er würde noch einmal zurückgehen. Vielleicht war sie schon da. Aber…
was sollte er vor seinen verschlossenen Räumen? Er wurde langsam wütend. Gut,
dann war die Schlampe eben nicht da. Dann kam er eben nicht rein. Er hatte
hundert andere Möglichkeiten.
Zornig
lief er die Stufen hinab, Stockwerk für Stockwerk, bis er im schwach
erleuchteten Erdgeschoss angekommen war. Mrs Norris
schlich vor der Eingangshalle lautlos auf und ab, musterte ihn, beachtete ihn
aber nicht weiter.
Er schlug
den Weg zu den Kellern ein, ignorierte einen schlafenden Peeves, der mitten in
der Luft hing und kam vor dem Blutigen Baron an. „Salazar Slytherin“, sagte er
das neue Passwort und der Baron schwang wortlos zur Seite. Der
Gemeinschaftsraum war noch voll. Er erkannte Gregory auf der Couch und Zabini
im Sessel.
Ja, auch
hier gab es Dinge, die er hasste, aber er hatte kaum eine Wahl. Er betrat den
Gemeinschaftsraum, und die Schüler schwiegen verblüfft. Wahrscheinlich
erwarteten sie, dass er wegen irgendetwas Strafen verhängte.
„Was?“,
wollte er zornig wissen und verscheuchte zwei Jungen von der breiten Couch, um
neben Gregory zu sitzen. Zabini bedachte ihn mit einem ausdruckslosen Blick,
den Draco aber ignorierte.
„Hey, was
machst du hier?“, wollte Gregory verwunderte von ihm wissen, und die Schüler
begannen wieder zu sprechen.
„Brauche
ich einen Grund, um hier aufzutauchen?“, schnappte Draco und legte den Kopf
zurück.
„Nein“,
sagte Gregory sofort, „aber du kommst abends nie hierhin“, erwiderte er
vorsichtig.
„Ja, heute
aber schon“, sagte Draco nur. Aber er war zu müde, um sich auch noch mit
Gregory anzulegen. „Wo war Pansy heute?“, fragte er also, nur um irgendwas zu
sagen.
„Äh… sie
war in Hogsmeade“, erwiderte Gregory sofort. Draco
runzelte die Stirn.
„In Hogsmeade?“, wiederholte er verwundert, und Gregory nickte.
„Sie darf unter der Woche überhaupt nicht das Schloss verlassen!“, entfuhr es
ihm. Eigentlich war es ihm egal, wo Pansy war, aber es ging ihm gegen den
Strich, dass sie absichtlich nicht zum Treffen gegangen war.
„Sie war
auch nicht alleine dort“, bemerkte Blaise plötzlich, der nun neben ihm stand.
„Was
willst du, Zabini?“, knurrte Draco, ohne ihn anzusehen.
„Das könnte
ich dich auch fragen, Draco“, erwiderte er nur. „Hat dich Hermine
rausgeworfen?“, vermutete er betont freundlich, und Draco erhob sich sofort,
bevor Gregory seinen Arm zu fassen bekam, wahrscheinlich, um ihn aufzuhalten.
„Ich bin
Schulsprecher, Zabini!“, drohte Draco jetzt.
„Ja? Warum
bist du dann nicht in deinen Schulsprecherräumen?“,
wollte Zabini glatt von ihm wissen, und Draco verzog den Mund. Es war nicht der
Ort, um sich mit Blaise anzulegen. Vor allem, da Draco nicht zurück in seine
scheiß Räume konnte.
„Was soll
das heißen, Pansy war nicht allein in Hogsmeade?“,
griff er Zabinis Worte wieder auf, während Blaise
sich nun auf seinen Platz auf der Couch neben Gregory setzte.
„Auf
einmal interessiert?“, erkundigte sich Blaise scheinheilig, und Draco zwang
sich zur Ruhe.
„Nein, ich
frage mich nur, warum du es weißt“, gab Draco zurück. Er sah sich um, aber
Pansy war nicht mehr unten im Gemeinschaftsraum. Einige Jungen beobachteten sie
gespannt und senkten den Blick, als er sie ansah. Slytherins waren schaulustige
Idioten.
„Warum
sollte ich es nicht wissen?“, wich Blaise seiner Frage aus, aber Gregory sah
Blaise an.
„Mit wem
war sie da?“, fragte Gregory vorsichtig.
„Na, ich
glaube nicht, dass ich es sagen darf“, erwiderte Blaise mit einem entschldigenden Lächeln.
„Ach nein?
Und warum nicht?“, schnappte Draco, aber Blaise lächelte immer noch.
„Frag du
sie doch einfach, Draco“, gab er zurück. Es wurde ihm zu bunt. Verdammt noch
mal, er hatte so etwas nicht nötig! Wie sehr er es hasste, jetzt hier zu sein!
Ihm wurden die Vorteile, Schulsprecher zu sein, schlagartig bewusst. Er musste
sie finden. Er wollte in seine Räume.
„Weißt du,
ich glaube, du lügst“, sagte er schließlich. „Ich glaube, du möchtest einfach
nur irgendetwas sagen, damit dir jemand Beachtung schenkt, Zabini“, erwiderte
Draco schließlich. Zwar verriet ihm Blaises Lächlen,
dass er mehr wusste, als er sagte, und dass er wahrscheinlich nicht log, aber
eigentlich war es Draco egal, mit wem Pansy das Treffen geschwänzt hatte. Es
wird irgendeine dumme Schlampe gewesen sein. Er hatte eigene Probleme. Und
diese Probleme würde er lösen. „Und ich habe besseres zu tun, als mich mit dir
zu unterhalten“, schloss er und trat den Rückweg an. Gregory sagte noch etwas,
aber Draco hatte keinen Nerv mehr. Er hatte einfach keine Lust mehr. Er hatte
sich eine Stunde von Snape anhören müssen, wie unverantwortlich er war, und
jetzt wollte er einfach zurück in seine Räume. Sein Mal ziepte auf seinem Weg,
aber er ignorierte es. Pansy und Zabini waren ihm egal.
Er
erreichte den dritten Stock. Der Flur hier lag auch hier wie ausgestorben. Er
blieb vor der leeren Wand stehen und machte drei Schritte nach links.
Ich muss wissen, wo sie ist.
Drei
Schritte nach rechts.
Ich muss wissen, wo sie ist.
Drei
Schritte nach links.
Ich
muss wissen, wo sie ist!
Und dann
schmolz eine schwarze, schmiedeeiserne Tür aus der Wand. Die Tür zum Raum der
Wünsche. Zwar war es wieder einmal eine völlig neue Tür, aber er öffnete sie
eilig. Der Raum war dunkel, nur zwei Kerzen standen auf einem uralten Tisch.
Fast wirkte es wie ein Altar, und er überlegte, ob er seine Frage falsch
gestellt hatte.
Langsam
kam er näher. Der Raum war, außer dem Tisch in der Mitte, tatsächlich leer.
Keine Fenster, keine Gemälde, einfach nur nackte Steinwände. Es roch seltsam,
und Dracos Hand griff automatisch zu seinem Zauberstab. Zwischen den beiden
Kerzen auf dem Tisch lag ein Spiegel. Ein Handspiegel. Das Silber glühte
schwach im Licht der Kerzen. Draco sphähte in die spiegelden Fläche, sah aber nur sein eigenes misstrauisches
Gesicht darin.
Vorsichtig
nahm er den Spiegel in die Hand. Nichts passierte. Er betrachtete sein
verschlossenes Gesicht.
„Und
jetzt?“, murmelte er gereizt und drehte den Spiegel in der Hand. Er war kühl
und ungewöhnlich schwer für einen so kleinen Spiegel. Gut, er wollte wissen, wo
sie war? Vielleicht musste er genau das fragen. Er verdrehte die Augen, sah
wieder in die Spiegelfläche und kam sich lächerlich vor.
„Ok“,
sagte er, und die Dunkelheit des Raumes schien seine Stimme zu schlucken. „Zeig
mir Hermine Granger“, sagte er und nannte ihren Namen leiser, als könnte ihn
jemand hören. Aber er war sich sicher, er war hier allein. Und fast hätte er
den Spiegel fallen lassen, als sein Gesicht verschwamm und grauer Nebel im Glas
erschien.
Sein
Herzschlag beschleunigte sich geringfügig, als sich der Nebel lichtete. Er
kannte den Raum, den der Spiegel zeigte. Es war… - verdammt, was war es noch
mal?!
Er hörte
Lachen. Er verengte die Augen, und verschwommen konnte er durch die beschlagene
Spiegelscheibe ein Fenster erkennen. Mit einer Meerjungfrau aus Mosaik.
Das
Badezimmer der Vertrauensschüler, durchfuhr es ihn in rascher Erkenntnis.
Und dann
sah er sie. Sie badete. Und er brachte den Spiegel lächerlich nahe an sein Gesicht,
denn… sie war nicht allein! Sie war nicht allein in der großen Badewanne!
Sein Mund
öffnete sich langsam. Sie saß auf der Steinbank am Rand, schob sich die nassen
Haarspitzen über ihre nackte Schulter, während Potter einen Arm um sie legte.
Sie sagte
etwas, was er nicht verstehen konnte, aber seine Hand umkrallte
den Spiegel fester.
Potter
wischte sich die nassen Haare aus der Stirn, und Draco spürte, wie ihm übel
wurde, als Potter sich näher zu ihr beugte. Keine Sekunde später, hatte Potter
sie geküsst, und Granger schlang ihre Arme um Potters nackten Hals.
„Was?“,
knurrte Draco und schüttelte ungläubig den Kopf. Granger war nackt, und er sah
es, als Potter sie rittlings auf seinen Schoß zog, während er sich in ihre
Haare krallte, ohne den widerlichen Kuss zu unterbrechen.
Was?!
Draco
knallte den Spiegel zurück auf den Tisch und stürmte aus dem Raum. Das
passierte gerade nicht wirklich! Das war doch ein verdammter Scherz! Potter
würde von der scheiß Schule fliegen! Endlich! Und nicht, bevor ihm Draco nicht
endlich sein verdammtes Gesicht zu Brei geschlagen hatte! Er raste praktisch
die Flure entlang, bis er endlich den fünften Stock erreicht hatte und die
Statue von Boris dem Bekloppten passierte.
„Katzenauge“,
rief er praktisch das Passwort, und die Tür zum Badezimmer öffnete sich für
ihn. Allerdings lag das Bad in kompletter Dunkelheit vor ihm. Die Wanne war
leer, und er musste Potter verpasst haben! Er fluchte zornig und verließ das
Badezimmer, den Zauberstab gezogen, denn der Gryffindorturm war nicht weit von
hier.
Bald hatte
er heute Abend das gesamte Schloss durchwandert, aber Zorn trieb ihn an, zu
rennen, auch wenn er sich nicht sicher war, warum! Sein Herz hämmerte in seiner
Brust, und eine Minute später stand er vor der Fetten Dame, wartete aber
diesmal nicht darauf, dass sie sprach.
„Chudley Cannon“, knurrte er das Passwort, was der Fetten
Dame wohl nur vorgeschlagen worden sein konnte, da er nicht glaubte, dass sie
Ahnung vom Quidditch hatte. Und es war ihm scheiß egal, denn das Portrait
schwang zur Seite, und er hatte Einblick in den Gemeinschaftsraum.
Sehr
schnell waren alle Blicke auf ihn gerichtet, als er über die Schwelle getreten
war. Der Anblick von Gold und Rot erschlug ihn fast, aber er kannte den
protzigen Raum bereits. Sein Puls hämmerte in seinen Ohren, und er drehte
ungeduldig den Zauberstab in seiner Hand.
Wo war der
scheiß Bastard? Wo?! Dumpf klang Snapes Warnung in seinen Ohren, aber jetzt
gerade… jetzt gerade war es ihm scheiß egal!
Die
Gryffindors sahen ihn an. Weasley saß neben seiner Schwester auf der Couch und
erhob sich langsam, aber Dracos Blick verweilte nicht auf ihm.
Da!
Potter kam
die Treppe vom Schlafsaal hinab geschlendert und trug seine Quidditchtrainingshose
und ein Gryffindorshirt. Draco setzte sich in
Bewegung, und die Sekunden schienen sich in die Länge zu ziehen. Potter war ein
verdammt schnelles Arschloch, wenn er es schon geschafft hatte, sich
abzutrocknen und sich anzuziehen!
Ehe Potter
sprechen konnte, hatte Draco ihn erreicht, ihn am Kragen gepackt und ihn gegen
die Wand neben der Treppe gedrückt. Ein gurgelndes Geräusch rang sich aus
Potters Kehle, als Draco seine Hand um seinen Hals legte.
„Wo ist sie?“, knurrte er zornig, und Potter versuchte, ihn wegzuschieben. Er
hörte hinter sich, wie Schüler auf ihn zukamen, aber er drückte Potter seinen
Zauberstab gegen die Brust. „Sag es mir, du widerlicher scheiß Bastard!“,
schrie Draco jetzt, ohne dass er sich halten konnte, und wurde anschließend
brutal von Weasley zurückgezehrt.
„Was zur Hölle
tust du hier?“, wollte Weasley außer sich wissen, und Draco hörte wie Potter
hustend zu Atem kam. Er riss sich von Weasley los, um sich erneut Potter
zuzuwenden. Er griff sich eine Handvoll von Potters Shirt und zerrte ihn zu
sich.
„Du sagst mir sofort, was du getan hast, du Wichser! Wo ist sie?“, donnerte er
erneut, und Potters Brille rutschte fast von seiner Nase. Mit beiden Händen
stieß er ihn jetzt von sich, und Draco taumelte nach hinten.
„Was
redest du für einen Schwachsinn, du scheiß Idiot?“, rief Potter außer sich.
„Wer? Wo ist wer?“
Draco
hatte den Zauberstab wieder gehoben. Was?!
„Tu nicht
so!“, schrie er, denn sein Zorn loderte immer noch in seinem Innern. Wie konnte
es dieser verdammt Pantoffelheld wagen, sie anzufassen? Sie… - Draco musste die
Augen schließen.
Nein.
Warte.
Ruhig, Draco. Denk nach.
„Warst du
im Badezimmer der Vertrauensschüler?“, sagte Draco jetzt tonlos, mit rauer
Stimme, und hielt die Augen geschlossen.
„Was?
Wieso-“
„-warst
du, verdammt noch mal, im scheiß Badezimmer der-“
„-nein,
verflucht! Was zur Hölle ist dein Problem, Malfoy, du-“ Potter unterbrach sich
selbst.
Draco
öffnete die Augen wieder und zwang sich zur Ruhe, während sich alle Schüler im
Gemeinschaftsraum in einem Kreis um sie versammelt hatten.
Und der
Zauberstab sank in seiner Hand.
„Du…
suchst Hermine?“ Es rang sich als Frage aus Potters verdammtem Mund, und wieder
stieg Draco das Bild in den Kopf. Wie Potter seine widerlichen Hände um ihren
nackten Körper legte und… - Draco schloss erneut die Augen.
„Gott, was
wollt ihr alle von Hermine?“, vernahm er die genervte Stimme von Lavender
Brown. „So hübsch ist sie nicht!“, fügte sie hinzu und setzte sich wieder auf
die Couch, nachdem sie wohl entschieden hatte, dass diese Szene ihrer
Aufmerksamkeit nicht würdig war.
Langsam
beruhigte sich Dracos Puls wieder, während Potter sich fluchend das Shirt
gerade zog.
„Was zum
Teufel ist los mit dir?“, fragte Weasley zornig.
„Halt dein
Maul, Weasley“, knurrte Draco, denn er war noch nicht in der Lage vernünftig zu
diskutieren. Vor allem nicht hier, im verkappten Heldenzimmer der Gryffindors.
„Wieso
greifst du mich an, du Bastard?“, wollte Potter jetzt wütend wissen, aber Draco
sagte daraufhin nichts. Es stimmte nicht! Das, was er im Spiegel gesehen hatte
stimmte nicht?! Was zum Teufel hatte er dann gesehen? Und warum hatte er so
einen Scheiß gesehen? So etwas absolut Widerliches?!
„Ist
Hermine nicht in ihren Räumen?“ Das war wieder Weasley, und anscheinend siegte
Weasleys Sorge um Granger über seinen Hass auf ihn. Draco ruckte mit dem Kopf,
denn er begriff nicht, warum ihm dieser Spiegel so eine verdammte Lüge gezeigt
hatte!
„Er kommt
wahrscheinlich nicht rein“, sagte die kleine Weasley tatsächlich ungeduldig.
Sein Blick hob sich verständnislos. Woher wusste sie das? Er fuhr sich durch
die blonden Haare, und sie erhob sich von der Couch. „Hermine hat das Passwort
heute geändert.“
Und das
löste seine Probleme auf einmal. Er fixierte das Mädchen.
„Du kennst das Passwort?“, wollte er lauernd wissen, und die kleine Weasley
atmete aus.
„Du bist
wirklich furchtbar. Du hättest einfach klopfen können, dann hätte sie dir
aufgemacht, Malfoy“, tadelte sie ihn, und er musste sich beherrschen, um nicht
zu schreien.
„Sag mir
das verdammte Passwort“, knurrte er ungehalten, und sie verdrehte die Augen.
Kurz
herrschte Stille, ehe sie ausatmete.
„Lucius
Malfoy“, sagte sie. Und kurz begriff er nicht. So musste er wohl auch aussehen.
„Das Passwort. Es ist Lucius Malfoy.“
Und er
sagte gar nichts.
Sein Blick
fiel auf den Boden, und er nickte schließlich.
Lucius
Malfoy… - das Passwort war…?
…
Er wandte
sich ohne ein weiteres Wort von Potter und Weasley ab.
Auf dem
Rückweg traf er niemanden mehr. Lucius Malfoy. Sie war wirklich witzig. Seine
Gedanken lagen blank, während er durch die Gänge lief. Lucius Malfoy…. Er biss
die Zähen fest zusammen.
Und dann
war er wieder angekommen. Nach einer Ewigkeit, wie es ihm schien, war er wieder
vor seinen Räumen.
Er tippte
auf den Türknauf. Und es war so bitter, wie sie es
wohl vorgesehen hatte.
„Lucius
Malfoy“, flüsterte er fast, und die Tür sprang auf.
Er war
wieder in seinen Räumen. Das Licht war an, und ihre Tür und die Badezimmertür
standen offen. Sie kam aus dem Bad in ihrer Schlafshorts, ihrem weißen
Oberteil, die Haare noch nass, und erkannte ihn in der Tür.
Sie hatte
inne gehalten, und er konnte ihren Ausdruck nicht deuten.
„Bist du
selber drauf gekommen?“, erkundigte sie sich, und er konnte den Tonfall in
ihrer Stimme nicht ganz zuordnen. Sie sprach wohl von ihrem Passwort.
„Wo warst
du?“, fragte er also, denn jetzt gerade wusste er nicht, was er sonst sagen
sollte.
„Was?“,
fragte sie verwirrt, und er atmete aus.
„Vorhin“,
erläuterte er, ohne sich zu rühren. Ihre Stirn runzelte sich.
„Geht dich
das irgendwas an?“, schnappte sie schließlich.
„Du warst
nicht auf Patrouille“, erwiderte er nur.
„Was?
Woher willst du das wissen?“
„Weil ich
es weiß“, knurrte er nur.
„Fein. Ich
war baden“, sagte sie, und er antwortete, ohne nachzudenken.
„Im
Badezimmer der Vertrauensschüler?“, nahm er also an, und sie nickte unwirsch.
„Allein?“, fügte er knapp hinzu, und sie verdrehte die Augen, während sie zu
ihrem Zimmer schritt.
„Nein, Malfoy.
Weißt du, ich war baden mit Ron und Harry, mit Blaise und allen anderen Jungen
aus dem siebten Jahrgang!“ Ihre Stimme troff vor Sarkasmus. Dann hatte der
Spiegel tatsächlich gelogen. Er würde sich später mit dieser Fata Morgana
auseinandersetzen.
„Cleveres
Passwort“, rief er ihr nach, und sie hielt inne. Sie wandte sich zu ihm um, und
ihr Blick war verschlossen, beinahe kalt. Sie zu sehen machte es nicht wirklich
besser. Das Bild ihres nackten Körpers rittlings auf Potters Schoß jagte ihn
noch immer. Und er begriff es nicht. Warum hatte er das gesehen? Sein Mal
pochte wieder.
„Granger“,
begann er, müde vom Tag, und sie wartete ungeduldig. „Ginny Weasley weiß über
uns Bescheid“, sagte er nur, und sah, wie jeder Ausdruck von ihrem Gesicht
verschwand. „Und… Luna Lovegood hat mich auch darauf
angesprochen.“ Jetzt öffnete sich ihr Mund. „Und… jetzt wissen es
wahrscheinlich auch Potter und Weasley, nachdem ich gerade…“ Er machte eine
knappe Handbewegung.
„Was?“,
entfuhr es ihr panisch, und er atmete aus.
„Unwichtig“,
erwiderte er kopfschüttelnd. „Und Snape weiß es, und… Pansy“, schloss er still.
Sie starrte ihn an. Und er spürte den Kloß in seiner Kehle deutlich. Er spürte
etwas in sich, was sich wie ein Schmerz anfühlte, den er nicht deuten konnte.
„Und…“ ich weiß, dass du mich liebst, Granger, aber
ich tue dir einen verdammten Gefallen, „… ich habe kein Interesse mehr an
dir.“
Ihr Mund
hatte sich geöffnet. Er sah, wie sich ihre Brust hob und senkte, während sie
atmete. Und jetzt gerade, jetzt gerade schmeckten die Worte verdammt scheiße in
seinem Mund. Jetzt gerade hasste er es, Draco Malfoy zu sein.
„Das… ist
wirklich gut“, entfuhr es ihr, aber ihre Stimme war etwas höher als sonst.
„Nett, dass du dich gehalten fühlst, es mir ins Gesicht zu sagen“, fügte sie
hinzu, und ihre Stimme zitterte vor Zorn. Tränen traten in ihre Augen, und er
hatte gedacht, dieser Moment würde länger anhalten. Er hatte gedacht, sie würde
ihn noch länger ansehen. Ihn noch anschreien, ihn… vom Gegenteil überzeugen?
Er hatte
gedacht, sie würde sich noch mit ihm streiten, aber es war alles so schnell
vorbei.
Er stand
schon längst alleine in der Tür zum Wohnzimmer, und ihre Tür war längst ins
Schloss geknallt.
Und es
kostete ihn seine gesamte Kraft, nicht hinter ihr herzulaufen, sich nicht zu
entschuldigen, ihr nicht zu erklären, dass er ein verdammtes Arschloch war. Es
kostete ihn alles, was er hatte, damit er jetzt gerade Draco Malfoy sein
konnte. Draco Malfoy, der Junge, der plötzlich nichts dringender wollte, als
dass sie es noch einmal sagte.
Aber
wahrscheinlich stimmte es gar nicht. Wahrscheinlich hatte er sich alles nur
eingebildet!
Sein
dunkles Zimmer wartete bereits auf ihn. Keine Liebe. Keine Familie. Er war
Draco Malfoy, und es war nie anders gewesen….
Ginny
betrachtete ihre Finger. Denn das war wesentlich einfacher, als Hermine ins
Gesicht zu sehen. In Hermines hübsches Gesicht, was vor Tränen nun ganz gerötet
war. Aber Ginny wusste, dass sie nach solch einer Nacht bestimmt nicht so
aussehen würde, wie Hermine. Ginny wäre nach einer schlaflosen Nacht voller
Tränen bestimmt nicht mit so einem Teint aufgewacht, wie Hermine. Auch Ginnys
Haare lägen bestimmt nicht so gottgeben schön, wie Hermines Haare es taten.
Und Ginny
liebte Hermine. Über alles. Aber… sie wusste, warum andere Mädchen eifersüchtig
auf Hermine waren. Ginny wusste es gut. Und sie war selber gerade hin und her
gerissen. Wenn auch nur für eine sehr kurze Minuten, denn Hermine schnupfte
wieder herzzerreißend in ihr Taschentuch.
„Ok… und
du bist dir sicher?“, vergewisserte sich Ginny jetzt, denn sie konnte es sich
nicht vorstellen. Hermine hatte Ginnys Stoffelefanten auf dem Schoß, als würde
es ihr besonders großen Trost bringen. Nein, Hermine
war zu niedlich, als dass man eifersüchtig sein konnte.
Und sie
nickte tieftraurig, während eine weitere Träne auf ihre cremige Wange fiel.
Ginny hätte bestimmt schon Hautausschlag vom vielen Weinen bekommen, überlegte
sie dumpf.
Ginny
verdaute allerdings gerade noch die Tatsache, dass Harry Hermine wirklich gestanden
hatte, dass er in sie verliebt war. Und sie verdaute die Tatsache, dass ihr
Bruder anscheinend mit Pansy Parkinson zum Frühlingsball ging, obwohl er
Hermine erst gestern seine Liebe gestanden hatte!
Und sie
ignorierte das ganze Draco Malfoy Fiasko vorerst, denn wahrscheinlich würde ihr
der Kopf platzen, wenn sie sich jetzt auch noch darauf einlassen müsste.
„Du hast
ihn gehört, wie er es bestätigt hat?“, vergewisserte sich Ginny noch einmal.
Hermine ruckte mit dem Kopf, dass ihre schönen Locken wippten.
„Ja…-
nein. Ich… - Pansy hat gesagt, wie froh Molly doch war, dass sie mit Ron zum
Ball gehen würde“, wiederholte Hermine den mit Abstand seltsamsten Satz
überhaupt.
„Na gut.
Und wie hoch stehen die Chancen, dass das einfach nicht stimmt?“, erwiderte
Ginny vorsichtig, und Hermine schniefte wieder in ihr Taschentuch.
„Ich weiß
es nicht. Aber… wenn Molly es schon weiß?“,
begann sie wieder jammernd, aber Ginny schüttelte ungläubig den Kopf.
„Es muss eine gute Erklärung geben. Und überhaupt…“, wagte sie jetzt
einzuwerfen, „ich dachte, du interessierst dich nicht für Ron?“, endete sie
behutsam. Hermine wischte sich die Tränen von der Wange.
„Ich… ich
weiß es nicht, Ginny. Wenn er mit Pansy zum Ball geht, dann kann er ja wohl
nicht ernst meinen, dass-“ Ginny schüttelte heftig den Kopf.
„-er geht nicht mit Pansy zum Ball!“, widersprach
Ginny verzweifelt. „Hermine, das ist völlig absurd!“ Obwohl… diese Sache mit
Malfoy war… nicht weniger absurd…, befand Ginny für sich.
„Und was
soll ich tun?“, schniefte Hermine, ohne Ginny anzusehen.
„Na, du
wirst auf keinen Fall dein Abzeichen aufgeben!“, entrüstet sich Ginny über
Hermines nächsten verrückten Plan.
„Ich will
nicht mit ihm in diesen Räumen wohnen, Ginny!“, rief Hermine aufgebracht, und es
flossen wieder eine Millionen neue Tränen aus ihren dunklen Augen.
„Hermine“,
begann Ginny etwas hilflos, und konnte nicht glauben, dass sie diese Worte
sagte, „wie wäre es, wenn du… mit ihm darüber reden würdest?“
„Was?“,
krächzte Hermine freudlos. „Ginny, er hat mich… so gedemütigt, er… hat mit mir
gespielt und mich benutzt und… er will mich nicht mehr und… ich bin so
unglaublich dumm!“, flüsterte Hermine unter so herzerweichenden Tränen, dass
Ginnys Mund erst mal eine Minute kopfschüttelnd offen stand. Oh Merlin. Was war
das für eine Geschichte?
„Hermine,
ich…“ Aber Ginny war vollkommen ratlos, denn anscheinend – anscheinend – mochte Hermine Granger Draco Malfoy? Oder auch
umgekehrt, nachdem, was sie gestern gesehen hatte? Sie wusste es nicht, und eigentlich
wollte sie so etwas auch nicht wissen, aber anscheinend suchten sich
Gryffindors in Slytherin Ihresgleichen?!
Sie
begriff es selber nicht. Alles, was sie wollte, war, dass Harry und sie
nächstes Jahr heiraten würden, dass Ron endlich Hermine bekam und dass Draco
Malfoy dorthin kam, wo der Pfeffer wuchs. Mit Pansy zusammen!
„Ich muss
mein Abzeichen aufgeben!“, flüsterte Hermine tonlos, die geröteten Augen weit
aufgerissen, und Ginny schüttelte nur wieder den Kopf.
„Das ist
er überhaupt nicht wert! Niemand ist es wert, dass du deine verdiente Stellung
aufgibst!“ Ginny hatte noch immer nicht gefragt, wie es eigentlich zu all
diesen Dingen gekommen war, und wann zur Hölle das angefangen hatte, aber… wenn
sie ehrlich war, wollte sie das auch nur bedingt wissen.
„Ich weiß
nicht, was ich machen soll. Und mit Ron und Harry kann ich erst recht nicht
reden, denn… denn…“
Denn auch
Harry und Ron wollten Hermine anscheinend nur an die Wäsche, überlegte Ginny
bitter, obwohl Ron ja jetzt Pansy hatte?! Oder auch nicht?! Und Harry? Harry
sollte es nur wagen! Aber Ginny glaubte Hermine, wenn diese sagte, dass mit
Harry nichts war.
„Hermine,
die Jungs werden mich bestimmt bald löchern mit Fragen, weshalb du heute nicht
im Unterricht warst“, gab Ginny zu bedenken. „Was soll ich ihnen sagen? Oder
noch besser, warum sprichst du nicht endlich mit ihnen?“, schlug Ginny
eindeutig vor. Hermine schüttelte ängstlich den Kopf.
„Nein,
ich… ich könnte nie…“
„Ok… also,
dann was?“
„Du
kannst… sag ihnen, ich leide unter Schlaflosigkeit, Madame Pomfrey
hat sich um mich gekümmert“, schloss Hermine zitternd. Ginny seufzte auf.
„Fein,
aber dann musst du mir etwas versprechen“, befahl sie streng.
„Was?“,
wollte Hermine kleinlaut wissen.
„Du redest.
Entweder mit Malfoy oder mit Ron.“
„Ich kann
nicht-!“
„-von mir aus nicht heute“, warf Ginny ein. „Aber morgen“, fügte sie ernst
hinzu. Aber Hermine sagte nichts dazu. „Du, und diese Sache mit Malfoy…“,
begann Ginny unschlüssig, und Hermine schniefte wieder.
„Ja?“,
erwiderte sie fragend, und Ginny zwang sich, Hermine anzusehen.
„Von wem ging das alles aus? Von dir oder… oder von ihm?“ Und so sehr sie es
nicht wissen wollte, so sehr nagte diese Frage doch an ihr. Und tatsächlich
schien Hermine darüber nachzudenken, aber Ginny nahm an, sie lag mit ihrer
Vermutung bereits richtig.
„Ich… -
von ihm. Glaube ich“, flüsterte sie tonlos. Ja, das hatte Ginny auch
angenommen. „Er wollte… mit mir auf den Ball gehen. Also glaube ich-“
„-was?!“,
unterbrach Ginny sie sofort und starrte sie an.
„Oh, das…
war nichts Ernstes, es war nur-“
„-Draco Malfoy hat dich gefragt, ob du mit ihm auf den Frühlingsball gehst?“,
wiederholte Ginny vollkommen aus allen Wolken gefallen. Das war ernst! Das war…
todernst!
„Ich… ja…?“,
erwiderte Hermine vorsichtig, und Ginny ließ sie nicht aus den Augen.
„Und… was
hast du gesagt?“, wollte Ginny gedehnt von ihr wissen, aber auf Hermines
Gesicht war ein seltsamer Ausdruck getreten. Sie sagte nichts, und Ginnys Augen
weiteten sich. „Oh mein Gott, du hast ja gesagt!“, entfuhr es Ginny ungläubig.
„Merlin, Hermine! Was denkst du, hätten Harry und Ron dazu gesagt?!“
„Ich…
keine Ahnung, es ist soweit ja nicht gekommen!“, schnappte Hermine tatsächlich.
„Ok, warte
mal, wie weit genau ist es gekommen?“, fragte Ginny jetzt und hatte sogar die
Stimme gesenkt, obwohl der Schlafsaal leer war. Und eine unbekannt neue Röte
trat in Hermines Gesicht.
„Es ist
nichts passiert!“
„Du hast
nicht mit ihm geschlafen?“, fragte Ginny lautlos.
„Oh Gott,
nein! Nein, nein, nein!“, widersprach Hermine heftig.
„Aber du
wolltest?“, hakte sie sofort nach, und Hermines Mund öffnete und schloss ich
wieder.
„Natürlich
nicht“, erwiderte Hermine unter hochroten Wangen. Sie log!
„Oh mein Gott!“,
flüsterte Ginny kopfschüttelnd.
„Ginny,
bitte, ich…“
„Draco
Malfoy, Hermine! Draco Malfoy! Im
Märchen wäre er der böse Zauberer am Wegesrand, dem die holde Jungfrau keine
zwei Zentimeter weit trauen dürfte!“ Und Hermines Kopf wurde noch roter.
„Ginny,
das… ist nicht alles…“, flüsterte Hermine verzweifelt. Ginny spürte, wie sie schwitzige Hände bekam. Was sollte das bedeuten, das war
noch nicht alles?! Sie seufzte auf und hob resignierend die Arme.
„Ok. Was kann noch viel Schlimmeres passiert sein, als dass du mit Draco Malfoy
auf unseren Frühlingsball gehen willst?“ Ginny konnte sich nicht vorstellen,
dass –
„Ich habe
ihm gesagt, dass ich ihn liebe, und er hat mir gesagt, dass er jetzt kein
Interesse mehr an mir hat“, sagte Hermine sehr schnell und sah ihr direkt in
die Augen. Und Ginny hatte das Gefühl, das Bett wurde ihr sehr unsanft unter
dem Körper weggerissen.
Erschöpft
lehnte sie den Kopf gegen das dicke Kissen und schüttelte ungläubig den Kopf.
Sie hatte das Gefühl, neben ihr saß ein völlig wildfremder Mensch. Sie starrte
ins Leere.
„Ginny,
bist du-?“
„-jetzt
nicht, Hermine. Gib mir einen Moment, um…“ Aber Ginny beendete den Satz nicht,
denn sie hatte keine Ahnung, was sie innerhalb eines Moments erreichen konnte!
Vielleicht erst mal, dass sie nicht anfing zu schreien.
~*~
Es war ihm
unangenehm, aber sie hatten den Schlafsaal erreicht, ohne dass sie jemand
bemerkt hatte. Ron zog Harrys Tarnumhang von sich und Pansy, und eilig fuhren
sie auseinander, während Pansy ihre Haare richtete. Sie hatte ihre Uniform
nicht mehr an. Er wusste nicht, wann sie nach dem Unterricht Zeit gehabt hatte,
sich schon umzuziehen, aber das Kleid, was sie jetzt trug, war noch kürzer als
ihr Schulrock. Er hatte größte Mühe, nicht zu genau auf ihre bloßen Oberschenkel
zu starren.
So sollte
man nicht rumlaufen dürfen! Ihr Kleid war bestimmt teuer gewesen, denn der
Stoff fühlte sich angenehm kühl an. Er hatte es gerade gespürt, als er sie vor
sich die Treppe zum Jungenschlafsaal hochbugsiert hatte. Es war dunkelblau und
schimmerte im Licht. Es passte zu ihren hohen blauen Schuhen. Die Absätze waren
endlos hoch, aber sie war immer noch einen Kopf kleiner als er.
„In meinem
gesamten Schrank ist bestimmt nichts, was so teuer ist wie eins von deinen
Outfits, Parkinson“, warnte er sie, als er kopfschüttelnd seine Schranktüren
öffnete.
„Wahrscheinlich“,
erwiderte sie hochnäsig wie immer und lugte neben ihm in seinen unordentlichen
Schrank. Sofort zerrte sie eine schwarze Hose hervor. „Passt die?“, wollte sie
wissen, und er nickte. „Ich denke, schwarz steht dir“, fügte sie mit einem
kurzen Blick auf ihn hinzu und legte die Hose auf sein Bett.
Sie sah
ihn nicht lange an. Eigentlich beachtete sie ihn heute überhaupt nicht. Er nahm
an, sie war sehr ungern hier. Aber es war verständlich. Sie war eine Slytherin.
Eine reiche, arrogante Slytherin. „Grün… du hast nichts Grünes. Mit deinen
Haaren ist alles eigentlich so gut wie hoffnungslos“, murmelte sie.
„Hey“,
unterbrach er sie jetzt und setzte sich auf sein Bett. Widerwillig sah sie ihn
an. Allerdings nur kurz. „Danke, dass du das machst“, fügte er hinzu. Sie hatte
inne gehalten.
„Bedank
dich nicht, Weasley“, murmelte sie seinen Sachen entgegen und stöberte weiter.
„Noch
niemand hat sich um mein Äußeres irgendwelche Gedanken gemacht, und ich-“
„-bedank
dich einfach nicht bei mir, ok?“, fuhr sie ihn plötzlich zorniger an. Er hob
verwirrt die Hände.
„Ok!“,
sagte er beschwichtigend, und sie warf einen dunkelgrünen Pullover auf sein
Bett, den er seit zwei Jahren nicht mehr angehabt hatte.
„Das…
sollte eigentlich ok aussehen“, sagte sie kleinlaut. „Ansonsten… hast du
wirklich nur hässliche Sachen in deinem Schrank, Weasley. Kaufst du deine Sachen blind, oder so was?
Lässt du die Verkäufer auslosen, was sie dir einpacken, oder…?“
Sie
erwiderte seinen Blick kurz, und er erhob sich. Sie wich sofort zurück, strich
über ihr Kleid und warf die dunklen Haare über die Schulter.
„Was ist
los mit dir?“, erkundigte er sich stirnrunzelnd, aber es ihm entging nicht,
dass sie ständig Abstand zwischen sich und ihn brachte. Wahrscheinlich hatte
ihr arrogantes Äußeres wieder mit ihrem Kopf aufgeschlossen und beide hatten
sich entschieden ihn wieder widerlich zu finden.
„Gar
nichts, ok?“, erwiderte sie defensiv und verschränkte die Arme vor der Brust,
während sie nervös ihr Gewicht verlagerte. „Könntest du mich nicht so
ansehen?“, ergänzte sie gereizt, und er hob abwehrend die Hände.
„Ok, du…
bist einfach nur-“
„-was, Weasley?“, schnappte sie, und er erntete einen zornigen Blick aus ihren
grünen Augen.
„Hab ich
dir irgendwas getan?“, wollte er jetzt wissen, und sie atmete entnervt auf.
„Ich bitte
dich!“, sagte sie nur, und er fuhr sich ratlos durch die Haare.
„Ok… willst
du noch, dass ich dich hier rausbringe, oder… springst du einfach aus dem
Fenster?“, erwiderte er bitter. „Ich habe gehört, böse Hexen fliegen auch ohne
Besen“, ergänzte er kühl.
„Wie
witzig“, sagte sie und sah aus, als wäre dies ihre persönliche Hölle.
„Weißt du, du hättest einfach nein sagen können!“, fuhr er sie an. „Ich habe
dich nicht gezwungen oder so was!“ Sie schüttelte wieder über ihn den Kopf, als
hätte er etwas besonders Dummes gesagt.
„Las uns
einfach nicht mehr reden und bring mich hier raus!“, erwiderte sie, und er
griff sich zornig Harrys Tarnumhang vom Bett.
„Fein. Mir
egal!“, entgegnete er gepresst, aber bevor er ihnen den Umhang überwerfen
konnte, hatte sie ihn hart vor die Brust gestoßen. „Hey, was zum-!“
„Wieso
beachtest du mich nicht, Weasley?“, verlangte sie plötzlich zornig zu wissen,
und er starrte sie an. Jetzt war sie völlig durchgeknallt.
„Was?“,
wagte er zu fragen, und wieder erdolchte sie ihn mit Blicken.
„Ja, ich
weiß, du bist vollkommen unbeeindruckt, und… und du siehst nur Granger, egal
wie wenig sie sich für dich interessiert, und du… du…“ Pansy biss sich auf die
Lippe und schloss für einen Moment die Augen, ehe sie ein Lächeln aufsetzte und
noch einmal durch ihre glänzende Haare strich.
„Jaah?“ Er war sich nicht sicher, worauf Pansy eigentlich
hinaus wollte.
„Gott, du
würdest mich niemals zu diesem blöden Ball bitten, oder? Selbst wenn es keine
Granger auf dieser ganzen Welt geben würde, oder?“
Seine
Augenbrauen hoben sich, während Pansy Parkinson anscheinend sauer auf ihn war.
„Warum
sollte ich mit dir auf den Ball gehen?“, fragte er jetzt gewählt vorsichtig.
„Richtig“,
erwiderte sie heiser. „Nein, es gibt keinen Grund!“ Sie schien wütend auf sich
selbst zu sein. Sie konnte nicht meinen…? Nein…! Er musterte sie ungläubig.
„Hey, du
hast gesagt, ich hätte nicht mal den Hauch einer Chance bei dir, selbst wenn du
bewusstlos wärst“, wiederholte er ihre Worte, und sie nickte.
„Ja. Das stimmt auch. Du verstehst überhaupt nichts, Weasley!“
„O-k?“, entgegnete
er unschlüssig. Pansys Wangen waren mittlerweile eine Spur gerötet. „Ich
verstehe ziemlich viel, Pansy. Du… willst mit Malfoy auf den Ball“, sagte er,
während er näher kam. Sie sah ihm stur ins Gesicht.
„Ja,
Weasley“, bestätigte sie nickend, während sie den Kopf mittlerweile höher in
den Nacken legen musste, um ihn anzusehen.
„Und… du
willst nicht mit mir auf den Ball“,
sagte er jetzt behutsam, und sie lachte sogar auf.
„Was?
Nein, natürlich nicht! Was denkst du eigentlich?“
„Also…“,
unterbrach er sie jetzt ruhig. „Wieso willst du dann, dass ich dich frage?“ Und
es war faszinierend, wie Pansys Wangen unter dem Makeup tatsächlich noch röter
wurden.
„Du bist
wirklich unglaublich dämlich, Weasley! Ich würde eher-“
Und er war
sich nicht ganz sicher, woher dieser Impuls kam, aber er senkte den Kopf, ehe
sie zu Ende sprechen konnte. Sanft verschlossen seine Lippen die ihren, und sie
verstummte augenblicklich, während sie stocksteif unter ihm wurde. Er hatte die
Augen geschlossen, und er löste sich von Pansy keine Sekunde später.
Die Stille
erschlug ihn fast, und ihre Lippen hatten sich perplex geöffnet, während ihn
ihre grünen Augen fast panisch anstarrten.
Es verging
eine weitere Sekunde.
Und er
lebte noch!
„Das… war
ein furchtbarer Kuss“, hauchte sie schließlich, während er sah, dass ihr Atem
unregelmäßig ging. Er brauchte noch eine Sekunde, bevor er verstanden hatte.
Was? Oh
Merlin… - wahrscheinlich würde sie ihm gleich noch eine kleben, nahm er dumpf
an. „Daran solltest du… arbeiten, wenn du… mit Granger auf den Ball willst“,
flüsterte sie, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
Und sein
Mund öffnete sich, ehe er glaubte, verstanden zu haben.
„Ist das
so?“, erwidert er heiser, und Pansy nickte langsam. „Mit wem soll ich daran
arbeiten?“, fügte er langsam hinzu, aber sein Blick fiel beinahe hypnotisch auf
Pansys weiche Lippen. „Ich glaube nicht, dass-“
„-na ja,
ich könnte… wenn sich niemand sonst…“
Und er
hatte den Abstand geschlossen, als Pansy die Arme um seinen Nacken schlang. Ihre
Lippen krachten aufeinander, und irgendwas in seinem Innern funktionierte
überhaupt nicht mehr richtig, denn er hatte ein unglaublich leichtes Gefühl im
Magen. Pansy öffnete seufzend die Lippen unter seinem Mund, und als seine Zunge
auf ihre traf, spürte er, wie seine Erektion gegen seine Hose drückte.
Verflucht!
Das war…- oh Merlin!
Er hatte
keine Ahnung, was es war, aber… es fühlte sich viel zu gut an! Viel zu gut! Sie
krallte sich in seinen Nacken, und als sie in seinen Mund stöhnte, jagte es
Schauer über seinen Rücken. Das… konnte nicht sein, denn… denn… er wollte
Hermine! Nicht Pansy!
Er löste
sich beinahe abrupt von ihr, denn sonst befürchtete er, dass er es gar nicht
schaffen würde, und seine Brust hob und senkte sich schwer.
„Ich…
ich…“ Er schüttelte den Kopf. „Ich liebe Hermine!“, sagte er fest. Er sah wie
sie schluckte und vor ihm zurückwich, ohne ihn anzusehen.
Sie nickte
bitter, und sein Mund öffnete sich verblüfft, als er Tränen in ihren Augen
erkannte.
„Ja, weil
du ein Arschloch bist, Ronald Weasley“, rief sie heiser und war aus dem
Schlafsaal gestürmt. Er brauchte noch eine Sekunde, ehe seine Beine ihm wieder
gehorchten und er ihr nachsetzte.
„Pansy!
Warte, Pansy!“, rief er und nahm zwei Stufen auf einmal, aber sie war
schneller, war schon durch den Gemeinschaftsraum an Harry vorbei und drängte
sich durch eine Schar Erstklässler nach draußen.
Scheiße!
Und Harry
sah ihn vollkommen ungläubig an. Erst seit gestern hatten sie fast wieder mit
einander gesprochen, als er Malfoy von Harry weggezogen hatte, aber… wirklich
gesprochen hatten sie auch danach nicht wirklich.
„Ron“,
begann Harry langsam, und Ron blickte ergeben zur Seite, „was macht Pansy
Parkinson in unserem Schlafsaal?“, fragte er mehr als vorsichtig, und Ron hob
den Blick zu Harrys Gesicht. „Mit… dir?“
Und Ron
merkte selber wie mehr und mehr Zeit verging, in der er krampfhaft nach einer Erkrläung suchte. Einer guten. Einer besseren als: Pansy
und ich treffen uns seit einer Woche heimlich, und meine Mutter denkt, wir
gehen zusammen zum Ball, und eigentlich hilft sie mir, Hermine zu bekommen,
aber jetzt habe ich es versaut, weil ich sie geküsst habe.
Denn diese
Erklärung war einfach… nein.
„Mein lieber Hippogreif! War das Pansy Parkinson? Die
Pansy Parkinson? Habt ihr das Kleid gesehen!“, entfuhr es Seamus, als er sich
neben Harry und Ron stellte. „Was machst du hier mit Pansy?“, fügte er gespannt
hinzu, und wieder befand sich Ron in der unmöglichen Situation so gut zu lügen,
dass es glaubhaft wirkte.
„Sie…
wollte mir…“ Er hob resignierend die Hände, und die Jungen hingen an seinen
Lippen.
„Alter, du
hast sie geküsst!“, rief Seasmus grinsend aus, und
Ron spürte die Hitze in den Wangen augenblicklich.
„Was? Nein! Nein, ich… wir haben bloß…“ Er sah Harry an, aber dieser schien selber
zu gespannt auf Rons Worte zu sein.
„Verdammt!“,
entfuhr es Seamus anerkennend. „Hast du dir mal ihre Beine angesehen?“
„Nein. Es ist nicht so wie du denkst!“, fuhr Ron sofort dazwischen, und er sah Seamus
flehend an. „Bitte, erzähl das keinem, ok?“ Seamus nickte mit einem Zwinkern.
„Kein
Problem, Weasley, du Hund!“ Ron erntete noch einen Schlag auf die Schulter, ehe
Seamus voller Anerkennung den Gemeinschaftsraum verließ.
„Ok, nach
gestern hatte ich eigentlich gedacht, dass-“
„-oh Harry, es ist nicht so… wie es aussieht!“, widersprach Ron, und zum ersten
Mal seit… einer Ewigkeit sprach er wieder mit Harry, seinem besten Freund.
„Also…
habt ihr euch geküsst? In unserem Schlafsaal?“, flüsterte Harry fast, und Ron
fühlte sich unwohl bei diesem Geständnis.
„Na ja… nur… ganz kurz, ich…“
„Pansy
Parkinson?“, vergewisserte sich Harry ungläubig, und Ron verdrehte die Augen.
„Was? Ist
das so abwegig?“ Und Ron begriff erst jetzt die Worte, die er da sagte, und
schnitt Harry das Wort ab, indem er nickte. „Ja, ok. Vielleicht… ist es
abwegig, aber…, ach Harry! Meine Mum denkt, ich gehe
mit Pansy Parkinson auf den verdammten Ball!“, brach es jetzt aus ihm hervor.
„Was?“,
entfuhr es Harry, und Ron beobachtete fasziniert, wie sich Harrys Mundwinkel zu
einem breiten Grinsen hoben. „Woher weiß Molly das?“
„Gestern…-“
„-als du
nicht beim Quidditch warst, was ich dir einmal durchgehen lasse, ja?“,
unterbrach Harry mahnend, und Ron senkte schuldbewusst den Blick.
„Pansy und
ich-“
„-Pansy und du…“, wiederholte Harry
ungläubig.
„Oh, komm
schon! Wir… haben geschwänzt und waren in Hogsmeade,
weil… Pansy mir dabei hilft, besser auszusehen, damit ich Chancen bei Hermine
habe?“ Und Harry hörte mit offenem Mund zu. „Na ja, und wir waren da in diesem
Laden und… haben uns gestritten, und meine Mum kommt
rein, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und Pansy… tja, Pansy sagte,
wir hätten die Erlaubnis von Snape-“
„-die
Erlaubnis von Snape, Klamotten für den Ball zu kaufen? Ja, das klingt definitiv
nach unserem Tyrannen Snape“, bestätigte Harry lakonisch und nickte, während
Ron grinsen musste.
„Ja, und
meine Mutter hat es uns abgekauft und war begeistert, dass ich doch noch eine
Begleitung für den Ball gefunden habe.“
„Das hat
Pansy ihr gesagt?“, vergewisserte sich Harry, und Ron nickte verzweifelt.
„Und
jetzt… hab ich keine Klamotten, kein Date für den Ball, Hermine spricht nicht
mehr mit mir, und… Pansy jetzt wohl auch nicht mehr.“
„Was…
genau hast du zu Pansy oben gesagt?“, wollte Harry jetzt wissen. Ron blickte
wieder schuldbewusst auf den Boden.
„Na ja…“
„Du hast
sie geküsst und dann?“
„Dann… hab
ich aufgehört und… gesagt, dass… ich Hermine liebe?“, schloss Ron kleinlaut,
und Harry schloss die Augen.
„Oh Ron!“,
entfuhr es ihm kopfschüttelnd.
„Was denn? Ich meine, es stimmt doch!“
„Mag sein, aber… anscheinend… mag dich Pansy, wenn sie sogar Molly Weasley erzählt, dass ihr zusammen
auf den Ball geht? Ist dir das mal in den Sinn gekommen?“
„Aber wir
reden hier von Pansy, Harry! Pansy Parkinson! Die ätzende
Slytherin-Vertrauensschüler-Schlange, die nur oberflächlich und arrogant ist,
und vollkommen besessen von Draco Malfoy, und-“
„Ja, so sah sie auch gerade aus, als sie sauer hier rausgestürmt ist, nachdem
du ihr gesagt hast, du liebst Hermine. Total bessesen
von Malfoy…“, bemerkte Harry mit eindeutig erhobener Augenbraue. Kurz dachte
Ron darüber nach, schüttelte aber wieder den Kopf.
„Nein. Das war gerade bloß… das war gar nichts, Harry!“
„Dann
magst du Pansy gar nicht?“
„Nein,
ich… natürlich nicht! Ich… ich… sie ist völlig…“
Er wartete
darauf, dass Harry etwas sagte. „Ich mochte immer nur Hermine, Harry“, sagte
Ron jetzt leiser. Und Harry seufzte auf.
„Ja, aber…
was ist, wenn das etwas ist, was du… hinter dich bringen musst?“, antwortete
Harry leise.
„Was?“
„Drüber
wegkommen, verstehst du? Müssen wir das nicht alle irgendwann?“ Harry vergrub
die Hände in den Taschen seiner Hosen.
„Was soll
das heißen?“
„Vielleicht…
ist das ein verlorener Posten, Ron“, murmelte Harry beschämt. „Ich… es tut mir
leid. Ich war so ein Arsch“, schloss Harry kopfschüttelnd. Rons Mund öffnete
sich erstaunt.
„Was?
Nein, Harry! Mir tut’s leid, ich habe…“
Und für
einen sehr kurzen Moment war Ron wieder leicht ums Herz. Harry und er sahen
sich an, tauschten ein Lächeln und umarmten sich kurz, wie es unter Männern
angemessen war, ehe sie sich hastig trennten und angestrengt ihren Füßen
zunickten.
„Was wird
das denn hier?“, hörte Ron Ginnys ungläubige Stimme.
Und er
sah, wie Harry keine Sekunde länger zögerte.
„Ginny, es
tut mir so leid“, sagte Harry und zog Ginny in seinen Arm, ehe Ron etwas dazu
sagen konnte. Jetzt erst erkannte er Hermine hinter Ginny, und sein Herz zog
sich zusammen bei ihrem Anblick, denn sie hatte geweint! Er ignorierte, dass
Harry Ginny küsste, und konzentrierte sich lieber auf Hermine. Es war das
kleinere von zwei Übeln.
Er fuhr
sich unsicher durch die Haare, und es war ihm mehr als unangenehm vor Hermine
zu stehen.
„Alles in
Ordnung?“, fragte er vorsichtig, und wusste absolut nicht, was er zu ihr sagen
sollte. Hermine nickte unwirsch. „Du hast geweint“, stellte er leiser fest,
während Harry immer noch seine kleine Schwester im Arm hielt. Merlin, noch mal!
„Du gehst
mit Pansy zum Ball?“, erkundigte sich Hermine, anstatt zu antworten. Rons Mund
klappte auf.
„Ich… was? Woher weißt du-?“
„-ich habe
euch gestern gesehen, als ihr wiederkamt“, sagte Hermine jetzt ernst, und Ron
sah genau, wie wütend sie war. Er kratzte sich verlegen am Kragen seines Hemds,
denn dieses Gespräch wurde immer unangenehmer.
„Hermine,
es ist nicht so-“
„-nein? Dann… hast du mir gestern nicht vor allen versammelten Leuten deine Liebe
gestanden, mich vor Snape in Schutz genommen, während du die ganze Zeit mit
Pansy zum Frühlingsball gehen wolltest?“ Die Schüler in nächster Nähe lauschten
mittlerweile der Unterhaltung, und Ron deutete Hermine an, nach oben zu gehen,
aber Hermine schüttelte zornig den Kopf.
„Hermine,
ich… das mit Pansy, ich wusste nicht… das ist einfach passiert! Und… es tut mir
leid, dass ich vor allen Leuten gesagt habe, dass ich dich… dass ich… du weißt
schon! Es tut mir wirklich leid! Es war… in der Hitze des Gefechts! Und ich
meine es gar nicht so, wie-“
„-du
meinst es nicht so?“, entfuhr es ihr zornig. Uh-oh… scheiße…. Was hatte er
jetzt angerichtet. Ginny löste sich von Harry und starrte ihn jetzt auch wieder
an. „Was genau soll das heißen? Du sagst es, aber es stimmt nicht?“
„Ich… ich
glaube, ich… bin…“ Er spürte, wie er anfing zu schwitzen, während ihr Blick ihn
praktisch wie ein Flammenwerfer röstete. „Ich muss drüber wegkommen, richtig?“,
versuchte er es auf eine andere Tour, und ihr Mund öffnete sich schockiert.
„Was?“
„Harry?“,
wandte sich Ron hastig an Harry, doch dieser räusperte sich nur und erntete
denselben Todesblick von Hermine wie er.
„Drüber
wegkommen?“, wiederholte Hermine verletzt. „Das heißt, du liebst mich nicht? Du
nimmst es zurück?“ Und Ron schüttelte hastig den Kopf.
„Nein,
nein! Ich liebe dich, Hermine! Nur… ich kann nicht… ich kann es nicht auf diese
Weise, verstehst du? Schon wegen… schon wegen…“
„Wegen
Pansy?“, entfuhr es Hermine giftig, und Ron schüttelte verständnislos den Kopf.
„Nein, Hermine. Nicht wegen Pansy, Merlin noch mal! Wegen Malfoy!“ Gott, es war
doch so offensichtlich! Oder sah sie es nicht? Was war überhaupt los mit
Hermine und Malfoy? Und ihr Blick nahm eine sehr wunde Note an. „Weswegen war
er denn gestern hier, wenn er nicht wahnsinnig vor Eifersucht war?“, entfuhr es
ihm, ehe er nachdenken konnte.
„Was?“,
flüsterte Hermine entgeistert, und Ron wandte sich wieder an Harry. „Na, er hat
Harry doch fast erwürgt, weil… weil… - warum eigentlich?“ Er hatte ganz vergessen
zu fragen. Aber Malfoy zu fragen, warum er irgendetwas tat, machte ohnehin
nicht viel Sinn!
„Es ist
Malfoy“, bemerkte Harry achselzuckend. „Irgendeinen Todessergrund
wird es schon geben“, bemerkte Harry achselzuckend.
„Ron, du
bist… du bist…!“ Hermine schienen die Worte ausgegangen zu sein. Merlin, sei
Dank. „Du bist ein Arschloch!“ Sein Mund öffnete sich. Was? Er war ein
Arschloch? Zwei Frauen nannten ihn heute Arschloch?!
„Hermine,
bitte, es tut mir leid, ich und Pansy-“ Aber das war zu viel. Hermines Hand
schnellte vor, und ehe er sich versah, hatte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Er
hielt sich die Wange, perplex starrte er ihr nach, als auch sie durch das
Portraitloch verschwunden war.
„Was… zur
Hölle…?“ Er wandte sich entrüstet an Harry und Ginny. Harrys Arm lag um Ginnys
Taille.
„Hm…, ihr seid jetzt also über Hermine hinweg?“,
vermutete Ginny trocken, und auf Harrys Gesicht trat ein schuldbewusster Blick.
„Das war…
gar nichts…“, murmelte Harry entschuldigend. Ginny öffnete protestierend den
Mund, aber Harry zeigte jetzt auf ihn. „Er hat gerade Pansy Parkinson in
unserem Schlafsaal geküsst!“ Und Ginnys Augen wurden groß. Ron atmete
resignierend aus.
„Danke.
Danke, Harry. Das war…nötig, nehme ich an?“, bemerkte Ron, aber Harrys
Mundwinkel hoben sich. Auch Ron konnte nicht verhindern, zu lächeln.
„Also, ihr
seid jetzt wieder Freunde? Und Hermine ist sauer“, schloss Ginny seufzend.
„Ja, und
Rons Freundin Pansy auch“, fügte Harry hinzu und duckte sich grinsend gerade
noch unter Rons Schlag hindurch.
~*~
Sie lief
schnell. Schneller als sie vorgehabt hatte.
Und ihre
Tränen waren versiegt. Anscheinend lösten sich alle Probleme wie von selbst!
Alle regten sie also wochenlang auf, nur um dann zu entscheiden, dass es all
das doch nicht wert war? Alle machten sie wahnsinnig, baten sie um Dates,
zettelten Kriege an – und dann? Dann war alles vorbei und sie sollte damit
einfach umgehen?
Oh nein!
Sie hasste
Jungen! Allesamt!
Sie hatte
das mit dem Passwort nicht ganz durchdacht, denn nun musste sie auch eine Woche
lang die Tür mit den Worten Lucius Malfoy
öffnen. Genervt tippte sie auf den Knauf, sagte den Namen voller Verachtung und
stürmte durch das leere Wohnzimmer seine Stufen hoch.
Dieser
dämliche scheiß Slytherin Bastard! Alle konnte alles wieder selber in die Hand
nehmen? Alle nahmen zurück, was passiert war? Schön! Schön, verdammt, dann
würde sie es auch selber in die Hand nehmen! Sie war Hermine Granger, sie war
Schulsprecherin, und Draco Malfoy war nichts weiter, als ein dummes Frettchen!
Sie
hämmerte gegen seine Tür.
„Malfoy!“,
schrie sie praktisch, und es verging eine kleine Endlosigkeit, in der sie am
liebsten den Zauber selber angewandt hätte, um seine blöde Tür zu öffnen. Er
öffnete schließlich und sie betrat sein Zimmer, ohne zu zögern.
„Du bist
ein dämlicher Scheißkerl!“, rief sie zornig, und bemerkte am Rande, dass er
aufgeräumt hatte.
Nein.
Er hatte
gepackt?!
„Wäre das
alles?“, bemerkte er mit gerunzelter Stirn, und sie sah sich verwirrt um.
„Was… was
tust du hier?“, entfuhr es ihr, und sie vergaß für einen Moment, weswegen sie
hierhergekommen war.
„Ich
packe“, erklärte er das Offensichtliche.
„Das sehe
ich selber. Wofür packst du?“, wollte sie wütend wissen.
„Ab nächste Woche bin ich kein Schulsprecher mehr.“
„Du…“
Was?! Sie starrte ihn an. Nein.
Nein, das
würde er nicht tun!
„Oh nein,
Malfoy! Nein!“, widersprach sie heftig. „Nein!“ Sie schritt zielstrebig zu
seinem Schreibtisch und entleerte eine der Kisten wahllos auf der Oberfläche.
„Granger,
was zur-“
„Vergiss
es!“, schrie sie. „Ich werde die Stelle aufgeben! Ich werde keine
Schulsprecherin mehr sein! Und du kannst hier in diesen scheiß
Räumen verrotten!“, rief sie wütend. Er starrte sie an, als wäre sie verrückt
geworden. „Oh, und noch was!“, fuhr sie fort, kam wieder auf ihn zu, und es war
ihr egal, dass sie nicht geschlafen hatte, dass sie die ganze Nacht geweint
hatte und wahrscheinlich beschissen aussehen musste!
„Du kannst
kein Interesse mehr an mir haben, weil ich kein Interesse mehr an dir habe,
ok? Hast du das verstanden? Ich habe kein Interesse mehr!“, schrie sie
praktisch. „Es ist so was von vorbei! Und ich liebe dich nicht! Glaub das ja
nicht, du scheiß Todesser! Ich gehe mit Blaise auf den verdammten Ball! Und
wenn er nicht mehr will, dann gehe ich mit Neville oder mit Seamus und Dean
zusammen!“, fuhr sie außer sich fort. „Mit jedem, nur nicht mit dir!“
Sie sah
ihn schweratmend an. Seine Augen verengten sich fragend.
„Du solltest… schlafen“, schlug er jetzt langsam vor, und sie hätte ihn
schlagen können!
„Erzähl mir nicht, was ich tun oder lassen soll, du Arschloch!“
„Stress
mit Weasley?“, vermutete er unbeeindruckt, aber sie trat zornig gegen eine
weitere seiner Kisten.
„Nein, weil
Ron jetzt mit Pansy auf den Ball geht! Mit Pansy!“, schrie sie kopfschüttelnd.
„Was?“ Er
sah sie an, als hätte sie nicht mehr alle Hippogreife
am Himmel.
„Ja, deine
kleine Sklavin hat sich weiter entwickelt. Und ist das nicht super? Pansy will
dich nicht mehr, Ron will mich nicht mehr, Harry ist glücklich mit Ginny, und
mir ging es noch nie so verdammt perfekt, wie es mir ohne dich und deine scheiß
Visage geht!“
„Granger-“
„-und wenn du es wagst, dein Abzeichen abzugeben, werde ich der ganzen Schule
erzählen, dass du drum gebettelt hast, mit mir auf den Frühlingsball zu gehen,
Draco Malfoy!“ Sein Mund öffnete sich und klappte wieder zu als sie drohend den
Finger gegen seine Brust stach.
„Ich bitte
dich, du hast nichts in der Hand! Dann erzähle ich, dass du mir hier auf dieser
Couch deine Liebe gestanden hast! Oder dass ich dich in der Badezimmertür
befriedigt habe. Such dir was aus, Miststück!“
„Fick
dich, Malfoy!“
„Oh bitte,
fick dich selber, Granger!“
Sie sahen
sich an. „Nein, warte“, korrigierte er sich gedehnt, „das sollte ich ja
ursprünglich tun, oder?“ Und ihre Hand flog schallend in sein Gesicht, dass das
Echo von seinen leeren Wänden widerhallte. Sein Kopf flog unter der Wucht des
Schlages tatsächlich zur Seite. Und sie erschrak über sich selbst.
Und
langsam, verdammt langsam, hob er den Blick wieder zu ihrem Gesicht, und Zorn
trat in seine dunkelgrauen Augen.
„Ich schlage dir vor, du fängst an zu rennen, Granger“, knurrte er leise. Ihr
Mund öffnete sich, aber der Zauberstab lag bereits in seiner Hand. Auf dem
Absatz machte sie kehrt, denn… Hochgefühle über ihren Sieg hin oder her – Malfoy sah verflucht wütend aus!
„Ich… weiß
nicht…“
„Bitte!“,
sagte sie und schenkte ihm ein Lächeln.
„Ich glaube,
es ist alles zu kompliziert“, erwiderte er, und sie fühlte, wie sie das Lächeln
auf den Zügen nicht mehr halten konnte.
„Blaise, ich bitte dich inständig. Ich würde gerne mit dir auf den
Frühlingsball gehen. Ich meine, alle Sachen, die im Weg standen, sind aus der
Welt!“, beteuerte sie nickend.
„Hermine,
ich denke einfach, dass wir zu lange gewartet haben.“ Sie sah Blaise an.
„Du… du
willst also nicht mehr mit mir gehen?“, schloss sie kleinlaut. „Ich verstehe,
wenn du darüber nachdenken musst, aber entscheiden, ob es ein Fehler ist,
können wir doch eigentlich erst, wenn es vorbei ist, oder nicht?“ Sie legte all
ihr Flehen in ihren Blick.
Und Blaise
sah sich um und atmete schließlich aus.
„Hermine,
ich-“
„-bitte!
Bitte, Blaise! Es tut mir leid, dass ich nicht sofort verstanden habe, wie nett
und aufmerksam es von dir war, dass du-“
„-was ist mit Weasley? Und mit Harry?“, fügte er hinzu.
„Alles in
Ordnung. Harry ist nicht mehr sauer, und Ron… Ron geht mit-“
„-Pansy?
Ja, ich habe davon gehört, aber keine Bestätigung ihrerseits. Und hat er dir
nicht erst am Montag gesagt, dass er dich liebt?“
„Er… er
hat es nicht so gemeint, er…“
„Hermine-
„-Blaise,
wenn du mir doch noch diese eine Chance geben würdest!“, flehte sie weiter.
„Was ist
mit Malfoy?“
„Mit…
Malfoy? Gar nichts! Es ist absolut gar nichts mit Malfoy!“, beteuerte sie, und
er seufzte resignierend.
„Ich… tut
mir leid. Wirklich, aber ich…“ Er schüttelte bedauernd den Kopf. Und sie begriff.
Er würde seine Meinung nicht mehr ändern, und sie stand hier wie der letzte
Idiot.
„Oh, schon
gut, denke ich. Ich… - macht nichts. Also dann…“ Und mit dem letzten Hauch
eines Lächelns wandte sie sich ab, während ihr Stolz vor ihr auf dem Boden zermahlen
wurde. Sie hatte noch nie so sehr gefleht, dass etwas passieren würde.
Und er
wollte nicht mehr. Der Junge, der sie als erstes im Auge gehabt hatte, wollte
sie nun auch nicht mehr. Sie hätte sofort ja zu Blaise sagen sollen. Sie würde
nicht weinen. Es war Donnerstag, aber sie würde nicht weinen. Auf gar keinen
Fall.
Nur zu
blöd, dass sie das hier in der Mittagspause gemacht hatte. Jetzt hatte sie Alte
Runen, und alles war, wie es vor ein paar Wochen war. Sie sprach allerdings
noch nicht wieder mit Ron, aber Snape ließ Ron auch jede freie Minute im
Pokalzimmer Medallien unter der Aufsicht von Mrs Norris polieren.
Und
blöderweise war das Klassenzimmer im ersten Stock noch nicht offen. Und
ausgerechnet jetzt traf sie auf Pansy. Und Malfoy. Sie und Malfoy waren dazu
übergegangen, nur noch zu streiten.
Ja. Super.
„Morgen
Granger“, begrüßte Malfoy sie mit einem fiesen Ausdruck.
„Es ist
Mittag“, sagte sie nur und ignorierte Pansy.
„Schon ein
Date für Morgen?“, wollte er glatt wissen, und sie schenkte ihm einen ätzenden
Blick.
„Ja!“,
entschied sie sich kurzerhand zu lügen.
„Oh, das ist schade, dann habe ich wohl vergessen dir zu sagen, dass der
Schulleiter nicht will, dass die Schulsprecher mit einem Date erscheinen?“ Sie
sah ihn an.
„Du lügst!“
„Warum
sollte ich?“, war sein schlichter Konter. Na fein. Dann musste sie auf die
Schnelle auch keinen Jungen bestechen, der mit ihr gehen würde. Und sie lehnte
sich an die andere Wand.
„Wir sehen
uns später, Draco“, verabschiedete sich Pansy leise von ihm und ignorierte
Hermine genauso herrlich, wie es umgekehrt war. Immerhin etwas.
„Du hast
kein Date“, sagte er nach einer Weile und betrachtete seine Fingernägel.
„Fick
dich, Malfoy“, sagte sie und störte sich nicht daran, dass Susan Bones
entrüstet die Augenbrauen hob.
„Aber wer
würde dich auch noch wollen, nach deinen Eskapaden?“, fuhr er lächelnd fort.
„Meine Eskapaden? Ich glaube, du
verwechselst mich mit dir, Arschloch“, sagte sie kalt.
„Ich
glaube, ich sehe keinen Unterschied, Granger.“
„Oh, da ist
ein Unterschied, du männliche Hure“, knurrte sie.
„Schade,
dass ich dir keine Punkte abziehen kann, Granger. Wirklich schade. Aber ich bin
sicher, Snape hört gerne, welche Ausdrucksweise du vor den Schülern benutzt.“
„Oh, leg
es bloß nicht darauf an, du blondes, widerliches Frettchen, du-“
„-Hermine,
hey!“, unterbrach Ginny sie laut und betont munter. Hermine hob widerwillig den
Blick zu Ginnys Gesicht. „Kann ich dich kurz sprechen?“ Ihr Lächeln verriet
ihr, dass wohl nichts Gutes passiert war.
„Was?“,
zischte Hermine jetzt besorgt.
„Oh,
nichts Besonderes, aber… du hast das Kleid auf dein Bett gelegt, sagst du,
damit ich es höher abstecken kann, richtig?“ Und Ginnys Lächeln irritierte
Hermine mehr als sonst.
„Ich –
ja?“, erwiderte sie gepresst. „Ich habe dir doch die Sprüche gesagt, wie du in
mein Zimmer-“
„-es ist nicht mehr da!“, zischte Ginny jetzt, als Professor Vector um die Ecke bog.
„Was?!“,
flüsterte Hermine, und Ginnys Ausdruck wich Panik.
„Bist du
sicher, dass es auf dem Bett gelegen hat?“
„Ja, natürlich! Ich habe es heute Morgen extra mit einem Zettel dorthin gelegt
und dir die exakte Saumlänge…“ Sie unterbrach sich, als Professor Vector die Schüler ins Innere scheuchte und Draco Malfoy
ein besonders ausgewählt widerliches Lächeln auf den Lippen trug. „Entschuldige
mich, wir reden in zwei Stunden darüber“, brachte Hermine zähneknirschend über
die Lippen und folgte Malfoy in die letzte Reihe.
„Ist hier
noch frei?“, erkundigte sie sich scheinheilig, und er schüttelte ohne Bedauern
den Kopf.
„Nein.“
„Perfekt“,
erwiderte sie freudlos, ließ ihre Tasche fallen und setzte sich neben ihn. „Ich
will dich nicht beschuldigen, aber was hast du mit meinem Kleid für morgen
angestellt?“
„Bitte?“, erwiderte
er seelenruhig, während er sein Pergament und seine Feder auspackte.
„Mein
Kleid, Malfoy. Das Kleid auf meinem Bett!“
„Auf
deinem Bett? In deinem Zimmer? Das mit tausend paranoiden Flüchen belegt ist?
Wie zur Hölle sollte ich jemals eine solche Hürde überwinden können?“ Aber die
Art und Weise, wie er es sagte, machte Hermine Angst.
„Malfoy!“
„Granger?“
„Wo ist
mein Kleid?“
„Keine
Ahnung“, erwiderte er, und Professor Vector teilte
die Übersetzungen aus.
„Was hast
du mit meinem Kleid gemacht?“ Panik schwang in ihrer Stimme mit.
„Gar
nichts, Granger“, sagte er, während er sich über die Übersetzung beugte und
begann. Sie starrte ihn immer noch an.
„Sag es
mir, oder ich verfluche dich auf der Stelle!“ Und er hob lächelnd den Blick.
„Ich weiß
wirklich nicht, wovon du redest, du kleines Miststück“, erwiderte er lächelnd.
„Aber tun wir einfach so, denn ich habe keine Lust mehr auf deine nervige
Stimme. Nehmen wir an, ich habe deine lächerlichen sieben Flüche überwunden und
habe dein widerliches Schlammblut-Zimmer betreten und das geschmackloseste
Stück Stoff auf deinem Bett gefunden – nehmen wir das einfach mal an…“, fuhr er
freundlich fort, während die Farbe aus ihrem Gesicht verschwand, „dann hatte
ich wohl jedes Recht dazu, bedenkt man, dass du auch in mein Zimmer
eingebrochen bist-“
„-um die
Pläne für die Vertrauensschüler zu holen!“, entrüstete sie sich heiser.
„Wie dem auch sei“, fuhr er unbeeindruckt fort, „nehmen wir an, ich hätte dein
Kleid ändern lassen, damit es passender für dich ist, dann wirst du es morgen
rechtzeitig erhalten“, schloss er, und ihr schwante Übles.
„Was hast du getan?“, hauchte sie tonlos.
„Habe ich
dir das nicht gerade erklärt?“
„Was heißt
ändern lassen, Malfoy?“, knurrte sie.
„Keine Ahnung,
was du meinst“, erwiderte er glatt.
„Ich
bringe dich um! Ich sage es Snape!“
„Beweise,
Granger…. Beweise…“, entgegnete er vielsagend, ohne sie anzusehen.
„Ich hasse
dich!“, spuckte sie ihm entgegen.
„Wirklich?“,
antwortete er lächelnd. „Ich dachte, du liebst
mich, Granger?“
Ihr Mund
öffnete sich schockiert. Was hatte dieser Mistkerl getan?
„Der Text
soll in Stille übersetzt werden!“, durchschnitt Professor Vectors
Stimme den Raum. Hermine senkte den Blick auf das Papier, ohne ein Wort zu
verstehen.
Und sie
hatte Angst. Angst um ihr wunderschönes einziges mitternachtblaues
Kleid, was dem Anlass gerecht wurde und was ihre Mum
ein Vermögen gekostet hatte!
~*~
Ginny war
nicht mehr zu beruhigen.
„Wie kann
er das wagen?“, schrie sie, als sie Hermines Zimmer zum dritten Mal komplett
auf den Kopf gestellt hatten.
„Ich
weiß“, murmelte Hermine niedergeschlagen.
„Er ist
ein hinterhältiges Arschloch!“
„Ich
weiß“, bestätigte Hermine kleinlaut.
„Es sei denn…“
Ginny hatte plötzlich inne gehalten. „Weißt du, es könnte gut möglich sein,
dass… er das Kleid mit Absicht versteckt hat, weil er dir morgen das
großartigste Kleid der Welt besorgen wird!“, erklärte Ginny verschwörerisch.
„Sicher,
weil das hier ein traumhaftes Märchen ist, oder weshalb?“
„Weshalb
sollte er sich sonst die Mühe machen, in dein Zimmer einzubrechen, um nur dein
Kleid zu holen?“
„Weil er
ein Arschloch ist und mich morgen blamieren möchte, was ihm gut gelingen
könnte, weil ich kein passendes Ersatzkleid habe und mir deine Kleider oben rum
nicht passen?“, vermutete Hermine bitter, aber Ginny wedelte mit der Hand.
„Nein,
Hermine. Lass dich mal darauf ein…“, begann Ginny wieder. „Malfoy fragt dich,
ob du ein Date hast? Er stiehlt dein Kleid, um es ändern zu lassen…? Er erzählt dir so etwas wie, dass die
Schulsprecher keine Dates haben dürfen?“ Und für eine winzige Sekunde, war
Hermine fast gewillt, Ginny zu glauben.
Aber… es
war absurd, oder nicht?
„Ginny,
wir streiten die ganze Woche“, gab sie zu bedenken. Ginny verzog den Mund.
„Was wenn es Malfoys verquere Art ist, sich zu entschuldigen?“ Hermine runzelte
die Stirn. „Ich meine, ich mag ihn nicht, aber anscheinend habt ihr… irgendwas
Seltsames? Anziehendes an euch?“, fuhr Ginny fort, aber Hermine ruckte nur mit
dem Kopf. Nein, sie waren wirklich sehr gemein zueinander gewesen. Aber
vielleicht war es für Draco so etwas wie… Vorspiel?
Nein!
„Ich sage
dir, morgen Abend wirst du mehr als überrascht sein, wenn… na ja… wenn alles
doch gut ausgeht!“, munterte sie Ginny jetzt auf.
„Gut
ausgehen? Ginny, Ron und ich sprechen kein Wort mehr miteinander!“
„Ja, ja.
Das klären wir morgen Abend gemütlich bei einem Glas Feuerwhiskey“,
beschwichtigte Ginny sie nickend.
„Ja… ich
glaube nicht“, erwiderte Hermine traurig.
„Und in
vier Tagen ist dein Geburtstag!“, fügte Ginny strahlend hinzu. Auch das noch….
Hermine atmete kopfschüttelnd aus.
„Komm
schon, jetzt sei nicht mehr traurig. Malfoy ist nicht so ein Wichser, und lässt
dein Kleid einen Tag vor dem Ball verschwinden!“, beteuerte Ginny
kopfschüttelnd.
War er
nicht? Und Hermine war tatsächlich soweit, dass sie es fast schon hoffte.
~*~
Ron
wischte sich fluchend den Schweiß von der Stirn, während er der verdammten
Katzen einen zornigen Blick zuwarf.
„Ja, ja,
ich putze schneller, du zottelige Flohtüte“, knurrte
er in Richtung Mrs Norris, die ihn aus ihren müden
Schlitzaugen abschätzend zu mustern schien. Es wäre nicht das erste Mal, dass Filch hier rein kommen würde, um ihn zu maßregeln.
„Du
sprichst mit der Katze?“
Er
erkannte ihre kühle Stimme und ließ den Lappen sinken. Er rappelte sich vom
Boden hoch und wandte sich um.
„Hey!“,
sagte er überrascht. Pansy trug ihre Uniform und hatte die Haare in einem hohen
Zopf zurückgebunden. Lange silberne Perlenohrringe reichten ihr fast bis auf
die Schulter.
„Ich
wollte dir nur sagen, dass du aufhören sollst, das Gerücht zu verbreiten, dass
ich tatsächlich mit dir auf den Ball morgen gehe“, erklärte sie so distanziert
wie nur möglich.
„Ich
erzähle es gar nicht!“, rechtfertigte er sich, aber sie seufzte auf.
„Es hat
sich wie ein Lauffeuer verbreitet, und ich möchte nicht, dass die Leute denken,
ich würde so tief sinken.“
„Tief
sinken?“, wiederholte er.
„Ja, ich
gehe nämlich mit einem Slytherin. Kein gewöhnlicher Gryffindor. Mein Date ist
loyal und-“
„-du gehst
mit Goyle“, erwiderte Ron nickend, und ihr Mund
öffnete sich entrüstet.
„Ich gehe
nicht mit-“
„-ich hab
die Mädchen in der Großen Halle heute darüber sprechen hören“, unterbrach er
sie gleichmütig. Kurz wirkte sie überrumpelt, fing sich aber schnell.
„Schön,
ich gehe mit Goyle. Aber Goyle
ist reicher als du, kultivierter als du, und er ist nicht hoffnungslos in
Granger verliebt!“
Ron nickte
nur. „Ok.“
„Ok? Dann
weißt du Bescheid.“
„Ja, weiß
ich“, erwiderte er.
„Dann
haben wir uns nichts mehr zu sagen!“
„Es
scheint so“, antwortete er langsam.
„Gut.“
Sie rührte
sich nicht. „Also?“, fügte sie fragend hinzu.
„Also
was?“, entfuhr es ihm entgeistert. Pansy war doch wohl unmöglich!
„Also
gehst du mit Granger, Merlin noch mal! Du bist so unglaublich schwer von
Begriff!“
„Hey, ich
habe dieses Gespräch nicht begonnen, Parkinson!“ Und hatte sie nicht gerade
geklärt, dass sie sich nichts mehr zu sagen hatten? Gott, sie war furchtbar!
„Nein, ich
habe es begonnen. Ich spreche mit dir, wenn ich es für nötig erachte und nicht
umgekehrt“, klärte sie ihn hochnäsig auf, und er verdrehte die Augen.
„Oh
bitte!“
„Also?“,
wiederholte sie gereizt, und er lachte auf.
„Du denkst
doch wohl nicht, dass ich dir irgendwas über mich erzähle, wenn du so mit mir
sprichst!“
„Dann lass
es bleiben, Weasley“, entgegnete sie achselzuckend.
„Viel Spaß
mit Goyle“, setzte er betont freundlich hinzu, konnte
seinen Ärger aber nicht ganz verbergen.
„Werde ich
haben! Denn wenn ich ihn küsse, wird er mich nicht mit Granger vollheulen!“,
gab sie zornig zurück.
„Als ob du Goyle küssen würdest!“, rief er ihr
ungläubig nach, als sie sich abgewandt hatte.
„Warum
nicht, ich habe doch auch einen mittellosen, schmutzigen Weasley geküsst, oder
nicht?“, rief sie über ihre Schulter zurück. Und damit war sie verschwunden,
und Ron warf den schmierigen Lappen wütend auf den Boden.
Gott, sie
war so…! Sie war… einfach so nervtötend! Er wusste
nicht mal mehr, warum er überhaupt in Erwägung gezogen hatte, mit ihr
zusammenzuarbeiten, ganz zu schweigen von dem verdammten Kuss!
Mrs Norris maunzte hinter ihm.
„Ja, ja,
du Biest!“, zischte er schlecht gelaunt. Und mit Hermine sprach er immer noch
nicht. Mist. Alles lief besonders schlecht. Und man konnte ihn nicht mit Goyle vergleichen! Zornig polierte er die Medaille, bis der
Lappen heiß wurde.
~*~
Sie konnte
nicht wirklich schlafen. Sie wälzte sich hin und her und träumte immer wieder
von den guten Seiten des Draco Malfoys, die es augenscheinlich eigentlich nicht
gab. Ginny hatte ihr Flöhe ins Ohr gesetzt, die sie jetzt nicht mehr wegbekam.
Was, wenn
Draco morgen wirklich vorhatte, sich zu vertragen? Was, wenn er sogar mit ihr
zum Ball wollte? Ganz öffentlich? Was, wenn… - oh Merlin…! Sie war furchtbar!
Sie hasste
sich dafür, dass sie vergessen zu haben, schien, dass Draco Malfoy ihr so viele
schlaflose, tränenschwere Nächte beschert hatte! Nur weil Ginny die Vermutung
hatte, dass er etwas Besonderes für sie plante.
Sie wälzte
sich auf die andere Seite ihres Bettes.
Sie hielt
die Luft an, denn sie hörte etwas! Etwas klopfte an ihr Fenster! Sie saß kerzengerade
im Bett, denn ihr Zimmer war zu weit oben, als dass etwas Normales an ihr
Fenster klopfen konnte!
Und sie
erkannte eine winzige Eule.
„Pig!“, rief sie leise aus, und kletterte aus dem Bett, um
ihr Fenster zu öffnen. Rons kleine Eule streckte ihr das Bein entgegen, und
Hermine löste eine winzige Notiz von seinem Fuß. Schon plusterte sich der
kleine Vogel auf und wäre fast noch gegen die Scheibe gelaufen, bei seinem
weniger anmutigen Versuch aus dem Fenster zu flattern. Aber er schaffte es beim
zweiten Anlauf mit ziemlich großem Schuhuhen für eine
so kleine Eule!
Sie
öffnete die Notiz eilig.
Treff mich am Baum.
Ron
Sie las
die Zeilen noch mal. Was? Meinte er… jetzt?
Das konnte doch nicht sein ernst sein! Hieß das, er war um zwei Uhr nachts unten
auf dem Schlossgelände? Sie war hin und her gerissen, denn das letzte Mal, als
sie mit ihm gesprochen hatte, hatte sie ihn nicht nur Arschloch genannt,
sondern ihn auch noch geschlagen! Und eigentlich hatte sie sich schon längst
entschuldigen wollen!
Sie griff
sich ihren Morgenmantel und zog eilig ihre Robe über.
Sie hatte
ihre Tür mit neuen Flüchen versiegelt, war leise aus ihren Räumen geschlüpft
und lief nun auf leisen Sohlen durchs Schloss, aber natürlich war niemand mehr
wach. Nur vor Mrs Norris musste sie sich in Acht
nehmen! Aber sie erreichte das Erdgeschoss, ohne jemanden zu treffen. Mit ihrem
leuchtenden Zauberstab hatte sie nur einige Zauberer in Gemälden geweckt, aber
soweit kein Zauberer, der in Snapes Büro hing, und bei ihm Alarm schlagen
konnte, wie sie wusste.
Sie
verließ das Schloss fünf Minuten später und eilte den Kiesweg zum See hinab.
Nur für eine Sekunde dachte sie daran, dass es sich um einen Trick handeln
könnte, aber sie erkannte Rons furchtbare Handschrift aus eintausend Handschriften,
vermutete sie.
Und sie
erkannte eine Gestalt am See sitzen. Sie zog die Robe
enger um ihren Körper und hielt den Zauberstab höher, um mehr sehen zu können.
„Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!“, rief er ihr zu, und erleichtert
schloss sie den Abstand. Die Grillen zirpten laut und es roch nach Sommer und Jasminblüten. Es war unglaublich warm nachts, und sie
lächelte als sie sich neben ihn auf die Steinbank setzte.
„Ich hatte
einen langen Weg. Außerdem ist deine Eule nicht besonders zuverlässig.“
„Ja, ich
weiß, aber Pig hat sich extra in einen Schnabelkampf
mit einer anderen Eule verwickelt, nur um den Job auszuführen“, bemerkte er
kopfschüttelnd. Und dann schwiegen sie. Sie sah auf ihre Pantoffeln hinab. Sie
hatte ganz vergessen feste Schuhe anzuziehen, ging ihr auf.
„Hermine,
ich-“
„-schon
gut. Mir tut es auch leid“, sagte sie schnell.
„Wieso
denkst du, dass ich mich entschuldigen wollte?“ Sie hob überrascht den Blick zu
seinem Gesicht, sah aber, dass er einen Scherz machte. „Ich hab dich vermisst“,
ergänzte er freundlicher, und sie verdrehte die Augen.
„Jaah, ich dich auch“, bestätigte sie, und er stützte die
Ellbogen auf seinen Knien ab.
„Und? Mit
wem gehst du morgen? Mit Blaise? Mit Malfoy?“, vermutete er, aber sie sah, dass
ihm die Aussicht, dass sie mit Malfoy gehen könnte, nicht gefiel. Wie leicht es
war, mit ihm zu sprechen, stellte sie verwundert fest.
„Nein“,
sagte sie kopfschüttelnd. „Schulsprecher dürfen keine Partner mitbringen“,
sagte sie, was Malfoy gesagt hatte, auch wenn sie davon noch nicht überzeugt
war. „Und du? Pansy oder Millicent, oder…-“
„-nein,
bloß nicht!“, sagte er eilig. „Hör mal, wir sind Freunde, oder? Egal, was ist?“
Und sie legte ihre Hand auf seine.
„Egal, was
ist“, flüsterte sie. Und schon war es vorbei. All der Streit, all die schlimmen
Momente der letzten Wochen und Monate.
„Es tut
mir so leid, dass ich so blöd war“, sagte er jetzt kopfschüttelnd.
„Schon ok,
ich war… auch nicht gerade nett“, entschied sie sich zu sagen.
„Ach, das
war schon richtig so“, widersprach er ernst.
„Wenn du
mit Pansy gehen willst, dann… habe ich überhaupt kein Problem damit“, sagte sie
ehrlich. Aber er schüttelte lächelnd den Kopf.
„Keine
Sorge. Das wird nicht passieren“, erwidert er, aber sie hörte einen Hauch von
Bitterkeit in seiner Stimme. „Ich hoffe, du erwartest jetzt nicht, dass ich
dasselbe über Malfoy sage?“, entfuhr es ihm eilig.
„Nein! Auf
gar keinen Fall!“
„Ihr… seid
also nicht…?“, wagte er tatsächlich zu fragen, und sie schüttelte den Kopf.
„Nein!
Gott, nein, Ronald!“
Er
seufzte. Sie saßen jeder für sich und lauschten in die Nacht.
„Erinnerst
du dich noch an das Niemals-Spiel?“, sagte er plötzlich, und sie musste
grinsen.
„Ja, du und
Harry wart eklig, und habt niemals
abgelaufenen Quark gegessen, ich weiß!“
„Der war
nicht abgelaufen!“, rechtfertigte er sich mit einem schiefen Grinsen und wurde
plötzlich ernst. „Ok, hör zu, ich… ich habe niemals
Pansy geküsst“, entfuhr es ihm schnell, und ihr Mund öffnete sich überrascht.
Oh Merlin. Ron wollte ehrlich werden. Und… was?! Sie starrte ihn ungläubig an.
Er hatte Pansy geküsst? Und das hatte sie sich gefallen lassen? Aber
anscheinend schon, so mädchenhaft wie sie sich verhalten hatte, als Hermine die
beiden beobachtet hatte! Oh je…. Dann nickte sie langsam.
„Ok“,
sagte sie, und schloss die Augen. „Na gut. Ich… habe… niemals… Malfoy geküsst“, sagte sie sehr schnell, und sie hörte ihn
aufstöhnen und sich vor Ekel schütteln.
Sie
öffnete die Augen und sah ihn an. Es verging eine kurze Sekunde.
Und beide
brachen in Gelächter aus, so dass die schlafenden Vögel in den Bäumen
erschrocken mit den Flügeln flatterten.
„Slytherins
sind blöd“, stellte Ron nach einer Weile außer Atem fest. Und Hermine nickte
schließlich.
„Ja, du
hast Recht“, erwiderte sie.
„Was
würden deine Eltern sagen, wenn sie das von Malfoy wüssten?“, fragte er
plötzlich.
„Wahrscheinlich
gar nichts, weil sie keine Ahnung von Reinblütern
haben und nicht wissen, wer die Malfoys sind. Was deine Mutter über Pansy
denkt, weiß ich ja schon“, fügte sie stirnrunzelnd hinzu.
„Ach ja,
meine Mum… die hat doch keine Ahnung!“, sagte er
grinsend.
„Pansy
ist… ziemlich hübsch“, sagte Hermine schließlich.
„Pansy ist
arrogantes Miststück. Eigentlich sollten sie und Malfoy seit Jahren ein Paar
sein“, bemerkte er bitter. „Weißt du“, sagte er plötzlich und war wieder ernst,
„ich wusste schon seit dem ersten Tag, als du Schulsprecherin geworden bist,
dass sich Malfoy noch für dich interessieren wird.“
„Was?“,
entfuhr es ihr überrascht, aber Ron ruckte mit dem Kopf.
„Natürlich.
Ich meine, sieh dich an, Hermine. Sieh dich einfach nur an“, wiederholte er
leiser.
„Ron“,
sagte sie, flehend, denn es war ihr unangenehm, dass er so sprach.
„Hey, keine
Panik! Ich hab’s begriffen. Das mit uns ist… das ist schon lange vorbei. Der
Zug ist quasi abgefahren“, erklärte er, beinahe traurig.
„Ron, es
tut mir so leid“, flüsterte sie.
„Nein,
Unsinn. Entschuldige dich nicht dafür, Hermine! Es ist ok. Ich war… an dich
gewöhnt, an deine Nähe, an alles an dir. Und… irgendwie habe ich übersehen,
dass wir wohl doch nicht füreinander bestimmt gewesen sind“, fuhr er fort. „Und
wenn Malfoy-“
„-bitte, hör auf, über Malfoy zu reden, als… als….“ Und jetzt erst spürte sie
den Kloß in der Kehle, den sie seit Anfang der Woche mit streiten und
beleidigen so gut verdrängt hatte.
„Als
was?“, wollte Ron plötzlich wissen.
„Ron,
zwischen Malfoy und mir ist überhaupt nichts, verstehst du? Wir… haben uns
geküsst und nichts weiter! Er ist ein Arschloch, er beleidigt mich, und…
manchmal – nein, die meiste Zeit – habe ich Angst vor ihm“, beichtete
sie leise. „Und… selbst wenn“, begann sie, aber schüttelte den Kopf. „Nein,
weißt du, ich habe einen Fehler gemacht. Einen unglaublichen Fehler.“
„Du… magst
ihn“, sagte Ron still.
„Nein“,
erwiderte sie lächelnd, „ich mag, wie es sich anfühlt, wenn er… kein Arschloch
ist, aber du weißt selber, dass das… so gut wie gar nicht vorkommt. Oder…nein.
Eigentlich ist es noch nie vorgekommen, dass er kein Arschloch war, denn selbst
wenn wir uns geküsst haben, hat er eigentlich jedes Mal seine Malfoy-Show
abgezogen und-“
„-was
meinst du damit jedes Mal?“
Und kurz
hatte Hermine vergessen, mit wem sie eigentlich sprach. Sie biss sich auf die
Lippe und spürte, wie ihr schlechtes Gewissen heiß zu brodeln anfing. „Wie viel
Mal habt ihr euch geküsst?“, entfuhr es Ron jetzt zornig.
„Ron!“,
sagte sie, aber er atmete wütend aus und sah sie nicht an. „Ich hätte es nicht
sagen sollen, oder?“
„Hermine,
Malfoy ist ein Player. Er spielt mit Mädchen! Er…“
„Ich
weiß!“, sagte sie heftig.
„Dann,
warum?“, fuhr er sie an. „Warum… - ich meine…?“
„Er tut
mir leid“, sagte sie nun und war fast überrascht über sich selbst. Ron sah sie
nicht minder ungläubig an.
„Er tut dir leid? Dann tätschel seine Schulter und
lass dich nicht von ihm verarschen, Merlin noch mal!“ Er wandte den Blick ab,
und sie blickte stumm auf den Boden.
„Er… hat
gute Seiten“, sagte sie leiser.
„Ja? Wo? Da, wo die Sonne niemals scheint?“, vermutete er bitter, und sie
stöhnte auf.
„Ron!“
„Was, Hermine? Gott, ich… weiß, ich muss dich unterstützen und dich immer
lieben, aber das? Das ist zu hart, ich kann es nicht.“
„Du musst
nichts unterstützen. Ich… habe ihm schon gesagt, dass es vorbei ist, dass ich
kein Interesse an ihm habe, und… dass ich vorhabe mein Abzeichen aufzugeben“,
schloss sie jetzt ernst.
„Was?“
Rons Stimme war schwach geworden. „Nein!“, sagte er kopfschüttelnd.
„Ich bin
zu nett, Ron“, sagte sie lediglich. „Wirklich, ich ertrage nicht, dass er…“
…
Es tat
weh. Es brannte in ihrem Innern, es alleine schon zu denken.
Sie ertrug
nicht, dass er sie nicht liebte.
Da. Das
war es. Aber sie sagte es nicht laut. Sie würde es niemals laut sagen! Es sei
denn natürlich, Ginny hatte Recht, und Malfoy war nur so widerlich zu ihr, weil
er morgen etwas geplant hatte, was alles ausgleichen würde, was er Schlimmes
getan hatte!
„Du
solltest dein Abzeichen nicht aufgeben“, erwiderte Ron kopfschüttelnd.
„Ich mache
es ja auch nicht heute Nacht. Oder morgen“, entgegnete sie lächelnd. „Lass uns
einfach nicht mehr über Malfoy reden. Ich hab meine Erfahrungen gemacht, ich
bereue jedes bisschen davon und das war’s. Die Sache ist vom Tisch“, ergänzte
sie lächelnd.
„Ich glaube, es ist nicht vom Tisch“, murmelte Ron bitter, aber Hermine
erlaubte sich gar nicht, so zu denken. Nicht mal im Ansatz.
„Und du?
Chancen bei Pansy Parkinson? Was für hübsche Reinblut-Kinder ihr haben
würdet!“, entfuhr es Hermine, und tatsächlich schaffte sie es, Ron abzulenken.
„Ha ha! Oh ja…“, lachte er. „Nein, sie ist zu reich,
für meinen Geschmack. Und zu hübsch. Sie hätte lieber eine Beziehung mit ihrem
Spiegel als mit mir!“, ergänzte er, und Hermine hatte die Luft angehalten. Was?
Beziehung? Ron sprach in Bezug auf Pansy von einer Beziehung? Sie glaubte nicht
mal, dass Ron es selber gemerkt hatte, denn er zuckte die Achseln. „Wenn sie
vergisst, wer sie ist – dann mag ich sie“, sagte er lächelnd.
Und ja.
Wenn Malfoy nicht Malfoy war, mochte Hermine ihn auch.
„Gut, dass
wir reden“, sagte sie fast wehmütig und lehnte sich an Rons Schulter.
„Sei es
auch über deprimierende Themen.“
„Wenn wir mit vierzig nicht verheiratet sind, heiraten wir“, versprach sie ihm,
aber er verzog den Mund.
„Mum sagt, es bringt Unglück, solche Abmachungen zu
treffen!“, sagte er mit echter Überzeugung.
„Oh, werd erwachsen, Ron!“, lachte sie laut, und Ron verzog
beleidigt den Mund.
„Wirklich, sie sagt, es bringt Unglück!“, beteuerte er, aber Hermine musste
noch lauter lachen.
Und sie
fühlte sich zum ersten Mal wieder etwas leichter.
Der
Schultag war nicht so anstrengend. Sie hatte nur Sorge um ihr Kleid und war
nervös, ob Malfoy… irgendetwas tun
würde.
Caterer
bevölkerten das Schloss und räumten alles um. Snape hatte bereits zwei
Tobsuchtsanfälle hinter sich als zwei Rüstungen zu Bruch gegangen waren und die
Banner in der Großen Halle Feuer gefangen hatten.
Es war ein
richtiges Schauspiel gewesen!
Jetzt
dümpelte der Schultag vor sich hin, während sie hörte, wie in der Halle Musik
getestet wurde und verschiedene Düfte von verschiedenen exotischen Gerichten
hinüber wehten.
Und als
der Unterricht vorbei war, war das Schloss nicht wieder zu erkennen. Es sah aus
wie eine riesige Lichtmaschine, und selbst Vegas wäre neidisch auf die Große
Halle in Hogwarts, nahm sie an. Sie erhaschte Malfoy ab und an in der Menge,
wenn er Schecks unterschrieb oder Anweisungen erteilte.
Pansy war
ebenfalls am Delegieren, und sie war froh, sich von Anfang an rausgehalten zu
haben. Es war ein riesiges Unterfangen, und sie konnte nur annehmen, dass es
ihn tausende von Galleonen kosten musste.
Und viel
schlimmer war, es wurde langsam Zeit.
Sie musste
sich langsam umziehen.
Und sie hatte
Angst. Denn noch hatte sie nichts anzuziehen.
„Hey,
Hermine“, begrüßte sie Luna, die anscheinend irgendetwas anderes draußen
spektakulärer fand als die Große Halle, denn sie blickte mit Interesse aus dem
Fenster.
„Hi Luna, alles klar?“
„Oh ja.
Partys sind immer so faszinierend. Leute ändern sich auf Partys, weißt du?“
Hermine runzelte die Stirn. Luna war wieder kryptisch.
„Äh, ja.
Kann sein“, bestätigte Hermine.
„Ich werde
die gute Aura aufnehmen gehen“, erklärte Luna lächelnd. Und Hermine hatte keine
Ahnung, was sie damit sagen wollte, nickte aber und wünschte ihr viel Glück
dabei.
Sie konnte
Harry und Ron nirgendwo entdecken, aber wahrscheinlich versteckten sie sich vor
dem Trubel und versuchte nicht zu lächerlich in ihren Festtagsroben auszusehen.
Gerade
wurde von zwölf Zauberern ein riesiger Roulettetisch in die Halle getragen, und
Snape schimpfte hinter den Zauberern her.
„Das ist ja wohl nicht zu fassen! Draco!“, schrie er zornig, und Hermine
beschloss, sich ebenfalls aus dem Staub zu machen, ehe Snape noch das Prinzip
verfolgte, dass Schulsprecher zusammen für Katastrophen geradezustehen hatten!
Als sie
vor ihren Räumen ankam war sie noch nervöser als vorher. Sie wusste selber
nicht, warum, aber sie hatte so ein Gefühl. Sie öffnete die Tür und betrat das
leere Wohnzimmer.
Und sie
sah jetzt, dass ihre Tür angelehnt war. Sie wusste, sie hatte sie verschlossen
gehabt, als sie gegangen war. Also musste Malfoy in ihrem Zimmer gewesen sein!
Und so sehr sie die Idee hasste, dass er in ihr Zimmer einbrach, umso weniger
konnte sie gerade böse sein!
Sie lief
fast lächerlich schnell ihre Stufen hinauf und öffnete ihre Zimmertür.
Und auf
ihrem Bett lag eine breite, cremefarbene Schachtel. Außer Atem las sie die Karte,
die auf der Schachtel lag. Sie erkannte Malfoys Handschrift. Etwas schräg, aber
sehr ordentlich. Im Vergleich zu ihm selbst war seine Handschrift wirklich
schön.
Schönheit für die Schönste…
In Liebe, Draco
Sie biss
sich auf die Unterlippe. Sie konnte es gar nicht erwarten. Sie hob den Deckel
hoch und schlug das rote Samtpapier zur Seite.
Und völlig
unbewegt starrte sie hinab in die Schachtel.
~*~
Die
Schuluniform klebte an seinem Rücken. Endlich… Oh Merlin, endlich war es
vorbei. Er hatte schon jetzt keine Lust mehr auf die scheiß Party!
„Ok, ich
werde mich…“ Er sah an sich hinab, „für einen Wellness Urlaub einchecken“,
erklärte er trocken.
„Ok“,
erwiderte Pansy erschöpft. „Wir sehen uns in zwei Stunden!“ Sie klang ein wenig
panisch. Warum brauchten Frauen eigentlich für alles ungefähr acht Stunden?
Aber eigentlich wollte er nur noch sterben. Es war ihm schon egal.
Es war
gespenstisch still im Schloss. Alle Schüler der siebten Jahrgänge bereiteten
sich auf die Party vor. Die Gemeinschaftsräume quollen bestimmt über vor
panischen Mädchen, nahm er an.
Er
erreichte seine Räume und lockerte bereits seine Krawatte.
Grinsend
öffnete er die Tür, und stellte fest, dass Grangers Tür noch immer angelehnt
war. War sie noch nicht wieder gekommen und hatte seinen grandiosen Streich
gesehen? Er musste sich selber auf die Schulter klopfen dafür.
Er schritt
grinsend zu ihren Stufen, nach oben zu ihrer Tür, und sie schwang zu leicht
auf, stellte er fest.
Aber er
sah, warum.
Es lag kein
Teppich mehr auf dem Boden ihres Zimmers.
Sein
Gehirn verarbeitete die Information langsamer als seine Augen es taten.
Dort war
nur der kalte Stein.
Auch ihre
Regale waren fort. Die Deko war abgenommen, die Fotos, all ihre Sachen. Was
übrig geblieben war, war das Bett, was schon im Zimmer gewesen war und der alte
Schreibtisch.
Und auf
dem abgezogenen Bett lag die Schachtel.
Gut,
anscheinend hatte sie es besonders schlecht aufgefasst.
In der
Schachtel lag noch immer sein Geschenk für sie. Die Elfen hatten so fantastisch
grauenhafte Arbeit geleistet, dass er wieder beeindruckt war. Ihr Kleid war so
gut wie verschwunden, nur noch etwa zwei Handflächen große Stücke waren übrig
geblieben.
Und die
stellten die beiden BH-Körbchen dar. Die Spitze war aus furchtbarem Zebrafell
gefertigt, genauso wie das passende Höschen mit goldenen Troddeln und
Plastikperlen. Es war das scheußlichste, was er je gesehen hatte.
Aus den
Augenwinkeln sah er es auf ihrem Schreibtisch liegen.
Ihr
Abzeichen.
Das
silberne S.
…
Er atmete
langsam aus.
Es war
ungewöhnlich still in den Räumen. Ohne ein Geräusch zu machen, verließ er das
leere Zimmer, um ins Bad zu gehen. Ihre Sachen waren auch hier verschwunden.
Ihre Handtücher, ihre Zahnbürste, ihr Shampoo, ihr Parfum.
Er nahm
an, sie würde sich gerächt haben, hatte bestimmt seine Sachen verbrannt oder
ebenfalls weggeschafft, und er überwand die Schritte zu seinem Zimmer, löste
den Zauber und öffnete die Tür.
Nein.
Alles war wie sonst auch. Sein Bett war ungemacht, sein Schreibtisch quoll über
vor Unordnung, und auch seine Quidditchklamotten
hingen an der Wand. Träge kam er die Stufen wieder ins Wohnzimmer hinab.
Er war der
Bösewicht.
Er war
Draco Malfoy. Seine Mundwinkel hoben sich. Er lachte kurz über sich selber. Das
war eine Meisterleistung von ihm gewesen. Hätte er doch nur am ersten Tag schon
gewusst, wie leicht sie zu vertreiben war, dann hätte er es sofort so gemacht.
Er ließ
sich auf die Couch fallen.
Sein
Lachen klang so völlig falsch in den Räumen, und sein Mal schmerzte so sehr,
dass sich eine Träne aus seinem Augenwinkel rang. Aber er gab kein Geräusch von
sich.
Denn er
hatte gewonnen. Er hatte sie besiegt. Damit hatte sie bestimmt nicht gerechnet.
Das Miststück, das ihn schlug. Das Schlammblut, was glaubte, sie wäre ihm
überlegen.
Granger….
Zeit, sich
fertig zu machen.
Und für
einen Moment fand er ihn nicht.
Den Grund.
Den Grund,
hier von der Couch aufzustehen. Es kostete ihn Minuten, bis er wieder einen
Grund gefunden hatte, aufzustehen. Aber Draco wusste, selbst wenn man einen
Grund hatte, war es immer noch verdammt schwer, alles durchzuziehen.
Natürlich
wusste er es. Er hatte sich jeden Tag gefragt, wie sein Vater es fertig gebracht
hatte. Und letztendlich hatte es sein Vater auch nicht mehr fertig gebracht.
Und Dracos
Grund war so abstoßend, wie er beruhigend war.
Er mochte
nichts sonst haben, aber er hatte Gold.
Er erhob
sich und schritt um die Couch zur Tür. Er verharrte vor den winzigen Portraits
der vergangenen Schulsprecher. Sein Vater erwiderte seinen Blick, aber er hatte
keinen Blick für seinen Vater, nein.
Ganz
rechts hing ihr Bild. Grangers Bild. Sie war ausgezogen und war damit eine
vergangene Schulsprecherin. Es musste der Zauber der Räume sein! Sie sah so
jung aus wie alle Schulsprecher auf den Bildern. Er lehnte sich näher vor. Sie
war mit Abstand die schönste, fand er. Sie lächelte zu ihm auf.
Hastig
wich er zurück und schüttelte den Kopf.
Gedämpft
hörte er draußen die Vögel singen. Der Sommer stand in voller Blüte, und er,
Draco Malfoy, war allein. Er schritt langsam durch das Wohnzimmer. Er spürte
den Kloß in der Kehle.
Er musste
sich fertig machen. Er musste, und das war alles, an was er gerade dachte.
Duschen, anziehen, feiern gehen.
Duschen, anziehen, feiern gehen….
~*~
Pansy war
völlig außer Atem als sie das Kleid verschlossen hatte.
Gerne
würde sie so tun, als wäre es über Nacht enger geworden, aber sie hatte es so
eng gekauft. Es sollte eng sein! Es hatte eng zu sein, denn sie sah so noch
dünner aus.
Sie hatte
viel Aufwand betrieben mit ihrem Kleid, ihren Haaren, ihrem Makeup, und es war
bemerkenswert, dass sie es in zwei Stunden fertiggebracht hatte.
Und
dennoch sanken ihre Mundwinkel fast resignierend.
All der
Aufwand!
Und für
was? Für Gregory Goyle.
Oh Merlin,
sie schämte sich fast. Sie hatte innerlich gewusst, dass sie nicht mit Draco
gehen würde. Sie hatte gewusst, dass es ein furchtbarer Tag werden würde. Sie
hatte es im Gefühl gehabt. Sie strich abwesend über ihr enges Kleid. Es endete
über ihren Knien, und das Grün war so tief, dass man sich in der Farbe
verlieren konnte. Es ließ ihre Haut dunkler wirken, spiegelte sich in ihren
Augen wieder und passte hervorragend zum grünen Kollier ihrer Mutter und den
Ohrringen, die nur so funkelten.
Sie hatte
die Haare rechts zurückgesteckt, so dass sie nur links über ihre Schulter
fielen. Außerdem hatte sie sich für leichte Wellen entschieden, um den Look
aufzulockern, und sie fand wieder einmal, dass sie zu gut aussah. Für Goyle zumindest. Sie seufzte und schüttelte den Kopf.
Die Schuhe
waren so hoch, wie keine ihrer Schuhe, und heute musste sie wirklich aufpassen,
nicht zu stolpern. Aber… das war ihr noch kein einziges Mal passiert. Sie hatte
keine Sorge um ihr Aussehen. Eigentlich nicht.
„Bist du
endlich fertig?“, vernahm sie die Stimme einer anderen entnervten Slytherin vom
Schlafsaal, und sie schloss die Badezimmertür wieder auf. Kurz öffnete sich der
Mund des Mädchens, was anscheinend noch nicht mal ihre magischen Wickler
entfernt hatte, aber Pansy schritt mit erhobenem Kinn an ihr vorbei, griff sich
ihre grüne Perlenhandtasche vom Bett und stolzierte zu den Treppen.
Die
anderen Mädchen blickten ihr voller Neid nach, aber Pansy scherte sich nicht
darum.
Sie kam
die Treppe nach unten, aber Goyle wartete nicht auf
sie. Gereizt sah sie sich um und bemerkte, dass alle anderen Blicke auf ihr
ruhten. Sie entdeckte Goyle, im Gespräch mit Blaise
und Millicent vertieft. Blaise ging tatsächlich mit Millicent! Es war nicht zu fassen! Und nur, weil sie,
Pansy, sich zu spät gekümmert hatte! Sonst hätte sie jetzt wenigstens mit
Blaise gehen können! Sie verbannte ihren Ärger weit zurück, denn Ärger stand
ihr mit diesem Outfit überhaupt nicht.
„Goyle?“, rief sie genervt, und hastig wandte er sich um.
Seine Augen wurden groß, als er sie erkannte. Pansy verdrehte die Augen, als
sie sah, dass er seine Fliege falsch gebunden hatte. Der Kummerbund saß eher
schlecht als recht, und von seinen Schuhen wollte sie gar nicht erst anfangen!
„He…hey…
Pansy!“, stammelte er aufgeregt. „Wow! Du… du siehst absolut…!“
„Ja, ja,
schon gut. Lass und hoch gehen“, erwiderte sie schroff.
„Ich… ja,
ok!“, sagte er hastig und nickte. Blaise und Millicent
kamen ebenfalls zu ihnen.
„Pansy,
das Kleid ist absolut umwerfend“, sagte Millicent
ehrfürchtig, und Pansy war klar, dass sie besser aussah als Millicent,
das Fliegengewicht, ohne Brüste und ohne Figur. Gott, wie sehr sie ihr Leben
gerade hasste!
„Dann
wollen wir mal feiern gehen!“, rief Blaise und klatschte in die Hände. Immerhin
ging Blaise nicht mit Granger. Einen Sieg hatte Pansy davon getragen.
Sie
verließen den Gemeinschaftsraum, und als wären sie die Anführer, folgten ihnen
gleich noch zwanzig weitere Leute. Blaise verwickelte Goyle
wieder ins Gespräch, und Pansy war dankbar dafür, auch wenn sie sah, dass Goyle sie keine Sekunde aus den Augen ließ.
Aber das
Schloss war im Erdgeschoss nicht mehr wiederzuerkennen, stellte sie beeindruckt
fest. Die gesamte Eingangshalle war dekoriert, es lagen rote Teppiche aus, und
die angestellten Zauberer mussten sich noch um die Beleuchtung gekümmert haben,
denn alles war in rotschwarzes Licht getaucht. Die Türen der Großen Halle waren
ausgehangen worden und riesige runde Glühbirnen waren mit weißen Flammen hell
erleuchtet um den runden Türrahmen herum.
Aus der
Halle hörte sie sanfte Jazz-Klänge, und um die Treppen lugten die niederen
Klassen, die nicht zur Party durften. Vor dem Eingang der Großen Halle standen
zwei Tische mit strahlenden Hexen in knappen schwarzen Outfits, die die
Gästeliste verlasen. Die Schüler teilten sich in zwei Gruppen und ließen sich
magische Bänder um das Handgelenk legen. Sie nahmen die Farbe des jeweiligen
Kleides oder Anzugs an. Sehr praktisch, dachte Pansy, als sie sich seufzend
neben Goyle anstellte.
„Geht es
dir gut, Pansy?“, fragte dieser, als sie die Augen verdrehte.
„Sicher, Goyle. Sicher“, gab sie achselzuckend zurück. Goyle nickte nur und schien keine weitere Frage auf Lager
zu haben. Merlin sei Dank! Wo war Draco? Pansy brauchte dringend einen Drink.
Sofort!
In der
Halle, die nicht mehr wiederzuerkennen war, erkannte sie Gryffindors und
Ravenclaws, die bereits an verschiedenen Spielautomaten standen, und zwei Hufflepuffs inspizierten den Black Poker Tisch mit großem
Interesse.
Mädchen in
Cocktailkleidern schwatzten und deuteten aufgeregt in jede dekorierte Ecke der
Halle.
Pansy
drehte abwesend an dem magischen Band. „Millicent“,
sagte sie jetzt gepresst zu dem Mädchen neben ihr, was sich hastig zu ihr
lehnte. „Geh, und such Draco“, befahl sie durch zusammen gebissene Zähne, und Millicent nickte eilig und ließ Blaise ohne ein weiteres
Wort stehen.
Millicent verweigerte keinen Befehl.
Sie konnte
auch Potter nicht entdecken. Oder… Weasley. Aber nach ihm hielt sie auch nicht
Ausschau. Sowieso nicht!
Und dann
entdeckte sie Snape. Er rauschte wie ein böses Omen durch die geschmückte
Halle, und seine Mundwinkel waren so tief gesunken, dass sie wusste, der
Schulleiter stand kurz vor dem Ausbruch. Und er fixierte sie schließlich. Pansy
stellte sich automatisch aufrechter hin.
„Miss
Parkinson!“, rief Snape aufgebracht. „Unser fabelhafter Schulsprecher hat das
alles hier fabriziert und ist zu spät für die Begrüßung, und ich denke, Sie als
erste Vertrauensschülerin aus Slytherin können mir auch ganz bestimmt sagen, wo
sich der Schulsprecher gerade aufhält, nicht wahr?“ Und etwas an der Art, wie
Snape sprach, diese kühle Freundlichkeit, diese Ruhe vor dem Sturm, ließ Pansy
lächeln. Vor grenzenloser Angst lächelte sie.
„Aber natürlich, Sir. Ich wundere mich, dass er nicht schon hier ist. Eine
Sekunde, ja?“, entgegnete sie zuckersüß, schenkte Goyle
einen stechenden Blick, der ihm bedeuten sollte, Draco zu finden, während sie
die unglaubliche Halle wieder verließ.
„Ach, und
Miss Parkinson“, hielt Snape sie konsterniert auf, und Pansy wandte sich erneut
lächelnd zu ihm um.
„Ja, Sir?“
„Seien Sie
so gut und finden Sie Mr Weasley, denn er kann mir
die Schulsprecherin hier her holen! Denn die fehlt nämlich auch!“ Pansy glaubte
noch, Snape so etwas sagen zu hören, wie, dass er nie wieder eine Party im
Schloss gestattet, aber sie war sich nicht sicher. Viel schlimmer war, dass sie
jetzt nicht nur Draco finden musste, nein!
Sie
scannte die Halle mit einem Blick, aber Weasley stand an keinem der Automaten.
Wo war Potter? Für gewöhnlich war Weasley doch nicht weit! Und wo war Granger,
verdammt? Das Miststück verpasste doch auch sonst keine Gelegenheit die Königin
Schulsprecherin raushängen zu lassen!
Sie wandte
sich zum Eingang der Halle, denn langsam waren alle Schüler dort angekommen.
Hastig schob sie sich durch die schnatternden Mädchen, die mit ihren
furchtbaren Kleidern dankbar sein sollten, dass sie alle anscheinend
farbenblind waren, und kein Problem mit ihrem schlechten Geschmack hatten!
Und sie
entdeckte den Idioten. Und er war mit Lavender Brown gekommen, die in ihrem lilanen Ungetüm einfach nur abscheulich aussah! Sie
stöckelte eilig zu ihm hinüber, zeigte den Einlass-Hexen ihr Band und räusperte
sich anschließend laut hinter Weasley.
„Wir haben
ein Problem“, sagte sie knapp, ohne weitere Begrüßung. Weasley wandte sich
langsam um.
„Ja? Und
was habe ich…?“ Und mit Genugtuung sah sie dabei zu, wie Weasley seine Worte
erst einmal neu sortieren musste. Anscheinend hatte ihm ihr Anblick die Sprache
verschlagen. Nicht, dass sie darauf achtete! „Was… habe ich damit zu tun?“,
beendete er etwas tonlos den Satz. Lavender Brown beäugte sie wie den Feind.
Pansy beachtete sie nicht mal.
„Snape flippt gerade aus. Die Schulsprecher sind weg, und wir sollen sie
finden. Jetzt“, fügte sie gereizt hinzu, als Weasley einen Blick mit Lavender
tauschte. „Oh bitte, Weasley. Brown wird den Weg in die Halle schon finden.
Beweg dich endlich!“
Sie ging
einige Schritte und wandte sich ungeduldig um, bis Weasley ihr fluchend folgte.
„Ist das
ein Trick oder so? Willst du mit mir wieder allein sein, damit du mir erklären
kannst, wie sehr du nicht mit mir
sprechen willst, Parkinson?“, wollte Weasley gepresst von ihr wissen, während
sie nebeneinander durch die Flure liefen, an vereinzelten Pärchen vorbei, die
auf sie zeigten und tuschelten.
„Nein,
Weasley“, erklärte Pansy glatt. „So sehr du dir das auch wünschen magst, muss ich
dir leider sagen, dass deine fabelhafte Granger nicht
aufgetaucht ist. Und bei deiner Begleitung kannst du froh sein, wenn ich dir
fünf Minuten Auszeit verschaffe“, fügte Pansy hinzu.
„Tja, nur
schade, dass ich die fünf Minuten Auszeit ausgerechnet mit dir verbringen muss.
Damit ist es nicht nämlich keine Auszeit mehr, sondern einfach nur noch
anstrengende Arbeit!“, knurrte er, und sie ignorierte ihn wütend.
Sie
erreichten den ersten Stock, und Pansy sah sich um.
„Und
jetzt?“, verlangte sie zu wissen, und Weasley öffnete entrüstet den Mund.
„Was? Du
denkst, du gehst in den ersten Stock, und Malfoy und Hermine tauchen magischerweise hinter einer Rüstung auf?“, wollte er
aufgebracht wissen, und Pansy hob die Arme.
„Dann sag du es mir, wenn du alles weißt!“
„Woher
soll ich es wissen?“
„Mein
Gott, Weasley, du bist wirklich dumm!“
„Du kannst alleine weitersuchen“, gab er zurück und wandte sich zornig von ihr
ab.
„Wenn
Snape sieht, dass du schon wieder gegen seine Anordnung verstößt wirst du bis
zum Jahresende Medaillen polieren, Weasley. Willst du das wirklich, nur um mich
noch mehr zu nerven?“, erkundigte sie sich zuckersüß, und Weasley hielt
schließlich wieder inne.
„Du bist ein manipulatives Miststück, Pansy“, informierte er sie entnervt,
während er wieder zurück zu ihr ging.
„Vielleicht sind sie in ihren Räumen und stellen weiß Merlin was an“, vermutete
sie jetzt, und die Bitterkeit kam einfach so, ohne dass sie es verhindern
konnte.
„Kann ich
mir nicht vorstellen“, entschied sich Weasley mit einem vehementen
Kopfschütteln zu sagen. Pansy verdrehte nur die Augen.
„Oh Weasley, mach die Augen auf!“, sagte sie nur. „Granger wird bestimmt nicht
auf dich warten, damit du sie retten kommst. Du hast dich ja für Brown
entschieden“, entgegnete sie nur.
„Du bist
unglaublich!“, knurrte Weasley zornig, und sie begannen die Stufen weiter nach
oben zu laufen, bis zum Korridor der Schulsprecher.
Weasley
holte schließlich seinen Zauberstab hervor, als sie angekommen waren, und Pansy
sich nicht anmerken ließ, dass sie schon längst aus der Puste war, auf diesen
hohen Schuhen.
„Lucius
Malfoy“, sagte Weasley angewidert, und Pansy fragte gar nicht erst, woher er
das Passwort kannte. Und sie konnte sich auch erst recht nicht vorstellen, dass
Draco so ein Passwort wählen würde! Sie betraten das Wohnzimmer, und Pansy sah
sich um. Nein, Draco war nicht hier. Sie sah, dass Grangers Tür angelehnt war.
„Hermine?“, rief Weasley, und Pansy verdrehte die Augen. Merlin, der Idiot
konnte nicht schnell genug Grangers Stufen hoch laufen.
Er schob
ihre Tür auf, aber Pansys Mund öffnete sich überrascht, als sie erkannte, dass
Grangers Zimmer leer war.
„Was zur…?“ Weasley kam wieder zurück ins Wohnzimmer. „Was läuft hier?“, fragte
er ungläubig, und Pansy zuckte die Achseln.
„Sieht so
aus, als wäre Granger ausgezogen“, stellte sie fest.
Sofort
schlug Weasley die andere Richtung ein. Er nahm Dracos Stufen auf einmal und
hämmerte gegen seine Tür. „Malfoy! Mach sofort auf, verdammt noch mal!“, schrie
er außer sich, und Pansy betrachtete wieder ihre Nägel. Das würde nie etwas
werden. Sie war eigentlich schon dankbar, dass sie Draco und Granger nicht auf
der Couch überrascht hatten. Merlin, wahrscheinlich hätte sie sich dann sofort
übergeben müssen…!
„Er ist
nicht da drin, Weasley“, erklärte sie überflüssigerweise, nachdem auch nach dem
zehnten Faustschlag gegen die Tür nichts passiert war.
„Das sehe ich selber, Parkinson!“, rief Weasley und kam die Stufen wieder
runter. „Aber wo sind sie? Wo sind Hermines Sachen? Ich verstehe das nicht!“
Pansy
atmete aus. „Wo ihre Sachen sind ist mir völlig egal. Wir brauchen die
Schulsprecher, und wir brauchen sie jetzt!“ Sie sah ihn auffordernd an, und er
lachte hysterisch auf.
„Was denkst du, was ich tun soll? Ich kann wohl schlecht den Accio auf beide
anwenden!“
Pansy
stöhnte entnervt auf. „Nein, Weasley, aber vielleicht fällt dir irgendwas
Hilfreiches ein!“
„Wieso ausgerechnet mir? Ich kann nicht behaupten, dass du dich hier bemühst,
deine Aufgabe zu erfüllen!“, sagte er nur, und sie verschränkte die Arme vor
der Brust.
„Ach nein?
Weißt du, dafür, dass du behauptest, in Granger verliebt zu sein, weißt du
erstaunlich wenig, Weasley“, giftete sie böse.
„Ja? Und
dein Malfoy-Radar ist wohl außer Betrieb, nehme ich an?“, konterte er lauter.
„Mein was?“, wollte sie spöttisch
wissen, aber er machte eine wilde Handbewegung.
„Oh, es
ist mir so egal! Ich habe keine Lust hier mit dir zu streiten! Ich habe
überhaupt keine Lust, gerade irgendwas mit dir zu tun, denn du bist einfach nur
eine überhebliche Slytherin, die nichts anderes kann, als andere zu
verurteilen, obwohl sie selber nichts auf die Reihe kriegt!“, rief er
aufgebracht, wandte sich von ihr ab und schritt zum Fenster.
Sie ballte
die Hände zu Fäusten, zwang sich zur Ruhe und fixierte keinen bestimmten Punkt
an Dracos Tür.
„Ich
kriege alles auf die Reihe, Weasley!“, gab sie gepresst zurück, aber Weasley
lachte höhnisch auf.
„Ja? Was
genau, Pansy?“, wollte er wissen. „Du schaffst es ja nicht mal, dass der Junge,
der die Finger von keinem Mädchen in Hogwarts lassen kann, mit dir auf diese
Party geht. Dabei sagst du doch, du bist die schönste, die beste, die klügste
und du kannst jeden haben, oder nicht?!“, erwiderte er zornig, und Pansy sah
ihn immer noch nicht an. „Und wo ist er jetzt, hm?“, ergänzte er und kam näher.
„Wo ist dein Traumprinz jetzt? Du kennst ihn doch so gut! Ihr seid doch, deiner
Meinung nach, für einander geschaffen, seelenverwandt – also? Wo ist er? Wo ist
der Todesser, der kein Interesse an der Schlampe aus Slytherin hat?“, entfuhr
es Weasley, und ihr Blick fiel auf den Boden.
Und sie
schaffte es nicht. Ihre Überheblichkeit wollte nicht zurückkehren. Und sie war
keine Schlampe! Hatte er nicht gesehen, dass sie mit Goyle
auf die Party musste? War ihm das entgangen? Wie tief sie gesunken war?
„Was ist?
Sprachlos?“, sagte Weasley böse, aber Pansy sah ihn immer noch nicht an.
Pansy, wenn du jetzt weinst, dann waren
eine Stunde Makeup-Zauber umsonst.
Wenn du jetzt weinst, dann gibst du
diesem gemeinen Kerl nur einen weiteren Grund, sich lustig zu machen.
„Mach mich
doch noch ein bisschen fertig, Pansy!“, bot Weasley ihr jetzt an. „Denn das
kannst du doch am besten. Andere niedermachen! Anderen sagen, wie hässlich sie
sind, wie unterprivilegiert, anstatt selber in den Spiegel zu sehen und
festzustellen, dass es dir nicht besser geht, als allen anderen! Du solltest
dankbar sein, dass Gregory Goyle so naiv und dämlich
ist, zu glauben, du würdest nach diesem Abend mehr in ihm sehen als einen
verdammten Fußabtreter!“
Wenn du einfach nicht hinhörst, dann
wird es leichter,
sagte sie sich fest.
„In deinem
Kopf lässt sich alle mit Gold regeln. In deinem Kopf hat jeder seinen Preis. Du
schätzt niemanden wert, alles was du siehst, sind die finanziellen Hintergründe
der Menschen. Es ist mir ein Rätsel, weshalb du überhaupt mit mir zu tun hast.
Jemand, der so stolz und oberflächlich ist, dürfte mich doch überhaupt nicht
wahrnehmen, oder Pansy? Den rothaarigen Blutsverräter, Weasley“, ergänzte er
bitter. „Den hässlichen, widerlichen, dummen, armen Blutsverräter!“
Pansy
schloss die Augen.
Sie rief
sich den Abschluss ins Gedächtnis. Nach ihrem Abschluss würde sie sich nicht
die Mühe machen, nach Hause zu kommen. Sie würde sofort die Weltreise auf dem
riesigen Luxus-Dampfer antreten, der sie wegbringen würde von allen Leuten, die
ihren Namen kannten. Weg aus London, weg von hier!
Sie hatte
den Brief lange verbrannt, konnte sich aber noch gut an die Worte erinnern, die
ihre Mutter ihr geschrieben hatte, als die erste Woche in Hogwarts in diesem
Schuljahr vorbei gewesen war.
Ihre
Eltern hatten sich scheiden gelassen und hatten gewartet, es ihr zu sagen, bis
sie wieder in Hogwarts war. Ihre Mutter war aus dem Herrenhaus ausgezogen und
wohnte jetzt irgendwo in Frankreich. Ihr Vater war im Haus verblieben, mit den
restlichen Problemen wie der magischen Strafverfolgung, die immer noch
versuchten, ihm seine Zusammenarbeit mit Voldemort nachzuweisen, oder seine
Trunksucht, die er niemals unter Kontrolle bekommen würde, und Pansy hatte noch
nie einen Brief von ihm bekommen.
Alles, was
sie von ihrem Vater jemals bekommen hatte, waren Prügel.
Aber nie
ins Gesicht. Niemals ins Gesicht hatte er sie geschlagen….
Sie
öffnete die Augen wieder.
Und sie sah
ihn an. Sie sah Weasley an. Und sie lächelte. Ronald Weasley hatte es verdammt
gut. Merlin, sie beneidete Ronald Weasley. Sie dachte immer noch an seine
Mutter. Mrs Weasley hatte sie sogar umarmt zum
Abschied. Sie wusste, dass sie Pansy Parkinson war und hatte sie dennoch
umarmt. Sie wusste nicht mal mehr, wann sie ihre eigene Mutter das letzte Mal
umarmt hatte. Ihre Mutter sagte immer, enger Körperkontakt ruinierten das
Makeup und die Couture. Nein, Pansy konnte sich nicht daran erinnern, jemals so
umarmt worden zu sein wie von Molly Weasley.
Und
langsam musste sie annehmen, alle Slytherins hatten etwas Wichtiges gemeinsam.
Sie waren alle allein. Sie hatten alle keine Geschwister. Sie waren alles einsame
Einzelkämpfer, ohne den Hauch einer Ahnung, wie gut es die anderen wirklich
hatten.
Wenn sie
darüber nachdachte, dann wusste sie, weshalb Draco von Granger nicht loskam.
Sie musste für ihn wie ein Alien sein. Wie etwas Außerirdisches, was er noch nie
vorher zu Gesicht bekommen hatte. Granger war wie auch Weasley war.
Sie waren
so… loyal und… gutmütig und… - zufrieden. Sie kämpften, obwohl sie nichts
hatten, wofür sie kämpfen konnten, denn sie waren alle nicht reich.
Aber Pansy
hatte schon als kleines Mädchen gewusst, was sie hatten.
Diese
Kinder hatten eine Familie, wohingegen Slytherin-Kinder… auf sich allein
gestellt waren.
Und keiner
mochte Slytherins. Nicht einmal Slytherins mochten Slytherins wirklich.
Und
Weasley mochte sie auch nicht. Natürlich sah er ihre Schönheit nicht. Er sah
direkt durch sie hindurch, bis auf den traurigen, bitterbösen Kern. Auf die
hässliche Kreatur unter ihrer Schönheit. Da, wo sie sich schämte, da, wo ihr
Schmerz war und alles Schlechte.
Und sie
nickte sanft. „Ich sollte gehen“, sagte sie ruhig. Sie sah ihn nicht mehr an
und wandte sich zur Tür.
Sie hörte
ihn aufstöhnen. „Merlin, Pansy, es war nicht so gemeint!“, sagte er gereizt.
„Wir… wir sagen diese Dinge! Du sagst es über mich, ich sag es über dich – es
ist… unwichtig!“, fügte er ungeduldig hinzu. „Beleidige mich einfach zurück,
und wir können weitersuchen“, sagte er jetzt. Aber Pansy fiel keine Beleidigung
ein.
„Jetzt sei
nicht beleidigt, Merlin noch mal!“, rief er aus, holte sie ein und zog sie am
Arm zurück. Er verschwamm vor ihren Augen, denn die Tränen waren aufgestiegen.
Sie senkte hastig den Blick.
Sie durfte
nicht weinen!
„Pansy –
du… weinst ja!“, entfuhr es ihm ungläubig. Sie wischte sich zornig über die
Wange.
„Was
denkst du, was ich bin? Aus Stein?“, fuhr sie ihn zitternd an und befreite
ihren Arm aus seinem Griff.
„Ja“,
antwortete er ehrlich und nickte. Sie hob den Blick und hasste, dass er sie
verletzt hatte. Niemand konnte sie verletzen. Sie war nicht weich. „Ich – es
tut mir leid“, sagte er, tatsächlich überrascht.
„Vergiss
es“, sagte sie gereizt, aber er schüttelte den Kopf und legte zaghaft die Arme
um sie. Sie hielt die Luft an vor Schreck, als er sie an sich drückte.
„Tut mir
leid“, wiederholte er, und sie spürte, wie er ungelenk über ihren Rücken
streichelte. Und sie dachte keine Sekunde lang an ihr Makeup, während er sie
hielt, und sie seinen Duft riechen konnte. Sein Anzug roch etwas muffig, die
Hosenbeine waren auch minimal zu kurz, aber sonst roch sie Ronald Weasley.
Seinen… eigenen Duft. Und sie hasste, dass sie sich an ihn gewöhnt hatte. Dass
sie… seinen Duft mochte.
Sie
schloss kurz die Augen, denn sie durfte wirklich nicht mehr weinen!
„Lass mich
los!“, murmelte sie dumpf gegen seine Schulter, aber Weasley ließ sie nicht
los. Sie stand reglos in seinen Armen, und er seufzte gegen ihren Haaransatz.
„Du bist
wirklich schön, Pansy“, sagte er jetzt über ihr, und sie biss die Zähne
festzusammen. „Schade, dass du niemanden magst, außer dir selbst und Draco
Malfoy“, murmelte er kopfschüttelnd. Erneut stiegen Tränen in ihre Augen.
„Bist du
jetzt fertig?“, beschwerte sie sich wieder, und er ließ langsam von ihr ab.
Wieder fuhr sie sich über die Wangen, um die Tränen wegzuwischen.
„Ja“,
sagte er tonlos.
„Ich mag
dich“, sagte sie jetzt ernst. „Ich mag dich am liebsten, wenn du deinen Mund
hältst, Weasley“, informierte sie ihn, aber sie schaffte es nicht, ihre Stimme
überheblich klingen zu lassen. Und seine Mundwinkel hoben sich. „Du analysierst
anscheinend sehr gerne, Weasley. Dann kannst du das hier auch analysieren“,
erklärte sie. „Ich mag deine Mutter lieber als dich“, fügte sie nickend hinzu,
und er runzelte die Stirn.
„Du bist
so unglaublich seltsam“, erwiderte er kopfschüttelnd.
„Ich bin
seltsam? Du bist derjenige, der nicht weiß, was er will!“, bemerkte sie bitter.
„Du willst mit Granger zum Ball, dann gehst du mit Lavender zum Ball. Du-“
„-ich
wollte nicht mit Lavender zum Ball!“, rechtfertigte er sich sofort mit
erhobenen Händen.
„Anscheinend wollte Granger dich nicht“, erwiderte sie kühl.
„Ich
wollte auch nicht mit Hermine zum Ball. Also, nicht mehr seit… seit… - aber das
ist ohnehin egal“, schloss er, aber sie antwortete, ohne dass sie sich halten
konnte.
„Seit
wann?“ Die Worte entfuhren ihr schnell. Zu schnell! Oh Pansy!
„Nein,
Pansy. Slytherins gehen nämlich nicht mit Gryffindors zu Bällen“, erklärte er
ernst.
Sie
schüttelte genervt den Kopf. „Nein, du bist ja auch in Granger verliebt.“
„Ich bin nicht in Hermine verliebt!“, erwiderte er fast schon zornig. „Darum
geht es überhaupt nicht! Das mit Hermine ist… - ich bin drüber weg“, sagte er
achselzuckend.
„Worum
geht es dann, Weasley?“, wollte sie ungläubig wissen. Er war drüber weg? Was
war das für eine bescheuerte Antwort?! Sie verstand es vor allem nicht. War das
so ein Jungs-Ding, was sie nicht begriff?
„Es geht
darum, dass ihr Slytherins verdammte Feiglinge seid und euer Ruf wichtiger ist,
als was ihr wirklich denkt!“, schnappte er ungeduldig.
„Ich bin kein
Feigling, wenn du das damit andeuten möchtest!“, beschwerte sie sich entrüstet.
„Nein?
Dann magst du mich?“
„Was?“,
entfuhr es ihr ungläubig, aber Weasley ließ sie nicht aus den Augen.
„Merlin,
muss ich es dir aufmalen?“, knurrte er, aber er sprach weiter. „Magst du mich,
Pansy Parkinson? Würdest du… mit mir ausgehen, auch wenn ich mir nichts weiter
leisten kann, als zwei Eiscreme und zwei Butterbier?“
„Das…
klingt zusammen ziemlich eklig“, sagte sie nachdenklich. Er atmete
kopfschüttelnd aus.
„Vergiss
es, du bist einfach-“
„-ok.“
Verblüfft
schwieg er. „Ok?“, wiederholte er verwirrt, aber sie spürte die Tränen schon
wieder kommen. Es war doch verrückt! Und sie nickte nur. „Du…?“
„Weasley…
ich bin deiner Meinung nach doch das widerliche Scheusal, also müsste ich dich
wohl eher fragen, ob du überhaupt mit mir irgendwo gesehen werden-“ Aber er
unterbrach ihre tränenerstickte Stimme, kopfschüttelnd, nahm ihr Gesicht in
seine Hände, und seine Lippen lagen auf ihrem Mund, ehe sie protestieren
konnte, dass er ihren Lipgloss verschmieren würde.
Aber ihr
Körper verriet sie, und ihre Augen schlossen sich bereitwillig schnell.
Und sie
konnte nicht anders, denn ihr Herz schlug so seltsam laut, so seltsam leicht,
wie sie es noch nie empfunden hatte. Und sie konnte sich nicht dagegen wehren.
Sie schämte sich nicht mal. Sie war verliebt in Ron Weasley! Und… er mochte
sie!
Es gab
jemanden, der sie mochte.
Tausend
Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch, und sie wünschte, dass der Kuss
niemals aufhören würde, damit sie niemals mehr Gelegenheit bekommen würde,
ihren Mund aufzumachen, und die Gefahr bestand, dass sie etwas Dummes sagte,
was ihn seine Meinung ändern ließ!
Er hatte
die Brille abgesetzt und rieb sich über seinen Nasenrücken.
Sein Blick
wanderte jedoch immer wieder über Ginny. Ginny Weasley, die mit Abstand heute
Abend das schönste Mädchen war, was er jemals gesehen hatte. Ihre roten Haare
fielen ihr immer wieder in Gesicht, und sie steckte sie zurück hinter ihr Ohr.
Er liebte ihre roten Haare. Das wusste
er jetzt. Er war blind gewesen.
Hermine
hatte den Umzugskarton unter sein Bett geschoben, in dem sich alle ihre magisch
verkleinerten Einrichtungsgegenstände befanden.
„Also?“,
begann Harry wieder und setzte die Brille nachdenklich wieder auf. „Was ist
passiert?“, wagte er erneut zu fragen, und wieder tauschen Ginny und Hermine
einen Blick, als ginge es um große Staatsgeheimnisse. Er seufzte auf und
blickte gen Himmel.
„Ok, also,
ihr wollt mir nicht sagen, weswegen Hermine ausgerechnet heute aus ihren Räumen
ausgezogen ist und ihre Sachen hier bei mir im Schlafsaal versteckt? Und ihr
denkt, Snape wird es nicht merken?“, fügte er ungläubig hinzu.
„Ich sage
es Snape. Aber nicht heute“, entschied sich Hermine zu sagen.
„Leute, das
geht so nicht!“, entfuhr es ihm. „Unser Frühlingsball hat angefangen, und du
bist nicht mal umgezogen!“, fuhr er Hermine jetzt an, der wieder die Tränen in
den Augen standen. Und eigentlich hatte er heute alles tun wollen, außer die
eine Frage zu stellen, die er absolut nicht stellen wollte. „Also… wo ist
Malfoy?“, ergänzte er resignierend, und seine Nackenhaare stellten sich bei
diesem Namen auf.
Hermine
wischte sich über die Nase, und Harry hasste es, dass
sie wegen diesem Wichser weinte.
„Wissen
wir nicht. Wahrscheinlich in der Großen Halle. Die Schulsprecher… müssen die
Begrüßung halten“, fügte Ginny kleinlaut hinzu. Harrys Augen wurden groß.
„Ach ja?
Hermine, denkst du nicht, dass heute ein ungünstiger Zeitpunkt ist, die
Schuluniform anzuhaben?“, sagte er behutsam, aber jetzt flossen Hermine die
Tränen ungehindert über das Gesicht, und sie schämte sich tatsächlich dafür. Oh
Merlin! Was war denn nur los? Hermine war doch sonst nicht so weich? Er erntete
von Ginny einen zornigen Blick.
„Jungs
sind einfach nur dämlich!“, informierte sie ihn. „Geh vor, ich komme gleich.
Malfoy wird die Begrüßung schon allein zustande kriegen“, fügte sie giftig
hinzu und schob ihn aus seinem eigenen Schlafsaal.
„Moment!“,
rief er ärgerlich, beugte sich zu seinem Nachttisch und griff sich die Karte
der Rumtreiber aus der Schublade, ohne dass es Ginny oder Hermine merkten.
„Raus,
Harry!“, wiederholte Ginny rigoros, und mit offenem Mund und keinen
Deut schlauer, stand Harry nun auf dem Flur zum Schlafsaal.
Jungs
waren nicht dämlich, Mädchen waren einfach nur anstrengend! Vor allem hatte er
Ron versprochen, ihn nicht solange mit Lavender allein zu lassen. Er verstaute
die Karte zusammengefaltet in seiner Innentasche und verließ kopfschüttelnd den
Gemeinschaftsraum, zog sein Jackett noch einmal gerade und eilte den Flur
entlang, die Treppen runter zur Eingangshalle. Anscheinend waren alle Schüler
schon drinnen, denn an den weißen Tischen vor dem Eingang strahlten ihn nur
ziemlich motivierte fremde Hexen an.
„Mr Potter, Ihr Band liegt bereit“, sagte eine Hexe einen
kryptischen Satz, aber anscheinend brauchte er ein Band? Er kam näher und ließ
es sich um sein Handgelenk legen. Das Band nahm die schwarze Farbe seines
Anzugs an.
Ehe er die
Halle betreten konnte, kam ihm Lavender entgegen, die anscheinend einen Radar
für ihn hatte.
„Wo ist
Ron?“
„Was?“ Er
versuchte über ihre Schulter in die protzige Halle zu blicken, aber ihr
wütendes Gesicht kam näher.
„Ron. Wo
ist er? Er und Pansy Parkinson sind seit einer halben Stunde verschwunden und
haben weder Hermine, noch Malfoy gefunden!“, schnappte sie beleidigt. „Snape
hat die Begrüßung selber gemacht und ist stink wütend!“
„Was?“,
wiederholte Harry, immer noch verwirrt, aber Lavender verdrehte genervt die
Augen. „Hermine ist im Gemeinschaftsraum der Gryffindors und… kommt gleich“,
sagte er vage.
„Und wo
ist Ron?“, fragte sie wieder, aber er Harry tätschelte ihre Schulter und machte
wieder kehrt. Schleunigst! „Sag Ron, er soll endlich wiederkommen, oder ich
tanze mit wem anders!“, rief sie ihm zornig nach.
Harry nahm
an, das würde Ron auch lieber haben, als sich von ihr anschreien zu lassen. Und
Ron war mit Pansy unterwegs, um die Schulsprecher zu suchen? Dankbar zog Harry
die Karte hervor, als er unter dem nächsten Treppenabsatz neben den Putzeimern
Halt machte.
„Ich
schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin!“, flüsterte er und tippte mit
dem Zauberstab auf die Karte. Schnell füllte sich die Karte mit schwarzer Tinte
und zeichnete ihm das Schloss. Fast alle Siebtklässler befanden sich in der
Großen Halle. Die Namen überlagerten sich dort.
Seine
Augen überflogen die Stockwerke. In ihrem Schlafsaal waren immer noch Ginny und
Hermine, keine Veränderung da. Seine Augen wanderten höher.
In den
Räumen der Schulsprecher waren Ron und Pansy! Was zur Hölle taten sie da?
Malfoys Name wurde ihm nämlich nicht angezeigt!
Er klappte
die Karte weiter auf. Vierter Stock… - Mrs Norris
lief durch die Gänge.
Im dritten
Stock hielt sein Blick inne.
Malfoy war
im Trophäenzimmer, stellte er jetzt fest.
Und er
zögerte einen Moment.
Merlin,
Malfoy war nicht sein Problem. Wenn Hermine sich unbedingt mit ihm rumärgern
wollte, bitte, dann sollte sie das tun. Harry war froh, den Bastard so wenig
wie möglich zu sehen!
Aber die
Entscheidung wurde ihm abgenommen.
„Ist Mr Potter aufgetaucht?“
Harry wich
weiter unter den Treppenabsatz zurück. Scheiße, Snape suchte auch schon nach
ihm? Wahrscheinlich weil er annahm, er wüsste, wo die Schulsprecher waren.
Die Eingangs-Hexen
sagte etwas, und Harry hörte Snape näher kommen. Allerdings schritt er neben
den Treppen vorbei, und Harry beschloss, dass er im dritten Stock auf jeden
Fall vor Snape sicherer wäre als hier unten!
Er wartete
noch ein paar Sekunden, ehe er um den Treppenabsatz stolperte und hastig zwei
Stufen auf einmal nach oben nahm. Er traf auf ein Paar Zweitklässler, die sich
beleidigt in den Fluren rumdrückten, und anscheinend gerne auf der Party wären.
Harry konnte sie verstehen, er wäre jetzt auch lieber auf der verdammten Party.
Er nickte den Zweitklässlern zu, ohne zu wissen, ob sie ihn auch begrüßten.
Er nahm
die Treppe zum nächsten Stock und anschließend zum dritten.
Und er
musste sich nicht mal fragen, ob Malfoy noch da war, denn er hörte ihn.
Nein, er
hörte Glas zu Bruch gehen! Was zum…?
Er
verharrte, als er in der Tür zum Trophäenzimmer stand.
„Was tust
du da?“, entfuhr es ihm schockiert. Malfoy hatte in der Bewegung inne gehalten.
Er hatte irgendeinen Quidditchpokal am Henkel gepackt
und war dabei, eine weitere Vitrine kaputt zu schlagen, als Harry ihn
aufgehalten hatte.
„Verpiss
dich, Potter!“, sagte Malfoy nur, und Harry entdeckte die Flasche Feuerwhiskey
neben der Vitrine. Halbleer. Harry atmete aus. Und er könnte immer noch
umdrehen. Er könnte immer noch gehen.
„Mrs Norris ist im vierten Stock“, entschied er sich, den
Bastard zu warnen.
„Wow. Na
und?“ Malfoy holte aus und schlug tatsächlich das Glas der Vitrine kaputt. Und
Harry hatte das Zimmer betreten, ohne weiter nachzudenken und zerrte Malfoy den
Pokal aus der Hand.
„Bist du
verrückt geworden?“, fragte er, aber eigentlich war ihm das schon klar gewesen.
Natürlich war Malfoy verrückt!
„Was
willst du von mir, Arschloch?“, knurrte Malfoy, und Harry sah, dass sein Hemd
nicht ordentlich in der Hose saß, seine Fliege nur locker um seine Schultern
lag, und… hatte Malfoy geweint? Wieso weinten heute alle ständig um ihn herum?!
„Snape
sucht dich!“
„Ist mir
scheiß egal, und jetzt verpiss dich!“
„Malfoy-“
„-was?“
Harry konnte
gar nicht sagen, wie sehr er es leid war, mit Malfoy zu streiten.
„Was ist
dein Problem?“, blaffte er Malfoy jetzt an, und dieser schenkte ihm ein
Lächeln.
„Du
bist mein Problem, Potter!“, erklärte Malfoy und griff nach der Flasche und
setzte sie an die Lippen. Harry verdrehte die Augen.
„Das
glaube ich eher nicht. Du verlierst deinen Posten“, informierte Harry ihn, mit
nicht gerade wenig Genugtuung.
„Und?“
„Und?“,
wiederholte Harry ratlos. „Malfoy, Snape wird dich entheben, dich von der
Schule werfen, Snape wird-“
„-du
begreifst es nicht, oder? Na und?“, wiederholte Malfoy zornig.
Harry sah ihn kopfschüttelnd an.
„Ok, hör
zu, mir ist es scheiß egal, was mit dir passiert. Was ist heute mit Hermine
vorgefallen?“, fragte er stattdessen, um alles abzukürzen.
„Das
Schlammblut? Keine Ahnung, was-“
Aber Harry
hatte es satt.
Seine
Hände waren ohnehin zu Fäusten geballt. Er hatte ausgeholt, und es tat
verflucht gut, einfach zuzuschlagen. Einfach locker weg. Und er traf Malfoy
nicht mal besonders hart im Gesicht. Malfoy stolperte gegen die kaputte Vitrine
und sackte am Sockel zusammen auf die endlosen Scherben. Die Flasche jedoch
hatte er festgehalten. Malfoy rieb sich mit der linken Hand über die
schmerzende Wange und schoss ihm einen hasserfüllten Blick zu.
„Also?“
Harry hatte es so satt, dass ihm keiner irgendwelche Antworten gab! Ginny
nicht, Hermine nicht – Ron war in Hermines Räumen und stellte wusste Merlin was
mit Pansy an, und Malfoy? Harry hatte keine Ahnung, was Malfoy eigentlich tat oder
wollte!
Malfoy
hatte den Blick auf den Boden gesenkt und trank einen weiteren Schluck.
Harry
atmete entnervt aus, schüttelte seine minimal taube Faust und sah sich um. Er
stellte fest, dass Malfoy tatsächlich nicht willkürlich gehandelt hatte. Er hatte
auch vorher nicht gewusst, wie viele Ehrungen Lucius Malfoy eigentlich bekommen
hatte. Er wusste, Malfoys Vater war Schulsprecher gewesen, als Snape auf der
Schule war, und er wusste, Lucius Malfoy hatte einen Korb voller Ehrungen
erhalten, war irgendein Ballkönig gewesen und hatte den besten Abschluss seit
Hermine hingelegt.
Anscheinend
war er ebenfalls Kapitän der Slytherinmannschaft
gewesen, hatte einen Pokal gewonnen und auch den Hauspokal jedes Jahr, seit er
Vertrauensschüler gewesen ist. Zumindest entnahm Harry Überreste davon aus den
zerrissenen Urkunden, die zwischen den Scherben lagen.
Und Harry
nickte nur. Er setzte sich schließlich neben Malfoy auf den Boden voller
Scherben und hoffte nur, dass sie seine Hose nicht zerschneiden würden. Ginny
würde ihn töten.
„Verpiss
dich endlich“, murmelte Malfoy, aber Harry blickte stumm nach vorne. Er hasste
sich für diese Worte. Sehr.
„Ich
denke, egal, was du angerichtet hast, es lässt sich bestimmt rückgängig
machen“, informierte er Malfoy bitter und tonlos. Malfoy lachte auf.
„Was?
Wovon redest du, Narbengesicht? Alles läuft verflucht perfekt“, fügte er heiser
hinzu.
„Ja“,
nickte Harry, wenig überzeugt, „das sehe ich.“
„Was
willst du von mir? Das hat nichts mit dir zu tun, ok? Das kannst du nicht haben,
oder?“, fuhr Malfoy ihn scharf an.
„Malfoy,
du bist ein Arschloch. Und weißt du, es ist mir scheiß egal, was mit dir
passiert, wirklich. Aber ich kann es nicht haben, dass Hermine wegen dir
weint“, klärte er ihn zornig auf.
„Sie ist selber schuld!“, war alles, was Malfoy bitter erwiderte. „Ich habe sie
nicht darum gebeten, mich zu…“ Aber Malfoy schien nicht die Absicht zu haben,
den Satz zu beenden.
„Du
verstehst es nicht, oder? Du musst
Hermine nicht darum bitten, nett zu sein, denn sie ist immer nett. Sie hat immer Mitleid, immer Moral – und sie ist viel
zu gut für dich“, schloss Harry bitter.
„Nicht
drüber weg?“, vermutete Malfoy grinsend, aber Harry seufzte auf. Er fand diesen
Jungen so unangenehm dreist!
„Nein,
Malfoy. Ich bin drüber weg, glaub mir. Ich bin so weit weg, ich kann schon
nicht mehr verstehen, was in mich gefahren ist, aber-“
„-gut!“,
erwiderte Malfoy nur. „Dann kannst du jetzt auch abhauen.“
„Es ist deine Party“, merkte Harry schließlich an
und ärgerte sich, überhaupt so viel gesagt zu haben. „Und jetzt willst du
selber nicht auftauchen? Wenn Hermine dir so zuwider ist, dann wird es dich
bestimmt freuen zu hören, dass sie nicht da ist.“
Malfoy
schwieg jedoch verbissen. „Wir wissen, dass sie wegen dir ausgezogen ist,
Malfoy“, ergänzte Harry genervt.
„Potter,
was auch immer du gehört haben solltest, ich bin kein Mensch, der gerne mit
anderen über Problemchen
plaudert. Und ich habe keine Lust, dich zu schlagen, aber ich bitte dich
inständig, verpiss dich endlich!“ Malfoy hatte es ruhig gesagt.
Harry
erhob sich schließlich. „Ich habe mich oft gefragt, warum Snape dich zum
Schulsprecher ernannt hat, Malfoy“, sagte Harry und blickte auf ihn hinab.
Malfoy hob spöttisch den Blick. „Und ich habe es bis jetzt noch nicht
rausgefunden. Du verfügst nicht über eine einzige gute Eigenschaft.“
Malfoy
lächelte.
„Potter,
verschwinde endlich, und nimm deine tausend guten
Eigenschaften gleich mit.“ Es klang so resignierend aus Malfoys Mund.
Harry war
kurz irritiert, denn ein Schatten schlich um seine Beine.
„Oh
verflucht“, stöhnte er auf, denn Mrs Norris maunzte
vor ihm, während sie sich an seinem Schienbein rieb. „Großartig, jetzt ist Filch gleich hier!“, ergänzte Harry gereizt. Die Katze
verschwand, nach kurzem Betrachten der Szenerie aus dem Trophäenzimmer. Und all
das hatte Ron erst die letzten Tage auf Hochglanz poliert.
Unschlüssig
stand Harry im Chaos, Malfoy vor ihm auf dem Boden.
Er konnte
hier nichts mehr tun, er würde einfach –
„Ach du
liebe Güte!“, entfuhr es McGonagall hinter ihm entsetzt. Langsam wandte sich
Harry um, krampfhaft auf der Suche nach einer guten Ausrede.
„Professor
McGonagall, ich-“
„-Mr Potter, Mr Malfoy!“, rief sie
aus und trat über die Scherben hinweg ins Zimmer. „Was ist hier vorgefallen?“
Als Malfoy den Blick nicht hob fixierte sie nun ihn. Und Harry schüttelte
resignierend den Kopf und schickte einen Blick gen Himmel. Warum er es tat, war
ihm unbegreiflich.
„Ich… ich
habe Malfoy zu Boden geschlagen und dabei…“ Harry deutete wahllos in die Runde
auf das Chaos.
„Mr Potter!“, fuhr McGonagall ihn abschätzend an und
schüttelte vor Empörung den Kopf, dass ihr Dutt wippte. Harry sah, wie Malfoy
wieder auf die Beine kam.
„Das ist
überhaupt nicht wahr!“, sagte dieser jetzt. „Potter lügt. Ich habe Potter
geschlagen und-“
„-niemand schlägt hier jemanden, Mr Potter, Mr Malfoy! Ich dachte, Professor Snape wäre deutlich genug
gewesen?“
„Malfoy
lügt. Ich habe ihn wirklich geschlagen, Professor“, beteuerte Harry und warf
Malfoy einen eindeutigen Blick zu. McGonagalls Mund
öffnete sich langsam.
„Nein,
Professor, Potter hat gar nichts getan“, sagte Malfoy jetzt entnervt.
„Also“,
begann McGonagall, der die Geschichte wohl langsam seltsam vorkam. „Sie sagen
mir jetzt auf der Stelle, wie dieses Chaos hier zustande gekommen ist, oder ich
werde-“
Sie
unterbrach sich selbst, als ein Geheul im Gang draußen zu hören war. Keine
Sekunde später, zuckte McGonagall zusammen als sie ein dickes Stück Torte
direkt in den Hinterkopf traf. Harrys Mund klappte vor Überraschung auf,
während er und Malfoy beide die halbleere Whiskeyflasche auf dem Boden hinter
ihren Beinen verdeckten. Wäre es nicht so eine ernste Lage, hätte Harry fast
gelacht. Aber er hütete sich, denn McGonagalls Augen
hatten sich zu Katzenschlitzen verengt.
„Peeves!“,
knurrte sie. „Ich nehme an, dieser missratene Geist trägt Schuld an diesem
Chaos!“, fuhr sie zornig fort, während sie versuchte, ihre Robe zu reinigen.
„Sie beide werden in der Halle erwartet, und keine Probleme mehr, haben Sie
verstanden?“, zischte McGonagall außer sich und deutete streng nach draußen,
während sie schon vorging, zielstrebig hinter Peeves her.
„So viel
Glück hatte ich noch nie“, bemerkte Harry kopfschüttelnd, eher an sich selbst
gewandt. „Wieso hast du sie angelogen?“, fuhr er Malfoy jetzt an.
„Warum
nicht? Damit der große Potter, der große Held, die Strafe auf sich nimmt? Nein,
danke. Ich brauche deine Almosen nicht“, informierte Malfoy ihn und nahm die
Flasche vom Boden auf. Harry schüttelte wieder den Kopf.
„Komm drüber weg, Malfoy. Die Heldensache ist vorbei.“
„Die
Heldensache ist nie vorbei, du dummes Arschloch“, knurrte Malfoy nur.
„Warum
machst du das?“, fragte Harry schließlich und hob entgeistert die Arme. „Warum
bist du so? Was ist bei dir alles falsch gelaufen, dass am Ende so was dabei
rauskommt?“, wollte Harry wissen und deutete mit beiden Händen auf ihn.
„Potter,
ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten, du kannst deine Meinung einfach für
dich-“
„-nein, du
bittest nie irgendwen um Hilfe, Malfoy! Du nutzt Menschen einfach nur aus, du
denkst, du kannst alles und du weißt alles besser, aber so ist es nicht, ok?“
„Oh Potter-“,
begann er abschätzend, aber Harry schüttelte wild den Kopf.
„Sieh dich an!“, schrie er außer sich und deutete auf das Scherbenmeer unter
sich. „Sieh dich um! Du hasst deinen Vater, wir haben
es begriffen, ok? Du willst ein böser Todesser sein, bitte, mir ist nichts
egaler als das, du verdammter Bastard! Du hasst mich,
das weiß ich auch, Malfoy, und ich bin dankbar dafür, dass ich nicht mit so
einem kaputten Ekel befreundet sein muss, aber…“ Harry hob unschlüssig die
Hände.
Und Malfoy
sah ihn an. Die grauen Augen klar und unerbittlich. Seine ganze Erscheinung war
so… so… - Harry wusste kein Wort dafür! Malfoy brauchte so dringend Hilfe, aber
er wollte nicht, dass Hermine ihm half. Er wollte es einfach nicht. Und der
Junge vor ihm fuhr sich durch die blonden Haare. Er sah seinem Vater so
ähnlich, dass Harry es schon unheimlich fand.
Ein kühles
Lächeln erschien auf Malfoys Zügen, und Harry hasste es.
„Jedenfalls…
habe ich nicht gewusst, dass sie auszieht. Ich bin nicht schuld, dass-“
„-Malfoy,
natürlich bist du schuld“, ignorierte Harry seinen Einwand. „Du bist immer
schuld“, ergänzte Harry bitter. „Tu mir einfach den Gefallen, und-“ Aber Harry
besann sich und schüttelte den Kopf, „nein, tu mir keinen Gefallen. Denk
einfach nur einmal nicht immer nur an dich selbst, an deinen Vorteil, an deinen
Gewinn.“
Harry
wandte sich von ihm ab. Aber ihm fiel noch etwas ein.
„Ach, und
Malfoy?“ Dieser tat jedoch so, als würde er ihn nicht
mehr beachten. „Die Sache mit dem Spiegel“, fuhr er fort, und Malfoy hob den
Blick. „Du warst im Raum der Wünsche, um sie zu finden?“, vermutete Harry, und
nach Malfoys Ausdruck zu urteilen, lag er richtig. „Ich kenne diesen Raum
zufällig, und ich kenne den Spiegel. Allerdings zeigt er einem nicht nur die
Person, sondern auch, was für einen selbst der schlimmste Albtraum wäre.“
Malfoys Mund öffnete sich perplex. „Und… wenn du denkst, ich würde irgendwas
mit Hermine machen, weil du es gesehen hast, dann… sagt das eine Menge über
dich und deinen schlimmsten Albtraum.“
„Du irrst dich“,
erwiderte Malfoy, aber seine Stimme klang rau und etwas tonlos, ertappt und gar
nicht so, wie Harry es gewöhnt war. Oh, er hasste Malfoy wirklich, vor allem,
wo er wohl richtig lag.
„Das hoffe
ich“, entgegnete Harry bitter.
„Ja, du
irrst dich!“, entfuhr es Malfoy scharf, und Harry hatte keine Lust mehr auf die
Psycho-Spiele, die Draco so hervorragend beherrschte.
„Gut!“,
knurrte Harry schließlich. „Dann halt dich von ihr fern! Dann sieh sie nicht
mehr an! Sprich kein Wort mehr mit Hermine, denn du stehst doch soweit über
ihr! Du und dein reines Blut, dein verdammtes Gold, ihr werdet doch kein
Problem haben, ein anderes Mädchen zu finden! Du musst nicht Hermine haben
wollen, Malfoy! Jede, aber nicht sie!“
Und Malfoy
sah ihn an, schien abzuwägen, atmete heftiger als vorher, und Harry wartete
noch eine Sekunde und stöhnte gereizt auf.
„Und dass
du es nicht mal zugeben kannst, macht dich so erbärmlich, du verdammter
Todesser! Dass du es nicht mal jetzt zugeben kannst, verflucht! Ich
stehe genau vor dir, und ich sage dir, dass ich es schon weiß – und immer noch!
Immer noch gibst du es nicht zu!“, schrie er praktisch. Er wartete erneut,
wartete, dass Malfoy irgendwann die Erleuchtung haben würde, dass sein
ignoranter Verstand ein einziges Mal begreifen würde!
„Du irrst
dich“, wiederholte Malfoy scharf, ohne ihn anzusehen.
„Weißt du
was, mir ist es scheiß egal!“, rief Harry aus. „Ich bin keine Partnerbörse,
Malfoy! Ich habe es nicht nötig, dich vor Hermine schön zu reden. Du bist ja so
arm und verloren, du hast niemandem, mit dem du reden kannst; du hasst deinen Vater und kommst damit nicht klar – wow, du
bist bestimmt der einzige Junge, der so fühlte!“, knurrte Harry lakonisch und
fuhr sich durch die dunklen Haare. „Du magst Hermine, aber du kriegst es nicht
hin, ihr das auch zu vermitteln, ohne deine Todesser-Masche durchzuziehen? Muss
verdammt hart sein für den König aus Slytherin!“ Malfoys Mund öffnete sich
langsam, und seine Fäuste ballten sich. „Das einzige, was mich beruhigt, ist,
dass du nicht mal begreifst, wie gut du es hast!“, ergänzte Harry noch um
einiges zorniger und wandte sich ab.
„Du bist nicht drüber weg!“, rief ihm Malfoy
nach, in einer arroganten, abschätzenden Tonlage, als hätte er Harrys Worte
komplett ignoriert. Harry fuhr auf dem Absatz herum, überwand den Abstand zu
Malfoy, griff hart in sein weißes Hemd und schob ihn so heftig zurück, dass die
gesplitterte Vitrine unter seinem Rücken noch einmal verdächtig knarzte.
„Nein,
Draco“, knurrte er durch zusammen gebissene Zähen, so leise, dass nur Draco ihn
auf diese Nähe verstehen konnte. Und seine Augen bohrten sich in Dracos graue,
vor Überraschung weit aufgerissenen, Augen. „Du bist nicht drüber weg!“,
korrigierte er ihn hasserfüllt.
„Nimm
deine Hände von mir“, erwiderte Draco gefährlich leise.
„Ist doch
komisch, dass wir ausgerechnet diese Gemeinsamkeit haben, oder, du scheiß
Arschloch?“, erkundigte sich Harry während er Dracos Hemd fahren ließ. Draco
fixierte ihn ernst.
„Potter, Granger ist nicht unsere Gemeinsamkeit“, informierte er ihn glatt.
„Hast du
sie geküsst?“, fragte Harry direkt heraus und entließ seinen gegenüber nicht
aus dem kalten Blick. Und er hätte schon vor Minuten gehen sollen. Und Malfoy
starrte ihn einfach nur an, wich seinem Blick nicht aus, und Harry spürte den
Hass wieder kochen.
Und er
sprach tatsächlich!
„Das heißt
nicht, dass ich es gut habe“, erwiderte Malfoy gepresst, und Harry hätte schon
wieder zuschlagen können, alleine für das Geständnis aus Malfoys verdammtem
Mund!
„Nein, du
Wichser“, knurrte Harry haltlos. „Das heißt nur, dass ich Recht habe!“,
ergänzte er. „Du hast es gut, weil sie dich liebt, weiß der Teufel, warum! Und
das, was mich beruhigt ist, dass du es versauen wirst, weil du alles versaust,
was richtig ist, Malfoy“, ergänzte er ruhiger, denn er wusste, dass Malfoy
nicht fähig war, irgendetwas richtig zu machen.
Und nein!
Er sah, wie Malfoy überheblich antworten wollte, aber dieses Mal wandte sich
Harry augenblicklich ab und stürmte aus dem Zimmer. Er war zu lange geblieben,
er hatte zu lange gewartet, er hatte zu viel gesagt! Aber er hasste Malfoys
überhebliche Art! Er konnte gar nicht sagen, wie sehr er ihn verabscheute!
Er kam
unten an und erkannte Ginny vor der Halle stehen.
Und sie
war rasend vor Wut.
~*~
Er betrat
die Halle, nachdem ihm das Band um das Handgelenk gelegt worden war. Die
Empfangs-Hexen hatten ihm noch auffällig übertrieben zugezwinkert. Der Zauber, mit
dem er den Alkohol überdeckt hatte, stellte seinen Fokus langsam wieder scharf.
Das Problem mit solchen Zaubern war meistens, dass sie lange brauchten und
nicht besonders lange hielten.
Als die
Schüler ihn entdeckten, klatschten sie johlend in die Hände, zumindest die
meisten von ihnen. Er nickte ihnen abwesend zu, und wappnete sich für Snape.
Dieser kam mit wehendem Umhang auf ihn zu gerauscht. In seinem Magen rumorte
der Zauber heftig.
„Der Herr
Schulsprecher auch anwesend?“, zischte der Schulleiter, und Draco kannte den
Zorn in den dunklen Augen des Schulleiters gut. Zu gut. „Wo waren Sie?
Professor McGonagall erzählte mir von Vorfällen im Trophäenzimmer? Ich hoffe
wirklich, an dieser Geschichte ist nichts dran, Draco“, fügte er kopfschüttelnd
hinzu. Aber Draco beschloss, dazu erst mal nichts zu sagen. „Und Miss Granger?“
Anscheinend
war es eine echte Frage, keine rhetorische, wie Snape sie sonst an ihn
richtete.
„Was ist
mit ihr?“
„Wo ist
sie?“, knurrte Snape. Draco sah sich ratlos um. „Oh nein, sie hat ihr Band
nicht abgeholt. Sie müssen sie hier nicht suchen, Draco.“ Snapes Freundlichkeit
war nicht echt. Draco atmete also aus. „Es wird noch ein Nachspiel haben, dass
Sie zur Begrüßung nicht in der Halle waren, Draco. Ein großes Nachspiel. Und ich
werde Ihnen morgen noch genügend Punkte dafür abziehen, dass Sie Ihr verdammtes
Abzeichen schon wieder nicht tragen!“, donnerte Snape wieder einmal. Ehe Draco
antworten konnte, schnitt ihm Snape das Wort ab. „Und jetzt erfüllen Sie Ihren
Job als Schulsprecher und passen Sie auf die Schüler auf!“
Snape
rauschte davon, und Draco hatte keine Ahnung, wohin er verschwand. Er nahm an,
Snape ging sich jetzt in seinem Büro betrinken, zumindest würde es Draco so
machen.
Ratlos
atmete er aus.
„Oh hey,
wo warst du? Du warst nicht in deinen Räumen“, unterbrach ihn Pansy aus seinen
Gedanken. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Er runzelte die Stirn,
denn eine Strähne stand auffällig schief aus Pansys Frisur ab.
„Was?“, schnappte sie sofort, fuhr mit der Hand hoch zu ihren Haaren, fand die
Ausreißer-Strähne und steckte sie eilig zurück. „Ich dachte, ich hätte alle
gerichtet“, murmelte sie mehr zu sich selbst.
„Hat Goyle-?“ Aber Pansy ließ ihn diesen Gedanken nicht einmal
aussprechen.
„Nein. Oh
Gott, nein, Draco!“, fuhr sie ihn verstört an. Aber Dracos Augenbraue blieb
erhoben. „Ich… - wieso ist Granger ausgezogen?“, wechselte Pansy so prompt das
Thema, dass er verwirrt den Kopf schüttelte.
„Was? Wer ist dann in den seltenen Genuss gekommen, deine Frisur zu verwüste?“,
wollte er lächelnd wissen, aber Pansy ignorierte dieses Thema wohl konsequent.
„Du musst
es ja diesmal wirklich geschafft haben. Granger ist doch sonst so hart im
Nehmen?“ Pansy ließ nicht locker. Und das Rumoren in seinem Magen nahm nur zu.
„Woher
wusstest du das Passwort?“, erkundigte sich Draco jetzt, der sich ebenfalls auf
dieses Thema nicht einlassen wollte.
„Was? Ich…
nein, Weasley wusste es“, erklärte sie konsterniert. „Mir verrätst du es ja nicht, Draco“, fügte sie eindeutig hinzu.
„Weasley?“, wiederholte er langsam.
„Du warst mit Weasley in meinen Räumen?“, sprach er jetzt den nächsten Gedanken
aus, und Pansy besaß wenigstens den Anstand rot zu werden.
„Ich… wir haben euch gesucht.“
„Und? Habt
ihr… uns gefunden?“, wollte Draco spöttisch wissen, aber Pansy schüttelte nur
den Kopf.
„Wirklich,
darum geht es überhaupt nicht, Draco!“, fuhr sie ihn plötzlich an. Er runzelte
die Stirn über Pansys Wut. Er spürte einen dumpfen Schmerz in der linken Wange,
dort wo Potter ihn getroffen hatte. Nicht übermäßig, aber so merkbar, dass er
wieder Wut auf Potter verspürte.
„Ok,
bitte. Mir ist es egal“, sagte er abwehrend. Er erkannte Potter, Weasley und
seine Schwester aus der Ferne an der aufwendig dekorierten Bar. Sie schienen
ins Gespräch vertieft zu sein. „Pansy, könntest du…“, begann er und blickte auf
seine polierten schwarzen Schuhe hinab.
„Was?“,
wollte sie knapp wissen, und er legte die Hand über seine Augen. „Was ist los,
Draco?“, fragte sie, aber Slytherins waren nicht wirklich besorgt, deswegen
hörte er auch keine aufrichtige Sorge aus ihrer Stimme.
„Nichts,
könntest du die Schüler maßregeln, wenn sie Mist bauen?“, bat er sie, und Pansy
ruckte unschlüssig mit dem Kopf.
„Sicher,
aber – hey, wo gehst du hin?“
„Ich komme
wieder“, sagte er nur und trat seinen Rückweg aus der bunten Halle an. Einige
Jungen riefen seinen Namen, wollten, dass er mit ihnen Poker spielte, andere
fragten, ob er mit ihnen Butterbier trinken würde, aber er winkte nur ablehnend
und verließ die Halle. Er löste die Fliege wieder, während er die Stufen nach
oben lief.
~*~
Sie musste
gähnen, als sie den nächsten Absatz in ihren Notizen unterstrich. Sie streckte
sich auf dem unbequemen Holzstuhl und legte die Feder beiseite. Sie spürte, wie
sie leichte Kopfschmerzen bekam. Nicht nur vom Sitzen oder vom Lesen, sondern
natürlich auch von ihrem wenigem Schlaf und den vielen Tränen.
Sie hatte
Ginny versprochen, sie würde nachkommen, hatte sich aber letztlich doch umentschieden und war in die Bibliothek verschwunden. Sie ignorierte
die Blicke und die Fragen der Schüler, die nicht auf die Party durften. Sie
gönnte keinem eine Antwort und beschäftigte sich lieber mit den Zaubertränken
für die nächsten Wochen, mit denen Snape sie foltern würde.
Es machte
mehr Sinn. Sie hatte ohnehin nicht auf die blöde Party gehen wollen, und vor
allem jetzt war ihr die Entscheidung auch abgenommen worden, weil sie jetzt
auch kein elegantes Kleid mehr hatte.
Sie löste
das Haargummi, band sich den langen Zopf neu, und als sie noch ein Dutzend weitere
Schüler bemerkte, die mit den Fingern auf sie zeigten, klappte sie das Buch zu
und packte ihre Sachen zusammen. Sie war bestimmt nicht hier her gekommen,
damit die Schüler über sie tuscheln konnten. Aber natürlich hätte sie es besser
wissen müssen.
Sie
schwang die Tasche über die Schulter und trat ihren Rückweg an.
Sie
erreichte den Korridor zum Gryffindorgemeinschaftsraum.
„-nein,
ich habe gehört, sie hat einen Nervenzusammenbruch!“, vernahm sie die Stimme
von Cormac McLaggen. „Malfoy
muss sie wohl richtig fertiggemacht haben.“
„Vielleicht
hat sie auch mit ihm Sex gehabt. Versaut genug ist sie doch wohl!“, entgegnete
ein anderer Gryffindor. Sie verbarg sich hinter der Wand. „Und Malfoy hat in
der Halle ziemlich zufrieden ausgesehen!“
„Quatsch,
das weißt du nicht! Und Malfoy sieht immer zufrieden mit sich aus!“
„Als ob du noch nie darüber nachgedacht hast! Mit ihr Sex zu haben wäre
bestimmt-“ Hermine beschloss, nicht zuzuhören! Und jetzt wollte sie auch nicht
in den Gemeinschaftsraum. Aber… Malfoy war unten, also konnte sie auch hoch zu
ihren alten Räumen gehen. Zumindest für eine Weile. Bis diese beiden Idioten
vor dem Gemeinschaftsraum verschwunden waren.
Sie
wechselte die Richtung und schritt zielstrebig, mit ihrer Büchertasche über dem
Arm zu ihren alten Räumen. Niemand hielt sich in dem Korridor auf, und sie
tippte lautlos auf den Knauf. Sie sagte den verhassten Namen, und die Tür
schwang nach Innen auf.
Alles sah
aus wie immer. Nichts war anders. Und sie war allein. Und sie wusste, sie
durfte hier nicht mehr sein, hatte das Recht aufgegeben, und sie wollte
eigentlich auch gar nicht mehr hier sein. Und wieder einmal spürte sie, dass
sie nicht wusste, wo sie hin sollte. Eigentlich fühlte sie sich hier nicht mehr
wohl, nicht mehr willkommen, und sie hatte gute Gründe gehabt, auszuziehen.
Sie hatte
vergessen, wie nett die eigene Privatsphäre doch gewesen war. Bevor… bevor die
ganze Sache mit Malfoy passiert war.
Sie
erschrak so sehr, als die Badezimmertür aufging, dass sie vor Schreck ihre
Tasche fallen ließ. Malfoys Stirn runzelte sich verblüfft. Er trug seine
Trainingshose und ein Muskelshirt. Er sah aus, als wäre es Sonntag oder
Nachmittag – und wieso war er nicht unten?!
Und es tat
weh, ihn zu sehen. Seine Haare waren noch feucht, und unschlüssig kratzte er
sich am Kopf.
„Du bist
nicht auf der Party“, sagte sie, um irgendetwas zu sagen und bereute schon
wieder, dass sie als erstes gesprochen hatte. Er blickte in Richtung Boden und
schien sie nicht mal ansehen zu wollen. Sie hob ihre Tasche hoch. „Ich wollte
nicht herkommen, aber ich dachte, wenn du nicht da bist, dann…“ Sie ließ den
Satz unbeendet.
„Hast du
Snape gesagt, dass ich Schuld bin?“, wollte er plötzlich wissen. Natürlich. Er
war immer auf seinen Ruf bedacht. Sie schüttelte nur den Kopf.
„Nein,
Malfoy. Ich habe Snape gar nichts gesagt“, erwiderte sie lautlos und hasste
sich dafür, dass es weh tat, mit ihm zu sprechen. Ihn zu sehen und zu wissen,
dass er noch genauso gut aussah wie vorher. Dass er geschlafen hatte, dass er
nicht geweint hatte, dass er einfach Malfoy war.
„Und du
hast dir also keine Gedanken darüber gemacht? Du ziehst aus, du legst den
Posten ab – ohne dass auch nur mit einem Wort mit Snape zu besprechen?“, fuhr
er sie wütend an. Sie spürte die Tränen, verdrängte sie aber tapfer. Für den
Moment wenigstens.
„Es geht
dich nichts an, oder? Ich werde schon mit ihm reden, und keine Sorge! Dein Name
wird nicht fallen!“, ergänzte sie bitter. Er verdrehte die Augen.
„Ja, sicher.
Du bist eine scheiß Lügnerin, Granger. Vielleicht kannst du Potter anlügen,
aber Snape ist nicht so dämlich!“
Sie
starrte ihn an. Er war so ein Arsch!
„Ich
hoffe, du fängst nicht an zu weinen“, sagte er kühl. „Es war ein Spiel,
Granger, und du hast verloren“, fügte er leichthin hinzu.
„Ja“,
bestätigte sie tonlos.
„Dann…
verschwinde endlich. Du wohnst hier nicht mehr“, erwiderte er schließlich. Und
sie schluckte schwer. Die letzten Wochen passierten Revue vor ihren Augen und
kamen ihr meilenweit entfernt vor.
Und für
einen flüchtigen Moment fühlte sie all den Schmerz, den er ihr zugefügt hatte.
Für einen Moment war der Schmerz aber nicht zu vergleichen mit der Leere, die
sie empfand, wenn sie nicht hier war. Hier, bei ihm. In ihren gemeinsamen Räumen.
Sie
wusste, es war die kluge Entscheidung, denn er brachte ihr nur Kummer. Liebe
sollte so nicht sein. Es sollte leichter sein. Sie sollte sich sicher fühlen
und nicht so, als könnte sie im nächsten Moment von der höchsten Klippe
geschubst werden. Von ihm.
„Gibt es…
irgendetwas Gutes in dir?“, wollte sie von ihm wissen, und seine Oberlippe
kräuselte sich verächtlich. „Irgendwas?“
„Mein
Blut, Granger“, erwiderte er tatsächlich, und ihre Mundwinkel hoben sich
freudlos. „Und du solltest endlich verschwinden“, fügte er gleichmütig hinzu.
„Weißt du,
warum ich dich liebe, Malfoy?“ Kurz stachen die Tränen in ihren Augen, und sie
hatte das Gefühl als wäre die Welt plötzlich verstummt, als warte alles nur
darauf, dass Hermine Granger diese absurde Tatsache erklärte.
Selbst
Malfoy war verstummt. Und unbewegt schien er sie anzusehen. Sie glaubte sogar,
dass er die Luft angehalten hatte, so reglos stand er vor dem Badezimmer.
„Wie du
Aufsätze schreibst ist… wundervoll.
Denn… du wärst kein Schulsprecher, würdest du den Unterschied nicht
kennen“, flüsterte sie. „Ich weiß, es ist dir egal, ob man reich ist oder arm. Reinblut oder Muggel. Und ich
weiß, Snape weiß, wer du bist. Und… auch wenn ich dich noch nie so erlebt habe,
wie du in deinen Aufsätzen bist – neutral, aufgeklärt, allwissend und gerecht –
so weiß ich, dass… wann immer ich mit dir gestritten habe, wann immer wir…uns
nahe waren,… dass alles andere nicht mehr so wichtig war.“
Er schwieg
noch immer und sah noch immer so aus, als hätte er kein Wort gehört. „Ich hatte
das Gefühl, du würdest mich verstehen. Ich hatte das Gefühl, du würdest… mich
mögen. Und ich weiß nicht, ich… will das nicht vergessen, Malfoy“, fuhr sie
fort. „Die Momente mit dir… ich habe noch nie so etwas gefühlt. Und ich weiß,
ich sollte mit Ron zusammen sein wollen. Es wäre so einfach gewesen. Nicht
wahr?“, hauchte sie. „Und… er hätte auch mein Kleid nicht zerstört. Aber… das
ist mir schon egal“, seufzte sie achselzuckend.
Und sie
sah, wie er die Augen schloss. Er zwang sich, ruhiger zu atmen, so schien es.
„Wieso
gehst du nicht endlich?“, brachte er gepresst hervor, ohne die Augen zu öffnen.
„Willst du
das?“, fragte sie vorsichtig, und seine grauen Augen schossen auf.
„Ja!“,
schrie er und kam näher. „Ja, verdammt, Granger! Spreche ich Koboldogack? Ja! Ich will, dass du gehst! Ich will, dass du
endlich verschwindest! Lass mich endlich in Ruhe, verpiss dich, geh zu deinem
heiligen Potter! Geh zu Zabini, oder Weasley oder keine Ahnung wohin! Geh zu
Snape, lass mich von der scheiß Schule werfen, weil ich dich geschlagen habe
oder vergewaltigt – lass dir was einfallen, aber geh! Geh einfach!“, schrie er,
während er näher gekommen war. Tränen rannen ihre Wangen hinab, und sie konnte
nicht atmen.
„Ich hasse
dich, Granger!“, rief er unglaublich laut, so laut, dass sie die Augen
schließen musste. „Ich hasse dich!“
Und als
sie die Augen öffnete stand er vor ihr. Und er wischte sich zornig die Träne
von der Wange, während er sie hasserfüllt anstarrte. „Zufrieden?“, knurrte er
rau. „Und ja, es ist wichtig, ob man reich ist oder arm. Es ist wichtig, ob man
ein Reinblut ist, Granger. Es ist wichtig, weil…
weil…“ Seine Brust hob und senkte sich heftig, während er sprach, und ihr Mund
hatte sich leicht geöffnet.
„Draco…“
„Nicht!“
schrie er jetzt. „Nein! Hör auf damit!“
„Du musst
nicht-“
„-hör auf,
zu reden, Granger!“, unterbrach er sie heiser. „Warum haust
du nicht endlich ab?! Was willst du von mir? Wieso bist du hier? Wieso… ich…
kann nicht…!“, brachte er kopfschüttelnd hervor, und eine weitere Träne löste
sich von seinen langen Wimpern und fiel auf seine Wange. „Ich… kann nicht…“,
flüsterte er kopfschüttelnd, ohne jeden Zusammenhang, und sie schlang ohne
weiter zu zögern die Arme um seinen Nacken und umarmte ihn fest.
Sein
Körper war so warm, sie roch sein Duschgel und klammerte sich an ihn, als würde
sie selber ertrinken, und sie spürte es. Sie spürte, wie sein Kopf auf ihre
Schulter sank, wie er nicht verhindern konnte, aufzuschluchzen, wie seine Hände
ihre Rücken fanden und sie näher an sich drückten. Tränen rangen sich aus ihren
eigenen Augenwinkeln, und sie schloss die Augen, während sie ihn hielt, während
sie auf Zehenspitzen vor ihm stand, und versuchte, Trost zu bringen.
Und es
verging eine Ewigkeit. Das einzige Geräusch war die Wanduhr und sein
unregelmäßiger Atem gegen ihre Schulter. Sie hatte ihn noch nie so gehalten,
und es war ungewohnt. Vorsichtig strichen ihre Finger durch seine dichten
Haare, spielten abwesend mit den Strähnen, während er sie noch immer nicht
losließ.
Sie hätte
ihn für immer so halten können, aber er hob schließlich den Kopf, und seine
Hände sanken wieder neben seine Seiten. Sie nahm ihre Arme zurück, und er fuhr
sich mit beiden Händen über die Augen.
Er hatte
geweint, und es brach ihr das Herz. Er war so wunderschön, und sie würde
sterben, wenn er jetzt wieder anfangen würde zu schreien, wenn er noch immer
wollen würde, dass sie ging.
Ehe sie
sprechen konnte, zuckte sie zusammen, als die Tür hinter ihnen aufflog. Auch
Draco erschrak und fuhr sich anschließend noch einmal über das Gesicht.
Sie wandte
sich hastig um, und Snape stand in der Tür.
„Warum
sind Sie nicht unten?“, sagte er schließlich, und sein Blick ruhte kurz auf
Draco, ehe er sich an sie wandte. „Sie… haben geweint?“ Und Hermine wischte
sich eilig über die eigenen Wangen.
„N…nein,
Sir“, log sie eilig. Und Snape wirkte kurz unschlüssig.
„Was geht
hier vor? Draco?“, wandte er sich wieder an ihn, und Hermine wusste nicht, was
sie sagen sollte.
„Wir kommen
sofort“, sagte Draco tatsächlich. Snape atmete entnervt aus.
„Sie haben
fünf Minuten, um sich umzuziehen. Und ich erwarte eine Erklärung für all das.
Morgen“, fügte Snape knapp hinzu, ehe er verschwand und die Tür wieder ins
Schloss fiel. Hermine atmete aus. Draco sah sie an. Das war fast gnädig von
Snape gewesen.
„Na los,
zieh dich um. Ich… brauche kein Kleid“, endete sie kleinlaut, aber er rührte
sich nicht. Sie musste den Blick senken, denn sie ertrug nicht, noch länger in
seine Augen zu sehen, wenn er sowieso nichts sagen würde.
Aus den
Augenwinkeln sah sie, wie er den Zauberstab aus seiner hinteren Tasche zog und
zum Fenster schritt, um es zu öffnen.
„Expecto Patronum!“,
sprach er, und ehe sie sich unwillkürlich fragen konnte, was wohl sein glücklicher
Gedanke war, öffnete sich ihr Mund sprachlos, als ein schneeweißer,
feingliedriger, mannshoher Drache aus der Spitze seines Zauberstabs brach und
sanft auf dem Steinboden landete.
Hermine
war vor Schreck zurückgewichen.
„Malfoy Manor“, befahl Draco dem Drachen ruhig, und dieser breitete
seine Schwingen aus und flog hinaus zum Fenster, von weißen Wolken umgeben.
„Malfoy!“,
flüsterte sie ungläubig. „Das… das… - weiß Snape das?“, sagte sie sofort, aber
Draco schüttelte knapp den Kopf. „Das Ministerium würde dich verpflichten! Du
könntest-“
„-nein“,
unterbrach er nur ihre Gedankengänge.
„Aber du
würdest-“
„-ich bin
auf Bewährung, Granger. Ich würde absolut gar nichts!“, endete er.
„Was? Wenn der Minister wüsste, dass dein Patronus
ein Drache ist-!“
„-dann
müsste ich erst die Prüfung zum Animagus ablegen, um
überhaupt irgendetwas tun zu können, und ich glaube nicht, dass das besonders
einfach ist.“
„Was?
Nein, aber McGonagall ist auch ein Animagus, sie kann
dir sagen, was-“
„-Granger,
sie ist nur eine Katze!“, unterbrach er sie harsch. Und Hermine war gar nicht
aufgefallen, dass sie wieder sprachen. Und sie fand es
unverschämt, dass er seine Gabe nicht verraten hatte! Einen Drachen als Animagus zu haben, war nicht nur unheimlich selten, es privilegierte
ihn außerdem noch dazu, ein Animagus zu werden, der
unter jeden Umständen vom Ministerium angestellt werden würden, um sämtliche
Arten von Auslandseinsätzen zu machen, sogar um artenübergreifend zu handeln!
Obwohl sie nicht ganz wusste, wie das funktionierte, und sie wusste auch nicht,
wie sich Drachen vermehren konnten – aber jedenfalls war es selten!
„Dein…
dein Vater war auch ein Drache?“, vermutete sie plötzlich. Er nickte nicht,
aber er sprach.
„Der Patronus meines Vaters war ein Drache, ja, aber er hat die
Prüfung zum Animagus nie abgelegt, weil er nicht an
das Ministerium mit irgendeinem Weltverbesserer-Auftrag gebunden sein wollte“,
erwiderte Malfoy nur.
„Aber…“
„Granger,
ich werde jetzt nicht darüber-“
Und die
Elfe erschien aus dem Nichts mit einem lauten Plopp und stürzte in einer
ehrfürchtigen Verbeugung auf den Fußboden zu Dracos Füßen.
„Master
Draco, Master Draco! Was soll Lowyn tun? Lowyn kam so schnell sie konnte! So schnell sie konnte!“,
jammerte das kleine Geschöpf, und Hermine hätte sie am liebsten in den Arm
genommen, zu klein und scheu war das Geschöpf vor ihr.
Und Draco
kniete sich vor die Elfe.
„Schon gut“, sagte er rau. „Geh in das große Schlafzimmer im ersten Stock, und
bring mir aus dem Schrank die silberne Kleidertasche“, erklärte er der
zitternden Elfe ruhig.
„J…ja,
Master Draco! Sofort, Master Draco!“ Die
Stimme der Elfe bebte beim Sprechen, und sie verschwand so schnell, wie sie
gekommen war.
„Was war
das?“, fragte Hermine verurteilend, sie konnte nicht anders.
„Das war eine meiner Elfen“, erwiderte er bitter.
„Ich sehe
schon. In eurem Haus gab es nie Kleidung geschenkt“, vermutete sie abschätzend.
„Nein“,
sagte er nur.
„Und was
genau ist in dieser Kleidertasche, wenn ich fragen-“ Aber Hermine zuckte wieder
zusammen, als die Elfe wieder zurückkam.
„Hier,
Master Draco! Bitte, Master Draco!“, keuchte das kleine Geschöpf und legte eine
Tasche vor ihm, von der Hermine gar nicht erst vermuten wollte, dass sie aus
Drachenhaut war!
„Danke, Lowyn“, erwiderte er ruhig, und das Geschöpf
starrte ihn an. Dann fiel die Starre von ihr ab.
„Ja, ja,
Master Draco! Immer, Master Draco!“ Und sie verschwand, ohne Hermine überhaupt angesehen
zu haben. Er bückte sich nach der Tasche und hielt sie ihr tatsächlich hin.
Argwöhnisch musterte sie ihn.
„Was ist
das?“
„Ein
Kleid, Granger“, erklärte er lakonisch. „Was sollte sonst in einer
Kleidertasche sein?“ Sie verdrehte die Augen.
„Das sehe
ich, aber… aber…“
„Es
gehörte meiner Mutter. Es ist sauber, es ist deine Größe, nehme ich an, und es…
es wäre mein Anliegen, dass du es heute tragen würdest“, schloss er, und ihr
Mund öffnete sich überrascht. Es war ihm was? Ein Anliegen?! Zögernd ergriff
sie den zarten Stoff der Kleidertasche, und ihre schlimme Drachenhaut-Vermutung
sah sich bestätigt. Sie sagte dazu allerdings nichts. Sie nahm an, er wusste
selber, wie widerlich sie es fand!
Sie
öffnete zaghaft den Reißverschluss der Tasche, und ein dunkelblaues kurzes
Kleid mit eingewebten funkelnden Steinen im Dekolleté-Bereich raubte kurz ihre
Aufmerksamkeit, und ihre vollkommene Unfähigkeit, ihm ihre Meinung zu sagen.
Sie
brauchte nicht fragen, um zu wissen, wie kostbar dieses Stück Stoff war!
„Es war Narzissas Lieblingskleid, auch wenn sie es nicht oft
getragen hat“, sagte er still. „Lucius fand es… nicht angemessen“, fuhr er
fort, und Hermine konnte den Blick nicht von den Steinen wenden. „Das sind
silberne Diamanten aus den Drachen-Mienen in Kroatien“, ergänzte er, falls sie
hatte fragen wollen. Aber sie wollte es gar nicht wissen, denn sie wusste, wie
teuer normale Diamanten waren. Silber-Diamanten gab es nicht mehr auf dieser
Erde!
„Draco,
ich-“
„-es ist
nur ein Kleid, Granger“, unterbrach er sie ruhig. „Und wir strapazieren Snapes
Geduld“, fügte er ruhiger hinzu.
„Danke“,
flüsterte sie nur. Sie hob den Blick zu seinem Gesicht. Sein Ausdruck war ihr
nicht zu deuten. Er war anders als sonst. Vorsichtiger als sonst, ausgewählter
als sonst. Kein Hass, kein Zorn. Nichts Negatives lag mehr in seinen grauen
Augen. Er sagte nichts weiter, und sie ging mit wackligen Knien in ihr altes
Zimmer, um sich umzuziehen. Nur die Schuhe lagen schon im Gryffindorgemeinschaftsraum.
Sie würde sie gleich noch holen müssen. Und sie ignorierte so gut es ging, ihr
Schulsprecherabzeichen auf dem Schreibtisch.
Es war
schon nach acht. Die Sonne versank langsam hinter den Bergen, stellte sie fest,
schlüpfte aus ihrer Schuluniform und betrachtete das feine Kleid, was sie auf
ihr altes Bett gelegt hatte. Es war wunderschön. Und es war wohl nichts, was
ein achtzehnjähriges Mädchen tragen sollte, oder sich überhaupt leisten konnte.
Sie würde auffallen. Ganz bestimmt, dachte sie, während sie das Haargummi
löste, und ihre Wellen weich über ihren Rücken fielen. Sie hatte sich nicht die
Mühe gemacht, sie zu glätten, also fielen sie heute so natürlich, wie es schon
lange nicht mehr der Fall gewesen war.
Als sie
nur noch ihr Höschen trug stieg sie vorsichtig in das trägerlose Kleid. Es
schmiegte sich nahezu augenblicklich an ihren Körper. Die Seide lag weich auf
ihrer Haut. Sie verschloss die winzigen Ösen und Haken, die sich scheinbar
tausendfach aneinanderreihten, aber es ging relativ schnell, alles zu
verschließen.
Sie besaß
zwar keinen Spiegel mehr, konnte ihren Anblick aber in der Scheibe betrachten.
Es lag eng an ihrem Körper, und auch in der Fensterscheibe funkelten die vielen
Steine verführerisch. Nur war sie noch barfuß.
Anscheinend
hatte sie doch länger gebraucht, denn er klopfte bereits an der angelehnten
Tür. Sie wandte sich um und strich noch einmal über den samtweichen Stoff des
Kleides.
Er trug
seinen Anzug und sah unglaublich schick darin aus. Er schien für solche Anlässe
geboren worden zu sein, stellte sie stirnrunzelnd fest. Alles saß perfekt, und
das Schwarz brachte seine hellen Haare noch deutlicher zur Geltung. Er konnte
sich sehr gut verkaufen. Fast seufzte sie auf, denn Draco Malfoy hatte sie
verzaubert.
Sie hatte
gesagt, dass sie ihn liebte. Es machte ihr fast keine Angst. Auch, dass er es
nicht erwidert hatte war nichts, wovor sie sich fürchtete.
Unsicher
blickte sie an sich hinab. „Und?“, fragte sie leise, aber er schüttelte nur den
Kopf. Sie wusste nicht, ob es ihm die Sprache verschlagen hatte, oder ob sie
tatsächlich abscheulich aussah, so dass er nicht mehr sprechen konnte. Sie
beschloss, es nicht zu hinterfragen. „Ich… brauche noch Schuhe. Die sind im Gryffindorgemeinschaftsraum, weil ich ja… ausgezogen bin“, murmelte
sie und deutete auf das leere Zimmer.
„Was?“,
fragte er ehrlich verwirrt, schüttelte erneut sanft seinen Kopf und gewann
wieder Fokus.
„Schuhe?“, wiederholte sie langsam. „Gryffindorgemeinschaftsraum?“
„Ok“,
sagte er nur, und mit der Geste eines perfekten Gentlemans bot er ihr seinen
Arm. Sie zögerte kurz.
„Ich bin
barfuß, Draco“, sagte sie und deutete auf ihre bloßen Füße. Er folgte der Geste
und nickte schließlich. Und er schloss den Abstand zu ihr. Ohne Zögern, ohne
eine Frage und hob sie auf seine Arme, ehe sie protestieren konnte. Ihre Arme
lagen fest um seinen Nacken, während er sie trug, als wöge sie nichts!
„Malfoy!“,
sagte sie warnend, als er sie aus ihrem alten Zimmer ihre Stufen hinab ins
Wohnzimmer trug. „Das habe ich so nicht gemeint!“ Aber er reagierte nicht auf
ihren Einwand. „Malfoy!“, wiederholte sie ungläubig, als er mit einer Hand die
Tür öffnete und mit ihr auf seinen Armen die Räume verließ.
Merlin sei
Dank war der Flur ausgestorben, und sie hätte jetzt auch einfach in seinen
warmen, festen Armen sterben können. Er trug sie durch den Flur, die Stufen
hinab, ohne ein Wort zu sagen. War sie doch so schwer, dass er nichts sagen
konnte? Dass er so schweigsam war, war das einzige, was sie beunruhigte.
Sie kamen
vor dem Gryffindorturm an. Und blöderweise standen McLaggen
und der andere Gryffindor, den sie vage als Thomas So-und-so einordnete immer
noch vor dem Portraitloch.
Oh Merlin…!
Die Jungen
sahen sie beide mit offenen Mündern an, und Hermine hätte vor Scham versinken
können.
„Hey…?“,
begrüßte Cormac sie beide verwirrt, und Hermine
nickte nur mit hochroten Wangen, als Draco das Passwort sagte, und das Portrait
aufschwang. Sie wollte gar nicht hören, was sich diese beiden jetzt
zusammenreimten.
Die
niederen Klassen befanden sich im Gemeinschaftsraum, und Hermine klammerte sich
an Dracos Nacken, denn was sollte sie sonst tun? Er machte keine Anstalten, sie
abzusetzen.
„Da
hoch!“, sagte sie eilig, und er wandte sich nach rechts, ohne die übrigen
Schüler zu beachten, die ihnen mit offenen Mündern und großen Augen
hinterherstarrten. „Ich kann laufen, weißt du?“, wagte sie einzuwerfen, aber
mit dem Fuß trat er den Schlafsaal der Siebtklässler-Jungen auf und setzte sie
erst ab, als sie eingetreten waren.
Sie konnte
nicht anders, als zu denken, dass er sich einfach nur schlichtweg unwohl
fühlte, und es schmerzte etwas in ihrem Innern, so zu denken. Sie beeilte sich,
den Karton unter Harrys hervorzuziehen, was beinahe unmöglich war, so schwer
war das Ding, ohne das Kleid zu beschädigen oder auch nur ein Staubkorn auf den
teuren Stoff kommen zu lassen.
Sie griff in die Tiefen des verhexten Kartons und brauchte eine
Minute, ehe sie ihre Schuhe fand. Erleichtert stellte sie fest, dass sie gut zu
dem Blau des Kleides passten, und als sie die Schuhe über ihre Füße zog war sie
fast so groß wie Malfoy selber. Er überragte sie noch um wenige Zentimeter, und
sie liebte es, endlich mal etwas größer zu sein, waren die Schuhe auch
lebensgefährlich, wie ihre Mutter es nannte.
Und er
nickte anerkennend. Sie konnte nur annehmen, dass es ihm gefiel, was sie trug.
Sie konnte auch nicht fassen, dass sie jetzt mit ihm im Gryffindorschlafsaal
der Jungen stand. Sie nahm ihren Mut zusammen und kam langsam auf ihn zu, bis
sie einen halben Meter vor ihm inne hielt.
Er sah auf
sie hinab. Sie bemerkte erst jetzt, dass sie überhaupt kein Makeup trug! Sie
musste aussehen wie ein Troll, durchfuhr es sie beschämt. Sie senkte unbewusst
den Blick, damit er keine Bemerkung darüber machen konnte.
„Danke…
für das Kleid“, sagte sie, damit diese furchtbare Stille aufhörte.
„Du hast
dich schon dafür bedankt“, erwiderte er, und sie konnte nicht sagen, ob er
gereizt oder neutral klang. Es war so schwer bei ihm zu unterscheiden. Entnervt
hob sie den Blick, denn mit ihm war es wie bei einer tickenden Zeitbombe, die
jede Sekunde explodieren –
… er hatte
den Abstand geschlossen, ehe sie den Gedanken abschließen konnte, und seine
Lippen verschlangen ihren Mund hungrig und fast verzweifelt.
Seine
Hände griffen hart um ihre Taille, zogen sie fest an sich, und sie öffnete für
ihn ihre Lippe, damit seine Zunge in ihren Mund gleiten konnte, als hätte sie
nie etwas anderes getan! Er stöhnte ungehalten, und ein angenehmer Schauer rann
ihre Wirbelsäule hinab.
Tausend
Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch, und sie konnte sich nicht mal
aufhalten, als ihre fahrigen Finger sein Jackett von seinen Schultern zerrten.
Sie wusste
nicht, warum es passierte, aber sie wollte ihn unbedingt spüren. Seine Hände
umfingen ihr Gesicht, fast zärtlich, und er küsste ihre Lippen, als wäre es ein
Abschied. So lange und sanft, während sie verrückt wurde unter seinen
Berührungen.
Sein
Jackett war auf dem Boden gelandet, und schon zog sie sein Hemd aus der
schwarzen Anzughose.
„Hey,
hey…“, hielt er sie behutsam auf, fing ihre Hände ab, und sie sah ihn an, mit
großen, waidwunden Augen, die sie von sich schon kannte, und sie war in dieser
Sekunde höchst verwundbar, denn… wenn er sie ablehnen würde…! Draco Malfoy
stand vor ihr und strich eine braune Locke hinter ihr Ohr. Auch nur die
leiseste Berührung von ihm, ließ sie erschaudern und sie befeuchtete ihre
Lippen.
Sie
versank in seinen grauen Augen, hob ihre Hände zu den Seiten seines Gesichts
und zog ihn vorsichtig zu sich hinab.
Er ließ es
zu, ohne den blickkontakt zu brechen, und sie küsste seinen Mund erneut. Ihre
Lippen rutschten zwischen seine Lippen, und sie strich mit ihrer Zunge über
seine volle Unterlippe. Sie hörte ihn unterdrückt stöhnen.
Und dann
öffnete er seinen Mund, gewährte ihr Einlass, und sie presste sich enger gegen
ihn, als sie ihre Zunge verlangend in seinen Mund gleiten ließ. Seine Hände
griffen um ihre Taille, und sie spürte, wie seine Finger zu den vielen Haken
und Ösen glitten.
Er
beendete den Kuss. „Hmm“, sagte er und betrachtete
mit gerunzelter Stirn die Seite des Kleids. Sie befürchtete, dass er sie nicht
mehr wollte, oder dass er das Kleid zerstören würde, aber er hielt seine Hand
Zentimeter über den Verschluss, und sie spürte plötzlich eine seltsame Macht.
Er
zauberte zauberstablos, und ein goldener Schimmer ging von seinen Fingerspitzen
aus, als sich die Ösen, ein nach der anderen, von selber öffneten. Ihr Mund
hatte sich fasziniert geöffnet, und sie fragte sich, ob wirklich nur Reinblüter
ohne Zauberstab zaubern konnte, aber… der Gedanke verflüchtigte sich schnell,
als sie spürte, wie das Kleid ihren Körper hinabzugleiten drohte.
Sie hob
den Blick zu seinem Gesicht, und ein Ausdruck war auf seine Züge getreten, den
sie nur als wohlwollend und ehrfürchtig deuten konnte. Wieder schloss sie den
Abstand zu ihm, ehe das Kleid fallen konnte, verschloss seinen Mund und zog
anschließend das Hemd aus seiner Hose. Ihre Finger öffneten ein paar der
Knöpfe, aber zog es schließlich ungeduldig über seinen
Kopf.
Ihre Hände
glitten über seinen schönen, muskulösen, bloßen Körper, während sich seine Hand
um ihren Nacken schlang, um den hungrigen Kuss zu vertiefen. Sie zog ihn mit
sich zurück. Gegen welches Bett sie stießen wusste sie gerade nicht, aber sie
nahm an, es war Harrys. Es stand am nächsten zur Tür, aber sie dachte darüber
weiter nicht nach, als plötzlich genug Luft zwischen ihnen war, dass das
wunderhübsche Kleid zu Boden fallen konnte.
Ihr Herz
schlug verräterisch schnell, und sie hatte plötzlich Angst. Angst, dass er
immer noch nein sagen würde, dass er sie immer noch ablehnen könnte, aber er
betrachte sie mit den neugierigen Augen eines Jungen, und seine Hand fuhr
behutsam über ihren flachen Bauch. Sie hielt vor Angst die Luft an. Er sagte
gar nichts, senkte plötzlich den Kopf und küsste ihr Schlüsselbein. Sie schloss
die Augen vor Aufregung, denn anscheinend sagte er nicht nein!
„Granger,
ich…“, murmelte er gegen ihre warme Haut, aber sie schüttelte den Kopf.
„Shht, nein. Nicht sprechen, Draco“, befahl sie heiser, zog
ihn mit sich zurück auf die Matratze, und er fiel über sie, verharrte vor ihren
Lippen.
„Du bist…
so verdammt schön“, flüsterte er rau, und sie ertrank in seinen grauen Augen,
während ihr Herzschlag wieder schneller wurde. Und sie wusste, er sagte das
bestimmt zu allen Mädchen. Als hätte sich mit diesen Gedanken ein Schatten über
ihr Gesicht gelegt, reagierte er sofort. „Was? Was ist?“, fragte er sofort, die
Augen verengt. Aber sie wollte nicht sprechen. Sie wollte das hier! Sie wollte
ihn! Egal, wie absurd und unlogisch es war!
Und sie
wollte es nicht mit dem Gedanken versauen, dass er schon hunderte gehabt hatte!
Sie
schüttelte nur den Kopf, und ihre Finger glitten zu seiner Hose, begannen den
Gürtel zu öffnen, aber er hielt sie auf.
„Willst du
mich nicht?“, flüsterte sie erstickt, denn er hatte sich aufgerichtet, war auf
denen Knien zwischen ihren Beinen auf dem Bett.
„Bist du
verrückt?“, erkundigte er sich ernsthaft und öffnete zögernd den Gürtel, den
Reißverschluss und schien ihre Reaktion zu beobachten, als er die Hose mitsamt
der Shorts seine Beine hinabschob. Seine Erektion war hart und pulsierte steif
in der Luft. Ihr Mund öffnete sich, denn sie hatte so etwas noch nie gesehen.
Sie
stützte sich auf die Ellenbogen, und ihre Hand schnellte vor, um sich um seinen
Schaft zu legen. Fast brach er bei der Berührung über ihr zusammen, schloss
keuchend die Augen, und umfing ihre Hand mit der seinen. „Granger, verdammt!“,
keuchte er. „Langsam, oder ich…“ Er schluckte hart, als er mit größter
Beherrschung ihre Hand zu führen begann, wie er ihr zeigte, wie sie zu pumpen
hatte, und Erregung löste ihre Panik ab. Wie er reagierte, nur weil sie ihn
berührte!
Und all
die Dinge, die sie sonst schon in Erzählungen widerlich fand, wollte sie
plötzlich alle mit ihm ausprobieren! Sie wollte ihn berühren, sie wollte ihn
spüren, sie wollte… ihn ganz. Und sie schämte sich kaum für diese Gedanken!
Sie wollte
ihn sogar schmecken, auch wenn es ihr Angst bereitete.
Sie sah
gespannt zu, wie sich ein Tropfen von der Spitze löste, und ehe sie nachdenken
konnte, schnellte ihr Kopf vor, und sie leckte den Tropfen mit der Zunge fort.
Sofort schnellte sein Kopf zurück, und sie hob so tapfer sie konnte ihren Blick
zu seinen aufgerissenen Augen.
„Granger,
ich…“, stammelte er zusammenhanglos, und es entstand eine Pause. Eine Pause, in
der er nicht wusste, ob er sie wohl aufhalten sollte, ihr die Chance geben
sollte, zu übersehen, dass sie das gerade getan hatte, aber… der Mut überkam sie
plötzlich. Sie war Hermine Granger, versessen darauf, zu lernen. Also beugte
sie kurzerhand den Kopf vor und nahm seine Spitze in ihren Mund. Es dehnte ihre
Mundwinkel, und er keuchte über ihr auf, griff sofort in ihre Haare und zog sie
sanft zurück.
„Was… was
zur Hölle tust du!“, keuchte er, und seine Brust hob und senkte sich sehr
unregelmäßig.
„Ich…“,
begann sie unschuldig, und er schüttelte den Kopf.
„So läuft
das nicht! Ich… ich kümmere mich um dich! Du musst das nicht tun, nur weil du
denkst…!“, begann er außer sich, aber sie spürte, wie sich ihre Mundwinkel
hoben.
„Halt den
Mund, Malfoy“, sagte sie lächelnd, und er gab ihre Haare frei. Er fluchte so
freizügig, dass sie rot wurde, als er sich kaum beherrschen konnte, nicht
weiter in ihren Mund zu stoßen, als sie ihn wieder aufnahm. Es war so…
unglaublich beflügelnd! Sie wusste, dass sie alles von ihm würde verlangen
können! Es war nicht so unangenehm, wie sie angenommen hatte! Ihre ganzen
Ängste vor Oralsex, Blowjobs oder wie man es eben
nannte, verflogen mit jeder Sekunde mehr. Mit jeder Sekunde, in der er ihre
Aufmerksamkeiten voll und ganz zu genießen schien.
Sie
testete, wie weit sie ihn aufnehmen konnte, aber sie nahm an, es war nicht
besonders tief. Es ging nicht, sie spürte, dass sie sonst würde würgen müssen,
aber es schien ihm egal zu sein, denn er knurrte tief.
„Hör auf,
oder ich komme gleich, und das willst du nicht!“, knurrte er rau und zog sich
zurück. Ihr Herzschlag hatte sich verdoppelt, und sie spürte einen gewissen
Stolz in der Brust, denn wie er sie ansah, war… unbezahlbar. Der Hunger sprach
aus all seinen Poren, und er schob sie ungeduldig an den Schultern zurück auf –
tatsächlich Harrys – Bett.
„Ich
hoffe,… es tut nicht weh“, flüsterte er rau neben ihrem Ohr, als er sanft ihr
Höschen ihre Beine hinab schob, ihre Innenoberschenkel streichelte, und sie
starb innerlich vor Ungeduld! Sie war so bereit für ihn, und es war ihr egal,
wie weh es tat! Wirklich!
„Bitte…“,
flüsterte sie heiser und zog ihn zu einem Kuss heran. Er kam der Aufforderung
nur zu gerne nach, ließ seine Zunge in ihren Mund gleiten, strich an ihrer
entlang, und sie spreizte die Beine für ihn. Es war unglaublich, wie wenig sie
störte, wo sie war und was sie hier tat! Sie wollte einfach nur ihn! Sie wollte
ihn spüren, sie würde noch zerspringen vor Lust!
Sie merkte
wie er sich vor ihrem Eingang platzierte. Sie vertiefte den Kuss, wollte nicht
weiter darüber nachdenken, und seine Hände krallten sich in ihre Hüften, als er
Zentimeter um Zentimeter in sie stieß, sie dehnte, sie ausfüllte, und… der
Schmerz, auf den sie wartete, blieb aus….
Er
unterbrach den Kuss, sah sie an, lehnte seine Stirn gegen ihre, und sie sah
hinauf in seine grauen wunderschönen Augen. Er verharrte völlig still in ihr.
Sie gewöhnte sich langsam an seine Größe, und wusste… es war passiert.
Draco
Malfoy war in ihr! Sein warmer Körper war über ihr, sein Duft hüllte sie völlig
ein, und sanft überwand sie den Abstand zu seinen Lippen. Es fühlte sich so…
richtig an, sie konnte es nicht anders sagen! Und erst als er sich wieder
zurückzog spürte sie einen winzigen Stich. Nicht schmerzhaft, nicht lange. Und
dann war es vorbei. Kraftvoll stieß er wieder in sie, und alle ihre Nerven
reagierten auf ihn.
Mit jedem
Stoß spürte sie, wie sie sensibler für seinen Rhythmus wurde, und begegnete ihm
schließlich. Keuchend küsste er ihren Hals hinab, murmelte irgendwelche
Liebkosungen in ihre Haare, aber sie musste den Kopf zurücklegen, als sie es
plötzlich spürte. Als sie spürte, wie es sich in ihr aufbaute. Und sie hatte
nicht damit gerechnet, dass sie so fühlen würde!
Nach dem
ernüchternden Gespräch mit ihrer Mutter, hatte sie angenommen, Frauen empfänden
so gut wie nie Höhepunkte, aber… oh Merlin! Was für eine Lüge! Sie spürte es!
Ihre
Finger krallten sich in das Laken unter sich, während lustvolle Geräusche ihren
Mund verließen, die sie vorher noch nie von sich gehört hatte.
Er
reagierte auf sie, pinnte sie härter gegen die Matratze, und der süße Schmerz mischte
sich mit der Lust, mit den Höhen ihres ersten Orgasmus‘, den sie bei ihrem
ersten Mal haben würde, und es war unglaublich! Sie keuchte auf vor
Überraschung, klammerte sich an ihn, legte die Beine um seine Hüften, und er
kam in derselben Sekunde, stöhnte ihren Namen in ihr Ohr und wurde ruhiger über
ihr.
Sie hörte
ihren Herzschlag in ihren Ohren leiser werden und strich abwesend durch seine
dichten Haare, kitzelte seinen Nacken mit ihren Fingerspitzen, und träge hob er
den Kopf aus ihrer Halsbeuge. Er betrachtete sie kopfschüttelnd, als wäre er
verwundert, dass sie noch immer da wäre.
Sie hielt
ihn umschlungen mit ihren Armen, ihren Beinen.
„Ich...“,
begann er rau, aber sie strich ihm eine Strähne zurück.
„Ich liebe
dich“, flüsterte sie, und er mied ihren Blick und nickte lediglich. Er konnte
es nicht sagen. Sie wusste es. Aber… es war nicht ganz so schlimm, nahm sie an.
„Soll ich es nicht sagen?“, fragte sie still, aber er hob den Blick wieder zu
ihrem Gesicht. Er schüttelte den Kopf.
„Nein, du…
kannst es sagen“, erwiderte er ungewöhnlich verhalten. „Wir sollten
runtergehen“, schloss er langsam. Sie nickte nur. „Oder… willst du noch hier
liegen und… wir…?“
„Kuscheln?“, beendete sie den Satz mit
einem kleinen Lächeln. „Nein, schon gut. Wir sind sowieso zu spät.“ Er
entfernte sich aus ihr, stand vom Bett auf, und sie war froh, dass sie kein
Siebtklässler hier überrascht hatte. Aber… alle Siebtklässler waren ja unten
auf der Feier.
Sie würde
ins Bad müssen.
„Du…
weißt, wie man einen Verhütungszauber anwendet?“, fragte er jetzt wohl
sicherheitshalber und verschloss seine Hose.
„Ja,
Malfoy“, erwiderte sie, ohne ihn anzusehen. Sie bereute es nicht. Keine Sekunde
davon. Aber sie hatte Angst, dass… dass es nicht noch einmal passieren würde.
Hatte es ihm nicht gefallen? Vielleicht war sie ihm zu unerfahren? Sie wusste
keine Antwort darauf und stieg in ihr Kleid. „Das zu verschließen dauert
ohnehin noch. Wieso gehst du nicht schon mal vor?“, schlug sie ihm also
seufzend vor.
„Ich soll
vorgehen?“, wiederholte er. „Bist du sicher?“, fügte er unschlüssig hinzu, und
sie verdrehte die Augen. Sie verstand. Er war nicht gut mit netten Worten nach
dem Sex.
„Geh
schon, du Esel“, sagte sie lächelnd, und er sah sie kurz verwirrt an. Dann
nickte er.
„Oh,
Malfoy?“, hielt sie ihn schließlich noch am Türrahmen auf, und er wandte sich
langsam wieder um. „War… war es gut?“, fragte sie letztendlich doch, denn sie
war Hermine Granger. Ihre Stimme war am Ende der Frage unüberhörbar höher
gerutscht. Sie hatte ein wenig Angst vor seiner Antwort, würde sie denn
überhaupt eine bekommen. Aber sein Blick nahm keine arrogante oder spöttische
Note an, als er antwortete.
„Ohnegleichen“,
erwiderte er ernst. Sie tauschten noch einen Blick. Oh, er war so schwer zu
deuten! Also… hatte es ihm gefallen? Und sie vermied es, die nächste Frage zu
stellen, die in ihrem Herzen brannte.
Würde es
dabei bleiben? War es nur… einmal, weil sie sein Mitleid geweckt hatte? Konnte
er ihr noch mal in die Augen sehen, wenn er erst einmal gegangen war?
Aber sie
sagte nichts weiter und senkte den Blick.
Er ging,
ohne ein weiteres nettes Wort. Sie war allein.
~*~
Er betrat
die Große Halle und hielt sofort Ausschau.
Nach
irgendwem, der es ihm würde ansehen können, und ihn sofort von der Schule
werfen lassen würde. Er wusste, er hatte sich verhalten wie ein Arschloch! Aber
sie hatte ihm keine Chance gelassen! Sie hatte es unbedingt gewollt! Sie hatte
ihn in ihren verdammten Mund genommen, verflucht! Er war bereit, das zu seiner
Verteidigung auszusagen, überlegte er dumpf.
Er hätte
anders sein können! Aber sie hatte ja nicht gewollt, dass er noch länger blieb!
Er lockerte die Krawatte, denn er hatte Probleme, zu atmen. Und langsam verlor
der Zauber, der ihn nüchtern werden ließ die Wirkung, und er fühlte sich etwas
schlapp.
„Wo warst
du?“ Pansy erschrak ihn bis ins Mark.
„Was?“, fuhr er sie abwesend an, und sie verdrehte die Augen.
„Das
Buffet ist so gut wie leer geräumt, Draco! Du verpasst alles! Sogar den
Schokoladenbrunnen!“, ergänzte sie böse. Er nickte nur. „Und wo ist Granger?“,
fragte sie jetzt weniger enthusiastisch.
„Kommt
gleich“, erwiderte er und behielt die Halle weiter im Blick.
„Also habt
ihr gesprochen?“, schloss sie aus seinen Worten.
„Mhm“, machte er nur, und Pansy seufzte auf. Sie schien
böse oder enttäuscht oder… ach, was wusste er schon, was Pansy war?!
Todesser-Masche…
Potters Worte spukten in seinem Kopf rum wie ein böser Geist. Er hatte keine
Todesser-Maschen.
„Draco?“
Anscheinend hatte Pansy ihn etwas gefragt, und nun sah sie wirklich höchst
gereizt aus.
„Was,
Pansy?“, knurrte er und sah sie an. Sie erwiderte seinen Blick. Und für einen
Moment glaubte er, Panik in ihren Potter-grünen Augen aufblitzen zu sehen.
„Oh nein. Was hast du getan?“, flüsterte sie plötzlich. Sie schüttelte langsam
den Kopf, ohne ihn sprechen zu lassen. „Ich kenne diese Blick, Draco Malfoy!“,
sagte sie tonlos.
„Was
willst du von mir?“
„Was hast
du mit Granger gemacht?“, fuhr sie ihn an. Draco lachte hart auf.
„Was
denkst du? Dass ich sie vom höchsten Turm baumeln lassen, während ich es mir
auf der Party gemütlich mache?“, wollte er übertrieben humorlos von ihr wissen,
aber sie verdrehte die Augen.
„Du hast
mit ihr geschlafen, oder?“
Pansy traf
immer ins Schwarze. Und das mit so viel Präzision, dass er manchmal keinen
Konter parat hatte. Immer noch hielt ihn ihr zorniger Blick gefangen. „Und du
hast sie sitzen gelassen“, schloss Pansy fast verzweifelt und brach den
Blickkontakt. „Sie wird zu Potter gehen. Oder Weasley!“ Das schien eine
grauenhafte Aussicht für Pansy darzustellen. Draco runzelte die Stirn. Was war
das für eine Sache mit Weasley und Pansy?! „Sie wird…“ Aber Pansy sprach nicht
weiter. Etwas am Eingang hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. „Ihr… Kleid…?!“, entfuhr es Pansy entgeistert, und Draco fiel ein, dass
Pansy das Kleid kannte. Seine Mutter hatte es vor einigen Jahren auf ihrem
Geburtstag getragen, und Pansy hatte sie mit Komplimenten überschüttet.
„Entschuldige
mich.“ Er ließ Pansy stehen. Eilig durchschritt er die Halle.
Bevor er
Granger erreichen konnte, hatten es Weasley und Potter schon getan.
„Alles in
Ordnung?“, vernahm er Potters leise Stimme, als er näher kam.
„Hey“,
sagte Draco einfach und unterbrach somit das Gespräch des Trios. Hermine hob
den Blick. Hatte sie geweint? Hatte sie nicht geweint? Merlin, seine
Handflächen wurden feucht.
„Hey“,
erwiderte sie gleichmütig. Er hatte nur Augen für sie. Potter und Weasley waren
ihm scheiß egal. Keine Todesser-Masche. Er hatte sie nicht sitzen gelassen! Er…
sie hatte gewollt, dass er ging!
„Hermine,
woher hast du das Kleid?“, entfuhr es der kleinen Weasley, die einfach neben
ihn getreten war. Und er sagte nichts, erfand keine Ausreden und sah sie
einfach nur an. Kurz schien sie in seinen Augen nach einem Vorwand zu suchen.
Einem Befehl, dass er wollte, dass sie log aber er sah sie einfach nur an.
„Ich… ähm…
es gehörte Dracos Mutter“, sagte sie schließlich, und er spürte Potters Blick
auf sich. Rechtschaffener Bastard, dachte Draco zornig.
„Oh?“,
erwiderte die kleine Weasley mehr als überrascht. Hermine sah ihn immer noch
an. Sag etwas! Irgendwas. Egal, was, Draco! Sein Blick fiel auf ihre hohen
blauen Schuhe.
Und
plötzlich hoben sich seine Mundwinkel unwillkürlich. Granger runzelte die
Stirn, als sie es bemerkte. Gerade fiel ihm ein, dass… sie im Schlafsaal der
Gryffindors gewesen waren. Und dass sie auf dem Bett grandiosen Sex gehabt
hatten, unter dem Granger ihren Karton mit Sachen versteckt hatte.
Er musste
also davon ausgehen, Sex mit Granger auf Potters Bett gehabt zu haben.
Und nichts
war so unpassend, wie jetzt zu lachen, aber er konnte gar nicht anders.
„Was?“,
wollte sie von ihm wissen, und er musste sein Lachen schon hinter seiner Hand
verstecken. Er schüttelte abwehrend den Kopf.
„Anscheinend
haben Sie noch etwas zu lachen, Draco“, bemerkte Snape säuerlich hinter ihm,
und er konnte das Lachen auf ein grinsen minimieren. „Schön, dass endlich beide
Schulsprecher die Zeit gefunden haben, der Party hier beizuwohnen.“ Snapes
Blick versprach nichts Gutes. „Mr Filch
hat mich informiert, dass nicht Peeves das Chaos im Pokalzimmer veranstaltet
hat, sondern Sie, Draco“, sagte er knapp. Dracos Grinsen schwand. Woher wusste Filch das? Lag es an der verdammten Katze?!
„Nein, hat
er nicht“, sagte Granger sofort. Draco warf ihr einen kurzen Blick zu, aber sie
sah Snape entschlossen an.
„Hat er
nicht?“, wiederholte Snape gefährlich ruhig.
„Nein, er
war bei mir“, erwiderte sie. Snapes Stirn runzelte sich.
„Professor
McGonagall sagte mir, sie hätte ihn und Mr Potter im
Pokalzimmer angetroffen, als-“
„-das war
danach! Harry war da… wegen Peeves! Und Draco wollte mit Harry reden wegen… nun
ja, wegen… uns“, sagte sie selbstsicher. Snape atmete langsam aus. Kurz verengten
sich seine Augen. Draco nahm an, wahrscheinlich erkannte Snape das verdammte
Kleid. Snape hatte es seiner Mutter schließlich extra zum Geburtstag besorgt.
Deswegen hatte es sein Vater nie leiden können. Snape sagte Merlin sei Dank
nichts Entsprechendes, schenkte ihm nur einen weiteren Blick, den Draco nicht
deuten konnte.
„Die
ersten Vertrauensschüler sagten mir, dass niemand in den Räumen der
Schulsprecher war, als-“
„-wir
haben gelogen!“, mischte sich Pansy ein, als sie dazu getreten war.
„Was?“,
zischte Snape ungehalten.
„Ja, wir…
wollten nichts sagen, weil…“ Sie wandte sich hilfesuchend an Weasley.
„Weil es die Schulsprecher sind!“, sprang Weasley zu Hilfe und nickte ungelenk.
Snapes
Augen verengten sich. „Vielleicht wird es nicht gern gesehen, dass die
Schulsprecher…“ Weasley machte eine ausladende Handbewegung.
„… ein
Paar sind“, schloss die kleine Weasley schließlich, und Dracos Mund öffnete
sich eine Spur ratlos. Snape schloss entnervt die Augen.
„Was?“, wiederholte
er wieder und schüttelte anschließend den Kopf. „Es könnte mir nicht egaler
sein, wer von Ihnen unreifen Bälgern ein Paar ist oder nicht! Diese
Verschwörung werde ich schon noch lösen, und ich denke… ich mache keinen
Fehler, wenn ich allen fünfzig Punkte abziehe!“
Aber das
ließ Draco mäßig kalt. Aber immerhin taten sie alle so, als würden sie betreten
auf den Fußboden blicken.
Snape ließ
sie alle mit einem letzten genervten Blick stehen.
„Na, das
lief besser als ich dachte“, bemerkte die kleine Weasley.
„Sehr gut
geschaltet, Weasley“, fügte Pansy spöttisch hinzu.
„Oh
bitte!“, knurrte Weasley, aber er sah Pansy länger in die Augen als unbedingt
nötig.
„Wirklich?
Weasley, Pansy?“, entfuhr es Draco mehr als ungläubig. „Was war es? Die
Hochwasserhosen? Der nicht vorhandene Reichtum?“, fuhr er fort, aber Pansy
bedachte ihn mit erhobener Augenbraue. Ja, ja… - halt die Klappe, Draco. Er
wusste es.
Jetzt
standen sie zu sechst in der Runde, und Draco sah sie wieder an. Potter atmete
unschlüssig aus.
„Und jetzt
was?“, fragte Potter tatsächlich, und auch Weasley wirkte nicht glücklich.
Draco hatte andere Sorgen als unangenehme Momente. Er hatte sich bei ihr nicht
entschuldigt. Hatte sich nicht bedankt. Er hatte gar nichts getan, außer sich
zu verhalten wie ein Arschloch. Er machte einen Schritt auf Granger zu, und
Potter und Weasley schienen nur unter großen Schmerzen zusehen zu können, denn
sie stöhnten unterdrückt auf.
Er ergriff
ihre Hände, und sie schien mehr überrascht darüber als ihre Freunde.
Sie lagen
angenehm warm in seinen kühlen Händen.
„Granger,
ich…“ Er sah sie an, denn er konnte nicht wegsehen! Er hatte am ersten Tag
nicht wegsehen können, und er konnte es jetzt immer noch nicht. Und zum ersten
Mal war es scheiß egal, was alle anderen dachten! Sein Atem ging wieder
flacher, denn mit aller Macht stieg ihm das Bild ihres Körpers in den Kopf.
Ihrer Lippen um seinen Schwanz, ihrer Augen. Ihrer schönen dunklen Augen, die
jeden seiner Bluffs durchschauen konnten….
Und es war
ihm egal! Es war ihm scheiß egal, dass jeder sehen konnte, dass er Hermine
Granger verfallen war!
Er zog sie
an den Händen näher, bis sie fast gegen ihn stolperte, und er schlang seine
Hand um ihren Nacken, griff fest in ihre dunklen Locken und schloss den Abstand
zu ihren Lippen und ignorierte ihre Augen, die sich vor Schreck geweitet
hatten.
Seine
Lippen trafen auf ihre, und es fühlte sich so befreiend an, dass er alles
vergaß. Sein Mal schmerzte nicht mehr. Gar nichts schmerzte ihn mehr!
„Oh bitte
nicht!“, hörte er Potters Stimme, aber Draco hatte nicht vor Granger allzu
schnell wieder herzugeben. Allerdings stemmte sie sanft ihre Hände gegen seine
Brust. Unwillig ließ er von ihren Lippen ab, aber ihr verschleierter Blick
sagte ihm, dass es ihr gefallen hatte.
Einige
weitere in der Großen Halle starrten sie mittlerweile an. Er rückte nicht von
ihr ab, hielt einen Arm um ihre Taille gelegt, und sie versank in seinen Augen,
so kam es ihm vor. Er neigte den Kopf zu ihr, und spürte, wie sie die Luft
anhielt.
„Lass uns
gehen“, murmelte er in ihr Ohr, und spürte, wie sie gegen seine Wange lächelte.
„Malfoy“,
sagte sie mit spielerischer Warnung, aber er hatte nicht vor sie loszulassen.
„Ginny,
lass uns gehen, bevor mir schlecht wird“, war alles, was Potter noch sagte.
„Ja, das
gleiche gilt für mich“, bemerkte Pansy. „Weasley, kommst du?“
„Es war
Potters Bett, oder?“, flüsterte Draco in ihr Ohr, und musste wieder grinsen,
als er in ihre Augen sah. Und sie hatte den Anstand rot zu werden, als sie nickte.
„Ja“,
bestätigte sie leise. Und sie musste auch lachen.
„Weasley?“
Pansy wartete entnervt, während Weasley einen Blick mit Hermine tauschte. Und
Weasleys Mundwinkel hoben sich, als er scheinbar gottergeben mit den Achseln
zuckte.
„Na komm,
Parkinson“, sagte er schließlich, riss sich von Hermines Anblick los und
ergriff tatsächlich Pansys Hand, die plötzlich starr vor Schreck wurde. „Angst
mit mir gesehen zu werden?“, vermutete Weasley laut, und Pansys Mundwinkel
hoben sich leicht. Und tatsächlich schüttelte sie den Kopf. Draco bemerkte wie
Lavender Brown vom Rand der Halle hasserfüllte Blicke auf Pansy schoss.
„Komm“,
wiederholte er rau und zog Granger einfach mit sich. Sie folgte ihm und
versuchte, mit ihm Schritt zu halten.
„Wohin
gehen wir?“ Sie klang etwas argwöhnisch.
„Angst mit
mir gesehen zu werden?“, wiederholte er Weasleys Worte mit spöttischem
Ausdruck, und sie zuckte die Achseln neben ihm.
„Ein
wenig“, bestätigte sie lächelnd, und er schüttelte den Kopf.
„Frech,
Granger“, erwiderte er. „Ich… wir sollten über ein paar Dinge reden“, sagte er
schließlich, und ihr Ausdruck nahm eine panische Note an.
Er zog sie
mit sich durch die Eingangshalle, wieder die Stufen nach oben und fand, er hatte
sich in der Halle äußerst gut geschlagen. Er war nicht ausgerastet, Potter war
nicht ausgerastet – würde er aber wahrscheinlich noch, sobald er mitbekam, dass
er mit Granger auf seinem Bett geschlafen hatte, und überhaupt!
Er hatte Sex mit Hermine Granger
gehabt…!
Merlin… -
damit hatte er nicht mehr gerechnet. Und er wusste nicht, warum er plötzlich um
alle Worte verlegen war, die ihm hätten einfallen können. Er war es nicht
gewohnt, mit ihr zu reden, ohne sich unterschwellig zumindest im Ansatz zu streiten.
Es schien die Grundlage jeder ihrer Gespräche gewesen zu sein, und jetzt fand
er sich, etwas verloren, auf neuem Terrain wieder.
Als er sie
wieder vor ihre Räume gebracht hatte, ließ er ihre Hand los. Er musste, um die
Tür mit dem verdammten Passwort zu öffnen, was sie clever ausgesucht hatte.
„Lucius Malfoy“, sagte er still, und ihm
wurde klar, wie gut sie sich gegenseitig verletzen konnten. Er merkte, wie sie
neben ihm den Kopf senkte. Die Tür schwang auf, und die Räume hatten plötzlich
etwas weniger feindliches an sich. Er wusste, er kam nicht hierher, während sie
bereits auf ihn wartete, um ihn anzuschreien.
Er kam mit
ihr hierher. Und er glaubte, sie waren noch niemals zusammen durch die Tür
geschritten, außer am allerersten Tag, als McGonagall ihnen die Räumlichkeiten
gezeigt hatte.
Erst vor
wenigen Stunden, hatte er sich hier mit Granger angeschrien, hatte ihr
befohlen, zu verschwinden, hatte sie… schlecht behandelt. Er atmete leise aus,
während er wieder ihre Hand ergriff, was sie wohl tatsächlich erschreckte, denn
er spürte, wie sie leicht zusammenzuckte, als er es tat. Aber er ignorierte
diese ungewohnte Geste und tat so, als wäre es ganz natürlich. Er schloss mit
der anderen Hand die Tür und führte sie zur Couch und bedeutete ihr, sich
zusetzen.
Sie folgte
sogar der Aufforderung, und er setzte sich neben sie, um sie anzusehen.
Und er
wusste nicht genau, wie man sich verhielt. Er wusste, er wollte bei ihr sein,
er wollte seine Zeit mit ihr verbringen, aber er wusste nicht recht, wie.
„Malfoy-?“,
entfuhr es ihr fragend, aber er schüttelte sachte den Kopf.
„Shht“, sagte er nur, lehnte sich zurück und beschloss,
etwas auszuprobieren. Er hob seinen linken Arm, legte ihn um ihre Schulter und
zog sie an sich, so dass ihr Kopf gegen seine linke Schulter lehnte. Er roch
den Duft ihrer Haare und spürte sie atmen.
„Du musst
das nicht machen“, sagte sie schließlich.
„Granger,
halt den Mund. Ich will das machen“, erwiderte er lächelnd.
„Malfoy-“
„-was?“, unterbrach
er sie ruhig, während er auf die verglühte Asche im Kamin starrte. Und er
wusste, was. Sie hatte gerade ihr
erstes Mal mit einem kompletten Vollidioten gehabt. Und er sprach es nicht mal
an. Er entschuldigte sich nicht, er fragte nicht, wie es ihr ging. Er könnte
sich selber ins Gesicht schlagen, aber er wusste nicht, wie er fragen sollte!
Was er sagen sollte, denn er fragte nie nach solchen Dingen! Es machte ihm zu
viel Angst, dass sie sagen könnte, dass es furchtbar gewesen war!
Er wusste,
das war es wahrscheinlich nicht, denn er hatte noch genug Selbstvertrauen
übrig, um zu wissen, dass sie ihn nicht lieben würde, wäre der Sex schlecht
gewesen.
Sie liebte ihn….
Er wandte
den Kopf, um sie ansehen zu können, und sie hob den Blick zu seinen Augen.
Merlin, sie war verflucht schön! Fast zu schön, als dass er sie überhaupt
ansehen durfte, befand er mit klopfendem Herzen.
Sein
linker Arm rutschte tiefer um ihre Taille und drückte sie näher an sich. Er senkte
den Kopf auf ihre Lippen und spürte, wie sie die Luft anhielt, als er sie
küsste.
Kaum
hatten sich seine Augen geschlossen, löste sie sich wieder von seinen Lippen,
und er sah sie an.
„Draco“,
murmelte sie jetzt etwas benebelt, „ich… muss kurz ins Bad“, fügte sie hinzu.
Er runzelte die Stirn.
„Warum?“,
fragte er, denn seine Erektion war tatsächlich bereits wieder ungeduldig
geworden. Aber sie lächelte schwach.
„Der
Zauber. Ich habe vorhin vergessen ihn auszuführen“, gestand sie ihm leise ein.
Er sah sie immer noch verständnislos an. „Der Verhütungszauber“, ergänzte sie
eindringlich und verdrehte die Augen. Er nickte langsam, wandte kurz den Blick
wieder Richtung Kamin und ließ sie nicht los.
„Draco-?“
„Nein“,
unterbrach er sie nachdenklich.
„Nein?“,
wiederholte sie verständnislos, und er nickte langsam, bis er sie wieder ansah.
„Mach den Zauber nicht“, sagte er fest. Ihre Augen weiteten sich.
„Was?!“ Sie starrte ihn an. „Ich verstehe nicht, was-“
„Du
verstehst nicht, was ich sage?“, vergewisserte er sich mit erhobener
Augenbraue, und sie nickte wieder verstört.
„Wie wäre
es, wenn wir nicht verhüten, Granger?“, wiederholte er die Worte deutlicher.
„Was?“,
entfuhr es ihr wieder, und sie machte sich von ihm los. „Wieso sagst du das? Weil
du keine Lust hast, dass ich eine Minute im Bad verschwinde? Weil du es so
dringend willst, dass dir die Konsequenzen egal sind?“
Er atmete
ruhig aus. Und es war erstaunlich, wie ruhig er wirklich war!
„Teilweise“,
räumte er ein, und sie wirkte immer noch vollkommen panisch. „Aber man muss den
Zauber direkt nach dem Sex durchführen. Das… hast du vergessen, also wäre es
jetzt ohnehin zu spät“, erläuterte er, noch ruhiger. Merlin, wieso war er so
ruhig? Wieso war er sich so sicher mit ihr? Und wieso hatte er keine Angst?!
„Was?“,
flüsterte sie tonlos, und er ruckte mit dem Kopf.
„Man hat
nicht unbegrenzt Zeit, verstehst du?“
„Dann…
dann muss ich zu Madame Pomfrey, sie hat bestimmt
einen Trank für solche… für solche Situationen! Musste noch kein Mädchen wegen
dir-?“ Sie beendete die Frage Merlin sei Dank nicht. Er hob spöttisch eine
Augenbraue.
„Nein, Granger. Ich kann auf mich aufpassen“, erklärte er knapp. Sie lachte
freudlos auf.
„Und ich
nicht, willst du damit sagen?“
„Ich hätte es vorhin einfach tun sollen“, sagte er, mehr zu sich selbst. „Aber…
weißt du, ich finde es nicht schlimm“, fügte er fast behutsam hinzu, als müsste
er die Worte erst selber austesten.
„Nicht schlimm?“, wiederholte sie,
fast hysterisch. „All die Zeit, die wir hier mit reden vergeuden, könnte ich
dafür nutzen zu Madame Pomfrey zu gehen!“
„Ja, das
klingt nach einem netten Gespräch“, erwiderte er nickend, während sie
aufgestanden war.
„Merlin! Bist du verrückt geworden, Draco Malfoy?!“, fuhr sie ihn an, aber er
zuckte die Achseln, als er sich ebenfalls erhob und vor ihr stand.
„Ist dir
klar, dass die Konsequenz von nicht verhüten eine Schwangerschaft sein kann?“
Ihre Stimme zitterte beim Sprechen. Und kurz runzelte sich seine Stirn. Nein.
Kein Anflug von Panik. Kein gar nichts! Seltsam…
„Ja“,
erwiderte er also, und sie starrte ihn wieder an.
„Du
willst, dass ich… schwanger werde?“, kam es schwach über ihre Lippen.
„Nein, ich
will das nicht, aber… ich fände es…. Wohl nicht besonders tragisch, wenn es so
wäre“, sprach er seine neuen, seltsamen Gedanken aus.
„Wir sind
neunzehn“, wagte sie anzumerken, und er nickte.
„Ich
weiß“, bestätigte er, und seine Ruhe schien sie wahnsinnig zu machen.
„Wieso
bist du nicht panisch? Wieso reagierst du nicht so wie ich?“, schrie sie ihn
plötzlich an. Er hob resignierend die Arme.
„Ok, wir gehen zu Madame Pomfrey, Granger, obwohl-“
„-obwohl,
was?“, unterbrach sie ihn herrisch.
„Obwohl
ich glaube, dass sie sich an Snape wenden wird, wenn wir schleunigst einen
Trank brauchen“, schloss er, und Grangers Ausdruck wich reinem Horror.
„Nein“,
flüsterte sie kopfschüttelnd. „Das kostet unsere Posten!“, fügte sie hinzu.
„Du hast
deinen doch sowieso aufgegeben“, bemerkte er geflissentlich, und sie starrte
ihn an.
„Ja, aber
es wird dich deinen kosten!“, schnappte sie zornig. Und er ruckte mit dem Kopf.
„Also?“,
fragte er, und sie schüttelte wild den Kopf.
„Nein! Ich
werde bestimmt nicht entscheiden, ob es vernünftig wäre, unsere Posten
aufzugeben, damit wir einen Verhütungstrank bekommen, Malfoy!“, rief sie
wütend.
„Hör zu,
es damit nichts zu tun!“, sagte er lediglich.
„Nein?
Glaubst du wirklich, ich möchte mit neunzehn schwanger von dir sein?“; fuhr sie
ihn an. „Meine Mutter würde mich umbringen! Und wer würde mich einstellen, wenn
Hogwarts vorbei ist, wenn ich…-“
„Granger
um Gold musst dir nun wirklich keine Gedanken machen“, sagte er leichthin.
„Du bist vorbestraft! Und auf Bewährung!“, schrie sie, während sie kleine
Kreise durch das Wohnzimmer schritt. Er watmete laut aus.
„Also? Zu Snape?“, fragte er jetzt, eine Spur gereizter, und sie sah ihn wieder
an.
„Wieso würdest du auf den Trank verzichten? Nur damit du nicht hier ausziehen
musst?“, wollte sie plötzlich wissen, aber er musste tatsächlich lachen.
„Nein, Granger“,
erwiderte er kopfschüttelnd. „Es ist mir scheißegal, wo ich wohne“, bemerkte er
knapp. Und sie war so unheimlich wütend. „Ich dachte nur…“, begann er langsam,
„dass ich keine Familie mehr habe, und… dass die Idee, eine Familie zu gründen
mir keine Angst macht. Zumindest nicht… nicht mit dir“, schloss er, und sein
Herz schlug laut in seiner Brust. Großartig. Er könnte auch seine gesamte
Unterwäsche am Flaggenmast der Schule hissen. Das wäre ähnlich demütigend. Und
sie sah ihn sprachlos an.
„Wir sind
neunzehn“, wiederholte sie fast verzweifelt. „Meine Eltern-“
„-deine
Eltern, was? Du kannst bei mir einziehen. Du kannst mein Gold haben. Du
kannst…“ Er hob unentschlossen die Arme, während sie ihn weiterhin ansah, als
hätte er den Verstand vollkommen verloren.
„Du willst
eine Familie mit mir gründen und hast noch nicht ein einziges Mal in deinem
Leben meinen Vornamen benutzt“, erwiderte sie beunruhigend nüchtern.
„Darum
geht es?“, wollte er wissen, während er näher kam.
„Nein! Nein, natürlich nicht, Malfoy! Es geht darum, dass… dass das vollkommen
verrückt ist! Wäre ich schwanger, wer garantiert mir, dass wir in neun Monaten
noch zusammen sind?“
Und sie
wurde plötzlich rot. „Wenn wir das jetzt überhaupt sind! Ich meine, du bist… du
bist nicht gerade… treu oder… bekannt für Beziehungen oder….“ Sie hob
verzweifelte die Arme, als er vor ihr stand.
„Ich will
dich, Hermine“, sagte er rau, und sie sah ihn mit großen, glasigen Augen an.
„Nur dich. Und das solltest du mittlerweile wissen. Und wenn wir Hogwarts
verlassen, denkst du wirklich, ich lasse dich auch nur einen einzigen Tag aus
meinen Augen?“
„Malfoy,
ich-“
„-ich habe
dich gefunden, und ich werde dich behalten. Und wenn ich deinen Eltern ein
Sonett schreiben muss, es ist mir scheiß egal.“
„Also… sind
wir zusammen?“, flüsterte sie, und eine Träne stahl sich tatsächlich aus ihrem
Augenwinkel.
Draco
verdrehte die Augen. „Was denkst du, Granger?“, murmelte er spöttisch, während
er den Abstand schloss und ihre Lippen küsste, bevor sie protestieren konnte.
Seufzend lehnte sie sich gegen seine Lippen, und seine Hände umschlossen ihre
Taille, hoben sie beinahe vom Boden, so wenig wollte er sie noch einmal
loslassen.
Ihre Hände
lagen um seinen Nacken, und Hermine Granger küsste ihn, wie er noch nie geküsst
worden war.
Zaghaft
öffneten sich ihre Lippen unter seinen, und ihre Zunge strich spielerisch an
seine hinab, und jede ihrer Bewegungen ließ ihn willenloser werden.
Und er
wusste, er würde sie gleich hier auf dem Boden nehmen, wenn sie ihn nicht
aufhalten würde. Also beendete er den Kuss, der noch so viel mehr versprach,
und sah sie wieder an.
„Ich
besorg dir den Trank, wenn du willst“, murmelte er, und sie öffnete die Augen.
„Wieso
du?“
„Weil wir
nicht beide Ärger kriegen müssen, Granger“, erklärte er. Und sie lächelte
plötzlich.
„Ich komme
mit dir. Ich möchte gerne mit dir zusammen Ärger kriegen“, erklärte sie. „Ich…
liebe dich“, fügte sie sicher hinzu, und diese Worte… diese Worte wärmten etwas
in ihm, was schon so lange so verflucht kalt war. Und er konnte es nicht sagen.
Er wusste nicht, warum, aber er wollte, dass diese Worte bei ihm so viel
bedeuteten wie bei ihr, wenn sie es sagte, also nickte er einfach, und zog sie
wieder zu sich, um ihre Lippen zu verschlingen.
Er schob
seine Zunge in ihren Mund, wollte sie schmecken, und sie reagierte so
verlangend, dass es seinen Verstand benebelte, wie sehr er sie wollte.
Und er resgitrierte, wie ihre Finger sein Hemd aus seiner Hose
zerrten.
„Granger“, flüsterte er rau gegen ihre Lippen und schüttelte den Kopf.
„Wir… gehen doch sowieso zu Snape. Also… warum nicht?“, erwiderte sie und
öffnete hastig seine Knöpfe. Er ließ es geschehen, und er wusste, er war nicht
stark genug, um ihr irgendetwas abzuschlagen.
Ihre
Lippen krachten wieder aufeinander und sie taumelten zurück gegen die Tür.
Schon hatten ihre Hände seine Hose geöffnet, und er griff fest um ihre Taille,
um sie hochzuheben. Ihre Beine schlangen sich automatisch um seine Hüften, und
er schob das feine Kleid, weiter ihre Schenkel nach oben.
Er stutzte
für eine Sekunde, und seine Erektion sprengte beinahe seine Shorts.
„Granger“,
knurrte er rau, und ihr Ausdruck wirkte unschuldig, als ihre Arme um seinen
Nacken lagen, und er musste sich schwer beherrschen. „Wieso zur Hölle trägst du
keine Unterwäsche?“, raunte er unbeherrscht. Kurz trat Röte in ihre Wangen, und
oh Merlin, er wollte sie!
„Ich hab
sie im Schlafsaal nicht mehr gefunden“, erwiderte sie, und sie biss sich auf
die Unterlippe.
Zu viel!
Schlicht und ergreifend zu viel für ihn. Er zerrte seine Shorts die Beine hinab
und stieß nach vorne in ihre unglaubliche Enge, in ihre unglaubliche Hitze, die
feucht auf ihn zu warten schien. Verflucht! Sie lief die ganze Zeit ohne ihr
Höschen durch das verdammte Schloss!
Sie
stöhnte haltlos auf, als er mit ihr zurück gegen die Tür krachte.
Gott, es
fühlte sich unglaublich an! Sie hatte ihm bereits gefehlt. Und er versuchte
wirklich, sanfter mit ihr umzugehen, aber die Töne und Laute, die sie von sich
gab, machten ihn verrückt. Er konnte leider nicht anders, als härter in sie zu
stoßen.
Und sie
schien absolut nichts dagegen zu haben, denn sie krallte sich in seine Haare
und stöhnte seinen Namen, und aus ihrem Mund klang es wie ein Gebet.
Er liebte
es!
…
Er liebte sie…!
~*~
„Chrm chrm“, hörte er Pansy dieses
Mal lauter rufen, aber er war damit beschäftigt, Granger schmutzige
Kleinigkeiten ins Ohr zu flüstern.
„Oh, zur Hölle noch mal, Malfoy!“ Das war Weasley, und mit einem leisen Lachen schob
Granger ihn von sich weg.
„Schon gut!“, sagte sie lauter.
„Es wäre wirklich nett, wenn die ersten Vertrauensschüler es nur einen Montag
lang schaffen würden, bis zum Ende des Treffens durchzuhalten“, knurrte Pansy,
und Granger neben ihm wurde herrlich rot. Orgasmus-Rot nannte er es, wenn er
sie ärgern wollte.
„Ja,
Pansy“, erwiderte Granger ergeben.
Draco
liebte es, wie Weasley zornig neben Pansy stand, und absolut nichts weiter tun
konnte, als zu akzeptieren, dass er und Granger heute zweimonatiges hatten. Ein
Lächeln stand seit heute Morgen auf Dracos Zügen, und es würde nicht weggehen.
Er
betrachtete seine wunderschöne Freundin von der Seite, während sie versuchte,
eifrig mitzuschreiben, was auch immer Pansy vorne von sich gab. Sie trug den
Ring. Jeden Tag. Er glaubte nicht, dass sie ihn auch nur zum Schlafen ablegte.
Er hatte ihn ihr vor zwei Monaten zum Geburtstag geschenkt. Er hatte ihr nicht
gesagt, dass das feine Band aus glitzernden Steinen aus Diamanten bestand. Dann
hätte sie den Ring wahrscheinlich sofort abgelegt und weggeschlossen. Oder
verkauft, um einen Elfen-Hilfsprogramm auf die Beine zu stellen.
„Haben das
alle verstanden?“, dröhnte Pansys Stimme wieder an sein Ohr. „Draco?“, fuhr sie
gereizt fort, und er hob wieder den Blick.
„Sicher,
Miss Schulsprecherin“, erwiderte er lächelnd. Pansy sah ihn genervt an, aber er
war sich auch sicher, auch Pansy legte niemals ihr funkelnagelneues Abzeichen
ab, selbst beim Schlafen nicht.
Und es
amüsierte ihn, dass Weasley sein Abzeichen irgendwo draußen verloren hatte.
Snape war so wütend gewesen, dass er Weasley kein neues Abzeichen hatte
einräumen wollen, egal, wie oft sich dieser bereits entschuldigt hatte.
„Gut.
Morgen früh bekommen wir unsere Zeugnisse. Morgen früh verabschieden wir uns von
den anderen Schülern, der Lehrerschaft, und dann beginnt die Freiheit!“, rief
Pansy aus. „Habt also alle noch eine nette letzte Nacht hier auf Hogwarts“,
erklärte sie, während sich Weasley näher zu ihr lehnte, um ihr irgendwas ins
Ohr zu flüstern.
Auch Weasley
und Pansy waren seit zwei Monaten zusammen, und die Tatsache, dass sie sich
drei Räume und ein Badezimmer teilen mussten, hatte dem keinen Abbruch getan.
Es war das einzige, was Draco wirklich bereute. Dass er und Granger nun nicht
mehr die Privatsphäre ihrer drei Räume genießen konnten. Aber er hatte
erwartet, dass Snape ihn von der Schule werfen würde, als sie beide zu ihm
gegangen waren, um einen Trank für Granger zu besorgen.
Stattdessen
hatte er wortlos eine Flasche des vorgebrauten Tranks abgefüllt und Granger
gegeben, hatte sie informiert, dass sie damit keine Schulsprecher mehr wären,
ihre Sachen packen und die Räume verlassen sollten, und die Posten an Pansy
Parkinson und Ronald Weasley überreicht werden.
Es hatte keine
Ansprache gegeben, es hatte nicht mal wirklich Ärger gegeben.
Hätte es
Draco nicht besser gewusst, dann hätte er gedacht, dass Snape sogar
einverstanden damit wäre, dass er mit Hermine Granger zusammen war.
Aber so
viel Empathie wollte er seinem Patenonkel kaum unterstellen. Und seitdem… war
er Granger keinen Tag von der Seite gewichen. Nicht einen. Und seine Meinung
hatte sich noch immer nicht geändert. Würde sie schwanger werden…, dann würde
sie eben schwanger werden.
„Können
wir gehen?“, erkundigte sich Draco, während er bereits aufgestanden war.
„Ja, ja“,
rief Weasley über die Schulter, und Granger erhob sich neben ihm auch
kopfschüttelnd.
„Du hast
es sehr eilig“, bemerkte sie mit einem wissenden Lächeln.
„Ich… will
noch einen Platz bekommen“, sagte er achselzuckend.
„Neben
Harry?“, vermutete sie grinsend, aber er schüttelte nur den Kopf.
„Was?
Nein, wieso sollte ich unbedingt neben Potter… sitzen wollen?“, verlangte er zu
wissen und wusste schon, dass sie ihn durchschaut hatte. Miststück. Er
quittierte ihr Lächeln mit dem Verdrehen seiner Augen. „Fein! Ok, er bekommt
den neuen Besen, und ich will verdammt noch mal der erste sein, der ihn Probe
fliegen darf!“, knurrte er knapp.
„Hm…, was
wenn ich was anderes geplant habe?“, bemerkte sie mit einem besonders
verführerischem Ausdruck, und sein Mund öffnete sich kurz.
„Hermine,
stell mich nicht vor diese Entscheidung!“, flehte er beinahe.
„Tu ich
nicht…“, erwiderte sie rau, und er hasste sie. Hasste sie dafür, dass sie ihn
immer in ihrer Hand haben würde. Die anderen verließen den Klassenraum neben
ihnen, während er sie näher an sich brachte.
„Du bist
ein verdammtes Miststück, Granger“, murmelte er, völlig bereit alle Potters mit
allen Rennbesen dieser Welt für sie sitzen zu lassen.
„Hey, Ron,
Malfoy!“
Und er
sah, wie Hermine lächelnd die Augen verdrehte. „Jungs“, murmelte sie
kopfschüttelnd und gab ihn frei.
Potter
stand im Türrahmen, ein langes Paket im Arm, und er und Weasley ließen ihre
Freundinnen zurück.
„Verflucht!
Der Nimbus 2020!“, rief Weasley neben ihm verzückt aus, und Potter stopfte die
Verpackung in den Mülleimer neben der Tür.
„Ich nehme an, die Herren wären an einem Probeflug vor dem Abendessen
interessiert?“, erkundigte sich Potter grinsend, und Draco wusste, es herrschte
seit einer Weile ein Waffenstillstand, oder etwas Ähnliches, zwischen ihnen.
Sie taten
es für Hermine. Sie kamen beide miteinander zurecht, weil es für Hermine
einfacher war. Und er würde niemals – auch an seinem letzten Tag nicht – zugeben,
dass Harry Potter vielleicht nicht so ein dämliches Arschloch war, wie Draco
gedacht hatte.
„Definitiv!“,
erklärte Weasley nickend.
„Malfoy,
ich lasse dich sogar zuerst fliegen, bedenkt man, dass ich dich in der
Verteidigung gegen die Dunklen Künste Prüfung um zehn Punkte geschlagen habe“,
bemerkte Potter spitz.
„Neun,
Potter. Neun Punkte. Und vielen herzlichen Dank!“, entfuhr es ihm grinsend,
denn er konnte kaum erwarten, mit diesem Stück Edelholz durch die Luft zu
fliegen.
„Seid
pünktlich!“, rief Pansy mahnend hinter ihnen her, und Weasley nickte ihr eilig
zu.
„Stehst
unterm Pantoffel, hm?“, erkundigte sich Draco scheinheilig, und Weasley
schenkte ihm einen eindeutigen Blick.
„Oh ja.
Gut, dass du bei euch beiden das Sagen hast, oder Malfoy?“, konterte Weasley
glatt, und Draco beschloss, darauf nichts zu erwidern.
„Pansy
erinnert mich an deine Mutter, Ron“, entgegnete Potter jetzt behutsam, während
sie das Klassenzimmer verließen, und Weasley stieß Potter hart in die Seite.
„Ha ha, wie witzig!“, knurrte Weasley.
Unauffällig
wandte Draco noch einmal den Kopf zurück. Granger sah ihm lächelnd nach. Er
wusste, es gefiel ihr, dass er mehr Zeit als nötig mit Weasley und Potter
verbrachte.
Und er
würde es nicht zugeben, aber… es gefiel ihm auch.
Manchmal….
„Ach,
heute Abend gibt es eine kleine private Abschlussparty in den Räumen der
Schulsprecher“, sagte Weasley, als sie auf dem Weg nach draußen waren. „Und…
Zabini ist nicht eingeladen“, fügte er hinzu. Draco hob den Blick. „Wär schon,
wenn… du kommst. Mit Hermine“, schloss Weasley, ohne ihn anzusehen.
Die drei
Jungen gingen schweigsam den Flur entlang.
„Ich… ja.
Gerne“, erwiderte er schließlich, ohne Weasley anzusehen. „Danke“, rang er sich
trocken ab und hörte Potter ausatmen.
„Du willst
mit ihr zusammen ziehen, nach Hogwarts, oder?“, fragte Potter jetzt, und keiner
von ihnen sah sich an.
„Das ist
der Plan“, bestätigte Draco nickend.
„Weißt
du…, vielleicht bist du doch nicht so ein absolut dämliches Arschloch, wie ich
gedacht habe“, bemerkte Potter neben ihm kopfschüttelnd.
„Vielen
Dank“, erwiderte Draco lakonisch, und Weasley räusperte sich laut.
„Ich werde
mich auch beim Ministerium bewerben. Pansy meint, es wäre besser, als bei
George im Laden zu arbeiten, wenn wir eine Zukunft haben wollen.“
Draco und
Potter tauschten einen kurzen Blick. „Oh, hört schon auf! Eure Noten sind
besser, ja! Ich habe nicht die gleichen – Harry, hör auf zu lachen!“, knurrte
Weasley, und auch Draco versteckte sein Grinsen. „Pansy ist nicht wie meine Mutter!“
Weasley
schnaubte auf, lächelte dann aber. „Immerhin werden eure beiden Freundinnen
auch Auroren. Das heißt, ihr werdet sie
vierundzwanzig Stunden am Tag sehen.“
„Müsste
ich Pansy vierundzwanzig Stunden am Tag sehen, würde ich auch kündigen“, bemerkte
Draco bitter.
Und
seltsamerweise bekam er das Grinsen nicht mehr von seinem Gesicht.
~*~
Sie war
eher verschwunden nach dem Essen. Draco hatte sie aufhalten wollen, aber sie
hatte im gesagt, er solle sie in einer halben Stunde auf der Karte der Rumtreiber
suchen. Draco hatte wohl schon von Potters Karte gehört, und er schien ziemlich
erpicht darauf zu sein, einen Blick auf sie zu werfen.
Deswegen
hatte sie die halbe Stunde Vorsprung, die sie brauchte.
Sie hatte
überall Kerzen aufgestellt. Sie wusste, Ron plante eine Abschlussparty in
seinen Räumen, und sie hatte auch vor, dort mit Draco aufzutauchen, aber zuerst
wollte sie ihm eine kleine Freude machen, dafür, dass er – ohne es zu merken –
den Großteil seines Tages mit Harry und Ron verbrachte, sich sogar von Harry
hatte breitschlagen lassen, im Ministerium als Auror
anzufangen.
Er hatte
sich mit Snape zusammen gesetzt und Einzelheiten besprochen, seine Bewährung im
Ministerium bereits geklärt, und würde in den ersten sechs Monaten das Theorie-Studium
der Auroren vorziehen, um anschließend praktische
Prüfungen ablegen zu können.
Sie würde
es ihm zu Liebe genauso machen. Sie wusste nicht, wie lange ihre Beziehung
halten würde, aber sie wusste, dass sie Draco Malfoy nicht wieder her geben würde, solange es in ihrer Macht lag.
Die
Meerjungfrau aus Mosaik-Steinen sah ihr interessiert zu, als Hermine nur noch
in ihrem Morgenmantel durch das Badezimmer der Vertrauensschüler eilte, um
Schalen mit Erdbeeren aufzustellen und den Champagner in den Kelter zu legen,
den sie freundlicherweise von den Elfen bekommen hatte.
„Wenn du…
gleich dann bitte deinen Blick abwenden würdest?“, bat sie die Meerjungfrau,
von der sie nicht sicher war, dass sie sie wirklich verstehen konnte, aber
diese betrachtete sie aus ihren blauen Glasaugen, bevor sie lächelnd die
gläsernen Haare über die Schulter warf und unbewegt nach draußen blickte.
Wahrscheinlich
tat sie Hermine den Gefallen.
Sie drehte
die Hähne zu, denn die Wanne war ausreichend mit Wasser und buntem Schaum
gefüllt. Sie zog den Morgenmantel aus, legte ihn über die Handtuchwagen und
stieg langsam in das warme Wasser hinab.
Sie hatte
gerade noch Zeit, sich auf die Steinbank zu setzen, eine Erdbeere zu naschen,
und zwei Gläser mit Champagner zu füllen, als sich die Tür zum Bad öffnete.
„Hallo
Draco“, begrüßte sie ihn und versuchte, verführerisch zu klingen. Unbewegt
stand er in der Tür. „Schließ hinter dir ab“, befahl sie leise, und er tat wie
ihm geheißen.
Er blieb
fasziniert vor der Wanne stehen und ihr galt seine gesamte Aufmerksamkeit. Ein
Lächeln zerrte an ihren Mundwinkeln, und sie erhob sich aus dem weichen Schaum.
Sein Blick glitt sofort wohlwollend über ihren nackten Körper und sie hielt ihm
das Champagner-Glas entgegen.
„Mr Malfoy, wenn Sie die Güte hätten, sich jetzt
auszuziehen?“, erkundigte sie sich, und er musste grinsen.
„Wie ich
sehe, machst du solche Pläne mittlerweile ohne mich?“, vermutete er, während er
seinen Pullover über den Kopf zog, achtlos fallen ließ und auch aus seiner Hose
stieg.
Sie liebte
seinen Körper so sehr! Er sah so absolut perfekt aus. Das Spiel seiner Muskeln
im Kerzenlicht schickt einen Schwall Feuchtigkeit zwischen ihre Beine. Noch
immer stand sie in der Wanne, hielt sein Champagner-Glas auffordernd in die
Höhe, und er kam ebenfalls die Stufen hinab.
Als er nun
ebenfalls nackt vor ihr stand griff er sich das Glas, um mit ihr anzustoßen.
„Du bist
ziemlich durchtrieben“, stellte er fest, nachdem sie einen Schluck getrunken
hatten. „Potter war nicht gerade begeistert, als wir dich im Badezimmer der
Vertrauensschüler entdeckt hatten“, fuhr er fort, und Hermine spürte, neben der
Hitze des Bads, auch die Röte in den Wangen. Richtig, wahrscheinlich hatte
Harry Draco über die Schulter geguckt, als Draco sie gesucht hatte. Egal….
Harry hatte wohl seinen größten Schock erhalten, als er Hermines Höschen unter
seinem Bett entdeckt hatte.
Und das
hatte er auch überlebt.
„Ich lerne
vom Meister“, erklärte sie süffisant, und er schloss den Abstand, um sie zu
küssen.
„Hm… Erdbeeren“,
murmelte er gegen ihre Lippen, und sie zog ihn mit sich zur Steinbank. Sie
wollte nämlich nicht die Kontrolle verlieren, nur weil sie ihm sofort verfallen
war, sobald er ihr zu nahe kam. Sie nahm ihm sein Glas ab, stellte es auf den
Wannenrand und wartete, bis er sich gesetzt hatte.
„Bevor wir
auf Rons Party gehen, möchte ich, dass wir unseren letzten Abend auf Hogwarts
genießen, Malfoy“, benutzte sie nach einer Weile seinen Nachnamen. Sie fühlte
sich sicherer, seinen Nachnamen zu benutzen, wenn sie vorhatte, schmutzige
Sachen mit ihm zu machen.
Vielleicht
lag es daran, dass es das ganze unpersönlicher machte, wenn sie seinen
Nachnamen verwendete; dass auch sie sich vorstellen könnte, sie wäre jemand
anders, der so etwas tagtäglich machte.
Noch immer
war diese Ebene für sie mehr als ungewohnt. Sie konnte sich nicht vorstellen,
noch jemals mit wem anders zu schlafen als mit Draco Malfoy, aber sie glaubte
nicht, dass er das wusste. Sie wusste auch nicht, wie sie so etwas zu ihm
sagte, oder was er dachte.
Er hatte
noch nicht gesagt, dass er sie liebte, und sie hatte auch damit aufgehört, es
zu sagen. Es war so ein einseitiges Gefühl, auch wenn sie wusste, dass er
einfach nur noch nicht bereit dafür war.
Sein Blick
war von ihrem Körper wie magnetisch angezogen, und es kribbelte selbst in ihren
Zehen angenehm, wenn er sie so ansah.
„Alles,
was du willst“, murmelte er rau. Sie kam näher, griff sich eine Erdbeere aus
der Schale und hielt sie ihm vor die Lippen. Er aß sie aus ihren Fingern,
küsste danach ihre Fingerspitzen, und sie musste lächeln.
„Ich
möchte…“, begann sie zaghaft, aber er hing wie gebannt an ihren Lippen. „Ich
will, dass du die Augen schließt. Und ich will nicht, dass du sie aufmachst!“,
sagte sie fest. Und kurz stahl sich ein Lächeln auf seine Züge, ehe er ergeben
die Augen schloss und den Kopf zurücklehnte.
Denn sie
schämte sich nämlich. Sie schämte sich, dass sie überhaupt so fordernd war, ihn
hier her bestellte und vorhatte, die Führung zu übernehmen. Das war bisher
nicht vorgekommen, und… es schüchterte sie ein. Sie watete durch das Wasser auf
ihn zu, griff eilig nach ihrem Champagner-Glas und leerte es in einem Zug. Sie
brauchte genügend Mut hierfür.
Rittlings
setzte sie sich auf ihn, spürte sofort, wie seine Erektion auf die Nähe
reagierte, und er biss stöhnend auf seine Unterlippe. „Bist du sicher, dass ich
die Augen zulassen soll, Granger?“, vergewisserte er sich rau, aber sie nickte
nur.
„Ja“,
hauchte sie.
„Granger?“, hielt er sie wieder auf, und sie
wartete, dass seine Lippen sprachen. „Was hast du mit mir vor?“, wollte er
lächelnd wissen, aber sie legte ihm ihren Zeigefinger auf die Lippen.
Sie griff
zwischen ihre Körper und umfing seine steinharte Erektion mit ihrer Hand. Im
Wasser pumpte sie langsam, so wie er es ihr gezeigt hatte. Sie war immer noch
fasziniert von seinem Körper, seinem perfekten Penis, der so gut in ihrer Hand
lag.
Er riss
sich mächtig zusammen, kein Geräusch zu machen. Seine Brust hob und senkte sich
schneller, und sie fuhr spielerisch mit dem Finger über seine harte Spitze.
„Fuck…“,
knurrte er und presste die Augen gehorsam zusammen. „Granger-“
Aber sie
schloss den Abstand, küsste ihn und sog seine Unterlippe in ihren Mund.
Sie strich
mit der Zunge über seine gefangene Lippe und er bewegte sich ungeduldig unter
ihr. Seine Hände lagen fest auf ihren Hüften, und sie konnte kaum glauben, dass
sie so einen Effekt auf ihn haben konnte.
Sie ließ
seine Lippe fahren, verschloss seinen Mund mit ihrem und küsste ihn hungrig,
während ihre Hand beständig an seiner Länge auf und ab pumpte.
Ihre
Zungen duellierten sich, und sein Atem wurde immer abgehackter. Das Spiel ihrer
Zungen wurde träger, und sie löste sich von ihm, nur
um sich zu seinem Ohr zu lehnen.
„Mr Malfoy, ich werde Sie jetzt reiten“, informierte sie ihn
mit mehr Courage, als sie eigentlich besaß, und spürte wie er kurz die Luft
anhielt.
„Ich will dich ansehen“, flehte er fast, aber sie schüttelte den Kopf, ohne
dass er es sehen konnte.
„Nein!“,
sagte sie fest.
„Bitte,
ich… ich will dir zusehen. Bitte, Granger, ich…!“ Er atmete heftig.
„Nein,
ich… schäme mich, wenn du…“ Aber seine Augen flogen auf.
„Was?“,
entgegnete er atemlos. „Bist du verrückt? Du schämst dich? Sieh dich an,
Granger! Ich weiß kaum noch meinen Namen, so vollkommen eingenommen bin ich von
dir und deinem Körper!“, raunte er ungeduldig, und sie zögerte noch einen
weiteren Moment. Ihre Hand still um seinen Schaft, und seine grauen Augen
blickten sie aufrichtig an, so dass sie den Blick senken musste.
„Hermine?“
Sie hob nicht den Blick. „Ich liebe dich“, sagte er lautlos. Ihre Augen
schnappten hoch zu seinem Gesicht. Hatte er das gerade wirklich gesagt?! Sie
starrte ihn perplex an.
„Ich liebe
dich mehr als… du glaubst“, wiederholte er heiser. „Und nichts ist schöner, als
dich anzusehen, das schwöre ich dir“, versprach er ruhig, und sie spürte ein
Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen.
Sie sagte
gar nichts, hob sich ein Stück aus dem warmen Wasser, und langsam positionierte
sie sich über seine harten Spitze, die ihren Eingang bereits teilte. Sie hielt
die Luft an, denn sie war tatsächlich noch sehr eng für ihn. Er atmete mit
offenem Mund, versuchte, sie nicht zu drängen, ihr Zeit zu geben, und dann
glitt seine gesamte Länge plötzlich in sie.
Sie
keuchte kurz auf, verharrte, ohne sich zu bewegen, ehe sie langsam begann, sich
wieder aus dem Wasser zu heben. Seine Finger krallten sich in ihr Fleisch,
pressten sie wieder tief auf seinen Schritt, und sie biss sich auf die Lippe,
so unglaublich gut fühlte es sich an.
„Fuck“,
murmelte er kopfschüttelnd, und er brachte ihren Körper enger an seinen,
während ein ganzer Wasserschwall über den Wannenrand schwappte, als sie sich
nicht beherrschen konnte, und sich härter gegen seinen Schritt presste.
Er senkte
den Kopf und nahm ihre Brustwarze in seinen Mund, saugte heftig daran, bis ihr
Kopf keuchend in ihren Nacken fiel.
Ihr Körper
kribbelte überall, und sie klammerte sich an ihn, als die Wellen sie langsam
überrollten. Er folgte ihr stöhnend, und hielt sie noch an sich gepresst, als
ihre Orgasmen verebbt waren.
„Ich liebe
dich“, flüsterte er in ihre Haare, und sie spürte die Tränen in den Augen. Sie
sah ihn an, nahm sein wunderschönes Gesicht in ihre Hände und konnte nicht fassen,
dass sie gerade ihre Zukunft ansah.
„Wir…
kommen noch zu spät zur Party“, murmelte sie beschämt, kletterte von ihm
runter, aber er zog sie zurück auf seinen Schoss.
„Na und?“,
erwiderte er ruhig. „Ich bin nirgendwo lieber als hier mit dir“, fügte er
hinzu, und sie konnte nicht anders, als ihn wieder zu küssen.
„Wieso…
haben wir das nicht schon eher ausprobiert?“, flüsterte sie und spielte mit
seinen nassen feinen Locken in seinem Nacken.
„Weil ich
Angst hatte“, gab er ehrlich zu, strich sanft über ihren bloßen Rücken, konnte
gar nicht die Hände von ihr lassen. „Weil ich blind war. Und ich hatte
verdammtes Glück, dass eine wunderschöne Muggel einen hässlichen Todesser
lieben konnte. Du hast Gutes in mir gesehen, auch… wenn da nichts Gutes war“, sagte
er bitter. Sie schüttelte den Kopf, aber er sprach weiter. „Wegen dir will ich
der beste Mensch sein, der ich sein kann, Hermine.“
Sie weinte
mittlerweile und schlug ihm sanft gegen die Schulter.
„Oh halt
den Mund, Malfoy“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. „Ich liebe dich
auch“, ergänzte sie lachend, und er fand ihre Lippen. Sie liebte ihn so sehr!
So sehr, dass es nicht normal sein konnte!
Und sie
konnte kaum erwarten, morgen den Rest ihres Lebens mit ihm zu beginnen.
– The End –