Teile

Teil 1 , Teil 2 , Teil 3 , Teil 4 , Teil 5 , Teil 6 , Teil 7 , Teil 8 , Teil 9 , Teil 10 ,

Teil 11 , Teil 12

 

 

Teil 1

 

 

„William, du zwingst mich zum Äußersten!“, drohte sein Vater zornig. „Und es ist Weihnachten, Himmel noch mal!“ Relativ gelassen akzeptierte er den Namen. Sein Vater würde den Namen Spike niemals anerkennen.

 

„Dein Verhalten widert mich an. Ich bin froh, dass deine Mutter das nicht mit ansehen muss. Ist dir eigentlich klar, wie verletzten du gegenüber anderen bist? Du bist kalt, völlig herzlos!“ Spike bemühte sich, nicht die Augen zu verdrehen, bei der dramatischen Szene, die ihm sein Vater hier bot.

 

In Gedanken war er bei Cordelia, Drusilla, Harmony, Anya und wie seine Freundinnen alle hießen. Natürlich wussten sie nichts voneinander. Denn das wäre schließlich kalt und herzlos. So war jede einzelne glücklich und zufrieden.

 

„Ich akzeptiere dein Verhalten nicht, ich habe es satt!“, schrie er jetzt. Spike zuckte kurz zusammen. Sein Vater schrie nicht. Er tat es einfach nicht. Vielleicht war das das letzte Bisschen britischer Charme, der übrig geblieben war, aber für gewöhnlich schrie Rupert Giles nie. Anscheinend machte er für ihn eine extra Ausnahme.

 

„Was fällt dir ein, Jonathan Levinson am Weihnachtsabend zu entlassen, William? Bist du geisteskrank? Was soll seine Familie denken? Wenn er vor Gericht geht, dann wirst du erklären müssen, wie du es einer fünfköpfigen Familie antun kannst, den Alleinverdiener ohne Grund zu entlassen!“

 

Sein Vater bekam rote Flecken im Gesicht. Er war eigentlich zu alt, um zu schreien. Und dann auch noch wegen einer Lappalie. Spike räusperte sich.

 

„Vater, er hat nicht so gearbeitet, wie wir es bevorzugen.“ Sein Vater verzog den Mund.

 

„Nein, William. Du bevorzugst blonde Sekretärinnen ohne Unterwäsche. Wage es ja nicht, das zu einer Familiensache zu machen. Du handelst mir zuwider seitdem ich dumm genug war, dich in eine Führungsposition zu setzen.“

 

Jetzt hatte Spike aber genug.

 

„Seitdem ich da bin, haben wir zwanzig Prozent mehr Umsatz gemacht. Du kannst dir denken, wie viel mehr Gewinn das ausmacht, Vater. Es war deine letzte Chance. Ohne mich hättest du Konkurs melden müssen, verfluchte Hölle!“

 

„Sprich nicht in diesem Ton mit mir!“, erwiderte sein Vater lauter als er selber.

 

„Setz dich hin, bevor du einen Herzinfarkt bekommst.“, spottete Spike jetzt, aber sein Vater brauste auf.


„Oh, das käme dir wohl gerade recht, oder? Dann könntest du die Firma vollständig übernehmen, was? Aber glaub ja nicht, dass ich so dumm bin, William!“

 

Die beiden Männer sahen sich hasserfüllt an. Spike kannte seinen Vater so nicht, und es störte ihn unheimlich. Wenn sein Vater nicht ständig seine Methoden anzweifeln würde, hätten sie schon zwei neue Fabrikhallen gebaut. Wen zum Teufel störten diese verflixten Umweltauflagen denn wirklich? Er hatte genug Geld, sie alle zu bestechen.

 

„Wie wäre es, wenn Jackson dir eine Valium besorgt und du dich hinlegen würdest?“, schlug Spike grimmig vor, denn er hatte genug von seinem Vater.

 

„Es reicht mir.“ Die Stimme seines Vaters klang ruhig. Gefährlich ruhig. „Wenn du dich selber nicht änderst, übernehme ich das für dich, William. Ich werde mein Testament ändern lassen.“ Spike lachte auf.

 

„Unmöglich. Ich bin Teilhaber und dein Sohn. Der Pflichtteil beträgt über fünfunddreißig Prozent. Mit den Anteilen der Firma bekomme ich trotzdem die Hälfte, wenn du stirbst.“, triumphierte er kalt.

 

„Oh nein, William.“ Sen Vater lächelte. „Wenn ich dich heute entlasse, bekommst du nichts von der Firma. Und deinen Pflichtteil bekommst du nur, wenn du dich als Erbe würdig erweist und ich muss sagen – und deine Akte bestätigt dies -, dass du ein lausiger Sohn gewesen bist. Wir können das ganze gerichtlich verhandeln lassen, aber sobald du deinen Mund aufmachen wirst, wird mich die gesamte Obrigkeit recht geben.“

 

„Du… kannst das nicht tun!“ Kurz überlegte er, ob sein Vater bluffte. Er musste bluffen. Das würde sein Vater nicht machen. Schlimmer war, dass er es vielleicht sogar konnte. Was er sagte, machte Sinn. Spike war kein Engel. Nein, bestimmt nicht.

 

„Oh, weißt du was? Ich denke, doch.“

 

„Ich werde die Firma nicht verlassen. Ich habe Kündigungsschutz!“ er wurde lauter, ohne dass er es wollte. Er konnte den Hauch der Panik nicht verdrängen. Sein Vater würde ihm nicht sein Leben wegnehmen.

 

„Willst du es drauf ankommen lassen? Willst du mich verklagen, William? Deinen eigenen Vater? Denkst du wirklich, es würde dir etwas bringen?“

 

„Wieso tust du das? Bist du nicht mehr bei Trost?“, schrie Spike, der sich zwar keinen gemütlichen Weihnachtsabend erhofft hatte, aber auch nicht erwartete hatte, von seinem Vater in die Verbannung geschickt zu werden.

 

„Bis jetzt habe ich noch gar nichts getan. Aber du lernst es nicht, William. Du zwingst mich.“

 

„Ich? Ich tue nichts!“, schrie er jetzt.

 

„Ja. Eben.“

 

Spike wollte antworten, aber ihm fehlten die Worte.

 

„Dein Leben ist verkorkst, William. Vielleicht ist das meine Schuld, aber dann werde ich es wieder richten. Du bist ein unmöglicher Mensch. Ich schäme mich für dich und für alles, was du tust. Ich werde es nicht mehr mit ansehen. Du bist entlassen.“

 

„Was?“ Seine Stimme brach.

 

„Zu deinem eigenen besten.“

 

„Ich werde nicht gehen.“, protestierte er zornig.

 

„Du kannst wieder kommen.“ Langsam dämmerte Spike, dass das hier keine spontane Sache war. Sein Vater schien schon Zeit gehabt haben, zu überlegen.

 

„Was wird das? Was für ein krankes Spiel, spielst du, Vater?“ Er umrundete den Tisch, bis er vor seinem Vater stand. Er erinnerte sich noch gut an die Zeiten, wo sein Vater ihn um einen Meter überragt hatte. Jetzt waren sie gleich groß. Aber dennoch kam es Spike vor, als wäre er wieder zehn Jahre alt.

 

„Ich habe mir erlaubt, eine Klausel einzurichten, William. Davon verstehst du doch etwas, nicht wahr?“, fragte sein Vater, der sich wieder beruhigt hatte. Dafür war Spike jetzt von der Ruhe gänzlich verlassen.

 

„Was für eine Klausel? Im Bezug auf was?“

 

„Du bekommst dein Geld. Und du bekommst deinen Job zurück.“

 

Spike hielt die Luft an. Diese Bedingung würde ihm sein Genick brechen. Er sah sich schon Protestfahnen schwingen und für das Überleben der bescheuerten Eisbären kämpfen. Sein Vater würde ihn auf die Knie zwingen. Nachher musste er noch durch die Staaten reisen und für ein besseres Verkehrssystem kämpfen.

 

„Du wirst heiraten.“

 

Kurz musste er diese Information verarbeiten.

 

„Was?“, fragte er entgeistert, aber sein Vater nickte.

 

„Du wirst heiraten. Bis zu deinem dreißigsten Geburtstag. Du hast ein halbes Jahr. In einem halben Jahr verlange ich, dass du deine Frau findest, die angemessen ist. Und das werde ich entscheiden.“

 

„Was? Du willst mich zwingen zu heiraten? Das ist unmöglich.“ Das bedeutete einen Ehevertrag, Vermögensteilung, er musste sein Leben mit einem Menschen teilen, er sollte etwas von seinem Hab und Gut abgeben? An einen anderen Menschen? Niemals.

 

„Oh doch. Es heißt, dass du bereit bist, nicht nur jeden einzelnen Tag an dich selber zu denken, du egoistischer Mistkerl.“, spottete sein Vater kalt. „Ich erinner mich an meinen Sohn, William. Aber ich weiß nicht, wohin er verschwunden ist. Er ist schon lange fort, und jetzt steht ein Mann vor mir, mit fürchterlich gebleichten Haaren und einem neuen Namen, der mich im Halse würgt, denke ich auch nur daran, ihn auszusprechen.“ Seine Stimme klang bitter und raubte Spike kurz den Wind aus seinen mit Hass geblähten Segeln.

 

„Ich werde nicht heiraten.“, informierte er ihn jetzt langsam.


„Dann sag deinem Job Lebewohl. Genauso wie deinem Geld. Wenn du glaubst, eine Heirat öffnet das Tor zur Hölle, und es gibt nichts Schlimmeres als sein Leben, seine Sorgen und seine Freuden mit einem anderen Menschen zu teilen, dann bist du selber Schuld und verdienst nicht, den Namen Giles zu tragen.“

 

„Wie wäre es, wenn du heiraten würdest, wo du doch so davon schwärmst!“, spuckte ihm Spike entgegen. Sein Vater bedachte ihn mit einem eisigen Blick.

 

„Ich war verheiratet.“

 

„Ja, du warst! Was hält dich? Dein Alter? Denkst du, du schaffst es nicht mehr?“ Er wusste nicht, warum er seinen Vater jetzt provozierte. Er war so wütend. Vollkommen bodenlos wütend.

 

„Meine Frau ist tot.“

 

„Ja, aber nicht alle Frauen sind tot. Du willst mir erzählen, ich soll heiraten? Du bist ein elender Heuchler! Nur weil du selber dein Leben nicht mehr im Griff hast, seit Mutter gestorben ist, willst du mich zwingen, alles richtig zu machen? So läuft es nicht, Rupert! So einfach ist das Leben hier nicht!“ Ehe er sich versah, hatte sein Vater ausgeholt.

 

Der Schlag traf ihn hart und unerwartet ins Gesicht. Er taumelte nach hinten. Kurz flackerten bunte Lichter vor seinen Augen. Er schloss die Lider und atmete aus. Als der Schwindel sich gelegt hatte, und er die Augen wieder öffnete, wirkte sein Vater vollkommen erschüttert.

 

„Deine Mutter ist das erste woran ich morgens denke. Und ihr Gesicht ist das letzte, was ich vor meinem inneren Auge sehe, wenn ich mich schlafen lege. Aber davon hast du keine Ahnung.“, erklärte er erschöpft. Spike brauchte noch einen Moment, ehe er sich erholt hatte. Er wusste, es würde eine Schwellung geben, dort wo sein Vater ihn getroffen hatte.

 

„Sieh dich an. Du bist nicht mein Sohn. Meinen Sohn habe ich nie geschlagen. Er hätte mir niemals einen Grund gegeben.“ Spike öffnete den Mund. „Pack deine Sache. Ab morgen wohnst du nicht mehr hier. Ich überweise dir deine Abfindung auf dein Konto.“

 

„Du kannst nicht…!“, protestierte er, aber der Blick seines Vaters ließ ihn verstummen.

 

„Ich kann. Find ein Mädchen, das dich liebt.“ Sein Vater lachte trocken. „Falls es so eins gibt. Überzeug mich, dass es dir ernst ist, dich zu ändern. Dann kannst du wieder kommen. Bis dahin, habe ich keinen Sohn mehr.“

 

Und er weinte.

 

Und es zog schmerzhaft in Spikes Brust. Sein Vater weinte. Er hatte nicht mehr weinen gesehen seit… der Beerdigung seiner Mutter. Und die lag fast zehn Jahre zurück. Er erinnerte sich kaum noch daran. Es lag alles hinter einem Schleier.

 

Und ehe er noch etwas sagen konnte, zu seiner Verteidigung, zu seinem Schutz, hatte sein Vater das Zimmer verlassen. Er hörte, wie die Bediensteten hastig verschwanden. Natürlich hatte das Haus wieder mitgehört.

 

Aber hier dachten sowieso alle, er sei ein grauenhaftes Biest, ein Monster ohne Seele und Herz. Noch war dieser Abend noch nicht ganz zu ihm durchgedrungen. Sein Vater hatte ihn aus dem Haus geworfen. An Heiligabend. Es war einen Tag vor Weihnachten und sein Vater warf ihn aus seinem eigenen Haus!

 

Er hatte keine Arbeit mehr! Er musste seine Anwälte anrufen. Er musste seinen Vater verklagen. Er musste Schritte einleiten. Er würde nicht aufgeben. Wenn sein Vater einen hässlichen Familienkrieg wollte, dann konnte er ihn haben.

 

Vielleicht konnte er auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Sein Vater hatte ihn immerhin geschlagen, Körperverletzung, das war gut. Noch was? Er würde sich was überlegen. Vielleicht würde er was erfinden. Konnte er Rupert Drogen unterschieben? Er würde sich darüber Gedanken machen.

 

Und seine kalte Seite verdrängte gekonnt die Worte seines Vaters, die der Wahrheit entsprachen. Spike Giles würde sich bestimmt nicht von jemandem seinen Platz rauben lassen. Sei es auch sein Vater.

 

Sein Vater warf ihm vor, er sei ein Monster? Sein Vater hatte keine Ahnung, mit wem er sich da angelegt hatte. Mit grimmiger Miene zückte Spike sein Handy und wählte Angels Nummer. Wenn jemand seinen Vater an die Wand nageln konnte, dann nur Liam Angel.

 

Das würde sein Vater bereuen.

 

 

Teil 2

 

„… hm… vielleicht.“, murmelte der Mann im sündhaft teuren Armani Anzug.

 

„Vielleicht, was, Angel? Ich brauche hier klare Auskünfte. Wahrscheinlich hat Rupert das Testament bereits ändern lassen. Je länger es dauert, umso länger wird es dauern, alles wieder zu ändern.“ Spike lief, wie ein Tiger in seinem Käfig, rastlose Runden durch Angels ovales Büro. Er hatte es mit Absicht dem Oval Office nachempfunden.

 

Anwälte neigen nach zu großen Erfolgen manchmal zu leichtem Größenwahn. Aber das war ihm scheiß egal, solange Angel ihm helfen konnte.

 

„Spike, es ist nicht so leicht, den eignen Vater zu verklagen.“ Spike schnaubte.

 

„Du hast deinen Vater verklagt!“

 

„Nein, mein Vater war Tod. Ich habe gegen das Testament geklagt.“

 

„Und gewonnen!“, warf Spike entrüstet ein.


„Ja, aber meinem verstorbenen Vater Geisteskrankheit nachzuweisen, war wesentlich einfacher, als einem lebenden Mann, der vom Forbes-Magazin zum reichsten Mann New Yorks gewählt worden ist, vorzuwerfen, er hätte falsch gehandelt.“ Spike verzog zornig den Mund.

 

„Du bist der beste Anwalt! Komm schon, ich bitte dich.“

 

„Deine Akte spricht gegen dich.“ Seine Akte… also wirklich. Ein paar Streiche, er hatte sich die Hörner abgestoßen. Er hatte schon seit zwei Jahren keine Probleme mehr mit dem Gesetz gehabt. „Zahlreiche Fälle, von geringfügiger Steuerhinterziehung.“ Spike hob die Hände.

 

„Ich wurde niemals deswegen verurteilt.“

 

„Nein, weil du es immer als Rechenfehler ausweisen konntest. Mit meiner Hilfe.“, fügte Angel hinzu. „Außerdem insgesamt zweiunddreißig Nächte im Gefängnis wegen Ruhestörung, Sachbeschädigung und ungebührlichem Verhaltens.“

 

„Aber Angel, das ist doch nichts besonderes.“

 

„Außerdem…“, fuhr Angel ungerührt fort, „… hast du die verstorbene Frau deines Vaters beleidigt, was er anführen wird, und damit stellst du dich als Erben nicht gerade in ein günstiges Licht.“

 

„Ich habe meine Mutter nicht beleidigt.“, knurrte Spike ungehalten.


„So wird er es auslegen. Du sagst ihm, seine Frau ist tot, und er solle heiraten, also heißt das, du respektierst ihn nicht – was ein guter Erbe tun sollte.“

 

Spike trat zornig gegen eine Schrankwand. Angel bedachte das mit einem gereizten Blick. „Spike, würdest du einfach heiraten, hättest du alle Sorgen gelöst. Ich meine, wie stünde Giles & Giles bitte in der Presse, wenn der Sohn seinen eigenen Vater verklagt?“ Spike hatte darüber schon nachgedacht. Natürlich würde diese Millionenverhandlung nicht unentdeckt bleiben.

 

Aber er konnte sich das nicht bieten lassen!

 

„Ich werde nicht heiraten.“, sagte er gepresst.

 

„Es ist nicht übel. Nimm dir die Hübscheste, dann macht der Sex wenigstens Spaß und dein Vater gibt dir deinen Job und dein Geld zurück.“

 

„Und er kann mir meinen Job nicht nehmen! Ich bin Vizepräsident, verflucht noch mal!“, brauste er auf.


„Spike, ich denke, er kann.“, informierte ihn Angel bedauernd.


„Wie kann er mich denn einfach feuern? Das ist gegen das Gesetz!“

 

„Es ist gegen das Gesetz, dich grundlos zu entlassen, aber es gibt genug Gründe.“ Spike zog gereizt eine Zigarette aus dem Silberetui. „Ich meine, denk mal an die Umweltverschmutzung und an die Hinterziehung, hinter dem Rücken deines Vaters. Die unzähligen unbegründeten Entlassungen von deiner Seite. Einstellungen von unqualifizierten Mädchen, die wohl mehr deinem eigenen Vergnügen dienen.“ Spike schloss die Augen.

 

„Ich meine, das ist nicht irgendwo versteckt. Jeder kann es sehen, Spike. Jeder wird automatisch wissen, dass es deine Schuld ist. Niemand wird dich hier für ein Opfer halten. Ich schlage dir vor, halt dich bedeckt, tu was dein Vater sagt, und heirate irgendein Mädchen.“

 

Er blies den Rauch aus und konnte nicht begreifen, was Angel da sagte.

 

„Ich kann nicht einfach aufgeben, Angel!“

 

„Du willst vor Gericht gegen deinen Vater ziehen? Spike, ich habe dir gesagt, deine Chancen stehen nahe Null. Niemand würde sich auf diesen Prozess einlassen. Nicht einmal ich! Alles, was du verlangen könntest wäre ein Vergleich. Und das Geld, was du damit bekommst, wäre nicht mal ein Bruchteil dessen, was dir zusteht, wenn du einfach heiraten würdest!“

 

Gott, dieses verfluchte Geheirate. Angel war auch schon verrückt.


„Sieht denn niemand außer mir, dass heiraten eine furchtbar grauenhafte Verpflichtung ist? Mein ganzes Geld geht zur Hölle, wenn ich es teilen muss!“

 

„Ich spreche hier nicht von Scheidung! Du sollst heiraten. Und verheiratet bleiben.“, fügte er lauter hinzu.


„Angel, ich will aber nicht! Begreif doch, mein Leben wäre ruiniert. Keine Partys, keine Dreier, keine Saufgelage bis die Sonne aufgeht!“ Hastig zog er den Rauch in seine Lungen.

 

„Spike, das wird ein Zivilprozess vom Feinsten. Aber ich will nicht auf der Verliererseite stehen. Du weißt doch, wer du bist und was du getan hast. Du weißt, wie du die Firma geleitet hast. Sicher, du hast ihr Geld eingebracht, aber zu welchem Preis? Überleg doch mal. Versetz dich mal in den Kopf eines Menschen!“

 

„Ich bin ein Mensch.“, knurrte er gefährlich leise.

 

„Nein. Du bist ein Bankautomat.“, korrigierte ihn Angel kopfschüttelnd. „Das bin ich auch, aber ich weiß, wann ich aufhören muss hoch zu pokern, Spike.“

 

„Was soll ich deiner Meinung nach tun? Als Kellner arbeiten? Eine Kirchenmaus heiraten? Bis zum Rest meines Lebens ihre Schönheits-OPs bezahlen? Vergiss es!“

 

„Du könntest immer noch eine Firma gründen. Ich meine, du hast Erfahrung, einen guten Namen. Du musst nicht heiraten. Wenn du dich bedeckt hältst und ein solides Unternehmen gründest, vielleicht sieht dein Vater deine Bemühungen in dieser Richtung, und er lässt dich vom Haken.“

 

„Angel, das kostet mich mehr Zeit. Ich bin bald dreißig. Ich hatte nicht vor mit dreißig noch einmal ganz unten anzufangen. Ich war ganz oben! Bis gestern war ich König von New York!“, schrie er. Er musste sich beruhigen. Er brauchte einen Scotch. Dringend.

 

„Spike, reiß dich zusammen, Mann!“ Angel packte ihn an den Schultern.

 

Aber er konnte nicht. Angel nahm ihm jede Hoffnung. Wenn er sein Büro verließ, dann hatte er keinen Platz, wohin er konnte. Er wollte nicht zu seinen Mädchen. Er hatte keine Lust auf Sex. Er wollte sein Geld sicher wissen.

 

Er wollte nicht seine Abfindung nehmen und ein Apartment kaufen. Er wollte es nicht! Er wollte keinen neuen Job! Er wollte seinen alten Job. Er hatte nachgedacht, er war nicht dumm! Jeder kannte ihn und seinen Namen. Würde er nach einem Job suchen, würden sich alle fragen, warum, zum Teufel, er einen Job brauchte! Er war der Sohn des reichsten Mannes. Und wenn sein eigener Vater ihn nicht mehr wollte, wieso sollte es irgendjemand anders wollen?

 

Aber das sagte er Angel nicht. Angel dachte wahrscheinlich sowieso, er sei wahnsinnig geworden.

 

„Ok. Such dir eine Wohnung. Das musst du sowieso tun. Es geht ja nicht anders. Und denk an die Unkosten. Also Nebenkosten, die jeden Monat anfallen. Es sei denn du kaufst das Ding. Aber dann hättest du kein Geld. Also, miete lieber. Und irgendwo, wo es günstig ist. Dann hast du mehr davon.“ Angel schien schon alles zu planen. Dabei hatte er noch gar nicht resigniert. Wie konnte sein Vater denn davon kommen? Sah denn niemand die verfluchte Ungerechtigkeit hinter dieser Sache?

 

Anscheinend nicht. Angel war schon bei seinem Schreibtisch und beauftragte seine Sekretärin mit der Wohnungssuche. In Brooklyn. Spike hätte kotzen können.

 

 

~*~

 

„Willow!“, rief Buffy laut, aber ihre beste Freundin reagierte nicht. „Willow, das Wasser ist schon wieder kalt!“ Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. So ein Mist. Jeden Tag passierte es mindestens einmal. Diese verflixten Leitungen. Und sie hatte den Hausmeister jetzt schon bestimmt hundertmal gerufen. Sie kannte alle seine Overalls bereits.

 

Sie hasste ihre Wohnung. Eigentlich war sie wirklich groß genug. Aber eigentlich viel zu teuer. Die Gegend hier war auch nicht gerade die beste. Willow hatte zwar gesagt, es wäre nur vorübergehend, aber jetzt wohnten sie schon fast acht Monate hier.

 

„Willow!“ Buffy musste wohl oder übel einsehen, dass Willow schon gegangen war. Sie schloss die Augen und seufzte. Was nützte es, sich aufzuregen? Sie musste sich eben kalt das Shampoo aus den Haaren waschen. Sie hoffte, dass die anderen Mieter wenigstens auch nur kaltes Wasser zum Duschen hatten.

 

Hastig beendete sie ihre Dusche, zog sich an und verließ nun eher schlecht gelaunt die Wohnung. Duschen sollten einen entspannen. Man sollte warm und ausgeruht sein. Aber sie fror. Immer noch.

 

Sie vergrub die Hände in den Taschen ihrer ausgebeulten Hose. Immer noch klebten Erdkrusten an ihren Knien, aber sie konnte ja nicht jeden Tag mit einer sauberen Hose zur Arbeit gehen. Waschen war schließlich nicht umsonst, außerdem würde die saubere Hose dann genauso dreckig werden.

 

Riley winkte ihr bereits. Sie beschleunigte ihre Schritte.

 

„Buffy, wir haben einen Baum geschenkt bekommen!“, rief er fröhlich. Sie lächelte.

„Wer war denn jetzt so großzügig?“ Normalerweise waren die Menschen eher schlecht, hatte sie festgestellt.


„Keine Ahnung. Irgendein reicher Mann, der den Platz für einen großen Pool brauchte, um die Umwelt mit Chlor zu verseuchen.“, entgegnete Riley bitter.

 

Buffy nickte. „Na ja, immerhin haben wir damit einen hübschen Kletterbaum für die Siedlung.“ Die anderen luden die Birke schon auf den Wagen. Sie war nicht übermäßig groß, aber wenn sie angehen würde, dann würde sie hoffentlich noch schön wachsen.

 

Die Siedlung in der sie gerade beschäftigt waren, gab es nur graue Höfe. Das Waisenhaus hatte extra Geld sammeln lassen, damit ein Garten angelegt wurde. Am liebsten wäre Buffy zu den Behörden gegangen und hätte ihnen ordentlich die Meinung gesagt.

 

Die armen Leute hatten gar nichts. Ein Garten sollte nichts sein, wofür die armen Kinder bezahlen sollten.

 

Aber sie wusste, Gerechtigkeit war auf der Welt eben ungerecht verteilt.

 

Sie stieg mit Riley in den Wagen. Immerhin würden sich die Kinder freuen. Und heute Abend musste sie noch in der kleinen Gärtnerei vorbei. Tara hatte bestimmt alles im Griff, aber sie wollte nicht einen ganzen Tag lang ohne ihre Pflanzen sein.

 

Gerade wo doch die Buschwindröschen angefangen hatten zu blühen.

 

 

~*~

 

 

 

Sie standen vor dem Gebäudekomplex und Angel ruckte mit dem Kopf.

 

„So übel ist es nicht. Die Miete ist günstig. Du kannst hier bestimmt ein halbes Jahr ohne Job wohnen. Die Abfindung reicht. Und länger musst du ja auch nicht hier sein, denn dann wird je geheiratet.“ Er versuchte zu lächeln, aber Spike verzog den Mund.

 

Vor zwei Wochen hatte er noch mit Shell Öl gehandelt, hatte die Bergbauarbeiten überwacht, mit der Elektronikabteilung von Sony gesprochen und einen Millionendeal abgeschlossen.

 

Jetzt stand er in Brooklyn. Arbeitslos. Heimatlos. Das Haus sah nicht gerade vertrauenserweckend aus. „Komm schon, Spike. Es ist ja nicht für immer.“

 

„Eine schlimmere Bruchbude hättest du auch nicht finden können, hm?“ Angel verdrehte die Augen.

 

„Es ist doch wohl besser, als auf meiner Couch zu schlafen. Außerdem musste ich ja deine Faulheit mit einplanen.“ Spike zog gereizt an seiner Zigarette.

 

„Ich bin nicht faul. Ich hatte bis vor kurzem den perfekten Job.“

 

„Du musst dich anpassen. Die Zeiten ändern sich.“

 

Die Leute sahen sie von der Seite an. Wahrscheinlich sahen sie aus wie zwei Kredithaie, die das Haus abreißen wollten. Spike könnte sich auch nicht Schöneres vorstellen.

 

„Komm schon.“, versuchte ihn Angel wieder auf zu heitern. „Lass uns reingehen.“

 

„Ich glaube, ich will doch bei Harmony wohnen.“, sagte Spike angewidert.

 

„Unsinn. Harmony wirft dich raus, sobald sie erfährt, dass du enterbt wurdest. So ist das eben, wenn man sich nur dumme Mädchen aussucht, die einen nur wegen desw Geldes wollen. Sagen wir, du bist ein verwunschener Prinz und jetzt musst das Mädchen finden, dass dich auch ohne Geld nimmt.“

 

„Ich will kein Mädchen.“, knurrte Spike.

 

„Aber für einen Frosch bist du zu gemein.“, sponn Angel weiter. „Vielleicht eine Art Biest oder so.“ Er lachte über seinen Scherz.


„Witzig. Du bist wirklich witzig. Warst du immer schon so witzig, oder ist das eines der verborgenen Talente?“, stieß Spike zornig hervor. Angel stieß ihm den Arm in die Seite.

 

„Du hast nichts weiter zu tun, als dich umzusehen und ein Mädchen zu heiraten. Das wirst du doch wohl in sechs Monaten schaffen, oder?“ Spike seufzte schwer.

 

„Ich werde bestimmt nicht heiraten. Mein Vater wird wieder zur Vernunft kommen.“ Er schnippte die Zigarette in die Sträucher vor dem Haus.

 

„Vor zwei Wochen wolltest du ihn noch aufs Blut verklagen und jetzt denkst du, der alte Brite ändert seine Meinung?“, lachte Angel. „Ich hoffe mal, dieser Traum hält dich über Wasser, Spike. Ich muss los.“ Damit klopfte er seinem Freund auf die Schulter.

 

„Also, Apartment 7B. Es ist im zweiten Stock. Schlüssel sind im Umschlag.“ Angels Sekretärin hatte sich um alles gekümmert. Angel stieg in ein Taxi und jetzt stand Spike alleine vor dem Haus.

 

Hinter ihm räusperte sich eine Frau. Verwirrt wandte er sich um. Sie sah aus, als wäre sie aus einem Schlammloch geklettert. Er rümpfte die Nase.

 

„Haben Sie nicht was vergessen?“, fragte sie mit großen Augen. Er öffnete den Mund. Was? Sprach sie mit ihm? Zur Sicherheit wandte er sich noch einmal um. Aber hier war nur er.

 

„Bitte?“, fragte er entgeistert und sie kam näher. Beinahe wäre er instinktiv zurück gewichen. Sie würde ihn noch schmutzig machen.

 

„Ihre Zigarette.“, erklärte sie todernst. Seine Mundwinkel hoben sich und er lachte befreit. Teufel, er war heute wohl von Witzbolden umgeben. Sie schritt an ihm vorbei, bückte sich tatsächlich und holte den Zigarettenstummel hervor.

 

Er glomm noch. Sie hielt ihn vor sein Gesicht. Sein Lachen ebbte langsam ab. Hier wohnten nur verrückte in Brooklyn. „Ich schlage vor, Sie entsorgen den da, wo es sich gehört. Am besten hören Sie komplett damit auf. Es schadet nicht nur der Umwelt.“ Er konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. Was war das für eine Verrückte.

 

„Brauchen Sie Geld? Haben Sie Hunger? Sind Sie irgendwo ausgebrochen und werden gesucht? Also, ich weiß zwar nicht, wohin man sich dann wenden muss, aber ich wäre bereit Ihnen ein Taxi zu bezahlen, denn Sie sind wirklich witzig, Miss.“ Er fuhr sich durch die Haare und wandte sich wieder zum Haus um.

 

Hier würde er wohnen. Im zweiten Stock. Er seufzte wieder.

 

Er hatte nicht mit der Hartnäckigkeit der Frau gerechnet. Und auch nicht mit ihrer nächsten Reaktion.

 

„Hören Sie, ich kenne Typen wie Sie. Und Leute wie Sie sind absolut unausstehlich.“ Sie kam näher und schob den Stummel in die Tasche seines Jacketts. Für einen Moment war er so verblüfft, dass er gar nicht reagierte.

 

„Das ist ein Armani Jackett.“, erklärte er ruhig. Anscheinend schlug alles auf seine Nerven. Sie verdiente eine saftige Ohrfeige. „Das werden Sie bezahlen.“

 

„Ach wirklich?“ Sie reckte das Kinn in die Luft.

 

Jetzt griff er in seine Tasche, vorsichtig, damit er sich nicht verbannte und warf den Stummel noch einmal demonstrativ auf den Boden. Sie betrachtete ihn voller Zorn.

 

„Wie ist Ihr Name?“, fragte er mit gelassener Stimme.

 

„Buffy Summers.“ Sie sagte es trotzig. Gut. Er konnte sich mit den Menschen hier anlegen. Sie standen alle weit unter ihm.

 

„Ms Summer, Sie werden die Rechnung für die Reinigung in Ihrer Post finden. Ich habe einen ausgezeichneten Anwalt, der sich Ihrer annehmen wird.“ Sie verzog die Lippen zu einem Lächeln.

 

„Wenn Sie hier in Brooklyn wohnen müssen, dann glaube ich kaum, dass Ihr Anwalt so gut ist, wie Sie sagen. Muss Giles & Giles jetzt eigentlich in nur Giles umbenannt werden?“ Blöde Frau vor seiner Wohnung! Kleine, dämliche Weltverbesserin, die es wagte, ihn zu beleidigen.

 

Er rang sich ein kühles Lächeln ab. „Vielleicht sollten Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Neue Kleidung, oder ab und an eine Dusche, könnten Ihnen nicht schaden, Ms Summers.“ Er schritt an ihr vorbei.

 

Aus den Augenwinkeln sah er, wie sie sich tatsächlich nach der Zigarette bückte und sie zum Abfall brachte. Gott, er hasste es hier.

 

Schlimm war, dass sie ihm tatsächlich folgte.

 

Zielstrebig ging er zum Fahrstuhl. Auch hier hin folgte sie ihm. De Türen glitten auf. Er war leer. Missmutig betrat er die stinkende Kabine. Sie musterte ihn kurz und entschied sich wohl dafür, die Treppe zu benutzen.

 

Gut für sie, dachte er bloß. Wenn sie hier wohnte, dann war es für ihn auch einfacher, die Rechnung für sein Jackett an die richtige Person zu schicken, befand er grimmig. Buffy Summers… was war das überhaupt für ein Name? Buffy….

 

 

Teil 3

 

Der schreckliche Mann neben ihr hatte den Fernseher wieder gnadenlos laut. Sie nahm an, er arbeitete nicht. Sie hatte in der Zeitung wohl gelesen, dass Gils & Giles anscheinend familiäre Probleme hatten. Aber sie konnte es dem Vater nicht verdenken. Wahrscheinlich hatte es der Mann neben ihr verdient.

 

Mehr als verdient. Sie nahm an, dass er drüben rauchte. Ab und an, zog stickiger Rauchgeruch durch ihr Küchenfenster ins Wohnzimmer. Willow beschwerte sich nicht über ihn. Aber Willow beschwerte sich nie über irgendwas.

 

Buffy reichte es langsam. Der Mann beeinträchtige ihren Schlafrhythmus und er störte sie unheimlich. Denn er war nicht leise. Nein, wenn er nicht übermäßig laut fernsehguckte, dann telefonierte er und schrie sich durch seine Wohnung.

 

Sie hasste ihren neuen Nachbarn. Wie die Pest.

 

„Buffy, reg dich nicht schon wieder auf.“ Willow kam rein und Buffy schnitt besonders hart ins Brot.


„Nicht aufregen? Seit einer Woche lebt ein Monster neben uns. Ein Mensch, der anscheinend keine Ahnung von sozialem Umgang mit Menschen hat. Ein Mensch, der über keinen gesunden Schlafrhythmus verfügt. Ich soll mich also nicht aufregen, Willow? Der ganze Flur stinkt nach Rauch.“

 

Willow legte die Post auf den Tisch. „Buffy, es ist eben so. Wir wohnen hier nicht allein. Man kann sich… seine Nachbarn nicht aussuchen.“

 

„Er muss raus.“, beschloss Buffy gereizt, als sie die Post durchsuchte. Rechnung für die dämliche Heizung, die nicht einmal das Wasser heizen konnte. Sie würde einen gemeinen Brief schreiben. Einen sehr gemeinen. Rechnung für den Service im Haus. Ha! Von wegen Service. Der Flur war dreckig wie immer. Und jetzt stank es auch noch! Dabei war es ein Nichtraucherhaus. Aber das schien wieder einmal keinen zu stören.

 

Der nächste Brief, der ihren Namen trug, setzte dem ganzen die Krone auf. Reinigung Walsh und Kroger schickten eine Rechnung über dreihundert Dollar für ein Armani Jackett.

 

„Jetzt reicht’s.“, knurrte sie, knüllte den Brief in ihrer Hand zusammen und stapfte zur Tür. Sie riss sie auf, lief über den Flur, auf Socken, und hämmerte neben an gegen die Tür.

 

Sie musste noch eine weitere Minute hämmern, ehe etwas passierte. Die Tür wurde aufgerissen und ein ziemlich schlechtgelaunter Nachbar schielte ihr entgegen. Anscheinend hatte er geschlafen. Um acht Uhr morgens an einem Dienstag.

 

„Sie sind wohl nicht mehr ganz frisch! Denken Sie, ich zahle dreihundert Dollar für ihr scheiß Jackett, Mr Giles?“, schrie sie haltlos und er zuckte schmerzhaft zusammen.

 

„Was?“ Er starrte sie entnervt an und gähnte. Er hatte eine Fahne. Sie rümpfte die Nase.

 

„Ihre Rechnung. Ich denke nicht im Traum daran, zu bezahlen!“, wiederholte sie ihre Worte etwas leiser. Aber immer noch laut genug, dass er die Augen verengen musste.

 

„Wer sind Sie?“, fragte er mit rauer Stimme.

 

„Was?“ Sie starrte ihn an. Gott, dieser Mann war unglaublich. Er erkannte sie nicht einmal mehr. „Wer ich bin? Ich bin die Person, der sie es wagen eine dreihundert Dollar Reinigungsrechnung zu schicken, Sie Mistkerl!“ Sie hielt ihm den zerknüllten Brief entgegen.

 

Mit spitzen Fingern nahm er ihn und seine grauen Augen überflogen die Zeilen.


„Aha.“, sagte er gelangweilt. „Ms Summers, ich habe Sie ohne all den Schmutz nicht erkannt.“, sagte er jetzt. Ja, gut. Heute war sie sauber, denn heute arbeitete sie nur in der Gärtnerei. Er gähnte schon wieder.

 

„Und stellen Sie den Fernseher nicht so laut. Ab zehn Uhr ist im Haus Ruhezeit. Und rauchen Sie gefälligst nicht in den Zimmern, das hier ist ein…“

 

„Nichtraucherkomplex?“, unterbrach er sie mit einem eisigen Grinsen. „Ja, ich weiß. Aber ich denke nicht, dass es jemand wagt, mich deswegen zu verklagen.“

 

Ihr Mund klappte auf.

 

„Für wen halten Sie sich? Sie kommen hier her, brechen alle Regeln und erwarteten, dass sich niemand beschwert? Sie sind ein widerlicher Mensch, Mr Giles!“ Er nahm ihre Ansprache mit erhobener Augenbraue entgegen.

 

„Sind Sie fertig?“, erkundigte er sich gereizt, aber sie schüttelte den Kopf.

 

„Sie halten sich besser an die Regeln, oder ich werde Maßnahmen ergreifen lassen!“ Mit einem Ruck zog er die Tür weiter auf. Sein Hemd war offen. So auch der Reißverschluss seiner Hose. Schlief er nackt? Sie verwarf diesen Gedanken.

 

Dafür dass er so viel Alkohol trank, hatte er einen lächerlich muskulösen Oberkörper. Sie fixierte ihn grimmig.

 

„Ms Summers, wieso schreiben Sie nicht einen hübschen Brief an die Behörden? Ich bin sicher, Sie tun so etwas öfters. Wahrscheinlich weil Sie kein Privatleben haben. Oder es ist ein besonders langweiliges. Aber wie spannend kann es sein, im Dreck zu kriechen?“ Sie hörte seinen  britischen Akzent und wurde ganz atemlos vor Empörung. „Ich rate Ihnen, mich in Ruhe zu lassen. Ich kann sehr ungemütlich werden, und das möchten Sie bestimmt nicht. Suchen Sie sich ein Hobby. Oder eine Bettgeschichte. Sind Sie lesbisch?“, fragte er dann, und sie schnappte nach Luft.

 

„Wahrscheinlich. Emanzen, wie Sie ruinieren einem immer den Tag. Wahrscheinlich gehören Sie zu der unrasierten Fraktion, die mit einem Rettet-die-Eisbären-Schild durch den Central Park rennt und Leute um Geld anbettelt, damit sie den Eisbären ein paar neue Schollen kaufen kann.“

 

Ihr fehlten die Worte. „Ich würde jetzt gerne meine Tür schließen.“, informierte er sie mit einem bösen Lächeln. „Wenn Sie sich bitte von meiner Schwelle entfernen würden.“, fügte er kühl hinzu und sie starrte ihn perplex an.

 

Sie konnte sich Entrüstung gar nicht rühren.

 

„Ms Summers, Sie sind immer noch hier.“, sagte er.

 

„Sie… Sie…“ Sie hatte keine Ahnung, was er war. Er war schlimmer als ein Monster. Wesentlich schlimmer.

 

„Buffy, alles in Ordnung?“ Riley legte ihr die Hand auf die Schulter. „Gibt es ein Problem?“ Er muster den blonden Mann mit Argwohn. „Ich kenne Sie…“ Buffy wachte aus ihrer Starre auf.


„Alles in Ordnung, Riley.“

 

„Sie sind Spike Giles! Von Giles & Giles. Ich habe Sie im Fernsehen gesehen.“ Und die Augen des bösen Mannes verengten sich zornig.

 

„Das ist wirklich schön. Immer nett, wenn einen das Volk erkennt. Seien Sie so gut, und nehmen Sie ihre Freundin mit, ja?“ Riley mochte es nicht, wenn jemand unhöflich war.


„Wohnen Sie hier?“, fragte er stattdessen und Spike Giles stöhnte.

 

„Wissen Sie, langsam gehen Sie mir alle wirklich auf den Geist.“ Er wollte die Tür ins Schloss werfen, aber Riley stieß sie einfach wieder auf.

 

„Waren Sie unhöflich zu Buffy? Sie wollte Sie bestimmt nur willkommen heißen.“ Gleich würde Riley ausrasten. Er hatte ein schlimmes Temperament, aber zum ersten Mal, war es Buffy absolut egal.


„Unhöflich? Ihre Freundin hat keinen Sinn für Anstand, mein Freund. Und meine Ungeduld ist nicht besonders strapazierfähig zu dieser frühen Stunde. Ich würde Ihnen beiden empfehlen zu verschwinden.“ Wieder wollte er die Tür schließen, aber jetzt war Riley schon dabei die Nerven zu verlieren.

 

„Hey, hören Sie! Sie entschuldigen sich.“

 

„Was? Sind Sie verrückt? Sind Sie geistig beschränkt? Ich werde mich bestimmt nicht bei dieser… Person entschuldigen. Für was auch? Dass sie die Rechnung der Reinigung nicht bezahlen will? Anzeigen könnte ich sie eher, aber ich habe keine Lust, mich noch weiter mit Abschaum wie ihr zu beschäftigen.“

 

Buffy schloss die Augen. Riley packte den blonden Mann, zog ihn aus der Wohnung und stieß ihn hart gegen die Wand. „Hey!“ Giles versuchte ihn wegzuschieben, aber Riley hatte schon ausgeholt. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie noch, wie Rileys Faust in sein Gesicht krachte und Giles zu Boden ging. Blut tropfte aus seiner Nase.

 

„Buffy, komm. Wir gehen.“, erklärte Riley schwer atmend. Ihr Blick galt dem Mann am Boden, der sich seine Nase hielt.

 

„Sollten wir nicht…?“

 

„Nein. Ich denke, er ist ein großer Junge, und kann eine blutige Nase bestimmt allein handhaben.“, unterbrach Riley sie. Sie folgte ihm zu ihrer Wohnung. Das hatte dieser Giles auch verdient. Dennoch hatte sie jetzt ein schlechtes Gewissen.

 

 

~*~

 

 

Der Whiskey schmeckte heute nicht gut. Gar nichts schmeckte gut. Das zweite Mal in zwei Wochen, hatte er sich schlagen lassen. Wenn er diesen Riley noch einmal wiedersehen würde, würde er ihn umbringen. Oder umbringen lassen, je nach dem.

 

Er hatte sich Essen bestellt. Er wusste, er konnte nicht ewig so leben. Aber im Moment hasste er die Welt, wie sie war. Er hatte nichts. Und er wollte nichts und niemanden sehen.

 

Er hatte auch keine Lust, sich eine Arbeit zu suchen. Er wollte nichts machen. Wieso sah sein Vater nicht nach, wie es ihm ging? Er könnte tot in der Bronze verschachert werden. Das schien ihm wohl egal zu sein.

 

Es klopfte laut.

 

„Bringdienst!“, hörte er die Stimme. Er griff nach seiner Brieftasche und stellte mit Schrecken fest, dass er kein Bargeld hatte. Nicht mal mehr eine müde Dollar-Note. Scheiße.

 

Er öffnete die Tür. „Sagen Sie, nehmen Sie Visa?“ Der Latino starrte ihn fassungslos an.

 

„Was? Zwanzig Dollar, Sir.“, sagte er dann.

 

„Ich… habe gerade kein Bargeld.“, gestand Spike gereizt.

 

„Sie haben bestellt. Jetzt bekomme ich zwanzig Dollar. Oder ich verschwinde und Sie kriegen eine Rechnung von uns mit den zwanzig Dollar und dem Geld für die Anfahrt und die Unkosten.“ Der Junge wechselte das Standbein.

 

Gott… Am liebsten hätte Spike geschrieen, aber er ließ es bleiben. Widerwillig schritt er an dem Jungen vorbei.

 

„Warten Sie.“, befahl er knapp. Er klopfte widerwillig. Aber er war Diplomat. Er konnte verhandeln. Ein rothaariges Mädchen öffnete. Sie hatte einen Joghurtbecher in der Hand. Sein Magen knurrte.

 

„Entschuldigen Sie, mein Name ist Spike Giles, von nebenan.“ Ihr Mund öffnete sich. „Könnten Sie mir zwanzig Dollar leihen? Ich bringe Sie morgen wieder.“ Sie starrte ihn immer noch sprachlos an. „Ahem… hallo?“ Ob sie taub war?

 

„Ahem… klar. Eigentlich schon. Aber ich hab auch kein Bargeld. Ich frag Buffy.“

 

„Oh, nein, nicht…“, begann er, aber das Mädchen war bereits verschwunden. Der Latino stöhnte gereizt. Es dauerte einen Moment, ehe die kleine Blonde an die Tür kam. Sie sah ihn so an, wie er erwartet hatte.

 

„Sie wollen Geld von mir?“, fragte sie leise, aber zornig. Wieder hatte sie es geschafft, vollkommen voller Erde zu sein. Wohnten sie dort drüben in einem Misthaufen? Sie bemerkte seinen Blick, und klopfte sich rasch die Krümel von der schmutzigen Bluse.

 

„Ich will es mir leihen, ja. Heute werde ich bestimmt nicht mehr das Haus verlassen.“ Er deutete unwillig auf seine leicht geschwollene Nase. Sie schien etwas sagen zu wollen, verkniff sich das aber.


„Gut, meinetwegen. Aber das bekomme ich mit Zinsen zurück.“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. Er knirschte mit den Zähnen. Was für ein Miststück.

 

„Meinetwegen.“, gab er knapp zurück. Sie ging wieder rein. Die Tür schwang auf, und er musste sich eingestehen, dass diese Wohnung wirklich netter aussah als seine. Überall standen Schränke voller Bücher, Stühle, Teppiche, aber weiter hinten im Raum sah es aus wie im Urwald. Wenn er sich nicht täuschte, dann lag ein kleiner Baum auf dem Küchenfußboden. Das erklärte den Dreck.

 

Sie kam wieder.

 

„Hier.“ Er nahm die Dollar-Noten und reichte sie dem Jungen.

 

„Danke. Wiedersehen.“ Damit verschwand dieser auch eilig. Als hätte er besonders viel zu tun. Diese Typen ließen sich doch sowieso viel zu viel Zeit, dachte er grimmig.

 

„Gute Nacht.“, sagte sie, aber er musste fragen.

 

„Wieso liegt ein Baum in ihrer Küche?“ Sie hielt inne.

 

„Das ist kein Baum. Das ist ein Strauch.“ Er hob seine Augenbraue. Sie seufzte. „Ich bin Gärtnerin.“ Oh. Das erklärte einiges.

 

„Und alle Gärtner haben einen Strauch in der Küche?“, fragte er jetzt zweifelnd.

 

„Es geht Sie nichts an, ok?“ Wahrscheinlich sprach sie sowieso nur mit ihm, weil er eine blutig geschlagene Nase gehabt hatte, vermutete er.

 

„Meinetwegen. Aber ich glaube, das ist hier ein Nichtsträucherkomplex und es ist verboten, Sträucher in der Wohnung zu haben.“, sagte er jetzt. Sie seufzte.

 

„Er ist hier nicht für immer. Morgen wird er eingepflanzt.“

 

„Sie verkaufen Sträucher in Ihrer Gärtnerei?“ Er hatte keine Ahnung von Pflanzen. Er erinnerte sich dunkel, dass seine Mutter die meiste Zeit im Garten verbracht hatte. Er hatte ihr gern zugesehen, aber es war, als läge ein Schleier über seiner Erinnerung an diese Zeit.

 

„Ich bin bei den Grünen Gartenzwergen.“, erklärte sie mittlerweile gereizt. Seine Mundwinkel hoben sich, aber seine Nase schmerzte.

 

„Die Grünen Gartenzwerge? Klingt wie eine schlechte Band.“ Sie verdrehte die Augen.


„Wir sind eine…“

 

„Ich weiß.“ Er kannte diese Einrichtung sogar. Kümmerten sich um arme Viertel, die keine Bepflanzung hatten. Ziemlich unnötig, befand er, aber er sagte es nicht. Erst jetzt wunderte er sich, dass er überhaupt mit ihr sprach.

 

„Wirklich?“, fragte sie ungläubig, und er ruckte unwirsch mit dem Kopf. Die Tüte in seinem Arm wurde langsam schwer.

 

„Ich bringe Ihnen morgen das Geld.“, sagte er jetzt. „Wie viel Zinsen verlangen Sie?“ Sie tat so, als denke sie darüber nach.

 

„Geben Sie mir einfach nur die zwanzig Dollar.“

 

„Selber schuld.“, erwiderte er und verschwand in seiner Wohnung.

 

 

Teil 4

 

 

Er hasste Schulden, also beeilte er sich am nächsten Tag vor Sonnenuntergang aufzustehen. Aber als er drüben an die Tür klopfte, war niemand da. Er würde nach draußen gehen. Er musste sowieso einkaufen. Wenigstens das nötigste. So wie Klopapier. Es war seltsam. Dinge, die selbstverständlich dagewesen waren, waren es jetzt nicht mehr.

 

Er war schon fast bereit, Angels Ratschlag zu berücksichtigen. Heiraten erschien doch nur ein kleiner Verlust. Immerhin müsste er nie selber Klopapier kaufen, zum Teufel.

 

Er hatte keine Ahnung, wo in dieser Welt hier ein Laden sein sollte. Er konnte sich nicht erinnern, überhaupt schon mal eingekauft zu haben. Aber gegenüber sah er dafür etwas anderes. Ein Schild hing über einer Schaufensterfront. Summer’s Garden.

 

Das war die Gärtnerei! Langsam überquerte er die Straße. Die Fenster hingen voller Pflanzen, deren Namen er nicht kannte. Eine Frau goss gerade die Pflanzen, aber es war nicht seine Nachbarin.

 

Er kam näher, bis er durch die Scheiben sehen konnte. Tausende von Pflanzen waren dort drinnen. Und er konnte nicht bestreiten, dass der Anblick nicht angenehm war. Dann sah er sie. Definitiv nicht voller Dreck. Anscheinend sah sie für ihre Kunden anders aus.

 

Anders traf es nicht.

 

Schön, war das Wort, das ihm nur schwer in den Sinn kam. Tatsächlich. Ihre Haare hingen nicht in dem unschönen Zopf, sondern fielen in Wellen über ihre Schultern. Sie erklärte gerade einer Kundin etwas. Sie lächelte dabei ständig.

 

Er betrat den Laden, ohne darüber nachzudenken.

 

Die Kundin bekam ihre Hängepflanze gerade eingepackt und verabschiedete sich mit vielen Worten. Dann entdeckte sie ihn.

 

„Oh, Mr Giles.“ Ihr Lächeln verschwand. Er registrierte das.

 

„Hallo. Ich schulde Ihnen noch Geld.“, sagte er gerade heraus. Sie nickte.

 

„Ja, richtig. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie schon wach sind.“, bemerkte sie spöttisch. Kurz verstand er nicht, dann glätteten sich seine Falten auf der Stirn.

 

„Ja, ich dachte…“ Er wusste nicht, was er dachte. „Ich muss einkaufen. Wissen Sie, wo der nächste Laden ist?“ Er legte hundert Dollar auf den Tresen.

 

„Mr Giles, das kann ich jetzt noch nicht wechseln.“, erklärte sie etwas peinlich berührt. Er hob die Augenbraue.

 

„Sie können keine hundert Dollar wechseln?“ Sie sah ihn  böse an.

 

„Nein, kann ich nicht.“

 

„Dann läuft der Laden wohl nicht gut.“ Er lächelte ein gemeines Lächeln und fragte sich noch in derselben Sekunde, weshalb er das gesagt hatte. Sie schob ihm sein Geld zurück.

 

„Wissen Sie was, vergessen Sie’s. Sie schulden mir nichts. Ich nehme kein Geld von Ihnen an.“ Sie wandte sich ab. Er biss sich auf die Wangen.

 

„Ms Summers, entschuldigen Sie.“, knirschte er. Sie wandte sich gereizt um.


„Schon gut. Vergessen Sie es einfach. Entschuldigen Sie mich, ich muss arbeiten. Manche von uns müssen das nämlich noch.“

 

„Ich weiß, was Abreit ist, verflucht. Ich hatte selber eine Arbeit. Die beste Arbeit dieser Welt.“ Er verlor die Nerven. Sie sah ihn abfällig an. Er fing sich wieder. „Hören Sie, Sie kommen einfach mit. Zum Einkaufen. Ich habe keine Ahnung, wo hier was ist. Und dann kann ich Ihnen das Geld passend geben.“, schlug er vor. Sie schüttelte langsam den Kopf.

 

„Ich arbeite. Ich kann nicht einfach gehen.“ Jetzt kam die andere Frau

 

„Buffy, ich mach das schon. Ich kann für eine halbe Stunde übernehmen, das geht schon.“

 

„Tara, das ist nicht nötig.“, sagte sie.

 

„Oh, Tara, das finde ich wirklich sehr nett. Das wäre mir wirklich ein große Hilfe.“, unterbrach Spike die Blonde mit einem charmanten Lächeln.


„K…kein Problem.“, sagte das Mädchen namens Tara jetzt. Dafür sah ihn die kleine Summers nicht so freundlich an.

 

„Also?“, fragte er. Seine Laune war besser geworden, stellte er fest. Sie seufzte.

„Ich gebe Ihnen auch fünfzig Dollar.“, bot er jetzt.

 

„Schon gut. Ich zeige Ihnen den Laden.“ Sie griff sich ihre Jacke, die wohl unter dem Tresen gelegen hatte. „Bin gleich wieder da, Tara.“ Spike folgte dem Mädchen. Die Glocke läutete, als sie den Laden verließen.

 

„Und jetzt?“

 

„Jetzt gehen wir die Straße runter und dann sind wir da.“, sagte sie etwas verwirrt. Er war selber überrascht.

 

Der Laden war kleiner als er gedacht hatte. Und hier kauften Menschen ein?

 

„Was ist, Mr Giles? Die Trauben beißen nicht. Sie können reinkommen.“ Sie lächelte nachsichtig. Eilig schloss er zu ihr auf, achtete aber darauf, nichts zu berühren.

 

Wo war hier das Klopapier im diesem Labyrinth von Gängen, fragte er sich.


„Sie haben gar keinen Wagen genommen?“, erkundigte sie sich und er sah sie verwirrt an.

 

„Wagen? Für was? Wo wollen Sie hin?“ Tatsächlich lachte sie das erste Mal.

 

„Sie sind witzig. Einen Einkaufswagen.“

 

„Oh.“ Nein. Wo konnte man die denn kaufen?

 

„Ich hole ihn.“, seufzte sie und ließ ihn stehen. Sie kam kurz darauf zurück. Oh, die Einkaufswagen standen also vorne. Da musste man erst drauf kommen. „Wollen Sie schieben?“, fragte sie grinsend. Er betrachtete den Metallwaren.

 

„Wissen Sie, wie viele Menschen, den schon vor mir angefasst haben?“ Sie verdrehte die Augen und ging ohne ihn weiter. „Hey, warten Sie.“ Er lief ihr nach.

 

„Vielleicht sollten Sie daran arbeiten, nicht alles zu sagen, was Sie denken.“, sagte sie bitter.

 

„Was? Was habe ich gemacht?“ Verwirrt lief er neben ihr her.

 

„Vergessen Sie’s. Was brauchen Sie überhaupt.“ Er zuckte die Achseln.

 

„Klopapier. Und Seife.“, sagte er schließlich.

 

„Und?“ Sie sah ihn wartend an.

 

„Was und?“

 

„Was essen Sie?“, fragte sie geduldig.

 

„Chinesisch? Obwohl, heute wahrscheinlich Griechisch. Ich hatte die letzte Woche Chinesisch.“ Sie starrte ihn an.

 

„Ich meine, brauchen Sie kein… Brot, Zucker, Salz, Marmelade, irgendwas?“ Er überlegte. Er hatte keine Ahnung. „Was ist Ihre Lieblingsmarmelade?“, fragte sie jetzt.

 

„Ahem…“ Das war doch lächerlich. Er hatte keine Ahnung. Die Marmelade hatte die Köchin immer in der Kristallschale auf den tisch gestellt. „Die Rote.“, sagte er lapidar. Und wieder lachte sie. Es war ein schönes Lachen.


„Aha. Erdbeere, Kirsche, Heidelbeere, Johannisbeere? Welches Rot.“

 

„Wissen Sie, dass ist mir etwas viel.“ Er fuhr sich durch die blonden Haare. Sie lachte immer noch.

 

„Ok, ich suche Ihnen die Sachen und dann können Sie mir morgen sagen, ob sie Ihnen geschmeckt haben.“ Das würde bedeuten, er sah sie morgen wieder. Das gefiel ihm ganz gut. „Was kochen Sie denn heute Abend? Das sollten wir gleich…“ Sie unterbrach sich. „Können Sie kochen?“

 

Er grub seine Zähne in seine Unterlippe. Er konnte dafür wasserdichte Verträge abschließen. Das zählte doch auch einiges.

 

„Ok. Was essen Sie denn gerne?“ Er kam sich vor ein kleines Kind.

 

„Wachteln. An Brunnenkresse.“, sagte er schließlich.


„Jaah. Die Wachteln scheinen heute aus.“, sagte sie lächelnd. „Und Brunnenkresse ist hier nicht. Wie wäre es mit Pasta? Können Sie Nudeln kochen?“

 

„Summers, ich kann deine Fragen alle recht einfach beantworten: Ich war noch nie in einer Küche.“ Langsam reichte es ihm. Was dachte sie? Dass er von der Straße kam?

 

„Bedauerlich. Kochen macht Spaß.“ Sie nahm anscheinend zur Kenntnis, dass er sie so eben geduzt hatte. „Wissen Sie, kommen Sie heute Abend rüber zu Willow und mir, und ich zeige Ihnen, wie man Nudeln kocht.“

 

Und sein Mund sprach, ohne dass er es verhindern könnte.

 

„Ich glaube, ich habe keine Lust mich noch einmal von dem Riesen schlagen zu lassen.“ Sie lächelte nicht mehr.

 

„Riley ist nicht da.“

 

„Ach nein? Dein Freund sieht also nicht jeden Abend nach dem Rechten?“, fragte er spöttisch.

 

„Er ist nicht mein Freund, und ich kann auf mich selbst aufpassen.“ Sie warf wahllos ein paar Produkte in den Wagen. Er hatte eigentlich keine Lust kochen zu lernen.

 

„Macht man sich beim Kochen schmutzig?“, fragte er unsicher.


„Kommt drauf an, was Sie kochen wollen.“, bemerkte sie verwirrt.

 

„Ich muss die Kleiderfrage klären.“ Sie sah ihn an.

 

„Ich denke, Walsh und Kroger werden Ihre Sachen schon sauber bekommen.“ Sie war schlagfertig, das konnte er nicht leugnen. „Also, kommen Sie heute Abend?“, fragte sie schließlich.

 

„Sie wollen mich vergiften, oder?“, fragte er jetzt wieder förmlich. Sie lächelte wieder.

 

„Verlockend. Aber nein. Ich wüsste nicht, wohin mit Ihrer Leiche, Mr Giles.“

 

Mit einem Lächeln reichte er ihr seine Hand.

 

„Spike.“ Argwöhnisch musterte sie diese Geste.

 

„Heißen Sie wirklich Spike?“, fragte sie jetzt.

 

„Nein.“, erwiderte er, mit immer noch ausgestreckter Hand. „Mein Name ist William. Allerdings fand ich den Spitznamen passender.“

 

„William gefällt mir besser.“ Damit schüttelte sie seine Hand. Sie lag warm in seiner.

 

 

~*~

 

 

 

Sie war sich nicht ganz sicher, warum sie dem arroganten Mann half, aber jetzt hatte sie schon die Töpfe rausgeholt und sich sogar einen Rock angezogen. Es war schon fast lächerlich.

 

Aber es klopfte pünktlich um sieben an ihre Tür.

 

Er trug eine dunkle Anzughose und ein rotes Hemd. Es stand ihm gut. In seinen Händen hielt er eine dunkle Flasche. Es war Champagner stellte sie erschrocken fest. Und nicht irgendeiner, obwohl schon irgendeiner teuer gewesen wäre, nein, es war der teuerste.

 

„Mr Giles… wieso haben Sie Champagner dabei?“


„Bringt man nicht immer irgendwas mit?“, fragte er ratlos.

 

„Ja… vielleicht eine Flasche Billigwein, aber keinen Perrier-Jouet!“, las sie das Etikett. Sie wusste nicht einmal, wo er den herhatte, denn der Supermarkt hatte ihn bestimmt nicht.

 

„Sie mögen ihn nicht?“, fragte er skeptisch.

 

„Das… ist es nicht. Es… ist nur unpassend.“, sagte sie.

 

„Hm. Sie sind die erste, die es für unpassend hält.“ Anscheinend war er beleidigt.

 

„Nein, ich… es ist sehr nett. Es ist… einfach nur nicht nötig. Ich tue Ihnen einen Gefallen, Mr Giles. Das ist alles.“ Er nickte.


„Dann trinke ich allein. Mir ist es gleich. Und sagen Sie Spike.“

 

„Hatten Sie nicht schon angefangen mich zu duzen?“ Es war ihr im Laden wohl aufgefallen.

 

„Ja, aber da Sie meinen Champagner nicht wollen…“, begann er.

 

„Meinetwegen, Spike. Nach dem Essen.“ Er lächelte.

 

„Wo ist deine Mitbewohnerin?“ Er sah sich um. Was er wohl dachte?

 

„Sie… muss noch arbeiten.“

 

„Aha. Was arbeitet sie?“ Sie sah wie er in Regale guckte und die Bücher inspizierte.

 

„Sie ist Bibliothekarin. Oder wenigstens fast.“, fügte sie hinzu. Sie nahm an, dass Willow bald der Boss der Bücherei sein würde, so viel wie sie wusste.

 

„Nett.“, sagte er nur.

 

„Ja. Jetzt kommen Sie her. Sonst verpassen Sie noch etwas.“ Er stellte sich neben Sie. Er roch gut. Sie hatte keine Ahnung, warum er hier wohnen musste, als reichster Mann von New York. Aber sie wollte ihn auch nicht wirklich fragen.

 

„Gleich kocht das Wasser. Sehen Sie?“ Er nickte und runzelte die Stirn. Sie nahm die Spaghetti aus der Packung, dann ließ sie sie senkrecht in den Topf fallen. Er beobachtete jede Bewegung.

 

„Das ist alles?“, fragte er spöttisch.


„Ja. Jetzt kommt die Fertigsoße in den anderen Topf, etwas Sahne dabei, dann ist die auch fertig.“

 

„Etwas unspektakulär.“, bemerkte er sichtlich enttäuscht.

 

„Es sind keine Wachteln.“, erwiderte sie. Natürlich war es nichts Besonderes. Das hier war nicht das Ritz-Carlton.

 

„Ich denke, das kann ich auch. Allerdings besitze ich keine Töpfe. Kann man die auch im Laden kaufen?“, fragte er jetzt. Sie schüttelte grinsend den Topf.


„Mr… Spike, wie lange haben Sie vor hier zu wohnen?“ Er musterte sie kurz.

 

„Wenn ich Glück habe, ein halbes Jahr.“, sagte er schließlich.

 

„Das wissen Sie so genau?“ Er legte den Kopf schräg.

 

„Dann werde ich heiraten.“, erklärte er und klang selber völlig überrascht.

 

„Sie… sie heiraten? Wen?“ Sie war interessierter als es angebracht war.

 

„Eine… Frau.“ Sie lächelte.


„Das dachte ich mir.“

 

„Muss man die nicht umrühren?“ Anscheinend wollte er das Thema wechseln. Sie rührte die Nudeln im Topf.

 

„Sie können auch rühren.“ Sie gab ihm den Löffel. Er nahm ihn mit spitzen Fingern. „Keine Angst.“, sagte sie lachend.

 

„Ich habe keine Angst. Aber ich habe nicht endlos viel Geld für die Reinigung.“, fügte er hinzu.

 

„Sie könnten auch in den Waschsalon gehen.“, schlug sie vor. Sein Blick war Gold wert.

 

„Waschsalon?“, fragte er jetzt abfällig und betonte das Wort wie etwas Ekliges.

 

„Ja. So wie normale Menschen auch, die sich keine Waschmaschine leisten können.“ Er rührte etwas steif die Nudeln um.

 

„Ich kann mir hunderttausend Waschmaschinen leisten. Wahrscheinlich eine Millionen Waschmaschinen plus Trockner. Nur eben nicht im Moment.“, knurrte er. Aber sie ließ sich nicht einschüchtern.

 

„Tja, dann müssen Sie sich wohl anpassen. Sie sind doch Geschäftsmann.“ Er hob den Blick. Seine Augen waren fast grau.

 

„Sieht so aus.“

 

 

Es waren nur Spaghetti, aber anscheinend schmeckte es ihm besser als sein chinesisches Essen. Immerhin. Sie konnte nicht anders, als ihn zu beobachten. Seine ganze Gestalt war elegant. Und wie er aß. Als würde er Diamanten essen. Oder Glas. So vorsichtig.

 

Sie hätte nicht gedacht, mit ihm zu essen. Sie kannte sein Gesicht aus der Zeitung und erinnerte sich noch an Willow und ihr Gespräch darüber, dass die meisten gutaussehenden, reichen Männer immer Arschlöcher waren.

 

Sie nippte an dem Champagner. Er schmeckte wie Sonne, wie Frankreich, und sie wagte nicht zu schätzen, wie teuer diese Art Champagner wohl war.

Er betrachtete sie stirnrunzelnd.

 

„Was?“, fragte sie und tupfte sich eilig mit der Serviette über den Mund, aber er schüttelte den Kopf.

 

„Nichts.“, sagte er und legte seine Servierte beiseite.

 

„Ok.“, erwiderte sie. „Wollen Sie mir irgendwas von sich erzählen, Spike?“, fragte sie jetzt und kam sich blöd vor. Er lächelte plötzlich.

 

„Was soll ich Ihnen erzählen? Mein Leben ist nicht gerade… privat gewesen.“, sagte er schließlich.

 

„Nein.“, gab sie zu. „Aber Sie wissen, was ich tue, wo ich arbeite und was ich von Rauchern halte.“ Er lächelte wieder.

 

„Jaah. Ich glaube, ich sollte gehen.“

 

„Weil Sie Raucher sind?“, fragte sie verwirrt.


„Nein. Ich… sollte Ihre Zeit nicht beanspruchen.“ Er erhob sich plötzlich. Sie tat es ihm gleich.

 

„Alles… in Ordnung?“, fragte sie.

„Sicher. Das war sehr… nett. Danke sehr, Ms Summers.“ Was hatte sie gesagt? Hatte sie etwas gesagt? Sie wüsste nicht, was es gewesen sein könnte. Hatte sie ihn beleidigt?

 

Aber er war aufgestanden und hatte ihre Wohnung verlassen, ehe sie ihn fragen konnte.

 

 

Teil 5

 

 

Als er aufwachte blieb er noch eine Weile liegen. Er schlief auf der Ledercouch. Noch hatte er sich geweigert ein Bett anzuschaffen. Noch hatte er sich nicht mit seinem Schicksal abgefunden gehabt.

 

Aber jetzt lag er hier und war sich nicht sicher, was er dachte.

 

Der Abend gestern war ein Abend, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Fast hatte er für einen Moment vergessen, was es hieß, reich zu sein und warum es so wichtig war. Fast hatte er vergessen, wie sehr er seinen Vater dafür verabscheute, dass er ihn enterbt hatte.

 

Aber er hatte sie angeguckt, dieses unschuldige, wunderschöne Mädchen, mit den Grübchen, den grünen Augen, der ausnahmslos perfekten Figur, hatte ihr zugehört, hatte Nudeln umgerührt – und er hatte sich für einen wilden Moment lang vorstellen können, dass es vielleicht nicht so schlimm wäre zu heiraten.

 

Nicht unbedingt sie, aber das Gefühl, was er gehabt hatte, war… Es hatte sich angefühlt, wie… Wie was? Wie früher, dachte er dumpf. Ja. Es hatte sich wie früher angefühlt. Als seine Mutter noch lebte.

 

Er erinnerte sich an den Tag. Er erinnerte sich gut. Und er gab sich immer noch die Schuld. Er wusste nicht, ob ihm sein Vater die Schuld gab, und ob er ihn deswegen so sehr verabscheute.

 

Es war ein Herbstabend gewesen. Er hatte seinen Abschluss gemacht. Wirtschaftsrecht hatte ihm gelegen. Es war leicht gewesen, bester zu sein. Vor allem hatte sein Vater so viele Spenden getätigt, dass die Universität gar nicht anders konnte, als ihn als besten abschließen zu lassen.

 

Allerdings hatte sein Vater keine Zeit gehabt an seiner Abschlussfeier da zu sein.

Seine Mutter war da gewesen. Sie hatte so viele Fotos gemacht, sie war stolz gewesen, hatte ihn aber gewarnt, nicht so besessen zu werden, wie sein Vater.

 

Er hatte nicht genau gewusst, was sie meinte. Er hatte seinen Vater nur selten gesehen, weil er sich im Geschäft vergraben hatte. Er war kein Familienmensch gewesen.

 

Sie waren nach Hause gefahren. Er hatte sich umziehen wollen und dann wollte er mit Angel feiern gehen. Nur die Jungen. Ohne seine Mutter. Er hatte gar nicht schnell genug nach Hause kommen können.

 

Sie waren in die Limousine gestiegen. Und sie hatte seine Hand genommen. Sie war so stolz gewesen. Sie hatte sogar geweint. Der Wagen hielt. Zu viele Paparazzi hatten ihn umzingelt. Der Fahrer konnte nicht fahren.

 

Er war wütend geworden, weil er unbedingt nach Hause wollte. Er hatte das Fenster runter gelassen und geschrieen, sie sollten alle verschwinden, er würde sie alle anzeigen.

 

Dann war Frank losgefahren. Die Paparazzi hinter ihnen her. Spike hatte den Fahrer gedrängelt, schneller zu fahren, hatte geflucht und gesagt, er käme sonst zu spät. Seine Mutter hatte ihn gemaßregelt und gesagt, es wäre zu gefährlich, aber der Fahrer hatte schon beschleunigt. Sie jagten durch die Stadt. Aber es war nass auf den Straßen. Es hatte geregnet, überall lagen Blätter.

 

Und der Wagen kam ins Schleudern. Die Telefonzelle war aus dem Nichts gekommen. Der Aufprall war so hart, dass er bewusstlos geworden war. Er hatte nicht mitbekommen, wie der Notarzt kam und sie ins Krankenhaus gefahren hatte.

 

Frank hatte nur leichte Verletzungen, weil nur der hintere Teil der Limousine gegen die Telefonzelle geprallt ist. Die Zelle gab es jetzt nicht mehr.

 

Seine Mutter allerdings hatte es schlimmer erwischt.

 

Sie war nicht mehr aufgewacht von ihrer Gehirnerschütterung. Jenny Giles war noch in derselben Nacht verstorben. Und er wusste, er würde es sich nicht vergeben. Er würde jetzt so viele Dinge anders machen, könnte er diesen Tag noch einmal wiederholen.

 

Sie würde nicht sterben und er wäre auch nicht seine Schuld. Dann würde sein Vater ihn nicht verabscheuen. Wahrscheinlich wusste sein Vater, dass es ein Unfall war und dass sein Sohn nichts dafür konnte, aber es machte es nicht besser.

 

Denn immer, wenn sie an diese Geschichte dachten, da war automatisch klar, dass er auch im Wagen gewesen war. Und er lebte noch. Seine Mutter nicht. Er hatte seinen Vater nie gefragt. Er hatte auch Angst vor der Antwort.

 

Ob sich sein Vater wünschte, er wäre anstatt seiner Mutter gestorben? Wäre es besser gewesen? Sie hätten ja noch ein Kind bekommen können.

Sein Vater war nie wieder ausgegangen. Er hatte Spike angelernt, hatte ihm beigebracht, ein Geschäftsmann zu werden.

 

Für Verabredungen hatte Rupert Giles kein Interesse mehr gezeigt. Auch nicht für die Ehe.

 

Spike schloss die Augen. Selten erlaubte er es sich, darüber nachzudenken. Es schmerzte. Er verdrängte den Schmerz immer. Jeden Tag. Seit zehn Jahren.

 

Und Angel hatte recht. Es brachte ihn um, nichts zu tun. Und er ging immer wieder die wichtigen Firmendaten durch, ob sein Vater auch an alles gedacht hatte, Vertragsabschlüsse, Treffen mit wichtigen Kunden… Aber wahrscheinlich hatte sein Vater alles im Griff.

 

Er hatte auch bestimmt den Zwerg wieder eingestellt. Wie war sein Name? Levinson? Ja. Aber was sollte er arbeiten? Und wo? Überrascht stellte er fest, dass es noch früh war.

 

So früh war er selten wach gewesen. Er hatte den ganzen Morgen noch vor sich. Er könnte was essen. Nichts Kaltes vom Chinesen aus dem Kühlschrank. Nein, er hatte Brot und richtige Sachen zum Essen.

 

Und Kaffee konnte er kochen. Er hatte jahrelange Erfahrung darin. Kaffee war sein Elixier. Aber… würde er das tun, dann musste er sich wohl oder übel damit abfinden, dass sein Vater gewonnen hatte. Nicht er. Und dass er sich ändern würde, und dass er lernen musste, sich anzupassen.

 

Und er fiel. Ine in ungeahntes schwarzes, tiefes Loch.

 

Und er blieb dort. Und er dachte an seine Mutter. Er dachte an seinen Vater. Und er dachte an Buffy Summers. An ihr Lachen. Und an ihre Furchtlosigkeit, ihm tatsächlich die Meinung zu sagen.

 

Er schloss die Augen.

 

 

~*~

 

 

„Und du willst es mir nicht erzählen?“ So wie Willow grinste, hatte sie sich schon die Geschichte zusammen gereimt.

 

„Nein.“

 

„Ich meine, hier stehen nicht jeden Tag zwei Gläser auf dem Tisch und du kochst auch nicht jeden Tag. Vor allem nicht, wenn ich nicht da bin.“

 

„Willow, bitte.“ Aber ihre Freundin sah begeistert aus.


„Oh, Buffy! Bist du verlieb?“, flötete sie jetzt, aber Buffy schüttelte unwirsch den Kopf.


„Nein, natürlich nicht. Das ist vollkommen absurd?“

 

„War Riley hier? Hast du gelogen? Er ist doch mehr als ein Freund, oder?“ Fast dachte Buffy, würde sie anfangen auf und ab zu springen. Sie seufzte langsam.

 

„Nein, Riley ist nur ein Freund. Mehr nicht. Wie ich dir schon gesagt habe.“ Nachdenklich betrachtete Willow ihre Freundin.

 

„Ja, eigentlich macht es Sinn. Der Champagner ist auch wesentlich zu teuer, für Rileys kleines Gehalt. Dir ist vielleicht nicht klar, dass eine Flasche von dieser Sorte mehr als viertausend Dollar kostet.“ Ihr Mund klappte auf. Das hatte sie natürlich nicht angenommen.

 

„Viertausend Dollar?“, fragte sie vollkommen überrumpelt und versuchte sich genau an den Geschmack zu erinnern. Gott, hätte sie das geahnt!

 

„Oh ja. Mal sehen, welcher sterbliche Mensch könnte sich sowas leisten?“ Sie grinste jetzt breit. „Oh mein Gott, Buffy! Du hast dir den Jackpot geholt, oder?“ Sie strahlte fast.

 

„Was? Nein, Willow, habe ich nicht.“ Dennoch wurde ise rot, denn jetzt wusste Willow, wer hier gewesen war.

 

„Spike Giles! Buffy, du wirst eine Prinzessin sein!“

 

„Werde ich nicht. Warum auch? Ich kann ihn überhaupt nicht leiden. Und er wird heiraten. Und er sich nicht mehr gemeldet.“ Sie hatte das alles sehr schnell gesagt. Willow runzelte die Stirn.


„Er wird heiraten? Darüber haben die Nachrichten aber nichts gesagt.“ Buffy stöhnte.

 

„Tja, er hat es mir gesagt. In einem halben Jahr.“

„Na dann hast du doch noch Zeit. Er wird sich schon um entscheiden.“

„Willow!“

 

„Oh komm, Buffy. Er ist hübsch, er ist reich, du lädst ihn zu uns zum Essen ein…“

 

„Ich habe ihn nicht eingeladen, ich habe ihm gezeigt, wie man kocht.“, erklärte sie trotzig, und Willow lächelte verzückt.

 

„Oh, das ist süß, Buffy! Wie romantisch.“

 

„Da war nichts Romantsches.“, gab sie wütend zurück. „Er ist nach dem Essen gegangen.“

 

„Hat er dich geküsst?“, flüsterte Willow aufgeregt. Und Buffy spürte tatsächlich einen leichten Stich  der Enttäuschung.


„Nein, hat er nicht, Willow. Aber er ist auch verlobt. Wieso sollte er es tun? Und außerdem haben wir uns doch darauf geeinigt, dass er ein Monster ist.“ Willow seufzte.

 

„Aber das ist er doch vielleicht gar nicht. Und vielleicht ging es ihm nicht gut, als er gegangen ist. Hast du schon bei ihm geklopft? Vielleicht könntet ihr den Abend wiederholen?“ Sie grinste wieder.

 

„Nein. Das würde ich nicht wollen. Es ist mir auch egal.“ Willow grinste immer noch.

 

„Ich werde zu Tara gehen. Das heißt, die Wohnung gehört dir. Tu, was du willst. Erzähl es mir nur später.“ Buffy verzog den Mund. Willow und Tara waren erst seit Weihnachten zusammen, aber seit dieser neuen Entwicklung, sah Buffy noch weniger von ihrer besten Freundin.

 

Aber sie konnte nicht leugnen, dass sie ab und zu an ihn dachte. Und das ohne Hass und Abscheu. Denn tatsächlich war er hübsch. Und eigentlich war er wirklich nicht nur unausstehlich. Eigentlich war er… ganz in Ordnung, für einen reichen, arroganten Mann.

 

Vielleicht sollte sie bei ihm klopfen. Nur um zu sehen, wie er zurecht kam, ob er schon gekocht hatte, und ob seine Wohnung noch in Ordnung war. Ja, sie konnte doch rüber gehen. Ohne Absichten, allerdings.

 

Sie warf einen Blick in den Spiegel. Sie war in der Gärtnerei gewesen, also sah sie nicht schmutzverkrustet aus, sondern nett und sauber. Sie war sich nicht sicher, ob er es sah, oder ob es überhaupt wichtig war, aber sie machte sich mehr Gedanken, als sie es noch vor einer Woche getan hatte.

 

Albern war es.

 

Sie verließ die Wohnung und klopfte zaghaft an die Nachbartür.

 

„Mr Giles?“, rief sie leise und klopfte erneut. Sie bekam keine Antwort. Wenn sie richtig überlegte, hatte sie ihn seit zwei Tagen nicht gehört. Dabei bevorzugte er es doch, seinen Fernseher laut zu haben und laut Musik zu hören.

 

„Spike?“, rief sie lauter, aber immer noch blieb es stumm hinter der Tür.

 

Sie runzelte die Stirn. Aber natürlich durfte er auch mal nicht Zuhause sein. Was ging es sie an? Vielleicht suchte er sich einen Job. Ja, vielleicht. Oder er war bei seiner Verlobten….

 

 

~*~

 

 

Es war nachts, als sie von dem Krach aufwachte. Er kam von draußen. Jedenfalls nicht aus ihrer Wohnung. Sie setzte sich auf. Es war dunkel. Der Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es viertel vor fünf war. Eine Stunde, bevor sie aufstehen musste. Sie hasste es, nicht genug Schlaf zu bekommen. Schlaf war wichtig.

 

Wieder das Geräusch. Es klang, als würde jemand Möbel umwerfen. Es kam vom Flur. Sie erhob sich eilig. War es Willow? War Willow da?

 

Sie eilte über den Flur. Nein, Willows Zimmer war leer. Dann schlief sie für gewöhnlich bei Tara. Was ging hier vor? Sie zog sich ihren Bademantel über und lief zur Tür. Es war dunkel im Flur. Das konnte sie jedenfalls durch den Spion erkennen. Aber sonst nichts. Wieder das Geräusch. Sie schreckte zurück.

 

Schließlich sagte sie sich, dass sie hier nicht wie ein Feigling stehen konnte.

 

Sie zog die Tür energisch auf. Sie schlug auf den Lichtsachalter und bevor sie etwas sagen konnte, hatte er sie entdeckt.

 

„Oh. Hey Summers…“ Der britische Akzent war nun deutlich. Sie nahm an, er war betrunken. Er schlug mit der Faust gegen die Tür.

 

„Was… was tun Sie da?“, fragte sie fassungslos. Seine Haare wirkten durcheinander, wobei sie das nicht sicher sagen konnte, denn seine Frisur wirkte immer etwas verwegen.

 

„Ich versuche rein zu kommen.“, erklärte er grinsend.

 

„Sie… haben einen Schlüssel, oder Spike?“ Er grinste.

 

„Ja und Nein.“

 

„Was?“ Gott, war er betrunken.

 

„Er passt nicht mehr.“

 

„Das glaube ich nicht. Sie machen alle wach. Lassen Sie mich aufmachen.“, sagte sie leise und trat auf den Flur.

 

„Bist du… darunter nackt?“ Ein Hunger trat in seinen Blick, und sie schüttelte hastig den Kopf.

 

„Nein.“ Sie nahm den Schlüssel, der auf dem Boden lag. Sie öffnete die Tür.

 

„Das ging vorher nicht!“, rief er begeistert aus. Es sah aus, als gewitterte es draußen. Helle Blitze erhellten den Flur. Sie konnte die Müllberge im Wohnzimmer nur erahnen. Alles leere Pizzaschachteln, Boxen vom Chinesen, Tüten von Fastfood Ketten. Er kochte also nicht.

 

„Sind das Blitze?“, fragte sie verwirrt, aber er taumelte an ihr vorbei.

 

„Nein, Summers.“, erklärte er bitter. „Das sind dämliche Fotografen.“

 

„Fotografen? Wieso sollten…?“ Dann hielt sie inne. Natürlich. Er war berühmt. Sie wunderte sich, dass die Fotografen und Reporter nicht schon eher hier waren. „Was haben Sie getan, Spike?“, flüsterte sie angstvoll. Er grinste ein teuflisches Grinsen.

 

„Ich habe mit erlaubt Spaß zu haben, Summers.“ Er kam ihr seltsam vor. Vollkommen anders.

 

„Wo waren Sie?“

 

„Aus.“, erklärte er grinsend.

 

Sie schüttelte den Kopf. „Aber… was wollen die von Ihnen?“

 

„Ich…“ Er überlegte kurz, ehe sein Grinsen breiter wurde. „Ich habe mich vielleicht… etwas anders verhalten als sonst. Und vielleicht…“ Er kicherte jetzt, „… vielleicht habe ich ein klein bisschen etwas über meinen Vater erzählt. Er ist ein Arschloch, weißt du?“, lachte er jetzt. Buffy schüttelte den Kopf.

 

„Legen Sie sich hin.“

 

„Kann ich dich mitnehmen? Nicht, dass ich heute noch keinen Sex gehabt hätte, aber das wäre um Längen besser.“ Sein Grinsen schwand und der hungrige Ausdruck trat wieder in sein Gesicht. Sie schüttelte fassungslos den Kopf.

 

„Nein, Spike. Sie gehen einfach schlafen.“

 

„Allein?“ Er schob die Unterlippe vor, während es weiter Blitze hagelte. Gut, dass sie im zweiten Stock waren.

 

„Ja. Gute Nacht.“

 

„Buffy?“, rief er, als sie sich umgedreht hatte. Widerwillig wandte sie sich um. Was hatte sie nur gedacht? Dass er doch kein geldgieriges Biest war?

 

„Was?“

 

„Du bist ein Spielverderber.“, sagte er grinsend und sie verließ seine Wohnung. Sie hoffte, sein Kater würde ihn morgen umbringen. Und wenn der es nicht tat, dann hoffte sie, sein Vater würde es tun.

 

 

Teil 6

 

 

„Fälliger Skandal des gefallenen Sohns

 

Schon seit Wochen war nicht klar, welche Fehde Vater und Sohn zerrüttet haben könnte. Bis letzte Nacht. Endlich wurde Spike Giles wieder im New Yorker Nachtleben entdeckt. Die High Society hatte sich schon Gedanken gemacht.

 

Begleitet von drei namenlosen Frauen hatte Spike Giles sich seinen Weg durch nahezu jeden New Yorker Club gebahnt. Für gewöhnlich gestattet er den Paparazzi weder Fotos noch spricht er mit ihnen. (Anm. d. Redaktion: Vor zehn Jahren starb seine Mutter durch die Verfolgung von Paparazzi im selben Auto. Giles kam ins Krankenhaus und überlebte den Vorfall, Ausgabe 13.12.27.18 NYS Oktober, 2000)

 

Nicht so an diesem Abend. Der Streit mit dem Tycoon Rupert Giles, seinem Vater und Vorgesetzten, hat ihn wohl verändert.

 

Tatsächlich bestätigten sich Pressegerüchte, wonach Spike Giles aus dem eigenen Unternehmen geworfen wurde. Rupert Giles hat persönlich die Entlassung seines Sohnes beantragt, fristlos, ohne Rechte am Firmenvermögen, mit lediglich nur einer Abfindung in sechsstelliger Höhe. Was für ein Fall des Prinzen von New Yorks!

 

Aber nicht nur das. Spike Giles wurde angeblich aus dem Testament entfernt, welches ihm wohl mit dem gesamten nicht schätzbaren Giles Vermögen bedacht hätte. Der Pflichtteil sei ihm sogar verwehrt, was den jungen Mann also nur mit einer Abfindung und arbeitslos zurück lässt.

 

Dennoch scheint Giles optimistisch und lässt sich seine Laune nicht verderben. Sein tiefer Fall scheint seiner Vorliebe für Partys keinen Abbruch getan zu….“

 

 

Spike schloss die müden Augen. Unglaublich. Er legte das Klatschblatt beiseite, dass ihm ein eifriger Reporter durch das geöffnet Fenster zugeworfen hatte, als er den Mief aus seiner Wohnung bekommen wollte.

 

Die Presse war wieder gnadenlos schnell. Und er war wohl gnadenlos betrunken gewesen. Ihm war klar, das war ein ziemlich dummer Schritt von ihm.

 

Es klopfte pausenlos an seiner Tür. Hier gab es wohl keine Sicherheitsvorkehrungen in diesem Haus. Und er hasste es. Er öffnete nicht, ließ die Vorhänge geschlossen, und er aß nicht, denn der Pizzajunge schaffte es nicht, sich seinen Weg durch die Reporter und Fotografen zu bahnen, die ihn belagerten und gerne mehr von seinem „tiefen Fall“ gehört hätten.

 

Immer wieder schrieen sie ihm durch die geschlossene Tür Fragen zu.

 

„Was planen Sie jetzt mit Ihrem Leben anzufangen, Mr Giles?“

 

„Werden Sie jetzt drogenabhängig, Mr Giles?“

 

„Wollen Sie Ihren Vater wirklich umbringen, Mr Giles?“

 

Er bereute tatsächlich, dass er sich hatte gehen lassen. Und das eigentlich nur, weil er genau wusste, wie sein Vater im Salon am Tisch saß und ihm irgendeine kleine Bedienstete die Zeitung brachte. Er würde den Artikel überfliegen, die Brille abnehmen und den Kopf schütteln.

 

Dann würde er in seine herrliche Firma fahren und weiter machen, als wäre nichts gewesen.

 

Spike stöhnte. Und er hatte noch die schwache Erinnerung, dass ihm Buffy Summers letzte Nacht geholfen hatte. Und er glaubte, er hatte sie gebeten mit ihm zu schlafen. Er hatte also grandios auf ganzer Linie versagt.

 

„Spike, mach die scheiß Tür auf!“ Diese Stimme kannte er, und seine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Gereizt quälte er sich aus seinem Sofa und taumelte zur Tür.

 

Angel hatte sich breitbeinig vor die Reporter gestellt und Spike wurde von den Blitzen der Kameras erschlagen. Er blinzelte verschlafen, und ehe er noch eine weitere Frage verstehen konnte, hatte Angel ihn in die Wohnung geschubst und die Tür wieder zugeschlagen und verriegelt.

 

„Das war ja weine Glanzleistung, nicht wahr?“ Spike hätte ihm gerne gesagt, er solle nicht so schreien, denn seine Ohren begannen zu klingeln.

 

„Angel…“

 

„Nein! Wie kannst du so was machen? Wie willst du so überhaupt auf die Beine kommen?“ Er wusste darauf keine Antwort. Und eigentlich wollte  er gar nicht auf die Beine kommen. Er hatte ein Leben gehabt.

 

„Was wird das? Ist das deine Art von Depression, Spike?“

 

Hm. Vielleicht. Er wusste es nicht wirklich. „Bist du wahnsinnig geworden?“, fuhr Angel ungerührt fort und zog die Gardinen mit einem Ruck wieder zu, so dass das Blitzgewitter kaum noch zu erkennen war. Er musterte ihn wie einen seiner vorbestraften Klienten.

 

„Was, Angel?“, knurrte Spike unwillig und Angel seufzte laut.

 

„Denkst du, so wird dein Vater irgendwas einsehen? Denkst du, so kannst du irgendwen überzeugen, dass du wenigstens auch nur ansatzweise versuchst, dem nachzukommen, um was dein Vater dich gebeten hat?“

 

„Er hat um gar nichts gebeten, Angel. Er hat mich vor vollendete Tatsachen und ein geändertes Testament gestellt. Ich bin offiziell raus aus der Familie, verflucht.“ Gott, es drehte sich alles in seinem Kopf.

 

„Spike, was ist los? Du gibst doch sonst nicht auf!“, schrie sein Freund. Spike vermutete, die Reporter hatten die Ohren an die Tür gedrückt und schrieben hastig alles mit. Er wandte sich grimmig ab.

 

„Das hat nichts mit aufgeben zu tun.“, erwiderte er gepresst.

 

„Ach nein? Mit was dann? Erklär‘s mir bitte.“, forderte sein Freund.

 

„Es geht dich überhaupt nichts an.“

 

„Oh, so ist das? Jetzt geht es mich nichts mehr an? Spike, ist dir klar, dass alle gegen dich sind? Alle, außer mir? Ist dir aufgefallen, dass auch du einen Freund brauchst? Denkst du, du bist eine bedauerliche Kreatur, der Unrecht getan wurde? Du irrst dich, Spike. Ich bin eben nur der einzige, der durch deine Monsterfassade blicken kann.“ Angel verengte die Augen. „Aber ich glaube, selbst ich kann das nicht mehr.“

 

Spike seufzte. „Sei nicht so dramatisch, Angel. Du bist schon wie mein Vater.“

 

„Spike, begreif doch! Du musst dich ändern. Jetzt. Vielleicht ist es auch schon zu spät. Vielleicht ist es nicht mehr wichtig für dich. Aber…“

 

„Halt den Mund!“, fuhr ihm Spike dazwischen. „Am besten verschwindest du. Ich brauche deine Kritik wirklich nicht, Angel.“

 

Sein Gegenüber musterte ihn. Und Spike konnte nicht einmal Verachtung erkennen, wie er sie bei vielen sah. Nein, er sah lediglich Enttäuschung und Nachsicht.

 

„Wie du willst. Mach deine Fehler allein. Ich habe sowieso keine Zeit mehr, sie auszubaden. Es ist zu undankbar.“ Seine Hand lag auf dem Türgriff. „Und du hast Recht. Welche Frau würde sich schon für dich erwärmen?“

 

Er war raus, ehe Spike die leere Flasche hatte werfen können.

 

Es dauerte noch Stunden, ehe die Polizei die Reporter und Kameramänner aus dem Gebäude erfolgreich entfernt hatte. Er überlegte, ob er sich bei irgendwem entschuldigen sollte. Bei Angel? Nein. Bei seinem Vater? Nein. Bei den Reportern, bei den Frauen von gestern, bei Buffy? Nein.

 

Es vergingen endlose Stunden, in denen er durch alte Filme schaltete. Die Nachrichten mied er entschieden, denn sie waren voll von ihm, von seinem Versagen, und das wollte er nicht sehen.

 

 

~*~

 

 

So etwas hatte sie noch nie erlebt. Sie hatte das Haus nicht verlassen können, hatte nicht einmal zur Arbeit gehen können. Die Reporter haben sich auf sie gestürzt, wie wilde Tiere, haben endlose Fragen gestellt, haben ihr sogar unterstellt, ein Verhältnis mit Spike Giles zu haben. Sie hatte vehement verneint, hatte sich kaum rechtfertigen können und hatte schließlich die Tür zugeknallt und sich gewünscht, sie hätte das Haus nicht verlassen.

 

Willow hatte ihr am Telefon von den ganzen Nachrichten in den Zeitungen erzählt, aber Buffy war durch die Nachrichten bestens im Bilde. Deswegen wohnt er also hier.

 

Deswegen sprach er nicht darüber. Deswegen waren die Medien versessen auf ihn und seine Geschichte. Aber sie hätte es sich denken können. Weshalb sonst, sollte der Prinz auf sein Schloss verzichten? Der König hatte ihn rausgeworfen.

 

Tat er ihr leid? Sie versuchte sich wirklich, in seine Situation zu versetzen, versuchte zu begreifen wie es sich anfühlte, wenn man einen Tag lang alles hatte und am nächsten Tag ohne irgendwas da stand. Wie war es, wenn man sein Leben von heute auf Morgen aufgeben musste?

 

Aber er war ein verwöhnter Mann. Er musste ihr nicht leid tun, es war wahrscheinlich gut für ihn, dass er jetzt hier leben musste, dass er keine Arbeit mehr hatte. Ja, und er würde wohl auch keine Arbeit finden.

 

Sein Ruf schien zerstört. Das war er vorher auch schon, aber auf andere Weise.

 

Und dennoch hatte sie ein wenig Mitleid. Nur ein wenig. Und vielleicht… vielleicht brauchte er Hilfe. Vielleicht war er doch nicht alleine schuld an seiner Situation. Vielleicht konnte er eben nicht anders. Er war anders erzogen worden.

 

Sie verdrehte die Augen über ihre Gedanken. Und sie war sauer auf sich selbst und ihre Mitleidsader.

 

Durch den Spion schielte sie in den Flur. Es war niemand mehr zu sehen, aber der Boden war schmutzig und solch einen Boden kannte sie immer nur von großen Konzerten oder billigen Kinosälen. Sie zog die Tür auf.

 

Sie schlich zu seiner Tür und klopfte.

 

„Nein.“, kam seine gereizte Stimme von innen. Sie klopfte erneut. Lauter. Jetzt hörte sie seine Stimme näher kommen. „Ich denke nicht, dass noch irgendeine Kleinigkeit fehlt, die ich noch nicht in den Nachrichten gesehen haben, ihr gottverfluchten…“ Er hatte die Tür aufgerissen und hörte auf zu sprechen.

 

Er starrte sie an. Er sah müde aus. Er sah so aus, wie zu dem Zeitpunkt als er eingezogen war. Es war wie ein Rückfall. „Was?“, fragte er grimmig. Sie nahm ihren Mut zusammen.

 

„Also… ich… glaube nicht, dass ich Sie wirklich mag. Und ich glaube nicht, dass Sie meine Hilfe verdienen, aber ich… möchte Ihnen helfen.“, erklärte sie entnervt, und böse auf sich selbst.

 

„Sie wollen mir… helfen? Bei allem Respekt, Summers, aber ich denke, ich lehne dankend ab.“ Er wollte die Tür schließen, aber sie hatte kein Problem mit stur köpfigen Menschen. Ihr Vater war nicht unähnlich gewesen. Mit ihrer Hand hielt sie die Tür offen.

 

„Spike, hören Sie schon auf. Sie wissen, Sie brauchen Hilfe. Also, springen Sie über Ihren sehr großen Schatten und nehmen Sie einfach an.“ Er musterte sie.

 

„Was stellen Sie sich eigentlich vor? Denken Sie, es gibt in Brooklyn ein Hilfsprogramm für Verstoßene Millionäre? Das denke ich nicht.“

 

„Nein, Sie Idiot, aber sehen Sie sich an!“, forderte sie laut. „Sie sind ein Wrack. Sie können nicht kochen, Sie haben anscheinend noch nie für sich selbst gesorgt, Sie haben auch nie woanders als Zuhause gewohnt. Anscheinend haben Sie noch nie gelebt, Spike. Also, lassen Sie mich helfen. Was haben Sie zu verlieren?“

 

Jetzt lachte er freudlos. „Summers…“

 

„Buffy, mein Name ist Buffy. Und wagen Sie es nicht, abzulehnen.“ Er sah sie prüfend an. Dann wandte er den Blick ab und atmete sehr langsam aus.

 

„Für was?“, fragte er. Sie runzelte die Stirn.

 

„Was?“

 

„Für was soll das gut sein?“

 

„Für was ist es gut, dass sie vor sich hin vegetieren? Ist nicht alles andere besser, als allein im Dunkeln zu liegen?“, fragte sie, während sie ein Blick über seine Schulter ins Innere warf, was nicht gerade verlockend aussah.

 

Er überlegte noch einen Moment lang.

 

„Schön.“

 

„Ja?“ Sie war überrascht. Damit hätte sie eigentlich nicht gerechnet.

 

„Verwandeln Sie mich.“, entgegnete er spöttisch.

 

„Gut. Ziehen Sie sich was Sauberes an. Ich habe mitbekommen, über wie viel Abfindung sie verfügen, also werden wir ihre Wohnung einrichten.“ Er sah sie an, als wäre sie verrückt geworden. „Ja. Nicht gucken. Anziehen, Spike.“ Und mit einem letzten zweifelnden Blick gehorchte er. Äußerst widerwillig, aber er gehorchte.

 

Und sie ignorierte ihre innere Stimme, die sie gerade auslachte, weil sie sich viel zu sehr um einen gemeinen Menschen, ohne Aussichten auf Besserung kümmerte. Sie ignorierte, dass sie ihn ändern wollte, nur um zu sehen, ob er vielleicht doch ein besserer Mensch werden konnte. Und sie ignorierte, dass sie viel mehr auf ihr Äußeres achtete, wenn sie mit ihm zusammen war.

 

Sie wartete geduldig, bis er einigermaßen akzeptabel vor ihr stand. Die Fahne hatte er nicht überdecken können. Aber sie würde das ignorieren können.

 

 

~*~

 

 

 

„Wieso holen wir keinen Handwerker, Summers?“ Seine Stimme klang höchst gereizt. Aber das tat sie schon den ganzen Tag über.

 

„Weil wir das alleine können, Spike.“, rief sie ihm zu. Sie hatte noch nicht den richtigen Schraubenschlüssel gefunden.


„Ich bekomme Blasen an den Fingern.“, beschwerte er sich böse. Sie lachte leise.

 

„Das tut mir wirklich leid, Spike, aber Sie werden es überleben.“

 

„Ich brauche keine Deckenlampe!“, schrie er zornig, aber sie hörte gar nicht zu. Sie hatte den Schlüssel gefunden und kam zurück.

 

„Halten Sie das.“ Sie übernahm das Halten der Lampe für ihn, während sie auf die Leiter stieg.

 

„Was haben Sie vor?“, fragte er argwöhnisch.

 

„Ich prüfe, ob der Strom an ist.“, erklärte sie geduldig und griff nach dem Schlüssel.

 

„Was? Sind Sie verrückt? Sie können sich verletzen!“, rief er jetzt. Sie verdrehte die Augen. Der Schlüssel leuchtete nicht am Ende. Kein Strom.

 

„Gut, also weiter. Geben Sie mir die Klemmen.“ Sie deutete auf den neu gekauften Holztisch.“

 

„Summers, ich..“

 

„Die Klemmen. Plastik. Weiß. Tisch!“ Langsam wurde die Lampe schwer zu halten.


„Ich halte es für keine gute Idee.“, murmelte er, während er ihr gab, wonach sie verlangte. Sie klemmte alles fest, verstaute die überflüssigen Drähte unter dem kleinen Kästchen in der Lampe und stieg von der Leiter. Sie betrachteten ihr Werk.

 

„Sieht gut aus. Schalten Sie an.“ Er ging langsam zur Tür, wo der Schalter war, und betätigte ihn. Leicht beeindruckt sah er sie an.

 

„Es funktioniert. Sie können einiges.“, gab er zu. Sie war leicht geschmeichelt, aber Willow hätte es ihn fünf Minuten hinbekommen.

 

„Ok. Küche.“

 

„Ich weiß nicht. Haben wir nicht genug…“

 

„Nein. Wir bauen eben noch die Regale zusammen, dann Streichen wir das Wohnzimmer und dann haben wir genug getan. Für heute.“, fügte sie hinzu. Es wurde langsam dunkel draußen.

 

Er folgte ihr. Sie war beeindruckt, dass er ihr noch vertraute und tat, was sie sagte. Sie hatte längst mit einem Ausraster seinerseits gerechnet. Aber noch war es nicht soweit. Noch war er ganz zahm.

 

Nach dem Bauen der Regale und einer kleinen Spüle, war er am Fluchen und hatte schon ein Brett zerschlagen. Sie hatte Kaffee gekocht und er hatte sich etwas beruhigt, als sie ihm ein paar Kekse gebracht hatte.

 

„Haben Sie Kleidung, die dreckig werden kann?“ Er starrte sie an. Im Moment sah seine jetzige Kleidung schon nicht mehr besonders gut aus.

 

„Was? Meinen Sie noch dreckiger?“ Seine Stimme klang angewidert.


„Nein, ich meine, so dreckig, dass man sie wegschmeißen kann.“ Sein Mund klappte auf.

 

„Ich glaube nicht, dass ich so etwas jemals hatte.“, erklärte er spöttisch.

 

„Dann fangen Sie damit an. Denn nach dem Streichen werden Sie es müssen. Es sei denn Sie sind Experte, oder sie tun es nackt.“ Kurz hob sich seine Augenbraue und musterte sie eingehend.

 

„A…aber am besten, Sie trenne sich von irgendwelchen Sachen.“ Und jetzt zuckten seine Mundwinkel, während er in seine Schlafzimmer ging. Sie schloss kurz die Augen. Gott, sie musste aufhören rot zu werden.

 

Er kam wieder und sah immer noch teuer gekleidet aus.

 

„Sind Sie sicher?“

 

Er verzog den Mund. „Nein, natürlich nicht.“

 

„Gut, das muss reichen.“, erwiderte sie. Sie hatte schon Pinsel und Farbrollen auf die Folie gelegt und die Eimer geöffnet. Spike hatte sich für Afrika-Orange im Wohnzimmer entschieden. Ihr gefiel die Farbe auch. Sie war so… wild.

 

Nach zehn Minuten sah sie, dass ihm sein Rücken wehtat. Seine Mundwinkel wanderten nach unten und sie sah seine schlechte Laune schon ausbrechen. Sie stoppte abrupt und tauchte den Pinsel in die Farbe.

 

Da half nur Ablenkung. Sie war nicht bereit aufzugeben, woran sie glaubte. Sie glaubte, er würde sich bessern. Vielleicht nur ein bisschen. Sie holte aus und schwang den Pinsel. Jetzt war er gesprenkelt in orangen Flecken.

 

Fassungslos sah er sie an.


„Sind Sie verrückt? Ich hatte noch keinen einzigen Flecken!“, schrie er jetzt. Sie blieb tapfer.

 

„Na dann, wurde es Zeit, nicht wahr?“ Sie lächelte jetzt. Er schien nachzudenken. Nachzudenken, ob er schreien sollte oder ob er sie umbringen würde. Sie umklammerte ihren Pinsel.

 

„Jaah…“, sagte er schließlich, tauchte seinen Pinsel ein und blickte stur auf die Wand. „Wurde Zeit.“, wiederholte er grimmig. Anscheinend hatte ihr Trick nichts gebracht, aber er hatte nicht geschrieen. Bevor sie zu Ende gedacht hatte, hatte sie schon einen dicken, fetten Farbkleks im Gesicht.

 

Geschockt sah sie ihn an. Er hatte ein breites, böses Grinsen im Gesicht.

 

„Quitt pro Quo.“, erklärte er. Schließlich lächelte sie wieder.

 

„Ich spiele nicht fair.“ Erneut sprenkelte sie ihn. Er allerdings hob jetzt den gesamten Eimer hoch. „Nein, Spike, nein!“, kreischte sie und wich rückwärts zurück. „Die Farbe brauchen wir!“ Er schüttelte grinsend den Kopf.


„Nein, ich denke, ich brauch sie für was anderes.“ Und jetzt kam er schneller auf sie zu. Mit einem panischen Schrei rannte sie durch das Wohnzimmer. Aber es war nicht groß genug, um sich zu verstecken. Sie wich in die Küche zurück. Er folgte ihr.

 

„Nein! Nicht die Küche, die ist gerade fertig! Du kannst nicht…“, stotterte sie und bemerkte gar nicht, dass sie ihn duzte.

 

„Ich kann nicht? Ich glaube, es ist meine Wohnung, und ich habe die Farbe gekauft. Ich denke, ich kann schon.“, erklärte er und folgte ihr.

 

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. Die weißen, schönen Regale standen neben ihr. Mit großen Augen sah sie ihn an, als er einfach den Eimer über sie kippte. Sie schloss die Augen. Die Farbe lief über ihr Gesicht, durchtränkte ihre Haare, ihre Kleidung. Und er lachte schallend als sie sich die Farbe aus den Augen wischte.

 

Sie nickte schließlich. Sie nickte und warf sich ihm entgegen. Panisch ruderte er mit den Armen, damit sie ihn bloß nicht noch dreckiger macht, aber sie drückte sich schon an ihn.

 

„Oh, nein! Das kriegen Walsh und Kroger nie wieder raus.“, jammerte er. Sie griff mit den orangenen Händen in seine Haare und verteilte großzügig viel der klebrigen Masse darin. Er schloss die Augen.  Sie verteilte die Farbe auf seinem Hemd, seiner Jeans, seiner Rückseite. Überall, bis sie sich gerächt fühlte.

 

Er öffnete grinsend die Augen.

 

„So. Und jetzt?“ Sie wusste es nicht. Sie konnten unmöglich so weiter arbeiten. Und die Küche… Wie sie aussah… Sie musste lachen.

 

„Tja… weiß ich nicht.“

 

„Aha. Ich sehe schon. Streichen ist komplizierter als es aussieht.“ Er wischte sich achtlos Farbe von der Wange und machte die Hand an seiner Jeans wieder sauber. „Wir sollten duschen.“, schlug er jetzt vor.

 

„Zusammen?“, fragte sie und schalt sich in Gedanken. Nein, er meinte getrennt, du dumme Gans. Er hob allerdings schon die Augenbrauen.

 

„Nun, ich hätte nichts dagegen, Summers.“ Er lächelte ein unanständiges Lächeln. „Aber leider bin ich böse.“, fügte er leise hinzu.

 

„Ja.“, sagte sie leise und senkte den Blick. „Ich werde rüber gehen und…“ Plötzlich hatte er den Abstand geschlossen. Sie hob langsam den Blick. „… und mich drüben duschen.“, endete sie langsam.

 

Er sagte nichts. Stattdessen senkte er seinen Kopf. Sie vernahm das Rauschen des Bluts in ihren Ohren und wusste, sie sollte das nicht tun. Auf gar keinen Fall. Aber das plötzliche Kribbeln in ihrer Mitte verdrängte diese Sorgen.

 

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und berührte seine Lippe, ehe er es tun konnte. Kurz wirkte er überrascht. Aber wirklich nur sehr kurz. Er zog sie an sich, ehe sie begreifen konnte, dass sie ihn tatsächlich geküsst hatte.

 

Und, oh mein Gott, konnte er küssen! Hungrig glitt seine Zunge in ihren Mund und sie erwiderte den Druck als wäre sie berauscht. Es war egal, dass sie voller Farbe waren. Sie presste sich an ihn. Er schälte sie ungeduldig aus den klebrigen Sachen und seine Hände glitten ungeduldig an ihrer nackten Haut hinab.

 

Auch ihre Finger befreiten ihn von seinem Hemd. Sie wunderte sich nicht, dass er so muskulös war und sie wunderte sich auch nicht darüber, dass sie seine Erektion schon jetzt spüren konnte. Er küsste ihren Hals, leckte über die –Gott sei Dank mit Absicht gekaufte, nicht giftige Farbe – und biss sanft in ihre Halsbeuge. Sie stöhnte auf.

 

Sie krallte sich in seine Haare und er zog ihren BH von ihrem Körper. Hart saugte er ihre Brustwarze in den Mund und fast wäre sie weggeknickt.

 

„Dusche…“, murmelte sie abwesend und er hob sie übergangslos auf seine Arme. Es war beinahe zu perfekt. Seine grauen Augen wurden dunkler vor Verlangen und sie küsste ihn erneut. Ihr Verstand war nicht mehr da. Der war irgendwo in der Farbe untergegangen.

 

Seine Lippen waren zu perfekt, zu weich, zu verlockend, als dass sie widerstehen konnte.

 

 

Teil 7

 

 

Der Geruch der frischen Farbe hing noch schwer in der Luft. Aber er störte ihn nicht. Neben diesem Geruch erkannte er noch ihren. Süß, nach Erdbeeren und Vanille. Vielleicht irrte er sich auch. Ihre Hand lag ruhig auf seiner Brust.

 

Sie hatten noch nicht gesprochen. Für gewöhnlich zog er es auch vor, nicht zu sprechen, aber jetzt konnte er kaum erwarten, zu hören, was sie zu sagen hatte.

 

Immer noch war er etwas neben sich. Das hatte er sich von dem heutigen Tag nicht versprochen. Er versprach sich eigentlich nie etwas, egal von welchen Tagen. Aber heute hatte er seine Wohnung eingerichtet. Er hatte – na ja – gestrichen und dann hatte er auf einmal Sex in seiner Dusche gehabt. Und noch einmal in dem neuen Bett, welches er heute gekauft hatte. Und das Mädchen lag noch immer neben ihm.

 

Wortlos. Seit bestimmt einer Viertelstunde.

 

Und er wusste nicht, wie es hatte passieren können, wo er es doch nicht darauf angelegt hatte. Und er erlaubte sich nicht zu überlegen, warum er noch nicht aufgestanden war. Für gewöhnlich verharrte er nicht. Sex war für ihn notwendig, weil es eben so war. Aber danach war sein Verlangen gestillt.

 

Er war es nicht gewöhnt, dass dies nicht der Fall war. Wahrscheinlich, dachte er, lag es daran, dass reiche hirnlose Mädchen nach dem Sex meist keine Reize mehr zu verbergen hatten, aber bei Buffy hatte er gerade erst in ihre Welt hinein gesehen. Und es schien ihm, als wäre dies erst die grenzenlose Spitze.

 

„Schläfst du, luv?“, fragte er deshalb vorsichtshalber.

 

„Nein.“, flüsterte sie. „Ich denke, ich werde mich anziehen und dann rüber gehen.“ Automatisch hielt er sie etwas fester im Arm.

 

„Du willst gehen? Und du willst deine schmutzigen Sachen wieder anziehen?“ Sie schien nachzudenken.

 

„Nein, das kann ich nicht.“, gab sie schließlich zu.


„Ich… ich kann dir einen Bademantel geben, luv. Oder du bleibst einfach.“

 

„Ich kann nicht bleiben.“, murmelte sie und wollte sich tatsächlich aufrichten. Er gab sie resignierend frei. Sein Arm fiel auf die Matratze. Sie saß nun aufrecht. „Die Fotografen haben nur ein Verbot für heute.“, erklärte sie ärgerlich. „Sie kommen bestimmt morgen zurück und dann… bin ich hier und…“

 

„Und?“, fragte er. „Ist das so schlimm?“

 

„Ich bitte dich.“, sagte sie sehr sachlich. „Ich bin… eine unter vielen.“ Er setzte sich ebenfalls auf. „Oder nicht, Spike?“ Gut, vielleicht stimmte das teilweise. Sie war eine unter sehr vielen gewesen. Grob betrachtete, aber dachte sie, er würde aufstehen, sich anziehen und losziehen, um die nächste zu finden?

 

In seinem Kopf nämlich hatte er schon überlegt, dass sie morgen im hellen Sex haben könnten. Vielleicht, wenn die Küche fertig war.

 

„Wenn du gehen willst, dann musst du natürlich gehen. Ich werde dich nicht zwingen hier zu bleiben.“ Sie nickte daraufhin. „Was ist mit Morgen?“

 

„Was soll mit morgen sein?“, fragte sie jetzt. Sie klang nicht mehr freundlich.


„Machen wir morgen weiter mit der Wohnung.“

 

„Das habe ich wohl versprochen, oder?“ Sie klang nicht so, als ob sie sich freuen würde, morgen wieder zu kommen.

 

„Hör zu, wenn ich dir zuwider bin, hättest du mir das vorher sagen können, Summers.“ Er erhob sich und zog sich eine frische Hose über.

 

„Was?“ Sie hatte sich auch erhoben. Die Decke um den Körper gewickelt.

 

„Mein Sexleben steht nicht in jeder zweiten Zeitung, Spike!“

 

„Was hat das damit zu tun?“, schrie er jetzt zornig, und sie mied entschieden seinen Blick.

 

„So ziemlich alles.“, sagte sie grimmig. „Für dich war das Sport, richtig?“

 

Oh mein Gott. Er sah sie an.

 

„Hat es dir gefallen?“, fragte er jetzt vollkommen ernst.


„Was? Spike, was hat das…“

„Nein, antworte mir. Hat es dir gefallen, oder nicht?“ So schwer konnte es für sie doch nicht. Entweder sie sagte ja oder nein. Kurz zögerte sie.

 

„Du bist ein Idiot.“

 

„Also nein?“

 

„Ja. Ja, es hat mir gefallen.“ Er schloss langsam den Abstand.

 

„Dann mach es nicht kaputt. Ich gehe nirgendwo hin. Ich gehe nicht raus und habe jetzt noch mal Sex. Ich bin hier. Mit dir. Und da habe ich vor zu bleiben.“

 

„Bis ich dich langweile.“, sagte sie sehr leise, und er hob ihr Kinn mit seinem Zeigefinger an.

 

„Das… dürfte eine Weile dauern, luv.“ Er küsste sie sanft.

 

„Ich muss gehen.“

 

„Musst du?“

 

„Ja.“ Sie klang nicht mehr ganz so überzeugt. „Schließlich… bist du verlobt.“, flüsterte sie jetzt schockiert. Sie dachte, er wäre…? Wieso? Oh, er hatte es gesagt. Er lächelte.

 

„Ich bin nicht verlobt.“

 

„Aber das hast du gesagt.“

 

„Ja. Ich werde es auch irgendwann bald sein.“

 

Sie sah ihn verwirrt an.

 

„Wann denn genau?“, fragte sie jetzt. Sein Sensor hätte jetzt anspringen sollen. Präzise genau jetzt. Und er hatte sich später gefragt, warum er es nicht getan hatte. Er war doch nicht dumm. Aber er hatte es eben nicht gemerkt.


„Am besten in fünf Monaten. Sonst bekomme ich schließlich mein Geld nicht zurück.“ Er fuhr ihr lächelnd durchs Haar.

 

„Was?“ Sie starrte ihn fassungslos an.

 

„Na ja, das war die Bedingung meines Vaters. Deswegen werde ich irgendeine heiraten.“ Und jetzt merkte sein Kopf auch endlich, was er da sagte. Allerdings hatte sie sich schon seinen Bademantel übergezogen.

 

„Das ist wirklich gut zu wissen, Spike.“, erklärte sie kühl und verließ das Schlafzimmer. Er hechtete hinter ihr her.

 

„Nein, bitte. Das klang… das klang absolut scheiße.“ Sie hielt inne.

 

„Wieso? Weil du die Wahrheit gesagt hast? Du willst mich vögeln, bis du das Mädchen triffst, das du heiraten willst? Ich denke, das ist fair genug, Spike.“

 

„Summers, warte!“ Aber sie hatte seine Tür schon aufgezogen. Er folgte ihr und versuchte nicht in die noch feuchten Farbreste zu treten. „Ich habe nicht nachgedacht. Ich habe es nicht so gemeint!“

 

„Wie hast du es gemeint?“ Sie hatte noch einmal inne gehalten. Und er hatte keine Ahnung. Er hatte keine Ahnung gehabt, dass sie wütend werden würde, wenn er ihr sagte, er musste in einem halben Jahr heiraten. Wahrscheinlich würde er sie bis dahin gar nicht mehr kennen, weil sie nicht mehr mit ihm sprach und diesen Riley vögelte. Was sollte er sagen? Dass er sie bis dahin vergessen hatte? Er nahm das an.

 

„Wieso regt es dich auf?“, fragte er scharf. „Denkst du wir würden heiraten? Denkst du, wir verlieben uns, und dann leben wir glücklich bis ans Ende in dieser Bruchbude?“ Und ihm kam ein erschreckender Gedanke. Was, wenn sie sich verliebt hatte? Was, wenn dieses Mädchen, nicht einfach mit jemandem Sex hatte, nur weil sie eben Lust darauf hatte?

 

„Nein. Ganz bestimmt nicht. Ich bezweifel, dass es überhaupt irgendeinen Menschen auf der Welt gibt, der dich lieben könnte, William.“

 

Und sie ging. Und er wusste, er hatte sie verletzt, ohne dass er es wollte.

 

Er konnte sich nicht ändern. Es endete immer gleich. Er hatte noch keine… Beziehung gehabt. Wie sollte er sich, zum Teufel noch mal, verhalten? Anscheinend war alles was man sagte, immer vollkommen falsch.

 

Cordelia und Harmony waren nie so anstrengend gewesen. Sie hatten ihn nur abends gesehen, dann hatten sie mit ihm geschlafen und dann war er wieder abgezogen. Es kam ihm nur darauf an, dass er ab und an dieselben Sexpartner hatte, weil es manchmal angenehm war, sich etwas näher zu kennen.

 

Aber jetzt war alles anders.

 

Und sicher gab es auch die Möglichkeit, Buffy Summers zu heiraten, aber sie brachte ihm doch überhaupt keinen Profit. Und natürlich würde sie es überhaupt nicht wollen. Aber… dieser Gedanke war ja nur richtig gewesen, als er noch gedacht hatte, Sex und Heirat wären verschiedene Dinge.

 

Sein Kopf schmerzte.

 

Wieso hatte sie jetzt alles kaputt gemacht? Sie hätten hier gemeinsam aufwachen können und dann wären sie im Bett geblieben, bis zum Abend. Und vor allem, sie musste ihm helfen. Seine Wohnung sah jetzt noch schlimmer aus als vorher.

 

Also musste er sich irgendwie entschuldigen. Aber das hatte er vorher noch nie getan, fiel ihm auf. Wie entschuldigte man sich für so etwas? Er wusste es nicht. Vielleicht würde er doch einen Handwerker rufen, bevor er sich die Mühe machte und für ein Mädchen so viel Aufwand riskierte.

 

Ja, das klang nach einem guten Plan.

 

 

~*~

 

 

„Buffy, alles klar?“ Riley betrachtete sie von der Seite.

 

„Ja, bestens.“, murmelte sie, während sie einer der Stauden in den Boden setzte. Sie würde wahrscheinlich gut angehen, denn der Dünger war ausgesprochen teuer gewesen. Mit ihm hatte sie meistens Erfolg.

 

„Du bist so… abwesend.“, fügte er besorgt hinzu.

 

„Ich bin konzentriert, Riley. Ich arbeite.“

 

„Ja, aber früher konnten wir uns auch immer nebenbei unterhalten. Erinnerst du dich?“, neckte er sie, aber sie war nicht in der Stimmung für Späße.

 

„Ich muss hier fertig werden.“ Sie wandte sich von ihm ab und klopfte die Erde um die Wurzel fest. Dann goss sie die Pflanze und räumte ihre Sachen zusammen. Der kleine Straßengarten sah schon ganz beschaulich aus. Aber sie hätte gern ein größeres Budget. Dann könnte man sogar mit Wasserspielen arbeiten, mit größeren Grünflächen und vor allem mit größeren Pflanzen.

 

Aber Geld wuchs nun mal nicht auf Bäumen. Dann wäre sie die reichste Frau in New York. Mit den anderen Gärtnern zusammen, natürlich.

 

Riley war gegangen. Anscheinend war er jetzt beleidigt, aber sie störte sich nicht daran. Sie hatte genug von diesen Männern.

 

Zuhause wartete eine schöne Tiefkühllasagne auf sie. Zwar nicht das beste Essen, aber es war gut genug für sie. Dazu ein Glas Wein auf der Couch und ein guter Film. Keine Romanze, nein, was solides. So was wie Pulp Fiction oder Bad Boys.

 

Romantik hing ihr zum Halse raus. Damit machten sie Willow und Tara schon verrückt. Romantik war nichts Schönes. Es war einfach nur grausam und sie hatte es beim besten Willen nicht nötig.

 

Sie war in den Wagen eingestiegen. Sie fuhren zu viert zurück. Riley saß vorne und sprach nicht mehr mit ihr. Typisch. An ihrer Gärtnerei sprang sie raus, bedankte sich bei Xander fürs Fahren und machte noch einen Stopp bei Tara.

 

Die sah sie lächelnd an.

 

„Was?“ Hoffentlich hatten sie mehr Umsatz gemacht als sonst.

 

„Er war hier.“

 

„Wer war hier?“, fragte sie gereizt, obwohl sie wusste, wen sie meinte. Und dass sie sofort an ihn dachte, machte sie noch wütender. Tara wirkte überrascht.

 

„Mr Giles.“, sagte sie leise. „E…er hat nach dir gesucht. Aber ich hab ihm gesagt, du bist nicht hier.“

 

„Aha. Tja, ist ja auch egal.“

 

„Ist irgendwas passiert, Buffy?“, fragte das Mädchen und Buffy konnte nicht sagen, ob sie neugierig war, besorgt oder gar nichts von alldem.

 

„Nein. Was soll passiert sein?“ Sie wandte den Blick ab und prüfte, ob die Pflanzen genug Wasser hatten, aber Tara hatte wohl gerade erst gegossen. „Die Rosen sind schön angegangen, nicht?“, wechselte sie das Thema.

 

„Er hat auch Rosen gekauft.“, bemerkte Tara jetzt. Sie rümpfte die Nase. Hatte er sie für sie gekauft? Würde sie gleich hoch gehen und dann lagen dort Rosen vor ihrer Tür? Wie einfältig.

 

„Schaffst du es allein zuzumachen? Ich werde meine Lasagne schon mal in den Ofen schieben. Kommst du heute? Oder ist Willow bei dir?“


„Willow muss lange arbeiten. Ich bin heute bei mir. Aber ich k…kann auch zu dir kommen, wenn du willst, Buffy.“, bot sie sich an. Und für gewöhnlich hätte Buffy nichts dagegen, aber bei ihrer schlechten Laune wollten sie niemanden um sich haben.

 

„Nein. Ich… hab gemütliche Pläne allein.“, sagte sie bitter und verließ die Gärtnerei.

 

Und es lagen keine Rosen vor ihrer Tür. Und kurz, nur ganz kurz war sie enttäuscht. Wahrscheinlich hatte er sie der nächsten dummen Kuh gegebn, die auf ihn reingefallen war.

 

Dabei war es so albern auf ihn wütend zu sein, nur weil er irgendwann irgendwen heiraten wollte. Sie hatte eigentlich überhaupt kein Recht wütend zu sein, weil… na ja, sie hatte mit ihm geschlafen. Es war eine Nacht. Mehr war es nicht.

 

Aber vielleicht mochte sie ihn ein bisschen. Natürlich nicht wirklich, denn er war wirklich ein Arschloch. Aber er musste denken, sie wäre vollkommen verrückt nach ihm und wütend, weil er ihr nicht sofort einen Antrag gemacht hatte. Gott, sie war ein Idiot. Natürlich hatte er ihr keine Blumen gekauft. Welcher Mann hätte das schon?

 

Oder lag sie falsch? Hatte sie vollkommen verständlich reagiert und gar nicht überzogen? Sie schloss die Tür auf und betrat die leere Wohnung. Willow arbeitete zu viel. Aber sie hätte sowieso keine Lust gehabt, mit Willow darüber zu sprechen, denn Willow wäre überhaupt nicht über die Tatsache hinweg gekommen, dass sie mit ihm Sex gehabt hatte.

 

Und oh Gott, was für fantastischen Sex. Das war alles. Nur der Sex war schuld an ihren Gedanken. Wieso musste er auch so gut gewesen sein? Als hätte sie noch nie vorher guten Sex gehabt! Dabei hatte sie tonnenweise guten Sex gehabt. Na ja, zumindest Sex. Normalen Sex.

 

Sie hörte drüben Geräusche, und bevor sie noch lauschte, schaltete sie den Fernseher ein und drehte ihn so laut, bis sie die Geräusche nicht mehr hören konnte. Sie hatte einfach einen dummen Fehler gemacht. Sie würde einfach nie mehr mit ihm reden.

 

Es lief Schlaflos in Seattle im Fernsehen. Und sie hatte schon nach einem Action Film gegriffen, aber letztendlich lag dieser vergessen auf dem Tisch und sie saß doch heulend auf dem Sofa und fragte sich, ob Meg Ryan noch rechtzeitig von Bill Pullman wegkam um auf das Empire State Building zurück zu gehen.

 

Sie war erbärmlich.

 

Aber sie hoffte, er würde in seiner halbfertigen Wohnung verzweifeln und für immer im Chaos leben müssen.

 

 

Teil 8

 

Er versuchte gar nicht erst, seine Finger anzusehen. Die Schnitte und Blasen verunstalten nahezu jeden Zentimeter seiner sonst unbeschadeten Haut.

Grimmig schraubte er die Schrauben in seinen Fernsehtisch.

 

Das Wohnzimmer roch nach frischen Rosen. Er war erbärmlich gewesen. Eigentlich wollte er sie vor ihre Tür gelegt haben, aber dann hatte er überlegt, dass sie denken könne, er liebe sie vielleicht und dann säße er wieder in der Falle.

 

Er liebte sie leider nicht, und deswegen wäre es verletzend.

 

Aber… vielleicht liebte sie ihn ja auch nicht. Etwas zu fest drehte er die Schraube und das Holz bekam einen Riss um das Gewinde. Er flucht6e unterdrückt, aber da es die Tischunterkante war, würde man es nicht sehen.

 

Verflucht. Das war doch keine menschliche Arbeit.

 

Er saß jetzt seit zwei Tagen allein in seiner Wohnung und schraubte. Aber dafür hatte er die Küche sauber bekommen. Die Farbe war leicht abgegangen. Das Wohnzimmer hatte er fertig gestrichen und das Sofa hatte hervorragend gepasst. Den Teppich hatte er abgeholt und jetzt sah sein Wohnzimmer wie ein Wohnzimmer aus.

 

Der Kühlschrank war vorhin angekommen und jetzt lebte er langsam in einer richtigen Wohnung. Mit Blumen auf dem Tisch.

 

Er war ein wenig stolz auf sich. Er wusste, er brauchte noch eine Arbeit. Aber wahrscheinlich würde es ihm nicht gelingen einen ähnlichen Posten in der Führung zu ergattern. Wer würde ihn einstellen?

 

Das hatte er gründlich versaut. Er wusste auch gar nicht wirklich, was er tun wollte. Abgesehen von Unternehmensführung war er in seinen Eigenschaften sehr beschränkt. Er konnte nicht wirklich Schränke zusammen bauen. Er konnte auch nicht gut mit Pflanzen.

 

Er hatte keine Ahnung von Kunst. Gut, er wusste, was etwas wert war, aber war selber nicht begabt. Er konnte nicht malen, keine Bücher schreiben, er hatte zwar eine alte Gitarre, aber auch musikalisch gesehen war er eine Niete.

 

Also blieb ihm die Geschäftswelt. Aber was gab es außer Mischkonzernen? Was brachte ihm genauso viel Geld? Verlagswesen. Aber er mochte keine Bücher. Nun, schon. Er hatte viele gelesen, aber sein Leben einem Haufen Büchern zu widmen, erschien ihm lächerlich.

 

Er brauchte irgendwas. Einen Anstoß. Oder Hilfe. Wieder einmal. Aber Angel würde er nicht mehr fragen können. Erst mal würde er nicht mit ihm reden und dann wollte er auch ungern seinen Stolz opfern.

 

Es klopfte an seiner Tür. Stöhnend erhob er sich. Heimarbeit ging auf den Rücken. Aber wirklich. Er wusste schon, weshalb er körperliche Arbeit – abgesehen von der im Fitnessstudio – abgelehnt hatte.

 

„Ja?“ Misstrauisch betrachtete er den Mann vor ihm. Er hielt einen Block und einen Stift in der Hand. Er kannte ihn nicht. Er vermutete, dass es sich wieder um einen Geier von irgendeiner Zeitung handelte, die ihm Böses wollte.

 

Der Mann lächelte jetzt ein breites Lächeln. Seine Haare waren streng gegeelt. Sein Jackett war dunkelrot und wenn er ihm nicht irgendwas Buntes verkaufen wollte, dann war es doch reichlich unpassend für diese Tageszeit.

 

Jetzt streckte er ihm die Hand entgegen. „Mr Giles? Louis Lorne. Nennen Sie mich einfach Lorne.“ Doch Spike zögerte. Wieso sollte er ihm die Hand reichen? Sein Misstrauen gegenüber Menschen, würde er nicht ablegen. Nicht in diesem Leben.

 

„Und was wollen Sie?“ Galant zog Lorne die Hand zurück.

 

„Ich kam nicht umhin, Ihre Geschichte zu verflogen, Mr Giles.“ Natürlich. Wer kam schon umhin, dies nicht zu tun, fragte er sich bitter und musterte den seltsamen Mann.

 

„Und?“

 

„Ich verstehe, Sie sind Geschäftsmann? Geschäftsmann mit großem Potential, aber zurzeit erfolglos?“ Dieser Paradiesvogel ging ihm jetzt schon auf die Nerven.

 

„Ich hoffe doch, Sie wollen auf irgendwas hinaus, denn ich verlieren meine Geduld.“, knurrte er. Er musste sich von irgendeinem dahergelaufenen Vogel nicht erzählen lassen, er sei erfolglos. – Auch wenn es stimmte.

 

„Was ich meine ist, Sie sind zurzeit unbeschäftigt?“ Er warf einen Blick hinter ihm und runzelte die Stirn. „Oder sie beschäftigten sich mit Innenarchitektur? Das Orange ist etwas zu viel, finden Sie nicht?“ Spike atmete scharf ein.

 

„Lorne, ich habe zu tun.“

 

„Geben Sie mir nur einen Moment, Mr Giles.“ Wieder lächelte der Mann. Und es war kein hässliches Lächeln. Es war ein Lächeln, das – so absurd es war – einnehmend erschien. Beinahe freundlich. „Ich habe vor Kurzem Besitz erworben. Es ist eine nette Bar. Das soll es werden.“, fügte er hinzu, immer noch dieses geheimnisvolle Lächeln. „Und… Sie scheinen ein Händchen für Skandale und die richten Orte zur richtigen Zeit zu haben.“

 

Spike hatte nicht die geringste Ahnung, auf was dieser Mann hinaus wollte.

 

„Deshalb frage ich Sie, ob Sie Interesse hätten, mir bei der Vermarktung meiner Bar zu helfen?“ Spike starrte den bunten Mann an. Er hatte ohne Zweifel einen besonderen Stil mit seinem dunklen Jackett und der tadellosen Erscheinung.

 

Und gerade hatte er noch ein Zeichen verlangt, dass ihm zeigen würde, was er tun sollte, aber die Bar eines Verrückten zu vermarkten erschien ihm doch zu viel.

 

„Was soll das heißen? Sie wollen, dass ich Ihnen helfe eine Bar aufzuziehen? Sehe ich so verzweifelt aus, Mr Lorne?“

 

„Einfach nur Lorne.“ Das Lächeln blieb in seinem Gesicht. „Ich denke einfach, dass Sie im Moment eher weniger zu tun haben, aber dass Sie – öffentlich gesehen – ein sehr begehrtes Zielobjekt sind.“ So konnte man es wohl auch ausdrücken. Er lehnte sich gegen den Türrahmen. Außerdem brauche ich Ihre Hilfe nicht bei der Errichtung meiner Bar, denn sie ist fertig. Ich brauch nur jemanden, der dort hingeht.“

 

„Sie sagen, Sie wollen mich kaufen, damit die Leute zu Ihnen kommen?“ Es kam ihm absurd vor. Absolut.

 

„Exakt.“

 

„Wieso mich?“, fragte Spike, dem die ganze Sache seltsam vorkam.

 

„Wieso nicht? Sie entsprechen… meinem Ambiente, um es so auszudrücken.“ Spike verwirrte diese Aussage.

 

„Was soll das für ein Ambiente sein?“

 

„Kein gewöhnliches.“ Der Mann blieb kryptisch.

 

„Hören Sie, ich wüsste nicht, warum ich meine Zeit opfern sollte, um Versuchskaninchen zu spielen, Lorne.“, sagte er schließlich, aber der Mann blieb gelassen.

 

„Hier ist meine Karte. Ich eröffne heute Nacht. Sie können sich die Bar ansehen. Nur ansehen. Wenn Sie Ihnen nicht gefällt, dann brauchen Sie nicht kommen. Wenn Sie Ihnen aber gefallen sollte, dann überlegen Sie sich, ob sie einsteigen wollen.“ Einsteigen wollen? Als Partner? Spike betrachtete die Karte. Caritas, hieß die Bar. Sie lag etwas außerhalb von Manhattan.

 

„Was ist das für eine Bar?“, fragte Spike widerwillig.

 

„Angenehm. Dunkle Farben, Karaoke, hübsche Kellnerinnen…“ Spike runzelte die Stirn.

 

„Ich denke nicht, dass ich interessiert bin.“ Aber Lorne zuckte die Schultern.

 

„Kommen Sie vorbei. Entscheiden Sie dann.“ Er nickte und wandte sich von ihm ab. Spike blieb verwirrt an seiner Tür zurück. Da kam ein Mann aus dem Nichts, wenn er darüber nachdachte, was er tun sollte, und erzählte ihm von einer Bar, bei der Partner werden sollte, weil er gut zum Ambiente passte?

 

Er wusste nicht, ob es ihm gefiel. Wahrscheinlich gefiel es ihm überhaupt nicht.

 

Aber eigentlich hatte er nicht viel zu verlieren. Irgendwann musste er mal wieder raus und Alkohol trinken. Vielleicht eher weniger als sonst. Und dort hatte er die Gewissheit, dass ihn niemand kennen würde, denn so weit außerhalb lauerten die Papparazzi ihm nicht auf.

 

Gut. Er würde sich das überlegen. Wann wurde einem schon mal sein Wunsch so prompt erfüllt? Wenn auch auf eine etwas andere Art, wie er gedacht hatte.

 

 

~*~

 

 

Der Aufzug des Mannes hatte ihn eingeschüchtert und auch, wenn es albern war, zog er doch sein dunkel blaues Jackett an, was eigentlich viel zu gut aussah.

Er nahm sich en Taxi und zahlte schlappe dreißig Dollar für diese Fahrt.

 

Er stieg aus. Er nahm wage an, dass es sich hier um Queens handelte. Er war noch nie in seinem Leben hier gewesen und er überlegte, dass er hier auch bestimmt nicht erschossen werden wollen würde. Aber niemand war ihm gefolgt.

 

Keine Fotografen hatten auf ihn gewartet und er war jedem Reporter entkommen. Sie waren an jedem seiner bevorzugten Clubs vorbeigekommen. Dort standen wie immer hunderte an Fotografen, die lauerten, aber sie hatten alles hinter sich gelassen.

 

Der Fahrer ließ ihn zurück. Er hoffte nur, dass er hier in dieser Einöde noch ein Taxi finden würde, was ihn wieder mit zurück nahm. Und weiter hinten sah er das dunkelrote Schild.

 

Caritas, stand da in verschlungenen Buchstaben. Er beschleunigte seine Schritte und zog die Tür auf als er da war.

 

Er wurde erschlagen. Alles war dunkles Mahagoni. Die Wände, die Theke, die Decke. Der Boden war maßgefertigtes Parkett mit Mosaikmustern. Unbenutzt, und es roch noch alles neu.

 

Dunkelrote Tücher waren über den Wänden drapiert, alte Musikinstrumente hingen von der Decke, hier und da gab es Podeste, wo runde Tische standen. Bequeme Ledersessel waren überall verteilt und ausgerichtet auf die Bühne. Es wirkte, als könnten dort auch Burlesque Shows stattfinden.

 

Keine Gäste waren da. Es gefiel ihm auch besser ohne Leute, die alles mit Zigarettenrauch zerstörten. Obwohl Rauch wahrscheinlich hervorragend gut passend würde, überlegte er jetzt.

 

„Mr Giles, Sie sind gekommen.“ Lorne trug jetzt einen grünen Anzug. Es war unglaublich, wie gut es passte. Spike nahm an, er hatte den Club entworfen.

 

„Es ist wirklich ein schöner Club. Viel Arbeit, nehme ich an.“ Lorne lächelte. Ihm war sein Lächeln den ganzen Tag über im Gedächtnis gewesen.

 

„Oh, ich war nicht allein. Ich gebe Ihnen die Tour.“ Damit führte er ihn durch seinen Club. „Das hier ist unser Barmann, Gunn. Er macht die besten Manhattans, die Sie sich vorstellen können. Das sind die Kellnerinnen, Fred, Faith und Kennedy. Ich bevorzuge Brünett.“ Wer tat das nicht, stimmte ihm Spike in Gedanken zu. Allerdings dominierte in seinem Kopf zurzeit blond als bevorzugte Farbe mehr.

 

„Und das ist Wesley. Er hat kalkuliert und ist dafür verantwortlich, dass nur schwarze Zahlen jeden Monat auf dem Papier stehen.“ Das war also die Truppe.

 

„Was kann ich für Sie tun?“, fragte Spike jetzt nachdem er allen zugenickt hatte.

 

„Das heißt, Sie wollen einsteigen, Mr Giles?“ Lorne betrachtete ihn eingehend. Fast als wollte er in seine Seele blicken.

 

„Ja, ich denke, ich werde Ihnen helfen, den Laden voll zu bekommen. Es wäre eine Schande, wenn etwas so Schönes leer sein würde.“ Lornes Lächeln wurde breiter.

 

„Ausgezeichnet, Mr Giles.“ Sie schüttelten Hände. Lornes Händedruck war angenehm. Spike konnte trotzdem den Gedanken nicht völlig verdrängen, dass dieser Mann möglicherweise homosexuell war. „Ich möchte gerne, dass Sie das tun, was Sie am besten können. Ich möchte Aufmerksamkeit.“ Spikes Mundwinkel hoben sich.

 

„Kann ich einen Vorschlag machen?“, fragte er jetzt und fixierte die Bühne.


„Bitte.“

 

„Was passiert auf der Bühne?“ Lorne ruckte mit dem Kopf.

 

„Wir denken an Karaoke, an Auftritte von unbekannten Künstlern…“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

 

„Und was ist mit Shows?“

 

„Sie meinen Striptease?“ Lornes Lächeln schwand.

 

„Nein. Ich meine Burlesque. Tänzerinnen. Keine nackten.“ Sein Blick glitt zu den drei Mädchen, die sich auch hervorragend eignen würden, denn sie sahen alle drei annehmbar aus. Aber die Brünette in der Mitte verschränkte angriffslustig die Arme.

 

„Ich werde mich bestimmt nicht auf die Bühne stellen, mit nichts weiter als einer Korsage und für hundert sabbernde Männer meinen erste Klasse Hintern schwingen.“ Spike erinnerte sich, dass sie Faith hieß.

 

„Gut, dann extra Kosten. Aber ich denke, solche Art von Shows würden ein anderes Publikum anziehen, als Karaoke.“ Er betonte das Wort etwas abwertend. Lorne schien zu überlegen.

 

„Ok. Sie besorgen mir, was Sie für richtig halten. Machen Sie Werbung, Mr Giles. Wenn die Leute Ihre Burlesque Show mögen, dann behalten wir diese Idee. Wenn nicht, ist Karaoke ein passable Alternative.“

 

Spike schlug erneut ein.


„Deal.“

 

 

~*~

 

 

 

Er saß seit Stunde über dem Konzept, hatte ziemlich viel telefoniert und war schließlich ernst genommen worden. Zwar hatte er erwartet keine Zusagen zu bekommen, weil sein Ruf im Moment hier am Boden lag, aber anscheinend hatten die meisten Menschen noch genug Angst vor ihm.

 

Er hatte eine kleine Tanzgruppe an Mädchen arrangiert, die er schon im Apples gesehen hatte, als er einmal dort gewesen war. Er war sich sicher, zwei Mädchen hatte er auch mit nach Hause genommen. Er hatte den Namen der Truppe herausgefunden. Sie waren nicht billig, aber wenn er richtig kalkuliert hatte, würde es sich auszahlen.

 

Dann gab es natürlich Eintrittspreise.

 

Er hatte sich mehrere Cocktails rausgesucht, die ihn überrascht hatten und deren Rezepte er dem schwarzen Barkeeper auf jeden Fall geben würde. Die Leute würden es lieben.

 

Gut, er hatte tatsächlich viele Insider Informationen.

 

Er hatte gleichzeitig noch etwas Geld von seinem Konto abgezweigt und ein Unternehmen beauftragt, Lichtinstallationen im Caritas vorzunehmen. Sie konnten gedimmt werden, wechselten Farben und waren sogar beweglich. Eine gute Lichtshow war fast so wichtig, wie alles andere. Er hatte auch schon überlegt, ob man nicht eine Treppe legen sollte. Für eine kleine Empore.

 

Nur damit man den Raum auch noch in Logen aufteilen konnte. Es erlaubte auch mehr Privatsphäre. Er hatte sich von Lorne die Maße schicken lassen und studierte nun die Blaupausen.

 

Es wäre durchaus möglich. Aber es wäre nachträglich zu machen. Es müsste sich erst mal klären lassen, ob der Club überhaupt ankam. Spike hatte keinerlei Zweifel.

 

Er war so abgelenkt, dass er sein soziales Leben sogar verdrängen konnte. Er hatte einen Tag nicht mehr an sie gedacht.

 

Aber er hatte auch keine Zeit. Morgen wollte er fertig sein und anfangen. Es hatte ein Vermögen kostete die Mädchen für morgen zu arrangieren, aber was war besser als ein Samstag für den Start eines Clubs?

 

Er musste zum Friseur, denn wenn er schon ganz Manhattan in die Bronze schicken wollte, dann musste er auch überzeugen. Deswegen traf er sich gleich mit seinem Koordinator, der ihn stets in der Kleiderfrage beraten hatte.

 

Alleine kaufte man schließlich keine Kleidung, es sei denn, man entwarf sie selber. Aber so konnte man sicher sein, dass alles passte. Noch nie hatte er auf der schwarzen Liste gestanden. Und das wollte er auch nicht. Egal, wie schlecht seine Lage war.

 

Er hatte Lorne gesagt, würde ihm der Abend mehr als hunderttausend Dollar einbringen, dann würde er die Partnerschaft unterschreiben, mit einer Beteiligung von fünfzehn Prozent. Lorne hatte gesagt, er könne mehr haben, aber Spike hatte abgelehnt. Er wusste, Lorne brauchte mehr Geld, denn er hatte schließlich die ganzen Unkosten auf sich genommen.

 

Und er war aufgeregt. Beinahe so aufgeregt, wie an seinem ersten Tag in der Firma seines Vaters. Beinahe so aufgeregt, als er in der Halle gestanden hatte und zusah, wie die Männer das zweite Giles auf die Eingangshalle setzten. Sein Vater hatte sich neben ihn gestellt, und ihm auf die Schulter geklopft.

 

„Giles & Giles. Wir werden Großes schaffen, William.“ Er erinnerte sich genau.

 

Und er wusste, er lag richtig mit seinem Gespür für diesen Club.

 

Er wusste es.

 

 

Teil 9

 

 

Sie sah ihn vom Schaufenster aus, als er das Haus verließ. Er telefonierte. Sie zupfte ärgerlich ein paar Welke Blätter aus dem Farngewächs und mied den Blick nach draußen, bis er um die nächste Ecke verschwunden war.

 

„Buffy?“ Tara stellte sich neben sie.

 

„Ja?“


„Alles ok? Ich meine, ich weiß, du magst ihn. Wieso redest du nicht mit ihm?“ Sie ignorierte Taras Frage.

 

„Sind eigentlich die Setzlinge angekommen? Wir warten ja nun schon seit Tagen. Wir bestellen bestimmt nicht mehr aus London. Den Aufwand ist es mir nicht wert.“, sagte sie bestimmt.

 

„Buffy.“

 

„Was?“ Sie wandte sich wütend um. Tara sah sie erschrocken an, und es tat ihr schon wieder Leid. „Tara, entschuldige. Können wir das Thema wechseln, ich… glaube, ich will nicht darüber reden.“ Tara nickte langsam.

 

„Buffy, wie gesagt, es… muss alles nicht so tragisch sein.“, sagte Tara jetzt leise.

Buffy schüttelte den Kopf.

 

„Tara, es ist ok. Ich war dumm. Aber das ist jetzt vorbei.“

 

„Was meinst du damit?“ Anscheinend kam Buffy nicht umhin, mit Tara zu reden.

 

„Ich… gar nichts. Es ist nichts.“ Tara sah sie erschüttert an.

 

„Nichts? Ist dir aufgefallen, dass du… nicht mehr lachst? U…und du bist überhaupt nicht mehr du selbst. Seit Parker habe ich dich so nicht mehr gesehen. Es kann doch wohl nicht so schlimm sein, Buffy? Ist irgendwas passiert? M…mit ihm und dir?“

 

Und jetzt konnte sie nicht mehr. Genau jetzt konnte sie nicht mehr. Stumme Tränen rannen ihr über die Wange. Tara nahm sie sofort in den Arm.

 

„Oh, Buffy, ich…“ Sie strich ihr über den Rücken und Buffy wollte wirklich nicht weinen. Tara hatte doch recht! Es war doch alles gar nicht so schlimm! Es war eigentlich nicht wirklich etwas passiert. Millionen Leute hatten One-Night-Stands. Es war natürlich. Nur sie musste ein Drama daraus machen.

 

„Ist schon… ok…“, schluchzte Buffy, aber Tara drückte sie noch fester. Gut, dass gerade keine Kunden hier waren. „Ich… wirklich…!“, versuchte sie ihr zu versichern, aber die Tränen ließen ihre Versuche wirklich lächerlich wirken. Sie hatte eben einen Fehler gemacht. Einen blöden Fehler.

 

„Wieso redest du nicht mit ihm?“, fragte Tara jetzt sanft. Buffy machte sich von ihr los.

 

„Was? Nein. Mit ihm reden? Das hätte er wohl gern.“ Sie wischte sich über die Wangen. „Dann könnte er sich noch mehr über mich lustig machen.“

 

„Er hat sich über dich lustig gemacht?“, fragte Tara entrüstet, aber Buffy ruckte mit dem Kopf.

 

„Nein, eigentlich habe ich mich lächerlich gemacht, Tara.“, gestand sie leise. Sie war einfach nur in seine Falle getappt. Tara sah sie verzweifelt an.

 

„Hast du… m…mit ihm ge…?“ Buffy schluckte schwer.

 

„Ja, ich… wir haben miteinander geschlafen. Einmal.“, fügte sie hastig hinzu. Sie ignorierte den großartigen Sex in der Dusche.

 

„Oh.“, sagte Tara bloß und nickte schließlich. „Und er… was hat er gesagt? Dass er dich nicht…“

 

„Ach, Tara, er ist einfach ein Arschloch. Ich hätte wissen müssen, dass es nur eine kurze Affäre oder was auch immer ist.“ Und jetzt wurden Taras Augen groß.

 

„Du magst ihn wirklich! Wieso redest du nicht mit ihm? Wieso sagst du ihm das nicht, oder hast du ihm das schon gesagt?“ Sie war lauter geworden.

 

„Ja.“, erwiderte sie trotzig.

 

„Du hast es ihm gesagt? Und er hat gesagt, er will dich nicht?“

 

„Ich… nein, nicht direkt.“ Sie sah auf ihre schmutzigen, erdverkrusteten Hände.

 

„Was heißt das? Buffy, hast du mit ihm darüber gesprochen, oder nicht?“

 

Sie hob wieder trotzig den Blick. „Nein, habe ich nicht, denn er hat mir gesagt, dass er in ungefähr fünf Monaten irgendein Mädchen heiraten wird, um sein Vermögen zu bekommen, und dass wir bis dahin Sex haben könnten, Tara.“

 

Ihr Mund klappte auf.

 

„Oh.“, sagte sie wieder. Leiser als vorher. „Buffy, vielleicht hat er gar nicht darüber nachgedacht, dass du und er…“

 

„Ich will ihn überhaupt nicht! Ich würde mich niemals dazu bereit erklären, ihn zu heiraten, Tara!“ Sie schüttelte sanft den Kopf.

 

„Nein, ich meine aber, du könntest ihm wenigstens sagen, dass du ihn magst und dass du vielleicht mit ihm zusammen kommen möchtest. Ich sage nicht, d…dass du ihn heiraten sollst. Vielleicht ist er sowas nicht gewöhnt.“

 

„Nicht gewöhnt? Er wird doch wohl schon mal Umgang mit Frauen gehabt haben?“, entgegnete sie wieder wütend. Oh ja, vor allem nach diesem grandiosen Sex. Sie schloss die Augen.

 

„Vielleicht ist er einfach nur ein Mann und versteht nicht, was du von ihm willst.“, versuchte Tara zu erklären, aber Buffy schüttelte rigoros den Kopf. Eine Kundin betrat den Laden.

 

„Dann hat er eben Pech gehabt.“ Sie wandte sich mit einem Verkäuferlächeln der Dame zu und wischte die Hände an ihrer Schürze ab, ehe sie geschäftsmäßig ein Beratungsgespräch begann.

 

 

~*~

 

 

Heute wollte sie eigentlich entspannen, eigentlich gar nichts tun – wie schon so oft. Allerdings kam sie nicht einmal in ihr Haus, nachdem sie drüben die Gärtnerei abgeschlossen hatte. Zwei Männer in schwarzen Mänteln flankierten de Tür wie Bodyguards.

 

Sie wurde langsamer und blieb schließlich vor dem Haus stehen.

 

„Wohnen Sie hier, Miss?“, fragte der eine in tiefer Baritonstimme. Beide hatten die Köpfe kahlgeschoren und wären vermutlich in einem Dreißigerjahre Gangsterfilm besser aufgehoben gewesen.

 

„Ahem… ja, ich wohne hier.“, erwiderte sie unsicher.

 

„Können Sie sich ausweisen?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften.

 

„Was? Wieso sollte ich das müssen? Ich wohne seit Monaten hier in diesem Haus, und noch niemand hat von mir verlangt, dass ich mich auszuweisen habe.“

 

„Wie ist ihr Name?“, erwiderte der andere ungerührt.

 

„Was? Buffy Summers!“, erwiderte sie angriffslustig. Sollte er sie doch verklagen, denn immerhin wohnte sie hier wirklich, und dann hatte er das Problem. Der Mann wandte sich zum Klingelbrett um.

 

„Ja, Buffy Summers ist hier verzeichnet. Sie können rein, Miss.“ Damit wichen die beiden zur Seite, wie zwei Sphinxen. Zornig ließ Buffy die beiden Männer hinter sich. Der Portier war wieder einmal nicht da. Es war doch ein Irrenhaus hier.

 

Sie lief aus Wut die Stufen, denn sie wollte nicht auf den Fahrstuhl warten.

 

Und vor seiner Tür standen ebenfalls zwei Männer. Ein weiterer schwarzgekleideter mit Glatze und ein Mann mit vollen grauen Haaren, einen braunen Wildledermantel an. Was waren das für Menschen? Steckte Spike in Problemen? Und wenn schon. Sie interessierte es nicht.

 

„Vielleicht könnten wir die Tür aufbrechen.“, vermutete der graumelierte jetzt. Sie hielt inne. Er war Brite. Und er wollte anscheinend die Tür aufbrechen.

 

„Dann müssten wir sie auch ersetzen, Sir.“, knurrte die Glatze. Aha. Der Graumelierte war also hier Auftragsgeber. Sie stand nun eher unschlüssig vor ihrer Tür. Die Glatze bemerkte sie schließlich.

 

„Sir…“, murmelte er, und der andere wandte sich um. Buffy erkannte ihn sofort. Sofort! Nicht nur, weil sein Gesicht auf jedem dieser Wirtschaftsmagazine abgebildet war, die sie niemals las, sondern auch, weil die Ähnlichkeit verblüffend war. Die Augen, die Stirnpartie – alles im Gesicht, nur eben alles etwas älter, etwas faltiger, etwas mehr von Sorgen geplagt.

 

„Mr Giles…“, flüsterte sie, ohne wirklich flüstern zu wollen. Er strahlte eine unangenehme Art von Autorität aus, die vielleicht auch einfach nur mit seiner teuren Erscheinung zusammen hing. Er blickte an ihr vorbei auf ihren Klingelknopf.

 

„Ms Summers, nehme ich an. Gehört Ihnen die Gärtnerei gegenüber?“ Er hatte eine schnelle Auffassungsgabe.

 

„Ahem… ja, ich… und eine Freundin, wir… aber – was tun Sie hier?“ Er lächelte kühl.

 

„Eigentlich wollte ich meinen… meinen Sohn aufsuchen, allerdings scheint er nicht Zuhause, oder der Alkohol hat ihn taub werden lassen.“, fügte er leise und bedeutend kühler hinzu. „Hatten Sie schon die Ehre, ihn kennen zu lernen?“, fragte er jetzt, und sie musste zugeben, sein Vater war bedeutend höflicher. Das hätte sie von diesem Millionär nicht erwartet.

 

„Ich… ja.“ Sie konnte nicht verhindern, dass sich ihre Mundwinkel senkten. Der Mann quittierte das mit einem Nicken.

 

„Sagen Sie, Sie würden sich doch nicht unten beschweren gehen, wenn wir hier in diese Wohnung einbrechen würden, oder Ms Summers?“ Wieder einmal hätte sie sich lieber auf die Lippe gebissen, aber sie sprach.

 

„Aber wieso stört es Sie? Ich dachte, Sie hätten ihn aus Ihrer Familie geworfen?“ Jetzt wandte er sich ihr komplett zu.

 

„Sie haben also tatsächlich mit meinem Sohn gesprochen? Oder haben Sie die Zeitung gelesen?“ Sie wollte schweigen, aber es gelang ihr nicht.

 

„Ich… Beides. Aber wieso interessiert es Sie überhaupt, wenn er doch erst in fünf Montane heiraten soll?“ Wieder viel zu viel gesagt, Buffy. Der Mann fixierte sie.

 

„William hat Ihnen davon erzählt?“ Auf einmal sah sie Interesse in den grauen Augen des Mannes funkeln. „Erzählen Sie mir bitte mehr, Ms Summers.“

 

Jetzt fühlte sie sich wie ein Reh im Rampenlicht.

 

„Äh… brechen Sie doch erst einmal die Wohnung auf, Mr Giles.“ Mit einem Wink von dem Graumelierten gehorchte die Glatze ihrem Befehl. So schnell hatte sie noch nie erlebt, dass eine Tür aufgebrochen wurde. Diese reichen Leute hätten gut als Einbrecher arbeiten können – wenn sie nicht schon so reich wären.

 

„Nennen Sie mich Rupert, Ms Summers.“ Er reichte ihr lächelnd seine Hand. Ein schwerer, goldener Ring an seinem Ringfinger. Sie schluckte schwer, als sie diese schüttelte.

 

„Äh… danke sehr, Sir, aber ich sollte…“

 

„Oh, großer Gott! Ist das wirklich seine Wohnung?“, rief er aus. Sie lief verwirrt hinter ihm her. Ja, sicher war es seine Wohnung. Und es erfüllte sie mit Schmerz jetzt hier zu stehen. Aber… tatsächlich war die Wohnung so gut wie eingerichtet und sauber.

 

„Wer hat das gemacht? Das sieht nicht unbedingt nach professioneller Arbeit aus.“, bemerkte Giles und betrachtete die Farbspritzer an der Decke. Buffy runzelte die Stirn.

 

„Na ja, wir haben uns mehr auf das Wesentliche beschränkt, als wirklich gewissenhaft und penibel zu arbeiten.“ Er wandte sich um, als wäre sie eine Heilige.

 

„Sie haben mit ihm diese Wohnung hergerichtet?“

 

Uh-oh. Buffy, sag nichts! Gar nichts!

 

„Ja, haben wir. Aber anscheinend hat er das Wohnzimmer alleine fertig gemacht.“, fügte sie hinzu. Er brauchte ihre Hilfe anscheinend nicht. Nicht mehr, jedenfalls.

 

„Mein Sohn? William hat ein Wohnzimmer renoviert?“ Er kam näher. „Ms Summers, ich bin sehr beeindruckt.“ Sie fühlte sich unangenehm durchleuchtet.

 

„Mr Giles…“

 

„Rupert.“, verbesserte er sie lächelnd.


„Ja, Rupert, ich… denke, ich habe Ihre Worte nicht wirklich verdient.“ Er lachte jetzt.


„Was? Sie haben großartige Arbeit vollbracht! Sie haben mit ihm zusammen eine Wohnung eingerichtet! Ich bin bereit von meiner zeitlichen Begrenzung abzusehen.“ Sie verengte langsam die Augen.


„Was? Welche… Begrenzung?“, fragte sie langsam.

 

„Na ja, wenn er endlich auftaucht, dann soll er mir sagen, dass er Sie heiraten möchte, und dann werde ich alles Weitere veranlassen. Wo ist mein auferstandener Sohn?“ Giles schien sehr gut gelaunt. Sie hingegen stand kurz vor dem Wahnsinn. Er… was? Nein, er hatte es falsch verstanden.

 

„Mr Giles…“

„Rupert, mein liebes Kind.“ Er beugte sich über einen Tisch. „Sehen Sie sich das an.“, murmelte er jetzt der Glatze zu und zeigte ihm einen Flyer. „Anscheinend investiert William in einen… Club. Vielleicht sollten wir vorbei schauen, Dawson, was meinen Sie?“

 

Buffy schluckte. Das tat er also die ganze Zeit über.

 

„Hören Sie, Mr Giles…“

 

„Sagen Sie bitte Rupert, wo wir doch bald Familie sein werden. Ich bin so froh, ich kann Ihnen gar nicht sagen, was Sie für uns getan haben, Ms Summers. Wie ist Ihr Vorname? Es ist seltsam, die eigene Schwiegertochter in spe mit ihrem Nachnamen anzusprechen!“ Ehe sie den Fehler berichtigen konnte, hatte ihr Mund schon wieder ohne Nachzudenken gesprochen.


„Buffy, ich heiße Buffy Summers.“

 

„Buffy… wunderschöner Name. Kommen Sie heute mit zu dieser Cluberöffnung? Ich nehme an, das tun Sie natürlich. Ich meine, Sie würden ja nicht fehlen, nicht wahr, Buffy? Er hat wirklich einen guten Geschmack, nicht wahr, Dawson?“ Der Mann beglotzte sie einen Moment lang.

 

„Ja, Sir.“, erwiderte er knapp.

 

Buffys Herz raste. Das war alles gar nicht gut. Gar nicht gut. Überhaupt nicht gut. Sie musste unbedingt mit Spike reden, bevor es sein Vater tat. Sie musste das klären, aber wie?

 

Vor allem hatte sie keine Ahnung, wie sie sich nach fünf Minuten so in Schwierigkeiten hatte bringen können!

 

 

~*~

 

 

Mit Genugtuung betrachtete er die Menschenmassen, die sich vor dem Club drängelten. Er stand etwas außerhalb und rauchte genüsslich. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er weniger geraucht hatte, in den letzten Tagen.

 

Die Türsteher konnten gar nicht so schnell das Geld nehmen, dass sie von aufgeregten Kunden zugesteckt bekamen. Es war tatsächlich ein voller Erfolg. Er hatte richtig kalkuliert. Seine Werbung hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Wahrscheinlich hatte sein eigener Skandal die Leute noch persönlich angeheizt, zu sehen, wie der Club wohl aussah, für den der „gefallene Sohn“ hier Werbung machte.

 

Widerwillig musste er sich eingestehen, dass sein Frauensensor bei jeder Blondine, die er erblickte, ausschlug. Und jedes Mal traf ihn ein winziger Stich, wenn er feststellte, dass sie nicht hier war.

 

Blondinen gehörten nicht zu seinem Beuteschema, und egal, wie oft er sich einzureden versuchte, dass er heute die scharfe Faith abschleppen würde, es war ihm unmöglich diesen Gedanken wirklich auch nur zehn Minuten lang zu verfolgen.

 

Langsam wurde er nervös. Er schnippte die Zigarette weg. Allerdings verfolgte er ihre Flugbahn und sah ihr zu, wie sie auf der Straße langsam verglomm. Beinahe wünschte er sich, sie würde vor ihm auf die Straße springen und ihm den Stummel unter die Nase halten.

 

Fast hätte er laut gelacht, als er schließlich seine Zigarette wieder aufhob und angewidert in den nächsten Papierkorb warf. Er war tatsächlich lächerlich. Aber die Reporter waren viel zu sehr damit beschäftigt, den Eingang zu belagern und Mensch nach ihrer Meinung zu fragen, als dass sie ihn hier in der Seitenstraße entdeckt hätten.

 

Grelles Licht warf seinen Schatten plötzlich auf den Aphalt und er wandte sich um. Eine schwarze Limousine hatte hinter ihm gehalten und der Motor wurde abgestellt.

 

Eine hochgewachsene Gestalt im braunen Ledermantel stieg aus dem Inneren und schlug den Kragen nach oben. Spikes Herz zog sich in seiner Brust für einen kurzen Moment zusammen. Das konnte nicht wirklich passieren!

 

„William.“ Sein Vater streckte ihm seine Hand entgegen, die Spike entgeistert anstarrte. Sein Vater war hier.

 

„Rupert.“, erwiderte er schließlich, die Hand ignorierend.

 

„Ich bin sehr stolz. Ich hätte nicht gedacht, dass es dir gelingen würde.“ Sprach er von dem Club? Er war stolz darauf? Hatte er seine Werbung mitbekommen? Er kam extra hier hin, wegen der Eröffnung? „Und anscheinend läuft es blendend.“, fügte er hinzu und deutete mit einem Nicken auf den Eingang.

 

Noch hatten die Reporter von dem Auftauchen seines Vaters nichts mitbekommen.

 

„Was tust du hier?“

 

„Ich wollte mit dir über die neue Situation verhandeln. Wann hast du vor wieder zu kommen?“, fragte sein Vater geschäftig.

 

„Was? Wieso sollte ich wieder kommen? Du hast mich ziemlich spektakulär rausgeworfen, nicht wahr?“

 

„Ich denke, wir können das hinter uns lassen. Es sei denn, du änderst deine Meinung und alles war nur ein Scherz von dir.“ Mahnend betrachtete ihn sein Vater.

 

„Ein… Scherz? Das hier hat mich eine Menge Arbeit gekostet, Vater.“, knurrte er und deutete auf das Caritas. Doch sein Vater schüttelte lächelnd den Kopf.

 

„Ich spreche von deiner Verlobung, William.“

 

„Oh.“ Er nickte. Ehe er sich besann. Seine was? „Was?“, fragte er scharf, aber sein Vater deutete seine Reaktion falsch.

 

„Oh, keine Sorge. Ich finde, es ist etwas eilig, aber ich habe sie gesehen. Sie ist weder reich, noch scheint sie es besonders auf dein Vermögen abgesehen zu haben.“

 

„Ich habe kein Vermögen. Ich wurde enterbt, von meinem Vater!“ Kurz verlor er den Angelpunkt wieder aus den Augen.

 

„Du bist wieder im Testament. Na ja, fast. Es handelt sich nur noch um Kleinigkeiten, die geklärt werden sollten.“ Er schüttelte verwirrt den Kopf.

 

„Vater, was zur…?“

 

„Ich wollte sie eigentlich gleich mitnehmen, aber sie sagt, sie kann wirklich erst später kommen. Zu schade. Ich finde es erfrischend, dass sie eine Gärtnerei betreibt. Wieso bist du nicht zu mir gekommen und hast mir von ihr und euren Plänen erzählt?“

 

Und langsam, ganz langsam begriff er diese Verwirrung.

 

„Buffy?“, fragte er und verdrängte das ungläubige Zittern in seiner Stimme. „Du… hast mit Buffy gesprochen und sie sagt, wir seien verlobt?“ Er konnte kaum begreifen, was er da gesagt hatte. Hatte er irgendwas nicht mitbekommen?

 

„Ja! Und ich wusste nicht, dass du handwerklich so begabt bist.“

 

„Sie hat… sie hat dir das gesagt? Das waren ihre genauen Worte?“

 

„Sollte ich es nicht wissen, William?“

 

„Vater…“

 

„Sie sagt, sie versucht später vorbei zu kommen.“

 

„Hat sie das?“ Jetzt wurde er wütend.

 

„Ich werde mir deinen Club ansehen. Ich denke, die Presse wird sich über unsere Einigung freuen!“ Er schritt voran, sein stummer Bodyguard folgte ihm. Spike hastete hinter ihm her. Sein Vater durfte unter keinen Umständen mit der Presse sprechen. Tausend Gedanken jagten durch seinen Kopf. Er musste es seinem Vater erklären! Wieso hatte Buffy dieses Missverständnis nicht aufgeklärt? Hatte sie seinem Vater etwa gesagt, sie seien tatsächlich verlobt? War sie verrückt geworden? Er war die letzten Tage eiskalt von ihr ignoriert worden, und auf einmal lief sie durch die Gegend und erzählt Menschen, dass sie ihn heiraten würde?

 

Wo war hier der Fehler? Was war nur passiert?

 

Schon erschlugen ihn die Blitzlichter. Es war zu spät. Jetzt könnte er bestimmt nicht mit seinem Vater reden. Die Reporter bestürmten sie beide und als sein Vater erzählte, die Fehde sei vorbei, schloss Spike verzweifelt die Augen.

 

Sein Empfang war ruiniert. Er musste mit ihr reden! Und zwar sofort. Aber die Masse zog ihn unbarmherzig mit ins Innere, wo ihm Lorne freudestrahlend einen Cocktail in die Hand drückte.

 

Ok, er würde mit ihr reden, sobald er hier weg kam. Und dann würde sie sich wünschen, niemals so ein hinterhältiges Spiel angefangen zu haben. Vielleicht hatte sie es seinem Vater mit Absicht gesagt, weil sie an seine Geld wollte, um sich zu rächen! Er leerte seinen Cocktail in einem Zug. Er brauchte mehr davon. Viel mehr.

 

 

 

Teil 10

 

Unruhig lief sie durch ihr Wohnzimmer. Mist, Mist, Mist! Was hatte sie getan? Wieso hatte sie das Missverständnis nicht begradigt? Wieso hatte sie gesagt, sie würde später nachkommen? Was sollte sie dann wohl tun? Sich vor allen blamieren und sagen, sie sei gar nicht verlobt?

 

Oh Gott! Sie hätte es eher sagen müssen. Wenn er es nun Spike auf die Nase band? Wenn dieser sich aufregen würde und ihr die Schuld gab? Es war ja auch ihre Schuld. Oh nein… Das war alles ganz furchtbar schief gelaufen!

 

Sie betrank sich gerade mit ihrem billigen Wein. Ein Glas nach dem andere. Zuerst hatte sie getrunken, um ruhiger zu werden, aber mittlerweile trank sie nur noch aus Panik.

 

Wo war Willow? Wieso war Willow niemals da, wenn sie jemanden zum reden brauchte? Wieso war sie immer nur arbeiten? Sie hatte keine Ahnung. Was sollte sie denn jetzt tun, verdammt noch mal?

 

Es klopfte an der Tür und sie hätte fast ihr Glas fallen gelassen.

 

War er das? Wollte er sie anschreien, sie verklagen? Sie nahm all ihren Mut zusammen und ging zur Tür.

 

„Wer… wer ist da?“, rief sie ängstlich.


„Ich bin’s, Riley.“, hörte sie die vertraute Stimme. Hastig öffnete sie die Tür.

 

„Ich… ich dachte, du wärst… jemand anders. Was… was gibt’s denn?“ Sie wusste, ihre Stimme klang höher als gewöhnlich und sie bot wahrscheinlich einen etwas verwirrten Eindruck. Riley musterte sie.

 

„Trinkst du allein, oder ist Willow da?“, fragte er jetzt. Sie ruckte mit dem Kopf.


„Willow ist noch arbeiten, ich… ich trinke schon mal vor.“, endete sie lahm. Riley nickte langsam.

 

„Aha, ich verstehe. Sag mal, kann ich mit dir sprechen?“

 

Worbüer?“ Sie hatte wirklich keine Lust über Stadtbepflanzung zu reden. Jedenfalls nicht jetzt in dieser Sekunde.

 

„Über dich.“, sagte er nur. Sie sah ihn an. Was? „Ich meine, du bist so abwesend, in letzter Zeit. Ist irgendwas passiert? Wir kennen uns schon so lange. Ich meine, du kannst es mir sagen, Buffy.“ Schon war in die Wohnung gegangen. Sie folgte ihm.

 

„Riley, es… es ist alles in Ordnung.“ Oh Gott, und das war es eben nicht. Sie würde nicht wieder anfangen zu weinen. Riley würde sie sonst noch für eine schwache Frau halten.

 

„Das glaube ich nicht. Sag mir, was los ist. Ich kann dir helfen. Ich versuche es jedenfalls. Auch wenn du nur reden willst.“ Er sah sie verzweifelt an. Er war so nett. Ja, Riley war wirklich nett. Im Vergleich zu anderen Menschen hier in diesem Haus.

 

„Ich… mir geht’s gut, Riley, wirklich.“

 

„Sieh dich an! Du trinkst allein!“, rief er aufgebracht.

 

„Nein, ich… trinke vor.“, murmelte sie.

 

„Weshalb? Was ist denn nur los? Früher hast du mir alles erzählt. Jetzt erzählst du gar nichts mehr. Denkst du wirklich, ich merke das nicht? Denkst du, du bist mir egal, Buffy?“

 

Riley, ich…“ Und sie weinte tatsächlich schon wieder. Die Tränen liefen einfach so über ihre Wange, ohne dass sie es verhindern konnte. Es war einfach zu viel. Heute war einfach zu viel schief gelaufen.

 

„Buffy!“ Sofort war er bei ihr und nahm sie in den Arm. Wie auch schon Tara. Sie war so ein Weichei.

 

„Nein, ist schon gut, Riley…“, schluchzte sie, aber Riley hielt sie fest.

 

„Was ist passiert?“, fragte er wieder.

 

„Ich… hab Mist gebaut.“, murmelte sie gegen sein Hemd. Er roch nach Erde. Wahrscheinlich hatte er bis eben noch gearbeitet. Er hielt sie immer noch fest.

 

„Es kann doch unmöglich so schlimm sein.“ Sie hob den Kopf und sah ihn an.

 

„Doch, Riley. Es ist schlimm.“

 

„Buffy, sag mir, was ich tun soll.“, forderte er ruhig, und sie schluckte schwer.

 

 

~*~

 

 

Noch hatte er seinen Vater daran hindern können, die vermeintlich frohe Neuigkeit zu verbreiten. Es wäre unpassend, hatte er nur gemeint, nach seinem dritten Whiskey on the Rocks. Gott, er war eine feige Sau. Wieso sagte er es seinem Vater nicht?

 

Es wäre einfach. Er würde sagen, es war ein Missverständnis und alles wäre… - beim Alten. Er trank immer noch fleißig, um seinen Pegel zu halten. Und wider Erwarten amüsierte sich sein Vater prächtig bei der Burlesque Show.

 

„Du bist schon ziemlich beeindruckend.“, wurde er in seinen Gedanken unterbrochen. Faith hatte ihr Tablett abgestellt und warf ihm einen Blick zu, den Spike nicht anders als definitiv interessiert auslegen konnte. Er leerte sein Glas.

 

„Ach was?“ Er verspürte allerdings nicht unbedingt den Drang den Blick zu erwidern.

 

„Ja, zuerst habe ich gedacht, du bist bloß ein aufgeblasener Mistkerl, aber jetzt bist du ein Mistkerl mit einem goldenen Händchen für Erfolg. Das ist ziemlich sexy, weißt du?“ Sie lehnte sich gegen den Stehtisch und warf ihm einen Blick unter ihren gesenkten Wimpern zu.

 

Und wahrscheinlich bei so ziemlich jeder anderen Gelegenheit, wäre Spike darauf angesprungen. Eigentlich auch heute, denn eigentlich war es ja sowieso sein Plan gewesen, genau dieses Mädchen mitzunehmen, aber es war absolut grauenhaft, denn seine Erektion blieb aus.

 

Er betrachtete sie noch einmal eingehend. Gott, sie war eine Schönheit. Ihre Brüste würde er ausgezeichnet in seiner Hand wiegen können, zwei wirklich schöne Exemplare. Und ihre ausladenden Hüften wirkten einladend für einen heißen Ritt und sie war so muskulös, dass er sich ohne weiteres vorstellen konnte, dass sie eine ganze Nacht lang durchhalten würde.

 

Aber er seufzte und stellte das Glas auf den Tisch.

 

„Hey, normalerweise bin ich für so etwas zu haben, aber… heute nicht.“, erwiderte er kühl. Sie lächelte aufreizend.

 

„Ach nein? Wieso, bist du vergeben? Und das stört mich im übrigen nicht.“, fügte sie hinzu und lehnte sich weit über den Tisch, griff nach seinem leeren Glas und stellte es auf ihr Tablett. Mit Schrecken stellte er fest, sie war nicht sein Typ. Dabei hatte sich sein Augenmerk eigentlich seit zehn Jahren nur auf diesen Typ gerichtet!

 

„Tut mir leid, kein Interesse.“, entgegnete er lediglich und beleidigt richtete sie sich auf.

 

„Hab ich mich wohl geirrt. So reizvoll bist du dann wohl nicht.“ Er seufzte, als sie sich, ohne einen weiteren Blick, abwandte. Mit einem Ruck stieß er sich vom Tisch ab.

 

So, das war genug! Jetzt versaute ihm diese kleine Blondine zusätzlich seinen furchtbaren Abend, der für alles so erfolgreich verlief! Das würde er ihr heimzahlen. Und zwar jetzt. Die Presse ließ ihn schon seit längerem in Ruhe, weil er nicht so ausgiebig trank wie sonst, weil er nicht so kontaktfreudig war wie sonst, und außerdem hatten sie mehr damit zu tun, seinen Vater auf Schritt und Tritt zu begleiten, der anscheinend wohl hundert neue potentielle Kunden dazu gewonnen hatte.

 

Er würde jetzt zu ihr gehen, würde ihr sagen, was für ein blödes Miststück sie war und dann würde er sie verklagen, wenn sie wirklich durchziehen wollte, was sie begonnen hatte. Dämlich Buffy Summers! Sie würde ihn niemals täuschen können! Als ob sie auf einmal die Auserwählte sein sollte, die seine kalten Taktiken durchbrechen könne. Das wäre doch gelacht!

 

 

~*~

 

 

Sie lag immer noch an seine Schulter gelehnt. Sie hätte nicht gedacht, dass es so angenehm sein würde, an Riley zu lehnen und sich von ihm trösten zu lassen. Auch wenn sie ihm natürlich nicht die ganze Geschichte erzählt hatte.

 

Sie hatte nur von einem Mann erzählt, der ihr das Herz gebrochen hatte, und dem sie aber nicht aus dem Weg gehen könne, und das mache es nur noch schlimmer. Sie hatte nichts von ihrer Scheinverlobung erzählt. Und auch nichts davon, dass sie Giles‘ Hoffnungen alle wieder zerschlagen werden müsse.

 

„Buffy, es tut mir so leid, aber weißt du, wenn du willst, dass ich das klären gehe, dann musst du es mir nur sagen.“, bot er wieder an.

 

„OH, Riley, das ist wirklich nicht nötig. Es ist nett, dass du überhaupt solange geblieben bist, und dir meine blöde Geschichte anhörst.“, murmelte sie.

 

„Buffy, du bist eine meiner besten Freundinnen. Als ob ich dich alleine lassen würde.“ Er griff nach ihren Weingläsern. „Hier.“ Er reicht es ihr und sie hatte das dumpfe Gefühl, dass er ihr länger in die Augen sah, als er es sonst tat.

 

„Ahem, danke.“ Sie führte es an die Lippen, aber der Wein schmeckte ihr unheimlich bitter. Riley trank dafür einen großzügigen Schluck.

 

„Weißt du…“, begann er jetzt und mied ihren Blick, „… ich denke sowieso, dass diese ganzen blöden Kerle nichts für dich sind. Du… verdienst jemanden, der… also, jemanden, der sich kümmert und… dich wirklich… gern hat.“ Der Schluck Wein steckte ihr bitter in der Kehle.

 

Was tat Riley da? Wurde das eine Liebeserklärung? Sie hoffte doch nicht!

 

„Riley, ich… das ist nett, dass du das sagst.“, erwiderte sie lahm.

 

„Ich meine es auch ernst, Buffy. Du… bist so eine wundervolle Person, und du bist so… wunderschön. Ich kann es kaum ertragen, dass du wegen einem anderen weinst.“ Sie schluckte. Oh nein. Sie erhob sich schließlich.

 

„Riley, Willow wird bald kommen, und ich denke, es ist besser, wenn ich bald schlafen gehe. Ich will nicht auch noch Willow hundert Fragen beantworten müssen.“ Widerwillig erhob sich Riley.

 

„Buffy, ich… bitte versteh mich nicht falsch. Ich mag dich sehr. Für mich war das hier heute Abend nicht nur… ein Treffen unter Freunden.“ Das war es ja, was sie befürchtete. Sie hatte ihn sanft in Richtung Tür geschoben. „Verstehst du, was ich sagen will?“, fragte er auch noch, aber sie zog die Tür auf.

 

„Ich mag dich sehr als einen Freund, Riley. Und das war auch genau das, was ich heute Abend wirklich gebraucht habe.“ Auf einmal hatte sie es eilkig ihn rauszuwerfen. Sie wollte gar nicht hören, dass Riley sich mehr erhoffte, als es zu erhoffen gab. Sie wollte ihm nicht weh tun, aber blöderweise war ihr Herz anscheinend anderweitig gebunden. Denn sonst hätte sie Riley als gar keine schlechte Wahl empfunden. Wirklich nicht schlecht.

 

„Buffy, ich kann mehr sein als das. Als… ein Freund.“ Seine Stimme wurde leiser. Beinahe flehend sah er sie an. Sie holte tief Luft und zog die Tür noch weiter auf.

 

„Das ist… ich verstehe, aber ich kann wirklich nicht…“

 

Er lehnte sich plötzlich zu ihr hinab und küsste sie direkt auf den Mund. Ohne weitere Worte, ohne irgendeine Vorwarnung. Automatisch hoben sich seine Hände und wollten ihn von sich schieben, aber er schlang den Arm bereits um ihre Taille.

 

Sie protestierte heftig und spürte wie er den Mund öffnete. Die kalte Luft vom Flur verursachte eine Gänsehaut auf ihren bloßen Armen und sie fühlte sich furchtbar hilflos in dieser Position. Tränen drangen wieder an die Oberfläche, aber ehe sie ausbrechen konnten, ließ er von ihr ab.

 

Das allerdings war nicht völlig korrekt, denn er war ziemlich plötzlich weg. Sie öffnete die glasigen Augen.

 

„Du nimmst deine verfluchten Finger von ihr!“, hörte sie ihn mörderisch knurren, und ehe sie etwas sagen konnte, hatte Spike ihn quer durch den Flur an die Wand gerammt. Riley keuchte auf vor Schmerz und Buffy schlug sich die Hand vor den Mund. Riley war wesentlich größer als Spike, aber anscheinend hatte dieser ihn so überrumpelt, dass Riley ihn nur anstarren konnte. Dann wollte er Spike wegschieben, aber dieser stieß ihn noch einmal gegen die Wand, dass es in der hässlichen Tapete knirschte.

 

„Lass mich los, du Idiot!“, rief Riley jetzt, hob seine Faust, aber tatsächlich war Spike schneller. Er hatte sich gebückt und holte nun hart mit der Faust aus, die er ihm in den Bauch rammte. Riley krümmte sich schnaufend zusammen.


„Du wirst jetzt verschwinden, Gartenjunge. Und dann will ich deine scheiß Visage nicht mehr hier vor ihrer Tür sehen, hast du mich verstanden, verflucht?“ Mit scmerzverzogenem Gesicht, versuchte Riley sich aufzurichten, scheiterte aber wohl.

 

„Spike, bist du völlig wahnsinnig geworden?“, rief sie jetzt endlich, als sie ihre Stimme wieder gefunden hatte.

 

„Was? Weil ich dieses Arschloch daran hindere dich gegen deinen Willen an der Tür zu nehmen, Summers? Ja, wahrscheinlich bin ich wahnsinnig.“ Wieder wandte er sich an Riley. „Verpiss dich, bevor ich die Polizei rufe.“, knurrte er. Riley stieß sich erschöpft und verwirrt von der Wand ab und taumelte den Flur entlang.

 

Er hielt den Blick beschämt und voller Schmerz gesenkt. Buffy war noch nie etwas peinlicher gewesen als das.

 

„Du hattest kein Recht das zu tun.“, sagte sie eisig.

 

„Was?“, gab er außer sich zurück und starrte sie an. Gott, sah er gut aus. Das regte sie nur noch mehr auf.

 

„Du hattest kein Recht, ihn zu schlagen, Spike! Was, wenn er sich wirklich verletzt hat?“

 

„Dann wird er es wohl überleben, schätze ich.“ Er schien ziemlich durcheinander zu sein.


„Oh wirklich? Es geht dich einfach nichts an!“, schrie sie jetzt, und es war ihr egal, dass sie nicht alleine auf dem Flur lebte.

 

„Ach so? Dann wolltest du also, dass dich dieser Wichser anfasst, richtig?“, schrie er jetzt auch und rieb sich seine Faust.

 

„Ich… nein.“, gab sie zornig zurück. „Ich hätte das auch ohend ich geschafft.“, fügte sie leiser hinzu.

 

„Ach ja? Wann? Wenn er dein Höschen mit seinen Zähnen ausgezogen hätte, oder wann genau, Summers?“ Er ballte seine Fäuste erneut.

 

Sie starrten sich einen Moment lang an. Dann ging Buffy auf, dass er wohl hier war, um sie höchstwahrscheinlich umzubringen. Sie nahm die Tür wieder fest in ihre Hand.

 

„Halt deine Klappe. Am besten gehst du wieder in deinen feinen Club und feierst dich in die Bewusstlosigkeit. Das kannst du doch besonders gut.“, gab sie kühl zurück, aber ehe sie die Tür schließen konnte, hatte er sie aufgestoßen und folgte ihr in ihre Wohnung. Sie war rückwärst vor ihm zurück gewichen.

 

„Ja, richtig. Mein feiner Club. Weißt du, da wäre ich wirklich gerne, denn weißt du was? Die Frauen schreien mich nicht an, wenn ich ihnen helfe. Nein, die Frauen da, lieben mich dafür. Sie werfen sich an meinen Hals, ohne dass ich sie aus irgendeiner Notlage retten muss.“ Sie biss die Zähne fest zusammen. Wahrscheinlich hatte er heute schon mit zwölf Frauen geschlafen. Einfach nur so, weil sie ihm sich an den Hals warfen.

 

„Das ist schön für dich.“, erwiderte sie nur böse.

 

„Oh ja. Das ist es auch. Allerdings kann ich nichts tun. Da ist erst einmal die Tatsache, dass mein Vater dabei ist, der mir versprochen hat, dass meine Verlobte zur Einweihung meines Clubs dabei sein würde…“ Er kam näher, sie wich weiter zurück. Jetzt würde er sie fertig machen. Sein Blick war kalt und böse. So wie sie ihn kennen gelernt hatte. „… und dann ist es mir leider nicht möglich, alle die Mädchen flachzulegen, die ich gerne flachlegen wollen würde. Oder besser, die sich nur allzu gerne flachlegen ließen. Und glaub mir, Summers, nach diesen Berg an Informationen hätte ich eine Ablenkung nur zu dringend gebraucht.“

 

Sie starrte ihn immer noch an. „Aber…“, fuhr er fort und kam noch näher, „da ist dieses Mädchen, die mein Leben versauen will. Nicht nur das! Nein, sie beherrscht auch noch alle meine Gedanken. Und dass nur, weil du mir tatsächlich alles nehmen willst, was ich besitze, richtig?“

 

Sie riss die Augen auf. „Was? Bist du verrückt? Was will ich dir denn nehmen? Dein scheiß Leben kannst du ruhig behalten, Spike! Ich will nichts davon. Ich will dich nicht, ich will dein Geld nicht und ein Leben lang an deiner Seite sein, will ich erst recht nicht!“

 

„Aber heiraten willst du mich trotzdem, Summers? Ist es nicht das, was du meinem Vater erzählt hast?“

 

„Ich habe deinem Vater nie etwas Derartiges gesagt! Er hat es… selber getan, ich habe nur gesagt, wir hätten deine Wohnung renoviert, und er hat gedacht…“ Sie biss sich auf die Lippe. Ja, sie hätte etwas sagen müssen. Sie hätte sagen müssen, dass er sich geirrt hatte. „Rupert hat es nur missverstanden, ich…“

 

„Rupert?“, wiederholte er ungläubig, und sie biss sich auf die Lippe.

 

„Vergiss es. Wenn du willst, dann rede ich mit deinem Vater, wenn du es nicht über dich bringst.“ Er schnaubte auf, während er noch ein Stück näher kam.

 

„Nicht über mich bringen? Er ist bereit mich wieder in seine scheiß Firma aufzunehmen, wegen dir! Ich bin wieder im Testament, nur wegen dir! Und heute Abend konnte ich mich keine Sekunde lang amüsieren, nur wegen dir! Dabei hätte ich es verdient, denn ich habe etwas wirklich gut gemacht Summers! Ich hätte es verdient!“ Er atmete schwer und sie fand es mehr als ungerecht, dass er ihr die Schuld daran gab.

 

„Und dann kommt hinzu, dass ich hier hin komme, um dir all diese Dinge vorzuwerfen, und dir meine Meinung zu sagen, und dann bist du hier mit diesem… mit diesem scheiß Idioten und lässt sonst was mit dir machen! Ist dir eigentlich klar, dass ich ihn hätte weiter machen lassen können! Eigentlich hast du nicht verdient, dass ich dem armen Gartenzwerg seinen One Night Stand nehme?“, schrie er jetzt und sie blinzelte die Tränen fort.

 

„Tja, dann hättest du dich vielleicht nicht, wie ein gekränkter Exfreund aufführen sollen und Riley in Ruhe lassen sollen.“, schrie sie zurück.


„Oh, du wolltest das also doch? Du wolltest es doch!“


„Was interessiert es dich?“ Ihre Stimme überschlug sich und sie weinte tatsächlich. Nein, Mist. Hastig wischte sie sie fort. Grob umfing er ihre Schultern.

 

„Was es mich interessiert?“, fragte er gefährlich leise. „Weißt du, ich hatte geplant, mit einer heißen Brünetten Sex auf dem Klo zu haben, oder an der scheiß Hauswand, völlig egal, aber blöderweise konnte ich immer nur daran denken, wenn du endlich kommen würdest.“ Sein Griff wurde fester. Ihre Tränen waren ihr mehr als peinlich und sie versuchte ihn nicht anzusehen.

 

„Lass mich los.“, flüsterte sie, damit ihr Stimme nicht brach.

 

„Du hast meinen Abend versaut. Absolut gründlich versaut, Summers. Es sollte der beste Abend sein. Ein Abend, der meinem Vater beweisen sollte, dass ich ohne eine scheiß Heirate mit einer Frau, die nur mein Geld will, fähig bin, zu überleben.“

 

Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, aber vergebens.

 

„Und dann musst du alles versauen. Alles.“

 

„Dann lass mich endlich los, William.“ Sie hob den Blick. Durch den Tränenschleier erkannte sie ihn kaum.

 

„Wieso tust du mir das an?“, fragte er leise.

 

„Was? Lass mich los.“, schniefte sie. Ein Griff wurde lockerer und der Druck verschwand schließlich ganz.

 

„Was machst du mit mir?“, fragte er ruhig. Sie erschrak als sie seinen warmen Daumen spürte, der ihre Tränen fortwischte. Sie wandte den Kopf.

 

„Geh endlich, wenn du fertig bist, mir wehzutun.“ Seine Hand sank kraftlos an seine Seite zurück.

 

„Du verstehst es nicht, oder? Ich kann nicht gehen, denn wen ich gehe, dann will ich bloß wieder kommen. Und es bringt mich noch um.“ Sie sah ihn an. Die Tränen wollten nicht aufhören.

 

„Halt deinen Mund. Du redest Unsinn. Lass mich endlich allein, Spike.“

 

„Das würde ich gern. Aber ich kann nicht.“ Es klang fast traurig, als er es sagte. Gerade als sie an ihm vorbei wollte, um die Tür erneut zu öffnen, hielt er sie erneut zurück und küsste sie übergangslos.

 

Sie quietschte gegen seinen Mund, doch dieser verließ ihre Lippen bereits um beinahe sanft die Tränen fort zu küssen. Er leckte vorsichtig über ihre Wange, küsste sie erneut, und sie konnte nichts tun, als völlig still zu bleiben.

 

Alles Denken in ihr hatte ausgesetzt, und der gute Vorsatz, in zum Teufel zu jagen, sollte sie ihn noch mal sehen, verpuffte zu Luft. Ihr Herz flatterte in ihrer Brust und sie wusste, alles was er gerade gesagt hatte, machte jetzt keinen Sinn mehr.

 

Und dumm war nur, dass sie auch nicht wollte, dass er ging. Sie legte die Arme um seinen Nacken und mit einem Stöhnen küsste er sie noch einmal. Voller Verlangen und Drängen. Und sie ignorierte die Probleme, die es bringen würde. Wenigstens heute Nacht.

 

 

 

 

Teil 11

 

 

Sie wachte schon mit Herzklopfen auf. Und keines der schlechten Sorte. Müde blinzelte sie in die Sonne, die muntere Strahlen auf ihr Bett warf. Sie hörte ihn neben sich ruhig atmen und seufzte langsam auf.

 

Jetzt war der Tag da, und jetzt musste sie wohl oder übel die Freuden der Nacht verdrängen. Sie hob den Kopf, um ihn anzusehen, aber er war bereits wach und blickte zurück. Sie hatte gedacht, ihn vielleicht beim Schlafen zusehen zu können, vielleicht für einen Moment nur.

 

Wieder machte ihr Herz einen gefährlich fröhlichen Satz als seine Mundwinkel zuckten. Sie wollte etwas sagen, aber er kam ihr zuvor, indem er sich halb aufrichtete, sich nach vorne beugte und sie küsste.

 

Sanft auf die Lippen. Wieder einmal vergaß sie alle guten Vorsätze und alle Worte, die sie sich schon in ihrem Kopf zurecht gelegt hatte, und schloss geschlagen die Augen. Schon hatte er sie umgeworfen und lag über ihr. Seine grauen Augen lachten förmlich.

 

Sie spürte seinen nackten, warmen Körper auf ihrem eigenen und es war ein schönes Gefühl. Auch dass sie seine Erektion spüren konnte, war nicht schlecht. Es gefiel ihr gut, auch weil sie selber wieder ein seltsames Verlangen nach ihm verspürte.

 

Bereitwillig spreizte sie ihre Beine. Er küsste sie noch einmal stumm auf die Lippen. Sie war fast beschämt darüber, wie feucht sie schon wieder war, denn er glitt beinahe mühelos in sie und schloss die Augen, als er kurz und heftig ausatmete.

 

Er verharrte in ihr. Dann beugte er sich wieder über ihr Gesicht. Es kam ihr so vor, als würde er nach irgendeiner Antwort suchen. Auf eine Frage, die er nicht gestellt hatte. Sie wollte ihn nicht so nachdenklich sehen. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und zog ihn für einen Kuss erneut zu sich herab.

 

Er vergaß seine Starrheit und begann sich zu bewegen. Langsam und kraftvoll drang er tiefer in sie ein, und sie biss sich auf die Lippe, um nicht zu stöhnen, denn immerhin fiel ihr noch ein, dass Willow wohl mittlerweile zu Hause sein dürfte und wohl noch schlief.

 

Sie hob die Beine, schlang sie um seine Hüfte und sein Kopf sank träge gegen ihre Schulter, während er grollend tiefer in ihr versank. Sie schloss genussvoll die Augen, genoss seine Nähe und gab sich ihrem Rhythmus hin.

 

Er brachte sie über die Klippe und sie krallte sich hart in seinen Rücken. Er zitterte am ganzen Körper als er kam und sie schlang die Arme fest um ihn, als wolle sie ihn nie wieder loslassen.

 

Schließlich hob er seinen blonden Schopf aus ihrer Halsbeuge und grinste ein schiefes Grinsen. „Morgen, luv.“, murmelte er rau, und eigentlich passte es nicht zu ihr, aber sie erwiderte das Lächeln und küsste ihn sofort noch einmal.

 

Sie hatte keine Ahnung, woher sie den Mut zu dieser Dreistigkeit und Offenheit hernahm, aber sie wollte ihn eigentlich gar nicht gehen lassen.

 

Aber schließlich rollte er sich von ihr runter, und sie lagen beide wieder nebeneinander und starrten an die Decke.

 

„Buffy, ich hole jetzt Brötchen. Möchte deine Bettgeschichte zum Frühstück bleiben oder schleicht er sich aus der Wohnung, sobald dich gehe? Dann gebe ich nämlich weniger Geld aus.“, hörte sie Willows Stimme aus dem Flur, und ihr Herz setzte gleich mehrere Schläge lang aus.

 

Oh nein! Willow hatte Ohren wie ein Luchs. Ehe sie antworten konnte, räusperte sich Spike bereits.

 

„Ich denke, ich bleibe zum Frühstück, Willow.“ Buffy hatte keine Ahnung, wie rot ein Mensch werden konnte, ehe er vor Scham im Boden versank, aber sie glaubte, ziemlich nah an der Grenze dieser Möglichkeit zu sein. Seine Stimme klang heiser, und sie wusste nicht, ob Willow damit gerechnet hatte, dass ihr wirklich jemand antworten würde.

 

Vor allem hatte sie selber nicht damit gerechnet, dass Spike bleiben wollen würde. Aber Willow überspielte ihre Überraschung ganz gut, wenn sie denn überhaupt überrascht war.

 

„In Ordnung, dann bringe ich drei Brötchen mehr mit.“ Dann fiel die Wohnungstür ins Schloss. Buffy schloss die Augen.

 

„Vielleicht sollten wir darüber reden.“, beschloss Spike jetzt neben ihr und lehnte sich auf seinen Ellenbogen, um sie anzusehen.

 

„Über das Frühstück?“, fragte sie verwirrt, aber er lächelte jetzt.

 

„Nein, nicht direkt.“, gab er zurück.

 

„Oh. Ok.“ Eigentlich wollte sie gar nicht darüber reden. Denn das hieß ja, sie müsse sich damit auseinandersetzen, was sie getan hatte. Oder, was sie beide getan hatten.

 

„Was machen wir jetzt?“, fragte er schließlich, während er mit seinen Fingern sanfte Kreise auf ihrer Schulter zog.

 

„Ich weiß es nicht.“

 

„Was sage ich meinem Vater?“, wollte er wissen, aber sie zuckte leicht mit den Schultern.

 

„Ich weiß es nicht.“, wiederholte sie.

 

„Was passiert, wenn wir aufgestanden sind?“ Er sah sie ernst an. Sie hob die Mundwinkel zu einem Lächeln.


„Ich weiß es nicht.“

 

„Oh. Das ist gut.“, sagte er schließlich. „Und wann wirst du es wissen?“

 

„Was willst du denn von mir hören, Spike? Dass ich zu deinem Vater gehe und das Missverständnis aufkläre? Dass ich dir erlaube zu gehen, damit wir so tun können, als wäre nichts passiert? Dass ich mir was einfallen lasse, damit du bloß nicht heiraten musst, um im Testament zu bleiben? Was genau?“ Er wirkte etwas überrumpelt.

 

Ihre gute Laune schwand immer mehr.

 

„Du musst nicht mit meinem Vater reden. Das kann ich schon erledigen. Und ob ich im Testament stehe oder nicht… ist mir eigentlich… egal.“, fügte er langsam hinzu. Sie runzelte die Stirn.

 

„Was?“, fragte sie verwirrt, denn immerhin ging es doch eigentlich nur darum. Um die Firma, um das Geld, um seinen Ruf.

 

„Ich meine, wenn du mir versprichst, dass wir ab jetzt jeden Tag so aufwachen, dann… ist es mir egal.“, erklärte er leise. Sie brauchte einen Moment länger, um seine Worte zu verstehen.

 

„Was soll das heißen? Du willst…?“

 

„Ich will dich.“, sagte er schlicht.

 

„Du willst mich? Aber… dein Geld?“ Er lachte plötzlich.

 

„Habe ich dir gestern nicht schon gesagt, dass das ohne dich alles nicht wichtig ist, Summers?“ Sie konnte nicht anders als ihn anzusehen. „Lächel für mich. Bitte sieh mich nicht so an. Ich will dich nur lachen sehen. Immer.“

 

„Spike…“

 

„Bitte.“, sagte er leise und strich über ihre Wange. Langsam kroch das Lächeln in ihre Mundwinkel. Sofort küsste er ihren Mund. Sie schob ihn trotzdem sanft von sich.

 

„Du willst mit mir zusammen sein?“, fragte sie noch einmal sicherheitshalber, und er kroch wieder über sie.

 

„Ich hoffe doch, das habe ich gerade klar gemacht.“

 

„Das heißt…“, sie wurde rot, aber sie sprach weiter, „du liebst mich also?“ Er grinste jetzt.

 

„Willst du, dass ich es sage?“ Ihr Herz klopfte unanständig laut.

 

„Ich denke schon.“

 

„Ok, ich liebe dich, Buffy.“

 

Oh mein Gott! Sie zog ihn einfach wieder an sich, ignorierte, dass sie ihre Zähne noch nicht geputzt hatte, und küsste ihn richtig. Er reagierte sofort, und sie spürte schon wieder seine Erektion. Wahrscheinlich mussten die Brötchen noch ein Weilchen länger warten.

 

 

~*~

 

 

„Gibst du mir die Butter, bitte?“

 

„Sicher.“ Er küsste sanft ihren Handrücken, als sie ihm die Schale aus der Hand genommen hatte. Sofort wurde sie wieder rot.

 

„Ihr seid eklig.“, bemerkte Willow jetzt mit einem Naserümpfen. Buffy konnte nicht verhindern, zu lächeln.

 

„Soll ich deine Hand auch küssen?“, fragte Spike grinsend, und Willow seufzte auf.

 

„Nein, danke. Ich komme gut ohne Handküsse zurecht.“ Sie biss in ihr Brötchen. „Seid ihr jetzt also zusammen, oder wie sehe ich das? Ist Buffy damit die reichste Frau in New York?“ Buffy verdrehte die Augen.

 

„Unsinn.“

 

„Nicht? Ich meine, Spike hier ist doch… Na ja, reich.“ Buffy warf Spike einen kurzen Blick zu.

 

„Ich denke, ich werde mein Geld wohl mit gutem Gewissen aufgeben können.“ Willow starrte ihn an wie einen Verrückten.

 

„Aber wieso?“

 

„Weil ich die Bitte meines Vaters nicht erfüllen kann.“ Buffy wunderte sich, dass er so bereitwillig darüber sprach, und dass Willow nicht genug Pietät besaß, dass Thema ruhen zu lassen.

 

„Und die wäre?“

 

„Willow!“, zischte Buffy jetzt, die die Stimmung hier nicht noch weiter spannen wollte. Spike jedoch griff einfach wieder nach ihrer Hand. Wieder spürte sie einen wohligen Schauer ihren Rücken hinab laufen und hätte ihn am liebsten wieder ins Schlafzimmer gezogen oder noch einmal unter die Dusche…

 

„Na ja, mein Vater hat gesagt, ich muss heiraten, um mein Geld zu behalten, aber ich denke, dass ist unsinnig.“

 

„Was?“ Willow blickte ihn verständnislos an. „Ihr seid beide über einundzwanzig, ihr seid alt genug. Heiratet, werdet unverschämt reich und kauft mir meine Bibliothek, dann haben wir alle was davon.“ Sie verschlang den Rest ihres Brötchens.

 

Kurz traf sie sein Blick. Sie räusperte sich schließlich.


„Willow, man kann nicht einfach heiraten. Das tut man nicht.“, erklärte Buffy jetzt.

 

„Mein Vater denkt, wir tun es.“, unterbrach sie Spike mit einem Grübeln in der Stimme.

 

„Was?“

 

„Na ja. Dann ist doch alles klar. Ich glaube, ich muss Tara anrufen.“, sagte sie schließlich.

 

„Nein, Willow. Wir heiraten nicht.“, entschied Buffy rigoros.

 

„Es war doch deine Idee.“, sagte Spike jetzt laut. Sie schüttelte den Kopf.

 

„Nein, war es nicht. Es war die Idee deines Vaters!“

 

„Du willst mich also nicht heiraten?“ Er runzelte die Stirn. Sie fühlte sich wie in einem schlechten Sitcom. Was war das hier?

 

„War das jetzt ein Heiratsantrag?“, erkundigte sich Willow.

 

„Anscheinend, will mich deine Freundin aber nicht.“, erwiderte Spike. Buffy starrte beide an.

 

„Ihr seid doch wahnsinnig. Wir können nicht einfach heiraten, nur weil dein Vater glaubt, wir tun es! Du hast gesagt, heiraten ist der größte Fehler, den man machen kann.“

 

„Du willst mich also nicht?“ Sie wusste nicht, ob er beleidigt oder erleichtert klang.

 

„Spike, was ist los mit dir?“ Sie konnte nicht fassen, dass sie tatsächlich darüber sprachen. „Willst du das jetzt doch wegen deines Geldes tun?“

 

„Wie wär’s, wenn ich dich ohne Geld heiraten würde?“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf.


„Weil du verrückt bist?“

 

„Weil ich dich liebe.“ Er klang so überrascht über seine eigenen Worte, dass er sich sofort über den Tisch lehnte, um sie zu küssen.

 

„Also Leute, das ist mir etwas zu viel Liebe am Morgen. Ich hol jetzt die Post.“ Willow erhob sich, aber Buffy war schon wieder vollkommen gefangen von seinem Kuss. Ihre Hand fuhr über seine samtene Haut, und er zog ihren Stuhl um die Kante neben seinen.

 

„Leute?“ Willow kam wieder rein. „Vielleicht schaut ihr euch das einfach mal an.“, murmelte Willow. Buffys Mund klappte auf, als sie die Schlagzeile der Zeitung gelesen hatte.

 

„Oh.“, sagte Spike schließlich. „Was machen wir jetzt?“

 

Buffy schüttelte nur langsam den Kopf. Sie würde zum Fenster gehen müssen, um es mit eigenen Augen zu sehen.

 

 

~*~

 

 

„Du warst gestern ziemlich plötzlich weg.“ Allerdings grinste sein Vater bei diesen Worten und wirkte überhaupt nicht wütend. Er war lange nicht mehr in seinem Büro gewesen.

 

„Du kannst eigentlich sofort wieder anfangen, wenn du willst.“ Gut gelaunt schob er Spike ein paar Ordner zu. „Neue Klienten.“, fügte er mit einem Zwinkern hinzu. Spike räsuperte sich schließlich.

 

„Vater, ich… denke, ich muss dir etwas sagen.“ Sein Vater hob die Augenbrauen.

 

„Was ist los?“

 

„Also… eigentlich war es ein Missverständnis. Buffy und ich waren nie verlobt. Wir waren nicht mal zusammen, und alles lief irgendwie aus dem Ruder.“, begann er. Die Miene seines Vaters wirkte unergründlich.

 

„Und… jetzt… steht es in jeder Zeitung. Und es ist nicht so, dass ich sie nicht lieben würde.“, fügte er jetzt hinzu. Sein Magen machte bei diesem Satz einen seltsamen Salto, wie schon seit Tagen, wenn er an sie dachte. „Aber… ich glaube nicht, dass wir jetzt schon heiraten werden.“ Er hörte seine Worte, und sie erschraken ihn. „Also, ich meine überhaupt heiraten. Denn wir sind ja gar nicht verlobt.“, sagte er hastig.

 

„Und… ich habe ihr gesagt, ich will mein Geld überhaupt nicht haben, denn… eigentlich bin ich zufrieden, wenn… wenn ich nur sie habe.“ Er fuhr sich durch die hellen Haare, die heute überhaupt nicht so liegen wollten, wie er es gerne hätte. Vielleicht hätten sie auf die letzte Runde in der Dusche verzichten sollen. Aber es schmerzte ihn, schon daran zu denken, dass er eine Gelegenheit hätte versäumen können, seine Buffy zu berühren.

 

„Außerdem finde ich aber deine Idee gut, die Gärtnerei zu unterstützen, kann es aber verstehen, wenn du das einstellst. Und ich muss nicht in dein Testament. Es wird schon so gehen. Ich finde Arbeit. Und der Club läuft anscheinend ja auch ziemlich… gut.“ Das war untertrieben. Lorne hatte ihn noch heute Mittag angerufen und ihm erklärt, dass sie fast eine Millionen Umsatz gemacht hätten und dass er daraus eine wöchentliche Veranstaltung machen würde. Außerdem hätten sich bereits ein Dutzend angesagte New Yorker Bands gemeldet, die einiges dafür zahlen würden, um in seinem Club zu spielen.

 

„Wenn du mich nicht mehr sehen willst, dann verstehe ich das natürlich auch. Es tut mir sehr leid, dass wir dich durch diese Verwirrung geschickt haben, Vater.“ Er seufzte kurz, denn er wusste, dass war eigentlich noch nicht alles. „Und es tut mir leid, dass… dass ich dich so enttäuscht habe.“

 

Mit unbewegter Miene erhob sich Rupert Giles aus seinem teuren Ledersessel. Sein Anzug warf keine einzige Falte. Spike sehnte sich schon fast wieder nach so einem Anzug, den man ohne Gedanken in eine tausend Dollar Reinigung schicken konnte. Aber nur fast.

 

Sein Vater umrundete seinen Schreibtisch und blieb vor ihm stehen. Fast fürchtete Spike schon, wieder eine Ohrfeige zu kassieren, aber tatsächlich zog ihn sein Vater einfach in seine Arme.

 

„Vater, was…?“, begann er, aber sein Vater drückte ihn zu fest, als dass er weiter sprechen konnte.

 

„Ich liebe dich, Sohn.“, sagte er leise. Spike glaubte, ihn weinen zu hören. Unbeholfen erwiderte er die Umarmung. „Und du kannst immer in die Firma zurück kommen. Dein Posten bleibt frei. Und natürlich bist du im Testament. Und ich bitte dich, bring Buffy zum Abendessen. Am besten jeden Tag. Und wenn ihr wollt…“ Er ließ seinen Sohn wieder los. Spike wusste nicht, wann er seinen Vater das letzte Mal so fröhlich gesehen hatte.

 

Es war als löse sich die harte Anspannung um seine Brust, die er seit zehn Jahren mit sich trug. „… wenn ihr wollt, dann zieht zu mir.“, sagte sein Vater schließlich.

 

„Was?“


„Ich bin sehr allein in dem großen Haus. Und… wenn du willst, wenn sie will, dann, bitte. Es wäre mir eine Ehre.“

 

Wieder ins Haus? Spike hatte nächtelang davon geträumt wieder nach Hause zu kommen. „Ich glaube, Buffy wäre da nicht all zu begeistert.“, vermutete Spike jetzt. „Aber wir kommen heute Abend gern zum Essen.“

 

Erneut drückte ihn sein Vater.

 

 

~*~

 

 

Anscheinend angespannt hatte sie draußen vor der Tür gewartet. Er hatte nicht gewollt, dass sie mitkommt, aber seine Sorge war wohl unbegründet gewesen. Er lächelte, und jetzt lächelte sie auch.

 

„Alles klar.“, sagte er nur. „Allerdings müssen wir jeden Abend zum Abendessen kommen.“, fügte er lächelnd hinzu.

 

Sie fiel ihm in seine Arme, und er drückte sie fest an sich.

 

 

 

 

 

 

 

Teil 12

 

 

„Du bist doch verrückt.“ Angel schüttelte den Kopf. Spike zuckte nur die Schultern, während er wohlwollend eine weitere sechsstellige schwarze Ziffer in die Buchhaltung eintrug. Der Club erfreute sich größter Beliebtheit.

 

„Das ist schon in Ordnung.“, sagte er leichthin.

 

„Ich meine, du bist verrückt. Du hättest mir so viel Stress ersparen können, verflucht.“ Angel seufzte. „Jetzt verzichtest du auf deinen Posten, um einen Nachtclub zu leiten.“

 

„Mir gefällt es. Außerdem kann ich dann mehr Zeit mit Buffy verbringen.“

 

„Das ist unglaublich. Und dein Vater?“

 

„Mein Vater und Buffy verstehen sich ausgezeichnet, aber wir werden trotzdem nicht bei ihm einziehen, obwohl Buffy der Garten sehr gut gefällt.“, fügte er hinzu.

 

„Wie läuft diese Gärtnersache?“

 

„Na ja, Vater hat keine Kosten gescheut und eine Hilfsorganisation aufgebaut, die absolut jede hässliche Ecke der Bronze in einen englischen Garten verwandelt.“ Es war schon fast lächerlich, wie viel sein Vater für die Bepflanzung ausgab. Aber dennoch freute sich Buffy über nichts anderes so sehr. Außerdem hatte die Gärtnerei expandieren müssen, denn sein Vater bezog die gesamte Bepflanzung nur von Buffys Gärtnerei.

 

Die Wohnung wurde langsam zu klein. Sie müssten eigentlich so oder so umziehen. „Buffys Gärtnerei wird jetzt umgebaut. Es ist ziemlich großartig.“

 

„Du bist also glücklich? Wirklich glücklich? Das ist unglaublich, würde ich mal sagen. Spike Giles ist verliebt und glücklich.“ Spike verzog den Mund.


„Als wäre es so unwahrscheinlich.“

 

„Fehlt nur noch der krönende Abschluss, mein Freund.“, lachte Angel.

 

„Und er wäre?“, erkundigte sich Spike und legte die Abrechnungen beiseite.

 

„Na ja, die königliche Heirat auf dem Schloss deines Vaters.“ Spike grinste schief.

 

„Wie es der Zufall so will…“ Er zog eine Schublade seines Schreibtisches auf und stellte eine kleine weiße Schachtel auf den Tisch.

 

„Du machst Witze.“, sagte Angel nur.

 

„Ich denke, ich freunde mich mit der Idee an.“, sagte er nur.

 

„Du bist verrückt!“, wiederholte Angel nur.

 

„Denkst du, es ist eine schlechte Idee?“ Angel lachte nur.

 

„Oh, Spike, ich denke, es ist die beste Idee.“ Prüfend öffnete Angel die Schachtel und verzog lächelnd den Mund. „Ziemlich kleiner Diamant, mein Freund.“ Spike nahm ihm die Schachtel ab.

 

„Er wird ihr gefallen. Gut, dass ich dich nicht heiraten muss. Das wäre mir zu kostspielig.“ Er war froh, dass ihm Angel vergeben hatte, als dass er wirklich sauer auf ihn wäre. Er hätte niemals gedacht, dass das Leben ohne Geld auch lebenswert sein könnte. Niemals hätte er das erwartet.

 

„Bin ich eingeladen, wenn es soweit ist?“, fragte Angel nun ernst. Spike tat so, als müsse er erst darüber nachdenken.

 

„Na ja, ich denke, es würde sich schlecht machen, wenn der Trauzeuge fehlen würde.“ Er grinste. Angel schlug ihm auf die Schulter. Spike kannte seinen Freund gut genug, um sagen zu können, dass Angel gerührt war.

 

„Wäre mir eine Ehre, Spike.“

 

 

~*~

 

 

 

Sie war eher gegangen. Aber jetzt, wo sie eigentlich nur noch die Leitung übernommen hatte und nur noch bei den Außeneinsätzen half, hatte sie in der Gärtnerei ohne hin wenig zu tun.

 

Jetzt war sie nervös und lief von einer Ecke in die andere. Vielleicht hatte sie das nicht gut geplant. Und vielleicht lief auch alles schief. Was, wenn er gerade das nicht wollen würde? Was, wenn alles schief laufen würde, und er ging?

 

Völlig abwesend räumte sie sogar den Test mit den Tellern zum Esstisch. Hastig nahm sie ihn wieder an sich. Gut, sie hatte nicht wirklich darauf geachtet, aber als ihre Periode schließlich gänzlich ausgeblieben war, hatte sie doch ein schlechtes Gewissen bekommen.

 

Es war so unvorsichtig gewesen. Absolut unvorsichtig!

 

Aber jetzt war es zu spät. Sie hoffte nur, er würde nicht vollkommen ausrasten.

 

Und einerseits freute sie sich zu sehr, als dass sie wirklich Angst hatte, aber andererseits tat sich ein großer Abgrund vor ihren Füßen auf, der sie zu verschlingend drohte, wenn sie an seine mögliche Ablehnung dachte.

 

Er würde in zwanzig Minuten hier sen. In zwanzig Minuten hatte sie noch Zeit sich alles anders zu überlegen. In zwanzig Minuten konnte sie noch zwanzig weitere Schwangerschaftsteste machen und sich anschließend zwanzigmal aus dem Fenster stürzen.

 

Sie schluckte schwer. Oh Gott! Sie würde das nicht schaffen. Wieso musste es immer die Frau sagen? Wieso konnte der Mann nicht einmal der erste sein, der es wusste, und der hatte dann den Ärger, es der Frau zu sagen?

 

Sie wusste, das war Unsinn, was sie dachte, aber sie konnte es nicht verhindern. Sie hatte mit Tara und Willow darüber gesprochen und hatte die beiden eigentlich für heute auch einladen wollen, aber beide hatten ihr geraten, lieber allein zu sein, und nicht zwei lesbische Beschützer zu engagieren.

 

Jetzt war sie hier allein mit ihren Sorgen, und ihr Freund kam in achtzehn Minuten von seiner Arbeit. Vielleicht brachte er Lorne mit. Aber wahrscheinlich heute eher nicht. Donnerstags war Lorne eigentlich immer bei seinem Freund in Jersey. Also blieb ihr nichts anderes übrig.

 

Tara hatte ihr gesagt, dass es sehr romantisch sei, wenn die Frau dem Mann einen Antrag machen würde. Aber sie wusste nicht einmal, wie Spike darüber dachte. Und wenn sie ihn vielleicht zum Heiraten überreden konnte, wahrscheinlich dann aber nicht auch noch dazu, Vater zu werden.

 

Oh Gott. Sie hatte selten so eine Panik verspürt.

 

Und sie fand es erbärmlich, wenn eine Frau den Antrag machte. Es war so… verzweifelt? Ja, das war das Wort. Willow hatte ihr gesagt, dass es völlig egal ist, wer den Antrag macht, und dass Spike den Platinring lieben würde.

 

Oh Gott!

 

Fünfzehn Minuten. Sie würde einfach vorher sterben. Sie hätte dioe Wachteln gekocht und hätte den Tisch gedeckt, und dann würde sie einfach sterben, ehe er kam. Das war eine gute Lösung. Dann hatte sie jetzt noch eine Viertelstunde, um sich zu vergiften, oder sich mit dem Wachtelmesser zu erstechen.

 

Sie zwang sich zur Ruhe. Aber damit war es vorbei, als die Tür aufging. Wieso war er ausgerechnet heute eine Viertelstunde zur früh? Ihre Handflächen begannen zu schwitzen und sie wusste schon, sie würde noch heute Nacht ihre Sachen packen und nach Mexico fliehen, würde er nein sagen.

 

Alles war diesen letzten Monat so perfekt gelaufen, und sie mochte seinen Vater so gerne. Fast hätte sie geweint, als wäre alles schon vorbei. Verfluchte Hormone. Sie musste jetzt stark sein. Sie würde ihn einfach umbringen, wenn er sie nicht nehmen würde. Dann wäre alles geklärt.

 

„Abend, luv.“ Er warf seine Jacke achtlos über die Kommode im Flur und konnte sie gar nicht schnell genug in seine Arme ziehen. So war es jeden Tag. Es war, als hätten sie sich Wochen nicht gesehen. Sie vergaß einen Moment lang ihre Angst und küsste ihn stürmisch auf die Lippen.

 

Überrascht erwiderte er ihren Kuss und teilte hungrig ihre Lippen mit seiner Zunge. Sie ließ sich wieder berauschen und schon öffneten ihre Finger sein Hemd. Kurz ließ er von ihr ab.

 

„Du hast mich anscheinend vermisst, hm? Sind das Wachteln?“, fragte er überrascht. Sie nickte nur und küsste seine haarlose Brust. Er stöhnte unterdrückt.

 

„Wir wollen also nicht zuerst essen?“ Unschuldig hob sie dne Blick und konnte ein Lächeln nicht verhindern. Er war so perfekt. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Nein, du hast recht. Essen wird überbewertet.“

 

Wahrscheinlich wollte sie mit dem letzten Mal Sex das Gespräch überbrücken, was sie gleich anfangen wollen würde. Aber er überlgte es sich scheinbar anders.


„Buffy, kann ich dich etwas fragen?“ Oh nein. Was war passiert? Hatte er es raus gekriegt? Wollte er sie jetzt fragen, ob es stimmte? Sie bekam Panik. Er griff in seine Hosentasche. Vielleicht hatte er einen Detektiv angeheuert, der sie beschatten ließ und er wusste es schon wesentlich länger als sie. Sie würde noch ohnmächtig werden.

 

„Nein! Nein, Spike warte.“ Sie war den Tränen nahe. Er runzelte die Stirn.

 

„Was ist los?“ Sie atmete langsam aus. Ok. Sie hatte keine Wahl. Sie würde es ihm sagen. Ehe er sie noch bloßstellen wollte. Sie eilte zurück in die Küche, holte den Test aus der Schublade und hielt ihn ihm entgegen.

 

Kurz warf er ihr einen undeutbaren Blick zu, dann nahm er den Test in die Hand. Er betrachtete das kleine Fenster, das sich rosa gefärbt hatte. Er betrachtete es noch eine ganze Weile lang, ehe er den Blick wieder hob.

 

„Und das ist ein… Fieberthermometer?“, fragte er schließlich, und sie hätte fast hysterisch gelacht. Meinte er das ernst?

 

„Ahem, nein, Spike.“ Sie senkte betreten den Blick. „Das ist ein Schwangerschaftstest, den ich heute Morgen gemacht habe.“

 

„Oh.“, sagte er, und Erkenntnis trat in seinen Blick. Und es dauerte nur eine Sekunde, ehe er zwei und zwei zusammen zählte. „Wäre er negativ, dann würdest du ihn mir wohl nicht zeigen, hm?“

 

Sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. „Das ist ja unglaublich!“ Sie wusste nicht, ob er wütend war oder nicht. Sie hielt die Luft an. Sie lief wieder in die Küche zur Schublade und holte das schwarze Kästchen mit dem sündhaft teuren Platinring. Jedenfalls für ihre Verhältnisse war er teuer gewesen.

 

„Und deswegen will ich dich fragen, ob wir nicht vielleicht doch… obwohl wir gesagt haben, es wäre nicht das richtige… aber es ist so, dass ich jetzt - na ja… und eigentlich wollte ich nicht alleine sein… aber wenn du jetzt nicht mehr willst, dann verstehe ich das auch, denn…“

 

Er hob die Hände.

 

„Nein, nein. Warte. Das kannst du jetzt nicht machen.“ Oh nein! Jetzt würde er gehen. Aber er lächelte stattdessen. Er zog die Hand aus der Hosentasche. Er streckte ihr das weiße Kästchen entgegen. Misstrauisch sah sie es an. Es ähnelte ihrem nur zu sehr.

 

Sie öffnete den, Mund, aber er kam ihr zuvor.

 

„Willst du mich heiraten, Buffy?“ Er grinste. „Ich war schneller.“ Sie brach übergangslos in Tränen aus. Sofort legte er die Schachtel und en Test beiseite.

 

„Was ist los? Luv, was ist passiert?“

 

„Ich… ich…“ Sie konnte nicht sprechen. Er hatte sie gefragt. Tatsächlich gefragt!

 

„Wir bekommen ein Baby!“, rief er schließlich aus. „Nicht weinen, meine Schöne. Und wir werden heiraten. Es sei denn, du sagst noch nein.“ Sie lachte plötzlich.

 

„Ich liebe dich, Spike.“, flüsterte sie. „Ja, ich heirate dich.“, fügte sie hinzu, aber er hatte sie schon geküsst. Immer wieder ließ er von ihr ab, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich ein Baby bekommen würden, und jedes Mal nickte sie und ließ sich wieder von ihm küssen.

 

Er hob sie auf seine Arme, trug sie ins Schlafzimmer, und es war völlig egal, dass das Abendessen kalt wurde. Und es kam ihr vor, wie ein Märchen, ein seltsames Märchen, das für sie tatsächlich war geworden war.

 

Der perfekte Mann, der perfekte Job, ein winziges Baby und das perfekte Leben. Ob mit Geld oder eben ohne….

 

 

- The End -