Teil 1
Sie
hielt sich weder für zu arrogant, noch für zu wählerisch. Sie hatte nur
Prinzipien. Das war alles. Und ohne Prinzipien konnte man ja gleich aufgeben.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und hörte ihrem Vater kaum noch zu. Sie
würde gleich spazieren gehen. Dieses ganze Warten und all die Entscheidungen
waren recht anstrengend.
„Buffy,
hörst du mir überhaupt zu? Du bist zwanzig Jahre alt! Deine Schwester hat mit
sechzehn geheiratet. Du kannst es nicht hinauszögern. Vor allem bist du die Ältere.“
Es
war dasselbe. Immer. Sie trug die Würde auf ihren Schultern, sie musste den
Richtigen Mann heiraten, damit sie das Erbe nicht verlieren würde an ihren
dämlichen Stiefcousin. Und sie war es, die alles immer verzögerte, weil einfach
keiner der Anwärter gut genug war.
„Ja,
Vater.“
„Heute
Nachmittag kommt Graf LaSalle. Ich bitte dich, deine
Entscheidung zu überdenken, denn dein Ruf spricht sich durch die gesamte
Grafschaft.“
Sie
erhob sich und bedachte ihren Vater keines Blickes mehr. Als ob er ihr
Vorschriften machen könnte. So einfach war es nicht. Sie hielt viel von der
Liebe. Aber vor der Liebe entschied immer noch das Aussehen. Denn man stelle
sich nur vor, sie würde mit einem Buckligen gesehen, oder einem Mann mit
dunklen Haaren. Oder einem Mann, der womöglich auch noch unfreundlich und sich
in der Fechtkunst nicht auskennt. Das wäre eine Schande, wo sie doch so stolz
auf ihre Fähigkeiten war.
Dass
ihr Vater sauer war, ließ sie kalt. Sie entschied letztlich, was sie tat. Ihr
Vater tat immer nur so, als würde er Macht ausüben wollen. Und wenn es Probleme
geben sollte, würde sie einfach zu ihrem Stiefcousin, ihn überzeugen, ihr Geld
zu geben und dann würde sie gar nicht mehr heiraten müssen, wenn sie es nicht
wollte.
Dabei
wollte sie ja. Nur der hübsche, blonde Schlossbesitzer ließ einfach noch etwas
auf sich warten. Vielleicht war dieser Graf LaSalle
anders, aber sie hegte berechtigte Zweifel.
Sie
wanderte durch den schönen Rosengarten, den sie nur ungerne im Stich lassen
würde, aber sie wusste, ihr Vater war nicht mehr der Jüngste. Ihre Mutter starb
bei der Geburt ihrer Schwester, was sie ihrer Schwester auch insgeheim immer
übel genommen hatte. Sie hatte zwar ihre Schwester mit erzogen, aber dennoch
hatte sie ihr den Tod ihrer Mutter nie verziehen.
Sie
riss einer Rose eine Blüte aus und warf sie achtlos auf den Boden. Manchmal war
sie einfach unzufrieden mit der Welt. Laut Gesetz stand ihr kein rechtmäßiger
Besitz zu, würde sie nicht heiraten. Und auch nur, wenn sie ihren Cousin
überleben sollte, - wobei sie keinerlei Zweifel hegte, denn er schien schon
jetzt nicht mehr ganz auf der Höhe zu sein, von seinen schiefen Zähnen ganz zu
schweigen -, dann bekam sie einen recht großen Anteil des Erbes zugesprochen.
Vielleicht starb ihre Schwester ja auch früher. Dann bekam sie
höchstwahrscheinlich alles. Das wäre wirklich außerordentlich großartig.
„Ms
Buffy!“ Ihre Zofe eilte über die Wiese. Tara sah wirklich nicht gerade
herrschaftlich aus. Langweilige dunkle Haare, spröde Haut und einen Sprachfehler,
der es ihr wahrscheinlich unmöglich machen würde, überhaupt jemals zu heiraten.
Abschätzig wartete Buffy darauf, dass die Zofe sie erreichte.
„Wie
Sie gewünscht haben, gebe ich B…bescheid. Der Graf ist angekommen und wurde im
nahen Cole Manor untergebracht. Anscheinend hat er dort Verwandtschaft. Heute
Nachmittag macht er die Aufwartung.“ Sie war außer Atem und es stand ihr
überhaupt nicht. Buffy verzog den Mund und strich sich gedankenverloren durch
die schönen blonden Haare, die sie jeden Tag fasziniert im Spiegel beobachtete.
Sie war wirklich eine Schönheit.
„Und?
Wie sieht er aus?“, erkundigte sie sich ungeduldig. Sie hatte keine Lust Tara
noch weiter hecheln zu hören. Tara zögerte einen Moment.
„Anscheinend
ist er klein. Und er hätte drahtige Haare, so der Stalljunge.“ Buffy verzog den
Mund. Einen kleinen Mann? Niemals. Und was sollen drahtige Haare sein?
„Ist
er von krummem Wuchs?“, horchte sie nach und Tara ruckte mit dem Kopf.
„I…ich
weiß es nicht. Der Junge sagte, er wäre schnell mit seinem Diener in das Haus
verschwunden. Er ist wohl kein Mann fürs Volk.“, endetet sie mit gesenktem
Kopf. Buffy hatte genug gehört. Wieder ein Mann, wenn man einen Kleinwüchsigen
denn so nennen konnte, der ihrer nicht würdig war. Sie würde garantiert nicht
auftauchen, wenn der Winzling ihrem Vater den Hof machte, um ihm ihr
rechtmäßiges Erbe abzunehmen.
„Danke
Tara. Ich werde mich hinlegen.“
Sie
ließ die Zofe stehen und überlegte bereits wie sie sich die Zeit vertreiben
konnte, während ihr Vater auf sie warten würde. Es wäre natürlich eine Blamage
für ihren Vater, wenn sie ihn versetzen würde, aber niemand konnte sie zwingen
einen untersetzten, drahthaarigen Mann zu heiraten. Niemand. So war ihr Gott
helfe.
~*~
„Oz,
du wirst immer besser.“ Der Diener entledigte sich den viel zu teuren Gewändern
und sah sich unbehaglich um.
„Mein
Herr, wieso müssen wir es immer wieder tun?“
„Weil
ich nicht von den Leuten erkannt werden will. Die meisten Menschen sind nicht
nett.“ Sein Herr sprach nicht viel. Er lachte nicht viel. Er war eigentlich nie
wirklich glücklich. Oz litt mit seinem Herren. Dass er es tatsächlich in
Erwägung zog Elizabeth Summers zur Frau zu nehmen erschien ihm mehr als
abwegig. Allerdings hatte sie ein stattliches Erbe. Obwohl sein Herr selber nicht
arm war.
Aber
vielleicht hatte er eingesehen, dass er alleine nicht glücklich werden würde.
Er wusste es nicht.
„Mein
Herr? Soll ich denn heute anstatt Eurer im Summers Anwesen meine Aufwartung
machen?“ Er konnte sich nicht vorstellen wie er so etwas bewerkstelligen
konnte.
„Das
Mädchen sollte froh sein, dass ein treuer Freund wie Ihr sie heiraten würde.
Also ja. Ich will sehen, wie es um ihre Menschlichkeit steht.“
Oz
seufzte schwer. Er war Kammerdiener und kein Schauspieler. Irgendwann würde er
noch vor Lampenfieber zusammenbrechen.
„Aber,
wenn sie nein sagt, was soll ich dann tun?“
Sein
Herr musterte ihn kurz.
„Dann
reisen wir morgen wieder ab.“ Oz wusste nicht, wie er erklären sollte, dass
höchstwahrscheinlich kein Mädchen der Welt sich dazu bereit erklären würde, ihn
zu heiraten, aber er schwieg. Sein Herr wirkte im Moment nicht in der Stimmung
für weitere Diskussionen.
Er
sah müde aus. Er würde ihm einen Tee kochen und ihm raten sich noch etwas
auszuruhen.
Er
befolgte den Rat seines Freundes nicht. Er würde sich etwas umsehen. Er verließ
seine Grafschaft selten. Nur für die Jagd und auch die Wälder um die Grafschaft
waren sein Eigentum, also traf er dort nicht auf Menschen. Aber manchmal gewann
einfach die Verlockung. So auch heute.
Er
würde sich die vornehme Seite dieser Stadt ansehen. Noch immer trug er eher
bescheidene Sachen. Sein Haar war ungekämmt, aber es scherte ihn herzlich
wenig. Er hatte keinen, für den er sich schön machen musste. Außer vielleicht
Oz. Aber dieser legte darauf wohl kaum einen Wert.
Fast
hätte er geschmunzelt. Fast.
„Mein
Herr, Ihr könnt hier nicht lang. Das ist Besitz des Lords Summers.“ Ein
schmächtiger Junge hatte sich in seinen weg gestellt. Wie mutig. Sah er doch
aus wie ein Bettler.
„Ich
spaziere bloß.“, erwiderte er kühl und mied den Blick in das Gesicht des
Jungen.
„Wollt
Ihr etwa die Tochter des Lords anschauen gehen?“ Er näherte sich in einer
vertraulichen Geste. „Einige Jungen aus dem Dorf tun es auch ab und an.“ Er
zwinkerte, aber Liam hob lediglich eine dunkle Augenbraue. Nein. Die Tochter
war ihm herzlich egal. Vorerst. Sollte sie ihn heiraten, schön, dann hatte er
wenigstens seinem Vater seinen letzten Wunsch erfüllt.
„Sie
verbringt die meiste Zeit in den Gärten. Sie singt.“ Er lächelte verträumt. „Sie
ist die schönste Frau der Welt.“
„Wie
heißt du?“, fragte Liam mit verstellt tieferer Stimme.
„Riley.
Riley Finn.“
„Such
dir eine anständige Arbeit und halte mich nicht auf.“ Er ließ den Jungen
zurück. Er konnte ihm nicht viel anhaben. Außerdem war er ein wenig neugierig.
Gut, dann schaute er sich das Mädchen an. Konnte nicht schaden zu wissen, auf
was man sich einließ.
Der
Junge folgte ihm nicht. Er stand unschlüssig auf dem Weg, ließ sich aber
schließlich wieder an der Begrenzungsmauer nieder und zog den Strohhut zum
Schlaf wieder ins Gesicht.
Guter
Junge, dachte Liam, bevor er sich an den Rosenspalieren hoch hievte. Das war
die größte körperlich Anstrengung, die er für ein Mädchen bereit war
aufzubringen.
Sie
war im Garten. Wenn sie es war. Er nahm es an. Diese reichen Mädchen trugen
immer Kleider von denen man eine ganze Ortschaft ernähren konnte, ohne je
einmal ein Feld zu bestellen. Er lehnte sich ein Stück weiter nach vorne.
Er
konnte nicht viel erkennen, aber ihre Haare wehten im Wind wie flüssiges Gold
und sie schien nicht unbedingt das typische Alter von Mädchen zu haben, die Oz
auf die Liste der würdigen Kandidatinnen zu setzen pflegte. Sie war schon
älter. Natürlich war er immer noch Längen älter als sie, aber er konnte nicht
viel von ihr erkennen, um sicher zu sein.
Sie
schlenderte durch den Garten als wäre sie die Königin der Welt. Er verzog kurz
die vollen Lippen im Anflug von Spott.
Sie
strich sanft über die Blüten der Rosen und eigentlich konnte er bis hierhin
nicht viel entdecken, was ihrem Ruf gerecht werden würde. Sie war schön, keine
Frage, aber unhöflich und ein Biest? Konnte sie es überhaupt sein, wenn sie so
liebreizend aussah? Jedenfalls war es das, was man sich erzählte, laut Oz.
Er
lehnte sich weiter nach vorne. Noch weiter. Und noch ein Stück. Und schon
rutschte er die Mauer hinab und landete weniger elegant auf seinem Hintern. Sie
war nicht dumm und schon gar nicht taub. Schnell hatte er sich aufgerappelt und
schon kam sie auf ihn zu. Ihre kleinen Diener würden bestimmt auch bald kommen.
„Wer
seid Ihr? Wie seid Ihr…?“ Sie brach ab und musterte unverhohlen seine Gestalt.
Es brauchte keinen großen Geist um zu sehen, dass er absolut nicht ihren
Anforderungen entsprach, aber sie hatte die schönsten Augen dieser Welt. So
grün wie die seiner Mutter.
„Verschwindet,
bevor ich euch verhaften lasse.“ Und sofort schmolz die Schönheit und Tugend
des jungen Mädchens dahin und kalte Arroganz blieb zurück. So konnte man sich
also täuschen.
„Mit
Verlaub, Ihr wollt mich verhaften lassen?“ Er hatte sogar vergessen den Blick
abzuwenden, aber wieso sollte ihr sein Gesicht vertraut sein.
„Ihr
seid auf meinem Grund und Boden, ich denke, ich kann tun, was mir beliebt.“
„Das
glaube ich nicht, Ms Summers.“
„Ihr
habt mir nachspioniert.“
„Vielleicht.“
Es war die erste Konversation, die er mit einer Frau hatte, die keine Bardame
oder Prostituierte war. Aber auch das war schon sehr, sehr lange her.
„Was
erlaubt Ihr euch? Gebt es auch noch zu! Wie ist euer Name?“, forderte sie
ungehalten. Er konnte nicht anders und musste lächeln. Wie eine Furie schrie
sie ihn an. Aber noch immer hatte sie keine Bediensteten gerufen, die ihn des
Hauses entfernten. Sie hatte Feuer, ohne Zweifel. Sie war schön, auch daran
bestand kein Zweifel. Aber sie war eine widerliche Ausgabe eines Menschen.
Er
kannte solche Menschen zu Genüge. Und, oh, wie würden sich ihr Ton und ihre
Umgangsformen ändern, wüsste sie, wer er tatsächlich wäre. Kleider machen
Leute. Oz sagte es ihm öfters.
„Mein
Name soll euch nicht beunruhigen.“ Er verneigte sich knapp. „Ihr solltet
weniger zornig sein, Mylady. Es steht Euch überhaupt
nicht gut zu Gesicht. Aber jede Rose hat furchtbar hässliche Dornen nicht
wahr?“ Er wusste nicht, dass er so viele Worte für eine Frau übrig hatte. Aber
ihr Blick war unbezahlbar. Sie wurde bleich, dann rot und dann schrie sie
richtig.
„Verschwindet!
Widerling! Tara!“ Anscheinend rief sie jetzt nach den Bediensteten.
„Auf
bald.“ Er wandte sich von ihr ab und sie schrie erneut den ihm unbekannten
Namen. Hastig hatte er die Mauer erklommen und war wirklich dankbar noch einen
Blick auf das Mädchen erhascht zu haben, von der halb England sich fürchtete.
~*~
Dennoch
war es ein schönes Anwesen. Nicht so groß wie der LaSalle
Besitz, aber es war liebevoll gepflegt. Er hatte schon genug von Elizabeth
Summers gesehen. Bis jetzt habe sie also jeden Bewerber abgewiesen. Er tat das alles hier eigentlich eher aus
Langeweile als wirklichem Interesse, auch wenn Oz es wohl als Schlussstreich der
Einsamkeit ansah.
Liam
Angel LaSalle war kein einsamer Mensch. Nun
vielleicht war er das, aber selbst wenn, störte es ihn nicht. Er kam gut
alleine zurecht. Nur der Wunsch seines Vaters auf dem Sterbebett war eine Frau
gewesen. Eine Frau, die sich um den Besitz kümmern würde, und ihm Erben schenken
würde.
Das
waren löbliche Aussichten, gewiss, aber seitdem seine Schwester an einer
schweren Lungenentzündung gestorben war, hatte er kaum einen Gedanken an sein
Erbe oder seine Zukunft verschwendet. Er hatte Oz nichts von seiner Begegnung
mit der Tochter erzählt. Aber er rechnete sowieso nicht damit, dass sie Ja
sagen könnte.
Er
hoffte stetes auf einen Krieg, wo er seine Aggressionen rauslassen könnte, aber
es gab keinen Anlass zum Krieg. Vielleicht im nächsten Jahr.
Es
war ein Zeitvertreib, Oz anstatt seiner zu Treffen oder anderen Verpflichtungen
zu schicken. Er war nie ein Mensch für große Versammlungen oder Bälle gewesen
und auch sein Vater hatte ihn nie gezwungen. Er war selber nie draußen gewesen.
Liam
LaSalle war ein Phantom. Manche, die sagten, sie
kennen ihn, die kannten lediglich seinen Namen oder seinen talentierten
Doppelgänger. Oz schwitzte stark. Er war aufgeregt, dass sah Liam ihm an.
Er
würde vor der Tür warten, während Oz seine Aufwartung machte. Er hätte
vermutlich noch ein paar tröstende Worte sagen sollen, aber er war kein Mann,
der es verstand anderen Mut auszusprechen, wenn er selber keinen Grund dafür
fand.
Schon
war sein Diener verschwunden. Die Hausbediensteten lugten um verschiedene
Ecken, aber er hatte sein Untergebenen Gewand an und hatte sich die Kapuze des
Mantels tief ins Gesicht gezogen. Er war kein spannendes Ziel, denn die
Kleidung verbarg so gut wie alles von ihm. Er versuchte an der Tür zu lauschen.
Oz sollte langsam etwas mehr Übung darin haben, er zu sein….
~*~
„Ich
mache Ihnen meine Aufwartung, Lord Summers.“ Er verneigte sich knapp. Der Mann
vor ihm, erschien ihm nett und umgänglich zu sein. Allerdings trommelte er mit
den Fingern auf dem Stuhl auf dem er saß.
„Ich
freue mich, dass Sie die weite Reise auf sich genommen haben, Graf LaSalle.“ Er kaufte ihm die Verkleidung also ab. Es war
manchmal viel zu leicht, Leute durch teure Kleidung zu täuschen. Es fiel Oz
immer wieder auf. Und immer wieder dachte er daran, dass er lediglich ein
Diener und kein Graf war.
„Wo
ist Eure Tochter, mein Herr?“, fragte er nun. Er fühlte sich viel wohler, wenn
keine Frau anwesend war. Dann schwitzte er wenigstens nicht so fürchterlich.
„Das
ist eine ausgezeichnete Frage.“, knurrte sein gegenüber. Diese Antwort galt
aber anscheinend nicht wirklich ihm. „Ich habe bereits nach ihr rufen lassen.
Sie sollte jeden Moment hier sein.“
Sie
warteten. Es gab nicht viel anderes zu tun. Er würde um ihre Hand anhalten und
sie würde sich entscheiden. Bei seinem Glück wahrscheinlich für Nein. Er
seufzte.
Sie
kam nicht.
Es
vergingen Minuten. Der Mann ihm gegenüber stand schließlich selber auf,
entschuldigte sich, verließ den riesigen Saal und kam erst viele Minuten später
und vollkommen außer Atem zurück. Er wirkte zorniger als vorher.
„Entschuldigt
diesen Zwischenfall. Sie wird in wenigen Minuten bei uns sein. Sie muss sich
umziehen. Vergebt meiner Tochter.“, murmelte er zerknirscht und Oz zog die
Stirn in Falten. Ansonsten wurde er nie warten gelassen. Oder vielmehr, der
echte Graf LaSalle, den er zu spielen pflegte wurde
nie warten gelassen.
~*~
„Es
ist so erbärmlich. Jetzt muss ich es ihm auch noch ins Gesicht sagen. Als ob
meine Abwesenheit nicht deutlich genug war. Hör jetzt auf, mit dem Gezupfe, Tara.“ Wütend wischte Buffy die Hand ihrer Zofe
aus dem Weg und raffte ihr Kleid, was sie lediglich in Eile angezogen hatte.
Als verdiene dieser Mann auch nur einen winzigen Teil ihrer Schönheit.
Sie
erkannte wohl seinen Diener auf dem Gang. Er saß auf einem der Stühle und hatte
den Kopf gesenkt. Wahrscheinlich lauschte er ihren Worten. Was für ein
Widerling. Nicht genug, dass sie heute von dem stinkenden Bettler zu Tode
verängstigt und auch noch beleidigt worden war, nein, jetzt lungerte hier auch
noch das Personal eines weiteren Ekels rum.
„Hat
Euch euer Herr nicht mit rein genommen? Ich kann mir denken warum.“, fügte sie
leise hinzu als sie an ihm vorbei schritt. Nicht mal den Blick hob er.
Unerzogen also auch noch. „Ich denke, du kannst mein Bad schon einlaufen
lassen, Tara. Ich habe nicht vor viel Zeit mit diesem untersetzten Grafen zu
verschwenden.“ Aus den Augenwinkeln kam es ihr vor, als hätte sich der bucklige
Diener eben geregt, aber es war ihr auch egal, dass er lauschte.
Was
ging sie irgendwelches Fußvolk schon großartig an.
Sie
setzte einen Gesichtsausdruck auf, von dem sie wusste, dass er anderen Angst
machte und zog mit einem theatralischen Seufzer die Türen zur Halle auf und
betrat den Raum, wo ihr Vater und der leidige Graf bereits warteten.
Sie
hasste es Unwürdigen die Meinung zu sagen.
~*~
Das
Gespräch was nun folgte, war kurz und mit wenigen, aber ziemlich unschönen
Worten, schlug sie das Werben seines ängstlichen Diener in den Wind. Er hatte
nicht erwartet, dass es tatsächlich ein Mädchen gab, was so widerlich arrogant
und unmenschlich sein konnte.
Er
war froh, wenn Oz endlich den Raum wieder verlassen würde und sie in die
Abgeschiedenheit seines Besitzes zurückkehren konnten. Dieses Mädchen war
tatsächlich nur etwas für die Augen wenn sie ihren Mund hielt.
Oz
kam nur wenig später aus dem Zimmer des Grauens heraus und wirkte verstört und
so nass geschwitzt als hätte er im Regen gestanden.
„Sie
ist ein Biest, Sir.“, murmelte er völlig erniedrigt und Liam horchte auf. Ihr
Vater schrie sie an.
„…
es ist mir egal! Ich habe dich gewarnt, Buffy...!“
Sie
erwiderte etwas Unflätiges und Liam versuchte noch mehrere Worte zu verstehen.
„Wir
sollten gehen.“ Oz wirkte mehr als hektisch und konnte es wohl kaum erwarten,
dieses Haus zu verlassen. Liam wurde wütend auf das Mädchen. Niemand behandelte
seinen Freund so als wäre er es nicht wert ein Graf zu sein.
„…
ich schwöre bei Gott, der nächste Bettler, Spielmann oder Haderlump der mich um
deine Hand bittet, der soll dich bekommen.“
„Das
kannst du nicht machen.“ Sie klang weder eingeschüchtert noch überzeugt.
„So
war mir Gott helfe! Du wirst es nicht wagen, mich noch einmal so zu blamieren,
Buffy!“
Sie
glaubte ihrem Vater nicht. Das war ihren Worten durchaus anzuhören, aber auf
Liams Zügen spielte ein gemeines Lächeln.
Er
hatte einen Plan. Einen hinterhältigen, aber gerechten Plan.
„Ist
alles in Ordnung, Ms Buffy?“
Nichts
war in Ordnung. Aber sie würde sich bald wieder gefangen haben. Als ob ihr
Vater wirklich ernst machen würde. So etwas traute sie ihm nicht zu. Er war
nicht autoritär. Er überließ ihr alle Entscheidungen. Immer. Sie musste sich
keine Gedanken machen.
„Verschwinde,
Tara. Lass mich in Ruhe. Ich schlafe.“
Außerdem
bezweifelte sie ernsthaft, dass sobald überhaupt noch einmal jemand kommen
würde, der es wagte schlecht auszusehen um sie zu heiraten. Also verwarf sie
ihre Sorgen. Sie würde den Schneiderinnen den neuen Entwurf ihres
Frühlingskleides zukommen lassen. Das war wirklich eine viel dringendere Sorge,
wenn sie darauf anlegte, dass die Mädchen des Hauses wieder hinter
vorgehaltenen Händen tuschelten, bloß weil sie furchtbar neidisch auf sie
waren.
~*~
„Herr,
ich halte das für keine gute Idee.“
„Nein.
Es ist eine ausgezeichnete Idee, Oz.“
Er
sah noch verwegener aus als sonst. Oz machte sich ernsthafte Gedanken. Sein
Herr hatte darauf verzichtet sich zu waschen und trug nun abgetragene Kleidung
des Kochs und stank bestialisch noch abgestandenem Blut und Fett.
Die
Hosen waren etwas kurz, da sein Herr wirklich zu den größten Männern Englands gehörte.
Er sah seltsam aus. Obwohl die Kleidung ihm durchaus nicht schmeichelte war
sein Gesicht immer noch Furcht erregend. Die adeligen Züge stachen aber durch.
Ihm war sein Herkunft ohne weiteres anzusehen. Er war gut aussehend. Selbst in
Lumpen und mit verschmiertem Gesicht.
„Ich
hoffe doch ernsthaft, ihr erwägt nicht den Versuch noch einmal dort hinzu
reiten.“ Er wusste bereits, dass sein Herr wohl eben dieses Ziel verfolgen
würde.
„Sorge
dich nicht darum.“
„Was
erwartet Ihr von mir, Herr? Ich meine, ich glaube nicht, dass – mit Verlaub -,
dass Lord Summers seine Tochter einem augenscheinlich, nun ja…, armem Teufel
geben wird.“
„Das
werden wir sehen, Oz. Ich möchte nicht, dass du weiter zweifelst. Du spielst
meine Rolle hervorragend. Das sollst du auch weiterhin tun.“
„Aber
Herr…“
„Schluss
jetzt. Ich muss mich nun selber in meine Rolle finden.“
Zum
ersten Mal nach einer sehr langen Ewigkeit lächelte Graf LaSalle.
Es war kein fröhliches Lächeln, entsprungen aus Zufriedenheit, aber es war ein
schelmisches Lächeln, fast jungenhaft und er wirkte recht ausgelassen, wenn man
es denn wagte, einen solchen Begriff in Liam LaSalles
Gegenwart zu verwenden.
Aber
das raubte ihm den Mut und auch den Willen erneut zu widersprechen. Wenn sein
Herr dieses Spiel spielen wollte, so würde er ihn nicht aufhalten. Außerdem war
das junge Mädchen wirklich nicht eines der netteren Mädchen, so viel hatte er
feststellen können. Auch wenn sie wahrscheinlich das schönste Mädchen in ganz
England war.
~*~
Sie
war im Garten. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand erreicht und sie strich
sanft mit den Fingerspitzen über die feinen Blütenblätter der Rosen. Ja,
manchmal war sie neidisch auf ihre so natürliche Schönheit. Natürlich war das
Unsinn, aber dennoch mochte sie es nicht, dass Blumen tatsächlich solch
wunderschönen Pflanzen waren, dass es ein leichtes für sie war, ihre eigene
Schönheit auszustechen.
Sie
wurde in ihren Gedanken unterbrochen.
„Mylady, Euer Vater wünscht, dass sie sich zum Essen
umziehen.“
„Ich
fühle mich wohl in den Sachen, die ich trage.“ Sie gab sich nicht einmal Mühe
höflich zu sein.
„Ich
bitte Euch. Es scheint ihm sehr ernst. Außerdem hat er einen Gast zum Essen
eingeladen.“
„Einen
Gast?“ Ihr fiel auf, dass Taras Stimme sehr leise, ja, fast ängstlich klang.
„Was soll das für ein Gast sein?“
„Kein…
ge…gewöhnlicher Gast, Ms Buffy.“ Buffy fixierte sie
scharf.
„Was
soll das bedeuten?“
„Euer
Vater sagt… er… er… feiert bald Eure Verlobung.“
Vor
Schreck packte sie eine Rose fest um den Stiel und ließ sie mit einem leisen
Schrei wieder los. Ein Dorn hatte sich in ihren Zeigefinger gebohrt und das
Blut floss in einem feinen Rinnsaal ihren Finger hinab. Sie starrte ihren
Finger an, ohne ihn überhaupt wahrzunehmen.
„Wie
sieht der Fremde aus, Tara? Wie kann es jemand wagen hier auszutauchen. Vater
hat es bestimmt nicht ernst gemeint. Du hast es falsch verstanden, du dummes
Ding. Geh mir aus dem Weg.“ Sie schob sie grob beiseite, raffte ihr langes
Kleid und stürmte Richtung Haus. Es war ihr gleich, dass das Blut ihr Kleid
verschmierte. Tara würde es zur Strafe reinigen müssen.
Sie
so hinters Licht zu führen und ihr Angst zu machen. Das war nicht redlich. Es
gehörte sich nicht. Deshalb war sie nur eine Zofe, und sie selbst war die Lady.
Sie
hastete durch die Flure bis zum Esszimmer. Sie riss die Tür auf und erschrak
bis ins Mark. Ein Tölpel saß neben ihrem Vater. Ein schmutziger, abgerissener,
verdreckter, stinkender Tölpel. Ihr wurde übel.
„Ah,
Elizabeth… gut, dass du kommst. Ich möchte dass du unseren Besuch kennen
lernst. Meinen künftigen Schwiegersohn… Angel.“ Sie würgte. Angel. Das war kein
Name, das war Blasphemie.
„Nein.“,
hauchte sie und dann erhob sich dieser Fremde auch noch. Er grinste ein
Grinsen, bei dem er seine schmutzigen Zähne entblößte. Seine Hose war kaputt
und viel zu kurz. Sie entblößte seine haarigen Beine. Seine Haare waren
struppig und braun, genauso braun wie seine Augen.
Er
ekelte sie allein aus dieser Entfernung an. Es konnte nur ein Kranker von der
Straße sein. Wie konnte ihr Vater ihr einen solch gemeinen Streich spielen? Was
sollte dieses Gesocks in ihrem Hause?
„Vater…“,
flüsterte sie, aber ihr Vater schien sich prächtig zu amüsieren.
„Setz
dich, meine Liebe. Ihr solltet euch kenne lernen.“ Er schien mehr als nur
vergnügt. „Angel ist der Jäger, des wunderbaren Grafen LaSalles,
den du gestern abgewiesen hast.“ Sie spürte die Tränen ihre Kehle verschnüren.
„Nein.“,
wiederholte sie ungläubig und schüttelte den blonden Kopf.
„Eine
Ehre, Ma’m.“ Seine Stimme klang widerlich tief und
rau. Wie die eines Säufers. Oh, Gott, wann löste ihr Vater dieses grauenhafte
Spiel. Und da erkannte sie den ungehobelten Mann. Unglaublicherweise hatte sie
ihn schon einmal gesehen. In ihrem Garten, wo er verbotenerweise eingedrungen
war. Das konnte nicht sein.
„Setz dich endlich, Buffy. Sei nicht so unhöflich gegenüber deinem Bräutigam.“
Sie
war dankbar als die Dunkelheit der Ohnmacht sie einhüllte. Es war nur ein
Albtraum. Sie würde aufwachen und der Morgen würde sie freundlich anlachen und
alles wäre wieder gut. Alles.
~*~
„Oh,
ich hatte einen furchtbaren Traum. Mir träumte, dass…“ Sie rieb sich die Augen.
Aber es war niemand in ihrem Zimmer, der ihr zuhören konnte. Sie war allein.
Nun, nicht vollkommen. Da hing ein wunderschönes weißes Kleid an einem Haken im
Zimmer. Ein… wunderschönes Hochzeitskleid.
Ihr
stockte das Blut in ihren Adern und sie schrie so laut, dass die Vögel in den
Bäumen erschrocken flohen. Sie sah ihre Schatten am Fenster vorbei flattern.
Sie konnte sich nicht fassen, sie würde sich nicht beruhigen. Es war kein
schlimmer Traum gewesen. Nein. Es war tatsächlich die unglaubliche
Wirklichkeit. Ihr Vater konnte sie doch wohl kaum einfach so fortschicken mit
einem armen Habenichts!
Sie
weinte. Und weinte. Wie es ihr vorkam stundenlang. So lange, bis Tara kam und
sie in ihr Gewand steckte, nicht ohne zurückhaltende Genugtuung, wie es ihr
vorkam. Sie hatte keine Wahl. Wenn es Tara nicht tat, dann würde wahrscheinlich
ihr Vater persönlich kommen.
Sie
wollte gar nicht mehr hier bleiben. Schon wieder kamen ihr die Tränen. Nicht
einmal ihr Stolz war noch vorhanden. Alles war fort.
Sie
sprach kein einziges Wort. Würde ihr Vater sie sehen, vielleicht würde er Gnade
walten lassen.
Sie
irrte sich. Ihr Vater war seltsamerweise befriedigt und genoss die arme, karge
Zeremonie in vollen Zügen. Der Jäger namens Angel sah sie nicht einmal an. Sie
brauchte noch einen langen Moment ehe sie Worte zum sprechen fand.
„Nein!“
Sie
wich zurück. Ihr langes Kleid hinderte sie an einer schnellen Flucht und der Jäger
grinste nun unverschämt.
„Wenn
du gleich immer noch weglaufen willst, habe ich das Recht vor Gott dich wieder
zu holen.“ Sie schüttelte den Kopf. Wie unverschämt er war. Sie suchte den
Blick ihres Vaters, aber dieser ließ sich einen weiteren Wein reichen und
beobachtete amüsiert die Szene.
„Nehmt
sie nur mit, Angel.“
Angel… Der Mann nannte
sich tatsächlich Angel? Verkommen und schmutzig. Arm und durchtrieben. Sie
weinte. Ununterbrochen. Der Pfarrer hatte sie vermählt, obwohl sie weder Ja
noch Nein gesagt hatte. Sie hatte geweint und das tat sie jetzt immer noch.
„Graf
LaSalle wird uns gestatten die Kutsche zu benutzen.“,
erklärte die Jäger ungerührt und aß mit seinen Fingern den letzten Bissen
seines Steaks. Sie hatte nichts gegessen, sondern strafend und flehend ihren
Vater angesehen. Dieser hatte nicht reagiert.
Ob
sie wohl auch mit dem Grafen im Schloss wohnen durfte? Hätte sie doch nur den
Grafen genommen. Hätte sie doch nur… Sie war so unsagbar dumm. Sie weinte
erneut. Ihre Wangen waren kaum getrocknet.
„Wir
reisen ab. Deine teuren Kleider brauchst du nicht.“
Er
nahm sie einfach mit. Keine Spangen hatte sie eingepackt. Nicht ein feines
Kleid, keine Seife, gar nichts. Sie wollte schreien, wollte sich wehren, aber
sein Griff war erbarmungslos grob und er zerrte sie hinaus.
„Auf
bald, Lord Summers!“, rief er über die Schulter zurück und niemand hielt ihn
auf. Das Gesinde beachtete kaum diese Entführung und niemand achtete auf die
ungehinderten Tränen auf ihren Wangen. Ihr Vater hatte sie verraten, ihre
Dienerschaft hatte sie verraten und all das nur, weil sie keinen Zwerg hatte
heiraten wollen. Ach, hätte sie den Zwerg geheiratet. Dann würde sie wenigstens
in einem so reichen Haus wohnen, das einem Palast zum verwechseln ähnlich sah.
Die teuersten Kleider, nur in großen Kutschen fahren….
Sie
schluchzte auf. Ihr Vater würde sich schon noch überlegen, ob er sie nicht doch
wieder haben wollen würde. Sie war sich sicher. Ihr Stolz war noch nicht völlig
besiegt. Sie war immerhin Elizabeth Summers. Sie war das schönste Mädchen der
Stadt.
Ihr
Vater würde seine Entscheidung noch bereuen und dann würde er sie anflehen
wieder zu kommen. Sie musste nur etwas aushalten. Wie schlimm konnte ein Jäger
schon wohnen…?
„Da
gehe ich nicht rein.“, waren ihre ersten und bisher einzigen Worte. Die lange
Fahrt war anstrengend gewesen. Nicht nur, weil er viel zu klein für die winzige
Kutsche gewesen war, nein, ihr ewiges Weinen hatte ihn auch vom Schlafen
abgehalten.
Sie
war verzogen und immer noch so stolz, dass sie ihn keines Blickes würdigte. Sie
hasste ihn tatsächlich. Es war eine faszinierende Erfahrung für ihn. Außerdem
kam er endlich einmal in den Genuss seinen zweiten Vornamen zu testen, den ihm
seine Mutter gegeben hatte. Sein Vater hatte ihn gar nicht zur Kenntnis
genommen. Welcher Junge hieß schon Angel?
Jetzt
standen sie vor seinem alten Jagdhaus. Das Herrenhaus lag etwa acht Kilometer
entfernt. Hier würde ihn wahrscheinlich niemand finden. Er war schon lange
nicht mehr hier gewesen. Wahrscheinlich gab es kaum Feuerholz und es war
bestimmt schmutzig und staubig in der kleinen Hütte, die eigentlich mehr zum
Rast machen, als zum Wohnen geeignet war. Aber er würde sie schon noch
zerbrechen.
Er
würde ihren Stolz schon bezwingen und dann… nun, dann würde er sie
hinauswerfen. Nicht natürlich, ehe er ihr verraten hatte, wer er war und was
für ein Pech sie hatte, ein arrogantes Biest zu sein.
Es
sei denn… Naja, es sei denn, sie würde sich ändern. Er bezweifelte diese
Wendung.
„Starr
mich nicht so an, du Knecht, ich gehe da nicht rein.“ Sie war stehen geblieben.
Ihre Haare hingen wirr über ihre Schulter und er sah ihr die Erschöpfung der
Fahrt sichtlich an. Er war müde. Sollte sie hier draußen stehen bleiben.
„Ganz
wie du willst.“ Er lächelte ein letztes Mal, ehe er sie alleine ließ und ins
Haus verschwand.
Er
zählte in seinem Kopf bis fünf. Sie folgte ihm, aber sie sprach kein Wort mehr.
„Mach
Feuer an und schüttel die Decken auf. Wer weiß was
für Tiere könnten sich hier eingenistet haben.“ Nur zu gerne würde er gerne ihr
Gesicht sehen, aber er verzichtete auf den Genuss. Er musste sich erst selber
an diese Behausung gewöhnen. Er war nicht unbedingt ein Mann, der immer
verwöhnt werden musste, mit Mahlzeiten und weichen Matratzen. Nein, er konnte
auch in einer Jagdhütte leben. Während der Saison tat er kaum etwas anderes.
Er
konnte nicht sagen, ob sie sich bewegt hatte oder nicht. Er beschloss, das zu
tun, was er mittlerweile am besten konnte: Grimmig sein. „Wenn du nicht sofort
gehst und Feuer machst, werde ich dir Beine machen, hast du verstanden, du
elende Schnepfe?“ Seine Stimme war rau und müde von der Reise. Er klang
durchaus nicht wie ein Mann, mit dem man Spielchen spielen konnte und als er
durch den Vorhang seiner dunklen Haare linste, sah er, dass sie verschwunden
war.
Er
war sich nicht sicher, ob sie in der Lage war Feuer zu machen, aber er würde
ihr kaum eine Wahl lassen. Er stieg aus den alten Stiefeln und seufzte
erleichtert.
Jetzt
würde er sich auf das alte zerrissene Sofa legen und sich ausruhen, während
seine kleine Magd für ihn schuftete.
Sie
war bestimmt auch nett anzusehen, wenn sie die Stube fegte, überlegte er und
gähnte herzhaft. Nein, im Moment kam er sich absolut nicht so vor, als wäre er
der Besitzer von der größten Grafschaft in England. Er kam sich vor wie ein
Spielmann, ein Gaukler, ein Jägersmann, der sich eine Pause vom Ernst des
Lebens gönnte, um einer Göre eine Lektion zu erteilen. Und er genoss es
tatsächlich. Das hätte er nicht für möglich gehalten.
~*~
„Und
was soll das sein?“
Angewidert
stocherte er in einer gelbgrauen Pfütze herum, die nicht einmal die Schweine
bei Hofe essen würden. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt und ihr Kleid
wies Spuren von Ruß, Schmutz und Eigelb auf. Ihre Haare hatte sie wohl blind
zusammen gebunden und ihr Gesicht glänzte vor Tränen und Schweiß.
„Omelett.“
Sie sprach das Wort wie etwas Ekelhaftes aus, das sie niemals auch nur einmal
in ihrem Leben gekostet hatte.
„Es
ist grau.“
„Iss
es oder lass es bleiben.“, knurrte sie und er sah, dass sie nur mühsam die
Tränen des Stolzes zurück hielt. Er seufzte.
„Ich
werde jagen gehen. Und dann will ich heute Abend etwas Vernünftiges haben.
Nicht so eine widerliche Pampe, hast du verstanden?“ Er erhob sich. Er würde
zum Schloss reiten und sich eine Mahlzeit gönne, ehe er tatsächlich seine
Flinte lud und einen Truthahn schießen gehen würde. „Und mach hier sauber. Ein
Saustall ist es.“
Sie
hatte die Zähne fest zusammen gebissen und ihre Lippen waren nur noch ein
schmaler Strich des Zorns. Er überragte sie um fast zwei Köpfe und betrachtete
ihre Züge. Sie war stolz. Und stark in ihrem Willen. Und dennoch war sie mit
keinem Mädchen zu vergleichen, dass er in seinen fünfundzwanzig Jahren zu
Gesicht bekommen hatte. Er bedauerte es fast, dass sie der Teufel in Person
war.
„Hast
du mich verstanden, Buffy?“, benutzte er den Kosenamen, den ihr Vater ihr
gegeben hatte.
„Elizabeth.“,
verbesserte sie ihn steif und er lächelte ein feines Lächeln.
„Mir
gefällt Buffy besser.“ Für einen Moment dachte er tatsächlich, sie würde ihm
einen Faustschlag ins Gesicht verpassen, aber schließlich senkte sie
widerwillig ihren wütenden Blick und ballte die Hände zu Fäusten. Er fragte
sich, was sie dachte. Dachte sie, sie könne davon laufen? Nein. Dazu war sie zu
feige.
Er
wandte ihr den Rücken zu und verschwand aus der zugigen kleinen Hütte. Letzte
Nacht war es ihr gelungen, die Tür zum kleinen Schlafzimmer abzusperren, aber
das würde heute Nacht nicht der Fall sein. Er grinste in sich hinein. Das würde
interessant werden.
Er
ritt knapp eine halbe Stunde. Er jagte durch den Wald und sein Herrenhaus kam
in Sicht. Auf dem Hof schien Oz schon auf ihn gewartet zu haben.
„Mein
Herr, ich war schon kurz davor zu kommen.“
„Nein,
bloß nicht. Es ist alles in Ordnung.“ Oz sah ihn zweifelnd an. „Wirklich. Ich
denke, in ein paar Tagen, habe ich sie dazu gezwungen, das gesamte Haus zu
putzen und vielleicht kann sie dann ein Omelett machen.“, überlegte er
schließlich. Er bezweifelte das allerdings.
„Was
habt Ihr jetzt vor, Herr?“
„Ich
werde jagen gehen. Ich denke, das hätte ich auch ohne meine neu erworbene Frau
gemacht.“ Er grinste und er bemerkte sofort wie Oz auf diese Geste reagierte.
„Macht
es Euch Spaß, dieses Mädchen zu quälen, Herr?“ Der Blick seines Dieners war
eine Spur anklagend und er schüttelte den Kopf.
„Oz,
ich quäle sie nicht. Ein paar Manieren schaden ihr nicht und außerdem…“ Er
unterbrach sich selbst. Außerdem, dachte er, vielleicht würde sie sich ändern.
Vielleicht. Wahrscheinlich nicht. „Lass es einfach meine Sorge sein.“ Er
marschierte über den gekiesten Hof und steuerte den Jagdschuppen an, wo seine
Gewehre hingen.
„Ich
denke, Ihr irrt euch.“, murmelte Oz leise und seufzend folgte er seinem Herrn
in den Schuppen. Vielleicht würde er es noch rechtzeitig einsehen.
~*~
Sie
hatte das Bett gemacht, die winzige Küche geputzt und fegte nun mit dem Besen
die ungemütlich kleine Stube. Es war eine widerliche Angelegenheit. Der Staub
flog ihr in die Augen und sie nieste mehrere Male, bevor sie weinend auf der
stinkenden Couch zusammen sank. Das hatte sie nicht verdient. In diesem Loch
mit diesem Widerling sitzen zu müssen.
Wann
kam ihr Vater endlich, um sie zu retten? Sie wollte nur noch nach Hause. So
schnell wie möglich. Vielleicht kam er morgen. Immerhin war sie erst einen Tag
hier. Vielleicht wollte er sie prüfen. Schön. Sie konnte ausharren.
Obwohl
ihre Hände Blasen aufwiesen und sie Schwielen an den Fingern hatte, sah die
Hütte noch genauso schmutzig aus, wie am Morgen. Sie wusste nicht, wie sie
diesen Saustall sauber bekommen sollte und sie wollte es auch nicht machen. Sie
wollte auch nicht wieder versuchen zu kochen, denn normale Menschen hatten
schließlich eine Köchin. Sie hatte es nicht nötig.
Allerdings
überzeugte sie ihr knurrender Magen schließlich doch noch einmal in die kleine
Küche zu gehen und den Herd zu inspizieren. Sie hatte sich heute Morgen schon
verbrannt. Dabei hatte sie nur Eier gebraten. Wahrscheinlich zu lange und
wahrscheinlich auch falsch. Aber woher sollte sie wissen, wie so etwas ging?
Was
gab es noch? In einer kleinen Kammer hingen geräucherte Fleischstreifen. Sie
konnte nicht einmal sagen, von welchem Tier sie stammten und ob sie überhaupt
essbar waren. Sie kostete von einer dunklen Wurst. Und sie war überrascht, dass
sie so gut schmeckte.
Schnell
hatte sie die halbe Kammer leer gegessen. Es störte sie nicht einmal mit den
Fingern zu essen und sie leckte sich am Ende auch noch über beide Hände.
Sie
bekam Durst. Draußen stand ein Brunnen. Sie würde es schon schaffen, Wasser zu
holen. Sie würde ihr Überleben schon sichern können.
Draußen
sah sie keinen Eimer neben dem Brunnen und lehnte sich über den Rand um hinab
spähen zu können. Das Seil war rissig gewesen und der Eimer lag tatsächlich im
Innern des Brunnen. Gut, sie würde ihn da raus holen. Der dreckige Jäger hatte
bestimmt ein Seil hier liegen.
Neben
der Tür auf einer Bank fand sie sogar eins. Sie band es sich schnell um ihre
Hüfte und das andere Ende band sie um den Holzbalken über dem Brunnen. Sie
würde sich hinabseilen und den Eimer holen, der auf der Wasseroberfläche
schwamm.
Das
wäre gelacht, wenn sie es nicht schaffen würde. Sie kletterte in das modrige
Innere des Brunnens und ihre Hände fanden kaum Halt an den rauen Rändern des
Brunnens. Als sie mit den Füßen zwischen den Steinen endlich Halt gefunden
hatte, begann sie langsam hinab zu klettern. Ihre Hände riss sie sich schon
nach dem ersten Meter wund und unter jedem anderen Umstand hätte sie geweint
und geschrieen, aber der Durst war übermächtig, also ignorierte sie die
Schnitte und Kratzer an Händen und Beinen.
Sie
kletterte tiefer. Sie konnte den Eimer schon fast berühren. Fast. Nur noch ein
bisschen musste sie… Jaah! Sie hatte ihn. Fast.
Sie
rutschte am Rand ab, stürzte den Rest in die Tiefe, das Seil riss und sie
plumpste sehr unelegant in das kühle nass. Sie kam prustend an die Oberfläche
und schüttelte den Kopf. So ein Mist.
Sie
stülpte hektisch den Eimer um und klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende.
Die Luft im Innern des Eimers hielt ihn oberhalb der Wasseroberfläche und so
konnte sie sich über Wasser halten. Ihre Füße berührten den Boden nicht und sie
blickte nach oben. Es war ein kleiner Kreis und sie bekam es mit der Angst zu
tun.
„Hilfe!“,
schrie sie laut und verzweifelt. Ihre Stimme hallte von den Wänden wider und
sie wusste, wahrscheinlich würde sie niemand außer vielleicht die Eichhörnchen
hören. Sie schrie noch viele Minuten lang. Aber niemand kam. Niemand half ihr.
Sie war hier gefangen. Erneut weinte sie und ihre Tränen vermischten sich mit
dem kalten Wasser.
~*~
Er
war lange nicht mehr jagen gewesen, aber immerhin war er erfolgreich
heimgekehrt. Die Tür stand offen. War sie doch geflohen? Das konnte er sich
kaum vorstellen. Er stieg ab und band das Seil von seinem Sattelknauf. Er hatte
eine Ziege vom Herrenhaus mitgebracht. Die konnte sie melken. Dann hatten sie
Milch. Wenn auch nur Ziegenmilch. Den toten Truthahn schulterte er auf seinen
Rücken und betrat das Haus.
„Buffy?“
Er sah sich um. Anscheinend hatte sie versucht zu putzen, hatte aber wohl
aufgegeben, denn der Besen lag mitten im Raum. Er schritt in die Küche. Die Tür
der Speisekammer war angelehnt. Sie hatte all die Räucherwurst gegessen. Das
faule Biest. Das würde er sie teuer zu stehen lassen kommen.
„BUFFY!“
Er verließ die Küche, stürmte ins Schlafzimmer, aber auch da war sie nicht. Er
verließ das Haus wieder und blickte in den langsam finster werdenden Wald. Was,
wenn sie sich nun verlaufen hatte?
„Du
bist so eine dumme Göre.“, murmelte er. Dann hörte er etwas. Es klang wie ein
Wimmern. Gehörte es ihr? „Buffy?“, fragte er noch einmal in die Stille. Diesmal
bekam er Antwort.
„ANGEL!“
Woher
kam das? Er drehte sich hastig um, konnte sie aber nicht entdecken. Ihre Stimme
klang dumpf. Sein Blick fiel auf den alten Brunnen. Nein. Das konnte nicht sein.
So dumm konnte nicht einmal sie sein. Hastig lief er hinüber und lehnte sich
hinab. Anscheinend ging es ihr, von den Tränen abgesehen gut und er seufzte
erleichtert auf.
„Wie
bist du da rein gekommen?“
„Hol
mich hier raus. Nun mach schon, ich erfriere hier!“ Ihre Stimme klang heiser
vom Schreien und Weinen nahm er an. Denn etwas anderes tat sie ja nicht. Sofort
führte er die Ziege in das angrenzende Gatter und hastete mit dem Seil zurück
zum Brunnen.
„Halt
dich fest. Bind es dir am besten um. Ich ziehe dich hoch. Keine Angst, ja?“
Sie
tat tatsächlich wie ihr geheißen. Das musste er sich merken. Sie in Gefahr
bringen bedeutete, dass sie tatsächlich einmal gehorchte. Er zog schließlich
und sie wog doch einiges mehr als eine Feder. Ächzend hievte er sie nach oben
und endlich erschien ihr nasser, bleicher Kopf am Brunnenrand.
„Angel.“,
keuchte sie und er zog sie aus dem Brunnen. Sie klammerte sich an ihn wie eine
Ertrinkende. Nun. Es war nicht ungefährlich gewesen, das gab er zu. Erst jetzt
sah er die vielen blutigen Schrammen und Kratzer in ihrem Gesicht, an ihren
Armen und Beinen. Ihr wunderschönes Gesicht war von Angst und Kälte
gekennzeichnet und er erkannte die Gefahr.
„Schnell.
Rein mit dir. Wir müssen dich trocknen. Sonst bekommst du eine Lungenentzündung.
Wie langte warst du da unten, Buffy?“ Doch sie antwortete nicht, sie verdrehte
die Augen und verlor das Bewusstsein. Er hob sie hastig auf seine Arme. Das war
nicht gut. Er musste sie warm halten und er würde einen Arzt rufen lassen. Er
hatte keine Wahl. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und zum ersten Mal seit
langer Zeit empfand er tatsächlich Sorge und Angst.
Immer
noch hatte er ihren schönen nackten Körper vor Augen als er dicke Decken um sie
stopfte. Ihr Kopf war eine Spur zu heiß und er beschloss sie für die kurze Zeit
allein zu lassen, die er brauchte um einen Arzt zu holen.
~*~
„Es
ist nicht schlimm, Graf LaSalle.“
„Gut.“
Sie
war noch nicht bei Bewusstsein, aber der Arzt hatte ihm versichert, dass die
Temperatur nicht übermäßig gestiegen war und sie wohl bloß Schlaf von der
immensen Erschöpfung brauchte. Man fiel nicht alle Tage in einen Brunnen und
musste dort Stunden ausharren. Er hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Er
würde sie nicht noch einmal alleine lassen können.
Er
fuhr sich durch die dunklen Haare.
„Warum befindet sich die junge Dame hier und nicht im Herrenhaus, wenn ich
fragen darf?“ Der Arzt musterte ihn neugierig, während er sein Stethoskop in
seine Tasche packte und auch den Teller zum Aderlass wieder entfernte. Es war
nicht nötig gewesen.
„Das
soll nicht Ihre Sorge sein, Dr. Malcolm.“, erwiderte Liam leise und der Arzt
fragte nicht weiter. Es ging ihn auch nichts an. Ihm waren die forschenden,
prüfenden Blicke nicht entgangen. Für gewöhnlich trug Liam nicht solche Kleidung.
Und er beherbergte auch keine blonden Mädchen in seinem Jagdhaus. Aber er war
nicht gewillt irgendwem eine Erklärung abzugeben.
„Vielleicht
wird ihr kalt des Nachts. Haben Sie noch mehr Decken, Graf LaSalle?“
Liam
überlegte kurz. Nein, hatte er nicht. Aber er hatte sich selbst.
„Ich
werde mir zu helfen wissen.“
„Morgen
sollte es ihr wieder gut gehen. Sie muss sich lediglich ausruhen.“ Wieder ein
prüfender Blick. Aber der Arzt ließ ihn allein.
Er
gab der Ziege noch etwas zu essen und verfrachtete den toten Truthahn nach
draußen in die Kälte, um ihn wenigstens noch eine nachtlang frisch halten zu
können. Der Hunger war ihm komplett vergangen.
Er
entledigte sich seiner Kleider und vorsichtig, ohne sie aufzuwecken, legte er
sich hinter sie in das enge Bett. Er zog sie an seinen Körper. Das Gewand, was
sie trug, gehörte dem alten Jäger, den er hier für die Saison hatte wohnen
lassen. Er bezweifelte, dass er es vermissen würde.
Sie
murmelte etwas Unverständliches und er vergrub seinen Kopf in ihren
mittlerweile wieder trockenen Haaren. Er traute sich kaum, sich noch einmal zu
bewegen. Sie war so weich und zart. Sie passte so perfekt in seine starken Arme
und ein Lächeln umspielte seine sonst so ernsten Züge. Gut, dass sie lebte und
hier in seinen Armen lag. Er schlief beinahe in der nächsten Minute ebenfalls
ein.
Die
Sonne, die sich langsam durchs Zimmer stahl weckte sie. Für einen Moment hielt
sie noch die Augen geschlossen und genoss die angenehme Wärme, die sie umgab.
Ob Tara ihr wohl schon ein warmes Bad eingelassen hatte? Das wäre wirklich
perfekt. Sie hatte auch Hunger auf Pute. Vielleicht konnte sie ja ihre Meinung
bezüglich des Essens durchsetzen. Während sie noch Argumente überlegte wurde
der Griff um ihre Taille fester und sie hörte ein raues Stöhnen.
Sofort
brachen ihre Gedanken ab. Sofort schossen ihre Augen auf. Und beinahe in
derselben Sekunde wusste sie wieder, warum sie niemals wieder ein heißes Bad
und Putenbrust essen würde… Sein Griff war so fest, dass sie sich kaum bewegen
konnte und Angst schnürte ihre Kehle zu.
Oh
Gott. Wie sollte sie sich jetzt befreien? Wie konnte er es wagen, sie
festzuhalten? Wieso lag er überhaupt in ihrem Bett?
Sie
wimmerte leise und versuchte, ohne sich groß zu bewegen frei zu kommen. Sie
erreichte lediglich, dass das bisschen Decke, was sie beide trennte, zur Seite
rutschte und nun sein nackter Oberkörper gegen ihren gepresst war. Hoffentlich
war er nicht komplett nackt.
Oh,
großer Gott! Das wäre ihr Tod. Ja, sie war mit dem Schuft verheiratet, aber das
bedeutete für sie ungefähr so viel, wie die Stellung einer Magd in der
bürgerlichen Gesellschaft. Er schlief fest und sie schaffte es sich zu drehen.
Das war nicht viel besser, denn jetzt lag sie ihm gegenüber. Sie hielt die Luft
an. Er roch männlich herb. Nach Schweiß und Arbeit. Seine Brust hob und senkte
sich bei jedem tiefen Atemzug. Sie war unbeharrt. Anscheinend hatte sich
gestern durchs Gesicht gewaschen, denn es wies keine Dreckspuren mehr auf.
Erst
jetzt bemerkte sie seine feinen Züge. Sie waren scharf geschnitten. Sein
Gesicht wirkte ernst und streng. Einige Bartstoppeln bahnten sich bereits den
Weg durch die samtene Haut seines Gesichts. Seine Wimpern waren lang und
schwarz. So schwarz wie seine Augenbrauen. Seine Haare schimmerten braun im
anbrechenden Tageslicht, und wäre er kein gewöhnlicher Jäger, dann wäre er
eigentlich jemand, der auf dem zweiten Blick wirklich nicht die schlechteste
aller Wahlen wäre.
Am
hübschesten waren seine Lippen. Aber sie wusste, nicht einmal in ihrem Kopf
würde sie erwägen die Lippen eines Jägers zu küssen. Wären sie auch noch so
wunderschön. Und sie waren schön. Voll und weich, fest geschlossen.
Vielleicht
wäre es ein guter Mann für Tara, ja. Aber nicht für sie. Obwohl eigentlich
verdient Tara keinen so gut aussehenden Mann. Sie erschrak über ihre Gedanken.
Tara lebte wenigstens in einem wunderschönen Herrenhaus, direkt in der Stadt.
Sie hatte ein eigenes Bett. Sie teilte sich ihr Bett nicht mit einem
Vagabunden. Sie versuchte krampfhaft nicht zu weinen. Aber es bereitete ihr gar
nicht solche Schwierigkeiten, wenn sie in das hübsche Gesicht sah.
Eigentlich
war der herbe, männliche Typ nicht ihr Geschmack, aber irgendetwas regte sich
in ihrem Bauch. Ein seltsames, angesichts ihrer Lage auch völlig unpassendes
Gefühl. Sie widerstand der Versuchung mit den Fingern seine Lippen zu berühren
und stieß unsanft seinen Arm von sich.
Er
erwachte augenblicklich und seine braunen Augen brauchten noch eine Sekunde,
ehe sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Seine Züge entspannten sich
sofort und ehe sie aus dem Bett gesprungen war, fragte er mit rauer Stimme:
„Dir
geht es also besser, Buffy?“
Besser?
Wieso sollte es ihr denn schlecht gehen? Der Brunnen. Sie blieb sitzen.
Vielleicht bestand eine Chance, dass sie es hier doch nicht so schlecht haben
musste. Widerwillig sank sie wieder zurück auf das Kissen.
„Mir
ist noch etwas schwindelig und kühl.“, erwiderte sie so krank wie es ihr nötig
erschien.
„Wirklich?“
Sofort hatte er sich erhoben. Er trug noch eine lange Unterhose. Gott sei Dank.
Sie schloss die Augen theatralisch und nickte heftig.
„Ich
habe auch Hunger. Schrecklichen Hunger.“ Sie wagte einen Blick aus den
Augenwinkeln und sah ihn im Nebenzimmer verschwinden. Sie könnte so wirklich
etwas aushalten….
~*~
„Ich
könnte noch etwas Wurst essen. Wahrscheinlich hat mich der gestrige Tag so
geschwächt, dass ich wohl die nächsten Tage nicht aufstehen kann. Mir dreht
sich alles vor Augen, wenn ich es versuche.“
Seine
Miene war immer grimmiger geworden, aber das störte sie nicht. Er würde ja wohl
nicht wollen, dass sie vom Fleische fiel. Und wenn sie schon noch auf ihren
Vater warten müsste, dann konnte sie das auch im liegenden Zustand. Sie würde
sich einfach so lange bedienen lassen, bis ihr Vater sie holen kam.
„Du
hast fast den ganzen Laib Brot gegessen, Buffy. Und außerdem hast du gestern
die halbe Räucherkammer leer gegessen.“
„Ich
hatte Hunger.“, verteidigte sie sich zornig und er näherte sich ihrem Bett. Sie
zog instinktiv das Laken höher.
„Was
ist? Hast du Angst vor mir?“ Das Lächeln mit dem er sie bedachte hatte jede
Spur von Mitgefühl und Freundlichkeit verloren. Sie wusste nicht, was er
vorhatte und würde schreien, wenn er es wagen sollte, noch einmal zu ihr ins
Bett zu steigen. Anscheinend konnte er ihre Gedanken von ihrem Gesicht ablesen.
„Oh,
glaub mir, so nötig habe ich es nicht.“ Sofort stieg die Hitze in ihre Wangen.
Sie wandte zornig den Blick zur Seite. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu
sprechen. So ein ungehobelter Widerling. Sie war eine Lady und hatte ein Recht
auch genauso behandelt zu werden.
„Ich
kann leider nicht den gesamten Tag bleiben. Ich habe zu tun. Irgendwer muss ja
Geld verdienen, nicht wahr?“ Er wirkte zornig und zum ersten Mal in ihrem
Leben, wagte sie nicht zu widersprechen. „Das bedeutet, wenn du wirklich zu
schwach bist, dann wirst du warten müssen, bis ich wiederkomme und die Ziege
melke, oder du tust es selber. Der Truthahn hängt am Seil im Brunnen. Wenn du
Hunger hast, wirst du ihn wohl holen müssen und zubereiten. Oder du wartest.“
Sein
Lächeln wurde eine Spur teuflischer und sie wusste, sie musste sich zusammen
reißen, oder sie musste alles alleine erledigen. Sie biss die Zähen fest
zusammen und würdigte ihn keines Blickes mehr als er das Zimmer verließ.
~*~
Natürlich
verließ er den Wald nicht. Er hatte das Pferd um die nächste Biegung geführt
und an einem Baum fest gebunden. Er machte es sich auf einem mittelgroßen Baum
so gut es ging bequem und beschloss zu warten. Er wusste, es würde nicht all zu
lange dauern, bevor die vermeintliche Lady Hunger und Durst bekommen würde. So
verwöhnt wie ihr Körper war, würde es kaum eine Stunde dauern, ehe sich ihr
Magen wieder meldete. Überraschend war, dass sie dennoch so ausgezeichnet
aussah.
Er
wusste, er vernachlässigte seinen Besitz und seine Geschäfte. Aber im Moment
tat es ihm gut, etwas zu tun, wo er ausgelastet war und sogar einem Mädchen
ihre Arroganz austreiben konnte. Möglicherweise. Noch war er nicht überzeugt,
aber er fand, er befand sich auf einem guten Weg.
Tatsächlich,
kaum eine halbe Stunde später kam sie im Nachthemd nach draußen geschlichen.
Sie spähte nach links und rechts, bevor sie hinausschlüpfte und durch das
Gatter ging. Tatsächlich hatte sie wohl vor die Ziege zu melken. Amüsiert
lehnte er sich weiter nach vorne und begann auf einem kleinen Zweig zu kauen.
Das dürfte amüsant werden.
Es
dauerte keine Minute, ehe er das erste Mal lachen musste.
„Du
Mistvieh! Du bist genauso widerlich wie dein Herr!“, keifte sie als die Ziege
wohl versucht hatte sie zu zwicken. Sie hatte auch noch keinen Schemel geholt.
Was dachte sie, würde die Ziege tun? Sich selber melken? Er grinste
unverschämt. Jetzt stürmte sie über den Hof und schnappte sich Schemel und
Eimer. Sie betrat das Gatter erneut, aber diesmal verschloss sie die Türe
nicht. Er stieg leise vom Baum.
Sie
setzte sich tatsächlich auf den Schemel, schrie die Ziege eine Weile an und
schüttelte angewidert den Kopf. Der Ziege war es herzlich egal, dass sie
schrie. Gelangweilt kaute diese an ihrem Heu. Dann streckte Buffy beide Hände
aus und griff nach den Zitzen der Ziege. Anscheinend mit vor Ekel geschlossenen
Augen. Und viel zu fest packte sie zu. Etwas Milch spritzte ihr ins Gesicht und
sie fiel schreiend von ihrem Schemel. Die Ziege bockte und stürmte lärmend aus
dem Gatter.
Liam
war ihr sofort auf der Spur und hatte sie schon an der nächsten Ecke gefangen
und beruhigte sie leise. Er führte sie wieder zurück in sein Versteck gerade
rechtzeitig bevor Buffy ihn hatte entdecken können.
„Ziege!“
Völlig verzweifelt klang ihre Stimme. „Oh, nein! Du dummes Tier!“ Sie rannte
direkt an ihm vorbei, ohne ihn oder die Ziege zu entdecken. Sie stürmte in eine
andere Richtung und schrie wieder aus Leibeskräften nach der Ziege.
„Wo
bist du? Komm zurück!“ Sie kam wieder zurück gelaufen und Liam duckte sich
tiefer ins Gebüsch. „Oh, nein. Oh, nein. Ziege!“ Ihre Haare hingen ihr wirr ins
Gesicht und das Nachthemd schlackerte um ihre Beine. Sie wirkte völlig verloren
im Wald. Liam war aber weit davon entfernt sie aufzuklären.
„Er
wird mich umbringen.“, murmelte sie leise und schlich zurück zum Haus. Das war
interessant. Anscheinend hatte sie Schuldgefühle oder sie hatte wenigstens
Angst vor ihm. Er strich der Ziege über den Kopf. Sie mampfte bereits wieder
Gras.
Jetzt
hatte Buffy den Brunnen erreicht und hievte den Truthahn nach oben. Gingen ihre
Schuldgefühle tatsächlich so weit? Er steckte den Kopf aus dem Gebüsch und
beobachtete wie sie angewidert und fluchend das schwere Tier ins Haus schaffte.
Schade. Von nun an blieb ihm wohl der Blick verwehrt. Aber er konnte es kaum
fassen. Hatte sie etwa vor den Truthahn auszunehmen und zu kochen, nur weil ihr
die Ziege weggelaufen war?
Das
war ein großer Schritt. Er würde etwas den Wald durchforsten. Sonst war es zu
langweilig für ihn. Er würde nicht weit gehen, sollte sie doch wieder auf die
Idee kommen in den Brunnen zu stürzen oder sonst etwas zu tun.
Sicher
konnte man sich ja nie sein….
~*~
Völlig
angewidert betrachtete sie das halb gerupfte Tier vor sich. Sie hatte ihre
Hände nun bestimmt schon viermal in der Kanne gewaschen. Die Federn waren
fettig gewesen und die Beine des Vogels standen quer in der Luft. Sie hatte das
Messer in der Hand und krempelte wiederholt die vie, zu langen Ärmel des
Nachthemds nach oben.
„Wenn
ich ihm sage, dass mir die Ziege davon gelaufen ist, wird er böse werden.
Vielleicht schlägt er sogar zu.“, murmelte sie dem toten Truthahn zu. „Aber
wenn ich dich koche, vielleicht ist er dann so begeistert, dass er es
vergisst.“ Sie nickte heftig und machte den ersten Schnitt. Sie schnitt den
Bauch auf und wich kreischend vor dem Blut und den Innereien des Tiers zurück.
„Grund
Gütiger, wie ekelhaft ist das denn!“ Sie musste sich die Hand vor den Mund
halten, um den Geruch nicht direkt einzuatmen. Das Tier stank und es verlor
soviel Blut, dass sie wohl den Boden wischen musste. Sie musste erstmal Lappen
holen. Und sie brauchte ein Gefäß für die Innereien. Mit Würgelauten eilte sie
durch die kleine Behausung.
Nach
einer halben Stunde hatte das Tier endlich aufgehört zu bluten. Sie selber war
blutverschmiert, aber immerhin hielt sie sich nicht mehr die Hand vors Gesicht.
Sie war eifrig damit beschäftigt, alle gefunden Gefäße mit den Innereien des
Tieres zu füllen. Sie wusste, Leber war bekömmlich, aber was zum Teufel war bei
diesem Vieh die Leber? Sie wusste es nicht. Sie beschloss es einfach in den
Topf zu werfen. Halbherzig hatte sie alle restlichen Federn entfernt. So auch
alle Innereien. Nur noch das Fleisch war übrig geblieben. Vereinzelt waren
vielleicht noch Knochen im Tier zu finden, aber das meiste war auch in Töpfen
und Krügen verteilt.
Sie
entzündete die Flamme unter dem Herd und stellte einen schweren Topf drauf. Sie
füllte ihn unter Stöhnen und Ächzen mit Wasser und stopfte schließlich das
gerupfte Tier hinein. Es sah wirklich nicht besonders bekömmlich aus, aber sie
hoffte, Farbe und Konsistenz würden sich noch ändern.
Das
taten sie nicht.
Eine
weitere Stunde später, war das Tier so weich gekocht, dass wenigstens die Beine
in sich zusammen gesackt waren, die vorher noch starr aus dem Topf geguckt
hatten. Es stank bestialisch in der Küche. Sie drehte die Flamme höher und
beschloss erstmal die Innereien und das Blut loszuwerden. Konnte sie es einfach
in den Wald kippen? Hatte sie da eine andere Wahl? Sie schleppte alle Töpfe und
Eimer und Krüge nach draußen und kippte das Blut um die Ecke. Die Innereien
vergrub sie in der Erde hinterm Haus.
Ein
alarmierender Geruch trieb sie schließlich wieder zurück. Großer Gott!
Schwarzer Qualm stieg aus dem Schornstein empor. Sie hechtete zurück nach
drinnen. Sie konnte vor Ruß und Qualm kaum etwas erkennen und ertastete ihren
Weg zum Herd. Sie stieß prompt den Topf vom Herd und das kochend heiße Wasser
ergoss sich über den Boden, über ihre Füße und sie kreischte auf vor Schmerz
und Ekel. Das Tier kullerte über den Boden und sie riss das Fenster auf.
Sie
drehte so heftig am Knopf, dass er abbrach und schüttete das gesamte
Brunnenwasser aus dem Kübel über den Herd, um die Flammen zu ersticken.
Fluchend und schreiend wedelte sie mit Decken und Tüchern den Rauch aus dem
Zimmer.
Langsam
legten sich der Rauch und der Qualm, der Ruß und der Gestank. Der Truthahn lag
in sich zusammen gesunken auf dem Holzboden, alles war nass und dreckig. Ihr
Nachthemd war rußig und durchlöchert. Ihre Hände verbrannt, genau wie ihre
Füße.
Sie
begann zu weinen. Lautlos. Wie sollte sie all das sauber bekommen? Sie hatte
keine Wahl. Sie musste es sauber machen. Alles. Und zwar so schnell wie
möglich. Er würde sie tatsächlich umbringen. Sie konnte überhaupt nichts. Zu
nichts war sie fähig. Sie hatte seine Ziege davon laufen lassen, hatte den
Truthahn versaut und sein Haus so unkenntlich schmutzig gemacht, dass es noch
drei tagelang stinken würde.
Hastig
wischte sie sich die Tränen von der Wange und schnappte sich den Eimer. Sie
eilte nach draußen, wusch auch einige Lumpen und Tücher mit aus, um wenigstens
das Blut und den Ruß wegwischen zu können.
~*~
Die
Jagd war diesmal erfolglos geblieben. Er führte die Ziege zurück ins Gatter und
band sein Pferd an den Pfosten vorm Haus. Es roch verbrannt und er war bereits
wieder alarmiert. Was konnte sie nur Schlimmes in den vier Stunden angestellt
haben? Er betrat das Haus mit Argwohn und Besorgnis.
„Buffy?“
Sie
lag auf der schäbigen Couch. Eingeschlafen und vollkommen verdreckt. Im
Putzeimer gammelte der Truthahn. Sie schien ihn aufgeschnitten, ausgenommen und
in einen Topf gesteckt zu haben, so weich und aufgedunsen wie er aussah. Er
musste schmunzeln. Sie hatte Brandblasen und zerschunden Füße. Das würde aber
wieder verheilen.
Der
Boden glänzte dafür so sauber, wie schon seit Jahren nicht mehr. Sie hatte sich
tatsächlich schuldig gefühlt. „Buffy.“, wiederholte er sanft und berührte ihre
Schulter. Sie schreckte hoch und war sofort auf den Beinen, panisch wie ein
junges Reh.
„Nein!
Ich wollte es nicht, wirklich nicht. Sie ist auf einmal weggelaufen. Und ich
hab versucht ihn zu kochen. Es ist nicht möglich. Niemand kann dieses Ding
kochen. Und wie soll man einen Boden sauber kriegen, der so dreckig ist, dass
man keine Ahnung hat, welche Farbe das Holz unter all dem Dreck trägt. Ich
wollte es nicht! Ich hab es versucht! Ich konnte sie nicht melken! Sie hat mich
gebissen und… und… und… ich… ich…“ Ihre Unterlippe zuckte unkontrolliert. „Es
tut mir so leid, bitte, ich… bitte sei nicht zornig… ich….“
Er
lächelte. Er verspürte keinen Zorn.
„Buffy,
ich dachte, du wärst zu krank um aufzustehen?“ Er würde seine überlegene
Position in diesem Gespräch bestimmt nicht aufgeben.
„Ich
hatte Durst und…“ Sie fuhr sich durch die schmutzigen Haare und über das
Gesicht. „Bitte bestraf mich nicht.“ Sie hatte also tatsächlich richtige Angst
vor ihm.
„Du
denkst, ich würde dich bestrafen?“ Er sah sie prüfend an und die erste Träne
rann ihre Wange hinab. Die zweite und dritte folgte auf dem Fuße. Sie ruckte
unvermittelt mit dem Kopf und wandte den Blick ab. „Ich bin dir nicht böse.“,
fügte er jetzt freudlos hinzu. Sie hatte solche Angst, dass er sie schlagen
würde, dass es ihm beinahe übel wurde. „Zu deinem Glück ist die Ziege direkt in
meine Arme gelaufen. Ihr geht es gut. Und wenn du mein Haus anstecken willst,
dann versuch es nächste Mal bitte nicht über den Herd, hast du verstanden?“ Sie
nickte heftig und begann zu zittern. „Und hör endlich auf damit.“ Er schloss
den Abstand und umfing hart ihren Oberarm. Sie musste den Kopf in den Nacken
legen, um ihn anzusehen. „Wenn du Angst vor mir hast, dann werfe ich dich
sofort hinaus und du kannst sehen wo du bleibst.“
Aber
das machte es nicht besser. Sie zitterte umso heftiger und er seufzte gereizt.
Er zog sie in seine Arme und für einen Moment erstarb ihre Gegenwehr und sie
schluchzte hemmungslos. „Als ob ich dich schlagen würde.“, murmelte er leise
und strich ihr abwesend über den Rücken. Sie war so zierlich. „Wenn ich dir zeige,
wie man eine Ziege melkt, denkst du, du könntest das bewältigen?“
Sie
nickte einmal gegen seine Brust. „Wenn du es fertig bringst, dann habe ich auch
eine Überraschung für dich.“, fügte er lauter hinzu und sie hörte auf zu
schniefen.
„Kommt
mein Vater?“, fragte sie plötzlich und hob den Blick. Er musste schmunzeln.
Dachte sie tatsächlich immer noch, ihr Vater würde sie retten? Sie hoffte es
anscheinend inständig. Was musste es für eine Qual für sie sein. Als wäre er
wirklich die Hölle für sie. Es schmerzte ihn für einen winzigen Moment. Aber er
verdrängte dieses Gefühl. Er konnte es ihr jetzt unmöglich sagen. Er würde es
ihr auch nicht sagen. Er hatte wirklich keine Ahnung, wie sie reagieren würde,
würde er ihr seine wahre Identität verraten. Sie sollte bei ihm bleiben wollen.
Das wollte er mittlerweile. Aber er wusste, das würde sie niemals wollen.
„Nein,
Buffy. Du wirst mit mir Vorlieb nehmen müssen.“ Er hob ihr Kinn mit seinem
Zeigefinger an und war fasziniert von ihren Gefühlen, die in ihrem Gesicht vollkommen
lesbar abgebildet waren. Da war der Schmerz über die unumgängliche Wahrheit,
dass ihr Vater nicht kam. Da war Zorn über die Situation in der sie steckte und
absolute Verwirrung und Unentschlossenheit. Er war sich sicher, noch vor einer
Woche hätte sie ihn geschlagen, hätte er es gewagt, sie so nah an sich zu
ziehen und sie dann auch noch zu berühren.
Aber
jetzt blieb sie stumm. Bewegungslos. Sie resignierte in dieser Sekunde. Sie
weinte immer noch. „Ich vergebe dir. Dieses Mal. Lüg mich nicht mehr an und tu,
was ein gutes Weib tut, hast du mich verstanden?“ Sie nickte wieder ein
einziges Mal. „Gut.“ Fast widerwillig ließ er von ihr ab und sofort senkte sie
den Tränen verhangenen Blick.
„Und
jetzt komm mit nach draußen, wir melken die Ziege.“
Sie
folgte ihm mit hängendem Kopf, dafür aber auch ohne Zögern oder Widerworten.
Vielleicht würde sie sich jetzt fügen und aufhören ständig Dummheiten zu
machen.
Es wurde nicht gut, aber einfacher.
Sie molk die Ziege, sie konnte sogar Eier kochen. Natürlich reichten Eier nicht
aus. Jetzt musste tatsächlich er kochen. Aber sie musste jedes Mal dabei
stehen. Zwei Wochen vergingen so. Zwei anstrengende, Nerven zerfetzende Wochen.
Sie weinte jeden Abend. Jeden Abend
vorm Einschlafen. Er war auf die Couch in die Stube gezogen, denn er hatte es
nicht mehr aushalten können. Er war ihr Zuwider und das war eine Tatsache, mit
der er eigentlich nicht gerechnet hatte.
Es kam nicht oft vor, dass eine Frau
ihn abwies. Nicht, dass es überhaupt jemals zu vielen Situationen gekommen war,
wo er darauf Wert gelegt hatte, aber er hatte sich eigentlich niemals Gedanken
gemacht. Jetzt lagen die Dinge anders. Dieses blonde, völlig unfähige Mädchen
sollte ihm eigentlich keine schlaflosen Nächte bereiten, denn bestimmt gab es
hübschere, nettere und vor allem, fähigere Mädchen als dieses. Aber
wahrscheinlich war sie die einzige, die ihn wirklich nicht leiden konnte.
Unterm Strich.
Er war niemals davon ausgegangen,
dass sein Geld eine solche Macht auf sein Äußeres hatte. Eigentlich hatte er
nie besonders viel über sein Äußeres nachgedacht.
Er hörte, wie sie leise aufstand und
sich in der Schüssel wusch, während sie leise schluchzte. Sie würde sich gleich
anziehen und draußen die Milch der Ziege holen und wieder einmal widerliche
Eier kochen, die er gestern aus dem Herrenhaus besorgt hatte.
Oz wurde von Tag zu Tag besorgter
und bat ihn immer wieder endlich die Scharade aufzugeben. Aber soweit war er
noch nicht. Vor allem jetzt nicht. Aber er hatte eine Idee. Er hatte sie wirklich
nicht all zu gut behandelt und sie lebte wahrscheinlich mit dem letzten Minimum
an Lebenswille bei ihm, also würde er etwas entgegenkommend sein.
Nur ein bisschen.
Er stemmte seinen Oberkörper nach
oben und blieb noch einen Moment auf der Couch sitzen. Das Einzige, was ihm
hier draußen wirklich fehlte, war sein Bett. Er hatte es nie zu schätzen
gewusst, was es hieß auf Daunen zu schlafen. Jetzt wusste er es. Sie kam wieder
rein und er erhob sich.
„Buffy, komm her.“ Seine Stimme war
noch rau und er versuchte in einem Anflug von Eitelkeit, seine Haare zu
bändigen. Es gelang ihm nicht. Ihr Blick verriet ihm kein einziges Gefühl.
Keinen Hass, keine Scham, nicht mal ob es ihr gut ging oder schlecht. Sie
sprach nicht. Und vor allem widersprach sie auch nicht mehr.
„Ich habe dir eine Überraschung
versprochen.“ Noch schien sie immer noch nicht begeistert, aber jetzt konnte er
ihr Gehirn hinter ihren grünen Augen arbeiten sehen. Es war nicht schwer zu
erraten, was in ihren Gedanken vorging. Was konnte ein Jäger schon für eine
Überraschung haben? „Wir werden gleich zum Herrenhaus reiten. Dort bekommst du
ein heißes Bad.“
Ihr Mund öffnete sich. Sie bekam
große Augen und es sah so aus, als ob sie anfangen würde zu weinen. Sie putzte
sich die Hände an ihrem Kittel ab und fuhr sich durch die wilden, blonden
Haare, bei denen sie sich nicht einmal mehr die Mühe, sie hochzustecken. „Oh,
Gott! Das ist wunderbar…. Wird… der Graf auch dort sein?“ Etwas zu sehr schwang
die Hoffnung in ihrer Stimme mit und Liam seufzte.
„Ich weiß es nicht. Ist es wichtig?“
„Ich… nein. Ich…“ Sie senkte hastig
den Kopf.
„Zieh dir etwas über, dann reiten
wir los.“ Seine schlechte Laune war präsent wie immer.
Als sie endlich los ritten, legte
sie nur widerwillig ihre Arme um seine Hüfte um sich fest zu halten. Er
verdrehte die Augen, aber das konnte sie nicht sehen. Sie hatte tatsächlich
versucht sich hübsch zu machen. Natürlich war es nicht nötig, denn sie war
eigentlich immer sehr hübsch, aber sie hatte versucht die Flecken aus dem Kleid
zu waschen und hatte ihre Haare nicht sehr geschickt geknotet.
Anscheinend reichte ein nicht
anwesender Graf aus, um sich hübsch zu machen. Ihr Ehemann allerdings war ihr
vollkommen gleichgültig. Es störte ihn immer mehr.
Sie kamen schweigend an und sie rutschte
von dem großen Hengst. Sie schien ihn komplett vergessen zu haben, denn sie
lief direkt auf die Rosenspaliere am Haupteingang zu und ehrfürchtig strichen
ihre wunden Finger über die Blüten. Er beobachtete sie kurz, bevor er sich zur
Raison zwang.
„Buffy, komm jetzt her. Der Graf
gibt uns nicht ewig Zeit.“ Die schlechte Laune konnte er nicht verbergen,
genauso wenig wie den Zorn und sie zuckte unter seinen Worten zusammen. Sie
folgte ihm schnell und er vermied es, die Bediensten anzusehen, die zwar eingeweiht,
aber anscheinend nicht sehr zufrieden waren. Er hatte Oz gesagt, er solle
möglichst aus dem Weg bleiben. Das schien dieser auch zu tun.
Er führte sie direkt in das große
Bad, wo er selber eher weniger häufig Bäder genommen hatte. Die Wanne wurde
bereits von einer Bediensteten gefüllt, die sich erschrocken verneigte. Er
schüttle kurz und kaum merklich den Kopf, aber das Mädchen schien nicht zu
verstehen. Er seufzte. „Füll die Wanne ruhig weiter, Mädchen. Die Frau des
Jägers will ja nicht nur die Füße waschen.“ Er klang ruppig und das Mädchen
goss das heiße Wasser hastig wieder in die Wanne.
„Lass dir nicht zu viel Zeit, hörst
du? Ich komme in einer Stunde wieder.“ Er verließ das Bad und hoffte inständig,
dass das Mädchen den Mund halten würde.
Kaum hatte er die Tür geschlossen,
stürmte Oz zu ihm. „OH, Herr! Endlich sied Ihr wieder hier!“ er schlug ihm sehr
untypisch auf die Schulter und schien sich aufrichtig zu freuen ihn wieder zu
sehen. „Ihr glaubt nicht, wie anstrengend es ist.“ Liam glaubte es ihm. Er
kannte es ja.
„Es kommt viel Besuch. Kaum von
Wichtigkeit, aber dennoch… Sie machen mich wahnsinnig, diese Herren und Lords.
Außerdem habt ihr eine Einladung zu einem Ball, mein Herr.“ Liam funkelte ihn
an. „Natürlich konnte ich nicht ablehnen.“, fügte Oz kleinlaut hinzu.
„Weil ich ja immer Einladungen
dieser Art annehme, richtig?“ Abschätzend sah er den etwas kleineren Mann an
und dieser versuchte zu lächeln. Es misslang.
„Wie ist Euer Jägersleben, Herr?“
„Großartig.“ Die Lüge hätte nicht offensichtlicher
sein können.
„Wieso habt Ihr sie hergebracht?“
„Sie stank.“, log er erneut und der
Blick, den ihm sein Diener zuwarf bedeutete ihm mehr als verständlich, dass
auch er selber nicht gerade nach Rosen und Seife roch. „Ich werde mich
umziehen. Etwas anderes wäre nicht schlecht.“
„Wie lange noch?“
Liam hielt inne. „Was meint Ihr?“
„Wie lange wollt Ihr sie noch so
ärgern?“
„Bis sie es gelernt hat.“, gab er
knapp und widerwillig zurück, bevor er verschwand. Er rannte in der nächsten
Kurve in ein junges Mädchen, mit dunkelblonden Haaren. Sie starrte ihn
erschrocken an. Er kannte sie. Aber nicht von hier.
„V…verzeihung.“,
stammelte das Mädchen und senkte hastig den Kopf.
„Was kann ich für dich tun?“ Er
betrachtete sie eingehender.
„Mein Name ist Tara. Ich suche
Arbeit.“, flüsterte sie und er legte de Kopf zurück. Tara. Er kannte den Namen.
Oh. Sofort führte er sie um die nächste Ecke. Das wäre ja noch schöner, wenn
Buffy ihre Zofe hier sehen würde. „Ich kann kochen, nähen oder auch Holz hacken,
alles was Ihr wollt.“ Er seufzte. Tara wäre eine bessere Frau für ihn als
Buffy. Er lächelte kurz.
„Tara, ich denke in der Küche wird
man einen Platz für dich finden. Ich habe leider keine Zeit, mich darum zu
kümmern.“ Er schickte sie hinab in die Keller zu den Köchen, die mit seiner
Abwesenheit weitaus weniger zu tun hatten.
Er
würde sich umziehen und dann würde er sich überlegen, wie er seine Frau für
sich gewinnen konnte.
Aber
erst noch hatte er einen weiteren Plan umzusetzen….
~*~
Sie
roch wie eine Wiese im Frühling. Sie hatte länger als eine Stunde gebraucht,
wirkte aber erholt und zum ersten Mal seit den letzten Wochen glücklich.
Jetzt
würde er ihr diese Hoffnung wieder nehmen. Sie trug sogar das Kleid, was er ihr
besorgt hatte. Es war nicht königlich, nicht einmal ansatzweise herrschaftlich,
aber es stand ihr ausgesprochen gut.
„Er
hat mir sogar ein Kleid geschenkt!“, flüsterte sie aufgeregt und drehte sich im
Kreis. Er lächelte nicht.
„Nein.
Hat er nicht.“
„Was
meinst du, hat er nicht?“, zischte sie. „Es lag doch da! Der dummen Magd wird
es schon nicht gehört haben. Wer sollte es mir sonst gegeben haben?“ Sie hatte
also ihre flinke Zunge im Bad wieder gefunden. Gut. Ihren Zorn konnte er eher
ertragen als ihre grauenhafte Gleichgültigkeit. Er beantwortete ihre Frage
nicht und sie wirkte gereizter mit jedem Schritt, den sie auf das Pferd zu
machten.
„Ich
kann es nicht fassen.“, murmelte sie zornig. „Er hätte hier sein sollen, um
mich zurück zu holen.“ Er verdrehte erneut die Augen. Sie wartete immer noch
auf ihren Vater. Tatsächlich immer noch. Aber ihr Vater hatte überhaupt keinen
Grund zu kommen. Nur wusste sie das nicht. Ihr Vater wusste nämlich genau wer
er war, im Vergleich zu ihr. Und ihr Vater war absolut begeistert von Liams
Plan gewesen, im Vergleich zu Oz. Er stieg auf das Pferd und verzichtete ihr zu
helfen.
Sie
kletterte fluchend hinauf und jammerte, dass er ja wohl höflich genug sein
konnte ihr zu helfen. Er sagte nichts dazu. Sie ritten. Allerdings ritten sie
nicht zurück zur Hütte. Sofort wurde sie skeptisch. „Wohin reiten wir?“ Argwohn
schwang in ihrer Stimme mit.
„Du
hast das Kleid nicht, damit du den ganzen Tag hübsch in der Stube sitzen
kannst, Buffy.“ Sie krallte sich in seine Hüften.
„Was
soll das heißen?“
„Das
soll heißen, du wirst arbeiten gehen, weil du mir im Haus keine Hilfe bist.“ Es
fiel ihm nicht schwer sie zu beleidigen, tat sie ja auch nichts anderes bei
ihm.
„Arbeiten?“,
fragte sie panisch. „Was soll ich arbeiten? Ich habe nichts gelernt!“
„Das
ist nicht meine Sorge, Schatz.“, erwiderte er verächtlich und sie er hörte sie
hinter sich schluchzen. Sie sprach nicht weiter. Sie erreichten den Markt
schweigend und der Wagen mit den hässlichen Tonkrügen erwartete sie bereits
dort wo er ihn zurück gelassen hatte. Niemand hatte es gewagt solch
Hässlichkeiten zu stehlen.
„Steig
ab.“, forderte er sie knapp auf.
„Was?“
„Ich
hole dich heute Abend.“
„Was?“,
wiederholte sie diesmal geschockt. „Du lässt mich allein mit diesem Pack?“,
zischte sie und deutete auf die schmutzigen Marktfrauen, den Schmied, den
Schlachter und all die anderen Menschen, die sie anstarrten als wäre sie ein
Feind.
„Ja.“,
erwiderte er knapp, grinste und trat seinen Hengst hart in die Seiten.
Sie
blieb allein zurück. Ganz allein. Mit dem Karren voller Gerümpel, das sie
anscheinend verkaufen sollte. Wie sollte sie das anstellen? Wo musste sie hin?
Wieso tat er ihr das an? Er ließ sie einfach zurück. Sie fing an zu weinen.
Leise fielen ihre Tränen auf die Tonkrüge vor ihr.
„Mädchen,
du kannst hier nicht stehen bleiben. Das ist mein Platz. Such dir einen eigenen
und hör auf zu heulen.“, schnauzte sie eine stämmige, ältere Frau an, die
anscheinend alte Rüben verkaufte und dies mit schriller Stimme kund tat.
Buffy
zog schwer atmend den Wagen hinter sich her und blieb an einem Fleck, weit
entfernt von der Frau stehen.
„So
ein hübsches Mädchen verkauft so abscheuliche Krüge?“ Der Mann neben ihr hatte
einen Apfelstand und ihr Magen knurrte zum ersten Mal. Sie zog es vor, auf
diese Frage nicht zu antworten. Was sollte sie auch sagen? „Du musst sie schon
anpreisen.“ Sie wollte lieber auf der Stelle sterben.
„Äpfel,
frische Äpfel!“, schrie er über den Platz und sie konnte sich beim besten
Willen nicht vorstellen, wie sie hässliche Krüge verkaufen sollte.
Allerdings
verkaufte sie doch zwei Stück. Ihr Hunger brachte sie fast um.
„Kauf
dir doch etwas zu essen, mein Kind. Jetzt hast du doch Geld.“ Der Mann bot ihr
einen Apfel, und tatsächlich war sie hin und her gerissen. Sie wusste, sie
hatte so großen Hunger, dass sie kaum noch stehen konnte, aber sie wusste,
Angel würde bestimmt nicht gutheißen, dass sie sich essen von dem Geld kaufte,
was sie Stunden gekostet hatte zu verdienen.
Sie
lehnte ab.
Als
die Sonne langsam hinter den Hügeln versank waren schon viele Marketender
gegangen, hatten die Stände abgebaut und schlugen sich gegenseitig auf die
Schulter und lachten über die guten Geschäfte, die sie gemacht hatten.
Nur
sie blieb allein. Ihr Mann kam nicht. Sie kannte den Weg zur Hütte nicht. Sie
wusste nicht einmal in welcher Stadt sie sich hier befand. Selbst der Mann mit
den Äpfeln war bereits nach Hause gegangen. Sie machte sich auf den Weg. Sie
versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, von wo sie gekommen war, aber es gelang
ihr nicht. Sie musste vielleicht nur dem Weg zum Wald folgen. Sie war nass
geschwitzt. Schon nach ein paar Metern.
Sie
wusste sie würde es nicht schaffen. Weinend sank sie am Waldrand zusammen und
lehnte sich schluchzend gegen ihren Wagen. Das konnte doch nicht ihr Leben
sein? Allein, bei einem armen Bettelmann, der seine Frau auf den Markt schicken
musste. Die Erschöpfung überkam sie und sie schlief neben ihrem Karren ein.
~*~
„Buffy,
wach auf!“ Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte, aber ihr war
unheimlich kalt. „Du solltest doch warten.“, murmelte er halb böse aber auch
halb besorgt. Sie konnte es hören. Er hob sie auf seine Arme als wöge sie
nichts und sie klammerte sich in den Stoff seines Hemdes. „Schon gut.“,
flüsterte er und hob sie auf das Pferd. Er setzte sie nach vorne. Verkehrt
herum und stieg selber auf.
„Der
Wagen.“, murmelte sie.
„Keine
Sorge.“ Er lachte sogar. Sie lehnte sich gegen seine Brust. Er roch gut,
stellte sie am Rande ihres Bewusstseins fest. „Hattest du Spaß?“ Machte er
Witze?
„Nein.“,
nuschelte sie gegen seine Brust. „Wo warst du?“ Ihre Stimme war kaum zu
verstehen.
„Ich
wurde aufgehalten.“, erklärte er knapp. Wobei wurde ein Jäger aufgehalten?
„Verzeih mir.“, bat er leise.
„Lass
mich nicht noch einmal so lange allein.“, nuschelte sie in sein Hemd.
„Hast
du etwas verkauft?“
„Kaum.“
Sie hielt die Augen geschlossen. „Die Krüge sind zu hässlich.“ Sie hörte sein
Lachen und es vibrierte in seiner Brust. Sie schlief wieder ein. Sie merkte
kaum, wie sie die Hütte erreichten und er sie hinein trug. Wieso roch er gut?
Das war ihr letzter, einigermaßen klarer Gedanke. Er ließ sie allein und sie
vermisste seine Wärme augenblicklich. Aber sie dämmerte bereits in die
Bewusstlosigkeit des Schlafes.
Rosen.
Überall waren sie. Gelbe und rote, aber auch weiße. Eine ganze Wiese voll.
Wunderschön waren sie. Sie hätte den ganzen Tag lang hier stehen können und
sich an der Schönheit der Rosen erfreuen können.
Ein
Mann kam auf einem Pferd. Ein wunderschöner Mann. Groß und dunkelhaarig. Nein.
Es war ihr Mann. Angel stieg ab und kam lachend auf sie zu. Wie groß er war. Es
war ihr nie aufgefallen. Er trug Gewänder, die seinem Stand nicht entsprachen
und die er sich wohl niemals leisten konnte. Sie standen ihm.
Ihre
Knie wurden weich als er sie erreichte. Wie hübsch er war.
Sie
wollte ihn umarmen. Sie wollte seinen Duft riechen. Sie wollte seine starken
Arme um sich spüren. Aber er bewegte sich nicht. Er lachte sie bloß an. Sie
hätte ihn wirklich gerne umarmt. Wirklich! Aber sie konnte nicht. Wie sollte sie
ihn umarmen können? Anscheinend wollte er es nicht und er war viel zu reich für
sie.
Schlagartig
wurde sie traurig. So mächtig traurig, dass das Bild der Rosen verschwamm. Sie
hätte ihn so gerne gespürt…
Mit
einem Ruck wachte sie auf.
Die
Sonne war noch nicht ganz aufgegangen. Ihr Magen knurrte. Richtig, sie hatte
nichts gegessen. Ihre Beine zitterten als sie aufstand. Brot und Käse lagen in
der kleinen Küche und sie war selten für etwas so dankbar gewesen wie für Brot
und Käse.
Auf
leisen Sohlen schlich sie schließlich in die Stube und betrachtete ihren
schlafenden Mann. Es war unglaublich, dass er mit jedem Tag schöner werden
konnte. Sie wusste, Armut ließ den Geist verkommen und machte jeden Menschen
hässlich. Jeden den sie kannte, zumindest. Aber bei ihm war es etwas anderes.
Sie kniete sich vorsichtig vor ihn. Beinahe anmutig wirkte er im Schlaf. Wäre
er doch nur kein armer Jägersmann.
Sie
wusste nicht, was sie dazu trieb. Ob es ihr Traum war oder die Tatsache, dass
er noch tief und fest schlief. Sie lehnte sich vor, nur ein Stück weit. Er
atmete ruhig und sie fragte sich, an was er gerade denken mochte. Sie fragte
sich sogar, ob er sogar von ihr träumte. Sie warf alle Vorsicht über den Haufen
und lehnte sich soweit vor, dass ihre Lippen die seinen für einen Augenblick
berührten. Sie waren weich und voll. Genauso hatte sie es sich vorgestellt.
Allein die Tatsache, dass sie es sich bereits vorgestellt hatte, ließ ihre
Fingerspitzen kribbeln.
Es
war ihr zwar nicht verwehrt eine solche Handlung durchzuführen, aber dennoch
würde sie es nicht noch einmal wagen, denn sie war eine Lady, wenn auch nicht
mehr für jedermann sichtbar. Mit einem leisen Seufzer löste sie ihre Lippen von
seinem Mund und seine Mundwinkel zuckten kurz im Traum.
Er
schlief weiter. Sie erhob sich. Sie würde sich noch einmal durchs Gesicht
waschen und dann auf den Markt gehen. Ohne, dass er sie bringen musste, ohne
dass er sich kümmern musste. Sie könnte jedem Menschen auf dieser Gottes Welt
beweisen, dass sie ein paar Krüge verkaufen konnte. Allein schon, damit ihr
elender Mann sie nicht betrachtete wie ein verzogenes Kind.
~*~
Sie
war fort als er erwachte. Das Bett war leer und auch der Rest des Hauses. Sie
war fort. Wo war sie hin? War sie tatsächlich endlich vor ihm davon gelaufen?
Konnte sie tatsächlich zum Markt gegangen sein? Unmöglich. Vollkommen.
Er
hatte einen wunderbaren Traum gehabt, über den er aber nicht nachdenken wollte.
Er würde nach ihr sehen. Vielleicht irrte sich sein Argwohn und sie war
tatsächlich unterwegs, den Karren zu holen. Aber sie wusste doch gar nicht, wo
der Markt war? War sie denn verrückt alleine los zu ziehen?
Wut
und Angst lösten sich gegenseitig ab. Er trieb sein Pferd durch das Unterholz
und erreichte bald die steinige Straße, die zu Markt führte. Der Karren stand
nicht mehr verdeckt im Gebüsch. Also entweder sie hatte ihn gefunden oder ein
armer Bettler war ihr zuvor gekommen.
Er
ritt weiter.
Er
traute seinen Augen kaum. Sie stand in mitten auf dem großen Platz und schrie
aus Leibeskräften. Und tatsächlich hielten Menschen inne und ließen sich von
ihr überreden, die kaputten Krüge zu kaufen. Unglaublich. Nun, wahrscheinlich
verkaufte sie eher mit ihrer Schönheit als mit ihrer Überredung.
Aber
sie verkaufte tatsächlich Krug um Krug. Ein Grinsen stahl sich auf sein
Gesicht. Sie wirkte immer noch arrogant und überheblich, aber nun stand sie auf
der anderen Seite. Ganz unten. Bei all den anderen Verkäufern. Und diese
starrten sie neidisch an.
Sein
Blick blieb an einem Mädchen hängen, die von all dem Trubel angelockt worden
war und erhielt den Atem an. Auch Buffy hörte auf zu schreien als sie das
Mädchen erkannte. Er lehnte sich auf seinem Hengst etwas weiter vor.
„Du?“,
hörte er ihre fassungslose Stimme und er sah, wie das Mädchen zusammen zuckte.
„Lady
Elizabeth.“, murmelte Tara ebenso erschrocken. Seine Frau wandte hastig den
Blick nach unten, als die anderen Marketender sie fragend ansahen. Eine solche
Titulierung gab es hier auf dem städtischen Markt nicht.
„Halte
deinen Mund.“, zischte sie wütend und fixierte das Mädchen nun zornig.
„Entweder du kaufst etwas oder du verschwindest.“ Der letzte Hauch seines
Lächelns erstarb auf seinen Zügen.
„Was
tut Ihr hier? Ihr verkauft Krüge?“
„Das sieht wohl ein Blinder, nicht wahr.“ Einige Leute mehr waren stehen
geblieben.
„Wieso
bist du überhaupt in dieser Gegend?“
Liam
zog sich nun die Kapuze seines Mantels ins Gesicht.
„I…
ich… a… arbeite für… den Grafen.“, stammelte das Mädchen verunsichert und Buffy
schrie auf.
„Den Grafen LaSalle? Das ist ja wohl die Höhe.
Wahrscheinlich geht es dir sogar noch besser als mir, du dumme Gans!“ Alle
hörten nun zu und auf dem Platz war es ungewöhnlich still. „Du wohnst im
Herrenhaus und ich in einer schäbigen Hütte, mit einem Mann hässlich wie die
Nacht und arm wie eine Kirchenmaus.“
Tara
wich zurück und schüttelte bloß den Kopf.
„Ja,
scher dich bloß weg! Du hast alles und ich habe nichts. Dabei sollte es
umgekehrt sein! Du bist schließlich weniger wert als ich!“
Tara
stürmte über den Platz davon und Buffy sank schluchzend vor ihrem Karren in den
Staub. Mit einem wütenden Schrei gab Angel seinem Hengst die Sporen. Er trat
ihm hart in die Flanken und der Hengst stürmte los. Mit Absicht ritt er an dem
Karren vorbei, ließ seinen Hengst steigen und den Karren umreißen.
Buffy
schrie auf, wie einige andere ebenfalls und mit wildem Galopp ließ er den Platz
hinter sich zurück. Er hatte sich geirrt. Sie war immer noch genau dieselbe
Person und höchstwahrscheinlich würde sich daran auch nichts ändern. Gar
nichts.
~*~
Niemand
war mehr auf dem Platz. Nur noch sie. Die Krüge zerstört und sie selber war so
unglücklich. Graf LaSalle hatte also Tara
aufgenommen. Nun, das war wahrscheinlich mehr als großzügig von ihm gewesen.
Sie hatte gar nicht schreien wollen. Und dann auch noch so viele böse Worte,
die sie kaum so meinte.
Die
Welt war ungerecht. Aber jetzt musste sie nach Hause kommen, ohne Krüge, mit
etwas Geld, was Angel nicht reichen würde. Ihn hatte sie auch noch beleidigt,
dabei war er tausendmal schöner als der dumme Graf LaSalle.
Und wahrscheinlich sogar netter. Sie weinte immer noch.
Sie
konnte nicht hier bleiben. Sie würde zu ihm gehen. Was hatte sie für eine Wahl?
Gar keine. Sie machte sich auf den Weg zurück zur Hütte. Langsam, jede Sekunde
die ihr noch blieb hinaus zögernd.
Aber
der Weg währte nicht ewig und sie erreichte die Behausung bereits nach einer
Stunde. Die Sonne war fast verschwunden und kein Rauch stieg aus dem
Schornstein. Er war also auch noch nicht zurück. Das war ihr nur Recht. Der
Plan in ihrem Kopf stand fest. Sie würde gehen. Wie sollte sie ihm noch einmal
unter die Augen treten? Er hatte sie aufgenommen, er hatte ihr geholfen, ihr
sogar ein Kleid geschenkt, was er sich selber wohl kaum leisten konnte.
Sie
betrat zögernd die verlassene Hütte. Die Decke lag immer noch auf der Couch und
sie rief sich seine Lippen ins Gedächtnis. Sie hatte ihm nie gesagt, was sie
von ihm hielt. Niemals ehrlich, aber jetzt wo sie fort wollte, da war es ihr
nun völlig bewusst. Es tat ihr leid. Wirklich leid. Sie hatte sich an ihn
gewöhnt. An seine Wärme, seine starken Arme, an alles an ihm. Und jetzt musste
sie fort.
Er
hatte sie sowieso nie gewollt. Und sie ihn erst recht nicht. So musste es sein.
Sie
legte die wenigen Scheine auf den Tisch und überlegte, wie sie ihre Sachen
transportieren sollte, ehe ihr einfiel, dass nichts in dieser Hütte ihr
Eigentum war. Gar nichts. Sie seufzte und verließ eilig die Hütte. Sie wollte
nicht noch länger verweilen, sonst kam er zurück und würde schrecklich böse mit
ihr werden und ihr wieder vorwerfen, dass sie zu nichts in der Lage wäre. Womit
er schließlich auch recht gehabt hatte.
Als
sie die Stadt wieder erreicht hatte, war es bereits Dunkel. Kein Gasthaus
wollte sie aufnehmen, niemand nahm von ihr Notiz. Es war noch nicht wirklich
kalt, aber der Herbst kam und damit würde auch die nächtliche Kälte wieder
kommen.
„Mädchen,
du solltest wirklich nicht in der Dunkelheit hier herum laufen.“, ermahnte sie
ein Mann in einem dicken Gehrock und einem recht steifen Hut.
„Ich
habe aber keine Wahl, mein Herr.“, erwiderte sie höflich gleichgültig.
„Hast
du denn kein Geld?“
„Nein.“
„Dann
solltest du arbeiten.“ Sie lächelte ihn freudlos an.
„Ich
kann es nicht. Ich bin für nichts zu gebrauchen. Ich würde gerne, aber es ist
hoffnungslos.“ Sie schritt weiter durch die nahezu verlassene Stadt. Sie musste
sich von fremden Männern nicht erklären lassen, dass sie hier draußen zu Grunde
gehen würde.
Immer
mehr Lichter erloschen hinter den Fenstern. Immer langsamer wurden ihre
Schritte. Sie konnte sich nicht denken, dass sie einen Platz für die Nacht
finden würde. Aber würde sie hier schlafen, dann würde sie wahrscheinlich an
einer Lungenentzündung sterben. Großer Gott.
„Lady
Elizabeth?“ Sie wandte sich hastig um. Nicht oft hörte sie noch diesen Namen.
Ihr Mund klappte auf vor Schrecken und stummem Entsetzen. Sie verbeugte sich,
als wäre es für sie Gang und Gäbe gewesen.
„Graf
LaSalle.“ Sie sprach mit dem staubigen Boden, denn
sie wagte nicht in das Gesicht des Mannes zu sehen, den sie so unehrenhaft
abgewiesen hatte, weil es ihr zu klein gewesen war.
„Was
tut Ihr hier draußen? Um diese Zeit? Solltet Ich nicht bei Eurem Mann sein?“
Sie hörte echtes Interesse und Besorgnis in seiner Stimme, auch wenn sie beides
nicht deuten konnte.
„Danke
für das Bad.“, murmelte sie zusammenhanglos und er kam näher.
„Wieso
seid Ihr hier? Um diese Zeit?“
„Wieso
seid Ihr?“, erwiderte sie und wich seinen Fragen aus. Anscheinend überrumpelte
ihn diese Frage. Auch sie wunderte sich, was ein Graf hier zu tun hatte.
„Geschäfte.“,
erwidert er lapidar. Seine Kleidung war nicht besonders ausgefallen. Sie wirkte
eher gewöhnlich, als wolle er nicht auffallen.
„Habt
Ihr Arbeit für mich?“, fragte sie schließlich und ließ allen Stolz, all ihre
Würde fahren.
„Ich…?
Aber…“
„Ich
bitte Euch, inständig. Aber ich akzeptiere auch Eure Ablehnung, Herr.“ Sie
hatte den Blick wieder gen Boden gewandt. Sich so zu opfern war schwer genug
für sie. Jetzt musste sie bei dem Mann betteln, den sie für unter ihrer Würde
gehalten hatte. Dieses Leben hatte einen seltsamen Humor. „Sonst kann ich nie
wieder zurück zu ihm.“, fügte sie leise hinzu, aber sie war sich sicher, er
verstand.
„Natürlich.
Kommt mit mir. Wir werden einen Platz für Euch finden.“ Sie strahlte ihn an.
Das bedeutete sie musste nicht draußen schlafen und würde Geld verdienen, dass
sie ihrem Mann geben konnte, damit er sie nicht mehr hasste. „Auch wenn ich
nicht weiß, wie ich das erklären soll…“, fügte der kleine blonde Mann hinzu,
sie nickte bloß höflich, auch wenn sie kein Wort verstand.
„Einfach
fort. Kannst du das glauben? Ich hätte diesen Fehler niemals machen dürfen. Ich
war so dumm. Ich hatte anscheinend zu viel freie Zeit, Oz.“ Sein Herr regte
sich bereits seit mehr als einer Stunde auf. Er trug auch nach einer Ewigkeit
wieder Kleidung, die seinem Stand entsprach.
Oz
hatte es noch nicht über sich bringen können, seinem Herrn zu sagen, dass
ebendiese Person jetzt hier im Haus arbeitete.
Bei
dem Koch und den Tellerwäschern. Er war sich selber noch nicht ganz im Klaren,
was nun passieren würde. Aber sein Herr dachte, die blonde Lady wäre fort
gegangen, weil sie ihn nicht mehr ertragen konnte, dabei war sie fort gegangen
aus Angst, er könne sie nicht mehr wollen. Jetzt arbeitete sie hier, um ihm
später das Geld zurück zu geben, was er durch sie vermeintlich verlieren würde.
Liebe
schien eine sehr anstrengende Sache zu sein. Vor allem, weil er mittlerweile
jeden Tag hinunter in Küche ging, um der hübschen Tara beim kochen heimlich
zuzusehen. Selbst Liam war es bereits aufgefallen. Allerdings wusste Tara, wer
er war, und er konnte sich nicht einfach als Graf ausgeben. Wie wäre es schön,
wenn alles einmal umgekehrt wäre für ihn.
Er
sprach nicht mit seinem Herrn darüber, denn das würde alles noch komplizierter
machen, vor allem, weil sein Herr sowieso sehr schlecht auf alles zu sprechen
war, was nicht mit dem Geschäft oder anderen pflichten zu tun hatte, um die er
sich jetzt wieder kümmerte.
Er
hatte sogar angefangen selber Termine wahrzunehmen und auszugehen, um sein Gesicht
der Welt zu zeigen. Jetzt waren die Menschen eingeschüchtert. Oz wusste selber,
dass er keine wirkliche Bedrohung darstellte, aber sein Herr war groß und nun
auch wieder Furcht erregend schlecht gelaunt, überall wo er seine Aufwartung
machte.
Die
junge Elizabeth arbeitete nun schon zwei Wochen immer noch unentdeckt unten in
der Küche. Er wusste, lange würde er nicht mehr abwarten können, hinab zu
gehen, um seine heimlich Liebe zu beobachten.
~*~
„Ihr
müsst rühren.“, verbesserte Tara vorsichtig und Buffy tat wie ihr geheißen und
rührte den Schaum schneller und tatsächlich wurde das Eiweiß hart! Es war
unglaublich, dass es so was überhaupt geben konnte.
„Oh,
Tara! Du hast Recht! Und sag ruhig meinen Namen.“ Sie war so begeistert von der
Tatsache, dass Eiweiß hart werden konnte, dass sie immer mehr vergaß unhöflich
zu Tara zu sein. Ab und an betrachtete Tara sie aus den Augenwinkeln, aber
immer, wenn sie hinsah blinzelte Tara schnell in eine andere Richtung.
Wahrscheinlich erwartete sie nur den nächsten Anfall.
„Ihr
macht es wirklich schon bedeutend besser als vor einer Woche. Ihr lernt sehr
sch…schnell.“ Buffy warf ihr noch einen bösen Blick zu. „Ich meine, d…du lernst
schnell, B…buffy.“ Sie versuchte ein Lächeln und
Buffy erwiderte es. Ohne Tara wäre sie hier wahrscheinlich schneller als
schnell rausgeflogen. Der Koch war streng und duldete keinen Ungehorsam oder
Unfähigkeit.
Sie
konnte mittlerweile sogar Teig backen. Das war ein sehr großer Schritt für sie.
Und sie sparte all ihr Geld. Sie würde es Angel mitbringen, wenn der Betrag
groß genug war, um bei ihm Eindruck zu schinden.
„Buffy,
beeil dich, oder soll ich dir Beine machen?“ Der Koch hatte den Kopf zu ihnen
herum gedreht und hastig beeilte sie sich, seinen Worten nach zu kommen. Sie
gewöhnte sich an den rauen Ton und war sogar in der Lage, in zu überhören.
Wieder
einmal sah sie den Grafen um die Ecke linsen, und langsam bestätigte sich ihr
Verdacht, dass er es tatsächlich auf Tara abgesehen hatte. Sein Blonder Kopf
lugte nun mehrere Male täglich die Treppe hinab und er schien völlig gefangen
von ihrem Anblick zu sein. Buffy war nicht einmal mehr all zu böse. Natürlich
fragte sie sich oft, woran es liegen konnte. Wenn sie dunklere Haare hätte,
würde der Graf dann auch sie bevorzugen? Aber eigentlich war das Schlimme, dass
sie kaum an den Grafen dachte, es sei denn vor Dankbarkeit.
Sie
dachte an Angel. Und das den halben Tag lang. Die andere Hälfte des Tages war
sie wach und musste viel zu viel arbeiten, um wirklich daran denken zu können,
was sie ihm sagen könnte, würde sie wieder in den Wald gehen und den Weg zu
seiner Hütte suchen müssen, um ihre Schulden zu bezahlen.
Ob
Tara wusste, dass der Graf sie ansah? Und wenn, wieso reagierte sie nicht?
Vielleicht hatte sie ihre Gründe. War Tara etwa doch stolz? Stand es ihr
überhaupt zu, mit Tara darüber zu reden? Durfte sie das überhaupt? Und wollte
Tara das auch? Sie wusste es nicht. Vielleicht wartete sie einfach noch ein
paar Tage, bis sich ihr Verdacht bestätigen würde.
~*~
„Wieso
tut Ihr das, Oz?“
Er
erschrak so sehr, dass er sich den Kopf an der niedrigen Kellerdecke stieß und
sofort zurück schrak. Sein Herr starrte ihn mit seinen unergründlichen dunklen
Augen an.
„Ich…
ich…“
„Was?“
Er
seufzte. Was brachte es ihm schon, zu lügen. „Ich schaue mir die Küchenhilfe
an.“, gestand er nun leise ein. Sein Herr sah ihn noch einen Moment ungläubig
an, ehe er antwortete.
„Du
solltest deine Zeit mit sinnvolleren Dingen als der Liebe füllen.“ Er war so
verbittert. Es schmerzte fast, ihn so zu sehen. Aber Oz war sich sicher, sein
Herr meint es nicht ganz so wie er sagte. „Ich will sie mir ansehen.“, sagte er
plötzlich unvermittelt.
„Was?
Jetzt? Ihr… Ihr habt sie doch eingestellt, Herr.“, protestierte Oz.
„Das
ist lange her. Ich will sehen, ob sie es wert ist. Davon kann ich dir einiges
erzählen. Es gibt nämlich hunderte, die es nicht wert sind, dass man seine Zeit
mit ihnen verschwendet.“ Zornig zog sein Herr die Tür auf und stahl sich ein
paar Stufen nach unten. Oz wusste, er konnte sie jetzt sehen und betete zu
Gott, dass Buffy gerade nicht im Raum war. Und anscheinend hatte er das Glück
eines Gläubigen, denn sein Herr kam bald wieder zurück.
„Sie
ist hübsch. Wieso wagst du nicht einen Versuch, anstatt jeden Tag hier runter
zu laufen und sie heimlich aus der Ferne anzusehen?“ Also hatte es sein Herr
doch schon gemerkt. Er merkte, wie die Hitze in seine Wangen stieg.
„Ich
frage sie bald. Noch nicht jetzt.“ Sein Herr verzog den Mund zur Grimasse.
„Ich
muss in die nächste Ortschaft reiten. Es gibt dort Ärger an den Grenzen. Ich
denke, mit etwas Geld wird es schnell zu lösen sein.“ Oz war beeindruckt und
bedrückt zugleich. Früher hatte er so etwas lösen müssen. Jetzt tat Liam es
selber. Graf Liam LaSalle schien wieder auferstanden
zu sein. Aber aus völlig falschen Gründen.
Vielleicht
sollte er mit der schönen Blonden reden. Aber was würde er ändern können?
Wahrscheinlich wenig. Er schaffte es ja nicht einmal Tara unter die Augen zu
treten, ohne sich nicht hoffnungslos zu blamieren.
~*~
Sein
Geburtstag näherte sich. Die Tage vergingen manchmal in rasender
Geschwindigkeit, manchmal währten sie ewig. Er dachte immer noch an sie, bekam
sie nicht aus dem Kopf. Wahrscheinlich saß sie längst wieder bei sich Zuhause,
in schönen Kleidern und ging wieder ihrem Vater auf die Nerven.
An
ihn dachte sie wahrscheinlich nicht mehr. Ja, sie hatte sich die Mühe gemacht,
ihm sein Geld zu geben, aber darauf hätte er verzichten können. An Geld
mangelte es ihm nicht. Nicht im Geringsten. Er hätte wahrscheinlich all sein
Vermögen gegeben, nur um diese eine Person ändern zu können. Wie konnte ein
Mensch von einem anderen Menschen nur so besessen sein? Es machte keinen Sinn.
Vor
allem, bald musste er sich Gedanken machen, er war zwar verheiratet, aber er
wurde nicht jünger. Er würde die Ehe lösen und wieder heiraten müssen, um einen
Erben zu bekommen. Oder er blieb einfach für immer alleine. Es gab nur diese
beiden Möglichkeiten und eigentlich bevorzugte er die letztere der beiden.
Oz
sprach ihn nun täglich darauf an, dass eine Feier angebracht wäre, und was ihn
denn aufhielte zu planen, da dort ja auch Geschäftskontakte geschlossen werden
könnten. Daraufhin konterte er immer mit der Frage, weshalb Oz immer noch
zögerte und Tara nicht einfach einmal ansprach. Sein Diener verweigerte ihm
jedes Mal die Antwort.
Er
wusste, er musste feiern. Es wäre eine Gelegenheit auch dem Rest von England
das wahre Gesicht des Liam LaSalles zu zeigen. Das
würde er auch tun. Aber ihm fehlte die Muße. Wenn er nicht schlecht gelaunt
war, dann war er traurig. Verspürte er nur das kleinste bisschen von
Zufriedenheit, machten es die Gedanken an die Eine wieder kaputt. Er litt
stumm. Er zog niemanden in Mitleidenschaft und dennoch schien Oz es nicht zu
entgehen, dass er sich durch jeden Tag quälte.
Aber
jeder hatte schließlich seine Geheimnisse. Und wenn Oz es nicht fertig brachte
mit Tara zu reden, dann würde er eben nachhelfen. Wenigstens einer sollte hier
sein Glück auf der Welt finden.
~*~
In
der Küche herrschte reges Treiben. Seine Anwesenheit wurde erst viel später
bemerkt. Er entdeckte Tara in einer hinteren Ecke, wo sie dabei war ein
Hühnchen zu rupfen. Heute kam Besuch aus der benachbarten Ortschaft. Es ging um
die Pachten der Dörfer und die generelle Idee sie anzuheben, damit die Lords
für eine bessere Ausstattung in den Kirchen und Ärztepraxen sorgen könnte. Es
war eine löbliche Idee, aber die Leute waren arm. Liam wusste, dass dieses
Gespräch niemandem viel nützen würde.
„Guten
Morgen, Tara.“ Nicht oft wurde sein Gesicht hier unten gesehen. Sie erschrak
bei seinem Anblick und verneigte sich hastig. „Schon gut. Ich bitte dich um
eine kurze Unterredung.“ Sie sah ihn verwirrt an.
„A…aber
sicher, Graf LaSalle.“
„Du
kennst meinen Kammerdiener Daniel Osbourne bestimmt?“ Sie nickte wage. „Nun,
ich weiß, er mag dich, aber er ist sehr schüchtern. Ich will wirklich nicht
vermitteln, aber weißt du, ich dachte mir, ich sage es dir und wenn du denkst,
es besteht die Möglichkeit, dass du ihn magst dann…“ Oh, er war wirklich
grauenhaft schlecht in so etwas. Tara blickte ihn etwas verwirrt an, aber
schließlich hoben sich ihre Mundwinkel ganz kurz.
„Gut,
ich… sollte gehen.“ Er nickte ihr kurz zu und wandte sich um. Lange, blonde
Haare verschwanden gerade aus seinem Blickfeld. Wieso war es Küchenmägden
vergönnt ihre Haare zu haben? Er würde nicht mehr hier hinunter kommen. Überall
wurde er an sie erinnert.
Sie
hievte den schweren Wasserkrug zurück zu Tara. Gerade hatte jemand die Küche
verlassen. Aber sie hatte den Fremden verpasst. Hatte nur seinen Gehrock noch
gesehen, ehe er verschwand. Sonst kam niemand hier herunter, außer dem Personal
natürlich.
„Was
ist passiert?“ Sie wandte sich an Tara, aber diese schüttelte bloß den Kopf.
„Seltsame
Dinge passieren hier.“ Sie nahm Buffy den Krug ab und begann das Tier zu
waschen. „Oz mag mich.“ Sie lächelte versonnen, Buffy runzelte die Stirn.
„Wer
ist Oz?“
„Der
Kammerdiener des Grafen.“ Buffy schwieg. Sie kannte den Kammerdiener nicht.
Aber sie freute sich natürlich für Tara. Auch wenn es etwas ungerecht war, dass
der Graf selber und jetzt auch noch sein Kammerdiener sie mochten.
„Woher
weißt du das?“
„Der
Graf war so eben hier und hat es mir erzählt.“ Sie hatte ganz rote Wangen
bekommen und schien vertieft in die Arbeit.
„Der
Graf war hier? Und er hat dir gesagt, dass dich sein Diener mag? Wie seltsam.“
Sie verstand die Welt nicht mehr. Also wenn sie jemanden mögen würde und jemand
anderes würde es auch tun, dann würde sie bestimmt nicht zu der Person gehen
und den anderen empfehlen anstatt sich selbst. Sie dachte darüber nach. Es wäre
vielleicht löblich und ehrenvoll, aber wer tat so etwas schon? Anscheinend der
großartige Graf, den sie abgewiesen hatte. Sie seufzte schwer.
Sie
war anscheinend tatsächlich ein schlechter Mensch.
~*~
Sie
war vollkommen nervös. Tara hatte sie gebeten das Essen nach oben zu bringen
und aufzutragen, da sie gerne mit Oz sprechen wollte. Buffy wäre nur zu gerne
dabei gewesen, alleine um zu sehen, wie sie den Kammerdiener dem Grafen vorzog,
der sie ja allem Anschein nach auch mochte. Weshalb kam er sonst jeden Tag
hinunter und sah ihr zu? Sie verstand ihre Freundin nicht. Aber es war ein
großartiges Gefühl, einen Freund auf dieser Welt zu haben, also widersprach sie
Tara nicht.
Sie
würde sich zusammen reißen und das Essen auftischen. Das würde nicht so schwer
sein. Der Graf hatte ihr immerhin erlaubt hier zu bleiben und hatte ihr Arbeit
gegeben. Sie hatte eine eigene Koje, wo sie schlafen konnte und bekam
Verpflegung und mehr Geld, als wenn sie tatsächlich Töpfe verkaufen würde. Alle
hier waren nett, und es sollte ihr wirklich gelingen nicht auf zu fallen,
während sie ein paar Teller mit Essen verteilte.
Sie
sprach sich selber gut zu.
„Die
Gäste sind oben angekommen, Buffy. Die Suppe wird nicht heißer, wenn du noch
länger wartest. Und du weißt, immer von recht servieren und von link wieder
abräumen. Sei kein Tollpatsch und sprich kein Wort mit den Fremden.“ Der Koch
fixierte sie und sie seufzte laut, bevor sie versprach sich an die Regeln zu
halten.
Früher
hatte sie selber mit solchen Menschen verkehrt und jetzt durfte sie kein Wort
in der Gegenwart dieser Leute verlieren. Aber ihr war es recht. Sie hatte bald
genügend Geld gespart. Hundert Scheine hatte sie schon fast zurückgelegt und
sie klammerte sich an den Gedanken, dass sie Angel damit vielleicht
beeindrucken konnte. Ja. Sie würde einfach Angel denken, der sich sowieso in
ihre Tagträume schlich und dabei noch wundervoller aussah, als dass er es
ohnehin schon tat.
Sie
hoffte auch täglich ihn zu sehen, denn ab und an berichtete Tara vom Jäger, der
die Rebhühner und das Wild brachte, aber Buffy verpasste ihn jedes Mal.
Sie
balancierte das Tablett bis jetzt noch sicher auf ihren Händen und folgten den
Dienern, die das Besteck trugen in den großen Salon. Sie hörte bereits erregte
Männerstimmen, die sich angeregt über irgendwelche Finanzierungspläne stritten.
Ihr
wurde die Tür geöffnet und scheinbar nur widerwillig verstummten die Gespräche.
Flüsternd wurde weiter gesprochen, als könne sie ein Feind sein, dem nicht zu
trauen war. Sie hielt den Kopf gesenkt und beeilte sich mit dem Austeilen. Die
meisten Männer waren alt und hatten bereits Ansätze von Kahlheit auf den
Köpfen. Sie hatte ein höfliches Lächeln auf den Lippen und ignorierte die
Tatsache, dass keiner der Männer ihr dankte oder auch nur einen Blick opferte.
Teller
um Teller reichte sie weiter. Der Graf war noch nicht da. Die Männer
unterhielten sich ohne ihn und sie fragte sich, ob er tatsächlich Ordnung in
diese Runde bringen konnte. Die Tür öffnete sich im selben Moment und ihr Blick
hob sich unbewusst zur Tür.
Schrecklich
langsam schien der Suppenteller aus ihrer Hand zu gleiten und ihr Mund öffnete
sich geschockt. Sie musste träumen. Es war ein grauenhafter Traum. Er konnte
nicht hier sein. Jemand sah ihm nur zum verwechseln ähnlich. Das war der
einzige Grund.
Die
Suppenschüssel zerschellte auf dem Holzboden und alle Blicke richtete sich auf
sie. Ihr Verstand arbeitete schnell, bot ihr aber keine passende Erklärung. Die
Hitze stieg in ihre Wangen, denn verurteilende Blicke trafen sie nun aus jeder
Richtung.
Sie
raffte ihr Küchenkleid zusammen und hastete um den Tisch. Das konnte alles nur
ein Missverständnis sein. Was hatte er hier nur zu suchen? Seit wann durften
Jäger mit den Gentlemen am Tisch sitzen?
„Buffy?“
Sie
hatte den Raum verlassen. Es störte sie nicht, dass Kressesuppe ihr Kleid hinab
lief und auf den Marmorboden des Flures tropfte. Sie lief direkt in Tara und
den Grafen hinein.
„Was
ist passiert?“ Tara blickte sie besorgt an. Buffy öffnete überrascht den Mund.
Stand die Welt Kopf? Tara wollte doch zu dem Diener. Nicht zu dem Grafen. Hatte
sie gelogen? Nahm sie am Ende doch den Grafen? Oh, nein. Sie musste hier fort.
Doch
er war bereits hinter ihr.
„Buffy!“
Es
war ein seltsames Bild. Der Graf und Tara standen Hand in Hand vor ihr. Hinter
ihr stand anscheinend ihr Mann, der Jäger. Allerdings trug er Kleider, die
denen eines Grafen in nichts nachstanden.
Sie
starrte ihn vollkommen verwirrt an.
„Angel,
was tust du hier?“
„LaSalle, kommen Sie jetzt wieder? Sonst fangen wir ohne Sie
an.“ Einer der weniger freundlichen Männer hatte den kopf auf den Flur gesteckt
und sah ziemlich ungehalten aus. Und ihr Angel wandte sich um.
„Fangen
Sie an. Ich komme sofort.“
„Nein.“,
flüsterte sie und schüttelte den Kopf. „Das ist der Graf.“ Sie deutete auf den
blonden Mann hinter sich.
„Das
ist Oz, Buffy.“, erklärte Tara leise und Buffy schüttelte erneut den Kopf.
„Das
kann nicht sein. Er hat um meine Hand angehalten! Er ist der Graf!“ Ihre Stimme
wurde lauter. Allerdings auch schriller als zuvor.
„Es
tut mir Leid, Lady Elizabeth. Ich bin nur der Diener.“
„Aber…
Ihr… Ihr wart doch…?“ Es formten sich keine passenden Lösungen in ihrem Kopf.
Das machte keinen Sinn. Wieso kam nicht der echte Graf? Wieso bat ein Diener um
ihre Hand. Sie wandte sich langsam wieder um.
„Du!“
Anklagend hatte sie den Finger ausgestreckt.
„Buffy, bitte, ich kann es erklären.“
„Sag
mir, dass du ein Jäger bist und kein Graf.“, forderte sie schrill und er
schwieg. Der wunderschöne Mann ihr gegenüber schwieg. „Angel…“, flüsterte sie
erneut und sie wurde wütend. „Du hast mich angelogen! Du hast mich glauben
lassen, du wärst arm. Du lässt einen Diener um meine Hand anhalten, damit du es
nicht tun musst? Du lässt mich schuften, hungern und sorgst dich nicht einmal
um mein Wohlergehen? Ich arbeite für dich in deinem Haus, Stunde um Stunde, um
dir das Geld zurück zu geben, was ich dich gekostet habe, dabei bist du der
reichste Mann Englands!“ Sie riss sich die Schürze vom Leib und warf sie auf
den sauberen Boden.
„Ich
hatte keine Ahnung, dass…. Buffy, bitte, lass mich…“
„Nein.
Ich gehe zurück zu meinem Vater. Das wird ein Nachspiel für dich haben!“
„Dein
Vater weiß es doch!“, entgegnete er genauso laut.
„Was?“
Sie verlor den Wind in ihren eben gerade gehissten Segeln und hob die Hand zu
ihrem Mund.
„Ich
erzählte ihm von meinem Plan, Buffy, ich hatte doch nicht vor, dass…“ Sie hob
zornig die Hand.
„Er
weiß es? Tara, du weißt es auch?“ Ihre neu gewonnen Freundin wirkte ziemlich
überrumpelt und hielt die Hand des Dieners noch fester in ihrer eigenen.
„E…euer
Vater erzählte mir, dass der Graf Euch geheiratet hat. Ich … ich traute mich
auf dem Markt nicht zu fragen. Und auf… auf einmal wart Ihr hier. Ich wusste
nicht…“ Sie brach ab und senkte den Blick.
„Es
war alles nur gelogen.“ Sie schüttelte wieder den Kopf.
„Es…
es war falsch dich zu täuschen, Buffy. Bitte verzeih! Ich wusste nicht, dass du
noch hier bist! Ich dachte, du wärst fort gegangen, ich…“
„Ich
gehe jetzt.“, erwiderte sie, ohne ihn anzusehen.
„Nein,
Buffy, bitte nicht!“ Er machte Anstalten sie aufzuhalten und umfing ihren
Oberarm. „Geh nicht!“ Flehend sah er sie an.
„Um
was für einen Plan ging es, Graf LaSalle? Wolltet Ihr
sehen, wie ich leide, wie ich mich selber verabscheue? Das habt Ihr geschafft.
Ich hoffe, Ihr seid froh darüber. Ihr seid ein widerlicher Mensch!“ Die Tränen
konnte sie nicht zurück halten. Grob zog er sie an sich und küsste sie. Keine
Sekunde ließ sie ihn gewähren und entriss sich seinem Griff.
„Buffy,
ich… wollte es nicht!“
„Lügner.
Das ist alles, was Ihr seid. Es war alles nur eine Farce. Tretet mir nicht noch
einmal unter die Augen.“ Ihre Wut ließ sie fast die Treppen hinab fliegen.
Schnell hatte sie all ihre Sachen zusammen gesucht und nahm nur eine kleinen
Teil des verdienten Geldes mit. Ihr blieb wenig Zeit. Sie wollte ihn nicht
sehen.
Die
ganze Zeit über hatte er gelogen. Die ganze Zeit über war sie nur Objekt eines
Plans gewesen, den er aus Langeweile heraus ersonnen hatte.
Nicht
mehr und nicht weniger.
~*~
Er
hatte sich bei seiner Gesellschaft entschuldigen müssen. Er war ihr sofort
nachgerannt, aber sie hatte den Besitz bereits verlassen. Mit einer der
Kutschen seiner Gäste. Ein anderer Kutscher hatte erzählt, dass sie einem
Kutscher Geld gegeben hatte, damit der so schnell es ging fort fuhr. Nach
Hause. Zu ihrem Vater.
Es
war schief gelaufen. Es ärgerte ihn, dass er sich solche Gedanken machte. Und
es ärgerte ihn, dass er ihr seine Liebe gestanden hatte und sie es nicht
erwiderte. Es ärgerte ihn maßlos. Aber sollte er ihr nachreisen? Würde sich
ihre Meinung innerhalb ein paar Stunden geändert haben? Höchstwahrscheinlich
nicht. Wie konnte er sich denn nur sicher sein? Er konnte es nicht. Er würde
sein Gesicht verlieren, sollte sie ihn vor der ganzen Welt abweisen.
Er
brauchte dringend ein Bad, er brauchte Alkohol und Schlaf. Er brauchte
jemandem, der ein Außenstehender war und ihn besser beraten konnte. Er brauchte
Oz. Aber der war ja beschäftigt mit seinem neuen Glück. Er würde über diese ganze
Sache schlafen, sollte er Schlaf finden können. In seinem Kopf nahm sie alle
seine Gedanken in Besitz. Und das Schlimme war, wahrscheinlich hatte er es
sogar geschafft und sie geändert, aber jetzt… Jetzt würde sie ihm nie wieder
unter die Augen treten wollen.
Er
fuhr sich durch die dichten Haare und wünschte sich nur, dass dieser Tag
niemals stattgefunden hätte. Aber solche Wünsche kamen niemals in Erfüllung. Er
kannte sich mit solchen Wünschen zur Genüge aus….
„Herr!“
Oz hatte ihn erreicht und hielt völlig atemlos neben ihm inne. „Was wollt Ihr
tun?“
„Ich
weiß es nicht.“
„Es
tut mir so furchtbar Leid. Das hätte nicht passieren sollen.“
„Du
wusstest davon?“
„Ich…“
Er
betrachtete den blonden Mann für einen Moment. Aber nahm es ihm kaum übel. Er war
nicht vorsichtig gewesen. Er hätte sie suchen sollen. Wie hatte er aufgeben
können?
„Ihr
liebt sie, Herr.“, sagte Oz voller Überzeugung, als ob es ihm irgendwie helfen
könnte.
„Das
ist nicht wichtig.“
„Nicht
wichtig? Ihr habt mir gesagt, ich soll mich nicht verstecken und für meine
Gefühle einstehen und kämpfen! Und Ihr wollt es nicht tun?“ Er hatte sich in
Rage geredet und zum ersten Mal verspürte Liam nicht das Bedürfnis sich seinem
Diener mitzuteilen.
„Schweigt.
Solche Fragen stehen Euch nicht zu.“
Der
junge Mann wirkte augenblicklich verschlossen und steif. Er senkte den Blick
hastig und kühl war seine Stimme als er schließlich sprach.
„Verzeiht,
Herr.“ Er verschwand. Liam wusste, er hatte soeben das Vertrauen seines Dieners
verloren, aber er hatte keine Lust sich auch darum zu kümmern. Er würde sich
morgen entschuldigen und morgen würde er ihr nach reisen. Vielleicht.
~*~
„Buffy!
Was ist passiert? Wie siehst du aus?“ Ihr Vater hatte sich nicht verändert.
Aber wie sollte das auch sein, denn sie war schließlich noch nicht lange fort.
Auch wenn es ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen war.
„Vater…“
Sie weinte. Sie hatte die ganze Fahrt über geweint und hatte auch nicht vor zu
bald damit aufzuhören. Sie fühlte sich hintergangen und missbraucht. Noch
niemals war sie so angelogen worden. Auch ihr Vater war nicht unschuldig. Er
wusste es von Anfang an, aber sie konnte nicht auf beide böse sein, denn
irgendwo musste sie wohnen und deshalb zog sie ihre Familie vor.
„Wieso
bist du hier? Hat der Graf…“
„Ich
will nicht darüber reden. Nimmst du mich wieder auf? Wenn nicht, dann sag es,
dann werde ich wieder gehen.“ Ihr Vater schüttelte verwirrt den Kopf.
„Es
ist dunkel und kalt. Natürlich. Komm rein, mein Kind. Was ist passiert? Hat er
dir etwas getan?“
Sie
verzog den Mund. Sicher hatte er ihr etwas getan. Er hatte sie angelogen, er
hatte sie vor der Welt lächerlich gemacht. Nur um… um was überhaupt? Um sich zu
rächen? Aber sie verstand nicht wieso. Und sie wollte es auch gar nicht.
„Vater…“,
wiederholte sie leise und schlang nun die Arme um den Hals ihres Vaters, der
die Umarmung völlig verblüfft erwiderte. Das erste Mal seit Wochen hatte sie
das Gefühl, dass sie wieder Zuhause war.
Ihr
Zimmer hatte sich nicht verändert. Frische Rosen standen auf dem kleinen Tisch
und der Mond warf lange Schatten auf den feinen Teppich. Eine Zofe, die sie
nicht kannte, hatte ihr bereits Tee gebracht und sich sogar etwas steif
angeboten mit ihr zu sprechen. Wahrscheinlich hatte es ihr Vater angeordnet, da
er sich wohl selber als Mann nicht in der Lage dazu sah.
Sie
hatte freundlich abgelehnt. Sie wollte kaum sich selber Zugeständnisse machen.
Da wollte sie es bei einem fremden Mädchen erst recht nicht. Sie hatte sich
geirrt, gut. Sie sah es ein. Sie war von ihrem hohen Ross gestürzt worden, aber
das würde ihr nicht noch einmal passieren. Sie hatte erkannt, dass sich der
Mensch leicht täuschen ließ. Niemals würde sie die Tage in der schäbigen Hütte
vergessen.
Dass
was ihr aber schwersten zu glauben fiel, war die Tatsache, dass er, er der ein
reicher Graf war, ohne Murren in dieser Behausung gelebt hatte. Er konnte
kochen, er konnte sich versorgen, Ziegen melken, reiten und ohne Bad überleben.
Sie hatte es nicht gekonnt. Dann wieder schämte sie sich furchtbar. Nicht weil
sie ihn beleidigt hatte, oh nein, das hatte er unbesehen verdient gehabt.
Sie
schämte sich, dass ihr all diese Dinge nicht hatten gelingen wollen, dass er
Recht gehabt hatte und sie tatsächlich arrogant und oberflächlich war. Sie
schämte sich dafür, dass sie noch immer an ihn dachte. Und ganz bestimmt nicht
in seiner neuen Form. Nein. Er war ihr Jäger. Angel. Und sie hatte ihn geküsst.
Nicht den Grafen LaSalle. Aber Gott sei Dank war ihm
das völlig unbewusst.
Sie
würde es niemandem eingestehen, aber sie vermisste ihn. Und soviel lag jetzt
vor ihr. Sie musste die Hochzeit lösen. Sie hatte schließlich die Lektion
gelernt. Es gab keinen Grund für den Grafen LaSalle
die Verbindung noch aufrecht zu erhalten, hatte er ihr doch niemals seine
Zuneigung gezeigt.
Verbissen
und mit glasigen Augen verdrängte sie die Tatsache, dass er sie geküsst hatte.
Sie würde nicht mehr daran denken. Sie quälte sich nur selbst. Sie war
vielleicht kein guter Mensch, aber das hatte sie nicht verdient. Sie war immer
noch so abhängig von ihm und dieser widerliche Mann beherrschte ihre Gedanken
völlig, aber er hatte gemein mit ihr gespielt und er hatte bestimmt nicht das
Recht sie danach auch noch zu küssen.
Sie
hatte so eine Gemeinheit nicht verdient und sie nahm es ihrem dummem Herzen sehr
übel, dass es immer noch über ihn nachdachte und dass der Moment als seine
Lippen die ihren berührten, immer noch vor ihrem geistigen Auge schwebte und
sie am liebsten ihren Zorn verdrängt hätte. Aber sie würde sich nicht länger
quälen.
Niemand
wusste, dass sie mit ihm verheiratet war. Die Sache würde schnell gelöst sein
und sie könnte noch einmal ihr Leben anfangen. Völlig neu. Sie würde ihre
Chancen nutzen und ihren Vater nicht enttäuschen.
Sie
würde ihn vergessen. Das würde sie niemals, aber sie würde es hervorragend
vortäuschen können. Sie hatte keine Wahl. Sie wollte nicht leiden. Sie würde
furchtlos sein und sich fügen, egal was ihr Schicksal bereithielt. Und wenn sie
den hässlichsten Mann Englands heiraten müsste. Ihr Stolz war vielleicht zerstört,
aber ihre Würde war sie nicht bereit aufzugeben.
Sie wusste nicht genau, was ihr
Vater dachte. Er war still, wenn sie kam. War er enttäuscht, war er einfach nur
noch nicht bereit über die vorgefallene Situation zu sprechen? Niemand wusste,
dass sie noch verheiratet war. Alles war sehr schnell gegangen und eigentlich
musste ihr Vater sich um nichts Sorgen machen. Sein Ruf in der Stadt war nicht
gefährdet.
Sie hielt sich im Garten auf. Zu
ihrer großen Enttäuschung verloren die ersten Rosen ihre Blüten und der Herbst
kündigte sich mit großen Schritten an.
Sie hatte noch ein bisschen Zeit ehe
ihre Hauswirtschaftsstunde begann. Sie hatte tatsächlich ihren Vater gebeten
eine Lehrerin kommen zu lassen, die ihr die wichtigen Dinge beibrachte, in denen
sie so kläglich versagt hatte.
Ihr Vater hatte dies wertfrei zur
Kenntnis genommen, aber Buffy wusste, er war innerlich bestimmt vollkommen
entgeistert, dass sie so etwas wirklich wollte.
Und nein, sie wollte es bestimmt
nicht des Grafen wegen. Der war ihr so gut wie egal. So gut wie. Nur noch sein
Gesicht vermochte sie nicht aus ihren Gedanken zu löschen. Sie hasste diese
Situation, in der sie sich befand.
„Ms Elizabeth? Mrs Craft ist da.“ Mrs Craft war die
Lehrerin, die ihr half. Schon zum dritten Mal diese Woche. Sie stellte fest,
dass sie als Tochter des Hauses unglaublich viel freie Zeit zur Verfügung hatte
und sie hatte beim besten Willen keine Ahnung, wie sie die vor ihrer Scheinehe
genutzt hatte. Gut, sie konnte den Nachmittag damit zubringen ein Bild zu
malen, aber den Rest der Zeit? So viele Kleider besaß sie gar nicht, um sie
alle anzuprobieren. Sie trug jetzt sowieso lieber schlichte Kleider. Die
behinderten sie beim Gehen nicht ständig.
Sie eilte ins Haus zurück. Sie
wollte nichts verpassen, was sie weiter bilden konnte.
Ihre Finger waren übersät mit roten
Punkten und ihr Rücken schmerzte etwas von der aufrechten Haltung, aber sie
hatte sich darin geübt, sich keinen Schmerz mehr anmerken zu lassen. Sie würde
den Rahmen fertig sticken und dann ging es weiter in die Küche. Sie war bereit
alles zu tun, um die Erinnerung an ihre schlichte Unkenntnis zu verbannen.
Es
klopfte an der Tür und sie hob den Kopf. sie war überrascht über den Besuch,
den sie dort sah.
„Ms
Elizabeth, ich hoffe, w…wir kommen nicht Ungelegen.“ Tara hielt den Kopf
gesenkt und Buffy fragte sich, wie der Diener des Grafen es sich wohl erlauben
konnte, einfach so vom Hause zu verschwinden.
„Überhaupt
nicht. Mrs Craft, ich bin gleich wieder zurück.“,
entschuldigte sie sich leise bei der Lehrerin und verließ das Zimmer. Sie
wollte weder mit Tara noch mit Oz im Haus sprechen, wo ihr Vater es hören
konnte. Sie bat sie hinaus auf die Veranda und verschränkte die Arme vor der
Brust.
„Wie
geht es Ihnen?“ Jetzt sah Tara sie an und Buffy wusste, dass Tara eigentlich
keine Schuld an ihrem Schicksal trug. Sie überwand ihren Stolz ein weiteres
Mal.
„Es
geht mir gut, Tara, danke der Nachfrage. Was wollen Sie hier, wenn ich fragen
darf?“ Das Pärchen warf sich einen kurzen Blick zu und Buffy sah erst jetzt,
dass sie immer noch Händchen hielten. Was für eine Verliebtheit….
„Es
geht ihm nicht gut.“, sagte Oz jetzt und Buffy biss die Zähen zusammen. Sie
wollte nicht sofort wissen, um wen es ging, ohne dass Oz einen Namen genannt
hatte.
„Was
meint Ihr?“, fragte sie deshalb etwas abwesend und ließ ihren Blick schweifen.
Wieder sah sie eine Blüte gen Boden schweben.
„Graf
LaSalle quält sich in Eurer Abwesenheit, Lady
Summers.“
„Das
bezweifel ich.“ Sie biss sich auf die Zunge. Sie hatte gar nicht antworten
wollen. Es war ihr egal, ob er sich quälte.
„Ms
Elizabeth, bitte denken sie noch einmal darüber nach.“, sagte er jetzt und
trotzig sah sie ihn wieder an.
„Hören
Sie, Oz, ich befinde mich in einer sehr prekären Lage, die dem Grafen
vielleicht nicht bewusst ist. Ich habe nicht die Möglichkeiten unschuldige
Mädchen hinters Licht zu führen.“ Oz setzte an zum Protest, aber Buffy spürte,
wie die Wut, die seit ihrer Flucht angestaut hatte, an die Oberfläche drang.
„Er hat nicht das Recht, sich über irgendetwas zu beschweren. Er hatte seinen
Spaß, nehme ich an.“
Endlich
schaffte sie es sich zu beruhigen und schloss für einen Moment die Augen.
„A…aber…
er vermisst euch. Jeder kann es sehen.“, flüsterte Tara jetzt und Buffy konnte
nicht verstehen, warum man sich über das Leben anderer Menschen solche Gedanken
machen konnte. Sie schüttelte den Kopf und schaffte es erfolgreich die
verflixten Tränen zu verdrängen.
„Genug
davon. Ihr seid verlobt wie ich sehe?“ Mit einem Lächeln betrachtete sie die
beiden und Tara senkte den roten Kopf. Oz nickte.
„Ja!
Graf LaSalle erlaubt sogar die Hochzeit in seinem
Haus. Wir sind überglücklich, nicht wahr, Tara?“ Er drückte ihre Hand fester,
aber Buffy konnte sehen, dass so viel Gefühlsoffenbarung in Gegenwart von
andern wohl nicht in ihrer Natur lag.
„So
bleibt doch zum Tee. Ihr müsst doch nicht sofort wieder abreisen, nicht wahr?“
„Nun…“
Oz zögerte einen momentlang. „Sicher können wir noch etwas bleiben. Was hält
Ihr Vater denn davon?“
„Oh,
ich bin sicher er hat nichts dagegen. Die Arbeit hält ihn sowieso vom Tee ab.
Es wären dann nur wir drei.“ Es war wesentlich einfacher mit den beiden zu
sprechen, wenn sich das Thema nicht bloß um ihn und sein Leid drehte. Sie litt
genauso, aber sie hatte keine Freunde, die sich auf den weiten Weg machten, um
das kundzutun. Tapfer behielt sie ihr Lächeln im Gesicht ging in die Küche um
sich um den Tee zu kümmern.
Auch
wenn sie gut alleine zurecht kam, war es doch schön, dass sie besucht wurde.
Von Menschen, die sie anscheinend nicht verurteilten.
~*~
„Oz?“
Da
wollte er sich entschuldigen und niemand schien da zu sein. Er hatte noch einen
Termin in der Pachtschaft und hatte eigentlich kaum
die Zeit, aufgehalten zu werden. Er schritt mit großen Schritten über den Hof.
Wahrscheinlich war Oz bei Tara. Das konnte Liam auch nicht verübeln. Wer
verbrachte schließlich nicht seine Zeit am liebsten bei der Frau seines
Herzens?
„Oz?“
Er steckte den kopf durch die Tür zur Speisekammer, durch die man in die
Küchenräume kam. Einige Mägde kamen ihm entgegen und tuschelten erschrocken.
„Guten Tag, die Damen, hat eine von Ihnen vielleicht Tara Maclay
gesehen?“, erkundigte er sich höflich und weder die eine noch die andere schien
ihm antworten zu wollen. „Oder ist sie heute nicht in der Küche?“ Er wusste nie
genau welches Personal wann den freien Tag hatte.
„Sie
ist nicht hier.“, erbarmte sich schließlich eine der beiden und Angel nickte
dankbar.
„Gut,
dann danke.“
„Sie
ist schon früh mit der Kutsche fort.“, plapperte jetzt die andere aufgeregt
weiter. „Mit dem Diener.“, fügte sie leise hinzu, als könne es womöglich jemand
anderes hören.
„Dem…
Diener?“, wiederholte er verwirrt. Oz war mit Tara in der Kutsche fort
gefahren? Hatte er sie gestohlen? Hieß das er hatte gekündigt? Oder hieß das,
er machte einen Ausflug, ohne ihm Bescheid zu sagen? Nun, er musste sich
natürlich nicht rechtfertigen, wenn er einen Ausflug machen wollte, aber
Bescheid sagen konnte er wenigstens. Oder es gab einen Grund, warum er nicht
Bescheid sagen wollte. Aber die Zweisamkeit hätte Liam bestimmt nicht stören
wollen.
Seine
Stirn legte sich in scharfe Falten. „Wohin sagte Tara würden sie fahren?“,
fragte er betont vorsichtig und die beiden Mägde zuckten betreten die
Schultern.
„Wir
wissen nichts genaues, Herr. Aber da sie Proviant mitgenommen haben dürfte die
Reise schon weiter gehen. Ich glaube, Tara sagte etwas von, Dartmore.“
Seine Augen weiteten sich. Unmöglich. Sein Diener war bestimmt nur aus Zufall
in diese Richtung gefahren. Oder er und Tara waren dort, weil sie… weil sie… Er
hatte keine Ahnung.
Mit
einem Knurren verließ er die Küche und ließ zwei verschreckte Küchenhilfen
zurück. Sobald er den Termin bei den Pächtern erledigt hatte, würde er mit der
Kutsche nach Dartmore fahren.
~*~
„Ich
habe genügend Geld gespart um ein Cottage zu kaufen. Ich habe schon mit dem
Besitzer gesprochen. Es liegt zwar auf seinem Grundbesitz, aber er wäre
glücklich es einem jungen Paar zu verkaufen.“, erklärte Oz voller Stolz und
Buffy konnte sehen, wie glücklich Tara war, auch wenn sie es nicht laut
aussprach.
Buffy
dachte da anders. Wenn sie glücklich und verliebt wäre, dann könne sie nur Gott
selber davon abhalten ihre Gefühle kund zu tun. Wieder ergriff Oz Taras Hand
und hauchte einen Kuss auf die Fingerknöchel. Tara wurde augenblicklich rot und
Buffy verspürte das kurze Gefühl von Neid in ihrem Bauch. Aber es währte nicht
lange.
Auch
dass sich Oz und Tara freuten in einem Cottage zu wohnen schien beiden nichts
auszumachen. Aber Buffy hatte mittlerweile auch ein anderes Weltbild. Ein
Cottage war eine Hütte immer hundertmal vorzuziehen.
„Es
ist nicht all zu groß, aber dann ist man auch nicht so weit von einander
entfernt.“ Er schenkte Tara ein Lächeln, welches diese schüchtern erwiderte.
„Oz,
ich finde es großartig, dass ihr euch dazu entschlossen habt. Ich meine, ein
Cottage ist wirklich ideal für eine Familie. Es ist ländlich und wenn es euer
Eigentum ist, dann sind die Kosten gering.“ Sie trank noch einen Schluck ihres
Tees und musste sich eingestehen, dass sie selten so einen netten Nachmittag
verbracht hatte. Natürlich hing die Abfahrt der beiden wie eine dunkle Wolke
über ihrem Kopf, und auch ihr Ziel war ihr keine Geheimnis, also konnte sie die
Gedanken an ihn nicht völlig verbannen, aber ihre ehemalige Zofe so glücklich
zu sehen, war wirklich ein schönes Bild.
„Tara,
ich vermisse dich hier wirklich.“, gestand sie jetzt ein und Tara lächelte sie
aufrichtig an.
„Oh,
Ms Elizabeth, Sie brauchen mich hier doch gar nicht.“
„Nein,
nicht als Zofe, aber als Freundin wäre es schön.“
„Ich
kann Sie besuchen kommen. Vielleicht nicht oft, aber einmal im Monat, wenn Sie
es wünschen.“ Sie tauschte einen kurzen Blick mit ihrem Verlobten, aber dieser
nickte begeistert.
„Wenn Sie wollen, können Sie uns auch
besuchen. Das Cottage liegt nicht wiet entfernt von LaSalle Manor und…“ Er unterbrach sich. Buffy war
unwillkürlich bei seinem Namen zusammen gezuckt. „Aber solche Dinge können wir
auch wann anders besprechen. Wir haben eine Einladung für die Hochzeit
mitgebracht.“ Er zog aus seinem Gehrock einen hellen Umschlag. „Nächsten Monat.
Ich hoffe, Sie kommen.“
Buffy
wusste, wo die Hochzeit stattfinden sollte und sie wusste auch, dass sie es
nicht über sich bringen würde, dort hin zu gehen. Bevor sie sprechen konnte,
hörte sie eine Kutsche vorne halten. Erwartete ihr Vater Besuch? Davon wusste
sie nichts.
Sie
hörte das Läuten an der Tür, ein Bediensteter öffnete und für einen kurzen
Moment war es still. Sie konnte die Stimmen nicht erkennen.
„Erwartet
Ihr noch Besuch? Wir wussten nicht, ob wir Ungelegen kommen, wir…“ Doch Oz
schwieg abrupt und auch wenn Buffy nicht sehen konnte, wer hinter ihrem Rücken
im Türrahmen stand, reichte der Blick in Oz’ Gesicht vollkommen. Der Diener
erhob sich ruckartig und neigte unterwürfig den Kopf.
„Das
nächste Mal, wenn Sie einen Ausflug mit ihrer Verlobten planen, wüsste ich
gerne, wohin es geht und wie lange Sie gedenken auszubleiben, denn ich kann es
nicht leiden, unwissend gelassen zu werden.“
Sie
wagte nicht aufzustehen, und sie wagte nicht zu atmen. Tara erhob sich
ebenfalls und auf einmal packte sie eine seltsame Kühnheit. Niemand hatte das
Recht ihre Gäste in ihrem Haus zu maßregeln. Ihre Scham verwandelte sich in
Wut.
„Ich
würde es begrüßen, wenn Sie meinen Besuch nicht vor mir bloßstellen würden.“
Sie erhob sich ebenfalls und wandte sich elegant zu ihm um. Sie hatte
vergessen, wie groß er war und ballte die Hände zu Fäusten damit sie nicht
zitterten und ihre Nervosität preisgaben.
Kurz
herrschte Stille und sein Blick war unergründlich. Sie hielt ihm stand und
fragte sich, ob es nicht einfacher war, einfach davon zu laufen, anstatt sich
ihm zu stellen.
„Das
geht Sie wohl kaum etwas an.“ Es war absurd. Vollkommen.
„Ich
denke schon. Bitte, verlassen Sie mein Haus.“
„Es
ist eigentlich das Haus Ihres Vaters, nicht wahr?“ Seine Mundwinkel zuckten
kurz, aber sie ließ es bestimmt nicht zu, dass er jetzt auch noch sie selber
bloßstellte.
„Ich
lebe hier genauso wie mein Vater.“, erwiderte sie trotzig, und es half ihr beim
besten Willen nicht in seine Augen zu blicken. Immer wieder erinnerte es sie
nur an sein gemeines Spiel. „So fern Sie nicht einen wichtigen Termin mit ihm
haben, würde ich Ihnen raten, dieses Haus sofort zu verlassen.“ Sie stemmte nun
die Hände in die Hüften und wünschte sich, sie würde eindrucksvoller aussehen,
und nicht ein schlichtes Hauskleid tragen.
„Es
wirklich mutig von Ihnen, so mit mir zu sprechen. Denn wenn ich mich nicht
täusche, dann sind wir vor dem Gesetz und vor Gott noch immer verheiratet.“ Ihr
Mund öffnete sich. Was sollte dieser Seitenhieb bedeuten? Sie würde sich schon
noch um die Annullierung kümmern. Auch wenn er ruhig etwas dafür tun könnte.
Sie war schließlich nach allem immer noch eine Frau. Wahrscheinlich gelang es
ihm viel eher eine Annullierung zu erreichen.
„Und
das ist jetzt meine Schuld?“, schrie sie zornig und hätte ihn am liebsten beide
Hände vor die Brust gestoßen.
„Wenn
ich hier sein will, dann habe ich verflucht noch mal dasselbe Recht darauf wie
mein Diener!“ Auch er schrie jetzt und sie bemerkte wie Oz und Tara sich wieder
ins Haus schleichen wollten.
„Oh,
bitte, ihr müsst nicht gehen. Ihr seid willkommen. Hier sollte nur einer
gehen.“
„Du
willst, dass ich gehe?“, knurrte er jetzt und machte einen Schritt auf sie. Er
überragte sie fast um zwei Köpfe und sie unterdrückte ihre Angst und reckte das
Kinn in die Höhe.
„Ja,
das will ich, du…“
„Was
geht hier draußen vor? Es ist ein Lärm als ob…“ Ihr Vater unterbrach sich
irritiert und schien das seltsame Bild, welches sich ihm bot, erst einmal
verarbeiten zu müssen. „Ich wusste nicht, dass wir heute so viel Besuch
empfangen. Graf LaSalle… und der falsche Graf. Sehr
nett, dass sie uns einen Besuch abstatten.“
Buffy
sah mit Genugtuung wie der Graf um Fassung rang und sich deutlich zurücknehmen
musste. Tara sagte, er würde sie vermissen, aber sie sah nichts davon in seinem
zornigen Blick. „Ich hoffe doch, es handelt sich hier um eine Wiedervereinigung
mit meiner Tochter, denn ich halte diese Farce nun für erschöpfend lang
anhaltend.“
Buffy
starrte ihren Vater an. Er hielt es für eine Farce? Was dachte er? Das sie nach
drei Wochen wieder zurück fahren würde? Dass sie schmollen würde und dass es
nur eine Phase war? Sie atmete empört aus. „Meine Tochter hat nun genug
gelitten, möchte ich meinen. Sie hat für ihr Verhalten gebüßt, und sie weint
sich in den Schlaf. Ich denke, Sie haben Ihr Ziel erreicht, nicht wahr, Graf LaSalle?“
Buffys
Mund klappte auf. Ihr Vater bekam also mehr mit, als er zugeben wollte. Es war
unglaublich peinlich. Sie spürte die Hitze in ihren Wangen und wollte unter
keinen Umständen den Blick ertragen, mit dem sie der Graf jetzt unweigerlich
bedachte. Großartig, jetzt wusste er, dass sie ihn vermisste. Wieso spielte ihr
Vater ihm einen solchen Trumpf in die Hand?
„Entschuldigt
mich.“ Damit verließ sie die kleine Gesellschaft auf der Veranda und stürmte
ins Haus zurück. Für einen winzigen momentlang hoffte sie, dass er ihr nach
laufen würde, dass er versuchen würde sie aufzuhalten, dass er irgendetwas tun
würde, was sie glauben lassen konnte, was ihr Tara gesagt hatte. Aber er folgte
ihr nicht.
Mit
nur wenigen Schritten erreichte sie die Treppe und lief unter Tränen in ihr
Zimmer. Seit wann war sie so nah am Wasser gebaut? Seit wann bedeutete ihr ein
Mann so viel? Sie wünschte, der Tag würde endlich vorbei gehen und sie müsste
sich nie wieder mit diesem Mann auseinander setzen. Wahrscheinlich klärte er
nun mit ihrem Vater die Annullierung. Sie weinte noch mehr und hatte das erste
Mal seit Jahren das Bedürfnis, ihre Mutter wieder zu sehen und von ihr in den
Arm genommen zu werden.
Wie
wenig sie doch wusste. Und wüsste sie, wie viel noch auf sie zu kommen würde,
dann hätte es ihr bestimmt für die nächsten Wochen sämtlichen Schlaf geraubt….
Die Einladung zur Hochzeit von Oz
und Tara kam viel zu schnell für ihren Geschmack. Sie hatte gerade mal zwei
Wochen Zeit gehabt, um das furchtbare Treffen mit dem Grafen zu verdauen, da
gab es die nächste Hürde, die sie überwinden musste. Sie wollte nicht mehr in
sein Haus. Sie wollte nicht mal mehr eingeladen sein, obwohl sie die Hochzeit
nur ungerne verpassen würde.
Aber das nicht mal alles. Die
schlimmste Neuigkeit war, dass sie nicht einmal mehr wirklich willkommen dort
war.
Ihr Vater hatte sie über die
Annullierung ihrer Ehe mit dem Grafen LaSalle
informiert. Sie hatte es gefasst aufgenommen. Ihr Vater schien schwer
enttäuscht, ob von ihr oder dem Grafen oder ihnen allen beiden, war ihr nicht
klar. Aber sie wollte ihn nicht auch noch fragen.
Jetzt konnte sie in einer Woche
wieder in einer Kutsche zu dem Ort des Schreckens fahren. Sie hatte sich
geweigert, aber seltsamerweise hatte ihr Vater darauf bestanden, dass sie sich
auf den Weg machen würde. Dabei hatte sie keine Ahnung, wieso es ihrem Vater so
wichtig war. Schließlich handelte es sich gar nicht um Adelige, sondern um
Bedienstete. Eigentlich war das auch noch nicht wirklich die Nachricht, die sie
schockierte. Ihr Vater würde sie nämlich begeleiten.
Es war seltsam. Kaum hatte sie
nichts mehr mit dem Grafen zu tun, mischte sich ihr Vater ein und wollte auf
einmal selber mitkommen zu einer Hochzeit, die ihn höchstwahrscheinlich nicht
wirklich interessierte.
Sie würde gleich reiten gehen. Sie
nahm auch im Reiten Unterricht. Ein Mädchen sollte genauso gut reiten können,
wie ein Mann. Sie stellte sich gar nicht so dumm an, und seit sie das erste Mal
aus dem Sattel gefallen war, beklagte sie sich auch kaum noch. Sie biss die
Zähne zusammen und tat wie ihr geheißen.
Die Traurigkeit schien sie reifer
werden zu lassen und das war wahrscheinlich auch gut so, überlegte sie.
~*~
„Oh, mein Gott, was wenn ich es
nicht schaffe?“
„Sei nicht albern. Sie liebt dich,
Oz.“
„Ja. Noch, aber wenn sie sieht, dass
ich nichts weiter geben kann?“
„Ich bitte dich, es gibt Mädchen,
denen ist es vollkommen egal, und es gibt Mädchen die ziehen eher einen
Bettelmann einem Grafen vor. So oder so kannst du niemals sicher sein.“, murrte
Liam jetzt während er dem Schneider zusah, wie er Oz den Anzug neu absteckte.
„Herr? Was meint Ihr?“
„Nichts. Gar nichts. Hör auf dir
Angst zu machen und freu dich, dass du ein wundervolles Mädchen gefunden hast.“
„Ist alles in Ordnung?“
„Bald schätze ich schon.“, erwiderte
er, mehr zu sich selbst und Oz warf ihm einen seltsamen Blick zu.
„Seid Ihr noch böse, wegen dem
Ausflug nach Dartmore?“ Liam hob den Blick zu seinen
Augen und ruckte mit dem Kopf.
„Nein, natürlich nicht. Es war sehr
nett von dir, sie… zu besuchen.“
„Was habt Ihr eigentlich mit Ihrem
Vater besprochen? Ihr wart sehr lange in seinem Studierzimmer.“
„Nichts weiter. Es gab eben ein paar
Dinge wegen der Annullierung, die nicht einfach zu klären waren.“
„Bei allem Respekt, ich verstehe
Euch nicht, Herr.“
„Was? Wieso?“ Liam schritt zum
Fenster und ließ seinen Blick über sein Eigentum schweifen.
Ich dachte nur, Ihr liebt sie?“ Oz’
Stimme klang kleinlaut und Liams Mundwinkel zuckten freudlos.
„Ja. Und?“
„Ihr liebt sie also? Wieso sagt Ihr
es ihr nicht, wieso habt Ihr dann die Heirat annullieren lassen? Sie liebt Euch
auch und alle Probleme hätten doch geklärt werden können!“ Er sprach sich in
Rage und Liam wandte sich mit erhobener Hand um.
„Beruhige dich, bitte, Oz. Ich will
heiraten. Und ich will von Grund auf ehrlich sein.“
„Was? Wen wollt Ihr heiraten, ich…?“
Er starrte ihn an und Liam sah es in seinem Gesicht arbeiten. „Ihr seid
verrückt…“, brachte er schließlich hervor und der Schneider hob kurz den Blick
und runzelte die Stirn, verkniff sich aber jedes Wort.
„Nun, du sagst, sie liebt mich.“
„Aber ich habe keine Ahnung, wie
viele Verrücktheiten sie von Euch noch ertragen wird.“
„Keine Sorge, es ist nur noch diese
eine.“, versprach er und er lächelte ein trauriges Lächeln. „Ich hoffe nur, sie
kommt zu der Hochzeit.“
„Ich bin mir sicher, Herr.“
„Ja, ihr Vater sollte sie schon dazu
bewegen.“
„Ihr Vater? Ihr habt eine seltsame
Art Euch abzusichern…“ Seine Worte klangen argwöhnisch, aber Liam sah, dass Oz
von ihm beeindruckt war. Auch wenn es sein Diener wohl nicht zugeben wollte.
Ja, Liam wusste, dass sein Plan auf hundert erdenkliche Arten nach hinten
losgehen konnte, aber wenn er es nicht versuchte, dann würde er es für den Rest
seines Lebens bereuen. Er hatte nicht geplant sich ausgerechnet in das
komplizierteste Mädchen Englands zu verlieben. Aber so spielte das Leben eben
manchmal…. Lächelnd wandte er sich wieder dem Fenster zu und betrachtete die
Gärtner. Er hatte extra angeordnet neue Rosensamen zu säen. Natürlich aus
bestimmten Hintergedanken.
~*~
Tara
hatte sie in einem späten Brief gebeten eher zu kommen, damit sie ebenfalls als
ihre Brautjungfer fungieren konnte. und Buffy hatte trotz der Zweifels ihres
Vaters diese Bitte angenommen. Es wäre eine Ehre für sie. Immerhin war Tara die
einzige Freundin, die sie jemals hatte. Ihr Vater wollte noch nicht vorher
mitfahren, also fuhr sie alleine in der Kutsche. Sie war unsicher gewesen, was
für ein Kleid sie tragen sollte, denn egal wie schlicht es sein würde, Taras
Kleid wäre um Längen schlichter und billiger.
Sie
hatte nun schlicht und ergreifend zwei Kleider fertigen lassen. Das eine
schöner als das andere. Tara und sie hatte eine ähnliche Größe und sie würde es
ihr als Hochzeitsgeschenk geben. Sie war froh, dass die Aufregung ihre Tränen
unterdrückte und sie sich voll auf die Hochzeit konzentrieren konnte, als
unbedingt auf den Ort wo sie stattfand.
Die
Stunden in der Kutsche schienen dennoch viel zu schnell zu vergehen. Sie hatte
versucht sich in eine Lektüre zu vertiefen, aber das Geschaukel war fürs Lesen
absolut nicht zuträglich.
Die
großen Mauern, die den Park einschlossen kamen drohend näher und sie schluckte
schwer. Es war ein wirklich schöner Besitz und natürlich versetzte es ihr einen
Stich, dass es niemals ihrer sein würde. Die Gärtner schienen fleißig
beschäftigt zu sein. Ob er das alles für Oz und Tara tat? Sie konnte sich nicht
vorstellen, dass er wirklich so großzügig war.
Aber
er ließ sie sogar in seinem Besitz heiraten, also wahrscheinlich war er
wirklich ein perfekter Mann. Wieder ein Stich, und sie streckte den Rücken
durch. Sie würde dieses Wochenende ohne Tränen überstehen. Wenn sie Glück
hatte, sah sie auch bloß zu der Festlichkeit und nach dem Essen würde sie
gehen.
Tara
hatte geschrieben, dass der Graf keine Probleme damit hätte, dass Buffy in dem
riesigen Manor untergebracht würde, aber Buffy hatte ihre Zweifel. Aber sie tat
es Tara zur Liebe und deshalb hatte ihr schlechtes Gefühl nicht gesiegt.
Deswegen war sie jetzt hier und hoffte, sie müsste ihn nicht sehen, bis es
unausweichlich war.
Tara
erwartete sie bereits und sie schien völlig aufgeregt.
„Oh,
Ms Buffy!“ Buffy kletterte aus der Kutsche und ließ sich von Tara umarmen. Es
fühlte sich nett an. Sie hatte Tara noch nie so offen erlebt. „Es ist so schön,
dass Ihr kommen konntet.“ Buffy lachte.
„Sag
ruhig Du, Tara. Ich denke, wir stehen uns dafür nahe genug.“ Tara strahlte.
„Oh,
wie wunderbar. Ich… ich freue mich so sehr, dass… du gekommen bist.“ Jetzt war
sie etwas schüchtern geworden, aber sie fing sich schnell. „Dann kommt mit mir.
Ich meine, bitte, ich zeig dir dein Zimmer.“
Buffy
folgte ihr. „Ich habe eine Überraschung für dich.“ Tara blickte sie aufgeregt
an.
„Eine
Überraschung? Das war nicht nötig. Ich brauche kein Geschenk. Ich freue mich,
dass du hier bist, Buffy.“
„Ach,
Unsinn. Du wirst dich freuen und es ist kaum ein Geschenk. Eher eine
Aufmerksamkeit dafür, dass du immer so nett zu mir warst.“ Sie konnte sehen,
dass Tara mehr als gerührt war und sie wollte sie nicht noch mehr in
Verlegenheit bringen. „So, genug davon. Lass uns reingehen und ich zeige dir
die Überraschung.“ Tara nickte und Buffy folgte ihr ins Haus. Sie versuchte
sich nur noch auf Tara zu konzentrieren und ignorierte so gut es ging die
Familienportraits an den Wänden.
„Oh,
Grundgütiger, Buffy…“ Taras Finger fuhren in Ehrfurcht über den seidigen Stoff.
Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schüttelte fassungslos den Kopf.
„Das kann ich niemals annehmen.“
„Unsinn.
Es wird wundervoll an dir aussehen, Tara.“
„Aber…
das ist… das ist viel zu viel.“ Jetzt einte sie und schnell hatte Buffy den Arm
um sie gelegt.
„Das
soll dein großer Tag werden. Es ist bloß eine kleine Aufmerksamkeit. Ich wollte
doch, dass du hübscher aussiehst als ich.“, plapperte sie und strich Tara
beruhigend über den Rücken. Sie wollte auf gar keinen Fall, dass Tara wegen ihr
nun auch noch weinte. Sie hatte genug Tränen für ein Leben gesehen.
„Das
ist wirklich ein wunderschönes Geschenk. Soll… soll ich es mal anziehen?“ Mit
leuchteten Augen blickte Tara sie jetzt an und Buffy nickte heftig.
„Oh,
ja, bitte! Ich würde es nur zu gerne angezogen sehen.“
„Bringt
es nicht vielleicht Unglück, wenn ich es schon vorher anziehe?“
„Ach,
nein, Unsinn. Wer sieht dich denn, außer mir? Niemand weiß es sonst.“
„In
Ordnung. Gut. Warte hier. Ich gehe ins Ankleidezimmer.“
„Wenn
du meine Hilfe brauchst, dann sag Bescheid.“ Tara legte sich das Kleid
vorsichtig, als wäre es aus Glas, über den Arm und eilte ins Nebenzimmer um
sich umzuziehen. Buffy war genauso aufgeregt wie sie. Gab es etwas Schöneres
als andere Menschen glücklich zu machen? Woher hatte sie bloß diese
Einstellung? Es war ein völlig neues Gefühl, aber ein Gefühl, an das sie sich
gewöhnen könnte.
Nach
einer Weile wunderte sie sich, ob Tara vielleicht doch Hilfe brauchen könnte.
„Tara, ist alles in Ordnung da drin? Brauchst du…?“ Doch die Tür öffnete sich
bereits und eine wunderschöne Tara betrat den Raum. Das Kleid war wie fließende
Seide. Es umspielte ihre Figur und ließ sie makellos aussehen. Absolut
wunderschön. Die schönste Braut, die Buffy jemals gesehen hatte.
Verlegen
strich Tara über den weichen Stoff und drehte sich einmal im Kreis. „Was denkst
du?“, fragte sie vorsichtig, aber Buffy schüttelte nur den Kopf.
„Oh, Tara!“ Sofort war sie aufgestanden und betrachtete das Mädchen von allen
Seiten. „Oz wird glauben, er hätte den Verstand verloren. Du bist wunderschön.“
Tara lachte daraufhin.
„Ich
denk nicht, dass ihn das interessieren wird.“, erwiderte sie mit roten Wangen.
„Oh,
glaub mir. Er wird begeistert sein!“ Beide Frauen strahlten und Tara redete so
lange auf Buffy ein, bis diese sich überreden ließ, ihr Kleid ebenfalls anzuziehen.
~*~
Er
hatte nicht die geringste Ahnung, warum die Köche ständig zu ihm rannten und
ihn nach seiner Meinung fragten. Er hatte keine Ahnung von Kuchen und es war
Oz’ Hochzeit. Er hatte keine Lust mehr noch einmal hundert Fragen zu beantworten.
Sollte es der Sahnekuchen sein, oder der mit viel Schokolade, Krokant, nur
Madeln, gar keine Nüsse… Er war doch kein Gourmethändler.
„Hören
Sie, Hauptsache, es schmeckt.“ Diese Aussage schien dem Koch ganz und gar nicht
zu gefallen und er sah ihn weiterhin verzweifelt an. „Ich… ich denke, alles was
sie zubereiten, wird absolut fantastisch sein.“ Immer noch schien der Koch
nicht überzeugt, aber Angel wusste nicht, wie man einem Koch sonst noch
Komplimente machen sollte.
Er
wandte sich vorsichtig um. Der Koch stand immer noch unbewegt mit einer Menge
an Zetteln und Notizen in der Hand hinter ihm, machte aber Gott sei Dank keine
Anstalten ihn noch einmal aufzuhalten. Vielleicht sollte er für eine kurze Zeit
verschwinden und Ausreiten. Er hatte überlegt mal wieder jagen zu gehen, aber
ironischerweise half ihm das nicht mehr, seine Gedanken zu ordnen. Zu viele
Erinnerungen verband er mittlerweile damit.
„Ah,
Graf LaSalle, ich leite die Zeremonie. Ich bin
Pfarrer Peter Hayes. Ich hatte bereits ein Gespräch mit Mr Osbourne und er
meinte, Sie hätten noch etwas mit mir zu besprechen?“ Liam war verwirrt. Was
meinte der Pfarrer? Und vor allem, was meinte Oz damit?
„Um
was geht es denn?“, fragte Liam argwöhnisch und der Pfarrer hob die Brauen.
„Nun,
mir kam zu Ohren, dass Sie selber beabsichtigen in nicht all zu ferner Zeit zu
heiraten, Graf LaSalle.“ Liams Kiefer klappte
überrascht auf. Oz war also ein Klatschweib. Jetzt stand er hier mit dem
Priester und blamierte sich, weil er seinen Plan noch nicht in die Tat hatte
umsetzen können, aber ihr war es gestern auch erfolgreich gelungen, ihm
komplett aus dem Weg zu gehen.
„Ahem…
wieso reden wir nicht wann anders darüber, Pfarrer? Im Moment ist es eher
ungünstig.“
„Vielleicht morgen? Nach der Trauung dann?“
„Ja.
Sicher.“ Unangenehm berührt wandte er sich von dem Geistlichen ab und sehnte
sich schon fast nach der Abgeschiedenheit seines Studierzimmers. Viel zu viele
Menschen befanden sich in seinem Haus. Sein Vater hätte bereits Reißaus
ergriffen, würde er noch leben.
Zu
seinem großen Unglück bemerkte Graf Liam LaSalle das
junge blonde Mädchen nicht, das den Flur entlang stürmte, weil sie jedes Wort
der Unterredung mitbekommen hatte. Der Schock der Nachricht, dass Liam LaSalle bereits wieder plante zu heiraten, hatte Buffy
einen so tiefen Stich versetzt, dass sie keine Sekunde länger hier in diesem
feindlichen Haus bleiben konnte. Nicht in seiner Nähe. Wie konnte er ihr so
etwas antun? Sie war froh, dass sie Oz und Tara keinen Glauben geschenkt hatte,
als diese beteuert hatten, dass Angel sie wahrhaftig lieben würde. Jetzt würde
sie auch nicht mehr zugeben, dass sie es vielleicht doch ein bisschen getan
hatte.
~*~
Sein
Blick glitt hinauf zu der verhangenen Wolkendecke. Eine schöne Hochzeit würde
es morgen wohl nicht werden. Sicherlich schön, aber nicht vom Wetter her. Das
Gewitter was aufzog, würde den Garten durchnässen und es unmöglich machen, auf
der Wiese zu feiern.
Dann
würden sie eben im Haus bleiben müssen. Eine Gestalt fing seinen Blick. Jemand
rannte quer über die Wiesen. Er schritt näher ans Fenster und verengte die
Augen, um besser sehen zu können.
Er
erhaschte noch das Glitzern von blondem Haar im letzten Licht des Tages und
sofort waren seine Sinne auf Alarmbereitschaft. War sie es? Aber wieso sollte sie
in den Wald rennen? Sie war bestimmt bei Tara. Vielleicht war es nur eine der
Mägde? Aber was sollte eine Magd im Wald?
Er
würde zu Tara gehen und nachsehen. Er hatte sowieso mit Buffy zu reden. Er
würde es nicht hinauszögern können. Vielleicht war das Mädchen auch nur eine
Erscheinung gewesen und sein Gewissen wollte ihm mitteilen, dass, wenn selbst
schon ein Pfarrer auf ihn zu kam, er nicht länger mit seinem Vorhaben zögern
sollte.
Er
schritt gemächlich durch die Flure, darauf bedacht keinem Personal mehr in den
Weg zu kommen. Er kam nicht zu Ruhe in diesen Tagen. Er freute sich schon, wenn
er sein haus wieder für sich hatte. Tara kam ihm auf halbem weg entgegen.
„Oh,
lieber Graf, ich suche meine Brautjungfer. Habt Ihr sie gesehen?“ Liam schwieg
für einen Moment und dann verdichtete sich sein Verdacht zur Gewissheit.
„Ich fürchte ja.“, erwiderte er und rannte los. „Entschuldigt mich Tara, ich
muss…“ Er wusste selber nicht, was er musste, aber würde sie sich verlaufen und
würde das Gewitter gleich losgehen, dann würde sie sich wahrscheinlich erkälten
und ihm auch noch die Schuld zu schieben. Er würde ihr wieder einmal nach
laufen. Es kam ihm so vor, als tat er in der letzten Zeit kaum noch etwas
anderes als diesem sturen Mädchen nachzulaufen. Wäre sie erstmal seine Frau,
dann würde es anders sein. Fast hätte er beim Laufen gelacht. Nun, sie war ja
schon mal seine Frau gewesen, und trotzdem war er ihr pausenlos nachgelaufen.
Aber wenn er ehrlich mit sich war, dann hatte er sich daran auch schon gewöhnt.
Er
stürmte über die Wiesen und entschied sich in letzter Sekunde, sein Pferd aus
dem Stall zu holen. Wenn er Glück hatte, hatte der Stalljunge es auch noch
nicht sauber gemacht, dann war es noch gezäumt und er konnte direkt weiter.
Er
hatte Glück. Sein Hengst tänzelte unruhig am Gatter auf und ab. Er spürte das
Gewitter bereits und Liam wusste, er würde ganze Überzeugungsarbeit leisten
müssen, um das Pferd dazu zu bewegen in den Wald zu reiten. Wieso lief sie auch
ständig vor ihm weg? Wie alt war sie denn? Acht? Er sitzte
auf und trat dem Hengst hart in die Seiten.
Kurz
weigerte sich dieser, aber Liam konnte ihm heute leider keine Wahl lassen. Er
preschte auf dem Rücken des nervösen Tiers über die Wiesen und versuchte jeden
Winkel abzusuchen. Er hatte keine Ahnung, wo sie eigentlich hin wollte.
Er
erreichte den Waldrand und stellte mit Entsetzen fest, dass sie bereits tief im
Wald sein musste, denn am gesamten Rand war keine Spur von ihr zu entdecken.
Der Hengst wurde automatisch langsamer, als sie die Bäume durchbrachen und es
war ungewöhnlich still. Vor Gewittern war es immer beunruhigend still im Wald.
„Buffy?“,
rief er jetzt und wandte sich auf dem Rücken des Pferdes um. Er konnte sie
nicht entdecken. Wie weit wollte sie denn laufen? Wusste sie, was sie da tat?
Der erste Tropfen fiel auf seine Stirn und er hob den Blick zum dichten
Blätterdach. Gleich würde es richtig anfangen. Und nicht einmal die Blätter
würden ihn vor dem Regen schützen können. Das Pferd begann seine Nüstern zu
blähen und Liam wusste, es wollte am liebsten zurück. Er konnte es ihm gut
nachvollziehen.
Dennoch
trieb er es weiter an. Er musste sie finden. Sie hatte den Hang ständig in
Gefahren zu geraten.
„Buffy?“
Seine Stimme ging fast unter in der Masse an Tropfen, die durch die Blätter
prasselte. Sein Haar war schon komplett durchweicht und er trieb das Tier
weiter. Weiter durch das Dickicht und noch immer sah er keine Spur von ihr. Ab
und an hielt er den Hengst an und stieg ab. Er spähte hinter Wurzeln, rief
ihren Namen und ritt weiter.
Er
hätte sie schon längst finden müssen, ging ihm besorgt auf. Hinter der nächsten
Lichtung hielt er an. Er musste seine Augen abschirmen, damit ihm das Wasser
nicht hineinlief und sein Atem stockte. In der alten Hütte war Licht. Das
konnte nicht wahr sein. War sie etwa in die Hütte geflüchtet? Ein Schauer
befiel ihn. Ob vor Kälte oder weil es eine seltsame Situation war, konnte er
nicht sagen. Hastig lenkte er sein Pferd in die Richtung der Hütte und brachte
es schließlich in das recht enge Gatter. Es hatte wenigstens ein Dach, auch
wenn es kaum Platz hatte sich bewegen. Er würde es gleich ordentlich trocken
reiben.
Jetzt
musste er erst nach ihr sehen. Seine Sorge wurde langsam aber sicher von seiner
Wut abgelöst und ohne zu klopfen öffnete er die Tür und trat ein.
Seine
Kleidung war völlig durchweicht und er stand mitten in der Stube der Hütte, die
er mit ihr geteilt hatte, wenigstens für kurze Zeit. Sie hatte bereits Feuer im
Kamin gemacht. Aber wo war sie? Zornig machte er einige Schritte in Richtung
Schlafzimmer, aber sie kam bereits aus der kleinen Küche und hätte fast das
restliche Holz fallen gelassen. Sie schien nicht so nass geworden zu sein wie
er, aber ihre Augen waren vor Schreck weit aufgerissen.
Anscheinend
besann sie sich eines besseren und reckte das Kinn in die Höhe.
„Verfolgt
Ihr mich?“
„Was
soll das? Was fällt dir ein, alleine loszulaufen? Siehst du nicht, dass es
regnet und Gewitter geben wird?“, herrschte er sie an, und sie zuckte unter
seiner lauten Stimme zusammen.
„Ich
denke nicht, dass Euch mein Schicksal noch irgendetwas angeht.“
„Aber
du befindest dich auf meinem Grund und Boden. Ich denke, das geht mich etwas
an.“ Sie biss sich auf die Lippe. Dieses Argument schien ihr nicht zu gefallen.
Und ihm gefiel es nicht, dass sie sich schon wieder anschrieen.
„Was
wollt Ihr damit sagen? Dass Ihr mir verbietet hier zu sein? Schön. Ich werde
gehen. Keine Sorge. Ich will Euch ja nicht zur Last fallen.“ Sie mied seinen
Blick und warf das Holz vor den Kamin. Sie würde jetzt tatsächlich gehen. Sie
war so verflucht stolz. Es machte ihn wahnsinnig. Vollkommen wahnsinnig.
„Du
wirst jetzt nicht raus in den verfluchten Regen laufen hast du mich
verstanden?“ Er umfing grob ihren Oberarm und brachte sie nah an sich. Sie stieß
die Hand gegen seine nasse Brust und versuchte sich zu befreien.
„Ich
werde bestimmt nicht hier bleiben. Ich muss mir von Euch nicht vorwerfen
lassen, dass ich Euren Besitz missbrauche.“, spuckte sie ihm entgegen und er
stöhnte entnervt auf.
„Buffy,
du willst lieber wieder in den Regen, als hier zu bleiben?“
„Lasst
mich auf der Stelle los.“, fuhr sie ihn an.
„Buffy…“
„Außerdem…“,
brauste sie jetzt auf und ihr Blick war tödlich, „Ihr solltet nicht zu lange
fortbleiben. Eure Verlobte wartet sicher schon.“ Er verstand kein Wort von dem,
was sie sagte.
„Was?
Meine was…?“
„Oh,
verkauft mich nicht für dumm. Ich habe gehört, wie Ihr mit dem Pfarrer
gesprochen habt.“ Sie riss heftiger an ihrem Arm, aber sein Griff schloss sich
fester um ihre Haut.
„Dem
Pfarrer?“ Oh. Er verstand. Sein Leben schien nur noch auf Missverständnissen zu
basieren, seitdem er sie kennen gelernt hatte.
„Mir
war nicht klar, dass ich eine Verlobte hatte.“ Sein Zorn verrauchte langsam.
Sie war also wegen ihm weggelaufen. Das war nett.
„Hört
auf damit, und lasst mich endlich gehen.“
„Und
was, wenn ich das nicht will?“ Er blickte sie lauernd an. Sie hatte sich so
verändert. Ihre Arroganz schien nicht mehr vorhanden zu sein, dafür schien sie
noch sturer als vorher.
„Das
ist nicht Eure Entscheidung Graf LaSalle.“
„Wessen
sonst? Die meiner Verlobten?“ Er sah, wie das Wort ihr einen Stich versetzte.
„So
lasst mich doch los.“ Sie senkte den Blick. Er fuhr mit dem Zeigefinger unter
ihr Kinn um es anheben zu können.
„Du
bist wirklich unglaublich, Buffy. Wie schaffst du es, jeden meiner Pläne
zunichte zu machen?“, erkundigte er sich leise und sie war gezwungen ihn
anzusehen. Trotzig war ihr Blick und die ersten Tränen schimmerten in ihren
Augenwinkeln.
„Wieso
lasst Ihr mich nicht endlich in Ruhe?“, flüsterte sie jetzt und er musste
lächeln.
„Weil
du mich vollkommen verzaubert hast. Herz und Seele. Und ich wünschte, es wäre
anders, aber es ist so wie es ist. Ich bin leider nur ein reicher Graf und kein
armer Jägersmann. Willst du mich trotzdem heiraten, Elizabeth Summers?“
Er
sah, wie ihr Gehirn anfing sehr schnell zu arbeiten.
„Du…
ich… was?“ Sie blickte ihn entgeistert an und er lockerte endlich den Griff um
ihren Oberarm. „Du bist schon verlobt.“ Ihre Stimme klang heiser und sie
schüttelte ungläubig den Kopf.
„Warum
denkst du, kommt dein Vater zu der Trauung zweier Bediensteten?“, fragte er
unvermittelt und wieder sah er es in ihrem Gesicht arbeiten. „Es ist alles
abgesprochen. Ich muss sagen, dein Vater ist ein geduldiger Mann. Geduldiger
als ich.“ Sie schüttelte erneut den Kopf.
„Werde
meine Frau, Buffy.“
„Nein,
ich… verstehe nicht.“, begann sie erneut und für ihn völlig untypisch tat er,
was er nicht für möglich gehalten hätte. Er ließ ihren Arm los und ließ sich
auf ein Knie sinken. Er ergriff ihre Hand und sie schnappte nach Luft.
„Ich
verspreche dir, dies ist mein letzter Plan gewesen, der hinter deinem Rücken
stattfindet. Heirate mich, Buffy. Lass uns noch einmal beginnen. Ohne Lügen.“
Sie starrte auf ihre Hand, die in seiner lag.
„Aber…
deine Verlobte…?“
Er
lachte auf. Sie war zu bezaubernd, wenn sie verwirrt war. „Es war nur ein
Trick.“ Sie entzog ihm plötzlich ihre Hand und wich zurück. Ihr Zorn kehrte
zurück, und sie deutete mit einem drohenden Finger auf ihn.
„Du
bist ein elender Schuft! Wie kannst du es wagen, mich so hinters Licht zu
führen? Denkst du etwa, ich heirate dich ein zweites Mal? Weißt du, wie das
meinem Ruf schaden würde? Kannst du dir überhaupt vorstellen, dass ein Mädchen
wie ich, jemanden wie dich tatsächlich heiraten würde, würde ich nicht dazu
gezwungen werden?“, schrie sie jetzt, und völlig überrascht blieb er am Boden
und starrte sie an. Hatte er sich so getäuscht? Liebte sie ihn doch nicht?
Hatte sie sich vielleicht gar nicht geändert? Sein Herz sank in seiner Brust.
Ihre
drohende Hand sank langsam und sie musterte ihn abschätzend. „Und wieso hat es
so lange gedauert, bis du mir diese Frage stellst?“ Ihre Mundwinkel zuckten
verdächtig, und er brauchte noch geschlagene zwei Sekunden, bis ihm ihre Worte
aufgingen. Dann aber erhob er sich und schloss mit zwei Schritten den Abstand
zu ihr. Bevor er noch etwas sagen konnte, hatte sie bereits die Arme um seinen
Nacken geschlungen, und er hob sie hoch.
Wie
lange hatte er darauf gewartet, sie noch einmal zu küssen, und endlich war
dieser Augenblick da. Ihre Lippen trafen sich, vereinten sich, und sie seufzte
gegen seinen Mund. Es war ihm egal, dass er vielleicht zu forsch handelte. So
lange sie ihn nicht von sich stieß war ihm alles egal. Fordernd küsste er sie,
und ihre Hände gruben sich in seine noch immer nassen Haare.
Langsam
teilte seine Zunge ihre Lippen und nur vorsichtig begann ihre Zunge mit der
seine zu spielen, bis sie ihn schließlich gewähren ließ und sich noch enger an
ihn presste. Er erforschte ihren Mund mit einer Dreistigkeit, die er von sich
nicht gedachte hätte und wollte seine Lippen nie wieder von den ihren trennen.
Dennoch
war diese Position nicht gerade ideal und er stellte sie nach einer Weile
wieder auf ihre Füße. Benommen öffneten sich ihre Augen und eine herrliche Röte
zierte ihre Wangen.
„Ich
liebe dich.“, flüsterte er, bevor er den Kopf senkte. Ihre Hände griffen direkt
in seinen Nacken, und er reagierte sofort auf ihre Forderung. Erneut
durchströmte ihn dieses neue, vollkommen unbekannte Verlangen, und er spürte
bereits, wie sich sein Penis in seiner Hose aufrichtete. Auf gar keinen Fall
wollte er sie verstören oder verschrecken.
Er
wollte sich aus dem Kuss zurückziehen, aber sie ließ es nicht zu. Ihre Hände
verließen seine Haare, strichen über seine Schultern, über seine Brust.
„Buffy,
nicht…“, murmelte er verzweifelt und sie blickte ihn verstört an.
„Was?
Was ist?“ Er nahm die Verletzbarkeit in ihrer Stimme wahr und sofort strich er
ihr sanft über die Wange. Ihr Gesicht war nass von seinen Haaren, und auch ihr
Kleid war langsam feucht. Es schien ihr gleichgültig zu sein.
„Wenn
du mich berührst, dann…“ Er schluckte schwer. „Dann werde ich mich nicht
beherrschen können.“ Er musste seine Stimme zur Ruhe zwingen und kurz blitzte
Erkenntnis in ihren Augen auf.
„Das…
das ist mir gleich.“, erwiderte sie tapfer und ihre Hände begann wieder über
seinen Oberkörper zu gleiten. Er stöhnte auf und schloss die Augen. Das konnte
sie ihm jetzt nicht antun.
„Nein,
Buffy, bitte…“
„Küss
mich, Angel.“, bat sie leise, und wie hätte er diesem Wunsch nicht nachkommen
können? Erneut brachte er sie an seine Lippen, und sie taumelten durch die
Wucht gegen die Holzwand. Seine Hand schlang sich augenblicklich um ihren
Nacken, damit er ihren Kopf fixieren konnte. Sie war eine Lady und deshalb war
er sich bewusst, dass sie vor ihm keinen Mann geküsst haben würde, und dennoch
machte ihn ihre Art zu küssen völlig willenlos.
Seine
Gedanken kamen zu einem jähen Halt als ihre Finger den Weg unter sein nasses
Hemd fanden. Er wich zurück und sah sie schwer atmend an.
„Ich
bitte dich, merkst du nicht, dass ich kaum noch kann?“ Sie schenkte ihm ein
Lächeln, das verruchter kaum sein könnte und er schluckte schwer.
„Die
nassen Sachen solltest du sowieso loswerden. Sonst erkältest du dich,
Liebling.“ Gott, sie brachte ihn um seinen Verstand.
„Du
verstehst nicht…“ Sie legte ihm den Finger auf die Lippen und seine Lippen
brannten unter ihrer Berührung wie Feuer.
„Ich
will nur deine Haut unter meinen Fingern spüren, sonst nichts.“ Er hätte nicht
sagen können, was sie mit diesen Worten meinte. Wohl kaum, dass sie ihn
verführen wollte, denn als Jungfrau wäre es eine seltsame Aussage. Hieß das
dann, dass sie dachte, sie könne ihn ausziehen und er würde es über sich
ergehen lassen, ohne sich zu rühren? Sie musste doch spüren, wie dringend er
sie wollte.
Doch
schon öffneten ihre Finger zitternd den ersten Knopf seines Hemdes, und als ihr
Mund einen Kuss auf die nackte Haut hauchte, hätte er so ziemlich alles getan,
was sie von ihm verlangen würde. „Gott, Buffy.“ Sie öffnete einen weiteren
Knopf, noch einen und noch einen, bis sie ihm schließlich das nasse Hemd von
den Schultern schälte. Ihre Fingerspitzen fuhren sachte über seinen Bauch, und
er erschauderte unter der Berührung. Wieder zog er sie an sich, und diesmal
konnte es ihr nicht entgehen, wie schmerzhaft seine Erektion gegen seine Hose
drückte.
Tatsächlich
spürte er, wie sie kurz stockte. Er erwartete, dass sie zurückweichen würde,
aber in dieser Hinsicht irrte er sich schon wieder.
„Mein
Kleid ist auch nass.“, sagte sie nun schlicht. Ihre Lippen waren geschwollen,
die Wangen nun rot vor Scham, und er schüttelte kraftlos den Kopf.
„Nein,
Buffy. Lass uns warten, wir…“ Doch sie löste bereits die hinteren Ösen ihres
Kleides.
„Ich
will aber nicht warten, Angel.“, flüsterte sie, und keine Frau vorher hatte ihn
so in Extase versetzt.
„Oh,
bitte, tu mir das nicht an, ich will dich nicht vor der Hochzeitsnacht zwingen
zu…“
„Küss
mich endlich!“, forderte sie jetzt, und selbst wenn all sein Anstand sich
sträubte, gewann schließlich sein Verlangen, und mit einem Knurren zog er sie
an sich und hob sie hoch. Ihre Beine schlangen sich um seine Hüften, und er
verließ ihren Mund um ihren Hals, ihr Schulterblatt, ihr Dekollete mit sanften
Küssen zu bedecken, und ihre Finger krallten sich erneut in seine Haare. Er
schob ihr Kleid über ihre Schultern, und ihr nackter Oberkörper presste sich
gegen die Nässe seines eigenen. Er hatte niemals etwas Erotischeres gespürt.
Er
trug sie in die kleine Schlafstube und legte sie auf das Bett. Es war kaum zu
glauben, dass sie sich noch vor wenigen Augenblicken angeschrieen hatten. Ihr
Blick verzerrte sich nach ihm, und er wusste, es gab für ihn kein Zurück mehr.
Wieso hatte sie so eine Macht? Wenn sie es nicht wollte, dann konnte nur noch
sie ihn aufhalten, aber das tat sie nicht.
Ihre
vollen Brüste glänzten vor Nässe, und er war sofort über ihr und küsste eine
heiße Spur zu ihren Brüsten hinab. Er spürte wie sich ihre Atmung
beschleunigte, und als er gierig eine ihrer Brustwarzen in seinen Mund saugte,
krallten sich ihre Finger unter einem überraschten Stöhnen in seine Haare.
Sie
bog sich ihm entgegen und keuchte auf, als er sanft zu biss.
„Oh,
großer Gott, Angel!“, schrie sie nun und dass sie ihn bei diesem Namen nannte
erregte ihn noch mehr. Seine Finger schoben nun auch den Rest ihres Kleides
über ihre Hüften und ihre Beine hinab. Sie war absolut perfekt. Ihre Haut war
so weich und roch nach Rosen.
„Buffy,
wenn du das nicht willst, dann halt mich auf.“, knurrte er heiser, aber sie
schien das ganz und gar nicht zu wollen, denn sie zog ihn ungeduldig zu einem
Kuss hinab. Ihre Hände wanderten zu seiner Hose und hastig versuchten ihre
Finger sie zu öffnen. Er half ihr, und schließlich landete auch seine Hose
achtlos auf dem Boden. Es war die reinste Befreiung, und ein Blick in ihr
Gesicht ließ ihn schmunzeln. Mit großen Augen betrachtete sie seine Erektion,
und am liebsten hätte er sie wieder und wieder geküsst.
„Darf
ich…?“, hauchte sie ehrfürchtig, und er hatte das Gefühl zu sterben. Das war
alles nur ein sehr verruchter Traum. Unmöglich passierte das gerade wirklich.
Er konnte nur nicken, und sanft berührten ihre Finger die harte Spitze.
~*~
Sie
wusste nicht, woher diese unstillbare Neugierde und Faszination kam, aber
anscheinend war sie sinnlicher als sie angenommen hatte. Und verruchter, als
sie angenommen hatte. Tatsächlich berührte sie nun sein Geschlecht, und es
fühlte sich samtweich unter ihren Fingern an. Jede leichte Berührung entlockte
ihm ein Stöhnen, und sie blickte in sein wunderschönes Gesicht. Die Augen hatte
er geschlossen, und seine Zähne gruben sich in seine volle Unterlippe. Ihr war
unglaublich heiß, und all ihre Scham war durch grenzenlose Lust ersetzt worden.
Seine
Hand legte sich um ihre, und er schien ihr zeigen zu wollen, wie sie ihn
berühren sollte. Sie war von sich selber erschrocken, aber als sie anfing an
seinem Geschlecht auf und ab zu pumpen und er den Kopf zurück warf, verwarf sie
ihren Schrecken, und ein Gefühl von Überlegenheit erfüllte sie.
Sie
hatte vor einiger Zeit die Mägde darüber reden hören, dass Männer beim Berühren
des Penis’ willenlos werden sollten, aber sie hatte es für schmutziges Gewäsch
gehalten. Dennoch war sie vollkommen fasziniert von der Unterhaltung der Mägde
gewesen, auch wenn sie es niemals zugegeben hätte. Sie war alleine rot beim
Lauschen geworden und konnte sich kaum vorstellen, dass man als Frau zu solchen
Dingen fähig war, aber jetzt, wo sie in das Gesicht ihres perfekten Mannes
blickte, das sich unter süßer Folter verzog, verstand sie, was die Mägde
gemeint hatten.
Plötzlich
richtete er sich auf, warf sie mit seinem Gewicht auf die harte Matratze und
schob sich zwischen ihre Beine. Kurz erfasste sie ein Hauch von Panik, aber
schon berührten sie wieder seine fantastisch vollen Lippen und sie konnte ein
seufzen nicht unterdrücken. Ihre Augen flogen auf, als sie registrierte wohin
seine Hand wanderte. Er würde sie doch nicht…! Ihr Kopf flog zurück als sein
Daumen den empfindlichen Punkt streifte.
„Großer
Gott…“, keuchte sie und am liebsten hätte sie die Beine wieder zusammen
gepresst. Damit hatte sie nicht gerechnet. Aber das Gefühl war zu angenehm.
Wahrscheinlich war all das hier die pure Sünde, aber sie konnte sich einfach
nicht wehren. Und sie wollte es nicht. Sie wollte ihn spüren. Automatisch
spreizten sich ihre Beine weiter, und eine unbekannte Flüssigkeit sammelte sich
zwischen ihren Beinen. „Angel…“, flüsterte sie, und als sie sein Blick traf,
wusste sie, dass er soweit war. Er schluckte und ließ sie keine Sekunde aus den
Augen.
Langsam
bewegte er sich vorwärts und sie spürte, wie er sie dehnte. Sie sog scharf die
Luft ein und er hielt sofort inne. Doch sie wollte nicht, dass er aufhörte.
„Nein!“, sagte sie jetzt. „Bitte, nicht aufhören.“ Ihre Hand strich über seine
Wange und er neigte den Kopf um ihre Lippen zu küssen. Sie bog sich ihm
entgegen und zwang ihn somit tiefer in sie einzudringen. Sie keuchte gegen
seine Lippen. Er musste sie bis zur Unkenntlichkeit dehnen. Wann hörte der Schmerz
denn wieder auf?
Mit
einem gewaltigen Stoß vergrub er sich schließlich völlig in ihr, und ihr Schrei
ging in seinem Mund unter. Er küsste sie hart und begann sich langsam zu
bewegen. Der Schmerz klang langsam ab, und das Gefühl was blieb, war absolut
unbeschreiblich. Sie fühlte sich unglaublich verrucht.
„Ich
liebe dich, Angel.“, keuchte sie und er küsste sie erneut, sanft und voller
Leidenschaft.
„Ich
liebe dich auch.“, erwiderte er abgehackt und als seine Bewegungen schneller
wurden, schloss sie die Augen und ihre Beine schlangen sich um seine Hüften.
Mit einem tiefen Stöhnen stieß er ein letztes Mal in sie und brach dann auf ihr
zusammen.
Das
Gefühl war absolut unglaublich. Sie gehörte völlig ihm.
Vollkommen panisch hatte Oz sie vor dem
Haupteingang empfangen. Und wie er sie beide angestarrt hatte, als sie vom
Pferd gestiegen waren. Sie war so rot geworden, dass sie betreten den Blick
gesenkt hatte. Oz informierte sie, dass ihr Vater bereits angekommen war und er
ihn nicht länger ablenken konnte. Denn er hatte ihm nicht sagen wollen, dass er
keine Ahnung hatte, wo sie denn steckte.
Angel hatte ihm kurz erklärt, dass
es im Moment wohl auf Erklärungen nicht ankam und dass sie sich jetzt alle für
die Trauung fertig machen sollten. Danach gab es einen kleinen Empfang. Nur das
Gesinde nahm teil. Nun, und eben sie und Angel. Sie konnte kaum den Blick von
ihm wenden und alles in ihr sträubte sich, jetzt in ihr Zimmer zu gehen und
sich umzuziehen.
Aber sie trennten sich recht
förmlich in der Halle und schritten beide in entgegen gesetzte Richtungen. Sie
hörte, wie Oz leise auf Angel einsprach. Er fragte, ob sie sich vertragen
hätten und Buffy musste auf ihrem Weg schmunzeln.
Sie erreichte ihr Zimmer und war für
einen Moment dankbar, dass Tara nicht schon auf sie wartete. Sie wusste nämlich
nicht, ob sie sie hätte anlügen können. Wahrscheinlich hätte es Tara gar nicht
gut aufgenommen, hätte Buffy ihr von ihrer Nacht erzählt. Sie wurde schon rot
bei dem Gedanken. Sie erschrak als es leise an ihrer Tür klopfte. Ohne eine
Antwort öffnete sich die Tür auch und Angel schlüpfte schnell hinein. Hastig
kam sie auf ihn zu und wollte ihm sagen, wie unpassend und gefährlich es jetzt
war, dass er hier her kam, aber er hatte schon ihr Gesicht in seine Hände genommen
und küsste sie zärtlich. Ihre Knie gaben nach und sie war froh, dass er sie
hielt und sie nicht umfallen konnte.
Es war schon fast elf. Sie hatten
wenig geschlafen, dafür aber andere Dinge getan… Sie spürte die Hitze in den
Wangen, wenn sie daran dachte. Sie wusste nicht, wie sie den Tag überstehen
sollte, ohne dass nicht die ganze Welt merkte, wie sehr sie ihn liebte.
Er löste seine Lippen von den ihren
und sofort stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn erneut. Sie
konnte nicht genug von seinen wundervollen Lippen bekommen.
„Ich hab dich vermisst.“, murmelte
er rau gegen ihre Lippen und ihr Herz flatterte vor Aufregung.
„Wirklich? Wir haben uns wirklich
schon lange nicht mehr gesehen.“, lachte sie jetzt und sie drückte sich eng an seinen
warmen Körper. Sie erschraken beide, als sich die Tür ohne Vorwarnung öffnete
und Tara völlig geschockt im Türrahmen stand. Sofort wich Angel von ihr zurück,
aber das half nun auch nicht mehr.
„Oh. Ich…“ Tara schüttelte nur den
Kopf senkte sofort den Blick. „…wollte nicht stören.“, endete sie peinlich
berührt.
„Du störst nicht.“ Buffy wusste, sie
würde sich da nicht rausreden können. Und das wollte sie auch überhaupt nicht.
„Wir haben die Differenzen geklärt.“, erklärte sie mit einem Grinsen und Tara
hob unsicher den Blick, nicht sicher, wie sie reagieren sollte.
„Gut, dass ich dich treffe.“,
bemerkte Angel jetzt und lächelte Tara aufmunternd an. „Ich wollte dich fragen,
ob es in Ordnung wäre, wenn wir aus dieser Hochzeit eine Doppelhochzeit machen
würden?“ Taras Mund klappt überrascht auf.
„Eine Doppel…?“ Ihr Blick wanderte
zu Buffy und auf einmal strahlte sie. „Oh, wie wundervoll!“ Buffy freute sich,
dass Tara nicht mehr schüchtern war und sie umarmten sich heftig. „Du kannst
dir nicht vorstellen, wie mich das freuen würde!“, versicherte sie Buffy jetzt
und wandte sich an Angel. „Weiß es der Pfarrer?“
„Der wäre der nächste auf meinem
Weg. Meine Damen, wenn Sie mich entschuldigen würden?“ Er schenkte ihr noch ein
wissendes Lächeln, das ihre Knie wieder in Pudding verwandelte und er ließ die
beiden Frauen alleine.
„Endlich bist du wieder da. Was ist
nur passiert? Wir hatten uns solche Sorgen gemacht. Warst du die ganze Nacht
mit dem Grafen unterwegs?“, fragte sie jetzt mit unverhohlener Neugierde und
Buffy spürte, wie sie schon wieder rot wurde. Tara hakte nicht mehr weiter
nach. Sie schien zu spüren, dass sie nicht darüber reden wollte. „Jedenfalls
brauche ich dich, um mich fertig zu machen, aber jetzt wirst du ja auch
heiraten!“ Plötzlich wurde ihr Blick
traurig. „Du willst jetzt bestimmt das Kleid wieder haben, nicht wahr? Ich hole
es eben.“ Buffy hielt sie auf.
„Was für ein Unsinn. Ich habe ein
eigenes Kleid. Das war ein Geschenk, Tara. Natürlich wirst du es tragen, Ich
habe es für dich fertigen lassen. Keine Widerrede.“, fügte sie hinzu als Tara
widersprechen wollte. Dann lächelte ihre Freundin wieder.
„Danke, Buffy! Tausendmal Danke! Was
für ein perfekter Tag, nicht wahr?“
Buffy nickte selig. Es war wirklich
perfekt. Sie musste jetzt ihren Vater suchen, erst dann konnte sie sich
umziehen. Er würde sich freuen, das wusste sie. Endlich war seine Tochter
wenigsten halbwegs erwachsen.
~*~
„Es ist wirklich ein besonderer Tag,
denn nicht nur ein, nein, sondern zwei Paare treten heute vor Gott, um ihre
Liebe zu besiegeln.“ Buffy hätte nicht für möglich gehalten, wie viel besser
ihr doch eine kleine Gesellschaft gefiel als eine große Ansammlung an Menschen.
Ihr Vater strahlte seitdem sie es ihm gesagt hatte, und er hatte sich sogar
entschuldigt, dass er all die Lügen für sich behalten hatte. Sie nahm es ihm
nicht übel. Heute war alles verziehen.
„… - deshalb frage ich dich, Tara Maclay, willst du den hier anwesenden Daniel Osbourne zu
deinem Ehemann nehmen, in guten wie in schlechten Zeiten, bis das der Tod euch
scheide?“ Tara nickte mit verschleiertem Blick und Oz drückte glücklich ihre
Hand.
„Ja, das will ich.“
Angels Hand wanderte langsam ihren
rücken hinab zu ihrem Po und Buffy biss sich auf die Lippe um nicht zu grinsen.
Sie warf ihm einen halb ernst gemeinten bösen Blick zu. Er zwinkerte ihr zu und
ergriff schließlich auch ihre Hand.
„Möchtest du, Daniel Osbourne, die
anwesende Tara Maclay zu deinem Weibe nehmen, sie
lieben und ehren, bis das der Tod euch scheide?“, wiederholte der Pfarrer seine
Worte und Oz brachte kein Wort über die Lippen und nickte nur heftig. Er war so
nervös, dass er Tara auf die Lippen küsste, ohne die Worte des Pfarrers
abzuwarten. Dieser lächelte nachsichtig. „Anscheinend haben wir es heute mit
sehr ungeduldigen Paaren zu tun.“ Kurz traf sein Blick Angel, welcher ungeniert
grinste. Er wirkte so viel jünger, wenn er lächelte. Sie liebte ihn so sehr,
dass es sie noch umbringen würde. Konnte Glück einen umbringen? Sie wusste es
nicht. Aber es war bestimmt ein angenehmer Tod.
„Sie dürfen die Braut küssen. Noch
einmal.“ Und noch ein weiteres Mal küsste Oz seine neue Braut.
„Jetzt zu Ihnen.“ Der Pfarrer hatte
ein Lächeln auf den Lippen. „Graf Liam Angel LaSalle,
wollt Ihr Lady Elizabeth Ann Summers, zu Eurer angetrauten Frau nehmen, jetzt
bis in alle Zeit?“
„Ja. Bis in alle Zeit.“, erwiderte
Angel und ihr Herz machte einen Satz.
„Lady Elizabeth Ann…“
„Ich will auch!“, unterbrach Buffy
den Pfarrer hektisch und Angel lächelte zu ihr hinab.
„Buffy, du musst dich etwas gedulden.“,
maßregelte sie ihr Mann, und sie schlug ihm spielerisch auf den Arm. In der
nächsten Sekunde lagen seine vollen Lippen bereits auf ihrem Mund und sie hatte
den Pfarrer schon vergessen.
„Gut, wie Sie wollen. Ich erkläre
euch zu Mann und Frau. Und Ihr küsst die Braut bereits, also…“ Der Pfarrer
räusperte sich peinlich berührt, aber Buffy nahm es gar nicht war. Angels Arme
schlagen sich um ihre Taille und sie lehnte sich in den Kuss. Sie konnte es
kaum erwarten, bis sie wieder alleine waren und sie ihn ganz für sich allein
beanspruchen konnte.
~*~
„Jetzt bist du also eine Gräfin. Und
wie fühlt es sich an.“ Es kam ihm vor, als hätte er den ganzen Tag nicht
aufgehört zu lächeln und er studierte ihr Gesicht aufmerksam. Er wollte sich
jede Einzelheit seiner wunderschönen Frau einprägen.
„Das ist mir nicht mehr wichtig.“,
erwiderte seine Frau lachend und niemals hatte er sie mehr geliebt als in
diesem Augenblick.
„Ist das so? Dann wird es dir nichts
ausmachen, die Hochzeitsreise nicht stattfinden zu lassen, und wir wohnen
einfach eine Woche in der Hütte.“ Er grinste sie an. Kurz war ihr Blick ernst,
bevor sie sein Grinsen erwiderte. Sie kroch auf seine Seite des Bettes und ließ
sich von ihm in den Arm nehmen.
„Wenn das Euer Wunsch ist, Graf LaSalle…“ Sie küsste seinen Hals und er spürte ein Kribbeln
in seiner Magengegend. „Ich denke, wir finden schon etwas, dass uns ablenken
wird.“, fügte sie leise hinzu und küsste nun seine Brust. Mit einem Lachen warf
er sie mit seinem Gewicht um und blickte in ihre grünen Augen.
„Ich bin dein, Buffy. Ich tue alles,
was du von mir verlangst. Ich werde dir keinen Wunsch verweigern. Wenn du das
Anwesen verkaufen willst und fort an als Bettler und Bettlerin leben möchtest,
dann bitte.“ Sie lächelte.
„Nun, wir müssen ja nicht direkt
alles verkaufen.“ Sie blickte sich in dem riesigen Schlafzimmer um. „Es ist
viel zu bequem hier.“ Langsam senkte er den Kopf und hörte wie sie den Atem
anhielt.
„Angst?“, murmelte er leise und
stoppte vor ihren Lippen.
„Noch einen einzigen Tag ohne dich
verbringen zu müssen, du Lügner, ja.“, erwiderte sie mit einem Lächeln.
„Ich ein Lügner?“, entrüstete er
sich und berührte immer noch nicht ihre Lippen.
„Ja. Du bist der König der Lügen,
der Sturheit und der hinterhältigen Pläne…“, verkündete sie und schloss
verlangend die Augen.
„Und du bist meine Königin…“
Er küsste sie stürmisch und schwor
sich, nicht mehr einen einzigen Tag ohne sie zu verbringen. Niemals wieder. Wie
sehr er sie liebte. Er würde dieses Zimmer nicht mehr verlassen. Jedenfalls
nicht in den nächsten Tagen. Sie seufzte gegen seine Lippen, und wieder und
wieder küsste er ihren perfekten Mund. Und sie liebte ihn tatsächlich.
Ob Bettler, Jäger, Graf oder König.
~Ende~